Auslandsstudium an der Università degli Studi di Siena

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Auslandsstudium an der Università degli Studi di Siena
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
ZEGK – Institut für Europäische Kunstgeschichte
Wintersemester 2012/2013
Erfahrungsbericht Siena
Auslandsstudium an der Università degli Studi di Siena (Wintersemester 2012/2013)
Oder:
Eine Erweiterung des persönlichen Horizonts
Von
Benjamin Linser
6. Semester(IBEK 75%)
Europäische Kunstgeschichte/Germanistik
E-Mail: Benjamin.linser@gmx.de
Erfahrungsbericht des Bachelor-Plus Aufenthalts in Siena (09/2012-02/2013)
Bevor ich die Bestätigung zu meinem Auslandsaufenthalt durch Frau Hagen erhielt, war ich
zwar bereit, diesen zu absolvieren, allerdings hatte ich mir kaum Gedanken über meine
etwaigen Tätigkeiten dort gemacht. Die Gelegenheit sechs oder gar zwölf Monate im Ausland
zu leben, sei es mit dem Bachelor-Plus-Programm, welches durchaus seine Vorteile hat
(beispielsweise die Höhe des Stipendiums), oder mit dem Erasmus-Programm, ist eine wie oft
gesagte „lebensverändernde“ Erfahrung. Da dieser Erfahrungsbericht eventuell von anderen
Interessenten gelesen wird, werde ich einige Dinge über die Vorbereitung und den Ablauf den
ich gewählt hatte, erzählen. Die Art wie ich an diesen Aufenthalt herangegangen bin, ist
vielleicht ein bisschen locker, aber es erspart einige Angst und Beunruhigung vor der Abreise.
(Foto vom Torre del Mangia mit Blick über den Dom und der Toskana)
Allgemeine Vorbereitung:
Natürlich sollte man allen voran, bereits vor der Bewerbung, überprüfen, ob man sich den
Aufenthalt in einem anderen Land leisten kann. Das Stipendium ist zwar hilfreich, aber auch
nicht ausreichend. Man könnte vorher arbeiten und Geld auf die Seite legen oder aber das
Auslands-Bafög beantragen, sofern möglich. Außerdem sollte man sich Gedanken über sein
Sprachniveau machen. Ich halte es generell nicht zwangsläufig notwendig, Sprachkurse zu
machen und bereits ein Jahr vorher Bücher in der jeweiligen Sprache zu lesen oder Filme zu
schauen. Sobald man dort einen Sprachkurs absolviert und (das halte ich für notwendig)
immer versucht italienisch zu reden, sei es mit anderen Erasmus-Studenten oder mit seinen
Mitbewohnern, sollte sich die Sprache relativ einfach erlernen lassen. Englisch ist toll, aber
wer den Wunsch hat Italienisch zu lernen, muss in der Beziehung ein Sturkopf sein. Auch
wenn ich einen etwas schwierigeren Weg gegangen bin, was aber auch mit meinem kaum
vorhanden Sprachtalent zusammenhängt, würde ich das oben genannte als ausreichend
deklarieren.
Abreise und Finanzen:
Nachdem ich also die Bestätigung erhalten hatte und ich wusste, dass ich bereits im
September (aufgrund des Sprachkurses) in Siena sein würde, buchte ich zunächst meinen Flug
(das kann man auch mit dem Zug relativ gut machen: Ein Nachtzug von München nach
Florenz bringt euch in 11 Stunden an euer Ziel, allerdings halte ich wenig Gepäck und einen
Liegewagen für eine angenehme Lösung bei derlei Reisen). Als nächstes kündigte ich meinen
Mietvertrag in Deutschland, ließ mir eine Bestätigung meiner Versicherung aushändigen (das
diese auch im Ausland greift) und beantragte Bafög.
Zu dem großen und fast unfassbaren Komplex Bafög gibt es viel zu sagen, allerdings
versuche ich mich kurz zu fassen. Den Antrag habe ich bereits im Juni/Juli abgegeben, da ich
auf die Bestätigung der Universität im Ausland warten wollte. Das war mehr oder weniger ein
Fehler, da ich ein richtiges Dokument für die Immatrikulation erst im Oktober erhalten habe.
Also: Sobald als möglich den Antrag abschicken, die Formulare die noch fehlen auflisten und
höflichst den jeweiligen Beauftragten im Bafög-Amt(Achtung: Dies ist ein anderes, da es sich
um Auslands-Bafög handelt; für Italien zuständig ist das Amt in Berlin-Charlottenburg:
http://www.auslandsbafoeg.de/auslandsbafoeg/antragstellung.htm ) dies mitteilen. Mein
Bafög habe ich dann erst im Januar bekommen (was zum Teil an mir lag, aber auch zum Teil
an gewissen Dokumenten, die ich einfach noch nicht erhalten hatte). Dieser Fall ist aber ein
extremer, da die meisten Personen ihr Bafög rechtzeitig erhalten. Noch ein Fakt, der durchaus
interessant ist: Das Auslands-Bafög ist kein Darlehen, d.h. das Geld müsst ihr nicht
zurückzahlen.
Abgesehen von der vorhandenen Geldmenge sollte man auch auf die Verfügbarkeit achten:
Überprüft vorher, ob ihr mit eurer Bankkarte aus Deutschland gebührenfrei Geld im Ausland
abheben könnt. Falls nicht, könnt ihr euch eine Prepaid-Karte, die gleichzeitig auch eine
Kreditkarte ist, bei der Banca Monte dei Paschi holen. So könnt ihr gebührenfreies Geld
abheben und auf diese Karte von eurem deutschen Konto überweisen. Dies habe ich auch
gemacht und kostet euch nichts. Außerdem findet man in der Toskana überall Bankautomaten
dieser Bank.
(Foto des Palazzo della banca Monte dei Paschi – Hauptstelle der Bank in Siena/Italien)
Wohnung:
Zwei Monate vor der Abreise fing ich damit an, eine Wohnung zu suchen. Wie sich zeigte,
war das sogar noch ein wenig verfrüht. Allerdings ist eine kurzfristige Wohnungssuche
definitiv möglich: Ich hatte eine Wohnung einen Monat vorher gefunden. Eine Woche vor
meiner Abfahrt schrieb mir die Vermieterin, dass kurzfristig „Sanierungsarbeiten“ ausgeführt
werden müssten und ich somit nicht einziehen kann. Ich fand dennoch eine Wohnung und bin
sogar recht froh, dass ich letztlich dort hingekommen bin. Finden kann man Wohnungen über
www.easystanza.it oder auch www.uniaffitti.it . Einen Mietvertrag zu machen ist ratsam,
allerdings nicht bedingt notwendig. Ich habe einen Mietvertrag gemacht, auf dem allerdings
letztlich nichts weiter steht. Es ist eine Formalität, die einen schützen kann vor etwaigen
merkwürdigen Erhöhungen der Miete (ja, solche Dinge passieren wirklich, aber das ist kein
italienisches Phänomen!). Meine Wohnung kann ich insofern weiterempfehlen, als das ich
dort eine sehr schöne Zeit hatte: Die Vermieter wohnen direkt nebenan und sind immer zu
erreichen. Sie sind sehr nett und machen alle erdenklichen Formalitäten, die wir in
Deutschland gewohnt sind. Meine Mitbewohner werde ich wohl nie vergessen, da ich mit
zwei Italienern wohnte, die mir eine äußerst angenehme Atmosphäre bescherten. Allerdings
war das Zimmer, in dem ich wohnte, sehr kalt und die Heizung im Grunde nicht vorhanden.
Außerdem breitete sich sehr schnell Schimmel aus, da das Haus geradezu die hohe
Luftfeuchtigkeit anzieht. Allerdings ist das Grundstück sehr groß: Ein Garten, ein anderes
Haus nebenan, in dem eigentlich nur Erasmus-Studenten wohnen, macht es zu einem ruhigen
und freundlichen Ort. Falls man an eine der beiden Wohnungen/Zimmern interessiert ist: Es
ist in der Via del Villino gelegen und die Anzeige ist über www.easystanza.it zu finden. Es ist
ein wenig außerhalb, aber alles ist zu Fuß zu erreichen und ein Bus ist höchstens zum
Bahnhof erforderlich. Bei An- und Abreise holen die Vermieter einen gerne mit dem Auto
vom Bahnhof ab!
Generell sollte man sich aber darauf einstellen, dass die Wohnungen meist nicht den vielleicht
gewohnten Standard wie in Deutschland haben.
Kurswahl und Sprachkurs:
Als wir das Tutorium für interkulturelle Kompetenzen, welches im Bachelor-Plus vorgesehen
ist, besuchten, hatten wir immer noch keine Kurse gewählt bzw. gefunden. Allerdings braucht
man sich damit nicht zu beeilen, es reicht wenn man die Kurse im September wählt.
Außerdem bedeutet „wählen“, das auf dem „Learning Agreement“, welches man von der
Universität in Siena bei Ankunft und Anmeldung
erhält, die Kurse, die man besuchen
möchte, aufgelistet werden und dieses dann von dem Koordinator (Prof. Dr. Alessandro
Angelini, bei Erasmus-Stipendiaten ist es Prof. Dr. Elisabetta Cioni) unterschreiben lässt. Ihr
findet
unter
http://web.lett.unisi.it/ap/pgd_frontend_12/codice/rr/orari-elenco_lezioni.html
eine Liste aller Kurse der philosophischen Fakultät in alphabetischer Reihenfolge, die meist
einen Monat vor Beginn der Kurse aktualisiert wird.
Ich wählte den Kurs Kirchengeschichte (bei Gaetano Greco) welcher unglaublich interessant
ist und sehr spannend erzählt wird. Dr. Greco ist ein herausragender Dozent, auch wenn er
manchmal ein wenig abschweift. Außerdem wählte ich mittelalterliche Kunstgeschichte,
mittelalterliche Geschichte sowie Ikonografie und Ikonologie. Generell gilt: Egal welchen
Kurs ihr aus dem Angebot der Kunstgeschichte wählt, die Prüfungen sind sehr gut machbar.
Die Professoren sind nett und haben Verständnis für eure Situation, also keine Sorge!
Natürlich kommt es dabei auch auf eure Vorkenntnisse an, aber wenn ihr die Propädeutika in
Heidelberg absolviert habt, sollten die Kurse (solange sie „triennali“ sind) kein Problem
darstellen.
Der Sprachkurs der im Stipendium integriert sein müsste, ist wählbar vor dem Semester oder
während dem Semester. Ich wählte den Sprachintensivkurse vor dem Semester, das würde ich
auch jedem raten. Zunächst muss man einen Einstufungstest machen, danach wird man in das
jeweilige Sprachniveau eingeordnet und zu einer Gruppe formiert. Der Sprachkurs beläuft
sich auf 5 Tage die Woche und pro Tag füllt er entweder den Vormittag oder den Nachmittag.
Ich muss sagen, dass der Sprachkurs der beste war, den ich je besucht habe. Nicht nur da man
dort in einer äußerst angenehmen Atmosphäre war, sondern auch weil die Lehrerin
unglaublich motiviert und nett war.
Dort habe ich den größten Teil meiner Sprachpraxis gelernt.
Ankunft:
Ich kam Ende August in Siena an. Die ersten Schritte, die ich tat, waren einige Orte zu
besichtigen: wo sich die Universität
befindet,
wo
der
Sprachkurs
stattfindet (siehe Foto) und es durfte
natürlich auch keine Tourismus-Tour
fehlen. Freilich fühlte ich mich
anfangs allein, da ich niemanden
kannte, außer einige Studenten/-innen
aus Heidelberg. Allerdings ist das
ganz normal. Als dann die erste
Woche
des
Sprachkurses
anfing,
lernte ich bereits viele Leute kennen und es entwickelte sich bereits in den ersten Wochen ein
schönes Leben; eine Art „Dolce Vita“, wenn man es so will. Unternehmungen und abendliche
Treffen waren an der Tagesordnung. Daher kann ich nur jedem raten diese Chance zu nutzen.
Als nächstes musste ich dann einen sogenannten „codice fiscale“ besorgen. Das ist eine Art
Steuernummer, die jeder beantragen kann, der eine angemeldete Wohnung bezieht (zu finden
im Obergeschoss des Palazzo Piccolomini in Via Banchi di Sotto 55, direkt gegenüber dem
Universitätsverwaltungsgebäude (siehe Foto)).
Dieser codice fiscale ist notwendig für die
Bankkarte (s.o.) und meine Vermieterin wollte
diese Nummer haben.
Danach war ich an der Universität (Adresse s.o.) vorständig und habe meine Anmeldung
vollzogen, die sich aber über einige Wochen gezogen hat. Im ersten Schritt bekommt ihr eure
Mensakarte, das Learning Agreement und ein kleines Büchlein in dem das Datum steht, an
dem ihr wiederkommen könnt, um euer Studienbuch abzuholen, in das die Prüfungen und
eure Noten geschrieben werden, sofern ihr euer Learning Agreement bis zu diesem Datum
ausgefüllt und abgegeben habt. Dabei solltet ihr euch auch an den Schreibtisch direkt rechts
neben dem Hauptschreibtisch wenden, da man sich dort eine Erasmus-Card (ESN) machen
lassen kann. Zum einen bringt sie einige Rabatte mit sich, zum anderen ist sie notwendig um
sich für die Events der ESN-Organisation anzumelden, die im Übrigen zahlreich sind. Zu
ESN muss ich sagen, dass es toll ist, um neue Menschen kennenzulernen, aber die Reisen mit
der Gruppe in andere Städte enden meist mit zu viel Alkohol und zu wenig Essen. Was nicht
bedingt schlecht ist, aber wenn man mehr von den verschiedenen Städten (kulturell betrachtet)
sehen möchte, kann man zur im letzten Jahr neu gegründeten (jedenfalls in Siena) AEGEEOrganisation gehen. Momentan ist sie zwar nur auf Facebook vertreten, aber sie wächst stetig.
Im zweiten Schritt geht ihr zu dem angegeben Datum wieder zu dem Schreibtisch in der
Verwaltung der Universität, gebt euer Learning Agreement ab und erhaltet, wenn ihr Glück
habt (das kann auch länger dauern), euer Studienbuch. Im letzten Schritt, nachdem die
Prüfungen absolviert sind (die Prüfungen finden meist im Januar oder Februar statt,
manchmal bereits im November, da einige Kurse nur 2 Monate dauern), geht ihr wieder
dorthin und gebt euer Studienbuch ab.
Das sind im Grunde alle Vorgänge der Verwaltung, die ich gemacht habe, und wie ich finde,
sind es nicht viele.
Universität:
Die Kurse an der Universität sind nicht 1x die Woche sondern meist 3x, d.h. 6 Stunden pro
Woche pro Kurs. Diese Kurse sind sehr viel intensiver als die deutschen Äquivalente, also
solltet ihr nicht zu viele Kurse wählen - zumal da ja noch das Problem mit der Fremdsprache
besteht -, sonst kommt ihr nicht mehr hinterher. Wie bereits erwähnt dauern einige Kurse (das
steht aber alles auf der Seite, die ich oben angegeben hatte) 2 Monate andere 4, davon können
diese wiederrum Triennale sein (also Bachelor-Kurse) oder Magistrale (also Master-Kurse),
die wir aber beide frequentieren können.
Im Grunde sind diese Kurse Vorlesungen mit einer mündlichen Prüfung am Ende. Es geht
also darum anwesend zu sein, aufzupassen und einige (nicht alle!!!) Bücher aus der
Lektüreliste zu lesen. Die Fragen der Dozenten in den mündlichen Prüfungen sind meist
machbar. Beispielsweise wurde ich bei meiner Prüfung des Kurses „Iconografia &
Iconologia“ gefragt, welche Szene ich auf einem byzantinischen Mosaik sehe (Christus in
Gethsemane), danach hatte sie allerdings gefragt was ein Acheiropoieton (nicht von
Menschen geschaffenes Kunstwerk) ist. Meistens läuft es so ab, dass sie demnach zuerst eine
auflockernde und danach eine detailliertere Frage stellen.
Reisen:
Alternativ zu etwaigen Freizeitaktivitäten wie Sport, Musik oder Tanz (es gibt eine
hervorragende Tanzschule in der Via Pispini) kann man die Wochenenden durchaus nutzen,
um mit Freunden zu reisen. Die Lage
Sienas
ist
ziemlich
zentral.
Man
erreicht viele Orte sehr einfach, seien
es kleinere Städte in der Nähe wie, S.
Gimignano,
Arezzo
oder
Montepulciano
(http://www.trainspa.it/home.html
für
kleinere Reisen in der Nähe) oder aber
größere Städte wie Florenz (1 Stunde
mit der Bahn: www.trenitalia.it), Rom
(2-3 Stunden mit dem Bus: http://www.sena.it/ ) oder Pisa/Lucca (2 Stunden mit der Bahn, s.
Foto). Die Lage halte ich für eine der Besten um von dort seine vielen Reisen zu starten. Ich
habe die Chance genutzt und bin fast jedes Wochenende in verschiedene Orte gefahren. Das
kann ich nur jedem empfehlen, auch wenn es zunächst kostspielig erscheint muss man
bedenken, dass es eine einmalige Gelegenheit ist und das es im Vergleich zu einer Anreise
aus Deutschland deutlich billiger ist. Außerdem sind die Bahnpreise fair und die Buspreise,
wenn man früh genug reserviert, sehr angemessen.
Fazit:
Persönlich würde ich sagen, dass ich in diesen sechs Monaten mehr nette Menschen
kennengelernt, mehr gefeiert und mehr Erfahrungen gemacht habe, als in den 2 Studienjahren
zuvor. Es ist eine nützliche und unglaublich erweiternde Erfahrung, seien es die
kunsthistorischen oder sprachlichen Kompetenzen, die man dadurch erweitern kann, sei es die
persönliche Bereicherung und Reife, die man erhält.
Auch wenn ich noch 4 Monate ein Praktikum in Sizilien absolviert habe, fiel es mir dennoch
schwer Siena zu verlassen. Eine eigenartige und unbeschreibliche Anziehungskraft wirken
diese Erasmus-Orte auf die jeweiligen Personen aus.
Ich möchte noch Frau Kristina Hagen für ihre Geduld, schnelle Korrespondenz und Hilfe
danken.
Es bleibt nur noch eines zu sagen:
Ich
wünsche
allen,
die
diese
Erfahrung machen werden, viel
Spaß und hoffe, dass es ihnen
ähnlich gehen wird; der Rest ergibt
sich von allein ;-)