Vor 40 Jahren: Operation Entebbe

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Vor 40 Jahren: Operation Entebbe
2 | 3 2016 | Zeitschrift der Sächsischen Israelfreunde e. V. | www.zum-leben.de
Vor 40 Jahren: Operation Entebbe
Mit der Operation Entebbe, einer militärischen Befreiungsaktion in der Nacht
zum 4. Juli 1976 auf dem Flughafen von Entebbe in Uganda, beendeten israelische Sicherheitskräfte die einwöchige Entführung eines Passagierflugzeugs
der Air France durch palästinensische und deutsche Terroristen.
2 | Editorial
Liebe Freunde,
Gerechtigkeit gibt es nur in der Hölle, im
Himmel herrscht Gnade. Das Geheimnis der
Gnade Gottes ist: Es ist niemals zu spät, um die
richtigen Entscheidungen zu treffen, solange
der Messias noch nicht da ist! Dies gilt für die
Konflikte in dieser Welt, zwischen Türken und
Kurden, Israelis und Palästinensern, Ukrainern
und Russen und vielen anderen Auseinandersetzungen! Deshalb ist es höchste Zeit, dass
ich mich radikalisiere? Ja, Sie haben richtig
gelesen: Es ist Zeit, dass ich mich radikalisiere!
Immer dann, wenn in letzter Zeit junge Männer
mit Gewehren losgezogen sind, ob in Orlando
oder Tel Aviv, in Istanbul, Brüssel oder Paris,
in Syrien und im Irak, um im Namen Allahs
zu morden, hieß es wenige Zeit später in den
deutschen Medien, sie haben sich selbst radikalisiert durch das Internet. Das heißt, es tobt
ein Krieg im Internet! Wie wäre es sonst möglich, dass man sich dort radikalisieren kann?
Früher war dieses ganze Prozedere viel einfacher. Zu Luthers Zeiten kamen seine Schriften
ganz einfach auf die Liste der verbotenen
Bücher, die nach dem Aufkommen des Buchdrucks im 15. Jahrhundert von der Katholischen Kirche schnell eingeführt wurde. Auch
die Lutherbibel gehörte dazu! 1542 wurde
deshalb die Heilige Römische und universale
Inquisition gegründet, der es ab 1571 mit einer
extra Abteilung um die totale Überwachung des
Buchmarktes ging. Bücher, die in den Augen
der Römischen Kirche schlechte Gedanken zu
denen, die Lesen konnten, vermittelten, wurden kurzerhand aus dem Verkehr gezogen. Die
Lutherbibel kam auf den Index, Luthers Schrift
gegen die Juden aber seltsamerweise nicht!
Mit dem Aufkommen des Internets, das innerhalb der vergangenen 15 Jahre seinen Siegeszug um die Welt angetreten hat, ist es mit einer
totalen Kontrolle vorbei. Alle Informationen
dieser Welt sind mittlerweile irgendwo im
Internet zu finden. Und diese Informationen
verdoppeln sich alle 15 Monate. Dort ist letztlich nichts anders als im realen Leben. Der
Kampf zwischen Gut und Böse tobt in einem
gigantischen Ausmaß. Die Sprachverwirrung,
die seit dem Turmbau zu Babel in dieser Welt
präsent ist, nimmt unvorstellbare Ausmaße
an. Welcher Gott ist der richtige, Jahwe, der
„Ich bin.“, der sich in der Bibel offenbart, oder
aber Allah sowie andere Tausende Götzen?
Viele Schwierigkeiten zwischen Menschen,
bis hinein in die intimsten Beziehungen, sind
letztlich auf Kommunikationsprobleme zurückzuführen, sind folge der babylonischen
Ausgabe 2 | 3 2016
So sagte der ehemalige US-Justizminister John Ashcroft: „Der Islam ist
eine Religion mit einem Gott, der von
Dir verlangt, dass Dein Sohn für ihn stirbt.
Das Christentum ist der Glaube an einen
Gott, der aus Liebe zu Dir seinen Sohn
gesandt hat, dass er für Dich stirbt.
Das kann doch nicht derselbe Gott sein!“
Sprachverwirrung. Diese wiederum war das
Ergebnis einer Entwicklung, die ihren Anfang
im Paradies nahm, und zwar, als Eva die klaren
Ansagen Gottes wortwörtlich in Frage stellen
ließ, indem sie sich auf die Frage der Schlange
einließ, „Sollte Gott gesagt haben, …?“ Die
große Frage ist also, durch wen und wo ich
mich radikalisieren lasse, zum Guten oder
zum Bösen? Wen lasse ich für mich denken?
Wer hat Einfluss auf meine Entscheidungen?
Wie filtere ich meine Informationen? Welchen
Umgang pflege ich in meinem Alltag? Wer oder
was bestimmt mein Denken, Wollen, Fühlen
und Handeln? Der bekannte Sänger Bob Dylan
hat es in seinem Song „To serve somebody“
(dt.: Du dienst jemandem) auf den Punkt
gebracht, wo es heißt: „Für irgendeinen bist
Du Wegbereiter. Es ist der Teufel oder Gott!“
Der Teufel ist der, den die Bibel treffend den
Durcheinanderwerfer, den Vater der Lüge
und Mörder von Anfang nennt. Der Gott
der Bibel ist der, der zu Israel sagt: „Ich habe
dich je und je geliebt, darum habe ich dich zu
mir gezogen aus lauter Güte.“ (Jeremia 31,3)
und von dem in Johannes 3,16 steht: „Denn
also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen
eingeborenen Sohn gab, damit alle, die an ihn
glauben, nicht verloren werden, sondern das
ewige Leben haben.“ Nun meinen ja manche
Theologen, der Gott der Bibel und der Allah
des Korans sei derselbe. Auch wenn sich die
Zahl der Politiker in der Welt mit Durchblick
in Grenzen zu halten scheint, gibt es doch
immer wieder Ausnahmen mit mehr geistlicher Erkenntnis als so manche Theologin. So
sagte der ehemalige US-Justizminister John
Ashcroft: „Der Islam ist eine Religion mit
einem Gott, der von Dir verlangt, dass Dein
Sohn für ihn stirbt. Das Christentum ist der
Glaube an einen Gott, der aus Liebe zu Dir
seinen Sohn gesandt hat, dass er für Dich
stirbt. Das kann doch nicht derselbe Gott
sein!“ Leider verweigern sich viele führende
Leute in Kirche und Gesellschaft dieser und
anderer Realitäten.
Dietrich Bonhoeffer schreibt in einem Brief
über die Dummheit folgendes: „Dummheit
ist ein gefährlicherer Feind des Guten als Bosheit. Gegen das Böse lässt sich protestieren,
es lässt sich bloßstellen, es lässt sich notfalls
mit Gewalt verhindern, das Böse trägt immer
den Keim der Selbstzersetzung in sich, indem
es mindestens ein Unbehagen im Menschen
zurücklässt. Gegen die Dummheit sind wir
wehrlos. Weder mit Protesten noch durch Gewalt lässt sich hier etwas ausrichten. Gründe
verfangen nicht. Tatsachen, die dem eigenen
Vorurteil widersprechen, brauchen einfach
nicht geglaubt zu werden – in solchen Fällen
wird der Dumme sogar kritisch – und wenn
sie unausweichlich sind, können sie einfach
als nichtsagende Einzelfälle beiseitegeschoben
werden. Dabei ist der Dumme im Unterschied
zum Bösen restlos mit sich selbst zufrieden,
ja er wird sogar gefährlich, indem er leicht
gereizt zum Angriff übergeht. Daher ist dem
Dummen gegenüber mehr Vorsicht geboten
als gegenüber dem Bösen. Niemals werden
wir mehr versuchen, den Dummen durch
Gründe zu überzeugen. Es ist sinnlos und
gefährlich.“
Mir scheint es so, dass in dieser Welt die
Dummheit in Verbindung mit dem Bösen um
sich greift! Der Terrorakt in Tel Aviv zeigt uns
das. Alles, was an die Öffentlichkeit kommt,
ist ein gefährliches Gebräu aus Dummheit,
Bosheit und Vertuschung. Im wahrsten Sinne
des Wortes ist in dieser Welt der Teufel los.
Nach einer kurzen Meldung in den deutschen Medien über diesen Terrorakt gegen
unschuldige Zivilisten in einem Café wurde sofort wieder auf Israel eingeprügelt. Es
wurde lamentiert, Israel sperre über 80.000
Palästinenser von Verwandtenbesuchen zum
Fastenmonat Ramadan in Israel aus. Was man
geflissentlich wieder einmal in den deutschen
Medien verschwieg, war, dass die Palästinenser
in allen großen Orten in Judäa und Samaria,
im Gazastreifen und selbst im arabischen
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Teil Jerusalems, z.B. vor dem Damaskustor,
ein Party veranstalteten und Süßigkeiten an
die Passanten verteilten zum Jubel für die
Ermordung von Juden! Wie krank sind diese
Menschen, wie Meschugge, würden unsere
israelischen Freunde sagen?
Ich finde das Handeln der israelischen Sicherheitsbehörden mehr als korrekt und völlig in
Ordnung, um die eigene Bevölkerung gegen
die Gewalt von Extremisten zu schützen. Was
würde man denn bei uns tun, wenn solche
islamistischen Anschläge hier passierten?
Die Bevölkerung würde vom Staat ein konsequentes Handeln gegen Terroristen erwarten
– zu Recht! Nur die Medien würden sich bemühen, zu erklären, dass das ja sicher nichts
mit dem Islam zu tun habe. Aber was bringt
Menschen dazu, sich an Gottes Stelle zum
Herrn und Richter über Leben und Tot anderer
zu machen und damit selber Gott zu spielen?
Die „Festplatten“ dieser Leute müssen neu
formatiert und programmiert werden! Drückt
die Resettaste! Löscht Dummheit und Bosheit!
Dies ist dringend geboten. Dazu braucht es
engagierte Christen und Juden, die etwas
davon begriffen haben, dass der Messias schon
längst alles völlig in Griff hat in dieser Welt. In
dieser unserer Zeit hat er, der Jude Jesus von
Nazareth, die Lösung für den gesamten Nahostkonflikt. Es ist Vollbracht! Dieses Signal geht
seit Karfreitag und dem Auferstehungstag aus
in unsere Welt. Es hat bis heute keine Veränderung bewirkt, dass eine Knessetabgeordnete
einst vor dem Parlament sagte: „Schicken wir
doch Gott in den Urlaub und machen in dieser
Zeit Frieden mit den Palästinensern!“ Im Ge-
genteil – ohne Frieden mit dem Allmächtigen
Gott wird es keinen Frieden geben, weder im
Nahen Osten noch anderswo! Und bei allem,
was sich mehr oder weniger wohlmeinende
Menschen so ausgedacht haben, wird es in
der Politik immer nur um Vorletztes gehen!
So wird es keinen Palästinenserstaat geben,
weil der Allmächtige das nicht vorgesehen
hat in seinem Wort! Gott hat seinen eigenen
Friedensplan für Araber und Juden, wie wir in
Sacharja 9 nachlesen können. Im Koran steht
davon leider nichts. Es gibt Hoffnung für all die
Araber, die zum Hass gegen Juden und Christen
erzogen wurden und die dieser Hass zerstört!
Denn letztlich gilt für einen jeden Menschen:
Als Christus starb, starb er für jeden Einzeln
von uns, als ob jeder der einzige Mensch auf
dieser Welt wäre – aus Liebe! Die ganze Welt
wird neu, wenn Gott Sünde vergibt! Dies gilt
in Deutschland genauso wie im Nahen Osten.
Für die Sünden dieser Welt, wie Mord, Terror,
Kindestötung im Mutterleib, Diebstahl, Lüge,
Homosexualität, Ehebruch, Dekadenz und
Wohlstandsverwahrlosung gibt es letztlich
keine Lösung. Es gibt nur Erlösung, und dazu
ist Jesus die Schlüsselperson! Kein Mensch
geht durch seine Sünden verloren, sondern
nur durch seine Selbstgerechtigkeit und seinen
Stolz, weil er oder sie sich vor dem Herrn Jesus
nicht beugen will. Keiner ist von Gott völlig
verstoßen, solange er sich nach Gott sehnt.
Deshalb, weil wir das alles wissen, lassen wir
uns radikalisieren von Gottes Liebe. Ehemalige
Muslime, die von Kindesbeinen an zum Hass
erzogen wurden, wie Mosab Hassan Yousef, der
Sohn des Hamas-Mitgründers Scheich Hassan
Yousef, der eine Terroristenkariere begonnen
hatte, aber durch seine Bekehrung zu Jesus
lieben gelernt hat, auch Juden und Israel, sind
ein Beispiel dafür. Oder auch der ehemalige
Terrorist und Leibwächter Jasser Arafats, unser
Freund Tass Saada in Jericho, der durch den
Glauben an Jesus auch Gottes Liebe erfahren
hat und nun selber lieben kann. Der heute ein
Waisenhaus leitet, wo Kinder zur Versöhnung
mit Israel erzogen werden. Beide Männer sind
ein Zeugnis dafür, wie radikal Gottes liebe
Menschen verändert. Ich wünsch mir das auch
für mich persönlich und für viele von Euch!
Wir haben sein Wort, sein Schöpferwort, das
Neues schafft, das Versöhnung schafft, das
Hoffnung und Zukunft schafft. Doch genügt
es nicht, Lehrsätze für wahr zu halten, wie
es Paulus im „Hohen Lieder der Liebe“ in 1.
Korinther 13 beschreibt. Wir müssen Gottes
Liebe auch in unser Herz lassen. Wenn diese
Liebe aber auch genügend Platz in unserem
Herzen haben soll, bedeutet das, dass wir
Unversöhnlichkeit, Groll und Bitterkeit oder
gar Hass gegen andere Menschen ausräumen
und loslassen! Das beginnt oft damit, dass wir
bereit sind, Menschen zu vergeben, so wie
Gott uns vergeben hat in Jesus Christus. Lassen
wir uns radikalisieren von Gottes Liebe. Das
wünsche ich mir und Euch allen!
Der Herr segne Sie/Euch alle über den Sommer
und bis zu unserem Wiedersehen, vielleicht zur
Jahreshauptversammlung am 10. September
in Reichenbach, zum Gemeindebibeltag am
31. Oktober in Glauchau oder bei anderer
Gelegenheit. Ihr/Euer
Wilfried Gotter
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Impressum
Herausgeber und Bezugsadresse
Studienreise für Ärzte
und medizinisches Personal
Sächsische Israelfreunde e.V. · Schönborn-Dreiwerden
Schulstraße 5 · 09661 Rossau, Tel. 03727-2701 – Fax 92623
E-Mail: Fischladen@t-online.de, www.zum-leben.de
Erscheinungsweise: drei Ausgaben pro Jahr
Die Verfasser der einzelnen Artikel sind für ihre Artikel selbst
verantwortlich. Es gilt die „Brille“ des Verfassers!
4. – 12. September 2016
Bezugspreis auf Spendenbasis! Wir sind dankbar für min.
25,– EUR oder mehr pro Jahr.
Redaktion: Wilfried Gotter (WG) + Lothar Klein (LK)
Bilder – soweit nicht anders gekennzeichnet –
© Sächsischen Israelfreunde e.V.
Redaktionsbeirat: Uwe Dziuballa, Ralf Gotter, Matthias Hampel,
Gottfried Harnack, Werner Hartstock, Berthold Lehmann,
Dr. Theo Lehmann, Carmen Matussek, Heinz Reusch,
Michael Sawitzki, Michael Schneider, Stephan Sternberg,
Sieglinde Wuttke, Christoph Zörb
Bankverbindung (Volksbank Mittweida eG):
IBAN: DE16 8709 6124 0090 0619 41,
BIC: GENODEF1MIW
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32 Pun
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Auskunft: Dr. Hummel, Kreiskrankenhaus Schleiz,
Telefon: 0 36 63 - 467 737 10,
E-Mail: s.hummel@hospital-schleiz.de
4 | Internes
Ausgabe 2 | 3 2016
In eigener Sache 2/2016
Unser Glaube ist gesund, wenn wir das Danken gelernt haben. Und
wenn wir in unserem kleinen Verein in den zurückliegenden Jahren
eines gelernt haben, dann ist es die Dankbarkeit. Dies gilt für alle
Aktivitäten in Deutschland und in Israel. Dies gilt für die Finanzen
und auch für alle Bewahrung während der vielen Reisen in Israel und
in Deutschland. Vielen von Euch, die diese Entwicklung mit ihren
Gebeten und Gaben von Anfang an unterstützt und mitgetragen haben,
sind wir auch immer wieder von Herzen dankbar. Und dafür gibt es
allen Grund. Wir sind dankbar für 20 Sächsische Israelkonferenzen,
die seit 1998 stattfinden konnten, 18 in Deutschland und zwei in
Jerusalem. Jetzt haben wir in Glauchau einen Doppelpunkt gesetzt.
Viele christliche Werke in Deutschland haben Schwierigkeiten damit,
ihre Nachfolge in ihren Reihen zu regeln. Wir glauben, dass so, wie
unsere Lebenszeit begrenzt ist, auch unsere Beauftragung von Gott
für diesen Dienst eine begrenzte Aufgabe ist. „Ein jegliches hat seine
Zeit!“, sagt uns die Schrift in Prediger 3,1. Ich wünsche mir sehr, dass
sich diese Erkenntnis durchsetzt. Darum steht unser Vorstandsbeschluss fest, dass wir zunächst keine Konferenzen mehr organisieren
werden. Für die nächsten Jahre haben wir alle Konferenzarbeit an
unsere jungen Geschwister vom Christlichen Forum für Israel e.V.
(CFFI) übertragen. Die werden das für uns „alte Knacker“ zukünftig
übernehmen. Danke, dass Ihr das macht!
Dies bedeutet allerdings nicht, dass wir die Arbeit der Sächsischen
Israelfreunde zurückfahren oder gar einstellen werden – im Gegenteil!
Die Israelarbeit in und von Sachsen aus wächst. Der Handwerkerdienst
in Israel wird, so gut es geht, weiter ausgebaut. Es bleibt uns nur noch
wenig Zeit, um den Holocaustüberlebenden in Israel helfen zu können.
In einigen Jahren werden diese Zeitzeugen nicht mehr selbst Zeugnis
ablegen können. Umso wichtiger wird es sein, der jungen Generation
zu vermitteln, welche Bedeutung das jüdische Volk und Land für uns
als Christen und für die ganze Welt hat und warum wir all das tun, was
wir tun. Darum werden die wunderbaren Möglichkeiten an Bedeutung
gewinnen, die wir mit unserem Bildungs- und Begegnungszentrum in
Reichenbach haben. Hier brauchen wir zukünftig eine ganze Reihe
engagierter Mitarbeiter, die dem Ehepaar Hampel hilft, diesen wichtigen Dienst zu tun. Ab 15. August wird uns dort Seraphine Martin
im Rahmen eines FSJ unterstützen. Aber es braucht noch zwei bis drei
FSJ-ler mehr, um die täglichen Öffnungszeiten abzusichern. Auch für
die Veranstaltungen und die Öffentlichkeitsarbeit, für Seminar- und
Bibelwochenenden sind wir sehr auf weitere personelle Unterstützung
angewiesen. Doch ebenso bedarf es der Unterstützung durch das Gebet
und durch regelmäßige Spenden.
Nach unserer Konferenz in Glauchau mit der Ankündigung zu mehr
Israelveranstaltungen in den Gemeinden haben wir bisher schon 15
Anfragen bekommen. Wir sind sehr dankbar, wenn Ihr in den Gemeinden vor Ort Israeltage organisiert. Wir würden mit Teams von drei
bis vier Leuten kommen und Euch diesen Tag für die Leute vor Ort
ausgestalten. Ihr übernehmt vor Ort die Organisation und wir gestalten
die Inhalte. Selbstverständlich werden wir immer wieder versuchen,
diesen oder jenen kompetenten Gast aus Israel einzufliegen. Meldet
Euch bitte rechtzeitig für 2017 mit Euren Terminwünschen in der Geschäftsstelle an. Vielleicht sind wir dadurch in der Lage, für 2017 einen
Veranstaltungsjahresplan herauszugeben, so Gott will und wir Leben.
Verbindliche Anmeldungen sind ein hohes Gut für die Arbeit unseres
Vereins. Dies gilt auch für alle anderen Veranstaltungen in Reichenbach,
bei den Reisen und überall dort, wo der Platz eng werden könnte, wie
z.B. beim Sommerfest am 3. Juli in der Villa Markersdorf und auch
bei der Jahreshauptversammlung am 10. September um 14.30 Uhr im
BBZ Reichenbach. Eine rechtzeitige Anmeldung hilft der Organisation
und spart Kosten.
Der Redaktionsschluss für die nächste Ausgabe ist der 20. September.
Die Nr. 4/2016 erscheint dann zum Sächsischen Gemeindebibeltag,
zu dem wir auch alle Nichtsachsen herzlich einladen. Wir weisen
nochmals auf unsere Kalender hin. Ihr unterstützt damit die Arbeit
der Sächsischen Israelfreunde e.V. Wir hoffen, sie sind so gut gestaltet,
dass Ihr sie an Menschen weitergeben könnt, um auch sie auf Israel
neugierig zu machen oder sie gar als Israelfreunde gewinnen zu können.
Wir wünschen allen Freunden, die unsere Zeitung lesen, einen gesegneten und erholsamen Sommer mit tiefen Glaubenserfahrungen und
Segnungen nach dem Reichtum Seiner Gnade.
Im Namen des Vorstandes und Beirates
Ihr/Euer Wilfried Gotter, Geschäftsführer
Flinke Füße für’s gelobte Land
Es gibt viele Werbemöglichkeiten, um auf einen
Verein und dessen Tätigkeiten aufmerksam zu
machen. Ich entschied mich für einen eher
ungewöhnlichen, aber effektiven Weg der
öff entlichen Präsenz, um möglichst vielen
Menschen meinen zukünftigen „Arbeitsplatz“
als Freiwilligendienst-Leistende vorzustellenDie Sächsischen Israelfreunde e.V.
So nahm ich am 4. Mai 2016 am 11. Firmenlauf des Erzgebirges teil. Tausende Schaulustige positionierten sich an der 5 Kilometer
langen Strecke quer durch die Auer Innenstadt,
bejubelten die zahlreichen Läufer und inspi-
zierten dabei genauestens die Trikots. Doch
ich trug nicht irgendein Wettkampfshirt…
Nein! Ich schlüpfte in die „Dienstkleidung“
der Sächsischen Israel-Handwerker und lief
somit erfolgreich im Auftrag des Herrn und
der Israelfreunde. Nach dem Lauf wurde ich
sogar von einigen Besuchern auf mein Trikot
hin neugierig angesprochen.
Nun stehe ich für meinen Freiwilligendienst
an Israel und den Sächsischen Israelfreunden e.V. ab Herbst 2016 in den Startlöchern!
Schalom, Seraphine Martin (Bild rechts)
Sächsisches | 5
Ausgabe 2 | 3 2016
Inhalt 2 | 3 2016
Editorial
Wilfried Gotter
2
In eigener Sache
Wilfried Gotter
4
Henoch & Esther Ackermann
5
Dr. Theo Lehmann
6
Beate Legler
10
Matthias Krones
11
Nachruf Albrecht Friedrich Carl Fürst zu Castell-Castell L. Klein
12
20. Sächsische Israelkonferenz – Rückblick
SIF
14
Ulrich W. Sahm
16
Clemens Heni
18
Lothar Klein
21
Pfr. M. Franke
25
Johannes Gerloff
26
Judenrettung aus dem Jemen
Dana Nowak
29
Wie ist das mit Palästina?
Horst Krüger
30
„Antisemiten können nicht integriert werden“ israelnetz.com
33
Vier Tote bei Terroranschlag in Tel Aviv
Müller/Sahm/Frick
34
HaOlam
38
Alex Feuerherdt
40
Heinz Reuss
42
Alex Feuerherdt
46
Sächsisches
Biblisches Wort – Josef (Teil 2)
Gedenktafel in Chemnitz
Aidlinger Pfingstjugendtreffen
persönliche Mitteilung
Der Spiegel – „Der missbrauchte Glaube“
„Operation Yonatan“
Bericht über die 20. Reise nach Äthiopien
„Alija“, der Aufstieg
Deutsche Medien und der Terror
Wie Israel mit dem Terror umgeht
Marsch des Lebens in Dresden
Blanker Antisemitismus im alten Stil
UNESCO – Verbindung der Juden zum Tempelberg
D. Frick
47
Ulrich W. Sahm
48
Volker Rabe
49
Warum in Israel kein Friede werden will
Johannes Gerloff
50
Ziel christlicher Sehnsucht
Johannes Gerloff
42
„Vergesse ich dich, Jerusalem...“
Johannes Gerloff
44
Der Auszug aus dem Land des Todes
Johannes Gerloff
56
Tierschutz in den jüdischen Schriften
Uwe Dziuballa
57
Handwerkerdienste in Israel
Hanna & Wilfried Schwotzer
58
Der nahöstliche DNA-Krieg
Ulrich W. Sahm
63
Werner Hartstock
66
Malcolm Lowe
68
Thomas Mersinger
72
Geschenke und Strafen
75 Jahre nach dem Massaker von Babyn Jar
israelreise.de
„Sieben Wochen im Zeichendes Wassers“
YomHaShoah 2016
Verzerrtes Israelbild in deutschen Schulbüchern
N. Schäfer
74
Audiatur
76
Diplomatischer Eiertanz in Nahost
Ulrich W. Sahm
78
Kurzberichte
Ulrich W. Sahm
80
Finsterlinge bedrohen Israel
Das neue Häusle der
Sächsischen Israelfreunde...
…ist nun bezugsfertig – gerade noch rechtzeitig, bevor die neue
Gruppe ankam! Wir danken allen, die dazu beigetragen haben,
dass nun so eine schöne und praktische Unterkunft entstanden
ist – sei es durch unendlich vieles Putzen, Wände streichen,
Fließen legen, Möbel spendieren, Büsche schneiden.
Den größten Dank und die Ehre darüber geben wir unserem
Vater im Himmel, denn es ist mal wieder ein kleines Wunder,
das wir miteinander erlebt haben. Nachfolgend zum Mitfreuen
ein paar fotografische Eindrücke:
Herzliche Grüße von Familie Henoch & Esther Ackermann
Palästinensischer Judenhasser
beschimpft Sozialamtsmitarbeiterin in Zwickau wegen
ihres jüdischen Vornamens
Wie der Onlinedienst „MOPO24“ bereits am 15. März berichtete, wurde ein Palästinenser, der auf seine Ausweisung wartet,
in Zwickau wegen Beleidigung zu einem Jahr Haft verurteilt.
Er hatte seine Beraterin Sarah R. (26) beim Sozialamt, von der er
Geld in Empfang nehmen wollte, als „Scheiß-Jüdin“ beschimpft,
nachdem deren Kollegin sie mit ihrem Vornamen angesprochen
hatte. Daraus schloss er, dass sie Jüdin sei. Wörtlich habe er
geschrien: „Scheiß-Juden. Bei Euch hat Hitler seinen Job nicht
richtig gemacht.“ Die Beamtin rief die Polizei, nachdem der
Araber auch noch damit drohte, ihre Familie umzubringen.
Richter Jürgen Dietel, der Besam Z. (49) verurteilte, sagte in der
Begründung zum Straftäter: „Wer die Verbrechen der Nazizeit
gutheißt und so redet, wie Sie das getan haben, der begeht
Volksverhetzung“. Der Palästinenser war erst Ende 2014 aus
der Haft entlassen worden, wo er eine zehnjährige Strafe wegen
Brandstiftung mit Todesfolge abgesessen hat, da er aus Wut ein
Asylbewerberheim angezündet hatte, wie MOPO24 schildert.
6 | Biblisches Wort
Ausgabe 2 | 3 2016
Biblisches Wort – Josef (Teil 2)
Über das Leben Josefs aus 1. Mose 30-50
von Pfr. i.R. Dr. theol.
Theo Lehmann,
Chemnitz
Sofa soft als Treue-Test
Josef war ein junger Mann von 17 Jahren,
lebte im 25. Jahrhundert vor Christus und war
von seinen eigenen Brüdern als Sklave nach
Ägypten verkauft worden. Und nun sitzt er
da. Kein Mensch kennt ihn – er ist Ausländer.
Keiner versteht ihn – er kann kein Ägyptisch.
Keiner liebt ihn, keiner kümmert sich um
ihn. Er ist mutterseelenallein. Bei ihm geht es
nach der Melodie des alten Negro Spirituals,
das seine schwarzen Schicksalsbrüder in der
Zeit der amerikanischen Sklaverei sangen:
„Sometimes I feel like a motherless child, a
long way from home.“ (Manchmal fühl‘ ich
mich wie ein mutterloses Kind, weit weg
von zu Hause.)
Zu Hause gilt er als tot, in Ägypten als bloße Nummer in einem riesigen Sklavenheer.
Viehisch harte Arbeit, mörderisch heißes
Klima, barbarische Behandlung und keine
Hoffnung, dass sich das jemals ändern könnte.
Nie wieder wird er seine Heimat, seinen Vater,
die Freiheit sehen. Für ihn ist das Leben mit
Siebzehn zu Ende. Wenn das die Geschichte
eines Siebzehnjährigen aus unserer Zeit wäre,
wäre sie jetzt auch zu Ende, dann würde es nur
noch heißen: „In seiner Verzweiflung beging
er Selbstmord.“ Viele Menschen machen mit
ihrem Leben Schluss, denen es längst nicht
so dreckig geht wie dem Josef. Und wenn Du
in Deiner Schublade schon die nötige Dosis
Tabletten gesammelt hast, um Dich eines Tages
umzubringen, dann rate ich Dir: Schmeiß die
Tabletten dorthin, wo sie hingehören – ins Klo!
Und geh Du dorthin, wo Du hingehörst – zu
Gott! Gott hat Dich gemacht, und er hat Dich
lieb. Er möchte, dass Dein Leben gelingt. Also
wirf es nicht einfach weg, sondern lege es in
die Hände Gottes.
Paradox statt Paradies
Wenn einer Grund gehabt hätte, den Löffel
abzugeben, dann war es Josef. Wenn der sein
Unglück und sich selber von früh bis abends
bejammert hätte, wenn der die Gemeinheit der
Welt und speziell der lieben Verwandtschaft,
wenn der Gott und seine Träume verflucht
und sich einen Strick genommen hätte, dann
wäre das nur verständlich gewesen. Aber
Josef verflucht sein Schicksal nicht. Er nimmt
sich nicht das Leben. Er ist noch nicht mal
unglücklich. Sondern er ist, so heißt es 1. Mose
39,2 ausdrücklich, glücklich. Glücklich trotz
seiner niederschmetternden Lebensumstände.
Die meisten Menschen erwarten ihr Glück
von den äußeren Umständen. Ich hab’ mal
versucht, mir vorzustellen, wie das so vor
über hundert Jahren gewesen ist. Da gab es
nur eine kleine Schicht von Reichen, und
die Mehrheit, vor allem die Arbeiterschaft,
Aber Josef verflucht sein Schicksal nicht.
Er nimmt sich nicht das Leben. Er ist noch
nicht mal unglücklich. Sondern er ist, so
heißt es 1. Mose 39,2 ausdrücklich, glücklich. Glücklich trotz seiner niederschmetternden Lebensumstände.
war arm. Die Kirche, satt und verbürgerlicht,
vertröstete die Leute auf ein besseres Jenseits,
zumindest wurde das von vielen so verstanden.
Da traten welche auf und sagten: „Schluss mit
der Vertröstung auf den Himmel, wir schaffen
jetzt das Paradies auf Erden.“ Man kann sich
heute nur noch schwer vorstellen, welche
Begeisterung damals die Proletariermassen
erfasst hat, mit welchem Elan, mit welcher
Hoffnung die sich an die revolutionäre Arbeit
gemacht haben: „Wir schaffen das Paradies auf
Erden!“ Inzwischen – und ich sage das ohne
jede Häme – kam eine große Ernüchterung.
Die Leute haben gemerkt: So schnell geht
das nicht. Eine Generation nach der andern
sank ins Grab, ohne das Paradies erlebt zu haben. Auch der Sozialismus, inzwischen selber
verstorben, hinterließ kein Paradies, sondern
mehr als 150 Millionen Ermordete. Jetzt ist
niemand mehr da, der uns sagen kann, wann
das Paradies erreicht werden wird. Erreicht
worden ist allerdings schon ziemlich viel. Es
geht uns so gut wie nie zuvor: Fernseher und
Waschmaschine sind selbstverständlich. Wir
sitzen in unseren vollgestopften Wohnungen.
Materiell fehlt es an nichts. Trotzdem sind
Millionen Menschen enttäuscht. Die haben
gedacht: Wenn ich das und das erreicht habe
– das Auto, das Einkommen, das Haus, den
Lebensstandard, dann bin ich glücklich. Jetzt
haben sie das alles. Aber das große Glück ist
nicht gekommen. Im Gegenteil, es wächst
die Unzufriedenheit, der Neid, die Gier nach
mehr, die Enttäuschung. Es wächst die Zahl
der Selbstmorde, je mehr der Lebensstandard
steigt. Was ist hier eigentlich los?
Pech für die glücklichen Kühe
Ich denke an Barry McGuire. Sein Protestsong
„Eve Of Destruction“ wurde zum Welthit, seine Broadway-Musicals brachten ihm Weltruhm
und ein Vermögen – aber glücklich war er
nicht. „Daran änderte auch nichts, so erzählt
er, „dass ich Tausende von Dollars verdiente,
im Gegenteil, ich fühlte immer stärker, seelisch unbefriedigt zu sein und effektiv keine
Erfüllung zu haben. Alles Schöne dauerte
immer nur ein paar Tage, ein paar Stunden,
Überschrift | 7
Ausgabe
Ausgabe22||332012
2016
und dann brach das Glück in Stücke, und als
Endresultat allen beruflichen Erfolges sah
ich nur, dass wir alle auf dem Weg ins Grab
waren. Showbusiness ist ungefähr wie ein
Jahrmarkt: Du fährst im Karussell vielleicht
ein dutzend Mal, und dann stinkt‘s Dich an.
Und es ist so, wie B.B. King in seinem Blues
gesungen hat: ‚The thrill is gone.’ Der Reiz
ist weg. Und wenn Du das erstmal gemerkt
hast – warum dann den Zirkus weitermachen?
In den letzten vier Jahren haben dreizehn
meiner Freunde Selbstmord begangen. Weil
sie an dem Punkt waren: ,The thrill is gone.’“
Eines Tages spricht ihn auf der Straße ein Typ
an und sagt ihm in drei Sätzen die Formel für
das Glück: „Ich ging gerade in Los Angeles
einkaufen, und einer von den Jesuspeople kam
zu mir und sagte: ‚Jesus liebt Dich, er kommt
wieder, bist Du bereit?‘ Ich stieß ihn weg und
sagte: ‚Hau ab, Du Spinner.’ Ich wollte ihn
eigentlich zusammenschlagen. Aber irgendwie
pflanzte er eine Saat in mich, die nicht mehr
rauszukriegen war.“ Das war der Anfang seiner Bekehrung. Seitdem reist Barry McGuire
durch die ganze Welt und singt von Jesus. Ein
Reporter fragte ihn: „Vermisst Du nicht den Erfolg von Hollywood, das Berühmtsein?“ Seine
Antwort: „0 Mann, ich sage Dir das Eine: Ich
war einfach noch nie so glücklich in meinem
Leben, verstehst Du. Es gibt nichts Schöneres,
als mit Jesus ein neues Leben anzufangen.“
Dieser Mann hat ein Glück gefunden, das
nichts mit materiellem Besitz zu tun hat. Das
ist unabhängig von den äußeren Umständen.
Das ist das Glück, das auch Josef hatte. „Und
der Herr war mit Josef, so dass er ein Mann
wurde, dem alles glückte“ (1. Mose 39,2).
Kann man das von Dir auch sagen? Wenn
Du Dein Glück anhängig machst von Dingen und Menschen, wirst du immer wieder
reinfliegen. Menschen, die Du liebst, lassen
Dich plötzlich sitzen oder der Tod nimmt
sie Dir. Deine Gesundheit geht kaputt. Dein
Arbeitsplatz ist futsch. Es kommt alles anders,
als Du denkst – und schon drehst Du durch.
Aber wenn Du Verbindung mit Gott hast, hast
Du ein Glück, das auch bei den schwersten
Schicksalsschlägen nicht zerbricht. Du hast
keineswegs, wenn Du an Gott glaubst, immer
bloß Grund zum Lächeln, denn Du erlebst die
gleichen Schicksalsschläge wie andere. Aber
Du erträgst sie anders. Als ich am Grab meiner
Mutter stand, habe ich geheult, aber ich war
trotzdem glücklich, weil ich wusste, dass sie
bei Gott war. Glücklich unter Tränen – das ist
ein Glück, das ist ganz tief drinnen. Verstehst
Du? Nein, verstehst du nicht. Das kann ich
Dir nicht beschreiben, ich kann es nur bezeugen – und anbieten! Dieses unzerstörbare
Glück, das nicht mal der Tod zerstören kann,
kannst Du haben, wenn Du Jesus hast. Er ist
der einzige Weg – auch zum Glück.
Genauso hohl wie frivol
Ob du glücklich oder unglücklich bist, das
liegt nicht an deinen äußeren Verhältnissen,
das liegt an deinem Verhältnis zu Gott. Es war
Josefs Glück, dass er mit Gott lebte. Deshalb
drehte er in seiner Sklavenmühle nicht durch,
sondern er hielt durch. Er drehte sogar auf,
er stieg auf wie eine Rakete, bis es ihm nach
ein paar Jahren äußerlich glänzend ging. Er
rückte auf zum persönlichen Diener eines
gewissen Herrn Potifar. Der war ein hohes
Tier bei der ägyptischen Regierung. Wenn
der auf Dienstreise ging, verwaltete Josef sein
ganzes Haus. Und da begegnete ihm eines
Tages das so genannte Glück in der Gestalt
einer Frau, der Frau von Potifar. Die war wie
ein Osterei: außen angemalt, innen ausgekocht
ke Chanel Nr. 5. Sie vertraut auf den alten
Grundsatz: Das schwächere Geschlecht ist das
stärkere wegen der Schwäche des stärkeren
für das schwächere. Sie klingelt nach Josef,
der erscheint mit dem Tablett mit dem Mokka-Tässchen, sie rückt auf dem Sofa beiseite
und lädt ihn ein: „Komm, leg Dich zu mir.“
Und sie lüftet ein wenig ihr kurzes Hemdchen
und flötet: „Komm, schlaf mit mir.“
Josef war ein junger Mann von 18 Jahren
(seit Beginn der Predigt ist inzwischen ein
Jahr vergangen), und sein Puls stieg auf 180.
Vor ihm schlängelte sich dieses Superweib auf
dem Sofa, der Herr Gatte auf Dienstreise, diese
Chance, dieses Parfüm – ihm wurde schwach
und schwindlig. In solchen Situationen, wo
das Feuer der Leidenschaft lodert, schmelzen
oft die festesten Vorsätze dahin wie Wachs.
Du nimmst Dir fest vor, irgendetwas nicht
wieder zu tun, Du kämpfst mit aller Kraft gegen
die Versuchung und zack, da passiert es Dir
wieder. Und Du schämst Dich, bist verzweifelt
„0 Mann, ich sage Dir das Eine:
Ich war einfach noch nie so
glücklich in meinem Leben,
verstehst Du. Es gibt nichts
Schöneres, als mit Jesus ein
neues Leben anzufangen.“
Barry McGuire
Foto: CC BY 2.5, Mombas
und hohl. Diese Lady hatte den ganzen Tag
nichts weiter zu tun, als ihre Fingernägel zu
lackieren und ihre Brillanten zu sortieren,
sowas füllt den Menschen natürlich nicht
aus. Wenn jemand nichts zu tun hat, kommt
er schnell auf dumme Gedanken. Und weil
ihr Alter dauernd auf Achse war, warf sie ein
Auge auf den Jungen, unsern Josef. Denn der,
so heißt es in Vers 6, hatte „eine gute Figur
und ein schönes Gesicht“ – so eine Mischung
aus Arnold Schwarzenegger und Günter Jauch.
Erst kam sie ihm auf die mütterliche Tour: „Du
armer Junge, so allein hier in der Fremde“,
und steckte ihm mal paar Camel oder einen
Kaugummi zu.
Eines Abends, es ist kurz nach Acht, sie knabbert gerade ein After Eight und liegt in der
stabilen Seitenlage auf ihrem Sofa, eingehüllt
in ein leichtes Neglige und eine schwere Wol-
über Deine Schwäche. Mein Lieber, solange
Du bloß mit Deinen guten Vorsätzen und
Deiner eigenen Kraft gegen die Versuchung
kämpfst, wirst Du unterliegen. Hör auf, alleine
kämpfen zu wollen. Das ist aussichtslos. Die
Versuchung ist sowieso stärker als Du. Aber
Jesus ist stärker als die Versuchung. Nimm Dir
ihn als Bundesgenossen. Nimm seine Kraft in
Anspruch, er ist der Sieger. Dein Wille ist zu
schwach. Also geh mit Gottes Willen zusammen, Du weißt ja: Einigkeit macht stark. Ob
es sich bei Dir um eine geschlechtliche Versuchung handelt, um den Drang, zu stehlen,
zu lügen, zu übertreiben, anzugeben – ruf
Jesus an. Beruf Dich auf seinen Sieg, und er
wird Dir die Kraft geben, um zu überwinden.
Alles andere nützt Dir gar nichts.
Zum Beispiel ist es zwecklos zu diskutieren.
Die Diskussion ist meistens schon der erste
ZUM LEBEN
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Ausgabe 2 | 3 2016
Schritt zur Kapitulation. Josef weigert sich
zwar, mit seiner Chefin zu schlafen, aber dann
fängt er an, mit ihr zu diskutieren, zu argumentieren. Das ist eine schwache Leistung.
„Sehen Sie, gnädige Frau“, sagt er, „das geht
doch nicht, das wäre doch ein Vertrauensbruch
gegenüber Potifar, Ihrem Mann und meinem
Chef.“ Einer Frau, die entschlossen ist, ihren
Mann zu betrügen, etwas von Vertrauen zu
erzählen, ist doch sinnlos.
Mach Dich nicht zum Weichei
Wenn Du mit jemandem zu tun hast, dem
Vertrauen, Treue, Gerechtigkeit, Wahrheit,
Anständigkeit, Reinheit und Gewissen egal
sind, dann kannst Du dem doch nicht mit
solchen Sachen kommen. Sowas zählt für diese
Typen überhaupt nicht. Außerdem finden die
für jedes Deiner – sicher richtigen – Argumente
ein Gegenargument. Der Versucher, der Teufel,
egal, in welcher Gestalt er Dir begegnet, ist
nie durch eine Diskussion zu schlagen. Im
Gegenteil, die ist ja gerade seine Methode, um
Dich weich zu klopfen. Denn die Diskussion ist
seine ureigene Erfindung. Auf diesem Gebiet
ist er absoluter Meister. Das kannst Du schon
auf den ersten Seiten der Bibel nachlesen beim
Fall Adam und Eva. Da wird die Diskussion
eröffnet mit der Frage: „Sollte Gott das gesagt
haben?“ Schon durch das Stellen dieser Frage
wird der Zweifel in die Gültigkeit von Gottes
Wort gesät, und jeder kann sehen, wo das
hinführt. Auch in unserem Fall kommt Josef
mit seinen Argumenten nicht weiter. Aber da
besinnt er sich im letzten Moment, bevor ihm
die Sinne schwinden und es zur Niederlage
auf dem Sofa kommt, auf das einzige, auf den
einzigen, der in solchen Situationen noch zählt
und hält, und das ist Gott.
Als die Frau ihm keine Ruhe lässt und ihr
Hemdchen immer höher rutscht, sagt er:
„Nein, ich mach da nicht mit, denn wie sollte
ich so ein großes Unrecht tun und gegen Gott
sündigen?“ (Vers 9).
Josef nennt also das, was die Frau von ihm
will, mit ihr zu schlafen, eine Sünde. Und
wenn Du das für überholt, spießig, unmodern und als bürgerliche Moral abtust, ist das
vollkommen uninteressant. Es geht hier um
die Sicht der Bibel und nicht die der Bravo.
Und der Maßstab, nach dem Dein Leben im
Jüngsten Gericht beurteilt wird, wird nicht
die Bravo, sondern die Bibel sein. Und die
Bibel nennt jedenfalls Geschlechtsverkehr
zwischen Leuten, die nicht miteinander verheiratet sind, eine Sünde gegen Gott. Das ist
zwar nicht modern, aber das ist eindeutig.
Da gibt‘s überhaupt nichts rumzudeuteln,
und daran ändern auch Synodenbeschlüsse
und Erklärungen von blinden Bischöfen und
Theologen nichts.
Ihr erinnert Euch, Josef hatte mit siebzehn
Jahren die Grundentscheidung seines Lebens
gefällt: Ich will keine Sünde gegen Gott tun.
Jetzt war der Moment gekommen, wo sich
zeigen musste, ob das eine fromme Phrase
oder wirklich sein Wille war. Das weiche Sofa
der Frau Potifar wird zum harten Prüfstein für
Josefs Grundsatz.
In einer solchen Situation ist es am besten,
wenn man einen solchen Grundsatz laut und
deutlich ausspricht. Wenn Dich z.B. jemand
zu etwas überreden oder zwingen will, was
einem Gebot Gottes widerspricht, dann verlege
Dich nicht aufs Diskutieren, sondern leg die
Karten offen auf den Tisch. Eiere nicht erst
lange rum mit irgendwelchen Argumenten,
sondern sage gleich mit aller Bestimmtheit:
„Nein, ich mach da nicht mit. Sowas kann
ich als Christ nicht.“ Je eher, je offener und
je unmissverständlicher Du das sagst, umso
besser ist es für Dich. Und gerade wenn Du
es mit jemand zu tun hast, der nicht an Gott
glaubt, gerade dann ist es Deine einzige Chan-
Der Versucher, der Teufel, egal, in welcher
Gestalt er Dir begegnet, ist nie durch eine
Diskussion zu schlagen. Im Gegenteil, die
ist ja gerade seine Methode, um Dich weich
zu klopfen.
ce, wenn Du den Namen Gottes aussprichst
und sagst: „Ich mach’s nicht, weil das Sünde
gegen Gott ist.“
Und wenn der andere stur weiterbohrt, dann
lass Dich auf keine weiteren Diskussionen
ein, sondern wiederhole genauso stur diesen einen Satz, Deinen Grundsatz, von dem
Dein Leben und Deine Seligkeit abhängt: „Ich
mach‘s nicht, weil das Sünde gegen Jesus
ist.“ Bete in einer solchen Situation nicht
nur in Deinem Herzen zu Jesus, – das sollst
Du natürlich auch tun – sondern sprich den
Namen Deines Gottes laut aus! Denn nicht
Deine Argumente sind Dein Schutz, sondern
allein der Name von Jesus. Es gibt, so steht es
in der Bibel, keinen anderen Namen, durch
den wir gerettet werden. Und es steht in der
Bibel: „Wer den Namen des Herrn anrufen
wird, soll gerettet werden.“ (Römer 10,13).
Geh auf die Bremse, nicht auf
den Leim
Josef berief sich auf Gott und schlug damit die
Versuchung beim ersten Angriff zurück. Aber
der erste Angriff ist nicht der letzte. Der Versucher versucht es immer wieder. Er geht nie
in die Ferien. Er lässt sich keine Gelegenheit
entgehen. Und gerade, wenn Du einen Sieg
erlebt hast und denkst, Du hast es geschafft,
da schafft er Dich oft am schlimmsten. Er
kommt immer wieder, vergiss das nicht! Denn
er ist ein Menschenkenner. Er kennt Deine
schwachen Stellen, und dort bohrt er immer
wieder. Deshalb musst Du Dich kontrollieren,
wo Deine schwachen Stellen sind, und dort
musst Du besonders aufpassen.
Du hast Dir z.B. fest vorgenommen, nicht mehr
zu saufen. Wenn Du irgendwann feststellst,
dass Du es jedes Mal dann wieder tust, wenn
Du mit dem Franz und dem Paul zusammen
bist, dann darfst du eben mit dem Franz und
dem Paul nicht mehr verkehren, jedenfalls
nicht mehr in eine Kneipe einkehren. Meide
solche Einflüsse, egal, ob es sich um Menschen, Bücher, Filme, Philosophien oder Musik
handelt. Und mach Dir nichts draus, wenn
sie Dich als Spießer, Feigling und unreifes
Jüngelchen mit bürgerlichen Anschauungen
verhöhnen. Dass man erst dann ein Mann
ist, wenn man mal so richtig besoffen war,
das ist ein bürgerliches Vorurteil. Und dass
es ein Zeichen von Erwachsensein ist, wenn
man mit fünfzehn Geschlechtsverkehr hat,
ist unreifes Gefasel. Wenn Du gelernt hast,
Deine Triebe zu beherrschen, dann bist Du
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Ausgabe 2 | 3 2016
Manchmal ist die Flucht die einzige Form
der Rettung. Manchmal ist die Flucht
mutiger als das Bleiben.
Wenn Du rein bleiben willst, musst Du Dich
raushalten aus dem Dreck.
erwachsen. Wenn Du es ablehnst, Deine Triebe
beherrschen zu lernen, begibst Du Dich auf
das geistige Niveau eines Maikäfers.
Also las Dir nichts vormachen von den Großmäulern, die Dir einreden wollen, Du würdest
das große Glück verpassen, wenn Du nicht
mitsäufst und mithurst. Weißt Du, ob die bei
diesem Leben wirklich glücklich sind? Ich sage
Dir: Sie sind es nicht! Ich kenne viele Paare,
die lautstark die liberale, tolerante Position
vertreten, dass sie nichts gegen einen Seitensprung einzuwenden haben. Das hab ich
schon hundertmal gehört, aber ich habe noch
kein einziges Paar getroffen, das mit dieser
Lebenseinstellung glücklich geworden ist. Und
deshalb rate ich Dir: Lass es sein. Wer sich
in Gefahr begibt, kommt darin um. Wenn Du
dem Strudel zu nahe kommst, reißt er Dich in
die Tiefe. Deshalb reiß Dich zusammen und
spiele nicht mit der Versuchung, sondern geh
ihr aus dem Weg. Wenn Du sie zu nahe an
Dich ranlässt, ist es meistens zu spät. Wenn
Du mit Deiner Freundin ins Zelt kriechst, dann
ist es kein Wunder, wenn es schließlich zum
Geschlechtsverkehr kommt.
Besser ’ne Waschmaschine als
gar keine Wäsche
Was das Verhältnis der beiden Geschlechter
betrifft, da hat mal ein junges Mädchen den
Walter Trobisch gefragt: „Warum wird immer
so drum herum geredet? ‚Geht nicht bis zum
Letzten! Lasst euch nicht zu weit ein!‘ Aber
wie weit nun das Zuweit ist, hat mir noch
nie jemand konkret gesagt. Ist Umarmen ‚zu
weit‘? Sind Küsse ‚zu weit’?“ Trobisch fährt
fort: „Karin forderte mich heraus. Ich musste
nun konkret formulieren. Dabei dachte ich an
viele Gespräche mit jungen Menschen, die
mir – manchmal unter Tränen – versichert
hatten: Sie hätten beide nicht vorgehabt, bis
zum Letzten zu gehen, aber dann hätten sie
nicht mehr anhalten können. Ich sagte: – und
wer eine bessere Antwort weiß, der soll mich
korrigieren – Der Punkt, von dem an nicht
mehr angehalten werden kann, ist meistens
das gemeinsame Sich-Hinlegen und jede Form
des Entkleidens.“
Es ist also wichtig, dass Du der Gefahr von
vornherein aus dem Weg gehst. So macht es
Josef. Zunächst kann er nicht verhindern,
dass er immer wieder rein dienstlich dieser
Frau begegnen muss. Täglich, so heißt es hier,
wiederholt sie ihr verführerisches Angebot.
Aber Josef bleibt fest, bis es eines Abends
zu einer heiklen Situation kommt. Der Herr
Gemahl ist wieder mal zu einem Gastmahl,
die Dienstboten haben Ausgang, das Haus ist
leer, die Vorhänge zu, es brennen nur ein paar
Kerzen, und die Gemächer erfüllt ein betäubender Duft von Moschus-Räucherstäbchen.
Im Hintergrund erklingt leise die Melodie
„All you need is love“, gesungen von einem
Knabenchor mit Eunuchenstimmchen – der
Großangriff ist bis ins letzte Detail vorbereitet.
Diesmal begnügt sich Madame Potifar nicht
mit freundlichen Einladungen, sondern sie
wird handgreiflich. Sie grapscht nach Josef,
sie flüstert ihm Sächelchen ins Ohr, von wegen: „Josef, lieber Jossi mein, ich sterbe vor
Liebe zu dir“ und so ’ne Sachen. Und sie
fängt an, an ihm rumzufummeln und ihn zu
tätscheln, dass dem jungen Kerl allmählich
die Sinne schwinden. Schon hat sie ihm die
Jacke aufgeknöpft – da reißt er sich von ihr
los und haut ab.
Manchmal ist die Flucht die einzige Form der
Rettung. Manchmal ist die Flucht mutiger als
das Bleiben. Wenn Du rein bleiben willst,
musst Du Dich raushalten aus dem Dreck. Man
sagt, heutzutage wären die Versuchungen für
Jugendliche so groß, dass man nicht durchkommen kann. Ich gebe zu, dass die Versuchung auf dem Gebiet der Sexualität und des
Alkohols immer größer wird. Obwohl Ihr auch
zugeben müsst: Vor 4000 Jahren haben die
es auch nicht ganz einfach gehabt. Heute ist
jedenfalls der voreheliche Geschlechtsverkehr
gang und gäbe, so sagt die Statistik. Na und?
Seit wann richtet sich dein Verhalten nach
der Statistik statt nach der Statik von Gottes
Grundsätzen? Seit wann machst Du, was die
Mehrheit will? Für Christen ist die biblische
Norm entscheidend, nicht die Mehrheit. Auch
die Norm des Gebisses bleibt unverändert: 32
Zähne, auch wenn vielen in der modernen
Zivilisation noch so viele Zähne ausfallen. Für
Dich ist maßgebend, was Gott will. Und wenn
der will, dass Du mit niemandem schläfst, mit
dem Du nicht verheiratet bist, dann geht das
auch. Natürlich, wenn ich bloß an die Zustände
denke, die in manchen Wohnheimen und
Internaten herrschen und was so in manchen
Diskos läuft, dann ist mir klar, wie schwer es
heute für einen jungen Menschen ist, rein
durchs Leben zu gehen. Ich sage ja auch gar
nicht, dass es leicht ist. Aber ich sage nicht
gleich von vornherein, dass es unmöglich
ist. Doch, es ist möglich. Es ist Dir möglich.
Wenn Du Jesus die Möglichkeit gibst, Dich
zu verändern.
Fortsetzung folgt!
Eberhard Troeger
Der Islam und die Gewalt
Eberhard Troeger setzt sich in seinem
interessanten Buch kritisch mit der zweifelhaften Beziehung des Islams zur Gewalt
auseinander und wie diese im Laufe der
Jahrhunderte immer wieder zur Durchsetzung
von religiösen, politischen und militärischen
Zielen genutzt wurde.
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Hatune Dogan,
Tonia Riedl:
Ich glaube an
die Tat
Ein fesselnder, aufrüttelnder Bericht, der auch
unbequeme Fragen zum Islam stellt. SPIEGEL
online schrieb, wenn man Hatune Dogan mit
ihrer Plastiktüte sehe, ahne man nicht, dass sie
„eine humanitäre Großmacht ist“.
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ZUM LEBEN
10 | Regionales
Ausgabe 2 | 3 2016
Gedenktafel in Chemnitz erinnert an
„Jüdisches Leben nach der Schoah –
gegen das Vergessen“
von Beate Legler
Am 14. Juni 2016 wurde im Georgius-Agricola-Gymnasium in Chemnitz eine Gedenktafel
für den Wiederbeginn jüdischen Gemeindelebens nach der Schoah enthüllt. Denn am
7. September 1945 konnte sich die Jüdische
Gemeinde Chemnitz wieder neu gründen.
Damit jüdisches Gemeindeleben auch wieder
praktiziert werden konnte, stellte die Stadt
Chemnitz im heutigen Georgius-Agricola-Gymnasium einen Raum für ihre G‘ttesdienste zur
Verfügung. Dort feierte die Jüdische Gemeinde
erstmals nach 1945 wieder Rosch HaSchana
und Chanukka. Eine Gedenktafel am Eingang
dieses Raums erinnert nun daran – dankbar
aber auch mahnend.
Das ist der Titel eines außergewöhnlichen
Projektes in Chemnitz. Immer wieder gibt es
Veranstaltungen in vielen Städten Deutschlands, die gegen das Vergessen des Holocaust
erinnern, wie z. Bsp. der 27. Januar (Tag des
Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus). Aber auch viele Stolpersteine erinnern
an Menschen, die wegen ihrer Herkunft in der
Zeit des Nationalsozialismus ermordet wurden.
Der Chemnitzer Siegmund Rotstein erinnerte
sich, dass es nach der Schoah (Holocaust) doch
nicht zu Ende war mit den Juden. „Das erste,
was wir nach der Schoah in Chemnitz feierten,
war Rosch HaSchana, das jüdische Neujahrsfest, im Herbst 1945. Es wurde im Realgymnasium, heute Agricola-Gymnasium, begangen.
Die Stadt konnte uns in dieser schwierigen
Zeit keine besseren Räume anbieten. Im Raum
45 wurde am 30. November des gleichen
Jahres seit langer Zeit wieder Chanukka, das
Lichterfest, gefeiert. Thorarollen und andere
Kultusgegenstände gab es damals nicht. Vor
allem Gebetbücher wurden vermisst.“ (Quelle:
„Juden in Deutschland – die Geschichte der
Gemeinde und ihrer Mitglieder S.163, Dresden
2002 – ISBN 3-930382-66-0)
Das Georgius-Agricola-Gymnasium ist heute
sehr um seine Schulgeschichte bemüht. Gemeinsam gehen Schüler und Lehrer auf Spurensuche. Dabei wurde bereits eine Anzahl an
Stolpersteinen finanziert. Diese Erinnerungen
Foto: Andreas Schroth
von Herrn Rotstein bewegten den Schulleiter
und die Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde
zu dem Gedanken, ein Zeichen zu setzen und
daran zu erinnern. Am 14. Juni 2016 konnte
nun diese Gedenktafel enthüllt werden.
„Die Tafel soll uns erinnern an die im Holocaust
vernichtete Jüdische Gemeinde, soll uns erinnern an die Chemnitzer Überlebenden der
Schoah, die zurück kamen und nicht wussten
ob sie bleiben würden. Sie soll uns auch erinnern, an die Solidarität und Unterstützung, die
die Überlebenden durch die Stadt Chemnitz
erfahren haben.“, sagte Frau Dr. Ruth Röcher,
Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde, an die
geladenen Gäste. „Ich wünsche mir und uns,
dass viele Schüler vor der Gedenktafel stehen
bleiben werden, den Text lesen und anfangen,
Fragen zu stellen.“ Mit der Gestaltung der
Platte von Professor Karl Clauss Dietel, in Form
zweier aufeinander liegender Davidsterne,
wobei der untere die Zerstörung durch die
Schoah symbolisiert, wird das Anliegen sehr
ausdrucksstark wiedergegeben.
Georgius-Agricola-Gymnasium Chemnitz, Foto: Tobias Doerffel
Informatives | 11
Sächsische Israelfreunde erstmals beim
Aidlinger Pfingstjugendtreffen präsent
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ein Bericht von Matthias Krones,
Burkhardtsgrün
Michel Sawitzki und ich starteten am Pfingstsamstag früh zeitig gemeinsam mit einigen
Jugendlichen aus dem Raum Burgstädt. Im
Gepäck hatten wir jede Menge Informationsmaterial rund um das Thema Israel. Wir
wollten den jungen Menschen das Land der
Bibel, Gottes Volk und natürlich auch die
Aktivitäten der Sächsischen Israelfreunde
näher bringen.
Mit viel Liebe und Engagement war das Gelände des Diakonissenmutterhauses vorbereitet
worden. Im Mittelpunkt der Gottesdienste,
Seminare und musikalischen Beiträge stand
die Bibel und der persönliche Glaube an Jesus
Christus. In zahlreichen Veranstaltungen wurden anschaulich und jugendgerecht Antworten
auf verschiedene Fragen des Lebens gegeben.
Natürlich gab es auch Sportveranstaltungen
und ein abwechslungsreiches Unterhaltungsprogramm.
Bereits am Eröffnungsnachmittag war unser
Infostand gut besucht. Angezogen von den
ausdrucksstarken Plakaten mit Bildern von
unserem Bildungs- und Begegnungszentrum
in Reichenbach oder unseren Handwerkerdiensten kamen wir schnell mit den Jugendlichen und auch älteren Personen ins Gespräch.
Besonders groß war das Interesse an unseren
Handwerkerdiensten. Gern berichteten wir von
individuellen Begegnungen mit den Menschen
AIDLINGEN 14. 16. MAI 2016
BIS
Vom 14. bis 16. Mai fand in Aidlingen bei Stuttgart auch in diesem Jahr das traditionelle große
Pfingstjugendtreffen bei den Aidlinger Diakonissenschwestern statt. Wir als Sächsische
Israelfreunde e.V. waren zum ersten Mal mit
einem Infostand auf dieser Großveranstaltung
mit rund 10.000 insbesondere jungen Leuten
im Alter zwischen 14 und 30 Jahren vertreten.
Das Thema des Jugendtreffens lautete: „Was
willst Du? – Gott Ich Du“.
JUGENDTR
EFFEN-AI
DLINGEN.
DE
in Israel. Einige der Besucher hatten bereits
eigene Erlebnisse auf Israelreisen machen
können, und so war es nicht nur ein Berichten
unsererseits, sondern ein echter Erfahrungsaustausch. Das bereitgestellte Infomaterial zu
Israelreisen, allgemeinen Informationen und
ganz besonders unsere Zeitschrift „Zum Leben“
kamen bei den Besuchern gut an.
Unterstützt wurden wir am Stand auch durch
Johannes Gerloff. Der Nahostkorrespondent
des Christlichen Medienverbundes KEP hat
auch in einem Seminar in seiner ausdrucksstarken und begeisternden Art über Israel,
Gottes Volk und dessen Bedeutung für uns
als Christen gesprochen. So war es eine echt
gelungene Veranstaltung, die allen Beteiligten
große Freude bereitete und bei der sicher jeder
ganz persönlich etwas von Gott geschenkt
bekommen hat.
ZUM LEBEN
12 | Vollendetes
Ausgabe 2 | 3 2016
Ein geistlicher Vater der Versöhnung
mit dem jüdischen Volk hat seinen
irdischen Lauf vollendet
Albrecht Friedrich Carl Fürst zu Castell-Castell
(*13. August 1925 – † 9. Mai 2015)
tung zu übernehmen, mich um andere zu
kümmern. Das ist mir wohl irgendwie in die
Wiege gelegt.“ Diese Verantwortung reichte
jedoch weit über das Familienunternehmen
in Castell hinaus. (Foto: privat)
Foto: privat
„Albrecht Friedrich Carl Fürst zu Castell-Castell
wurde am 9. Mai 2016, im 91. Lebensjahr,
umsorgt und begleitet von seiner großen Familie und im Vertrauen auf Jesus Christus,
nach kurzer, schwerer Krankheit zu seinem
Schöpfer gerufen.“ So ist es in der Traueranzeige der Familie des verstorbenen Christen
und Unternehmers zu lesen.
Der engagierte Protestant und Oberhaupt einer
der ältesten deutschen Adelsfamilien wurde
am 13. August 1925 als zweites von sechs Kindern im unterfränkischen Schloss Castell bei
Kitzingen am Rande des Steigerwalds geboren.
Nach dem Tod seines Vaters und des älteren
Bruders im Zweiten Weltkrieg musste der
20-Jährige die Leitung der Familienunternehmen übernehmen. Dazu gehörten das größte
private Weingut in Franken, eine Land- und
Forstwirtschaft und die Fürstlich Castell‘sche
Bank. In einem epd-Interview anlässlich seines
90. Geburtstages im vergangenen Jahr sagte
er: „Ich hatte stets Freude daran, Verantwor-
Ein Herzensanliegen war dem Fürsten der
christlich-jüdische Dialog und die Aussöhnung
zwischen Christen und Juden. Dabei ging er
mit gutem Beispiel voran. Albrecht Fürst zu
Castell-Castell habe in vorbildlicher Weise
die Rolle seiner eigenen Familie während des
Nationalsozialismus aufarbeiten lassen Mit
dem Buch „Jüdische Konten“ dokumentierte
die Fürstlich Castell‘sche Bank den Umgang
eines der ältesten deutschen Geldinstitute
mit dem Geld jüdischer Mitbürger während
der NS-Zeit. Der Präsident des Zentralrats
der Juden, der Würzburger Mediziner Dr.
Josef Schuster würdigte den Verstorbenen und
sagte, die Jüdische Gemeinde in Würzburg
und auch darüber hinaus habe in Albrecht
Fürst zu Castell-Castell „einen echten Freund“
verloren. Auch der Neubau des Würzburger
Jüdischen Gemeinde- und Kulturzentrums
„Shalom Europa“ sei ohne seinen persönlichen
Einsatz nicht zu denken.
Mit Blick auf das Reformationsgedenken im
kommenden Jahr erinnerte der evangelische
Fürst unermüdlich an den Judenhass in der
Kirchengeschichte, gerade auch beim Reformator Martin Luther. Darum hatte für ihn
die Aussöhnung mit den Juden höchste Priorität. So prangerte er u.a. die so genannte
Enterbungslehre an, die dem jüdischen Volk
seine bleibende Berufung und die biblischen
Verheißungen durch Gott streitig machte und
diese nach der Kreuzigung Jesu, die die Folge
der Ablehnung Jesu als Messias durch die
Juden gewesen sei, an die Kirche übergegangen seien. Zu den Folgen dieser Irrlehre habe
auch gehört, dass es in Eisenach zur NS-Zeit
das evangelische „Entjudungsinstitut“ der
Deutschen Christen gegeben habe, wo evangelische Theologen alle jüdischen Bezüge aus
dem Neuen Testament entfernt hatten. Dies
alles habe auch den Boden für die Ermordung
von 6 Millionen Juden geistig mitbereitet.
Albrecht Fürst zu Castell-Castell war Mitbegründer des Lebenszentrums für die Einheit
der Christen in Schloss Craheim, Mit-Initiator
der Aktion „Versöhnungswege“, Initiator einer
Reise offizieller Vertreter aus 50 deutschen
Städten, Dörfern und Kirchgemeinden in die
Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem im Jahr
2001, Sprecher des Initiativkreises „Shalom
Europa“ und Mit-Initiator der „Marsch des
Lebens“-Bewegung, in der sich Kinder und
Enkel der NS-Täter ihrer Familiengeschichte
stellen, sich zu den Orten des Unrechts ihrer Väter und Großväter aufmachen, um die
Versöhnung mit den Überlebenden der Schoa
und mit den Kindern und Enkeln der Opfer
zu suchen.
Triebfeder seines Handelns war sein Glaube
an Gott, seinen Himmlischen Vater, der zuerst
der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs ist,
und an seinen Herrn Jesus Christus gemäß
des Zeugnisses der Bibel als Wort Gottes. Er
war offen für das Wirken des Heiligen Geistes
in unserer Zeit und beugte sich daher dem
Zeitgeist nicht. Das langjährige Mitglied der
Bayerischen Landessynode stand bis zuletzt der
Ordination von Frauen in den evangelischen
Kirchen kritisch gegenüber. Auch den Einzug
homosexueller Paare in ein Pfarrhaus lehnte
er ab. Dazu hat er geäußert: „Wir als Kirche
und Gesellschaft lösen uns selbst auf, wenn wir
sagen: Ist doch völlig egal, ob sich junge Menschen ins andere oder ins gleiche Geschlecht
verlieben. Ich finde das nicht gut“. In einem
Interview mit dem Bayerischen Rundfunk im
vergangenen Jahr sagte er: „Wenn man 90
Ausgabe 2 | 3 2016
wird, dann denkt man ja auch: ‚Ich habe nicht
mehr furchtbar viel Zeit in meinem Leben,
voraussichtlich Ich möchte doch nicht erst am
Totenbett spür’n und mich erinnern: ‚Wo ist
denn noch was zu bereinigen?‘ Ich möchte es
vorher machen!“ Das verdeutlicht, dass Buße
und Vergebung zentrale Bedeutung in seiner
Beziehung zu Gott hatten.
Albrecht Fürst zu Castell-Castell starb am
Morgen des 9. Mai im Alter von 90 Jahren
in einer Kitzinger Klinik an den Folgen einer
Lungenentzündung. Im Trauergottesdienst am
13. Mai in der St. Johanneskirche würdigte
der evangelische Casteller Dekan Günther
Klöss-Schuster im Beisein der Präsidentin des
Bayerischen Landtages, Barbara Stamm (CSU),
des Präsidenten des Zentralrats der Juden in
Deutschland, Dr. Josef Schuster, sowie zahlreichen Mitgliedern des europäischen Adels,
den Fürsten als engagierten Christen, der
anderen Menschen Jesus Christus nahebringen
und ihnen das Evangelium verkünden wollte.
Wir als Sächsische Israelfreunde durften an
den Segensspuren, die unser Bruder mit Gottes
Gnade in Deutschland, Europa und nach Israel
gelegt hat, reichlich Anteil haben. So manche
Sachsen waren mit dem Fürsten auf Versöhnungswegen in Osteuropa und in Kleinasien
unterwegs. 2004 waren Wilfried Gotter und
ich mit ihm und seiner Gattin in Israel, um
mit Christen aus aller Welt an einer Konferenz von Keren Hayesod zur Bekämpfung des
Antisemitismus teilzunehmen. Im Rahmen
des Programms wurden wir dabei auch von
Ministerpräsident Ariel Sharon empfangen.
Erfreut über unseren Dienst, war Fürst Castell
Gast unserer 12. Israelkonferenz im Mai 2008
in Pirna, ebenso an den beiden Gemeinde-Israel-Kongressen in Berlin.
Am 22. Oktober 2013 fand in der Kapelle
der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg bei Weiden
in der Oberpfalz ein gemeinsamer Gedenkgottesdienst von Israelfreunden aus Bayern
und Sachsen zusammen mit Christa Behr
und Benjamin Berger aus Jerusalem für Dietrich Bonhoeffer und die anderen NS-Opfer
statt. Auch daran nahm Albrecht Fürst zu
Castell-Castell zusammen mit seiner lieben
Gattin und geistlichen Weggefährtin, Fürstin
Marie-Louise teil. Ihr und dem ganzen Hause
Castell gilt nun unsere Anteilnahme. Möge
unser Bruder in Jesus Christus im Frieden des
Gottes Israels, unseres Himmlischen Vaters,
ruhen. Schalom Chaver!
Im Namen der Sächsischen Israelfreunde e.V.,
Lothar Klein, Vorsitzender
Marie-Sophie Maasburg
Gerne unbequem
Das Glaubenszeugnis des Fürstenpaares Castell
Marie-Sophie Maasburg legt mit diesem Buch eine eindrückliche
Biografie ihrer Großeltern vor. In Gesprächen berichten Fürstin
Marie-Louise und Fürst Albrecht zu Castell-Castell davon, wie sie
aus einer Lebenskrise heraus zu einem lebendigen Glauben an
Jesus fanden; wie Gott sie durch die Schule des Glaubens führte;
wie sie mit den Höhen und Tiefen ihres Lebens umgehen lernten;
welche geistlichen Strömungen ihr Leben und Wirken beeinflusst
haben. Der Leser wird Zeuge, wie sich das Fürstenpaar von Gott
geführt sieht, sich in der Versöhnungsarbeit zwischen Deutschland
und Israel zu engagieren, und wie die Liebe zum Heiligen Land
über die Jahre wächst.
Ein inspirierendes Buch über die Lebens- und Glaubenswege des
Fürstenpaares Castell, das an vielen Orten zu Brückenbauern
wurde – auch, wenn es oft unbequem war, sich für Versöhnung
und Vergebung einzusetzen.
Jetzt bestellen: Tel. 3727 2701
216 Seiten, Buch, gebunden, Format: 12,5 x 18,7
ISBN: 978-3-86827-564-3, Erschienen im Februar 2016
€ 12,95 zzgl. Versandkosten
14 | Rückblickendes
Ausgabe 2 | 3 2016
20. Sächsische
Israelkonferenz
20. – 22. Mai 2016
Sachsenlandhalle Glauchau
Ausgabe 2 | 3 2016
| 15
16 | Dankbares
Ausgabe 2 | 2016
Eine persönliche Mitteilung an die
sächsischen Israelfreunde
oder Facebook. Sächsische Handwerker und andere Freunde besuchten
mich, boten Hilfe an und wünschten mir gute Besserung. Im Facebook
redet man von einem „Shitstorm“, wenn man etwas Falsches postet.
Ich hingegen erlebte einen regelrechten „Liebessturm“. Das gab mir
Kraft und Mut, wieder gesund zu werden.
von Ulrich W. Sahm,
Jerusalem
Ende Dezember schickte mich mein Hausarzt zu einer Blutuntersuchung,
denn ich hatte mich wochenlang schon krank gefühlt. Die schlimmsten
Werte waren kaum auf seinem Computer, da rief er mich schon entsetzt
im Labor an und befahl mir, mich sofort in stationäre Behandlung
zu begeben. Im Jerusalemer Hadassa-Hospital wurde während des
einmonatigen Aufenthaltes ein „haariges Lymphom“ diagnostiziert,
auf gut Deutsch: eine nicht aggressive Form von Blutkrebs. Da ich
außerdem noch ein paar harmlose Infekte aufwies, bekam ich erst
einmal Antibiotika, dann eine Chemotherapie und zum krönenden
Abschluss noch jede Menge Bluttransfusionen. Im Hospital habe ich
24 Kilo verloren. Es gab zum Frühstück eine Tomate und eine Gurke,
zum Mittag neben gebackenen Hühnerschenkeln ebenfalls eine Tomate
und eine Gurke und zum Abendessen nochmal eine Tomate und eine
Gurke. Meine Wampe ist leider nicht ganz weg, aber meine Muskeln
sind geschwunden, sodass ich selbst jetzt, nach einem zweimonatigen
Aufenthalt in Deutschland zwecks weiterer Behandlung, immer noch
ziemlich wackelig auf den Beinen bin.
Während ich im Hospital immer weniger wurde, haben meine Freunde
Willi Gotter und Marco Köhler hart und kreativ gearbeitet, eine
neue korrigierte Auflage meines kleinen Kochbuchs zu schaffen und
wunderbar binden zu lassen. Es ist ein kleines Kunstwerk geworden.
Einer der Hämatologen sagte mir nach der jüngsten, vorzüglichen
Blutprobe: „Herr Sahm, jetzt können Sie ihre Krankheit vergessen.“
Aber ich muss weiter regelmäßig zu den „Blutsaugern“ gehen, um den
Ärzten Tabellen zu liefern mit unverständlichen Abkürzungen wie MCV,
MCH oder RDW und rätselhaften Ziffern dahinter. Während dieser
ganzen Zeit spürte ich, wie viele liebe Menschen an mich gedacht und
für mich gebetet haben. Segenswünsche erreichten mich per Email
Ich wurde gefragt, wie man mir helfen könne, wieder auf die Beine
zu kommen. Das geht natürlich am besten, wenn Ihr jetzt alle mein
kleines Buch kauft. Ich hoffe sehr, es macht Euch beim Lesen und
nachkochen so viel Spaß wie mir beim Schreiben und beim Zusammenstellen der Bilder. In der ersten Ausgabe hatte ich noch empfohlen,
einem Kilo Kichererbsen ganze 10 Tassen Zitronensaft hinzuzufügen,
um daraus einen orientalischen Hummus zu schaffen. Ich hoffe, dass
mich da niemand beim Wort genommen hat. Das war natürlich ein
Tippfehler. In der neuen Ausgabe wird kein Gericht mehr versäuert.
„Wundersa(h)mes aus Jerusalem“ wurde zudem erweitert durch eine
spannende Geschichte der israelischen Weine, verfasst von „dem“
Spezialisten für Golanweine, Ruven Pfeifruck.
Mit einem Glas Golanwein (mehr erlaubt mir mein Arzt nicht) in der
Hand, proste ich Euch zu und wünsche allen sächsischen Israelfreunden
von Jerusalem aus von ganzem Herzen ein „LeChaim“: „Zum Leben“.
Ich hoffe, wir sehen uns bald wieder – in Sachsen oder „Nächstes Jahr
in Jerusalem“, Euer Ulrich.
Bestelltelefon: 03727 2701
Rezepte und
Wissenswertes
der israelischen Küche,
gewürzt mit ein paar
Erinnerungen
Kochbuch
WUNDERSA(H)MES AUS JER
USALEM
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Das „private“ Kochbuch von Ulrich
Sahm, mit Rezepten, die er seinen
Gästen in Jerusalem präsentiert,
mitsamt einem kulinarischen Rundgang durch die biblische, jüdische,
muslimische und israelische Küche.
„Zicklein in der Milch seiner Mutter“,
Esaus Linsengericht und in einem
letzten Kapitel auch jener Lokus, „Wo
König Salomo zu Fuß hinging“. Aus
dem Fundus unter dem Lokus der Archäologen kreierte Sahm die „Letzte
Mahlzeit des Achiel vom 8. des Av im
Jahr 587 vor Christi“.
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| 17
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18 | Verlogenes
Ausgabe 2 | 3 2016
Der Spiegel, das antijüdische
Ressentiment und die Verhöhnung
der Opfer jihadistischer Gewalt
von Brüssel
| 19
Ausgabe 2 | 3 2016
Am Dienstag, den 22. März 2016, zerfetzen
jihadistische Massenmörder in Brüssel bei
Anschlägen in der U-Bahn und im Flughafen
mehr als 30 Menschen. Die Opfer sind noch
nicht alle identifiziert, geschweige denn beerdigt, und das wöchentliche Nachrichtenmagazin Der Spiegel Nr. 13/2016 vom Samstag, 26. März 2016, macht mit einem Titel
bzw. einer Titelstory auf, die ungeheuerlicher, Jihad verharmlosender, antichristlicher und zumal antijüdischer nicht sein
könnten.
Von Clemens Heni
Unter der Headline „Die gefährliche Rückkehr
der Religionen – Der Missbrauchte Glaube“
sieht man ein grosses Kreuz mit einem gekreuzigten Jesus und einem Totenkopf darunter auf dem Cover (es ist die Osterausgabe!),
rechts oben den Präsidentschaftsbewerber
bei den Vorwahlen der Republikaner, Donald
Trump, der offenbar mit einer Bibel wedelt,
rechts unten den russischen Präsidenten Vladimir Putin, der einen offenbar russisch-orthodoxen Patriarchen herzt, und links ein
Bild der islamistischen Terrorgruppe Islamischer Staat:
Im Heft selbst dann die Coverstory unter dem
Titel „Gottes unheimliche Macht. In Europa
sind sie auf dem Rückzug, doch in vielen
Teilen der Welt entfalten Religionen gerade
neue Kraft. Sie nehmen Einfluss auf die Politik – und lassen sich von ihr missbrauche.
Oft mit furchtbaren Folgen.“ Wie sehen diese furchtbaren Folgen aus?
„Unter den extremen Christen gibt es Bäcker,
die sich aus religiösen Gründen weigern,
homosexuellen Paaren eine Hochzeitstorte
zu backen; Eltern, die vor Gericht ziehen,
weil ihre Kinder in der Schule das islamische
Glaubensbekenntnis lernen müssen; Pfarrer,
die den Satan für leibhaftig halten.“
Offenbar spielt das AutorInnenteam (Nicola
Abé, Jens Glüsing, Bartholomäus Grill, Nils
Minkmar, Christian Neef, Jan Puhl, Christoph
Reuter, Holger Stark) mit dem ganzen Text
auf die Massaker von Brüssel an, das Blut in
der Metro und dem Flughafen ist gerade erst
getrocknet bzw. die Leichenteile sind eingesammelt worden.
Doch im Text geht es nicht nur um Islamismus
und Jihad, sondern in einer gleichsam obsessiven Art und Weise um Christen und Juden,
der Islam kommt geradezu nur additiv hinzu.
Diese Massaker wie vor wenigen Tagen in
Brüssel werden mit evangelikalen Bäckern in
eins gesetzt, die sich weigern „homosexuellen Paaren eine Hochzeitstorte zu backen“.
Das ist an Zynismus und kulturrelativistischem
Geschwätz unüberbietbar. Die Angehörigen
der Opfer des Jihadismus werden sich bedanken.
Es ist ein Ausdruck der Ideologie des Kulturrelativismus, der zwischen problematischen
Aspekten einer Religion und weltweitem Jihad
und Massenmord seit dem 11. September
keinen Unterschied zu sehen bereit ist. Es
ist ein gerade fanatischer Zug des Spiegels,
die spezifische Kritik am Jihad zu verweigern.
Ja, mehr noch: die Opfer des Jihad, neben
Muslimen häufig Christen in Syrien oder dem
Irak, sowie Juden in Israel, Frankreich und
Europa, werden zu (ideologischen) Mit-Tätern.
Dieses bekannte Schema – gerade in Deutschland – der Täter-Opfer Umkehr ist typischer
Ausdruck des sekundären Antisemitismus,
jenes nach Auschwitz. Wenn das Christentum
mit verantwortlich war für den Holocaust,
dann ist das Judentum verantwortlich für
wahlweise Naturunterdrückung (so vor Jahren
schon der Katholik Eugen Drewermann), den
„Genozid“ an den Palästinensern (so der
deutsche und europäische Mainstream) oder
das Aufkommen des Monotheismus (so der
Spiegel und der Philosoph Peter Sloterdijk).
Damit sind wir quitt, die Deutschen und die
und Jihad ist seit dem 11. September 2001
die Hauptreligion des Abendlandes geworden,
zumal in der kulturellen Elite.
Kein kritischer Mensch würde die problematischen und höchst zweifelhaften Aspekte des
Evangelikalismus oder orthodoxer Katholiken
ignorieren oder beschönigen, von innerjüdischer Kritik an Ultraorthodoxen ganz zu
schweigen. Aber kein denkender Mensch
würde Kritik am Christentum oder Judentum
angesichts zerfetzter Menschen, die von extremistischen Muslimen ermordet wurden
im Namen des Jihad und Islam, mit Islamismus
und Jihadismus auch nur vergleichen, geschweige denn auf eine Stufe stellen. Das ist
eine Verhöhnung der Opfer von Brüssel unsagbaren Ausmaßes.
JournalistInnen, die zwischen Massenmord
und der Terrorisierung des gesamten Nahen
Ostens, Europas, Amerikas, weiten Teilen
Asiens und Afrikas durch den Jihad auf der
einen und der problematischen, aber nicht
massenmörderischen Religion Evangelikaler
oder Russisch-Orthodoxer auf der anderen
Seite nicht unterscheiden können, sollten ein
anderes Handwerk lernen denn Schreiben,
eines, von dem sie auch etwas verstehen.
So wichtig es ist Homophobie unter Christen
zu bekämpfen, so unsagbar gleichmacherisch,
kulturrelativistisch und unspezifisch ist es,
Diese Massaker wie vor wenigen Tagen in
Brüssel werden mit evangelikalen Bäckern
in eins gesetzt, die sich weigern „homosexuellen Paaren eine Hochzeitstorte zu
backen“. Das ist an Zynismus und kulturrelativistischem Geschwätz unüberbietbar.
Juden. Prima Sache! Das ist der Hintergrund
vor dem der Spiegel 13/2016 zu sehen ist.
Ein Massaker in Brüssel dient den Spiegel-AutorInnen dazu, gegen Juden und Christen zu
polemisieren und zu agitieren. Ein perfider
Text, der die Toten von Brüssel als Aufhänger
nimmt, um gegen Juden und Christen Stimmung zu machen.
Mehr noch: Dieses Abwiegeln, dieses Leugnen
der sehr spezifischen Gefahr des Islamismus
solche homophoben Tendenzen mit dem
weltweiten Massenmord von Seiten des Jihad
auf eine Stufe zu stellen. Man fasst sich ob
so viel Schwachsinn einfach an den Kopf.
Doch es geht noch viel weiter. Der Text hat
eine innere Logik und Struktur. Ganz ähnlich
wie der Philosoph Peter Sloterdijk greift auch
der Spiegel das Judentum an. Die „ultraorthodoxen Juden“ in Israel in „Bnei Brak“
werden kritisiert (und dabei auch Ultra-
20 |
orthodoxie und politischer Zionismus grotesk
gleichgesetzt) – wohlgemerkt angesichts islamistischer Massaker in Brüssel – und weit
ausholend geschrieben: „Besonders gut eignen
sich offenbar die monotheistischen Religionen
für Hasspropaganda und die Abgrenzung von
Andersgläubigen. Sie stiften auch dadurch
Identität. Es ist kein Wunder, dass auf der
schwarzen Fahne des IS die Schahada prangt,
das Glaubensbekenntnis des Islam: „Es gibt
keinen Gott außer Allah“, steht dort.“
Das freut Jakob Augstein. Wenn die Juden so
übel sind wie die Jihadisten, wie kann man
dann Antisemit sein, wenn man gegen den
Staat der Juden anschreibt? Wie hört sich das
Ressentiment gegen das Judentum bei Peter
Sloterdijk an?
„Ich nenne das obsessiv wiederkehrende
Bundesbruch-Motiv des Tanachs daher das
Sinai-Schema. Es macht den Preis der Singularisierung Israels inmitten der intensiven
kultischen und militärischen Völkerkonkurrenz
fühlbar. In der fiktiven Urszene am Fuß des
Gottesberges wurde der Motivzusammenhang zwischen dem Bundesbruch und dem
standrechtlich vollzogenen Strafgericht mit
archetypischer Wucht exponiert und für Übertragungen in beliebig weit entfernte Kontexte
bereitgestellt.“
Die Spiegel-AutorInnen setzen ganz explizit
Jihadismus, Massenmord und Islamismus mit
Christentum und Judentum gleich, kategorial und theologisch: „Und wenn IS-Kämpfer
die abgeschnittenen Köpfe ihrer Feinde in
die Kameras halten, dann strecken sie oft den
Zeigefinger ihrer rechten Hand aus – als Gruß.
Es gibt nur einen Gott, bedeutet das Zeichen.
Und Ungläubige sind Todfeinde. Christen
erheben sich gern über die Brutalität, mit der
dieser Absolutheitsanspruch durch – gesetzt
wird, weil ihre Religion durch die Aufklärung
gezähmt worden sei. Aber allzu leicht fällt
das nicht: ‚Du sollst keine anderen Götter
haben neben mir‘, heißt es im ersten Gebot
des Alten Testaments. Auch das Christentum
eignet sich also zur Abgrenzung, wenn es
missbraucht wird. Und das wird es immer
wieder, um Macht oder sogar Gewalt zu rechtfertigen.“
Während das Judentum sich gerade in Abkehr
vom Opfer gründete, lebt der Jihad vom Opfer. Während das jüdische Volk eine sehr
diesseitsbezogene Religion hat, hassen Jihadisten das Leben und lieben den Tod. Für den
Spiegel ist das Einerlei.
Ausgabe 2 | 3 2016
Seit 9/11 geht das so im Mainstream-Journalismus, ein Abwiegeln ob der spezifischen
Gefahr, die der Jihad darstellt. Alles nichts
Besonderes. Christen und Juden seien genauso extremistisch, bar jedweder empirischer
Beweise. Es gibt keine christlichen oder jüdischen suicide bomber, keine jüdischen oder
christlichen Ideologen, die zur mörderischen,
militärischen Bekämpfung Europas, des Westens oder Israels aufrufen. Wer zwischen
theologischem Fanatismus und konkreter
Gewalt, zwischen evangelikalen Christen oder
orthodoxen Katholiken und Jihadisten nicht
unterscheiden kann, sollte sich zu Religion
im Allgemeinen und Jihad im Besonderen
nicht äußern.
Denn die Gleichsetzung von Jihad und Zehntausenden Toten durch jihadistische Anschläge in den letzten Jahren, vom Irak über Syrien
nach Indonesien, Pakistan, Indien, New York,
Madrid, London, Tunesien, Nigeria, Toulouse,
Paris, Brüssel, London und vielen anderen
Orten, mit Christentum und orthodoxem
Judentum ist ungeheuerlich, sie verhöhnt die
Opfer des Jihad und diffamiert orthodoxe
Juden oder evangelikale Christen auf die widerlichste Art und Weise: „Radikale Sunniten
und Schiiten, Evangelikale, orthodoxe Juden,
Orthodoxe, russische katholische Extremisten
– die politische Ambition, auch die politische
Instrumentalisierung ist in allen Glaubensrichtungen möglich. Denn das System der
Religion lebt nicht vom freien Diskurs, von
Beweisen und Abstimmungen. Das Besondere an dieser Sphäre ist ja gerade, dass sie
Gewissheiten bietet, die keine Begründung
mehr brauchen. Das macht ihre einzigartige
Anziehungskraft aus, darin liegt ihr Potenzial zu gütigen, aber auch menschenfeindlichen
Handlungen.“
Noch nicht einmal auf den Unterschied zwischen proselytischen, missionarischen und
imperialistischen Religionen wie dem Christentum und Islam auf der einen und dem
nicht missionarischen Judentum auf der Seite wird hier reflektiert.
Und natürlich: Es gibt keine Sonderkommissionen bei Landeskriminalämtern oder dem
Bundeskriminalamt zu gefährlichen Christen
oder Juden, die Massaker in Köln, Frankfurt,
Augsburg, Berlin, München oder Hamburg
planten. Es gibt aber Sonderkommissionen
und Expertengruppen zu Islamismus und Jihad.
Das weiß man beim Spiegel nicht, möchte es
nicht wissen, weil die AutorInnen von der
spezifischen und einzigartig gefährlichen Art
des Islamismus und Jihad schweigen wollen.
Es gibt keine Christen die versuchen sich in
Atomkraftwerke einzuschleusen um dort womöglich eine atomare Katastrophe herbeizuführen, wie wir es ganz aktuell aus Belgien
Das Besondere an
dieser Sphäre ist ja
gerade, dass sie
Gewissheiten
bietet, die keine
Begründung
mehr brauchen.
hören. Der gesamte Sicherheitsapparat an
Flughäfen weltweit existiert nicht wegen
schwachköpfiger oder indoktrinierender evangelikaler Prediger, sondern wegen Jihadisten
und dem radikalen Islam.
In anderem Kontext ist die Analyse und Kritik
an evangelikalen Christen sicher sehr wichtig.
Aber die gezielte Vermischung einer solche
Analyse und Kritik angesichts von dutzenden
zerfetzter Menschen in Brüssel ist nicht nur
ungeheuerlich, sondern lässt nach den Motiven
suchen. Und logisch durchdacht herrscht hier
ein antijüdisches Ressentiment vor, da zeitlich
das Judentum den revolutionären Gedanken
des einen Gottes gleichsam erfunden hat. Das
wird diffamiert und da sind wir bei Sloterdijk
und weiten Teilen des kulturellen wie wissenschaftlichen Establishments.
Wer das antimonotheistische Ressentiment
des Spiegels zu Ende denkt, kommt unweigerlich auf das Judentum. Der radikal neue
Gedanke eines einzigen Gottes war weltgeschichtlich von ungeheurer Bedeutung, weg
von der Naturidolatrie der Antike und hin
zum geistvollen Nachdenken über Mensch
und Gott. Man muss gar nicht gläubig sein,
um diesen welthistorischen Bruch oder die
Bedeutung des geschriebenen Gesetzes im
Judentum in seiner revolutionären, befreienden Natur zu erkennen.
Die Motivation jedoch, gerade angesichts der
zerfetzten Menschen von Brüssel vom bösen
Judentum zu reden – das der religiöse Ursprung
des Christentums ist –, die könnte gerade zu
Ostern antijüdischer kaum sein.
Quelle: Audiatur-Online
Beispielhaftes | 21
Ausgabe 2 | 3 2016
„Operation Yonatan“ oder wie Israel
vor 40 Jahren der Welt gezeigt hat,
wie man Terrorismus bekämpft
von Lothar Klein, Vorsitzender der
Sächsischen Israelfreunde e.V.
Vor 40 Jahren wurde die auf einer Halbinsel des Viktoriasees gelegene Stadt Entebbe
über Nacht weltberühmt. Hier beendete die
israelische Spezialeinheit Sayeret Matkal die
einwöchige Entführung eines Passagierflugzeugs der Air France und befreite in der Nacht
zum 4. Juli 1976 die letzten 105 der meist
jüdischen und israelischen Geiseln aus den
Händen palästinensischer und deutscher Terroristen im Terminal des Flughafens. Damit
hatte der jüdische Staat der Welt ein Beispiel
für den Kampf gegen den weltweit agierenden
Terrorismus gegeben. Ohne dieses Beispiel
hätte es sicher auch keine erfolgreiche Befreiung deutscher Geiseln aus den Händen
palästinensischer Terroristen am 18. Oktober
1977 im somalischen Mogadischu durch
die GSG 9 gegeben. Dieser Artikel zeigt die
Zusammenhänge auf.
Das Geschehen im Einzelnen
Am 27. Juni 1976 war ein Airbus A300 der
Air France mit zwölf Besatzungsmitgliedern
und 258 Fluggästen an Bord, der von Tel Aviv
über Athen nach Paris fliegen sollte, nach dem
Start in Athen entführt worden. Die Entführer,
die sich „Kommando Che Guevara“ nannten,
waren zwei Terroristen der „Volksfront zur
Befreiung Palästinas“ (PFLP), sowie die beiden
Gründungsmitglieder der westdeutschen „Revolutionären Zellen“ (RZ), Wilfried Böse und
Brigitte Kuhlmann. Die vier waren gemeinsam
Die Entführer, die sich „Kommando
Che Guevara“ nannten, waren zwei
Terroristen der „Volksfront zur Befreiung
Palästinas“ (PFLP), sowie die beiden
Gründungsmitglieder der westdeutschen
„Revolutionären Zellen“ (RZ),
Wilfried Böse und Brigitte Kuhlmann.
mit weiteren Passagieren in Athen zugestiegen
und konnten wegen eines Streiks des dortigen
Sicherheitspersonals unbemerkt Schusswaffen,
Handgranaten und Sprengstoff an Bord bringen.
Anführer des Kommandos war Wilfried Böse,
der sich den Passagieren vom Cockpit aus
unter dem Decknamen „Basil al-Kubaisy“ als
neuer Kapitän des Flugzeugs vorstellte. Ziel
der Terroraktion war es, unter Androhung der
Ermordung der Geiseln die Freilassung von
40 in Israel inhaftierten palästinensischen
Terroristen, die Befreiung von weiteren 13
Gefangenen aus Gefängnissen in Kenia, Frankreich, der Schweiz und Deutschland – hier
konkret der RAF-Terroristen Jan Carl Raspe,
Ingrid Schubert und Werner Hoppe sowie
Ralf Reinders, Inge Viett und Fritz Teufel von
der terroristischen „Bewegung 2. Juni“ – zu
erpressen. Außerdem forderten sie 5 Millionen
Dollar Lösegeld für das Flugzeug.
Die Maschine wurde zum Flughafen Bengasi in
Libyen umgeleitet. Eine schwangere Passagierin täuschte dort akute Gesundheitsprobleme
vor, woraufhin die Luftpiraten sie als einzige
Geisel freiließen. Das ermöglichte den israelischen Sicherheitskräften, wichtige Details
zu den Entführern in Erfahrung zu bringen.
Nach einem über sechsstündigen Aufenthalt
in großer Hitze, während die Passagiere das
verminte Flugzeug nicht verlassen durften und
ohne Nahrung und Klimaanlage auskommen
mussten, wurde die Maschine aufgetankt und
landete nach ihrem Weiterflug am 28. Juni auf
dem Flughafen Entebbe in der Nähe von Ugandas Hauptstadt Kampala. Hier schlossen sich
den vier Entführern weitere drei bewaffnete
PFLP-Kämpfer an. Die lokalen ugandischen
Behörden unterstützten die Terroristen. Ugandas Diktator Idi Amin begrüßte sie nach ihrem Eintreffen sogar persönlich, während er
den Geiseln erklärte, ihr persönlicher, „von
Gott, dem Allmächtigen bestimmter Retter“
zu sein. Bald darauf wurden sämtliche 77
israelischen bzw. jüdischen sowie fünf weitere
Geiseln unter den 253 Passagieren von den
deutschen Terroristen anhand ihrer Namen
in den eingesammelten Pässen selektiert und
innerhalb des Terminals in einem Nebenraum
untergebracht. Als ein Holocaustüberlebender
Böse dabei seine eintätowierte Häftlingsnummer zeigte und ihn so an die Selektion in den
Konzentrationslagern erinnerte, erwiderte
Böse auf den darin implizierten Vorwurf, er
sei kein Nazi, sondern Idealist. Die übrigen
– bis auf zehn junge Franzosen und die Besatzung – wurden freigelassen. Michel Bacos,
der entführte französische Kapitän des Flugs
ZUM LEBEN
22 |
139, besprach sich zunächst mit den elf Mitgliedern seiner Besatzung und verkündete
Böse anschließend, dass alle Passagiere seiner
Verantwortung unterlägen und deshalb die
Besatzung und er keine Passagiere zurücklassen
könnten, sondern bei ihnen bleiben müssten.
Böse akzeptierte das. Später wurde Bacos vom
französischen Staatspräsidenten der Orden
der Ehrenlegion verliehen und er erhielt Ehrungen des Staates Israel und verschiedener
jüdischer Organisationen. Auch die anderen
Mitglieder der Flugzeugbesatzung wurden
ausgezeichnet. Eine französische Nonne weigerte sich ebenfalls zu gehen und wollte den
Platz einer jüdischen Geisel übernehmen,
wurde aber von ugandischen Soldaten in das
wartende Air-France-Flugzeug gezwungen.
Damit verblieben noch 105 Geiseln in den
Händen der Terroristen. Um den Terroristen
kein Exempel für irgendeine Erpressbarkeit
zu geben, entwickelte ein Sonderstab des
israelischen Verteidigungsministeriums zusammen mit dem Geheimdienst einen kühnen
Plan, um ihre Landsleute und weitere Geiseln
zu befreien. Der sah vor, mehrere Einheiten
der Spezialeinheit Sayeret Matkal in vier Hercules-Transportflugzeugen nach Entebbe zu
fliegen, begleitet von Transportmaschinen zum
Abtransport der Geiseln, zwei Boeing 707,
davon eine Sanitätsmaschine zur Versorgung
möglicher Verletzter und eine Maschine mit
einer Kommandoleitstelle, von der aus die Aktion geleitet werden sollte. Den Zwischenstopp
in Kenia zum Auftanken für den Rückflug und
die mögliche medizinische Versorgung Verletzter koordinierte der Sayeret Matkal-Kommandeur und spätere Ministerpräsident Ehud
Barak. Doch zunächst musste das Ganze auf
Durchführbarkeit geprüft werden. Und dafür
brauchte man Zeit, doch das Ultimatum lief,
denn die Terroristen hatten damit gedroht,
mit der Ermordung der Geiseln zu beginnen.
Während über einen persönlichen Kontakt
eines ehemaligen israelischen Generals zu Idi
Amin versucht wurde, Amins Unterstützung
für die Terroristen einzustellen und eine Freilassung der Geiseln zu erwirken, begannen in
Israel die Planungen zur Befreiung der Geiseln
Gestalt anzunehmen. In Israel und vor Ort
sowie bei den freigelassenen Geiseln in Paris
sammelten das israelische Militär und der
Mossad mehrere Tage lang Informationen und
werteten diese aus. Der Flughafen Entebbe
war wenige Jahre zuvor von einer israelischen
Firma erweitert worden, weshalb Pläne der
Anlage verfügbar waren, anhand derer der
Terminal zu Trainingszwecken in Israel nachgebaut wurde. Als wertvolle Quelle erwies
ZUM LEBEN
Ausgabe 2 | 3 2016
Als ein Holocaustüberlebender Böse dabei
seine eintätowierte Häftlingsnummer zeigte
und ihn so an die Selektion in den Konzentrationslagern erinnerte, erwiderte Böse auf
den darin implizierten Vorwurf, er sei kein
Nazi, sondern Idealist.
sich auch ein ehemaliger französisch-jüdischer
Armeeoffizier, der sich an wesentliche Details
der Gebäude, der Entführer, ihrer Bewaffnung
und ihrer Kooperation mit den ugandischen
Streitkräften erinnerte.
Eine besondere, in der Vergangenheit nicht
bekannte Informationsquelle war der deutsche
Bundesbeamte Ulrich Wegener. Er war Gründer und Kommandeur der Grenzschutzgruppe
9 (GSG 9), einer Spezialeinheit des Bundesgrenzschutzes (heute Bundespolizei), die als
Lehre aus dem Desaster der gescheiterten
Geiselbefreiung in Fürstenfeldbruck während
des Anschlages palästinensischer Terroristen
auf die israelische Olympiamannschaft 1972
in München aufgebaut wurde. Nach eigenen
Angaben war Wegener im Rahmen der Aufstellung der GSG 9 selbst an der Operation
Entebbe der israelischen Sicherheitsstreitkräfte 1976 in Uganda beteiligt. In einem
Interview mit dem Bayerischen Rundfunk
sagte er dazu am 14. November 2000 in der
Sendung „Alpha Forum“: „Ich darf einiges
noch nicht sagen, weil es noch nicht freigegeben ist. Ich kann nur so viel sagen: Ich
war im Interesse der Deutschen und Israelis
in Entebbe, aber schon, bevor der israelische
Schlag durchgeführt wurde. Wir haben versucht, Informationen zu sammeln über den
Gegner, die Terroristen wie auch über die
möglichen Unterstützer, die in Uganda vorhanden waren. Wir waren sehr erfolgreich und
konnten sehr viele Informationen sammeln.“
Das deutsche Interesse bestand offensichtlich
darin, als Lektion von München Israel bei der
Befreiung seiner Geiseln zu unterstützen.
Dabei bestand schon seit Gründung der GSG
9 und den engen Konsultationen mit den
Israelis zwischen Ulrich Wegener und Muki
Betser, dem Major der Sayeret Matkal, eine
enge Freundschaft. So beschreibt es auch Muki
Betser selbst in seinem Buch „Im geheimen
Auftrag, das 1996 im Heyne Verlag auch in
Deutsch erschienen ist.
Nachdem die Israelischen Verteidigungsstreitkräfte Einsatzbereitschaft signalisiert hatten,
erteilte Ministerpräsident Jitzhak Rabin nach
einstimmiger Zustimmung aller in der Knesset
vertretenen Parteien den Einsatzbefehl an die
schon auf dem Weg befindlichen Einheiten.
Die Elitesoldaten wurden aus einer Entfernung
von rund 4000 km unerkannt nach Entebbe
eingeflogen, wo sie sich insgesamt nur 90
Minuten aufhielten. Die Einsatztruppe von
insgesamt etwa hundert Männern bestand
aus einer Stabseinheit unter Leitung von Brigadegeneral Dan Schomron und zugehörigen
Kommunikations- und Unterstützungstruppen, einer Eingreiftruppe von 29 Mann unter
Leitung von Oberstleutnant Yonatan „Yoni“
Netanyahu, rund 100 Soldaten der Sayeret
Matkal in verschiedenen Gruppen unter Major
Moshe „Muki“ Betser und Matan Vilnai sowie
einer Verstärkungstruppe, die zur Sicherung
der Umgebung, zur Zerstörung der MiG-Jäger
der ugandischen Luftwaffe, zur Sicherung der
Übernahme der Geiseln und zur Betankung
der Flieger dienen sollte.
Das erste Flugzeug identifizierte sich über Funk
als eine Linienmaschine, die auf dem Flughafen
tatsächlich wenig später erwartet wurde. So
konnte es zunächst unerkannt landen und in
einen entlegenen Teil des Flugfeldes rollen. Im
Schutz der Dunkelheit wurden ein schwarzer
Mercedes und einige Land Rover entladen.
Man wollte damit die Landung eines hohen
ugandischen Offiziellen oder Amins selbst
vortäuschen. Das israelische Kommando fuhr,
eine Wagenkarawane Amins imitierend, direkt
zum Hauptgebäude. Auf dieser Fahrt wurden
zwei ugandische Wachsoldaten erschossen, die
die Fahrzeuge anhalten wollten. Ugandische
Truppen eröffneten ihrerseits das Feuer auf
die Israelis, als diese nun zu Fuß auf das Flughafengebäude zuliefen, wobei Oberstleutnant
Yonatan Netanyahu, der Bruder des heutigen
Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu,
durch einen Schuss getötet wurde. Aus weiteren Lastflugzeugen wurden Panzerwagen und
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mit Mörsern ausgestattete Jeeps ausgeladen,
mit denen die MIGs zerstört, der Rückweg
gesichert und die ugandischen Soldaten vor
Ort bekämpft wurden. Die mit ugandischen
Uniformen verkleidete Kommandoeinheit
drang in das Hauptgebäude ein, in dem die
105 Geiseln festgehalten wurden. In einem
Feuergefecht wurden alle sieben Geiselnehmer, 20 ugandische Soldaten, aber auch drei
der Geiseln – unbeabsichtigt durch Schüsse
ihrer eigenen Befreier, da sie dem Befehl zum
Hinlegen nicht nachkamen und man sie für
Terroristen hielt – getötet. 102 überwiegend
israelische Geiseln, einschließlich der Air-France-Besatzung, wurden schließlich befreit. Die
israelischen Luftstreitkräfte flogen die Geiseln
– mit einer Zwischenlandung zum Auftanken in
Kenia – nach Israel aus, wo die Befreiten und
deren Befreier begeistert empfangen wurden.
Damit hatte der kleine jüdische Staat der Welt
ein Beispiel gegeben, wie Terror bekämpft
werden kann, statt sich von ihm erpressen
zu lassen.
Resümee
Vielleicht war es gerade diese Peinlichkeit,
die manche Länder veranlasste, die Aktion
als „ernste Verletzung der Souveränität eines
Mitgliedsstaates.“ zu verurteilten. Die israelfeindlichen afroarabischen und sozialistischen
Staaten hatten dazu eine Sondersitzung des
UN-Sicherheitsrates verlangt. Die meisten
westlich orientierten Staaten – mit Ausnahme
Japans – tolerierten die Aktion. Im Sicherheitsrat fand eine ausdrückliche Verurteilung
Israels keine Mehrheit. Israels Botschafter
Chaim Herzog verteidigte den Einsatz, auf
den man „mit Fug und Recht stolz“ sei, vor
dem UN-Sicherheitsrat als Ausdruck der Werte, für die Israel stehe, für Menschenwürde,
das Menschenleben wie für die menschliche
Freiheit an sich. Er führte dazu aus: „Wir
treten mit einer einfachen Botschaft an den
Sicherheitsrat: Wir sind stolz auf das, was
wir getan haben, weil wir der Welt gezeigt
haben, dass in einem kleinen Land, in der
Situation Israels, die den Mitgliedern dieses
Rates nur allzu bekannt ist, die menschliche
Würde, menschliches Leben und die Freiheit der Menschen höchste Werte darstellen.
Wir sind nicht nur stolz, weil wir das Leben
von über hundert Unschuldigen – Männern,
Frauen und Kindern – gerettet haben, sondern
aufgrund der Bedeutung unserer Tat für das
Anliegen der Freiheit der Menschen.“ Wie sehr
Herzog damit Recht hatte, zeigte das Schicksal
der Geisel Dora Bloch. Sie war wegen Atemnot in ein Krankenhaus in Kampala gebracht
worden und war schon auf dem Weg der Besserung, wie der britische Konsul nach einem
Besuch bei ihr berichtete. Aus Wut über die
Geiselbefreiung erteilte Diktator Amin jedoch
den Befehl, die schon ältere Dame ermorden
zu lassen. Ebenso wurden dabei einige sie
schützende Ärzte und Krankenschwestern
von Amins Soldaten ermordet. Aus Rache für
die Hilfe, die Kenia den israelischen Befreiern
geboten hatte, ließ er auch über 100 in Uganda
lebende Kenianer töten.
Interessant sind auch die Reaktionen in der
deutschen Öffentlichkeit. In der Folge verschlechterte sich das eh angespannte Verhältnis mit der sozialistischen DDR, die – neben
der „Stürmer“-ähnlichen Hetze gegen den
Judenstaat in den SED-gesteuerten Medien
Aus Wut über die Geiselbefreiung erteilte
Diktator Amin jedoch den Befehl, die schon
ältere Dame ermorden zu lassen. Ebenso
wurden dabei einige sie schützende Ärzte
und Krankenschwestern von Amins Soldaten ermordet. Aus Rache für die Hilfe, die
Kenia den israelischen Befreiern geboten
hatte, ließ er auch über 100 in Uganda
lebende Kenianer töten.
– den palästinensischen Terror gegen Israel
unterstützte und Terroristen wie dem Drahtzieher von München 1972, Abu Doud, in
Ostberlin Unterschlupf gewährte, wie auch
den mit den Palästinensern kooperierenden
westdeutschen Linksterroristen der RAF, RZ
und anderer Gruppierungen. Indes verstärkte die erfolgreiche Geiselbefreiung seitens
regimekritischer, zumeist christlicher Bürger
und Gruppen in der DDR und besonders in
Sachsen die Sympathien für Israel, ebenso
auch unter der Bevölkerung der Bundesrepublik. Unter westdeutschen Linksradikalen hat
indes kein anderer von Deutschen verübter
Terrorakt für solche Irritationen gesorgt wie
die von Wilfried Böse und Brigitte Kuhlmann
durchgeführte „Selektion von Entebbe“. Der
polnisch-deutsch-jüdische Publizist Henryk
M. Broder bezeichnete in seinem 2013 im
Bertelsmann Verlag erschienen Buch „Vergesst
Auschwitz!: Der deutsche Erinnerungswahn
und die Endlösung der Israel-Frage“ die „Operation Entebbe“ später als Wendepunkt, der
zu seinem Bruch mit der radikalen Linken
geführt habe. Dort schreibt er: „Kaum waren
die befreiten Geiseln in Tel Aviv gelandet,
setzte eine Diskussion über die völkerrechtlichen Aspekte der israelischen Kommandoaktion ein. Der damalige UN-Generalsekretär
Kurt Waldheim, ein Österreicher mit einer
lupenreinen NS-Vergangenheit, bezeichnete
die Aktion als eine ‚ernste Verletzung der
Souveränität eines UN-Mitgliedsstaates‘. Deutsche Antiimperialisten stimmten Waldheim
zu und beklagten in Botschaften an Idi Amin
die ‚flagrante Verletzung der Souveränität‘
Ugandas durch die brutalen Israelis. Ich kam
mir vor wie ein Besucher in einem Irrenhaus,
in dem die Patienten die Verwaltung an sich
gerissen hatten. Stein des Anstoßes war nicht
die Entführung der Maschine und die Selektion der jüdischen Geiseln – die erste nach
1945 –, es war die israelische Aktion zur
Befreiung der Geiseln. Die ‚Operation Entebbe‘ war mein privates Erweckungserlebnis.“
Auch der einstige Frankfurter Linksautonome,
Mitbegründer der Grünen und spätere Bundesaußenminister Joseph „Joschka“ Fischer
bezeichnete die „Selektion von Entebbe“ als
Schlüsselerlebnis, das zu seiner Abkehr von
Gewalt und Militanz geführt habe. Diese erste
„Selektion“ von Juden und Nichtjuden seit dem
Zweiten Weltkrieg erinnerte weltweit an Auschwitz. Ein Aufschrei innerhalb der radikalen
Linken blieb jedoch genau so aus, wie er heute
beim Boykott israelischer Waren nach dem
NS-Motto „Kauf nicht bei Juden“ ausbleibt.
Weite Teile der deutschen Linken sind bis in
die Gegenwart antizionistisch, antiisraelisch
ZUM LEBEN
24 |
Ausgabe 2 | 2016
Große Freude am Flughafen Ben Gurion über die Rückkehr der Geiseln von Entebbe
und damit antisemitisch eingestellt geblieben.
An dieser Stelle darf ein Hinweis auf eine
detailgetreue Verfilmung der „Operation
Entebbe“ nicht fehlen, die unter dem etwas
irreführenden Titel „Die keine Gnade kennen“ auch in Deutsch erschienen ist. Dieser
beeindruckende Film mit Starbesetzungen wie
Charles Bronson als General Dan Shomron
und Siegfried Buchholz als Wilfried Böse, Peter Finch u.a. ist – wenn nicht vergriffen – in
der Buchhandlung „Willis Fischladen (www.
willis-fischladen.de) ebenso wie das Buch von
Henryk M. Broder zu bestellen.
Israel hat der Erfolg von Entebbe nach dem
beinahe-Desaster im Yom-Kippur-Krieg von
1973 neues Selbstbewusstsein verliehen. Der
persönliche Verlust seines Bruders Yoni hat das
Denken und Handeln Benjamin Netanyahus
nachhaltig geprägt. In der Tat hat der Judenstaat
in den 40 Jahren seit Entebbe – auch durch
bittere Erfahrungen mit vielfältigen Anschlägen
gegen seine Zivilbevölkerung im Inland – ein
ausgeklügeltes System der Terrorprävention
und -bekämpfung entwickelt, von dem der Westen vieles lernen könnte. Und dies geschieht
auch. So übten beispielsweise im vergangenen
Herbst deutsche Spezialkräfte der Bundeswehr
zusammen mit israelischen Kameraden in
einem speziell errichteten Camp mit einer
ZUM LEBEN
künstlichen Stadt in der Negevwüste den
Häuserkampf gegen Terroristen. Indes habe
ich von Israelkennern in Deutschland in den
vergangenen Monaten immer wieder gehört,
dass sie sich – trotz berichteter regelmäßiger
palästinensischer Gewalt gegen Juden – in
Israel wesentlich sicherer fühlen würden, als
in Paris oder Brüssel. Die Vereinten Nationen
jedoch machen es dem kleinen Judenstaat
mitten in einer brodelnden islamischen Umgebung mehrheitlich zum Vorwurf, die Chuzpe
zu besitzen, sich gegen die Vernichtung seiner
Bürger und seiner Existenz erfolgreich zu
wehren. Daran hat sich leider in 40 Jahren
nichts geändert. Vielleicht kommen angesichts
sich dramatisch auch in Europa veränderter
Sicherheitslagen auch immer mehr Verantwortungsträger der westlichen Demokratien
zu der Erkenntnis: „Von Israel lernen heißt
Siegen lernen!“ Zumindest hat die NATO jetzt
einen Schritt in die richtige Richtung getan.
Als sich Israels Staatspräsident Reuven Rivlin
am 21. Juni mit NATO-Generalsekretär Jens
Stoltenberg in Brüssel traf, hat er sich für
die Erlaubnis bedankt, Israel eine ständige
Vertretung am NATO-Hauptquartier zu geben,
indem er sagte: „Der Mangel an Stabilität in
der Region macht unsere enge Zusammenarbeit nicht nur wichtig, sondern essentiell.“
Recht hat er!
DVD – Die keine Gnade kennen
27. Juni 1976: Auf dem Entebbe Airport in
Uganda bringen palästinensische Terroristen
ein Passagierflugzeug der Air France in ihre
Gewalt und nehmen die über 200, meist
israelischen Passagiere als Geiseln. Ihr Ziel:
Die Geiseln gegen einige ihrer in Gefangenschaft befindlichen Gesinnungsgenossen
einzutauschen. Für die Geiseln beginnt ein
sieben Tage dauerndes Martyrium, denn ihre
Heimat ist tausende Kilometer entfernt und
vom ugandischen Präsidenten Idi Amin und
seinem Regime ist keine Hilfe zu erwarten.
15,00 EUR
Bestell-Tel. 03727 2701
Quellen:
Henryk M. Broder, Vergesst Auschwitz!
Der deutsche Erinnerungswahn und die
Endlösung der Israel-Frage, Bertelsmann 2013
Muki Betser, Im geheimen Auftrag,
Heyne Verlag1996
Fotos: Archiv der Israel Defense Forces (IDF),
mit freundlicher Genehmigung
Heimwärtsstrebendes | 25
Ausgabe 2 | 2016
… und nächstes Jahr in Jerusalem!
Bericht über die 20. Reise nach Äthiopien
Text und Fotos von
Pfr. Matthias Franke,
Dennheritz
Dieser Gruß zum Passahfest hat von je her
die Sehnsucht aller Juden in der Diaspora
nach Zion zum Ausdruck gebracht. Dieser
Wunsch ist natürlich auch bei den Falascha,
den äthiopischen Juden, lebendig. Seit einigen
Jahrzehnten sind immer wieder z.T. große
Gruppen von ihnen nach Israel ausgewandert
und immer noch gibt es diesen Wunsch nach
Auswanderung nach Erez Israel bei vielen, die
sich als Juden verstehen. Die Frage, „Wer hat
wirklich jüdische Wurzeln?“, ist nicht leicht
und manchmal gar nicht zu beantworten.
Als ich im Herbst in Äthiopien war, erzählten
mir viele, dass es bald eine neue Möglichkeit
zur Auswanderung gäbe. Von ca. 9000 war
die Rede und jeder hoffte, dass er/sie dann
möglichst einer/eine von diesen 9000 sein
werde. So hatte ich mich entschlossen, die
Jahrtausende alte Kultur noch einmal in Fotos
festzuhalten. Wenn wirklich in den nächsten
Jahren noch einmal 9000 Falascha Äthiopien
verlassen werden, dann wird es kaum noch
jüdisches Leben als religiös erfahrbare Gemeinschaft geben. So habe ich im April mit
einem in Israel lebenden Falascha viele Juden
in Addis Abeba, Gondar und in einigen kleinen
Dörfern besucht, um etwas von dieser beeindruckenden, fast 3000 Jahre alten jüdischen
Kultur in Äthiopien festzuhalten. Es ist nicht
leicht als Nichtjude Zugang zu ihnen zu bekommen, befürchten doch viele von ihnen,
missioniert zu werden. Aber die Türen waren
weit offen. Ich konnte zu den Gebetszeiten und
Gottesdiensten dabei sein, in Gondar die Vorbereitung für das Pessachfest miterleben und
einige Familien in ihren Häusern besuchen.
Und immer wieder konnte ich den Wunsch
verstehen: „Nächstes Jahr in Jerusalem!“ Da
ich zum Ende des Jahres meine Dienstzeit als
Pfarrer beenden werde, weiß ich noch nicht,
wie es bei mir mit den Äthiopienbesuchen
weitergehen wird. Natürlich möchte ich viele
von ihnen wiedersehen. Aber vielleicht heißt
es in den nächsten Jahren für unser Wiedersehen für die Falascha und für mich auch:
„Nächstes Jahr in Jerusalem!“
ZUM LEBEN
26 | Aufstrebendes
Ausgabe 2 | 3 2016
„Alija“,
der Aufstieg
von Johannes Gerloff, Jerusalem
Seit der Zerstörung des salomonischen Tempels
im 6.Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung
lebt die Mehrheit des jüdischen Volkes außerhalb des Landes Israel. Seither ist „Alija“,
die Rückkehr in das Land Israel, das Sehnen,
das Juden weltweit verbindet. Das hebräische
Wort „Alija“ bedeutet wörtlich übersetzt „Hinaufsteigen“. Ins Land Israel und insbesondere
sein Zentrum, Jerusalem, geht man immer
hinauf. Das gilt auch für Menschen, die aus
höher gelegenen Gegenden, etwa den Alpen
oder dem Himalaya, nach Israel kommen.
Im Gegenzug ist das Verlassen des Heiligen
Landes immer ein Abstieg. So heißt es schon
von Abram in 1.Mose12, Vers10: „Abram ging
hinab nach Ägypten…“ Seine Rückkehr in das
verheißene Land wird zu Beginn des folgenden
Kapitels beschrieben: „Und Abram zog herauf
aus Ägypten“ (1. Mose13,1). Die hebräische
Bibel ist, genau wie das moderne Hebräisch,
konsequent in diesem Sprachgebrauch.
„An den Wasserströmen Babylons saßen wir
und weinten, wenn wir an Zion dachten“,
klagte der Psalmist (Psalm137,1). „Wenn ich
dich, Jerusalem, vergesse, wird meine rechte
Hand absterben. Meine Zunge soll an meinem
Gaumen kleben, wenn ich nicht gedenke,
wenn ich Jerusalem nicht erhebe über den
Gipfel meiner Freuden“, sagt jeder Bräutigam
Ein jemenitischer Familie geht durch die Wüste in Richtung des Auffanglagers in Aden
nach dem Treueversprechen an seine Braut
und zertritt im Gedenken an das zerstörte
Jerusalem ein Glas.
führt. Zum Abschluss eines jeden Sederabends
verspricht man einander: „Nächstes Jahr in
Jerusalem!“
Im Jahr 70 nach Christus wurde der Tempel,
der von einigen Rückkehrern aus Babylon
gebaut und von Herodes dem Großen prachtvoll renoviert worden war, dem Erdboden
gleichgemacht. Nach dem zweiten jüdischen
Krieg im Jahr 135 verbot der Römische Kaiser
Hadrian Juden den Zugang zu Jerusalem unter
Androhung der Todesstrafe. Judäa wurde in
Palästina, Sichem in Neapolis (heute „Nablus“)
und Jerusalem in Aelia Capitolina umbenannt.
Jede jüdische Verbindung zum verheißenen
Land und seinen heiligen Städten sollte unmöglich gemacht werden.
An die Hoffnung auf „Alija“ klammerten sich
Juden, als Rabbi Mosche ben Nachman, kurz
„Ramban“ genannt, Mitte des 13.Jahrhunderts
in Jerusalem nur noch zwei Juden, aber keine
Synagoge und keine Thorarolle vorfand. In der
Stadt, aus der eigentlich die Thora hervorgehen
sollte (Jesaja 2,4; Micha 4,2), war keine einzige
Thorarolle. Es gab keine Hoffnung mehr, die
man als Jude hätte noch verlieren können,
stellt Nachmanides in der Zeit zwischen dem
6. und 7. Kreuzzug fest.
Doch die Sehnsucht blieb. Nach jedem Essen
haben Juden durch die Jahrtausende hindurch
gebetet: „Erbarme dich doch Herr, unser Gott,
über dein Volk Israel, über Jerusalem, deine
Stadt, über Zion, den Wohnort deiner Herrlichkeit“. Das Passahfest beginnt mit dem
Sederabend, bei dem sich das jüdische Volk
jedes Jahr die Erlösung aus Ägypten vor Augen
Erste Alija (1882-1903):
20 000 bis 30 000 Juden wandern
aus Osteuropa, Russland, Rumänien
und dem Jemen nach Palästina ein.
Dritte Alija (1919-1923):
35 000 Einwanderer kommen
aus Russland und Rumänien.
Zweite Alija (1904-1914):
35 000 bis 40 000 Juden kommen
aus Russland und Polen.
30.000
1880
Am Ziel der Heimkehr hielt das Volk Israel fest,
auch als Martin Luther im 16. Jahrhundert
darüber spottete: „So lasst sie noch hinfaren
jns land und gen Jerusalem, Tempel bawen,
Priesterthum, Fuerstenthum und Mosen mit
seinem gesetze auffrichten und also sie selbs
widerumb Jueden werden und das Land besitzen.“ Sarkastisch fügte der deutsche Reformator noch hinzu: „Wenn das geschehen ist,
so sollen sie uns bald auff den ferssen nach
40.000
1890
1900
35.000
1910
1920
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sehen daher komen und auch Jueden werden“
(WA 50.323,36-324,8). Würden Lutheraner
die Worte des wortgewaltigen Reformators
ernst nehmen, müssten sie sich heute, 500
Jahre nach Anschlag der 95 Thesen an der
Schlosskirche zu Wittenberg, beim nächsten
Rabbiner zur Beschneidung melden. Denn „die
jueden faren jns land und gen Jerusalem“. Im
Jahr 2017 lebt die größte jüdische Gemeinde
weltweit wieder im Land Israel. Seit zweieinhalb Jahrtausenden haben nicht so viele Juden
im Land Israel gewohnt.
genannte Hurva-Synagoge erinnert noch heute
an ihn. 1721 kommt Rabbi Jesaja Horowitz.
Im 18. Jahrhundert werden in Jerusalem 19
Talmudschulen von Juden aus Italien, Konstantinopel, Amsterdam und Aleppo gegründet.
1760 trifft Rabbi Schalom Scharabi aus dem
Jemen in Jerusalem ein und 1771 gründet
Rabbi Menachem Mendel aus Vitebsk mit 300
Anhängern eine chassidische Siedlung.
1799 rückt das Heilige Land mit dem Orientfeldzug Napoleons in den Brennpunkt
des internationalen Interesses. Bevor der
französische Kaiser vor den Toren von Akko
scheitert, verkündet er noch, Palästina und
Jerusalem sollten seinen rechtmäßigen Erben,
dem jüdischen Volk, zurückgegeben werden.
Im 19. Jahrhundert setzte sich dieser Trend
fort. Antisemitische Ausbrüche verstärkten
„Aus der Tiefe rufe ich, Herr, zu dir“ (Psalm
130,1) – das ist die richtige Gebetshaltung,
erklärt ein orthodoxer Jude und verweist darauf, dass viele Synagogen deshalb so gebaut
sind, dass man einige Stufen hinabsteigen
muss, um dann tatsächlich „aus der Tiefe“
rufen zu können. Vor allem aber ist dieses
„Lied des Hinaufgehens“, so die Überschrift
von Psalm 130, ein Schrei nach Erlösung aus
der Zerstreuung. Wenn der Apostel Paulus in
Aussicht stellte, dass einmal „ganz Israel gerettet“ wird (Römer 11,26), dann schließt das in
jüdischem Denken automatisch mit ein, dass
Gott durch den Propheten Hesekiel (39,28)
nicht nur die Rückkehr des Volkes in das Land
vorhersagt, sondern auch verspricht: „Ich will
nicht einen von ihnen dort zurücklassen“.
Also werden sie
erfahren, daß ich,
der HERR, ihr Gott
bin, der ich sie habe
lassen unter die
Heiden wegführen
und wiederum in ihr
Land versammeln
und nicht einen von
ihnen dort gelassen
habe. Hesekiel 39,28
Der Gott Israels hat den Schrei seines Volkes
gehört. Seit dem absoluten Tiefpunkt Jerusalems
zur Zeit von Rabbi Mose Nachmanides und dem
Bau der nach ihm benannten „Ramban-Synagoge“ begann ein ständiger Strom von Juden
in das Land Israel hinaufzuziehen. 1483 traf
Rabbi Elia aus Ferrara in Jerusalem ein, 1579
120 Neueinwanderer aus Damaskus, 1700 Juda
der Fromme mit 1.000 seiner Anhänger. Die so
Vierte Alija (1924-1931):
80 000 Juden vor allem aus
dem Mittelstand wandern aus
Polen und der Sowjetunion ins
britische Mandatsgebiet
Palästina ein.
Fünfte Alija (1932-1938):
nach der Machtübernahme Hitlers
kommen etwa eine Viertel Million
deutsche Juden.
ihn. Als beispielsweise 1840 die Juden von
Damaskus beschuldigt werden, den Priester
Toma und seinen moslemischen Diener ermordet zu haben, um ihr Blut für die Mazzot (ungesäuerten Brote) am Passahfest zu
verwenden, drängt der in Sarajevo geborene
Rabbi Juda Alkalai sein Volk zur Alija. 1881
lösen Pogrome in Russland und Rumänien die
so genannte „Erste Alija“ aus. 40.000 Juden
machen sich auf den Weg nach Palästina.
Während um Jerusalem herum erste jüdische
Siedlungen entstehen – Mischkenot Schaananim (1860), Mea Schearim (1873), Machane
Jehuda (1887) – setzen sich jüdische Bittsteller
vor dem Berliner Kongress (1878) für die
Errichtung eines jüdischen Staates in Palästina ein. Fürst Otto von Bismarck erklärt sie
für wahnsinnig. Trotzdem formiert sich der
Zionismus als säkulare politische Bewegung
in Europa. Anfang September 1897 schreibt
der österreichische Journalist Theodor Herzl
unmittelbar nach dem ersten Zionistenkongress
in sein Tagebuch: „Fasse ich den Baseler Kongress in ein Wort zusammen — das ich mich
hüten werde, öffentlich auszusprechen — so
ist es dieses: in Basel habe ich den Judenstaat
gegründet. Wenn ich das heute laut sagte, würde mir ein universelles Gelächter antworten.
Vielleicht in fünf Jahren, jedenfalls in fünfzig
wird es jeder einsehen.“
Gegen immense Widerstände setzt sich die
Bewegung fort. Unermüdlich bearbeitet Herzl
die Mächtigen seiner Zeit, bittet den deutschen
Kaiser um ein Protektorat über den jüdischen
Staat und muss sich von Papst Pius X. im Januar
1904 in Rom sagen lassen: „Die Juden haben
unseren Herrn nicht anerkannt, also können
wir das jüdische Volk nicht anerkennen.“ 1899
vertreibt der Pascha von Damaskus die Juden
Operation Fliegender Teppich (1949/1950):
49 000 Juden aus dem Jemen.
Operation Esra und Nehemia (1950):
110 000 Juden aus dem Irak.
Die „Alija Beit“ (1934-1948):
Illegale Einwanderung von etwa
90 000 Juden, die vom Naziregime
verfolgt wurden.
Insgesamt kommen zwischen 1948 und 1951
ungefähr 690 000 Einwanderer aus Ägypten, dem
Irak, Jemen, Polen und Rumänien.
1955-1957: Mit dem Ende der französischen
Kolonialherrschaft kommen etwa 100 000 Juden aus
Marokko, Algerien, Tunesien und Libyen nach Israel.
80.000
250.000 90.000
1930
1940
49.000 110.000 690.000 110.000
1950
1960
28 |
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aus einer Siedlung auf den Golanhöhen. Im
April 1909 wird die erste jüdische Stadt im
Land Israel gegründet: Tel Aviv. Im Dezember
desselben Jahres der erste Kibbuz: Degania
am Südende des Sees Genezareth. Im März
1917 vertreiben die Türken alle Juden aus
Haifa und Tel Aviv.
Im November 1917 erklärt die britische Regierung in der so genannten „Balfour Declaration“
ihre Unterstützung für eine jüdische Heimstätte
in Palästina. Am 24. Juli 1922 beauftragt der
Völkerbund in San Remo die britische Regierung im Palästina Mandat ausdrücklich damit,
die Alija und die Besiedlung des Landes durch
das jüdische Volk zu fördern. Zwischen 1919
und 1924 kommen 35.000 idealistische Pioniere mit „Zertifikaten“ der britischen Regierung ins Mandatsgebiet Palästina. 1924-1931
treiben polnische Wirtschaftssanktionen viele
jüdische Angehörige aus kleinbürgerlichen
Schichten „hinauf nach Zion“. Zwischen 1929
und 1939 fliehen eine Viertel Million Juden
vor den Nazis aus Deutschland nach Palästina.
Diese großen jüdischen Einwanderungswellen
nach Palästina erregten den Widerstand von
Teilen der arabischen Bevölkerung. Extremistische Führer wie der Großmufti und Hitler-Freund Hadsch Amin el-Husseini gewannen
die Oberhand und hetzten ihre Anhänger
immer wieder zu blutigen Aufständen an,
etwa 1929 und 1936. Die britische Regierung
reagierte auf die arabische Gewalt mit einer
Einschränkung und teilweise massiven Behinderung der jüdischen Einwanderung nach
Palästina, was ein klarer Verstoß gegen das Völkerbundsmandat darstellte. David Ben-Gurion,
der wenige Jahre später zum ersten Ministerpräsidenten des Staates Israel wurde, stellte
in dieser schweren Zeit die Richtlinie auf:
1969-1975:
100 000 Einwanderer kommen
aus der Sowjetunion.
„Wir werden gemeinsam mit England gegen
Hitler kämpfen, als gäbe es kein Weißbuch,
und wir werden das Weißbuch bekämpfen, als
gäbe es keinen Krieg.“ Hunderte verzweifelter
Holocaustüberlebender verlieren im Kampf
gegen England ihr Leben, bevor am 14. Mai
1948 der Staat Israel proklamiert wird.
Jahr 2017 lebt die
größte jüdische
Gemeinde weltweit
wieder im Land
Israel. Seit zweieinhalb Jahrtausenden
haben nicht so viele
Juden im Land Israel
gewohnt.
Die raison d‘être des jüdischen Staates Israel
ist, bedrängten Juden aus aller Welt Zuflucht
zu bieten. Der junge Staat wurde von einer
Welle der Immigration überschwemmt, so dass
sich allein in den Jahren von 1948 bis 1951
die jüdische Bevölkerung in Israel verdoppelte.
Die ersten Einwanderer kamen nicht nur als
Holocaustüberlebende aus Europa. Ungefähr
eine Million Juden mussten in diesem Zeitraum
ihre Heimat in arabischen Ländern verlassen,
weil ihnen das Leben dort unmöglich gemacht
wurde. Die meisten flohen nach Israel.
In den fast sieben Jahrzehnten seines Bestehens bewältigte der Staat Israel mehrere große
1984/1985:
Operation Moses rettet 8
000 Juden aus dem
äthiopischen Bürgerkrieg.
Einwanderungswellen, so dass heute mehr als
sechs Millionen Juden im „Land ihrer Väter“
leben. In den vergangenen Jahren zogen Zigtausende von Juden aus Frankreich und der
Ukraine nach Israel. Eljakim HaEtzni lebt seit
44 Jahren in Kirjat Arba bei Hebron. Unermüdlich verteidigt der fast 90-jährige Jurist
und ehemalige Knessetabgeordnete das Recht
seines Volkes auf ein Leben im Land Israel.
Er erinnert sich, wie seine Familie 1938 aus
dem norddeutschen Kiel vertrieben wurde mit
den Worten: „Juden nach Palästina!“ „Jetzt
sind wir hier und es ist euch wieder nicht
recht!“, hält er seinen deutschen Zuhörern
entgegen. Die Jahre des Kampfes haben ihn
zu der Überzeugung gebracht, dass nur „facts
on the ground“ („Tatsachen auf dem Boden“)
die Verwurzelung des jüdischen Volkes im
Land Israel dauerhaft garantieren. Auf das
Wohlwollen der Völkerwelt, internationales
Recht oder internationale Garantien gibt der
alt gewordene Siedlerführer nicht mehr viel.
HaEtzni gibt sich als nicht-orthodoxer, säkularer Jude. Trotzdem weiß er: „Wir sind
hier Kraft der Bibel.“ Er glaubt nicht an einen
Gott, der sich um das Schicksal einzelner
Menschen kümmert. Aber er ist fasziniert von
der Tatsache, dass die Bibel schon vor 2 500
Jahren vorausgesagt hat, dass das Volk Israel
den Geboten seines Gottes ungehorsam sein
wird; dass es deshalb sein Land verlassen und
in alle Welt zerstreut werden wird; dass es sich
dort aber nicht assimilieren können sondern
nach Jahrtausenden der Diaspora wieder in
sein Land zurückkehren wird. „Das ist rational
nicht erklärbar!“, weiß der alte Herr und freut
sich darüber, dass sein Garten in der Väterstadt Hebron nach einem außergewöhnlich
regenreichen Winter üppig grünt.
© Johannes Gerloff, Christlicher Medienverbund KEP
1990:
Nach dem Fall Eisernen Vorhangs beginnt der Exodus der sowjetischen
Juden. Von 1989 bis 1995 kommen 600 000 Einwanderer aus der GUS.
1991:
Operation Salomon rettet in 33 Stunden mehr als
14 000 äthiopische Juden vor dem Bürgerkrieg.
2011-2013:
Operation
Taubenflügel bringt
fast 8 000 Juden
aus Äthiopien.
1991:
Am 30. März 1992 stellt TIME Magazine fest: Wenn Israel in den
nächsten fünf Jahren eine Million Juden aus der ehemaligen
Sowjetunion integrieren möchte, entspräche das in etwa der
Aufgabe, wenn die USA ganz Frankreich absorbieren wolle.
100.000
1970
8.000
1980
600.000 14.000
1990
8.000
2000
2010
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Ausgabe 2 | 3 2016
Judenrettung aus dem Jemen:
Geheimmission „Fliegender Teppich“ beendet
Darunter ist der
Rabbiner der Gemeinde. Dieser hat
eine Torah-Rolle
mitgebracht, deren
Alter auf 500 bis
600 Jahre geschätzt
wird.
Antisemitismus und der Bürgerkrieg im Jemen haben die Juden dazu gebracht, das
arabische Land zu verlassen. Foto: The Jewish Agency for Israel/Arielle Di-Porto
SANAA / JERUSALEM (inn) – In einer geheimen Mission hat Israel 19 Juden aus dem
Jemen nach Israel gebracht. Nun gibt es in
dem kriegsgebeutelten arabischen Land noch
etwa 50 jüdische Bürger.
von Dana Nowak,
Israelnetz-Redaktionsleiterin Wetzlar
Die Einwandererorganisation „Jewish Agency“
hat in den vergangenen Tagen eine kleine
Gruppe Juden aus dem Jemen nach Israel
gebracht. 17 Juden konnten nach einem Jahr
Vorbereitungszeit in geheimer Mission nach
Israel ausgeflogen werden. Zusätzlich sind
zwei weitere Juden in der vergangenen Woche heimlich aus dem Jemen ausgereist, wie
die Jewish Agency am Montag mitteilte. Das
US-Außenministerium hatte bei den Aktionen
geholfen. Von den neu eingewanderten Juden
stammen 14 aus der Stadt Raida. Darunter ist
der Rabbiner der Gemeinde. Dieser hat eine
Torah-Rolle mitgebracht, deren Alter auf 500
bis 600 Jahre geschätzt wird. Eine fünfköpfige
Familie kommt aus der Hauptstadt Sanaa.
In den vergangenen Jahren hat die Jewish
Agency etwa 200 Juden heimlich aus dem
Jemen nach Israel gebracht, teilt die Einwanderungsbehörde laut der Onlinezeitung „Times of
Israel“ mit. Nun verbleiben in dem arabischen
Land noch schätzungsweise 50 Juden. Die
meisten von ihnen leben in Sanaa in einem
geschützten Bereich nahe der amerikanischen
Botschaft. Trotz des seit einem Jahr andauernden Bürgerkrieges im Jemen wollen sie
das Land nicht verlassen.
Im Rahmen der Operation „Fliegender Teppich“ hat die Jewish Agency seit 1949 rund
50.000 Juden aus dem Jemen nach Israel
gebracht. Der Vorsitzende der Organisation,
Natan Scharansky, sagte über den jüngsten Einsatz: „Heute bringen wir diese historische Mission zu Ende. Dieses Kapitel in der Geschichte
einer der ältesten jüdischen Gemeinden der
Welt wird abgeschlossen, aber der einzigartige
2.000 Jahre alte Beitrag des jemenitischen
Judentums für das jüdische Volk wird im Staat
Israel weiterleben.“
Gebetsreise
mit Christa Behr zu den Konzentrationsund Vernichtungslagern in Polen
25. – 30. August 2016
Wer teilnehmen möchte, melde sich bitte bei Regina Hydzik (Hotelreservierung),
E-Mail-Adresse reginahydzik@gmail.com, Telefonnummer: 0048 33 4451631
oder bei Christa Behr (christa.behr@gmail.com) an.
30 | Begriffliches
Ausgabe 2 | 3 2016
Sandstrand von Gaza, Foto: public domain
Wie ist das mit Palästina?
Zur Geschichte
auf dem schmalen Landstreifen an der Südwestküste von Kanaan an. Dieses kulturell
hochstehende Volk hatte deutlich enge Beziehungen zur der minoischen Kultur des Mittelmeerraumes. Seine Heimat muss in Kaphthor, Kreta oder Zypern festzumachen sein. In
den ägyptischen Berichten werden sie Seevölker genannt, mit denen das Volk vom Nil
zahlreiche Kämpfe bestritt. Hier fehlt der
Raum, um auf die einzelnen Theorien der
Herkunft näher einzugehen. Erwähnt soll nur
noch werden, dass in der Völkertafel 1. Mose
10,6-14 die Philister mit Kasluchitern und
Keretitern in enger Verbindung mit den Ägyptern (Mizrajim) genannt werden. Genau ist
das nicht auszumachen. Hier wird deutlich
aufgezeigt, dass die Philister keine Semiten,
Verwandte der Israeliten waren, sondern eher
Hamiten gewesen sein könnten. Eben durch
die Beziehung zu Mizrajim, Ägypten.
Wer die Philister waren, woher sie kamen,
wann sie in dem heutigen Gazastreifen, siedelten, liegt trotz vieler Forschungen noch
immer im Dunkeln. Wir begegnen den Philistern (hebr. P’lischitim) schon früh in der
Abrahamsgeschichte, d. h. um ca. 2000 bis
1800 v. Chr. Nach Jakobs Tod in Ägypten trug
sich eine sehr interessante Geschichte zu, die
in 1. Chronik 7 berichtet wird und mit den
Philistern zu tun hat. Ephraims Söhne versuchten noch lange vor dem Exodus von den
Bewohnern von Gath Vieh zu stehlen und
wurden dabei getötet. Demnach fielen sie
dort Philistern in die Hände, die kurzen Prozess mit ihnen machten. Neuere Forschungen
setzen überraschenderweise etwa 1300 v.
Chr. für die Besiedlung durch die Philister
Die intensiven Forschungen in den letzten
hundert Jahren, vor allem der letzten fünf
Jahrzehnte (durch die bedeutenden israelischen Archäologen Dr. Trude und Moshe
Dothan) bezeugen die Existenz eines kleinen
Volkes. Dennoch besaß es beeindruckende
Fähigkeiten. Als kleines Volk verfügte es
neben seinen großartigen seefahrerischen
und militärischen Fähigkeiten auch über eine
beeindruckende Baukultur. Die Philister
wussten, wie man Eisen und damit auch
eiserne Waffen herstellt, womit sie den Israeliten überlegen waren. Israel nahm sie in
Zeiten des Friedens, denn nicht immer führten
sie Krieg gegeneinander, gern als Dienstleister und Schmiede in Anspruch. So bestätigen Ausgrabungen in Aschdod und Ekron
Hat der Name Palästina offenbar weniger
mit Peléschet, Philistäa oder Philisterland
zu tun als tatsächlich mit – Israel?
von Horst Krüger,
Aachen
Der Name Palästina für Eretz Israel, das Land
Israel, wird immer wieder auf Kaiser Hadrian
zurückgeführt, der etwa 135 n. Chr. der von
den Römern unterworfenen Provinz Judäa-Syrien diesen Namen gab. Damit verbunden ist
die Vorstellung, dass die Benennung Palästina
sprachlich auf das hebräische Original Peléschet, das Land der Philister –– zurückzuführen ist. Palästina sollte somit an die Philister erinnern und Israel zusätzlich zu der
schweren Niederlage demütigen und schänden.
Trotzdem stellt sich die Frage: ist diese Sichtweise historisch korrekt und gibt es nicht
auch eine andere Möglichkeit?
Als Abonnent der Zeitschrift Biblical Archaeology Review, BAR stieß ich vor 15 Jahren in
der Ausgabe von Mai/Juni 2001 auf einen
Artikel von Prof. Dr. Dr. David Jacobson vom
University College, London, der sich mit diesem Thema gründlich beschäftigt hatte. Seine
Schlussfolgerungen aus geographischen und
philologischen Überlegungen heraus mögen
überraschen, sind aber nicht so einfach von
der Hand zu weisen. Nach seinen Erkenntnissen hat der Name Palästina offenbar weniger mit Peléschet, Philistäa oder Philisterland
zu tun als tatsächlich mit – Israel. Seine Ausführungen haben mich seitdem nicht mehr
losgelassen.
| 31
Ausgabe 2 | 3 2016
die biblische Erwähnung (Richter 16,23-30)
eines imposanten Gebäudes, das viele Hunderte Personen fasste (Trude und Moshe
Dothan, Die Philister, Zivilisation und Kultur
eines Seevolkes; Jürgen Spanuth, Die Philister,
das unbekannte Volk, Lehrmeister und Widersacher der Israeliten).
Zwischen den Philistern und den Ägyptern
kam es oft zu militärischen Auseinandersetzungen mit unterschiedlichen Erfolgen (Zeugnisse davon liefern ägyptische Berichte),
Tatsache ist aber, dass wir trotz allem noch
immer relativ wenig über dieses Volk wissen.
Israel tat sich zwar schwer mit der Herstellung
wirkungsvoller Waffen, zunächst aus Bronze
und erst relativ spät aus Eisen, jedoch gelang
es dem König David etwa um 1000 v. Chr.,
die Philister klein zu halten.
Das scheint sich Jahrhunderte lang fortgesetzt
zu haben, auch wenn vor allem Aschdod mit
dem gleichzeitig auch von Israel genutzten
Hafen Jaffa zu besonderer Größe heranwuchs.
Die Philister verschwanden um ca. 600 v.
Chr. nach der Eroberung von Aschdod durch
Nebukadnezar von der Bildfläche und werden
nicht mehr erwähnt. Es wurden aber dennoch
vereinzelt Münzen nach diesen Ereignissen
gefunden, die auf die Philister zurückgeführt
werden.
Der griechische Weltenbummler und Geschichtsschreiber
Herodot
Um etwa 450 v. Chr. kommt der griechische
Historiker Herodot von Halikarnassos aus
seiner Heimat in Kleinasien in das Land. Das
war grob gerechnet um die Zeit, als Esra und
Nehemia in Jerusalem wirkten. Herodot berichtet in seinem zweiten Buch über das Land
Palästina. Das erlebt er nicht nur als schmalen
Landstreifen am Meer, sondern als weites
zusammenhängendes Land vom Mittelmeer
bis zum Jordan und nach Syrien hinein. Er
hielt sich offenbar eine längere Zeit dort auf
und lernte das Land gut kennen. Ausführlich
beschreibt er die schmachvolle Niederlage
des assyrischen Königs Sanherib (Σενναχηριμ
(Sennacherim). Lassen wir Herodot hier mit
der Erwähnung von Palästina zu Wort kommen:
Die Phönizier und Syrer von Palaistina
(Φοίνικεςδε και Σύροι οι εν τη Παλαιστίνη
-Phoinikes de kai syroi hoi en tē palaistinē)
selbst bekennen, dass sie diese Sitte (der Be-
schneidung) von den Ägyptern gelernt haben.
… Die Säulen von Sesostris, die in den eroberten Ländern errichtet wurden, sind zum
größten Teil verschwunden, aber in dem Teil
Syriens, das Palaistina genannt wird (εν δε τη
Παλαιστίνη Συρίη – en de tē Palaistinē Syriē),
sah ich sie immer noch stehen mit der oben
erwähnten Aufschrift und dem sichtbaren
Emblem (Herodot, Buch II, Kap. 104 und 106).
Zwischen Persien und Phönizien liegt ein
breites Stück Land hinter dem die Gegend,
die ich beschreibe, unser Meer berührt und
sich von Phönizien entlang der Küste von Palaistina-Syrien bis nach Ägypten erstreckt (παρά
τε Συρίην την Παλαιστίνην και Αιγυπτον – pará
te Syriēn tēn Palaistinēn kai Aigypton), wo es
aufhört. Diese ganze Region umfasst nur drei
Nationen. (Herodot, Buch IV, Kap. 39).
Herodot beschreibt also ganz klar und unmissverständlich nicht einen schmalen Streifen am Meer, den wir heute Gazastreifen
nennen und mit dem Land der Philister identifizieren, sondern ein weites Land mit dem
Namen Palästina-Syrien, das sich vom Mittelmeer bis weit nach Osten, vor allem von ganz
Eretz Israel bis nach Syrien und an den Jordan
erstreckte. In diesem Land gab es Menschen
– so berichtet er –, die die Beschneidung
pflegten. Herodot ist erstaunt und erfährt,
dass sie die Beschneidung von den Ägyptern
gelernt haben. Während die Philister in den
alten Berichten der biblischen Geschichtsbücher Unbeschnittene genannt werden, trifft
auf die Israeliten die Beschneidung zu! Und
das waren und sind Semiten, nicht wie die
europäischen Philister. Übrigens sind die Araber, die sich heute Palästinenser nennen,
gleichfalls Semiten und über Abraham Verwandte der Juden! Dürfen wir nicht vergessen.
Ähnlich schreibt der bekannte griechische
Philosoph Aristoteles etwa 100 Jahre später
in seiner Meteorologie, Buch 2, Teil 3: Wenn
es nun wiederum in Palästina, wie gesagt
wird, einen See geben soll, in dem ein Tier
oder ein Mensch, die man bindet und hineinwirft, schwimmt und nicht untergeht, würde
das oben Gesagte erhärten. Man sagt, dass
der See so bitter und salzig ist, dass kein Fisch
darin lebt und dass Kleider, die man darin
spült, sauber werden. Auch er bezieht sich
auf das ganze Land zwischen Mittelmeer und
Totes Meer. Es würde hier zu weit führen,
auch die griechischen und lateinischen Autoren wie Polemo von Illium, Ovid und Dio
Chrysostomo zu zitieren (letzterer erwähnt
wie Aristoteles das Tote Meer). Auch Philo
von Alexandria, ein Zeitgenosse Jesu, erwähnt
in seinen Schriften über Abraham und Mose
Palästina ausdrücklich.
Josephus nimmt in der Reihe der Autoren
eine Sonderstellung ein. Er ist nämlich der
einzige, der nach Hunderten von Jahren nach
Herodot – ungefähr im Jahre 93 n. Chr. – das
längst vergangene und vergessene Volk der
Philister Palaistinoi nennt (gegen Ende seines
Buches über die Jüdischen Altertümer). Offensichtlich glaubte er an eine Transliteration,
also eine buchstabengetreue Übertragung der
semitischen Bezeichnung P’lischitim bzw.
Peleschet für die Philister und ihr Land. Dann
aber lässt sich nicht ausschließen, dass er an
einigen Stellen doch auch das gesamte Land
gemeint hat.
Sprachliche Gründe
Damit kommen wir zur philologischen, zur
sprachlichen Seite der Argumentation. Mir
scheint, dass diese Gründe noch schwerer
wiegen und noch deutlicher erkennen lassen,
dass mit Palästina nicht das Land der Philister,
sondern das Land Israel gemeint sein muss.
In der hebräischen Bibel, dem Tanach, werden
die Philister P’lischtim, wird ihr Land Peleschet
(hebr. Wurzel: ‫ שלפ‬- p-l-sch) genannt. Natürlich
kann man eine gewisse phonetische Ähnlichkeit mit Palästina konstruieren, es gibt aber
sehr viel deutlichere sprachliche Möglichkeiten.
Es betrifft die Septuaginta (LXX), die griechische
Übersetzung der hebräischen Bibel durch jüdische Gelehrte in Alexandria zwischen etwa
250 und 100 v. Chr. Die Gelehrten sind sich
über die Zeit der Übersetzung aus dem Hebräischen inzwischen nicht mehr so sicher. Damals
entschieden sich die Dolmetscher in der Anfangsphase ihrer Arbeit zunächst bei den Wörtern Philister und das Land der Philister im
Pentateuch bis zum Buch Josua in allen 13
Fällen für den griechischen Ausdruck Φυλιστιιμ
– Phylistiim, (1. Mose10,14; 21,32.34; 26,1.1415.18; 2. Mose 13,17; 15,14; 23,31; Josua
13,2-3.5), Ge ton Phylistiim, Land der Philister
– und nicht für Palaistina!
Warum? Die Frage stellt sich, weil es bereits
eine Reihe von Schriftstellern gab, die den
Begriff Palästina wie selbstverständlich benutzten. Sollte das diesen hochgebildeten, in
der griechischen Sprache und Welt bewanderten Gelehrten, die mit der Übersetzung
ZUM LEBEN
32 |
Ausgabe 2 | 3 2016
Was liegt näher als die Annahme, dass
Herodot von dem Pálaistes Jakob inspiriert
wurde und konsequenterweise das Land
Palaistina nannte, Ringkämpferland?
beschäftigt waren, tatsächlich entgangen sein,
dass damit Peleschet, das Philisterland gemeint
war, oder wussten sie es bereits besser und
genauer? Kaum denkbar, dass sie unwissend
waren. Das ist schon merkwürdig. Der Begriff
Phylistiim in der Septuaginta ist jedenfalls
tatsächlich eine Transliteration, d. h. eine
buchstabengetreue Umsetzung des hebräischen
Wortes P’lischtim.
Weiterhin ist in diesem Zusammenhang besonders interessant, dass eben dieses Wort
Phylistiim für die Philister auch in apokryphen
griechischen Schriften auftaucht, und zwar
1. Makkabäer 3,24; Oden 1,14; Ben Sira 46,18;
47,7; 50,26. Zeitlich läge das ungefähr in
einem großzügigen Zeitrahmen nicht lange
nach der Entstehung der Septuaginta.
Eine sehr wichtige Tatsache muss desgleichen
in Betracht gezogen werden. Im Laufe der
Hellenisierung, d. h. der Zeit, in der sich
griechisches Denken und griechischer Einfluss
im Mittelmeerraum und darüber hinaus in
Kleinasien und weiter nach Osten ausbreitete, übernahmen die Griechen nicht einfach
die Namen für fremde Länder, Flüsse usw.,
indem sie sie transliterierten, sondern übersetzten sie! Ein interessantes Phänomen. Wir
kennen das aus unserer Zeit: Für uns heißt
München München und Köln Köln, für einen
Amerikaner aber Munich und Cologne, das
italienische Milano nennen wir Mailand und
das Napoli Neapel. Ein einfaches von sehr
vielen Beispielen ist Ägypten, das die Griechen
Aigyptos nannten und nicht in seiner ursprünglichen Form. Auf Hebräisch heißt
Ägypten Mizrajim. Für das Schilfmeer wählten sie nicht Jam Suf oder einen ähnlich
Ausdruck, sondern Erythra Thalassa, Rotes
Meer usw., obwohl es in der ganzen hebräischen Bibel nur Jam Suf heißt, Schilfmeer.
Warum haben die Übersetzer der LXX nicht
ebenso Palästina und Palästiner oder Palästinenser, wie wir heute sagen, geschrieben?
Sie haben mit Sicherheit darunter kaum das
Philisterland und die Philister verstanden.
Hier gibt es einige Aufgaben für Phonetiker
und Linguisten.
Erwähnt werden muss, dass die Philister von
Richter Kapitel 3,3 ab Fremde, allophyloi,
(αλλοφυλοι) genannt werden. Diesen Ausdruck
finden wir zwar bereits 2. Mose 34,15, aber
dabei ist nicht eindeutig klar, ob es sich um
Philister oder um Fremde bzw. die Bewohner
des Landes handelt. Nach der Bibelstelle Richter 3,3 kommt das Wort Fremde, Allophyloi,
sowohl für das Volk als auch für das Land der
Philister mindestens 248 x vor!
Herkunft des Begriffes
Palästina
Woher kommt aber nun das Wort Palästina?
Was steckt dahinter? Wenn mich ein Griechisch-Lehrer fragt: Was heißt palaistes auf
Deutsch? Antworte ich ohne lange nachzudenken: Ringer, Ringkämpfer, Gegner. Das ist
ein bekanntes, beliebtes Motiv bei den antiken griechischen Schriftstellern. Schon der
Theologe Martin Noth, ein anerkannter Orientalist, wies 1939 auf den Zusammenhang
zwischen palaistes und Palästina hin (Zeitschrift
d. deutschen Palästina-Vereins, 62, S. 133,
FN Nr. 3). Leider hat er aber seine Erkenntnis
nicht weiterverfolgt und ist sie auch nicht
von Theologen aufgegriffen worden.
Jacobson kann sich vorstellen, dass Herodot
auf seiner Reise damals, fast 600 Jahre vor
Hadrian, als die Philister bereits sehr lange
von der Bildfläche verschwunden waren (ich
erinnere an ihre Vernichtung durch Nebukadnezar), Juden fragte: Was bedeutet denn der
Name Israel? Daraufhin wird man ihm ein
ganz spezielles Ereignis aus der Frühgeschichte des Volkes erzählt haben. Das wird 1. Mose
32,25-33 eindrucksvoll geschildert. Es handelt
vom Stammvater Jakob, der von einer übernatürlichen Persönlichkeit in einen Ringkampf
verwickelt wird. Jakob der Pálaistes, der bei
der Gelegenheit eines Ringkampfes den Namen
Israel empfängt. Hier der Wortlaut (V. 25/29):
Da rang ein Mann mit ihm, bis die Morgenröte heraufkam (καὶ ἐπάλαιεν ἄνθρωπος
μετ᾿ αὐτοῦ – kai epálaien anthroōpos met’
autou) … Nicht mehr Jakob soll dein Name
heißen, sondern Israel; denn du hast mit Gott
und mit Menschen gekämpft und hast überwältigt (ki sarita im elohim).
Was liegt näher als die Annahme, dass Herodot von dem Pálaistes Jakob inspiriert wurde
und konsequenterweise das Land Palaistina
nannte, Ringkämpferland? Der Bericht in 1.
Mose 32,25 wird von den Übersetzern der
hebräischen Bibel ins Griechische mit dem
Wort epálaien (von paláiō, palaiós) geschmückt.
Die ganze Sache wäre logisch und darüber
hinaus auch linguistisch ein interessantes
Wortspiel. Jakob kämpfte (hebr. sarita) mit
Gott (El). Daraus ergibt sich Isra-El. Palaistes,
Palästina gleich Israel.
Fazit
Damit ergäbe sich eine Erklärung dafür, warum
die oben erwähnten griechischen und lateinischen Autoren den Namen Palästina auf das
gesamte Land Israel bezogen. Herodot lebte
im 5., Aristoteles im 4. Jh. v. Chr. Das müssen
wir im Auge behalten.
Inwieweit Hadrian 600 Jahre später im Jahr
135 nach der Bar-Kochba-Revolte dem jüdischen Volk mit der Namensgebung Palästina schaden und Schmerzen zufügen wollte,
ob er überhaupt Ahnung von einem Volk der
Philister hatte, kann nach Meinung von Jacobson nicht nachgewiesen werden. Dass
Philo und Josephus Jahrzehnte vor Hadrian
das Land mit Palästina bezeichneten, lässt
diese Theorie in einem anderen Licht erscheinen. Nach Jacobson war die Bezeichnung
Syria-Palaistina eher eine rationale Namensgebung für das große Gebiet Judäa-Syrien,
das mehr umfasste als nur den schmalen
Landstrich, auf dem einmal die Philister gewohnt haben. Mithin haben wir es möglicherweise mit einem Wortspiel zu tun – Palästina = Israel: Land des Ringkämpfers. Es
lohnt sich, darüber einmal nachzudenken.
Wir werden das Problem zwar heute nicht
lösen können, dennoch ist die ganze Angelegenheit es wert, unter diesen Gesichtspunkten betrachtet zu werden. Eine Folgerung
wäre nämlich, dass die Araber in Israel und
im Gazastreifen wenig Anspruch darauf haben,
das von ihnen bewohnte und beanspruchte
Land Palästina und sich selbst Palästinenser
zu nennen (Ursprünglich, so kann ich mich
erinnern, wollte Arafat diesen Namen sowieso nicht) und dass diese Bezeichnung eher
auf Israel und die Israelis zutrifft.
Immerhin …
Judenfeindliches | 33
Ausgabe 2 | 3 2016
„Antisemiten können
nicht integriert werden“
Merkel
„Die Bekämpfung des Antisemitismus ist ein
ganz wichtiges Thema – in Deutschland, in
Europa aber auch in den anderen Teilen der
Welt.“ Mit diesen Worten begann am Montag,
14. März 2016, das Grußwort von Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel an die Teilnehmer
der „Internationalen Konferenz zur Bekämpfung von Antisemitismus“. Die Kanzlerin
konstatierte, dass Antisemitismus „leider auch
im heutigen Alltag präsent ist“. Er äußere sich
in Vorurteilen, entlade sich in verbalen Attacken und münde oft in Gewalt. „Damit dürfen
wir uns niemals abfinden“, machte Merkel
deutlich.
Merkel: Antisemitismus hat bei
uns keinen Platz
Sie zeigte sich erfreut, dass die von der „Interparlamentarischen Koalition zur Bekämpfung von Antisemitismus“ (ICCA) organisierte Konferenz, für die nach London und
Ottawa Berlin der dritte Gastgeber ist, das
Thema Antisemitismus im Sport in den Vordergrund rücke. Sport, so Merkel, sei wichtig
für das gesellschaftliche Zusammenleben, weil
er dazu beitragen könne, Vorbehalte ab- und
Brücken aufzubauen.
Mit Blick auf die Flüchtlingssituation äußerte
die Bundeskanzlerin Verständnis für die unlängst vom Präsident des Zentralrats der Juden
in Deutschland, Josef Schuster, geäußerte
Sorge, durch den starken Zuzug von Menschen
aus Gebieten, wo es israelfeindliche Bilder
gebe, könnten diese Bilder nach Deutschland
importiert werden und hier zu einem Antisemitismus führen, der das Wertegefüge in
eine Richtung brächte, „die wir alle nicht
wollen“.
Diese Sorge zu äußern sei völlig legitim, befand
Merkel. „Entscheidend ist jedoch, welche
Schlussfolgerungen wir daraus ziehen.“ Laut
der Kanzlerin bestehen diese darin, dass jedem,
der hier lebt, klar sein muss, „dass Antisemitismus und Vorurteile gegenüber anderen
Menschen bei uns keinen Platz haben“.
Lammert
Lammert: Einwanderung „in
das Grundgesetz“
Schon am Vormittag bei der Begrüßung der
Konferenzteilnehmer hatte sich Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert ähnlich
geäußert. Zwar gebe es keinen Kausalzusammenhang zwischen den Flüchtlingsströmen
und dem Antisemitismus. „Es gibt aber Verbindungen, bei denen ich uns dringend empfehle, dass wir sie weder übersehen noch
voreilige Verknüpfungen herstellen“, sagte er.
Lammert verwies darauf, dass es in der politischen Klasse Deutschlands einen breiten
Konsens darüber gebe, dass Flüchtlinge unter
Bezug auf das Grundgesetz integriert werden.
„Wer nach Deutschland kommt, wandert in
das Grundgesetz ein“, sagte er. Die Frage, wie
die Deutschen sich das friedliche Zusammenleben der Menschen vorstellen, sei darin
geregelt. Dies stehe für niemanden zur Disposition, „auch und gerade nicht für Flüchtlinge“. Wer in Deutschland leben will, so
Lammert weiter, müsse das Existenzrecht
Israels anerkennen. „Antisemiten können
nicht integriert werden“, machte er deutlich.
„Wir sind uns dieser Aufgabe
bewusst“
Der Bundestagspräsident sagte außerdem, es
sei ihm bewusst, dass die deutsche Hauptstadt
Berlin „nicht irgendein Austragungsort der
Konferenz gegen Antisemitismus ist“. Der
Zentralratspräsident Schuster habe vor kurzem
in einem Interview gesagt, in Deutschland
gebe es mehr als sechs Millionen gute Gründe, gegen Antisemitismus zu kämpfen, sagte
Lammert.
Den Konferenzteilnehmern versicherte er:
„Wir sind uns dieser Aufgabe bewusst.“ Im
Deutschen Bundestag gebe es eine „an die
Vollständigkeit heranreichende Zahl an Kollegen, die sich dieser Aufgabe ganz persönlich
verbunden fühlen“. Beispielhaft führte der
Bundestagspräsident den ehemaligen SPD-Ab-
Timmermans Prof. Weisskirchen
geordneten Professor Gert Weisskirchen an,
der den Bundestag in dieser Frage über viele
Jahre lang national und international vertreten
habe, sowie die Bundestagsvizepräsidentin
Petra Pau, die diese Aufgabe nun fortführe.
Timmermans: Das kann und
darf nicht unser Europa sein
Die heutige Situation der Juden in Europa
nahm Frans Timmermans, Erster Vizepräsident
der Europäischen Kommission, in den Blick.
Jüdische Kinder verließen öffentliche Schulen,
weil sie sich belästigt fühlen, Lehrer würden
sich nicht trauen, über den Holocaust zu unterrichten, Synagogen müssten schwer bewacht
werden und Schülern werde geraten, ihre
Kippas unter der Baseballkappe zu verdecken,
damit sie nicht auf der Straßen angegriffen
werden. „Das kann und darf nicht unser Europa sein“, betonte der ehemalige Außenminister der Niederlande.
Timmermans machte zugleich deutlich, dass
das Gefühl des Alleinseins und der Angst bei
demjenigen, der angegriffen wird, weil er die
Kippa trägt, genauso groß ist wie bei derjenigen, die angespuckt wird, weil sie ein Kopftuch
trägt. „Sie werden nicht dafür diskriminiert,
dass sie etwas tun, sondern dafür, was sie
sind“, sagte er. Politiker müssten in solchen
Fällen die ersten sein, die die Stimme dagegen
erheben, forderte Timmermans. In diesem
Zusammenhang äußerte er sein Bedauern,
dass das Leugnen des Holocausts derzeit nur
in 13 der 28 Mitgliedstaaten der EU unter
(jms/israelnetz.com)
Strafe gestellt ist.
ZUM LEBEN
34 | Mörderisches
Ausgabe 2 | 3 2016
Vier Tote bei Terroranschlag
in Tel Aviv
Quelle: Botschaft des Staates Israel (Ynet/
Amt des Ministerpräsidenten/Präsidialamt,
09.06.16)
In dem Einkaufsviertel Sarona Market ist am
8. Juni ein Terroranschlag verübt worden.
Vier Menschen wurden getötet, 16 verletzt,
einer von ihnen schwebt nach wie vor in
Lebensgefahr.
Gegen 21.30 Uhr Ortszeit hatten die beiden
Terroristen in einem beliebten Café begonnen,
um sich zu schießen. Zuvor hatten sie, nach
Aussage eines Angestellten, in Anzügen an
einem Tisch gesessen und etwas zu essen
bestellt. Die beiden Angreifer wurden von
der Polizei festgenommen, einer wurde dabei
verletzt und befindet sich zurzeit im Krankenhaus. Sarona Market liegt in unmittelbarer
Nähe der so genannten „Kiriya“, dem Sitz
des Verteidigungsministeriums und des Hauptquartiers der Israelischen Verteidigungsstreitkräfte. Ministerpräsident Benjamin Netanyahu kam
noch am späten Abend an den Ort
Der Minister für Innere Sicherheit, Gilad
Erdan, und Ministerpräsident Benjamin
Netanyahu am Ort des Anschlags:
Screenshot: GPO
des Anschlags. Bürgermeister Ron Huldai
erklärte in einem Tweet: „Wir werden weiterhin in Tel Aviv leben. Der Terror wird uns
nicht besiegen.“
den Familien der Ermordeten, die ihre Lieben
in dem verabscheuungswürdigen Terroranschlag in Sarona Market mitten in Tel Aviv
verloren haben. Trotz der gewaltigen Anstrengungen der Sicherheitskräfte, den Terrorismus
zu verhindern, waren diese Mörder in der
Lage, ihren abscheulichen Angriff auszuführen.
Gegen diese Art von Terroranschlägen haben
wir keinen Iron Dome [von Israel entwickeltes
Raketenabwehrsystem]. Der Kampf gegen den
Terrorismus ist schwer und lang, doch der
Staat Israel wird sich nicht entmutigen lassen.
Es wird keine Wiederkehr des Terrors geben,
und wir werden nicht ruhen und die Täter
zur Rechenschaft ziehen.
Ich möchte den Sicherheitskräften und den
Bürgern danken, die unter Beschuss ihre
Geistesgegenwart, ihr Verantwortungsbewusstsein und ihren Mut unter Beweis gestellt und
dadurch ein noch viel schlimmeres Ereignis
verhindert haben. Wir beten für die schnelle
Genesung der Verwundeten.“
Staatspräsident Reuven Rivlin sagte in einer
Erklärung zum Attentat: „Mein Herz ist bei
Polizist lud versehentlich Terrorist ein
von Michael Müller und Ulrich W. Sahm
Nach dem Anschlag in Tel Aviv, bei dem am
Mittwochabend vier Menschen getötet und
sieben schwer verletzt wurden, riegelt Israel
das Westjordanland und den Gazastreifen ab.
Während des Schawuot-Fests, das bis Sonntagnacht geht, werden sämtliche Grenzübergänge zu den palästinensischen Autonomiegebieten geschlossen, berichtet der israelische
Armeesender „Galei Zahal“. Zum Freitagsgebet auf den Tempelberg dürften Palästinenser
aus dem Westjordanland aber nach den üblichen Regelungen gehen.
HAMAS
Unter den Beschlüssen des israelischen Kabinetts habe sich auch die Entscheidung befunden, die Leichname getöteter palästinen-
| 35
Ausgabe 2 | 3 2016
Polizist entdeckte den Mann, wie er vor seinem Haus Passanten um ein Glas Wasser bat.
Der Polizist war nicht im Dienst, hatte aber
die Schießerei gehört. Er dachte, dass es sich
um eines der Opfer handelte und lud den
Mann in seine Wohnung ein. Er bot ihm zur
Beruhigung ein Glas Wasser. Um seinen Kollegen zu helfen, verließ er erneut seine Wohnung, während er den Fremden bei Frau und
Kindern im Wohnzimmer zurückließ.
Nach dem Anschlag in Tel Aviv war die
Lage unter den Polizisten zuerst unklar.
Foto: Israelische Polizei
sischer Angreifer zunächst nicht mehr zu
ihren Familien zurückzugeben. Verteidigungsminister Avigdor Liberman soll diese Maßnahme initiiert haben. Er habe auch die
schnellere Zerstörung von Häusern palästinensischer Attentäter gefordert. Das israelische
Militär hat laut eigenen Angaben auch zwei
weitere Bataillone, die mehrere hundert Soldaten umfassen, ins Westjordanland gesendet.
Der israelische Premierminister Benjamin
Netanjahu gab bekannt, dass die Polizei einen
Komplizen der beiden Attentäter festgenommen hat. Wie die Tageszeitung „Jerusalem
Post“ berichtet, habe es Razzien in Jatta, der
palästinensischen Heimatstadt der Attentäter,
gegeben. Dort sei der dritte Mann geschnappt
worden. „Wir haben die Arbeitserlaubnis der
Familienmitglieder eingeschränkt und eine
Sicherheitszone um Tel Aviv errichtet“, sagte
Netanjahu.
Der Tel Aviver Bürgermeister Ron Huldai (
Avoda ) hat derweil mit einem Interview für
Aufsehen gesorgt, das er „Galei Zahal“ gegeben hat: „Wir sind vielleicht der einzige Staat
auf der gesamten Welt, in dem Menschen
unter unserer Besatzung leben, ohne Bürgerrechte eingeräumt zu bekommen.“ Die Führer Israels behaupteten dagegen, dass diese
Gebiete in gleicher Weise behandelt würden.
„Der Schmerz, den wir ertragen müssen, hat
uns noch nicht zu der Erkenntnis gebracht,
dass wir Dinge ändern müssen“, sagte Huldai.
Mit Verspätung kommen auch teils unglaubliche Geschichten über den Anschlag in Tel
Aviv ans Tageslicht. Der unverletzte der beiden Terroristen mischte sich unter die fliehenden Israelis aus dem Max-Brenner-Restaurant und suchte in einem Wohnhaus Zuflucht.
Das berichtete der israelische Rundfunk. Ein
Auf dem Weg nach unten stürmte ihm ein
Kollege mit gezückter Pistole entgegen. Er
war einer jener Polizisten, die einen Terroristen vor der Cinemathek angeschossen und
überwältigt hatten. Gemeinsam betraten sie
die Wohnung, wo der herauf stürmende Polizist bemerkte, dass der „Gast“ genauso
gekleidet war wie der andere Terrorist, den
er gerade überwältigt hatte.
Es stellte sich heraus, dass der Gast in der
Wohnung des Polizisten kein „Opfer“ des
Anschlags war, sondern einer der beiden Täter. Gemeinsam fesselten sie den Gast mit
Handschellen. Wenig später konnte der 21-jährige Attentäter abgeführt und in das Schikma-Gefängnis gebracht werden.
nensischen Attentäter hätten die Mitglieder
des Sicherheitsrates erreicht. Bundeskanzlerin
Angela Merkel drückte den Angehörigen der
Opfer ihre Anteilnahme aus. In einem Kondolenztelegramm schreibt sie an Premierminister Netanjahu: „Die Nachricht von dem
terroristischen Anschlag im Sarona-Vergnügungsviertel in Tel Aviv hat mich tief erschüttert.“ Sie verurteile diesen feigen Angriff auf
das Schärfste. Den Verletzten wünsche sie eine
rasche und vollständige Genesung.
Der deutsche Außenminister Frank-Walter
Steinmeier sagte in einer Mitteilung des Auswärtigen Amtes: „Unsere Gedanken sind bei
unseren israelischen Freunden und den Familien der Opfer.“ Mord und Terror seien
durch nichts zu rechtfertigen. Schon gar nicht
könnten sie ein Mittel der politischen Auseinandersetzung sein: „Wer solche Taten auch
noch rechtfertigt, macht sich mitschuldig an
dem Mord von Unschuldigen, und auch an
der politischen Blockade.“
Mit freundlicher Genehmigung von Christlicher
Medienverbund KEP, www.israelnetz.com
Der Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde, Mahmud Abbas, veröffentlichte
laut der Nachrichtenagentur WAFA am Donnerstag eine Erklärung: „Wir verurteilen Gewalt
und Angriffe auf Zivilisten beider Seiten.“ Um
Frieden zu erreichen, ermahne er jeden, der
mit seinem Handeln zu einer erhöhten Anspannung und zu Stress beitrage. Die Flucht
in die Gewalt gelte es zu unterlassen.
Wie die Attentäter
von Tel Aviv nach
Israel gelangten
Seit dem Beginn der aktuellen Terror-Welle
in Israel im vergangenen Herbst verurteilte
der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen
zum ersten Mal einen der Angriffe. Wie die
„Jerusalem Post“ berichtet, hätten die Mitglieder des Sicherheitsrats den Anschlag in
Tel Aviv „auf das Schärfste verurteilt“.
TEL AVIV (inn) – Die Attentäter von Tel Aviv
sind über Lücken des Sicherheitszauns nach
Israel gekommen und haben dort Unterstützung erhalten. Die Armee sieht das Problem
illegaler Übertritte als eine der „größten Herausforderungen“.
Terrorismus in allen Ausprägungen sei die
größte Gefahr für internationalen Frieden und
Sicherheit. Die Mitglieder sprachen den Angehörigen der Opfer und der israelischen
Regierung ihre „tiefste Sympathie“ und Kondolenzen aus. Die Verantwortlichen für diese
Tat müssten zur Rechenschaft gezogen werden.
Der israelische Botschafter bei den Vereinten
Nationen, Danny Danon, bezeichnete die
Stellungnahme als „wichtig und moralisch“.
Die Bilder des Anschlags durch die palästi-
von Daniel Frick, Christlicher Medienverbund KEP, www.israelnetz.com
Nach dem Anschlag von Tel Aviv mit vier
Toten ist bekannt geworden, auf welchem
Weg die Täter nach Israel gelangt sind. Die
beiden Cousins Muhammad und Chalid Muhamra stammen aus dem Dorf Jatta südlich
von Hebron. Durch eine Lücke im Sicherheitszaun haben sie das Westjordanland verlassen und sind nach Meitar gelangt, einer
Stadt nahe des Zauns, erklärten Sicherheitskräfte laut der Onlinezeitung „Times of Israel“. Zu diesem Zeitpunkt trugen die beiden
bereits ihre Waffen bei sich, Maschinenge-
ZUM LEBEN
36 |
Ausgabe 2 | 3 2016
Beschädigungen binnen weniger Tage zu
beheben. Trotz der ständigen Überwachung
gelinge jedoch keine vollständige Kontrolle.
„Was man verstehen muss: Ein Zaun ist ein
Zaun. Es ist ein Hindernis, aber keine unüberwindbare Barriere.“
Auch die Politik sieht die illegalen Übertritte
als ein erhebliches Problem. Mitte März hat
die Knesset ein Gesetz verabschiedet, das
härtere Strafen für Israelis vorsieht, die Palästinenser beim illegalen Aufenthalt helfen.
Premier Netanjahu hat angekündigt, einen
Schutzzaun an allen Grenzen Israels zu errichten.
Mit freundlicher Genehmigung von Christlicher
Medienverbund KEP, www.israelnetz.com
Nicht völlig unüberwindlich: Der Sicherheitszaun am Westjordanland,
Foto: Eman, Wikipedia | Gemeinfrei
wehre des schwedischen Herstellers „Carl
Gustaf“. Diese Waffe ist einfach und billig
herzustellen und wird in palästinensischen
Schmieden nachgebaut. Durch einen Mittelsmann haben die Täter nach Informationen
der Polizei die Waffen erhalten.
In Meitar trafen die beiden einen Komplizen,
der sie in die Beduinenstadt Segev Schalom
südöstlich von Be‘er Scheva fuhr. Dort wechselten sie dann die Kleider, um als Geschäftsmänner zu erscheinen. In Anzügen fuhren
sie mit dem Taxi zum Sarona-Markt in Tel
Aviv. Nach dem sie beim Schokoladenrestaurant „Max Brenner“ Essen bestellt hatten,
begannen sie, auf die Gäste zu feuern.
Am Tag nach dem Anschlag erklärte der israelische Premier Benjamin Netanjahu, für
die Behebung der Lücken im Sicherheitszaun
seien bereits Gelder überwiesen; die Arbeiten
begönnen am 28. Juni, hieß es in einer Mitteilung des Büros des Premierministers. Anlass für die Maßnahme war der Anschlag von
Anfang März, bei dem in Jaffa ein US-Amerikaner getötet wurde. Das Problem illegaler
Übertritte hat Israel jedoch auch an beste-
henden Abschnitten des Zaunes. Die Sprecherin der Ephraim-Brigade beurteilt es gegenüber „Israelnetz“ als eine der „größten
Herausforderungen“ der Armee. Die
Ephraim-Brigade besteht aus 180 Soldatinnen,
die das Gebiet am Sicherheitszaun bei Tulkarm
unter anderem mit Videokameras überwachen.
Palästinenser brennen den Zaun punktuell
nieder oder schneiden Löcher hinein, um
illegal aus dem Westjordanland zu gelangen.
„Je nach Regionen gibt es pro Woche im Schnitt
drei Festnahmen nach Versuchen, den Sicherheitszaun zu beschädigen, manchmal gibt es
auch täglich Festnahmen.“ Die Festgenommenen erhielten dann einen Gerichtsprozess
und je nach Schwere des Vergehens ein entsprechendes Strafmaß.
Meist handele es sich bei denjenigen, die
durch den Sicherheitszaun kommen, um Palästinenser auf Arbeitssuche. „Das Problem
ist, dass von Hunderten Palästinensern, die
illegal kommen, um Arbeit zu finden, einer
ein Terrorist ist.“ Das Ziel der Armee sei es,
überhaupt keine illegalen Übertritte zuzulassen. Aus diesem Grund bemühe sie sich,
Maschinengewehre des schwedischen Herstellers „Carl Gustaf“: Diese Waffe ist einfach und billig herzustellen und wird in
palästinensischen Schmieden nachgebaut.
Nach Attentat in
Tel Aviv kündigt
Hamas „weitere
Überraschungen“
für Israel an
Von Ulrich W. Sahm, Jerusalem
Bei einem Terroranschlag am 8. Juni im
Zentrum von Tel Aviv, sind vier Menschen
ums Leben gekommen. Mindestens sechs
weitere wurden zum Teil schwer verletzt.
Trotz gegenteiligen und widersprüchlichen
Meldungen, stellt sich heraus, dass beide
Attentäter vom Donnerstagabend in Tel Aviv
überlebt haben. Einer liegt mit Schusswunden im Ichilow-Hospital, konnte aber in der
ganzen Nacht verhört werden. Der zweite,
ebenfalls 21 Jahre alt und ein Cousin des
ersten, wurde unverletzt festgenommen und
sitze laut Rundfunkberichten im Schikma-Gefängnis. Das sagte auf Anfrage der Polizeisprecher Micky Rosenfeld
Der Hamas-Sprecher im Gazastreifen Hussam
Badran erklärte, dass der Anschlag in Tel
Aviv Israels „erste Überraschung zum Ramadan“ sei. Die Attentäter, Muhammad and
Khalid Muhamra, seien Mitglieder der Hamasorganisation. Israels Verteidigungsminister Lieberman sei es „nicht gelungen, den
Widerstand der Palästinenser zu brechen“.
An dem von der Jerusalemer Stadtverwaltung
aus Anlass des Ramadan-Monats festlich beleuchteten Damaskustor versammelten sich
in der Nacht Palästinenser, um Süßigkeiten
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an Passanten zu verteilen. Ähnliche Szenen
wurden aus Gaza und Tulkarem gemeldet.
In Hebron gab es aus Anlass des tödlichen
Anschlags in Tel Aviv Feuerwerk.
Die israelische Armee umstellte die Häuser
der Attentäter in einem Dorf bei Jatta. Familienangehörige der 21 Jahre alten Cousins
wurden verhört. Das berichteten Augenzeugen aus Jatta bei Hebron. Mehrere Verdächtige, den Attentätern geholfen zu haben,
wurden in der Nacht verhaftet.
Militärkorrespondenten berichten, dass der
Sicherheitszaun im Süden des Westjordanlandes „viele Löcher“ aufweise. Doch müsse
noch geprüft werden, auf welchem Weg die
beiden Cousins nach Israel gewechselt seien.
Israelische Sprecher bezeichneten die Attentäter als „illegale Eindringlinge“. Sie hätten
jedoch keine „kriminelle Vergangenheit“ und
seien den Sicherheitskräften bisher nicht wegen „Sicherheitsverstößen“ aufgefallen.
Bei einer nächtlichen Sicherheitssitzung mit
Beteiligung des kurz zuvor aus Moskau zurückgekehrten Premierministers Netanjahu,
Verteidigungsministers Liberman sowie Spitzen von Geheimdienst und Militär, wurden
Erleichterungen für Palästinenser aus den
besetzten Gebieten „eingefroren“. Der Verteidigungsminister hatte wegen des Ramadan-Fastenmonats erhebliche Reiseerleichterungen für Muslime beschlossen, damit sie
ungehindert zu Verwandten in Israel und zum
Gebet auf dem Jerusalemer Tempelberg reisen
könnten. Es seien 204 Einreisegenehmigungen
für Familienangehörige der Attentäter und
weitere 83.000 Genehmigungen für Muslime
für ungültig erklärt worden.
Der Terroranschlag habe die Lage wieder
grundlegend geändert. Die verantwortlichen
Israelis hatten in den vergangenen Wochen
ein spürbares Nachlassen der „Gewaltwelle“
registriert. In den meisten Fällen hätten einzelne Palästinenser, darunter Jugendliche,
wegen Streit in der Familie, wegen Familienschande, Schulden oder anderen gesellschaftlichen Problemen zum Messer, einer Schere
oder zu einem Schraubenzieher gegriffen. Sie
seien losgezogen, „Juden abzustechen“ und
hätten gleichzeitig „Selbstmord durch israelische Sicherheitsleute“ in Kauf genommen.
Der Anschlag in Tel Aviv habe sich von den
typischen Attacken der letzten Wochen unterschieden. Es waren zwei Täter, die offensichtlich eine terroristische Infrastruktur
nutzen konnten. Sie hätten sich im Westjordanland hergestellte Waffen besorgt und wurden in deren Verwendung eingewiesen. Jemand
muss sie durch die Sicherheitskontrollen an
der Grenze zu Israel geschleust haben und zu
dem wichtigsten Vergnügungszentrum in Tel
Aviv gefahren haben. Viele Details sind am
Morgen nach dem Anschlag noch unbekannt.
Der Geheimdienst wird sie aufklären müssen,
was vermutlich Unannehmlichkeiten („Schikanen“) für die Menschen im Westjordanland
nach sich ziehen dürfe.
Der Bürgermeister von Tel Aviv, Ron Huldai,
rief zu einer schnellen Rückkehr zur „Normalität“ auf. Die Bürger forderten mehr
Polizeipräsenz im Sarona Park, bei dem der
Anschlag im Max-Brenner-Restaurant seinen
Ausgang genommen hat. Das Sarona-Zentrum
mit zahlreichen Restaurants und Marktständen wird nach Angaben seines Direktors
täglich von 80.000 Menschen besucht. Doch
die Eingänge seien gut bewacht durch „professionelle Sicherheitsleute“.
In Interviews erklärte er, dass die Terroristen
mutmaßlich die Wachmänner bemerkt hätten
Israelische Sicherheitskräfte am Tatort im „Sarona Market“ Einkaufszentrum
in Tel Aviv. Foto Miriam Alster / Flash90
Ein simpler Blick ins (arabische) Netz (in
diesem Fall Twitter) genügt und man weiß
woran man ist. Selbst hohe muslimische
Feiertage wie den Ramadan nutzt die
Terrororganisation Hamas um zu weiteren
Attentaten und Morden gegen Israelis
aufzurufen! Das Attentat am 8. Juni in
Tel-Aviv preist sie als Heldentat an.
IDF-Sprecher Maj. Arye Sharuz Shalicar
und deshalb nicht in den Sarona-Markt eingedrungen seien. Das hätte zu erheblich
mehr Toten und Verletzten geführt. Die Attentäter hätten sich deshalb in eines der
Restaurants am äußeren Rand, zur Straße
hin, begeben. Um nicht aufzufallen, seien
sie „vornehm gekleidet“ gewesen, wie „Geschäftsleute“ mit dunklen Anzügen und
Schlips.
Sie hätten im Max Brenner Restaurant ein
Dessert bestellt, ehe sie auf die feiernden
Menschen in dem Lokal geschossen haben.
Aufnahmen von Sicherheitskameras haben
den Augenblick festgehalten. Zu sehen sind
Menschen, die in Panik das Restaurant verlassen, während die Cousins um sich schießen. Bei einem habe die Waffe schließlich
geklemmt, woraufhin er es wütend auf den
Boden warf, ehe er flüchtete. Der noch bewaffnete Terrorist wurde danach bei einem
Feuerwechsel mit Wachmännern des israelischen Rundfunks angeschossen. Der zweite Attentäter sei in Richtung der Cinemathek
geflohen, wo Polizisten ihn mit Schüssen
verletzten und „neutralisieren“ konnten.
Während der ganzen Nacht sei er verhört
worden, während die Ärzte im Ichilow-Hospital ihn behandelten.
Quelle: Audiatur, mit freundlicher
Genehmigung des Autors
38 | Verkehrtes
Ausgabe
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+EILMELDUNG+
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Jüd
palästinensisches Messer
mit seinem Hals an.
Deutsche Medien und der
Terror in Tel Aviv:
Wer sind hier die Hardliner?
Wer sind hier die Hardliner?
tödlichen Schüsse ab. Beide Täter konnten
festgenommen werden. Die Reaktionen auf
palästinensischer Seite waren die gewohnt
abscheulichen: Die Hamas pries den Anschlag
als »heldenhafte Tat«, die Fatah sah in ihm
eine »individuelle und natürliche Reaktion«,
in Hebron wurde er mit einem Feuerwerk
gefeiert, in einem »Flüchtlingslager« südlich
von Bethlehem gab es eine lautstarke Solidaritätskundgebung, in anderen Orten des Westjordanlandes und in Gaza wurden Süßigkeiten
an die Bevölkerung verteilt.
Hardliner« (»Berliner Zeitung«) oder »lautester
Hardliner« (»ZEIT Online«) auskommen. »Wie
reagieren die rechten Hardliner in Israels
Regierung?«, fragt auch Nicola Abé auf »Spiegel Online« gleich im zweizeiligen Vorspann
ihres Beitrags. Der neue israelische Verteidigungsminister Avigdor Lieberman sei »in der
Vergangenheit« schließlich »durch brutale
Rhetorik« aufgefallen und habe mit Moshe
Yaalon »eine der letzten vernünftigen Stimmen
in der derzeitigen ultrarechten israelischen
Regierung« beerbt.
Wieder einmal haben palästinensische Terroristen ihr mörderisches Werk verrichtet,
diesmal mitten in Tel Aviv, im belebten und
beliebten Sarona-Park. Die in einem Vorort
von Hebron lebenden Cousins Ahmad Mussa
Makhamreh und Khalid Muhammad Mussa
Makhamreh, beide 21 Jahre alt, erschossen
dort am vergangenen Mittwochabend vier
Menschen und verletzten 17 weitere teilweise schwer. Ihr Attentat hatten sie professionell
vorbereitet: Sie betraten in schwarzen Anzügen und mit Krawatten – also gut gekleidet
und damit unauffällig – das im Park gelegene
Café »Max Brenner«, bestellten sich ein Dessert und etwas zu trinken und warteten darauf,
dass sich der Laden füllt. Dann gaben sie ihre
Das Augenmerk vieler deutscher Medien gilt
allerdings – trotz der außerordentlichen
Heimtücke und Kaltblütigkeit der Tat – weniger der Sicherheit der Israelis; und auch
die bodenlose Menschenverachtung, die aus
den palästinensischen Freudenbekundungen
spricht, sind allenfalls ein untergeordnetes
Thema. Man interessiert sich mehr für die
Maßnahmen, die sich die israelische Regierung
nun überlegen könnte. Dass die in den Augen
zahlreicher Journalisten nur komplett überzogen, aber niemals legitim und angemessen
sein können, zeigt sich bereits daran, dass
etliche Beiträge wie gehabt nicht ohne Begriffe
wie »Hardliner« und »ultrarechter Verteidigungsminister« (»FAZ.net«), »ultrarechter
Um eine Eskalation
handelt es sich
demzufolge nämlich erst, wenn
Israel reagiert – getreu dem Motto:
»Alles begann, als
er zurückschlug«.
Nach dem terroristischen Attentat in Tel Aviv
interessieren sich viele deutsche Medien
weniger für die jüdischen Opfer, sondern vor
allem für die mögliche – und natürlich in
jedem Fall für überzogen gehaltene – Reaktion der israelischen Regierung. Dem zugrunde liegt die so gewohnte wie bizarre Logik,
dass eine Eskalation immer erst dann gegeben
ist, wenn der jüdische Staat sich wehrt.
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Mord an Juden?
Business as usual!
Man muss sich das noch einmal vergegenwärtigen: Palästinensische Killer töten und
verletzen wahllos und hinterhältig Gäste eines
israelischen Cafés, verbreiten Tod, Hass, Angst
und Schrecken und demonstrieren damit,
dass sich auch im lebensfrohen Tel Aviv niemand – und schon gar kein Jude – seines
Lebens sicher sein kann. Im Gazastreifen und
im Westjordanland wird dieser Judenmord
frenetisch gefeiert – weshalb sich einmal mehr
die Frage stellt, wie (und warum) die Israelis
mit solchen Menschen eigentlich Frieden
schließen sollen. Das Ganze geschieht just
zu einem Zeitpunkt, da die seit Oktober 2015
dauernde »Messer-Intifada« gerade spürbar
abgeflaut war, weshalb der jüdische Staat zum
muslimischen Fastenmonat Ramadan 83.000
zusätzliche Reisegenehmigungen für Palästi-
…und auch die
bodenlose Menschenverachtung,
die aus den palästinensischen Freudenbekundungen
spricht, sind allenfalls ein untergeordnetes Thema.
nenser – etwa für Familienbesuche in Israel,
die Teilnahme an Gebeten in Jerusalem oder
Reisen vom Tel Aviver Flughafen aus – erteilt
hatte. Wo aber sitzen für deutsche Medien
die Hardliner? Logisch: in der israelischen
Regierung. »Die Frage ist nun, ob der rechte
Verteidigungsminister Lieberman auf Eskalation setzt«, so Nicola Abé weiter. Ein bemerkenswerter Satz, der einer bezeichnenden
Logik folgt. Um eine Eskalation handelt es
sich demzufolge nämlich erst, wenn Israel
reagiert – getreu dem Motto: »Alles begann,
als er zurückschlug«. Die Ermordung von
Juden in Tel Aviv ist demgegenüber business
as usual, und wer das Menschenmögliche
dafür tun will, dass sie sich nicht wiederholt,
ist ein Hardliner – ein (ultra)rechter noch
»
dazu. Vermutlich sind der Autorin von »Spiegel Online« »die ›soften Juden‹ der Vergangenheit lieber, die sich nicht verteidigt haben«,
wie Gerd Buurmann in einem lesenswerten
Kommentar auf seinem Blog »Tapfer im Nirgendwo« schreibt. »Die sind nämlich tot, und
man kann so schön Kränze für sie flechten,
Stolpersteine verlegen und sie in Sonntagsreden einbauen, ohne dass sie mucken.«
Verdrehung von Ursache
und Wirkung
Auch die »Berliner Morgenpost« hebt in
ihrem Beitrag die israelische Reaktion auf
den Anschlag hervor. »Israel droht Palästinensern mit Vergeltung«, lautet ihre Schlagzeile, mit der das bei »Israelkritikern« so
beliebte Bild von der »alttestamentarischen
Rache« heraufbeschworen wird. »ZEIT Online« titelt derweil: »Israel verbietet Palästinensern die Einreise«, legt den Schwerpunkt
also ebenfalls nicht auf das Attentat, sondern
sieht den Nachrichtenwert in der als repressiv und autoritär dargestellten israelischen
Antwort. Eine ähnliche Überschrift wählt
»FAZ.net«: »Israel widerruft Einreisegenehmigung für Palästinenser«. Der »Südwestrundfunk« geht unterdessen auf seinem Twitter-Account auf Äquidistanz, kann (oder will)
Ursache und Wirkung also nicht auseinanderhalten: Mit den Worten: »Nach den vier
Toten in Tel Aviv wird die Spirale der Gewalt
wohl weitergedreht« kommentiert der Sender dort die Schlagzeile von »tagesschau.
de«: »Netanyahu sagt Terroristen Kampf an«.
»Spirale der Gewalt« heißt: Terror und Selbstverteidigung, Mord und Sühne, Antisemitismus und jüdische Souveränität – es ist alles
das Gleiche, moralisch, politisch, rechtlich.
Auch hier lautet die Botschaft: Das Problem
beginnt erst, wenn Israel sich wehrt.
Die Hamas hat nach den Morden von Tel Aviv
angekündigt, es werde während des Ramadan
»weitere Überraschungen« für Israel geben.
Sollte es dazu kommen, wird eine andere
Überraschung allerdings mit an Sicherheit
grenzender Wahrscheinlichkeit ausbleiben:
die nämlich, dass in der Nahostberichterstattung der Hardliner unter den deutschen Medien einmal nicht Ursache und Wirkung sowie
Täter und Opfer verdreht werden, nicht der
Antisemitismus unterschlagen wird und das
israelische Recht auf Selbstverteidigung nicht
bloß eine Worthülse ist.
Quelle: HaOlam, Lizas Welt - Zuerst veröffentlicht auf
MENA-Watch.
VORTRÄGE & SEMINARE ZU
Nahost
Islam
Israel arabische Welt
Antisemitismus
Islamismus
Carmen Matussek
Islamwissenschaftlerin,
freie Journalistin und
Dozentin
Mein Motiv:
Im Zuge meines Studiums habe ich antisemitische
Propaganda in den arabischen Medien untersucht.
Die Ergebnisse sind alarmierend.
In Vorträgen und Seminaren gebe ich Wissen und
Erfahrungen weiter, und gemeinsam erarbeiten wir
Wege, wie wir mit den Herausforderungen einer
„multikulturellen“ Gesellschaft und dem besorgniserregenden Anstieg des Antisemitismus weltweit
umgehen können.
Mein Ziel:
Sie können kompetent und überzeugend auf
Unterstellungen antworten, wie wir sie viel zu oft in
Gesprächen am Arbeitsplatz, an der Uni, in den
Schulen, von Politikern und in den Medien zu hören
bekommen, z.B.
· Die Palästinenser waren vorher im Land;
es gehört ihnen
· Israel bombardiert Schulen, Krankenhäuser,
Kindergärten…
· „Islamophobie“ ist wie Antisemitismus
· Islam bedeutet Friede
· Fanatismus gibt es überall, siehe Kreuzzüge…
· Juden regieren die Medien
· Die Hamas muss als demokratisch gewählte
Partei anerkannt werden
· Israel muss als der Stärkere die Gewaltspirale
durchbrechen
»
· Die Juden machen jetzt mit den Palästinensern
dasselbe…
· Apartheidsystem
· Israel stiehlt den Palästinensern das Wasser
· …
Meine Vorträge: 1 – 3 Stunden
Meine Seminare: 1 – 3 Tage
Mein Honorar: nach Absprache
Kontakt: carmen.matussek@web.de
Mobil: 0177-2643275
ZUM LEBEN
40 | Unvergleichliches
Ausgabe 2 | 3 2016
Wie Israel mit dem Terror umgeht
Auf Streife in Jerusalem. Foto Israel Police
von Alex Feuerherdt
Was sich gestern in Brüssel oder im November des vergangenen Jahres in Paris zugetragen hat, kennt man in Israel zur Genüge.
Denn der jüdische Staat steht seit Jahrzehnten
im Fadenkreuz islamistischer Terroristen.
Auch deshalb lohnt sich ein Blick darauf, wie
in Israel mit dem Terror umgegangen wird
– und wie sich das Land dabei seine Liberalität bewahrt.
Als der Deutsche Bundestag Ende des vergangenen Jahres der Opfer von Terrorangriffen gedachte, war es Bundestagspräsident
Norbert Lammert wichtig, über die Trauer
angesichts der Anschläge des „Islamischen
Staates“ in der französischen Hauptstadt am
13. November diejenigen nicht zu vergessen,
die in anderen Attacken ermordet wurden.
„Der Terror betrifft uns alle, er kennt keine
Grenzen“, sagte er. „Wir denken nicht nur
an die Opfer in Paris, sondern ebenso an die
über 200 russischen Passagiere, die auf dem
Rückflug von ihrem Urlaubsort Ägypten waren,
an die Hotelgäste in Bamako und Mogadischu,
an die Menschen in Sarajevo, Bagdad und
Beirut, die alle in den vergangenen drei Wochen bei Terroranschlägen jäh aus ihrem
Leben gerissen wurden.“ Dass seit Anfang
Oktober 2015 in Israel eine Art Messer-Intifada tobt, bei der Palästinenser überwiegend
mit Stichwerkzeugen, aber auch mit Brandsätzen, Schusswaffen und ihren Autos jüdische
Israelis töten und verletzen, unterschlug
Lammert. In den Foto- und Klickstrecken mit
Beispielen für terroristische Angriffe seit dem
11. September 2001, die deutschsprachige
Medien auch jetzt, nach den Anschlägen in
Brüssel, wieder veröffentlichen, fehlt der jüdische Staat ebenfalls so gut wie immer.
Dabei steht Israel, ein Staat mit einer ähnlichen
Einwohnerzahl wie Österreich, im Fadenkreuz
islamistischer Terroristen wie kaum ein anderes Land. Seit der Jahrtausendwende sind
dort 1.304 Zivilisten palästinensischen Angriffen zum Opfer gefallen. Würde man diese
Bilanz auf die deutsche Bevölkerung hochrechnen, dann wären das 12.000 Tote in 15
Jahren. Vor allem im Zuge der zweiten Intifada kam es zu zahllosen Selbstmordanschlägen, beispielsweise am 1. Juni 2001 auf die
Diskothek „Dolphinarium“ in Tel Aviv (21
Tote, 120 Verletzte), am 9. August 2001 auf
die Pizzeria „Sbarro“ in Jerusalem (15 Tote,
130 Verletzte) oder am 27. März 2002 auf
eine Pessach-Feier im Park-Hotel in Netanya
(30 Tote, 140 Verletzte). Einer Studie des
Meir Amit Intelligence and Terrorism Information Center zufolge verübten palästinensische Terroristen allein zwischen September
2000 und Dezember 2005 insgesamt 147
Selbstmordattentate, bei denen über 500 Israelis ermordet wurden.
Von Sicherheit und
Freizügigkeit
Was sich im November 2015 in Paris und am
gestrigen Dienstag in Brüssel zugetragen hat,
kennt man im jüdischen Staat zur Genüge.
Der israelische Premierminister Benjamin
Netanjahu wird deshalb auch nicht müde zu
betonen, dass die Islamisten, die in Europa
ihr Unwesen treiben, vom gleichen Schlage
seien wie diejenigen, die in dem von ihm
regierten Land ihre Taten verüben. „Der einzige Weg, diese Terroristen zu besiegen, ist
es, zusammenzustehen und gemeinsam zu
„Es ist nicht so, dass wir ihnen Brüssel
anbieten können oder Istanbul oder Kalifornien oder sogar das Westjordanland.
Was sie wollen, ist unsere völlige Zerstörung und ihre totale Dominanz.“
Premierminister Benjamin Netanjahus Aussage zu Islamisten
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Ausgabe 2 | 3 2016
kämpfen“, sagte er nach den Attacken in der
belgischen Hauptstadt. „Es ist nicht so, dass
wir ihnen Brüssel anbieten können oder Istanbul oder Kalifornien oder sogar das Westjordanland. Was sie wollen, ist unsere völlige
Zerstörung und ihre totale Dominanz.“ Doch
aus Israel lässt man sich in Europa nur äußerst
ungern etwas sagen. Dabei lohnt sich der
Blick dorthin, auch in Bezug auf die Frage,
wie man im jüdischen Staat mit dem Terror
umgeht. Man weiß dort, dass er sich nicht
besiegen lassen wird, weshalb es in erster
Linie darum geht, die Probleme und Schwierigkeiten, die sich aus ihm ergeben, zu meistern und mit ihnen zu leben. Und das heißt
nicht zuletzt, so viel Sicherheit wie möglich
zu gewährleisten, ohne die Freizügigkeit allzu sehr einzuschränken und ohne die Bürgerrechte zu verstümmeln.
So sind in Israel beispielsweise Metalldetektoren omnipräsent. Sie sind, wie Ulrich Schmid
in der „Neuen Zürcher Zeitung“ schrieb, „Israels Eintrittspforte zu etwas mehr Sicherheit“.
Es gibt sie nicht nur am Flughafen von Tel
Aviv, sondern auch in Bahnhöfen, Regierungsgebäuden, größeren Theatern und Kinos,
Schulen, Universitäten und vielen Supermärkten. Taschenkontrollen vor dem Einstieg in
einen Bus und dem Betreten eines Cafés,
einer Kneipe oder eines Restaurants sind zumindest dann obligatorisch, wenn der Terror
wieder einmal Hochkonjunktur hat. Am Flughafen wird jeder Reisende einem so diskreten
wie aufwendigen Befragungsritual unterzogen,
und das Sicherheitspersonal verfügt über hinreichend Erfahrungen und Menschenkenntnis,
um potenziell gefährliche Fluggäste herauszufiltern. Die Zäune an den Grenzen – die vor
allem nach der zweiten Intifada errichtet
wurden, seit dem „Arabischen Frühling“ aber
beispielsweise auch an der langen Grenze zu
Ägypten stehen – und die sogenannten Roadblocks sorgen für allerlei Verdruss, Klagen und
Verzögerungen, doch sie sind nicht der Schikane wegen errichtet worden, sondern um
die Anschlagsgefahr zu verringern. Mit spürund nachweisbarem Erfolg.
Auch Bewaffnung sieht man im jüdischen
Staat relativ häufig. Bei Soldaten, Polizisten,
Grenzwächter und Gefängniswärter ist sie
ohnehin eine Selbstverständlichkeit, doch
auch rund 300.000 Privatpersonen besitzen
eine Waffe. Die meisten von ihnen sind ehemalige Sicherheitsbeamte, Siedler oder Mitarbeiter von Sicherheitsfirmen. Waffenträger
müssen ausgebildet sein, der israelische Staat
lehnt jedes Jahr Tausende von Anträgen auf
Genehmigung ab. Der Tageszeitung „Haaretz“
zufolge besitzt jeder neunzehnte Bürger eine
Waffe – im internationalen Vergleich ist das
keine sonderlich hohe Zahl. Ohnehin ist Israel, anders als es in westlichen Medien oft
suggeriert wird, keineswegs ein Land von
durchgeknallten Bürgerwehren. Meldungen
über einen missbräuchlichen Einsatz der Bewaffnung sind selten, im Gegenteil konnte
schon so mancher Angreifer, der mit einem
Messer, einer Schusswaffe oder seinem Fahrzeug Israelis attackiert hatte, gezielt unschädlich gemacht werden.
Privat nach Israel
Ferien in Galiläa
mit sagenhaftem
Blick auf Jordan,
Golan und
See Genezareth!
Liberalität im Angesicht des
Terrors
Die israelischen Maßnahmen gegen den Terror haben dazu geführt, dass Organisationen
wie die Hamas und der Islamische Jihad nicht
mehr über die gleichen Mittel, Kapazitäten
und Möglichkeiten verfügen wie in früheren
Jahren. Selbstmordanschläge mit Sprengsätzen
beispielsweise kommen so gut wie gar nicht
mehr vor, und das Raketenabwehrsystem »Iron
Dome« fängt viele der Geschosse aus dem
Gazastreifen zuverlässig ab. Die Angriffe von
Palästinensern mit Messern, Molotow-Cocktails, Schusswaffen und Autos häufen sich
zwar und sind wegen ihrer zeitlichen und
räumlichen Unvorhersehbarkeit auch eine
große und tödliche Gefahr. Aber sie sind auch
ein Ausdruck davon, dass Anschläge mit größerem Kaliber immer schwieriger werden.
Gleichzeitig hat sich Israel – ein Staat, den
die meisten seiner Nachbarn seit seiner Gründung 1948 als Feind betrachten und vernichten wollen – stets seine Liberalität bewahrt.
Das Thema Sicherheit wird in der Gesellschaft
kontrovers diskutiert, und es ist keineswegs
so, dass permanent immer rigidere Maßnahmen eingeführt werden, die die Freiheit der
Bürger über Gebühr einschränken. Die hierzulande derzeit häufig zu vernehmende Forderung, sich das Leben nicht von der Angst
diktieren zu lassen, ist in Israel Realität. Hinzu kommt, dass die große muslimische Minderheit im Land, die knapp 20 Prozent der
Bevölkerung ausmacht, über mehr demokratische Rechte verfügt, als Muslime in arabischen Ländern haben – daran hat auch der
islamistische Terror nichts geändert. Dass
sich die Verhältnisse in Europa ähnlich darstellen würden, wenn dieser Kontinent in
einem Ausmaß mit Terror konfrontiert wäre,
wie es der jüdische Staat seit jeher gewohnt
ist, darf man getrost bezweifeln.
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Quelle: Audiatur-Online
ZUM LEBEN
42 | Zeichenhaftes
Ausgabe 2 | 3 2016
Demonstrationszug an der Synagoge
Mit einem „Marsch des Lebens“
durch die Stadt wurde am 8. Mai
auch in Dresden an die Opfer
des Holocausts erinnert
von Heinz Reuss,
Tübingen, Internationaler
Direktor des Marsch des
Lebens e.V.
Am 71. Jahrestag des Kriegsendes und wenige
Tag nach dem von Juden weltweit und in
Israel begangenen Holocaustgedenktag, Yom
HaSchoa, haben Dresdner zusammen mit
Gästen aus ganz Deutschland und aus Israel
ein Zeichen gegen Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit, Antizionismus und Israelfeindschaft gesetzt. Mitveranstalter des zweiten
Marsches in Dresden – Der erste fand am
27. Januar 2015 statt. – waren die Jüdische
Gemeinde zu Dresden mit ihrem Rabbiner
Alexander Nachama und die Sächsischen
Israelfreunde e.V. mit ihrem Vorsitzenden,
dem Dresdner CDU-Stadtrat Lothar Klein.
Im Gedenken an die Deportation vieler Hunderter Dresdner Juden 1942 und 1943 in
das Ghetto von Riga sowie später nach Auschwitz und Theresienstadt vom einstigen
Güterbahnhof Dresden-Neustadt aus, dem
so genannten Leipziger Bahnhof, hatten die
Veranstalter diesen als Ausgangspunkt für den
Demonstrationszug der rund 250 Teilnehmer gewählt. Dort begrüßte der Initiator der
Marsch-des-Lebens-Bewegung, der Tübinger
Pastor Jobst Bittner, die Teilnehmer. Zur Einleitung sprach die Knessetabgeordnete Meirav
Ben Ari (Kulanu) darüber, wie wertvoll es
für die Überlebenden der Schoa und deren
Nachfahren sei, dass sich die Kinder und Enkel der Nazitäter an die Aufarbeitung ihrer
eigenen Familiengeschichte machen und die
Versöhnung mit Holocaustüberlebenden sowie
deren Kindern und Enkeln suchen, um mit
Ablauf
Holoca
-8.00Uh
Strasse
-Begrüs
-8.15 U
über Str
zum Marktplatz vorbei an zahlreichen Stationen eh
-Buchholzer Strasse 32 Größtes Kaufhaus des obe
-Buchholzer Str. 30 Modewaren und Damenkonfe
den familiären
Wurzeln
JudenhassGemeinde
und
-Buchholzer
Str. von
17 Israelitische
Israelfeindschaft
aufzuräumen.
Der Pfarrer
-Buchholzer
Str. 16 Posamentenfabrikation
Türk u
der Dresdner
Ev.-Luth. Kirchgemeinde
Sankt
-Scheibnerstr.
3 Chanange Heinrich
zur Information:
Pauli, Michael
Schubert, nahm Bezug auf
-Töpferweg
Chanange Isaak
den Judenhass
in der 5Geschichte
der Kirche
-Museumsgasse 1 Posamentenfabrikation Change
und das Versagen der Christen angesichts der
-Wolkensteinerstr. 2a Maßkleider für Herren und K
Judenverfolgung.
-9.00 Uhr-9.05 Uhr Marktplatz Annaberg-B, S T I
Gedenkläuten
der Bergkirchenglocken
Dann setzte
sich der Marsch
in Bewegung(zeitgleich
HaShoah
Gedenken
an
6 Millionen
ermordeter Ju
entlang der Elbe bis zur Neuen Dresdner
Syna-Grusswort
Tobias
Frauenlob
goge und von dort zur Frauenkirche auf dem
-Marsch des Lebens Impuls
Neumarkt, um unterwegs an Orte jüdischen
-Singen
Lebens und-Aaronitischer
Leidens in der
Stadt zu erinnern.
Segen
Vor der Frauenkirche,
wo weitere
Teilneh-Hatikvah – Israelische
Nationalhymne
-9.30auch
Uhr Einladung
zum 18.5. anlässlich Unabhän
mer, darunter
Holocaustüberlebende,
18.00 Uhr
auf den Demonstrationszug
mit Bannern
mit Israel feiern!
und Israelfahnen
warteten, war bereits eine
Liedtexte:
Bühne aufgebaut. Von dort sprach zunächst
-Hevenu Shalom alechem (3x) Hevenu Shalom, Sh
Jobst Bittner-Kadosh,
noch einmal
den(2x),
Teilnehmern
Kadosh, zu
Kadosh
Adonai, Elohim Tz' Va' O
-HATIKVAH ISRAELISCHE NATIONALHYMNE
Kol od balevav P'nimah Nefesh Yehudi homiyah
Ulfa'atey mizrach kadimah
Ayin l'tzion tzofiyah.
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Ausgabe 2 | 3 2016
an der Frauenkirche
Pfr. Michael
Schubert
Knessetabgeordneter Yoel Hasson
Kulturbürgermeisterin
Annekatrin Klepsch
Jobst Bittner
Lothar Klein
Rabbiner Nachama
Tanz
über das Anliegen der Märsche. Auf ihn folgte
der Vizesprecher der Knesset, Yoel Hasson
(Zionist Camp), der angesichts des neuen
Antisemitismus und der Israelfeindschaft in
Europa den Veranstaltern und Teilnehmern
für das starke Zeichen der Solidarität mit dem
jüdischen Volk und mit Israel dankte. Auch
er betonte die Wichtigkeit der Begegnung
zwischen Nachfahren der Tätergeneration
und der Opfergeneration.
Nach ihm ging Dresdens Zweite Bürgermeisterin und Beigeordnete für Kultur und Tourismus, Annekatrin Klepsch (Die Linke), nahm
die bei PEGIDA und anderen Aktionen zum
Ausdruck gebrachte Fremdenfeindlichkeit
und rechte Gesinnung in der Stadt Bezug,
brachte aber auch ihre Sympathie mit Israel seit einem mehrmonatigen Aufenthalt
im Kibbuz Nirim vor ihrer Studienzeit zum
Ausdruck.
Danach wandte sich Stadtrat Lothar Klein von
der Bühne auf dem symbolträchtigen Platz vor
der wieder aufgebauten Frauenkirche an die
Zuhörer und begrüßte als Dresdner die israelischen Gäste in Hebräisch. Er mahnte an,
dass am Jahrestag des Kriegsendes an diesem
geschichtsträchtigen Ort daran erinnert werden muss, dass die Zerstörung Dresdens, die
seit Jahrzehnten einen Opfermythos begründet hat, mit der Zerstörung der Semper-Synagoge in der Reichspogromnacht begann. Er
benannte anhand der Tatsache, dass in den
neun Außenlagern des KZ Flossenbürg, die
es allein im Dresdner Stadtgebiet gab, Juden
aus Dresden und ganz Europa Zwangsarbeit
für die NS-Rüstungsindustrie leisten mussten,
bis auch diese zum Kriegsende in die Vernichtungslager deportiert wurden, dass Dresden
keine unschuldige Stadt war. Nur wenige
Juden überlebten den Nationalsozialismus,
weil sie ausgerechnet in den Wirren nach der
Bombardierung der Stadt im Februar 1945
untertauchen konnten. Doch auch nach dem
Krieg habe es in der DDR keine wirkliche Aufarbeitung des Holocaust gegeben. Unter dem
Vorwand eines staatlich verordneten „Antifaschismus“ habe sich das SED-Regime aus der
gesamtdeutschen Verantwortung gegenüber
den Juden gestohlen und sehr bald die Feinde
des Staates Israel unterstützt, den Terrorismus gefördert und massive Hetze gegen den
Staat der Holocaustüberlebenden betrieben.
Erst die letzte, frei gewählte Volkskammer
habe 1990 eine Entschuldigung gegenüber
Israel ausgesprochen und einen Neuanfang
in den Beziehungen zu Israel eingeleitet,
der im vereinten Deutschland fortgesetzt
wurde, besonders von Sachsen. Er ging auf
die Aktivitäten der Sächsischen Israelfreunde
– besonders auch für Holocaustüberlebende in
Israel – ein und verdeutlichte, wie notwendig
diese angesichts des neuen Antisemitismus
und neuer Feindschaft gegen Israel seien.
Wie der CDU-Stadtrat weiter ausführte, habe
er darum keinerlei Verständnis dafür, wenn
dem Vorsitzenden des Zentralrates der Juden
in Deutschland, Dr. Josef Schuster, heute Panikmache vorgeworfen werde, weil er Ängste
bei Juden in unserem Land angesichts der
massiven Zuwanderung von Menschen aus
Ländern benannt habe, in denen Menschen
von Kindesbeinen an zum Hass gegen Juden
und Israel erzogen werden. Klein benannte
auch die verzerrte und unfaire Darstellung
Israels in den meisten deutschen und europäischen Medien, in der Politik bis hinein in
die UNO. Er verteidigte das legitime Recht der
einzigen Demokratie im Nahen Osten, seine
Bürger gegen Terror und Krieg zu schützen.
Weiter sagte er: „Im ersten Buch der Bibel,
in Genesis 12, Vers 3, können wir nachlesen,
dass Gott Abraham beruft und für ihn und
seine Nachkommen eine Verheißung gibt: ‚Ich
will segnen, die dich segnen und verfluchen,
die dich verfluchen und in dir sollen gesegnet
werden alle Geschlechter auf Erden!‘ So wie
unsere Vorfahren immer wieder die Wahl
zwischen Segen und Fluch hatten, haben
auch wir die Wahl in den Herausforderungen
unserer heutigen Zeit. Denn auch heute gibt
es Judenhass und Antisemitismus, der sich
oftmals nicht nur als einseitige Israelkritik sondern auch als Delegitimierung der
Existenz des jüdischen Staates tarnt. Wer
Israel mit zweierlei Maß misst, ist ein Antisemit, und wer israelische Produkte aus Judäa
und Samaria boykottiert, knüpft nicht nur an
Nazi-Methoden an sondern vernichtet auch
die Möglichkeit palästinensischer Familienväter, ihren Lebensunterhalt zu verdienen.“
In diesem Zusammenhang verurteilte er auch
die BDS-Bewegung (Boykott, Desinvestitionen
und Sanktionen für „Palästina“) und den
Boykott israelischer Waren in Deutschland
und der Europäischen Union. An die Mitglieder der Jüdischen Gemeinde und an die
Knessetabgeordneten gerichtet, versicherte
er, dass das jüdische Volk und der Staat Israel
auch im Freistaat Sachsen und in dessen
Landeshauptstadt Dresden viele Freunde
haben, die als Christen auch darum aus der
Bibel wissen, dass „der Hüter Israels nicht
schläft, noch schlummert“.
Auf ihn folgte noch einmal Pfarrer Michael
Schubert, der aus biblischer Sicht klarstellte,
„…dass die Schoa der Versuch war, Gottes
ZUM LEBEN
44 |
Ausgabe
Ausgabe 2-3
2 | 3| 2016
2015
„El Male Rachamim“
Lothar Klein mit Yoel Hasson
Tanz
Teilnehmer
Rabbi Nachama, Michael Herschel, Stefan Haas (vorn)
Augapfel anzutasten. Die Schoa, das war der
Versuch, jüdisches Leben auszurotten. Die
Schoa, das war der dämonische Versuch, der
Welt – oder wir dürfen sogar sagen: Gott
selbst - sein Auge auszureißen. Das sollten wir
nicht noch einmal versuchen. Das darf nicht
noch einmal geschehen. Und angesichts des
nahen Lutherdenkmals hier drüben möchte
ich als Lutheraner bekennen: So sehr ich
Martin Luther ansonsten schätze, das, was
er damals zu den Juden gesagt hat, war total
daneben – menschlich, politisch und geistlich-theologisch. Hier kann ich nur voller
Scham bekennen: An dieser Stelle hat Martin
Luther geirrt. Hier hat er gesündigt an seiner
und an späteren Generationen. Hier ist er,
sind wir Lutheraner schuldig geworden. Hier
müssen wir umkehren, Buße tun, umdenken
und uns heute und für alle Zeiten an die Seite
des jüdischen Volkes stellen.
Wir haben den Auftrag, Israel zu segnen,
ihm Gutes zu tun, zu helfen. Wir haben den
Auftrag, Israel zu ermutigen, es zu trösten, es
wieder aufzurichten. Wir haben den Auftrag,
uns zu diesem Land und zu diesem Volk zu
stellen, dafür einzutreten und auch, so wie
heute, dafür auf die Straße zu gehen. Wir
haben den Auftrag, uns zu Israel zu stellen,
wie ein Bruder zum anderen steht, denn Israel
ist unser älterer Bruder. Und wir dürfen nicht
schweigen, sondern müssen uns zu diesem
älteren Bruder stellen und gegen alles rechte
und linke Gedankengut, das dies anders sieht,
festhalten: Ja, Israel ist unser Bruder. Der ewige Gott ist unser gemeinsamer himmlischer
Vater. Wir gehören zusammen. Und der Zaun
der Feindschaft zwischen den Juden und unserem Volk oder auch den Juden und anderen
Völkern soll für immer eingerissen sein und
bleiben. Und ich wünsche mir, dass unsere
Stadt Dresden bekannt wird in der Welt als
eine Stadt, die zu den Juden und zu Israel
steht, dass hier jüdisches Leben möglich ist
und willkommen geheißen wird. Ich wünsche
mir, dass unsere Stadt nicht länger bekannt
ist für die Demonstrationen von PEGIDA,
für rechte Gewalt oder dafür, dass Ausländer Angst haben, hierher zu kommen. Ich
wünsche mir vielmehr, dass Dresden bekannt
wird für ‚Märsche des Lebens‘ wie heute, für
Segensmärsche, für Segenshandlungen, dafür,
dass Menschen aus anderen Völkern und ganz
besonders auch Juden hier willkommen sind
und sich hier wohl fühlen können. Ich wünsche mir, dass unsere Stadt Dresden nicht nur
bekannt ist für die Schönheit von Elbflorenz,
für Architektur, Malerei, Musik und Kultur,
sondern auch für Achtung, Respekt und To-
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2-3
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2015
leranz, für Gottvertrauen und Nächstenliebe,
dafür, dass es eine Stadt ist, die angefüllt ist
mit Glauben, mit Hoffnung und mit Liebe.
Und ich wünsche mir, dass Dresden so etwas
wie ein ‚Augenlid‘ ist für Gottes Augapfel
Israel.“ Der engagierte Pfarrer forderte die
Teilnehmer auf, daran mitzuwirken.
sammelten sich alle Redner noch einmal auf
der Bühne. Im Gedenken an die 6 Millionen
in der Schoa ermordeten Juden zündeten sie
sechs Kerzen an und der Dresdner Gemeinderabbiner Alexander Nachama betete das
„El Male Rachamim“ (hebr.: „Gott voller
Erbarmen“).
Dann rief der Moderator der Veranstaltung,
Stefan Haas, Pastor der TOS-Gemeinde in
Leipzig, nacheinander einige Kinder und
Enkel von in den Holocaust verstrickten
NS-Tätern auf die Bühne, um die Geschichten ihrer Familien zu erzählen. Anschließend
sprach der Musiker Dr. Itamar Ringel über
seine in der Schoa ermordeten Familienmitglieder und spielte auf seiner Bratsche ein
Musikstück eines jüdischen Komponisten, der
den Holocaust nicht überlebt hat. Jugendliche der TOS-Gemeinde Leipzig setzten mit
dem Stück „Schema Israel“ das Thema der
Demonstration in beeindruckender Weise
choreografisch in einem Tanz um. Danach
überreichten diese den Holocaustüberlebenden und den Mitgliedern der Jüdischen
Gemeinde – darunter die frisch angetraute
Ehefrau des Rabbis und auch der Chefdirigent
der Neuen Jüdischen Kammerphilharmonie
Dresden, Michael Herschel – als Zeichen ihrer
Betroffenheit weiße Rosen. Zum Schluss ver-
Abschließend dankte Jobst Bittner allen Teilnehmern und Mitwirkenden. Die Veranstalter
waren sich darin einig, dass der Marsch und
die deutlichen Worte der Gastredner hier in
Dresden dem Motto der Veranstaltung gerecht
geworden sind: „ERINNERN – VERSÖHNEN –
GEMEINSAM EIN ZEICHEN SETZEN“ Lothar
Klein bedankte sich besonders bei Rabbiner
Alexander Nachama und dem Vizesprecher
der Knesset, Yoel Hasson, für ihre Teilnahme und versprach, mit ihnen in Kontakt zu
bleiben. Yoel Hasson lud den Vorsitzenden
der Sächsischen Israelfreunde ein, ihn bei
seiner nächsten Israelreise in der Knesset
zu besuchen.
Der „Marsch des Lebens“ geht auf eine Initiative von Jobst Bittner aus Tübingen aus
dem Jahr 2007 zurück. In den vergangenen
Jahren fanden Gedenk- und Versöhnungsmärsche auf der ganzen Welt statt, teilweise
über mehrere Tage und tausende Kilometer.
Mehrfach wurde der Marsch des Lebens von
der Knesset für sein besonderes Engagement
für Holocaustüberlebende ausgezeichnet.
Der Präsident des Deutschen Bundestages,
Professor Norbert Lammert, schrieb in einem
Grußwort über die Bewegung: „Die Initiative
‚Marsch des Lebens‘ ist wertvoll und wichtig.
Aus einer bescheidenen Gebetsaktion ist
längst eine internationale Bewegung geworden, die Zeitzeugen und Nachgeborene einschließt. Ich hoffe, dass sich viele Menschen
von dieser Idee bewegen lassen.“
Da Antisemitismus und Judenhass in Europa leider wieder zunehmen, ist es umso
wichtiger, die Verstrickungen von Familien,
Kirchen und Orten in den Holocaust weiter
aufzuarbeiten, diese Schuld vor Gott zu bringen und Wege der Versöhnung zum jüdischen
Volk und zum Staat Israel zu gehen. Eine
wirksame Möglichkeit, öffentlich Zeichen an
den Orten der NS-Verbrechen zu setzen, ist
es, jährlich am Yom HaSchoa, dem in Israel
begangenen Holocaustgedenktag, Märschen
des Lebens in unseren Städten durchzuführen. Dazu wollen wir anhand der positiven
Erfahrungen mit den Märschen – wie hier
in Dresden – ermutigen.
Kontakt: www.marschdeslebens.org
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Sehenswertes
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20. Sächsische
Israelkonferenz
DVD 1 – Freitagabend Eröffnung/Schabatt, DVD 2 – Bibelarbeit Johannes Gerloff, DVD 3 – Vortrag Dr. Hans-Peter Raddatz,
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gesagt hat, nachspürt. Das Buch Daniel ist brennend aktuell. Den machtversessenen „Weltherrschern“
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heißen, ob sie Angst und Terror verbreiten: sie fürchten aufrichtige Menschen.
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46 | UNverantwortliches
Ausgabe 2 | 3 2016
Sie lesen richtig!
Blanker Antisemitismus
im alten Stil
Von Alex Feuerherdt, MENA-Watch –
Der unabhängige Nahost-Thinktank, Wien
Auf seiner jüngsten Sitzung hat der UN-Menschenrechtsrat erneut mehr Resolutionen
gegen Israel verabschiedet als gegen alle anderen Staaten der Welt zusammen. Zudem
hat er einen notorischen Israelfeind zum
Sonderberichterstatter für die palästinensischen Gebiete ernannt. Bereits im Vorfeld
der Versammlung gab es Proteste gegen das
Gremium.
Um zu zeigen, wie es um die Verfasstheit des
Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen
(UNHRC) steht und warum dieses Gremium
seinem edlen Namen nichts als Hohn spricht,
genügen im Grunde genommen zwei Zahlen:
62 und 55. Zweiundsechzigmal hat der Rat
zwischen 2006, dem Jahr seiner Gründung,
und 2015 den Staat Israel in Resolutionen
verurteilt, auf fünfundfünfzig Verurteilungen
kommen alle anderen Länder zusammen. Das
heißt also, dass der jüdische Staat nach Auffassung dieser UN-Einrichtung mehr Menschenrechtsverletzungen begeht als der Rest
der Welt insgesamt, darunter sämtliche Autokratien, Despotien und Diktaturen. Natürlich hat das mit der Realität nicht das Geringste zu tun, dafür zeigt es umso eindrucksvoller
die ideologische Grundlage dieser Einrichtung,
die Israel zudem als einzigem Land auf ausnahmslos jeder ihrer Sitzungen einen eigenen,
festen Tagesordnungspunkt widmet. Diese
Besessenheit ist Ausdruck eines institutionalisierten Antisemitismus, der für die Vereinten Nationen insgesamt charakteristisch ist,
im Menschenrechtsrat jedoch besonders
deutlich zutage tritt.
Dazu passt auch die am Donnerstag vorgenommene Neubesetzung der Position des
UNHRC-Sonderberichterstatters „zur Situation
der Menschenrechte in den seit 1967 besetzten palästinensischen Gebieten“. Schon die
mit diesem Amt verbundene Aufgabenbeschreibung spricht Bände, denn das Mandat bezieht
sich – anders als das der übrigen Uno-Sonderberichterstatter in Kriegs- und Krisengebieten
– nur auf die Untersuchung der (angeblichen)
Verstöße einer Seite, nämlich der israelischen.
Menschenrechtsverletzungen durch die Hamas,
die Fatah oder den Islamischen Jihad bleiben
dagegen außen vor. Kein Wunder deshalb,
wenn dieser Posten von Leuten versehen wird,
die aus ihrer Voreingenommenheit gegenüber
dem jüdischen Staat keinen Hehl machen. So
wie beispielsweise Richard Falk, der ihn zwischen 2008 und 2014 innehatte und Israel
regelmäßig bezichtigte, ein „Apartheidstaat“
zu sein sowie „ethnische Säuberungen“ zum
Nachteil der Palästinenser zu verüben.
Falks Nachfolger wurde der Indonesier Makarim Wibisono, doch der trat nach knapp
einem Jahr wieder zurück und begründete
diesen Schritt damit, ihm sei der Zugang zum
Gazastreifen und zu Teilen des Westjordanlandes verweigert worden. Das israelische
Außenministerium erklärte dazu kurz und
bündig, Wibisonos Posten sei – wie der gesamte Menschenrechtsrat – leider per se
vollkommen unausgewogen, und solange das
so sei, werde Israel sich entsprechend verhalten. Nun hat der UN-Menschenrechtsrat
im Rahmen seiner Sitzung in Genf einen
Nachfolger benannt. Dabei handelt es sich
um den kanadischen Juraprofessor Michael
Lynk, dessen Vita sich die Uno-kritische Nichtregierungsorganisation UN-Watch näher angesehen hat. Demnach beteiligt sich Lynk
bereits seit etwa 30 Jahren rege an Aktivitäten
zur Dämonisierung und Delegitimierung Israels. In dieser Zeit hat er unter anderem die
Israelis in die Nähe der Nazis gerückt, explizit gegen Israel gerichtete „Anti-Apartheid-Wochen“ unterstützt, Petitionen gegen „israelische Kriegsverbrechen“ unterzeichnet, dem
jüdischen Staat „ethnische Säuberungen“
unterstellt, die Legitimität von dessen Gründung 1948 angezweifelt und für die Isolation
Israels auf diplomatischem Parkett plädiert.
Kurzum: Lynk ist für das Amt des UNHRC-Sonderberichterstatters für die palästinensischen
Kundgebung gegen den UN-Menschenrechtsrat vor dem Büro der Vereinten Nationen in Genf, 21. März 2016 (© Eldad Beck)
Absurdes | 47
Ausgabe 2 | 3 2016
Gebiete bestens qualifiziert, weil er die damit
verbundenen antiisraelischen Anforderungen
erfüllt wie allenfalls noch die ebenfalls zur
Auswahl stehende britische Juraprofessorin
Penelope Green. Auch ansonsten tat der
UN-Menschenrechtsrat – mit den Stimmen
von Menschenrechtsparadiesen wie Saudi-Arabien, Katar und Pakistan –, was er auf seinen
Sitzungen immer tut: Von den neun Verurteilungen, die sich gegen einzelne Staaten
richteten, betrafen fünf Israel. Hinzu kam der
Beschluss des UNHRC, eine „Schwarze Liste“
von Unternehmen zu erstellen, die geschäftlichen Aktivitäten in israelischen Siedlungen
im Westjordanland nachgehen. Diese Übersicht
soll jedes Jahr aktualisiert werden. Knapp
140.000 Dollar lässt sich der Rat diesen Spaß
kosten.
Bereits zu Beginn der mehrtägigen Sitzung
gab es in Genf eine Protestdemonstration
gegen den Menschenrechtsrat (Foto oben),
zu der eine Koalition von pro-israelischen
Organisationen aufgerufen hatte. Hauptredner
war Yair Lapid, der Vorsitzende der israelischen Partei Jesh Atid. Man protestiere,
sagte er, gegen die Tatsache, dass im UN-Menschenrechtsrat „nicht das getan wird, was
eigentlich getan werden soll – stattdessen
unterstützen sie Mord, sie unterstützen Terror, und sie unterstützen Ungerechtigkeit“.
Was der Rat tue, sei „blanker Antisemitismus
im alten Stil“. „400.000 ermordete Menschen
in Syrien, Zehntausende im Irak, in Libyen
und Afghanistan“, so Lapid weiter, „in Ruanda, Sudan und überall im Nahen Osten
werden Frauen vergewaltigt“. Doch „der Rat
verurteilt Israel“, fügte er hinzu. Die Vereinigten Staaten rief er deshalb dazu auf, die
Finanzierung der Uno so lange einzustellen,
bis deren Menschenrechtsrat Israel fair behandelt und seine antisemitischen Erklärungen beendet.
Eine Forderung, die auch an Europa zu stellen
wäre. Doch dessen Mitglieder im Menschenrechtsrat begreifen den dortigen Antisemitismus gar nicht als Skandal, wie schon ihr
Abstimmungsverhalten regelmäßig zeigt: Bei
den fünf Verurteilungen Israels im Rahmen
der jüngsten Sitzung beispielsweise gab es
keine einzige Gegenstimme, die Europäer
waren maximal zu einer Enthaltung bereit.
Und bei der Nominierung von Michael Lynk
als Sonderberichterstatter hat mit Frankreich
ein europäisches Ratsmitglied eine tragende
Rolle gespielt. Jenes Frankreich, aus dem
immer mehr Juden auswandern.
Quelle: Lizas World
Netanjahu: UNESCO-Resolution
ignoriert Verbindung der Juden
zum Tempelberg
Die Kultur-Organisation der Vereinten Nationen UNESCO beklagt in einer Resolution
israelische Aggression am Tempelberg. Israel sieht darin einen weiteren Tiefpunkt in der
Haltung der UNO gegenüber dem jüdischen Volk.
von Daniel Frick, Christlicher Medienverbund KEP
Der israelische Premier Benjamin Netanjahu hat am Samstagabend eine Resolution der
UNESCO zum Tempelberg als „absurd“ kritisiert. Die Kulturvereinigung der Vereinten
Nationen hatte am Freitag in der 199. Sitzung des Exekutivrats „israelische Aggression“
und Ausgrabungen am Tempelberg beklagt. Das Areal wird dabei durchweg mit dem
arabischen Namen „Haram al-Scharif“ („ehrwürdiges Heiligtum“) benannt.
In dem Dokument fordern die Länder im Exekutivrat, den „historischen Status quo“
wiederherzustellen, „der bis zum September 2000 bestand“. Israel wird vorgehalten,
die Religionsfreiheit der Muslime einzuschränken sowie Ausgrabungen in Ostjerusalem
und um die Altstadt herum durchzuführen, während es gleichzeitig die Restauration
verschiedener muslimischer Stätten verhindere. Israel setze zudem gefälschte jüdische
Gräber auf muslimische Friedhöfe. Die Länder Algerien, Ägypten, Libanon, Marokko,
Oman, Katar und Sudan haben die Resolution eingebracht. 33 Länder stimmten dafür,
darunter Frankreich, Schweden und Spanien. Sechs Länder stimmten dagegen, darunter
Deutschland, Großbritannien und die Vereinigten Staaten. 17 Länder enthielten sich.
Netanjahu erklärte laut Mitteilung seines Büros, mit einer solchen Resolution schreibe
die UNESCO die Menschheitsgeschichte um. „Die UNESCO ignoriert die einzigartige
historische Verbindung des Judentums zum Tempelberg, wo über einen Zeitraum von
tausend Jahren hinweg lang zwei Tempel standen, und zu dem jeder Jude in der Welt
seit Tausenden von Jahren gebetet hat. Die UN haben einmal mehr bewiesen, dass es
keinen Tiefpunkt gibt, vor dem sie Halt machen.“
Der Vorsitzende der Oppositionspartei „Jesch Atid“, Jair Lapid, kritisierte die Resolution ebenfalls und nannte sie einen „Schandfleck auf den Vereinten Nationen“. Er sieht
sie als Teil der „fortlaufenden politischen Angriffe auf den Staat Israel und auf das Judentum“. Die UNESCO fördere damit die aktuelle Terrorwelle. „Die UNESCO kann sich
dieser Verantwortung nicht entziehen“, sagte Lapid laut der israelischen Tageszeitung
„Yediot Aharonot“. Die Generalleiterin der UNESCO, die Bulgarin Irina Bokova, forderte
in einer Stellungnahme alle Seiten auf, Vertrauen aufzubauen. „Jerusalem ist ein heiliges
Land für drei monotheistische Religionen, ein Ort des Dialogs für alle Juden, Christen
und Muslime“, sagte sie laut Mitteilung der UNESCO. „Ich glaube, die Mitgliedsstaaten
haben eine Verantwortung zum Auftrag der UNESCO, auf Wegen voranzuschreiten, die
Dialog, Toleranz und Frieden fördern.“
© Daniel Frick, mit freundlicher Genehmigung von Christlicher Medienverbund KEP, www.israelnetz.com
48 | Zynisches
Ausgabe 2 | 3 2016
Geschenke und Strafen
Wie Europas Gouvernanten in Nahost versagen
Ursache und Wirkung
Die Antwort auf die Reiseerleichterung war
eine Terrorattacke im Herzen von Tel-Aviv.
Daraufhin wurden die Sondergenehmigungen
storniert. Ausgenommen sind Passierscheine
für muslimische Palästinenser, die auf dem
Haram A Scharif (Tempelberg) beten wollen.
Ebenso können die Arbeiter weiter pendeln.
Trotz Sicherheitsbedenken gab es am ersten
Freitag des Ramadan keine Altersbeschränkung
für Besucher der drittheiligsten Stätte des Islam.
Reaktionen aus Europa
Staatspräsident François Hollande anlässlich des Ministertreffens „Initiative de Paris
pour la paix au Proche-Orient“. Foto: F. de La Mure / MAEDI
von Ulrich W. Sahm, Jerusalem
Man kennt das aus dem Kindergarten: Da hat
ein Fünfjähriger eine neue Schaufel bekommen
und haut sie seinem Kameraden über den
Kopf. Wenn die Erzieherin dem Jungen dann
verbietet, mitzuspielen, gibt es Riesengeschrei.
Doch niemand käme auf die Idee, die Erzieherin als unmenschlich zu beschimpfen. Es
ist Konsens: Gewalt bleibt nicht ohne Folgen.
Genauso beim Fußball, wo rote und gelbe
Karten ausgeteilt werden. Nur im Umgang
mit Palästinensern stehen alle Regeln Kopf.
Das Ramadangeschenk
Der von dpa als „Bulldozer“, „Rechtsextremist“
und „Hardliner“ titulierte neue Verteidigungsminister Avigdor Liberman hatte beschlossen,
die Reisemöglichkeiten für Palästinenser zu
erleichtern. Um den Ramadan im Familienkreis
feiern zu können, erhielten 83.000 Palästinenser aus dem Westjordanland und 300 aus
dem Gazastreifen eine Sondergenehmigung
für Besuche in Israel. Das war fast eine Verdoppelung der 100.000 Genehmigungen für
Palästinenser, die täglich zur Arbeit nach
Israel pendeln, und so ein Standbein der palästinensischen Wirtschaft darstellen. Zusätzlich hat sich Jerusalems Bürgermeister Nir
Barkat ins Zeug gelegt und vor dem Ramadan
im arabischen Ostteil der Stadt für saubere
Straßen, neuen Straßenbelag, Festbeleuchtung
und kulturelle Veranstaltungen gesorgt.
Auch die erneute Einfuhr von Zement und
Baumaterialien nach Gaza hatte der angeblich
so palästinenserfeindliche Liberman genehmigt, obgleich die Hamas immer wieder israelischen Zement für den Bau von Angriffstunneln entwendet.
Während Ägypten den Zugang zum Gazastreifen hermetisch abgesperrt hat und Jordanien
mit bürokratischen Mitteln die Durchreise
von Bewohnern des Gazastreifens effektiv
verhindert, fließen immer mehr Güter von
und über Israel in den Gazastreifen. Sämtlicher
Strom und alles Trinkwasser im Gazastreifen
stammen aus Israel, nachdem die Palästinenser eigenhändig ihr Grundwasser abgepumpt
und es mit nachfließendem Salzwasser aus
dem Mittelmeer und ihren Abwässern verseucht haben.
Frankreichs Außenminister Jean-Marc Ayrault
hat die Terrorattacke mit 4 Toten und vielen
Verletzten in Tel Aviv scharf verurteilt. Gleichzeitig bezichtigte er Israel, mit der Stornierung
der Besuchsgenehmigungen die „Spannungen
zu erhöhen, anstatt den Frieden voranzutreiben“. Der Kommissar des UNO-Menschrechtsrates, Zeid Ra’ad Al Hussein, behauptete gar,
dass die Rücknahme der Genehmigungen
eine vom Völkerrecht untersagte „Kollektivbestrafung“ sei. Obgleich es das erklärte Ziel
der Attentäter ist, den Israelis kollektiv ein
„normales Leben“ unmöglich zu machen,
wird das weder von EU noch UNO verurteilt.
Inzwischen wurde ein Helfer der Terroristen
von Tel Aviv verhaftet. Es war also ein geplanter Anschlag und keine „spontane“ Aktion von Einzeltätern. Die Hamas-Organisation, von vielen Ländern als „Terror-Organisation“ eingestuft, übernahm zwar nicht die
Verantwortung, erklärte aber, dass die Terroristen ihr nahestanden. Zwei Onkel der Attentäter sind Mitglieder des „militärischen
Zweigs“ der Fatah-Partei.
Die Behauptung, dass Israel gegen das Völkerrecht verstoße, wenn es vertrauensbildende Gesten aufhebt, ist in diesem Fall besonders
Gleichgültig was die Israelis tun;
die Palästinenser finden stets Ausreden für
Mord und Totschlag. Europas gewählte
Führer und Pressevertreter finden passende
Argumente, um die palästinensischen
Verbrechen zu rechtfertigen.
Gegenwärtiges | 49
Ausgabe 2 | 3 2016
perfide. Schließlich ist die gezielte Ermordung
„unschuldiger Zivilisten“ ein Kriegsverbrechen. Die Feiern nach dem Anschlag bezeugen,
dass viele Palästinenser damit sympathisieren.
In Hebron gab es Feuerwerk. In Tulkarem,
am Jerusalemer Damaskustor unter der zu
Ehren des Ramadan aufgehängten Festbeleuchtung und in Gaza wurden Kuchen, Datteln und Süßigkeiten an Passanten ausgeteilt.
Eine eindeutige Verurteilung ließ nicht einmal
Mahmoud Abbas verlauten, der angeblich so
friedenswillige und zuletzt vor 10 Jahren gewählte Präsident der Autonomiebehörde.
Jene, die jetzt Israel wegen einer vermeintlichen „Kollektivbestrafung“ und „Eskalation
der Spannungen“ bezichtigen, haben zuvor
mit keinem Wort die von Israel beschlossenen
„Gesten“ aus Anlass des muslimischen Fastenmonats Ramadan als Schritt zur Entspannung gewürdigt. Auch die Beschuldigung,
dass Israel seine „Blockade“ des Gazastreifens
verschärft habe, ist sogar nach palästinensischen Angaben falsch. Gleichwohl werden
auch friedliche Palästinenser durch die Folgen
der Mordaktion „kollektiv bestraft“, denn
bei hunderten Händlern in der Altstadt Jerusalems und in arabischen Dörfern bleiben
die Kunden aus.
Doppelter Standard
Gleichgültig was die Israelis tun; die Palästinenser finden stets Ausreden für Mord und
Totschlag. Europas gewählte Führer und Pressevertreter finden passende Argumente, um
die palästinensischen Verbrechen zu rechtfertigen. Wenn in den arabischen Vierteln
Jerusalems die Stadtverwaltung boykottiert
wird und Israelis sich nicht immer effektiv
um sie kümmern, gilt das als Grund, mit Äxten und Messern loszuziehen. Und wenn
Israel kostenfreien Strom liefert, die Viertel
ungefragt in Ordnung bringt und Festbeleuchtung aufhängt, werden unter den Girlanden
die „erfolgreichen“ Morde gefeiert, ohne dass
ein europäischer Demokrat diesen Zynismus
verurteilt. Was immer israelische Regierungen
tun: ihre Politiker gelten als Hardliner. Wann
immer es Terroranschläge in Israel gibt: Schuld
sind die Juden selbst.
Mit den von der EU in Nahost aufgestellten
Regeln könnte man in Europa nicht einmal
einen Kindergarten leiten.
Quelle: Ulrich W. Sahm für Audiatur, mit freundlicher
Genehmigung des Autors
75 Jahre nach dem
Massaker von Babyn Jar
Antisemitismus in der Gegenwart
Ein Bericht von Volker Rabe, Erlau
Als am 06.05.2016 in Israel die Sirenen heulten und
das Leben zum Gedenken für eine kurze Zeit still
stand, wusste jeder im Land: Es ist Holocaustgedenktag! In diesem Jahr wurde genau an diesem Tag auch
des Massakers von Babyn Jar (Russisch: Babij Jar)
gedacht, da es sich zum 75. Mal jährt. Babyn Jar ist
ein Vorort von Kiew, der Hauptstadt der Ukraine. Am
29. und 30.September 1941 wurden in der Schlucht
von Babyn Jar innerhalb von 36 Stunden 33.771
Juden erschossen! An dieser „Aktion“ waren Angehörige des Sicherheitsdienstes (SD), des Sonderkommandos 4a der SS-Einsatzgruppe C, Polizeiangehörige der Ordnungspolizei, Angehörige der Geheimen
Feldpolizei sowie ukrainische Miliz und Wehrmacht
beteiligt. Das Ausmaß dieses Verbrechens ist auch
75 Jahre danach kaum zu begreifen. Während einer
Ukraine-Reise im Jahr 2012, die wir u.a. auch dazu
nutzten, Schoah-Überlebende zu besuchen und ihnen
Hilfsgüter zu überreichen, trafen wir auf eine ältere
Die Schlucht Babi Jar bei Kiew,
Dame, die das Massaker von Babyn Jar als sechsjähriges
wo Ende 1941 binnen weniger
Mädchen überlebte. Sie lag zitternd vor uns und erTage mehr als 33000 Juden
zählte, dass sie bei den Erschießungen von den Leichen
erschossen wurden
lebendig begraben wurde. Sie harrte unter den blutüberströmten Leichenbergen aus und konnte später
im Schutz der Dunkelheit aus der Schlucht fliehen und dem Ort des unvorstellbaren
Grauens entrinnen. Sie versteckte sich in Abwasserkanälen der Stadt bis sie irgendwann
von Soldaten der Roten Armee halb verhungert gefunden wurde. Von ihren Angehörigen
hat niemand das Grauen überlebt.
Als nun in diesem Jahr am Holocaustgedenktag des Massakers in Babyn Jar vor Ort gedacht
wurde, kam es leider zu einem unsäglichen, antisemitischen Vorfall, der viele Menschen
– vor allem die jüdischen Ukrainer – sehr erschreckt hat. Am Rande der offiziellen Gedenkveranstaltung, bei der auch Vertreter des Staates Israel anwesend waren, wurde eine
Flagge des Staates Israel verbrannt. Leider sind die ukrainischen Behörden derzeit nicht
in der Lage, derartige Vorfälle zu unterbinden oder wenigstens die Täter schnellstmöglich
zu bestrafen. Gerade zu diesem Zeitpunkt weilten wir wieder mit einer Gruppe in der
Ukraine, um Schoah-Überlebende zu besuchen und Suppenküchen zu unterstützen. Wir
haben das Entsetzen über diese Tat direkt in den Augen unserer Gastgeber und den Holocaustüberlebenden sehen können. Antisemitismus in seiner abscheulichen und perversesten
Form wurde hier wieder einmal sichtbar. Nicht nur die Opfer und Überlebenden von
Babyn Jar, sondern auch der gesamte Holocaustgedenktag wurde auf das Entwürdigendste
geschändet! Als Vertreter der Sächsischen Israelfreunde habe ich vor Ort meine tiefe
Anteilnahme versichert und diese Tat auf das Schärfste verurteilt. Dieser Artikel soll uns
alle daran erinnern, wie schnell aus zunächst verbalem Antisemitismus fürchterliche Taten
entstehen können. Möge der Messias Israels uns allen die Kraft und den Mut schenken,
solchen Entwicklungen schon in ihren Anfängen entgegenzuwirken.
50 | Friedloses
Ausgabe 2 | 3 2016
„Betet für den Frieden Jerusalems“, heißt es in der Bibel, Foto: © Halfpoint – fotolia.com
Warum in Israel
kein Friede werden will
Wie kaum ein anderes Land und Volk erlebt Israel die Friedlosigkeit dieser
Welt, leidet an der Abwesenheit von Frieden und sehnt sich nach echtem
Frieden. Warum kommt das Land Israel trotzdem nicht zur Ruhe?
Eine Analyse von Johannes Gerloff
Das Kaddisch-Gebet wird oft als jüdisches
Totengebet bezeichnet, weil es auf Beerdigungen rezitiert wird. Zudem beten Juden
das Kaddisch im Gedenken an geliebte Verstorbene. Eigentlich ist dieses Gebet, das in
besonderer Weise den Namen Gottes groß
macht, heiligt und verherrlicht, aber Teil
jeder Synagogenliturgie. Dass Gott sein Reich
aufrichten und der Messias „in unseren Tagen“ kommen möge, ist Lebensatem allen
jüdischen Seins. Zum Abschluss des Kaddisch
steigt der Gebetsschrei zum Himmel: „Der
Frieden schafft in der Höhe, er schaffe Frieden
über uns und über ganz Israel!“
Doch warum kommt das Land Israel nicht zur
Ruhe? Potentielle Israelreisende plagen sich
mit Überlegungen, ob man heute das Risiko
einer Fahrt ins Heilige Land überhaupt noch
verantworten könne. Kaum eine Region steht
so sehr im Fokus von Friedensbemühungen.
Warum sind alle Friedensinitiativen bis dato vergeblich?
Seit Jahrtausenden fordert die Bibel: „Betet
für den Frieden Jerusalems!“ Trotzdem steht
vielen Menschen gerade diese heilige Stadt als
Symbol für Krieg und Leid, Terror und Tränen,
Mauern, Besatzung, Freiheitskampf, Extremismus, Intoleranz und religiösen Fanatismus. In
den sechs Jahrtausenden ihrer archäologisch
nachweisbaren Existenz wurde die Stadt, die
den „Frieden“ im Namen trägt, mindestens
zweimal vollständig dem Erdboden gleich
gemacht, 40-mal teilweise zerstört, 23-mal
belagert, 52-mal angegriffen und 44-mal erobert
oder zurückerobert. Zweifellos wurde Jerusalem
im Laufe seiner Geschichte Zeuge grauenhafter
Szenarien. An manchen Stellen häufen sich
die Trümmer 14 Meter. Junge, lebenslustige
Israelis zieht es heute viel mehr nach Eilat,
Tel Aviv oder Haifa, als in die heiligen Städte
Sichem, Hebron oder Jerusalem.
Wer der Frage nach dem Frieden Jerusalems
beziehungsweise der Friedlosigkeit des Landes Israel nachgeht, muss sich darüber klar
werden, in welcher Relation der Zustand
Israels beurteilt werden soll. Im Vergleich
zu den Friedensaussichten der Bibel sieht es
in der heutigen Hauptstadt des Staates Israel
selbstverständlich düster aus. Wir sind weit
davon entfernt, dass Wölfe und Lämmer,
Leoparden und Böcke, Löwen und Mastvieh
friedlich beieinander liegen. Das Kommen
des Messias, der den Völkern Frieden gebietet und alle Tränen abwischt, liegt noch in
der Zukunft. Der Schrei des Kaddisch nach
Frieden „wie im Himmel so auf Erden“ ist
nach wie vor unbeantwortet. Aber gilt das
nur für Jerusalem? Ist das nicht der Zustand
der ganzen Welt?!
Wir leben in einer friedlosen Welt. Um Israel herum und weit darüber hinaus gibt es
ein furchtbares Blutbad. Allein im syrischen
Bürgerkrieg wurden in den gerade zurück-
| 51
Im Vergleich zu den
Friedensaussichten
der Bibel sieht es in
der heutigen
Hauptstadt des
Staates Israel
selbstverständlich
düster aus. Wir sind
weit davon entfernt, dass Wölfe
und Lämmer, Leoparden und Böcke,
Löwen und Mastvieh friedlich beieinander liegen.
liegenden Jahren pro Jahr mehr Menschen
getötet, als im gesamten arabisch-israelischer
Konflikt. Das stimmt, wenn die vorsichtigsten
Schätzungen der UNO gelten.
Die Villa im Dschungel
Angesichts innerarabischer und innermuslimischer Gewalt war Israel schon lange vor
dem so genannten „Arabischen Frühling“
eine Insel des Friedens und der Stabilität.
Man denke nur an die „Camp Wars“ im
Libanon der späten 1980er-Jahre, wie die
Assad-Familie problematische Städte wie
Hama „befriedet“ hat oder an mehr als eine
Million Tote des irakisch-iranischen Krieges.
Der jordanische König Hussein hat im Schwarzen September von 1970 mehr Palästinenser
getötet, als Israel in sieben Jahrzehnten seiner
Existenz. Die Umwälzungen der arabischen
Welt seit Ende 2011 lassen viele Israelis dankbar erkennen: „Unser Land ist eine Luxusvilla
inmitten eines mörderischen Dschungels.“
Selbst den Vergleich mit vielen westlichen
Großstädten braucht Jerusalem nicht zu
scheuen. Die Stadt, deren Name auf Hebräisch „Jeruschalajim“ – „man wird Frieden
sehen“ – heißt, ist tatsächlich ein Vorbild
gelebter friedlicher Koexistenz. Das gilt
umso mehr, wenn man bedenkt, wie viele
unterschiedlich geprägte Menschen, wie
viele religiöse Überzeugungen, Mentalitäten,
Wertmaßstäbe, Theologien, Ideologien und
Zukunftshoffnungen in Israel nebeneinander
existieren.
Zynische Konzentration auf
den Nahostkonflikt
Angesichts dessen, wie andere Länder ihre
eigenen Herausforderungen des Zusammenlebens meistern, erscheint die Konzentration
der Weltöffentlichkeit auf „den Nahostkonflikt“ geradezu zynisch. Angesichts einer Realität, deren zahlmäßige Ausmaße heute jeder
im Internet mühelos ergoogeln kann, erweist
sich die teils unterschwellig suggerierte, teils
offen ausgesprochene Behauptung, Israels
Konflikt mit seinen arabischen Nachbarn sei
die Mutter aller Feindschaft, als Mutter aller
Heuchelei. Vielleicht wäre es ja umgekehrt,
dass sich mit einer – gewiss utopischen! –
Lösung aller anderen Konflikte, der Streit um
Jerusalem von selbst lösen würde?!
Und: Ist es vielleicht die Forderung nach der
Lösung eines Konflikts, die Konflikte immer
wieder neu anheizt? Man bedenke: Eine
Lösung fordert, dass Menschen sich festlegen, Entscheidungen treffen, deren Folgen
nicht selten kommende Generationen zu
tragen haben. Friedensverhandlungen, deren
Ziel ein Endstatusabkommen ist, schüren
Misstrauen, Ängste und gar Aggressionen.
Wäre es angesichts der Realitäten unserer
Psyche und unserer Umgebung nicht viel
förderlicher für Ruhe und Frieden, weniger
Konfliktlösungen zu fordern, als Konflikte
ganz bewusst zu managen? Konkret würde
das für die Lage in Nahost bedeuten, pompöse
Friedensinitiativen auf Eis zu legen und in
kleinen, für alle Beteiligten überschaubaren
Schritten, die Lebensbedingungen der Menschen zu verbessern.
Mörderischer Hass auf Israel
Trotz dieser Überlegungen bleibt aber, dass
die Auseinandersetzung um den jüdischen
Staat Israel Ursachen hat, die ihn einzigartig
machen. Es gibt keinen anderen Staat auf
der Erde, dessen Vernichtung von einem
Mit-UN-Mitglied offen gefordert, seit Jahren
propagiert und zum Staatsziel erhoben wird.
Bemerkenswert ist, mit welcher Gelassenheit
diese Hetze von der Mehrheit aller anderen
UN-Mitglieder hingenommen wird.
Der mörderische Hass, der das Volk Israel
seit Beginn seiner Existenz begleitet, ist
beispiellos. Er fand seinen ersten Ausdruck
im Bemühen des ägyptischen Pharao, die
neugeborenen Söhne der Hebräer den Nilkrokodilen vorzuwerfen. Die Vernichtungskampagne des persischen Großwesirs Haman,
die im biblischen Buch Ester nachgezeichnet
wird, war ein erster Tiefpunkt. Rational kaum
begründbar zieht sich dieser Hass durch die
antike Judenfeindschaft, über das christliche
Mittelalter bis hin zum rassistisch definierten
Antisemitismus der Neuzeit mit seinen grauenhaften Folgen.
Seit 1988 erklärt die Islamische Widerstandsbewegung in ihrer Charta: „Der Tag
des letzten Gerichts wird nicht kommen,
bis die Muslime die Juden bekämpfen und
töten, bis sich die Juden hinter Felsen und
Bäumen verstecken, die rufen werden: Muslim! Hier versteckt sich ein Jude hinter mir.
Komm und töte ihn!“ Damit fordert die Hamas
nicht nur ein Ende der Besatzung Palästinas,
nicht nur ein Ende des Staates Israel, sondern die Vernichtung des jüdischen Volkes
weltweit. Zu bedenken ist, dass dies ein Zitat
aus der Überlieferung der Aussprüche und
Handlungen des Propheten Mohammed ist,
die für Muslime weltweit neben dem Koran
normativen Charakter besitzt.
Allumfassender Friede
aus der Höhe
„Osseh Schalom BiMeromav“ – Der Friede
schafft in der Höhe – „Hu Ja’asseh Schalom
Aleinu“ – Er mache Frieden über uns! Das
ist der Ruf des jüdischen Kaddisch -Gebets.
Damit wenden sich die jüdischen Beter ab
von irdischen Vorstellungen und immanenten
Erlösungsangeboten. Ziel ist nicht ein politisch von Menschen ausgehandelter Frieden.
Es geht um den allumfassenden, wirklich tiefenwirksamen Schalom aus der Höhe. Schon
bei politischer Ruhe versagen menschliche
Bemühungen ganz offensichtlich, wenn der
eigentliche Grund für die Unruhe in heiligen
Schriften liegt, die von den Unruhestiftern
als göttliche Offenbarung betrachtet werden.
Deshalb bleibt als Einziger, der wirklich Frieden schaffen kann, auch der „in der Höhe“:
„Er schaffe Frieden über uns und über ganz
Israel! Dazu“, so schließt das Kaddisch , „sage
man Amen!“
© Johannes Gerloff, Christlicher Medienverbund KEP,
www.israelnetz.com
ZUM LEBEN
52 | Sehnsuchtsvolles
Ausgabe 2 | 3 2016
Ziel christlicher Sehnsucht:
Das irdische oder das
himmlische Jerusalem?
von Johannes Gerloff, Jerusalem
Aber wie sieht das für Christen aus? Sagt das
Neue Testament nicht von Abraham, dass er
ein „Fremdling“ war „in dem verheißenen
Lande“ und deshalb „wartete auf die Stadt, die
einen festen Grund hat, deren Baumeister und
Schöpfer Gott ist“ (Hebräer 11,9f.)? Müssen
die Leute des Neuen Bundes nicht mit dem
Schreiber der Hebräerbriefes (11,16) sagen:
„Nun aber sehnen sie sich nach einem besseren Vaterland, nämlich dem himmlischen“?
Zumal sich der Autor des Hebräerbriefes nicht
an Heidenchristen, sondern ausdrücklich an
„hebräische“ Jesus-Nachfolger richtete, wenn
er schrieb: „Denn ihr seid nicht gekommen
zu dem Berg, den man anrühren konnte und
der mit Feuer brannte. Sondern ihr seid gekommen zu dem Berg Zion und zu der Stadt
des lebendigen Gottes, dem himmlischen
Jerusalem!“ (Hebräer 12,18.22).
Deshalb behaupten heute viele Christen, das
irdische Jerusalem habe für Christen – abgesehen von einer historischen – keinerlei
Bedeutung mehr.
Sie verweisen auf die Allegorie des Paulus:
„Hagar bedeutet den Berg Sinai in Arabien
und ist ein Gleichnis für das jetzige Jerusalem,
das mit seinen Kindern in der Knechtschaft
lebt. Aber das Jerusalem, das droben ist, das
ist die Freie; das ist unsre Mutter“ (Galater
4,25f.). Die heute von Israelis und Arabern,
Muslimen und Juden, so heiß umstrittene
Stadt sei für Christus-Gläubige eine Stadt wie
jede andere. Spätestens seit der Ausgießung
des Heiligen Geistes an Pfingsten sei doch
die Zeit gekommen, dass man „weder auf
dem Berg Garizim noch in Jerusalem den
Vater anbeten“ müsse, sondern „im Geist
und in der Wahrheit“ (Johannes 4,21.24).
Das sind Fragen, Anfragen, denen sich jeder
Jerusalem-Pilger, jeder Wallfahrer im Hei-
Deshalb hatte Paulus „Lust, den Leib zu verlassen und daheim zu sein bei dem Herrn“
(2. Korinther 5,8). An anderer Stelle schrie
© Alex_Vinci – shutterstock.com
Haupt, Höhepunkt, Gipfel aller Freuden soll
die Stadt Jerusalem sein, meinte der Psalmist im alten Israel. Er drohte Gläubigen die
schlimmsten Verkrüppelungen an, sollten sie
dies vergessen. Bis heute prägt diese Wertung
der Stadt auf dem Bergrücken zwischen Mittelmeer und Totem Meer das Denken, Beten
und Sehnen des jüdischen Volkes. Bei jeder
jüdischen Hochzeit zertritt der Bräutigam ein
Glas und gelobt: „Wenn ich dich, Jerusalem,
vergesse, verdorre meine Rechte…“ (Psalm
137,5f.).
per als „Leib der Sünde“ (Römer 6,6), der
gezeichnet ist von Krankheit und Tod (Markus 5,29). Unser Körper ist „verweslich“ (1.
Korinther 15,42.50.53.54), ein „sterblicher
Leib“ (Römer 6,12; 8,11; 1. Korinther 15,53f;
2. Korinther 4,11). Jesus benutzte das Wort
„Leib“, wenn er sagte: „Wo das Aas ist, da
sammeln sich auch die Geier“ (Lukas 17,37).
Auch an anderen Stellen im Neuen Testament
wird einfach vom „Leib“ gesprochen, wenn
ganz offensichtlich ein „toter Körper“, ein
„Leichnam“ gemeint ist (Johannes 19,31;
Apostelgeschichte 9,40). Illusionslos beschrieb
Paulus unseren irdischen Körper als „fern von
dem Herrn“ (2. Korinther 5,6) und erklärte,
dass „Fleisch und Blut das Reich Gottes nicht
ererben können“ (1. Korinther 15,50).
Jerusalem wird unter dem neuen Himmel
auf der neuen Erde zu finden sein, mit
Mauern und Toren und einem Marktplatz,
ganz neu, ganz anders, ganz makellos –
aber doch erkennbar als die Stadt
Jerusalem!
ligen Land, jeder Israel-Freund stellen muss!
Andererseits – und das ist das Problem für
die Kritiker der christlichen „Jerusalem-Euphorie“ – hat Jesus nicht vom himmlischen,
sondern ganz offensichtlich vom irdischen
Jerusalem gesagt, es sei „die Stadt des großen Königs“ (Matthäus 5,35). Bis ins letzte
Buch des Neuen Testaments hinein wird das
irdische Jerusalem als „die heilige“ (Matthäus
4,5; 27,53; Offenbarung 11,2) und „geliebte
Stadt“ (Offenbarung 20,9) bezeichnet.
Ein Vergleich kann möglicherweise einen
Ausweg aus dieser „Zwickmühle“ weisen.
Das Neue Testament beschreibt unseren Kör-
er auf: „Ich elender Mensch! Wer wird mich
erlösen von diesem todverfallenen Leibe?!“
(Römer 7,24). Paulus wusste, dass auch wir,
„die wir den Geist als Erstlingsgabe haben,
in uns selbst seufzen und uns nach der Kindschaft, der Erlösung unseres Leibes sehnen“
(Römer 8,23).
Im Laufe der Kirchengeschichte gab es deshalb
immer wieder Menschen, die ihren irdischen
Leib verachteten. Ihr ganzes Streben galt dem
künftigen, himmlischen Auferstehungsleib,
der im Neuen Testament als „unsterblich“
(1. Korinther 15,53f.), „unverweslich“ (1.
Korinther 15,42.52-54), „in Herrlichkeit“
| 53
und „in Kraft“ (1. Korinther 15,43), das heißt,
in der ungebrochenen Gegenwart Gottes,
beschrieben wird.
Über dieser Aussicht vergaßen viele die Bedeutung des irdischen Leibes. Dabei hatte
Jesus mehr als einmal irdische Körper geheilt
und der Judasbrief berichtet gar, dass sich der
Erzengel Michael mit dem Teufel „um den
Leichnam des Mose“ stritt (Vers 9). Jesus hatte
vor der Gefahr gewarnt, dass „dein ganzer Leib
wird in die Hölle geworfen“ wird (Matthäus
5,29f.). Paulus ermahnte seine Leser: „Gebt
nicht der Sünde eure Glieder hin als Waffen
der Ungerechtigkeit“ (Römer 6,13). Vielmehr
sollte der irdische Leib ein Opfer sein, „das
lebendig, heilig und Gott wohlgefällig ist“
(Römer 12,1) und für seinen eigenen Körper
hoffte der Apostel, „dass Christus verherrlicht
werde an meinem Leibe, es sei durch Leben
oder durch Tod“ (Philipper 1,20).
Christen in der antiken Weltstadt Korinth
meinten anhand der biblischen Auferstehungshoffnung jede Libertinage rechtfertigen zu
können: Wenn der irdische Körper sowieso
vergänglich ist, warum dann die Mühe um
eine Beherrschung dessen, was sowieso für
Geier und Würmer bestimmt ist? Dem hielt
der Apostel engagiert entgegen: „Wisst ihr
nicht, dass euer Leib ein Tempel des Heiligen
Geistes ist, und dass ihr nicht euch selbst
gehört? Ihr seid teuer erkauft, darum preist
Gott mit eurem Leibe!“ (1. Korinther 6,19f.).
Paulus glaubte nicht etwa an eine in der griechischen Philosophie verankerte Unsterblichkeit
der Seele. Er war davon überzeugt: „Wenn
nun der Geist dessen, der Jesus von den Toten
auferweckt hat, in euch wohnt, so wird er, der
Christus von den Toten auferweckt hat, auch
eure sterblichen Leiber lebendig machen durch
seinen Geist, der in euch wohnt“ (Römer 8,10).
Unser irdischer Körper hat Ewigkeitshoffnung!
Deshalb erbat Paulus für die Christen in Thessalonich auch: „Er aber, der Gott des Friedens,
heilige euch durch und durch und bewahre
euren Geist samt Seele und Leib unversehrt,
untadelig für die Ankunft unseres Herrn Jesus
Christus“ (1. Thessalonicher 5,23).
Der Apostel war sich dessen bewusst, dass der
Messias Jesus „durch den Tod seines sterblichen Leibes“ Menschen mit Gott versöhnt
hat, um sie „heilig und untadelig und makellos
vor sein Angesicht“ zu stellen (Kolosser 1,22).
Und nicht nur der Leib von Jesus hat in der
Theologie des Paulus eine Heilsbedeutung,
sondern auch sein eigener sterblicher Körper.
So konnte er sich freuen „in den Leiden, die
ich für euch leide“, wie er der Gemeinde in
Kolossä erklärte, „denn ich erstatte an meinem
Fleisch, was an den Leiden Christi noch fehlt“
(Kolosser 1,24).
Wer heute über Kontinuität und Diskontinuität zwischen unserem jetzigen Körper
und unserem Auferstehungsleib nachdenkt,
kann fast nur spekulieren. Nur der Auferstehungsleib Jesu gibt uns einigen Aufschluss,
denn immerhin soll unser „nichtiger Leib“
so verwandelt werden, „dass er gleich werde
seinem verherrlichten Leibe“ (Philipper 3,21).
Entscheidend ist, dass das Grab von Jesus nach
der Auferstehung leer war. Das bedeutet, dass
nicht etwa seine Seele von einem irdischen
Leib in eine neue Hülle schlüpfte, sondern
der alte, sterbliche, zerschlagene, zu Tode
gefolterte Körper auferweckt und verwandelt
wurde. Der neue Körper von Jesus war sichtbar
und – wenngleich zuweilen mit Schwierigkeiten – erkennbar. Der Auferstandene war
nicht an Raum und Zeit gebunden, aber sein
Leib war Materie. Der Unterschied zwischen
„natürlichem“ und „geistlichem“ Leib kann
nicht als Unterschied zwischen „materiell“
und „immateriell“ erklärt werden.
Jesus war nach seiner Auferstehung nicht etwa
ein Geist. Seinen schockierten Jüngern rief er
entgegen: „Was seid ihr so erschrocken? Seht
meine Hände und meine Füße, ich bin’s selber.
Fasst mich an und seht.“ Die Jünger konnten
den auferstandenen Herrn betasten und er aß
mit ihnen. Er gab sich ihnen zu erkennen,
indem er ihnen an seinen Händen und Füßen
die Folgen der erlittenen Folter zeigte (Lukas
24,38-43). Der Auferstehungsleib war ganz
neu, ganz anders, aber irgendwie immer noch
erkennbar gezeichnet davon, was er in der Zeit
vor der Auferstehung erlebt hatte.
Ein für alle Mal brandmarkt Paulus jegliche
Leibverachtung und Körperfeindlichkeit als
Irrweg: „Es sind Gebote und Lehren von
Menschen, die zwar einen Schein von Weisheit haben durch selbsterwählte Frömmigkeit
und Demut und dadurch, dass sie den Leib
nicht schonen; sie sind aber nichts wert und
befriedigen nur das Fleisch“ (Kolosser 2,23).
Gilt für die Beziehung zwischen dem irdischen
und dem himmlischen Jerusalem vielleicht
Ähnliches?
Gewiss, das himmlische Jerusalem wird ganz
neu sein. Es wird nicht von Menschen erbaut
werden, sondern „von Gott aus dem Himmel
herabkommen, bereitet wie eine geschmückte
Braut für ihren Mann“ (Offenbarung 21,2). Das
biblische Zeugnis ist eindeutig, dass das neue
Jerusalem aus anderen Baumaterialien hergestellt sein wird, und dass es darin keinen Tempel
und weder Sonne noch Mond gibt, „denn die
Herrlichkeit Gottes erleuchtet sie, und ihre
Leuchte ist das Lamm“ (Offenbarung 21,23).
Doch genau wie das alte Jerusalem bezeichnet
der Seher Johannes das neue Jerusalem als
„die heilige Stadt“ (Offenbarung 21,2.10;
22,19). Und die Heilige Stadt, die von Gott
auf die neue Erde herniederkommt, ist nicht
etwa nur ganz allgemein „die Stadt Gottes“,
sondern erkennbar Jerusalem. Über den Ewigkeitsbestand anderer Städte kann man nur
spekulieren. Jerusalem wird unter dem neuen
Himmel auf der neuen Erde zu finden sein,
mit Mauern und Toren und einem Marktplatz,
ganz neu, ganz anders, ganz makellos – aber
doch erkennbar als die Stadt Jerusalem!
Paulus hat darauf aufmerksam gemacht, dass
Irdisches und Himmlisches untrennbar miteinander verbunden ist: „Wie wir getragen
haben das Bild des irdischen, so werden wir
auch tragen das Bild des himmlischen“ (1.
Korinther 15,49); und auch, dass das Irdische
dem Himmlischen notwendig vorausgehen
muss, dass das Himmlische vom Irdischen
abhängig ist: „Der geistliche Leib ist nicht
der erste, sondern der natürliche; danach der
geistliche“ (1. Korinther 15,46).
In der hebräischen Grammatik gibt es nicht
nur einen Singular (Einzahl) und einen Plural
(Mehrzahl), sondern auch noch einen Dual,
eine „Zweizahl“. So heißen zum Beispiel
(zwei) Augen „einajim“, (zwei) Ohren „osnajim“, (zwei) Hände „jadajim“ und (zwei)
Füße „raglajim“. Rabbinische Lehrer verweisen
darauf, dass die grammatikalische Form des
hebräischen Namens Jerusalems, „Jeruschalajim“, ein Dual, eine Zweiheit, ist.
Wie der geistliche Leib einen natürlichen voraussetzt, setzt das himmlische Jerusalem ein
irdisches voraus. Der Talmud (Traktat Ta’anit
5a) überliefert ein Wort von Rabbi Jochanan:
„Der Heilige, gelobt sei Er, sagt: ‚Ich werde
nicht in das himmlische Jerusalem einziehen,
bis ich in das irdische Jerusalem einziehen
kann‘“. Die Frage, ob es ein himmlisches
Jerusalem gibt, beantwortet der Rabbi mit
einem Zitat aus Psalm 122,3: „Selbstverständlich, denn es steht geschrieben, ‚Jerusalem ist
gebaut als eine Stadt, die zusammengefügt ist‘“
aus einer irdischen und einer himmlischen
Komponente. Das alte, heute sichtbare, oftmals
so unbequeme, unfreie und unvollkommene
Jerusalem ist untrennbar verbunden mit seinem himmlischen Pendant.
© Johannes Gerloff, Christlicher Medienver
ZUM LEBEN
54 | Unvergessliches
Ausgabe 2 | 3 2016
„Vergesse ich dich, Jerusalem...“
Warum Jerusalem dem jüdischen Volk so wichtig ist
von Johannes Gerloff, Jerusalem
In Richtung Jerusalem sollte man beten. Das
lernt jedes Kind in der Schule, mindestens
in Israel. So hat es der alte König Salomo bei
der Einweihung des ersten jüdischen Tempels
gelehrt. Dafür hat der biblische Prophet Daniel
sein Leben aufs Spiel gesetzt. Dreimal am
Tage betete er am offenen Fenster in Richtung
Jerusalem. Deshalb lehrt der Talmud, dass man
„in einem Raum, der keine Fenster hat, nicht
beten sollte“ (Babylonischer Talmud, Traktat
Berachot 34b).
Seit Jahrtausenden beten orthodoxe Juden in
aller Welt wenigstens dreimal täglich nach
jeder Mahlzeit: „Baue Jerusalem, die Heilige
Stadt, schnell in unseren Tagen!“ Ihr gesamter
Tagesablauf, alle Gottesdienste, der Jahreszyklus und die biblischen Feste des Judentums
sind geprägt von der Sehnsucht nach Jerusalem.
Das Denken bibel- und traditionsgläubiger
Juden ist durchdrungen von dem Bewusstsein,
das im Psalm 137 zum Ausdruck kommt: „An
den Wassern zu Babel saßen wir und weinten,
wenn wir an Zion gedachten“ (Vers 1).
In Babel stehen dem Menschen alle Möglichkeiten off en. Wie in Ägypten kann er den
Boden bearbeiten, „seinen Samen säen und
selbst tränken wie in einem Garten“ (5. Mose
11,10). Wenn die Menschen ihre Kräfte nicht
durch Uneinigkeit aufreiben oder aufgrund
ihrer Faulheit brach liegen lassen, ist Babylon das Land, in dem Erfolg garantiert ist.
Die regelmäßige Wasserversorgung durch die
Ströme Euphrat und Tigris ist, neben dem
schon in 1. Mose 11,3 erwähnten Erdharz,
bis heute die Grundlage für den Reichtum des
Zweistromlandes. So ist „Babel“ der biblische
Inbegriff für Macht, Reichtum, Herrlichkeit,
Üppigkeit, Schönheit, Weisheit und Kunst.
Babylon wohnt „an großen Wassern“ und
hat deshalb „große Schätze“ (Jeremia 51,13).
Das in der Bibel beschriebene Babel ist Inbegriff von Kultur und Zivilisation, die „Zarte
und Verwöhnte“ (Jesaja 47,1), in der sich der
Mensch „einen Namen macht“ (1. Mose 11,4).
In Babel beweist er sich selbst, der Welt und
Gott, was er aus eigener Kraft kann. Angesichts
der Errungenschaften des „schönsten unter
den Königreichen“ (Jesaja 13,19) muss selbst
der Schöpfergott zugeben: „...nun wird ihnen
nichts mehr verwehrt werden können von
allem, was sie sich vorgenommen haben zu
tun“ (1. Mose 11,6). Das biblische Babylon ist
das „Land der unbegrenzten Möglichkeiten“,
ganz im Gegensatz zu „Zion“.
Mose machte die Israeliten schon in der Wüste
darauf aufmerksam, dass das „gelobte Land“,
im Gegensatz zu Ägypten und Babylon, bergig
ist und nur vom Regen und Tau des Himmels
getränkt wird (5. Mose 11,10ff). Im Land
Israel kann der Mensch seinen ganzen Fleiß,
all sein Wissen und Können in den Erdboden
stecken. Am Ende bleibt er doch auf den Segen
Gottes, den Regen, angewiesen. In Israel kann
der Mensch aus eigener Kraft nichts zustande
bringen, weil es ein Land ist, „auf das der
Herr, dein Gott, achthat“ (5. Mose 11,12). In
Babylon oder Ägypten kann man vom Zustand
des Landes und dem Erfolg seiner Menschen
auf den Fleiß oder das Können der Arbeiter
zurück schließen. Im Israelland dagegen hängt
alles an der Zuwendung Gottes.
Und zu der Zeit, als die Israeliten „an den
Wassern von Babel saßen“, war Zion auch
noch „wie ein Acker gepflügt“, Jerusalem „zum
Steinhaufen“ und „der Berg des Tempels zu
einer Höhe wilden Gestrüpps“ geworden (Jeremia 26,18). Die rabbinischen Schriftausleger
hören schon im Namen „Zion“ die „Ziah“, die
Trockenheit, das verdorrte Land, die Steppe
– gerade auch in Psalm 137, Vers 1, der mit
„den Strömen Babels“ beginnt. Von der Herrlichkeit der Gottesstadt war jedenfalls nichts
übriggeblieben. Die schlimmsten Erwartungen
der Propheten waren schreckliche Wirklichkeit
geworden. „Juda liegt jämmerlich da, seine
Städte sind verschmachtet. Sie sitzen trauernd
auf der Erde, und in Jerusalem ist nichts als
lautes Klagen“ (Jeremia 14,2). Die Leute lagen
auf den Gassen Jerusalems, vom Schwert und
Hunger hingestreckt, und niemand konnte sie
begraben, sie und ihre Frauen, Söhne und
Töchter (Jeremia 14,16).
Es sind nur Verrückte, die weinen, wenn sie
an Zion denken, noch dazu während sie an
den „Wassern von Babel“ sitzen. Oder sind
es diejenigen, die wissen, was selbst noch das
zerstörte Zion in den Augen Gottes darstellt?
Welche Pläne und Absichten der lebendige
Gott mit diesem „vergessenen und von aller
Welt verlassenen judäischen Bergnest“ hat,
wie es ein christlicher Pilger in der Mitte des
19. Jahrhunderts charakterisierte?
Die geistlichen Leiter des jüdischen Volkes
waren sich dessen bewusst, wie leicht man
„Zion“ vergisst. Sie unternahmen alles, um die
Erinnerung an Jerusalem im jüdischen Volk
wachzuhalten. Deshalb sollte eine jüdische
Frau niemals all ihren Schmuck zur gleichen
Zeit tragen. Deshalb sollte auch das schönste
Haus an irgendeiner Stelle, am besten in der
Nähe des Eingangs, unvollkommen gelassen
Ihre Erinnerungen an Jerusalem wären zum
„Prinzip Zion“ vergeistlicht, ihre Sehnsucht
existenzial uminterpretiert und damit politisch korrekt in die rechten Bahnen geleitet
worden. Nur noch im stillen Kämmerlein
hätten sie die „Herzenstüren“ in Richtung
(des theologischen Konzeptes) „Zion“
geöffnet...
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Ausgabe 2 | 3 2016
werden, zum Beispiel durch das Fehlen eines
Stückes Verputz. Deshalb sollen auch beim
rauschendsten Festbankett bewusst ein oder
zwei Speisen ausgelassen werden (vergleiche
den Babylonischen Talmud, Traktat Baba Batra
60b). All das, um auszuschließen, dass irdische
Vollkommenheiten und Schönheiten darüber
hinweg täuschen, dass erst im auferbauten Zion
vollkommene Freude möglich ist.
Die jüdischen Gelehrten wussten schon im
Altertum, dass Jerusalem nichts menschlich
Attraktives, weder „die Früchte des Sees Genezareth“, noch „die Thermalquellen von Tiberias“, zu bieten hat (Babylonischer Talmud,
Traktat Pesahim 8b). Nur den vom Geist Gottes
geeichten Augen und dem von der Liebe Gottes
getränkten Herzen ist die in den talmudischen
Schriften so hoch gepriesene Schönheit Jerusalems sichtbar. Deshalb hängten die Juden ganz
bewusst „ihre Harfen an die Weiden dort im
Lande“ (Psalm 137,2). Bis zum heutigen Tage
ist aus diesem Grunde in orthodoxen Synagogen
keine Instrumentalmusik zu hören.
Die Babylonier, von denen die Israeliten gefangen gehalten wurden, dienten zwar selbst
nicht dem Gott Israels. Aber sie gehörten auch
nicht zu denen, die anderen ihre eigene Kultur
und ihre eigenen Glaubensüberzeugungen
aufzuzwingen suchten, nicht einmal Besiegten.
Vielmehr forderten sie die jüdischen Exulanten
auf, ihre eigene Kultur und Religion mitzubringen und weiterzuentwickeln: Bringt das, was
euch euer Gott anvertraut hat, mit ein in unsere
Kultur! Macht uns bekannt mit dem, was euer
Leben und eure Vorstellungen prägt! „Singt uns
ein Lied von Zion!“ (Psalm 137,3) Immerhin ist
die bis heute grundlegende Traditionssammlung
des Judentums, der Babylonische Talmud, im
Zweistromland entstanden.
Babel ist nicht nur das Land der unbegrenzten
Möglichkeiten im materiellen Bereich, sondern
auch ein „Markt der unbegrenzten religiösen
Möglichkeiten“. In Babel ist alles erlaubt, wird
alles toleriert. Niemand muss seinen Gott,
seinen Glauben, seine Erfahrungen, Wünsche
oder Vorstellungen zugunsten einer einheitlich
vorgeschriebenen Staatsreligion zurückstellen.
Toleranz ist die alles tragende Religion Babylons. Spätestens hier wird deutlich, dass es nur
die wirklich „Verrückten“, die „starrsinnigen
Fundamentalisten“ sind, die nicht anders können, als die Bibel wörtlich zu nehmen und
dieser so wohlmeinenden Aufforderung zu
entgegnen: „Wie könnten wir des Herrn Lied
singen in fremdem Lande?“ (Psalm 137,4).
Wären die Gefangenen damals in Babylon
„rechte Christen“ und nicht „jüdische Starrköpfe“ gewesen, hätten sie dieses Angebot
schleunigst beim Schopf ergriffen. Ihre Erinnerungen an Jerusalem wären zum „Prinzip
Zion“ vergeistlicht, ihre Sehnsucht existenzial
uminterpretiert und damit politisch korrekt
in die rechten Bahnen geleitet worden. Nur
noch im stillen Kämmerlein hätten sie die
„Herzenstüren“ in Richtung (des theologischen
Konzeptes) „Zion“ geöffnet...
Doch die Sänger des Psalms 137 hatten auch
an den „Wassern von Babylon“ nicht vergessen,
dass Freude nur vollkommen sein kann, wenn
Jerusalem auferbaut, das Volk Israel mit dem
Land Israel vereint ist und Zion, das heißt die
Stadt Jerusalem im Lande Judäa, seinem von
Gott bestimmten Zweck dient. Sie wussten:
„Vergesse ich dich, Jerusalem, so verdorre
meine Rechte“ (Psalm 137,5).
Wenn Gott etwas Entscheidendes tut, dann
sieht der biblische Sprachgebrauch ihn das mit
„seiner Rechten“ tun. Mit „seiner Rechten“
hat der Schöpfer „den Himmel ausgespannt“
(Jesaja 48,13) und Israel aus Ägypten erlöst (2.
Mose 15,6.12). Die „Rechte“ des Herrn ist aus
Moses Sicht der Ursprung der Tora (5. Mose
33,2). Nicht militärische Macht oder taktische
Schläue haben den Israeliten zu ihrem Land
verholfen, „sondern deine Rechte, dein Arm
und das Licht deines Angesichts“ hat Zion
erworben (Psalm 44,4; 78,54).
Der gläubige Israelit weiß, wenn sein Gott hilft,
errettet oder erlöst, das heißt, „Heil schafft“,
dann tut er das mit seiner „rechten Hand“.
Er weiß um die Zusage seines Gottes, „ich
halte dich durch die rechte Hand meiner Gerechtigkeit“ (Jesaja 41,10) und antwortet ihm
darauf: „Meine Seele hängt an dir; deine rechte
Hand hält mich“ (Psalm 63,9). Denn Gottes
„rechte Hand“ pflanzt, erfreut, stärkt, herrscht
und richtet „voll Gerechtigkeit“. Und wenn
der Gott Israels sich gegen sein Volk wendet,
dann hat er „seine rechte Hand zurückgezogen“ oder „seine rechte Hand... geführt wie
ein Widersacher“ (Klagelieder 2,3f.). Dieser
alttestamentlich-jüdische Sprachgebrauch zieht
sich bis ins Neue Testament hinein, wenn
die Apostel vom Messias Jesus sagen, dass
„Gott [ihn] durch seine rechte Hand erhöht
[hat] zum Fürsten und Heiland, um Israel
Buße und Vergebung der Sünden zu geben“
(Apostelgeschichte 5,31). Deshalb schwört
der lebendige Gott „bei seiner Rechten“, ja,
„die rechte Hand“ Gottes steht für ihn selbst.
Deshalb singt man „mit Freuden vom Sieg in
den Hütten der Gerechten“: „Die Rechte des
Herrn behält den Sieg! Die Rechte des Herrn
ist erhöht; die Rechte des Herrn behält den
Sieg!“ (Psalm 118,15f.). Was die Heilige Schrift
über die Bedeutung der „rechten Hand“ Gottes
für das Handeln Gottes aussagt, das gilt auch
für die „rechte Hand“ eines Menschen. Wenn
ein Mensch erfolgreich sein will, dann muss
er sein Werk mit seiner „rechten Hand“ auf
die rechte Weise vollbringen. Und wenn ein
Mensch erfolgreich war, dann hat er das mit
seiner „rechten Hand“ geschafft. Die „rechte Hand“ von Menschen spielt in der Bibel
eine entscheidende Rolle beim Segnen, beim
Unterscheiden, bei der Reinigung und beim
Gutes tun. Deshalb ist auch entscheidend,
dass „der Herr... dein Schatten über deiner
rechten Hand“ ist (Psalm 121,5).
Darüber hinaus sehen jüdische Rabbiner einen
Zusammenhang zwischen „meiner Rechten“
(yemini) und dem Wort „leha’amin“. Das
hebräische Verb „leha’amin“ bedeutet „vertrauen, treu sein, jemandem etwas zutrauen,
glauben“. Es bezeichnet die Beziehung zwischen Gott und Mensch. Von daher erstaunt
es wenig, wenn der biblische Sprachgebrauch
an manchen Stellen die „rechte Hand“ eines
Menschen als das Organ bezeichnet, durch
das Gott mit einem Menschen Verbindung
aufnimmt und kommuniziert.
Im 137. Psalm „vergisst“ die „rechte Hand“,
so wörtlich übersetzt, ihre Funktion, wenn sie
Jerusalem vergisst. Wie ein welkendes Blatt
verdorrt sie und fällt schließlich ab. Damit wird
einem Menschen jede Möglichkeit genommen,
in den Augen der Menschen, aber auch in
den Augen Gottes, etwas zu schaffen, das als
„Erfolg“ oder gar „Frucht“ bezeichnet werden
könnte. Ja aber, wird jetzt so mancher Bibelleser einwenden, kann man das denn so absolut
sagen, dass einem, der Jerusalem vergisst, jede
Möglichkeit genommen wird, erfolgreich zu
sein? Und hat Gott nach den ersten Aussagen
der Heiligen Schrift nicht durch sein Wort
geschaffen? Ja, das stimmt! Und deshalb vergessen die „Zionisten“ an den „Wassern von
Babylon“ auch nicht hinzuzufügen: „Meine
Zunge soll an meinem Gaumen kleben, wenn
ich deiner nicht gedenke, wenn ich nicht lasse
Jerusalem meine höchste Freude sein“ (Psalm
137,6). Nach dem hebräischen Urtext soll
Jerusalem nicht etwa nur die „höchste Freude“, oder, um im biblischen Sprachgebrauch
zu bleiben, der „Kopf meiner Freude“ sein.
Jegliche Möglichkeit, etwas zu schaffen, sei
es durch das „Wort“ oder die „rechte Hand“,
soll mir genommen sein, wenn ich Jerusalem
nicht erhebe „über das Haupt meiner Freude“
hinaus, das heißt, wenn Jerusalem nicht alle
nur denkbaren, irdischen und geistlichen,
Freuden übersteigt.
© Johannes Gerloff, Christlicher Medienverbund KEP
56 | Heilsbringendes
Ausgabe 2 | 3 2016
Der Auszug aus dem
Land des Todes
Symbolische Speisen und Wein kennzeichnen
das festliche Seder-Mahl
Der Auszug aus Ägypten ist das Urgeschehen des Erlösungshandelns Gottes. In der Festwoche vom 15. bis 21. Nissan gedenkt
das Volk Israel daran, wie Gott es im Gericht bewahrt und aus
dem Land der Knechtschaft und des Todes herausgeführt hat.
Das Passahfest begann in diesem Jahr am Abend des 22. April
und endete in Israel am 29. April.
Bis zur Zerstörung des Zweiten Tempels im Jahr 70 nach Christus wurde am Vorabend des Festes ein Lamm für jede Familie
geschlachtet, genau nach Vorschrift (2. Mose 12). Sein Blut war
in Ägypten an den Türrahmen gestrichen worden und hatte den
Würgeengel, der alle Erstgeborenen in Ägypten tötete, veranlasst,
an den Häusern der Israeliten „vorüberzugehen“. Das hebräische
Wort für „überspringen“, „übergehen“, „auslassen“ ist „passach“.
Daher kommt das Wort „Pessach“, „Passah“, „Passahfest“ – oder
auch die griechische Bezeichnung „Pas‘cha“ für Ostern.
Der römisch-jüdische Geschichtsschreiber Flavius Josephus
berichtet, wie in den letzten Jahren des Tempels in Jerusalem
an einem Fest noch mehr als eine viertel Million Passahlämmer
geopfert wurden (Jüdische Kriege vi.9.3). Abgesehen von wenigen Ausnahmen – etwa bei der Volksgruppe der Samaritaner ,
die jedes Jahr auf dem Berg Garizim in Samaria ihr Passahopfer
darbringt – wurde das Tieropfer mittlerweile durch Symbole
ersetzt, wenn das jüdische Volk am Abend des 14. Nissan den
„Sederabend“ feiert.
„Seder“ ist die „Ordnung“, der zufolge dieser Abend begangen
wird. Im Rahmen eines festlichen Mahls werden symbolische
Speisen verzehrt – ganz bewusst lässig auf die Seite gelehnt,
als freie Menschen. Sklaven müssen im Angesicht ihrer Herren
aufrecht stehen. Auf dem Tisch liegen drei ungesäuerte Brote,
„Matzen“ genannt. Im Mittelpunkt steht der Sederteller mit einem
gekochten Ei, einem Knochen, dem so genannten „Charoset“,
Salat und Petersilie, bitteren Kräutern und Salzwasser.
Das „Charoset“, ein süßes Gemisch aus geriebenen
Äpfeln, Nüssen, Wein und Zimt, soll an den Lehm erinnern, mit dem die hebräischen Sklaven in Ägypten Ziegel
herstellen mussten. Die bitteren Kräuter, meist Meerrettich,
symbolisieren die Härte der Sklaverei. Das Salzwasser erinnert an
die Tränen, die bei alledem vergossen wurden. Das Ei steht nach
jüdischer Vorstellung für die besonderen Opfer der Festzeit. Der Knochen erinnert an das Lamm, das geschlachtet wurde, dem dabei aber
kein Knochen gebrochen werden durfte. Petersilie und Salat stellen
die Verbindung zum Frühling her. Während des Mahls werden vier
Becher Wein getrunken. Ein fünfter Kelch wartet auf den Propheten
Elia, den Vorgänger des Messias.
Zu Beginn des Abends steht die Frage des Jüngsten: „Was unterscheidet
diese Nacht von allen anderen?“ Die Sederliturgie, die „Pessach-Hagadda“ (übersetzt: „Pessach-Erzählung“), beantwortet diese Frage mit
Zitaten aus den Heiligen Schriften, spielerischen Gesängen und Texten
aus der jüdischen Tradition. Der ganze Abend ist darauf ausgerichtet,
allen Anwesenden die Einzelheiten des Heilshandelns Gottes so einzuprägen, als sei jeder selbst aus Ägypten ausgezogen.
Im Andenken an die Eile des Auszugs soll das jüdische Volk eine Woche lang nichts essen, das einen Gärungsprozess durchlaufen hat. Das
Gebot, dass „keinerlei Gesäuertes in deinen Häusern zu finden sein“
soll (2. Mose 12,19), wird sehr genau genommen und ist Anlass für
einen gründlichen und stressreichen Frühjahrsputz. Sorgfältig wird
alles Gesäuerte bis auf den letzten Krümel verbrannt.
Der Sabbat, der dem Passahfest vorausgeht, ist bekannt als „Schabbat
HaGadol“, „der große Sabbat“. In diesem Jahr war das der 16. April.
Im Gottesdienst am „Schabbat HaGadol“ wird ein Abschnitt aus
dem Propheten Maleachi (3,4–24) verlesen. Nachmittags erklären
die Rabbiner die speziellen Gebote für Pessach. Am Sabbat während
des Passafests wird das Hohelied Salomos verlesen. Unmittelbar im
Anschluss an Pessach feiern die nordafrikanischen Juden – und in den
letzten Jahren immer mehr Israelis
mit ihnen – das traditionelle Maimuna-Fest mit symbolischen Speisen.
Nach der Überlieferung fällt es auf
den Todestag des Vaters des mittelalterlichen jüdischen Philosophen
Moses Maimonides, der einige Zeit in der
marokkanischen Stadt Fes lebte.
© Atomer turjeman – fotolia.com
von Johannes Gerloff, Jerusalem
Tierisches | 57
Ausgabe 2 | 3 2016
Tierschutz in den
jüdischen Schriften
eine Betrachtung von
Uwe Dziuballa, Chemnitz
Der Schabbat, an dem der Wochenabschnitt
Beschlich gelesen wird, heißt Schabbat Schira,
„des Gesanges“. An diesem Schabbat wird das
„Lied des Meeres“ erwähnt. Mosche und die
Kinder Israels danken Gott für das göttliche
Wunder der Spaltung des Schilfmeeres, aus
dem sie trockenen Fußes das sichere Ufer
erreichen konnten. Es gibt für Israel nichts
wichtigeres, als sich dankbar für die Errettung
aus der Not zu erweisen. In unserer Schirra
heißt es: „Und sie glaubten an Gott und an
Mosche, seinen Diener, da sangen sie … „as
jaschir“ zur rechten Zeit.
Die Betonung auf das Singen zur rechten Zeit
ist hier besonders wichtig. Hätten sie gleich
nach ihrem Auszug aus Mizraim gesungen,
hätte man ihnen vorwerfen können: „Danken
sollt ihr eigentlich dem Pharao, denn er hat
euch aus Ägypten frei gelassen: Schaut wie
mächtig er ist, eine ganze Armee, die ist noch
vorhanden, während ihr in der Wüste umherirrt. Jetzt aber, da die ganze Armee Pharaos
im Meer versunken ist, war es wahrscheinlich
an der Zeit zu singen: „Aschira I’aschem“.
Der Schabbat Schira fällt zeitlich in die Nähe
von TuBischwat, dem Neujahr der Bäume.
Aufgrund einer Agada gedenkt man der Geschöpfe, besonders der Vögel des Himmels,
indem man ihnen Futter zur Nahrung vorlegt.
Es heißt nämlich, dass, als Mosche kundgetan
hat, dass am Schabbat das himmlische Brot,
das Manna, nicht zu finden sein wird, zwei
seiner Kontrahenten, Dothan und Abiram, um
Mosche unglaubwürdig zu machen, heimlich
Manna nahmen, das sie eigens aufbewahrt
hatten und es auf den Feldern auslegten. Als
aber am Morgen einige Kleingläubige vom
Volke hinausgingen, um „einzusammeln“,
fanden sie nichts. Es heißt, dass die Vögel des
Himmels die Ankündigung Moses einlösen
wollten und alles Manna von den Feldern
wegnahmen. Auf diese Weise haben sich die
Vögel des Himmels verdient gemacht; sie sollen
am Schabbat Schira ihren „Lohn“ erhalten.
Aber nicht nur am Schabbat Schira soll man
„Zaar baalej chaim“, Tierquälerei, meiden und
gut zu den Tieren sein. Im Talmud finden wir
weitere Beispiele.
Man darf sich kein Tier anschaffen, bevor man
nicht für seine Nahrung vorgesorgt hat. Ein
weiteres Beispiel: Wenn zwei Menschen Hilfe
brauchen, einer beim Aufladen, der Andere
beim Abladen, soll man dem beim Abladen
zuerst helfen, weil man dabei sowohl einem
Mitmenschen als auch einem Tier hilft. Wenn
aber derjenige, dem man beim Aufladen helfen
soll, ein Feind ist, dann soll man zuerst ihm
helfen, um somit die Feindschaft zu beenden.
Um der Tiere willen darf in manchen Fällen
sogar das Schabbatgebot verletzt werden. Wenn
das Tier beispielsweise ins Wasser oder in
eine Grube fällt, so darf man es am Schabbat
aus dieser misslichen Lage befreien. Man darf
das Vieh am Schabbat, eventuell durch einen
Nichtjuden, melken, weil ansonsten dem Tier
Schmerz bereitet würde (Schulchan Aruch
87,9). Ebenso finden wir in Schulchan Aruch
191: Es ist von der Tora verboten, Tiere zu
quälen. Im Gegenteil, man muss jedes Tier
aus seiner Qual retten, selbst ein herrenloses.
Wenn Tiere umgekehrt den Menschen quälen
oder der Mensch sie zur Heilung braucht, darf
er sie sogar töten, da die Tora erlaubt hat, zu
schächten – also, zu töten. Aber das Schächten ist eine mildere Tötung für das Vieh. Es
wird gelehrt: Es gibt drei Verdienste, die im
Jenseits belohnt werden … das dritte ist die
Schonung der Tiere.
Das Schächtgebot wird im Judentum sehr
streng eingehalten. Man darf Fleisch nur von
reinen und geschächteten Tieren genießen.
Gejagtes Wild ist strengstens verboten! Ein
Jude darf kein Jäger sein und Tiere erschießen,
es ist eine grausame Qual. Wir dürfen kein
„Verendetes“ und auf dem Felde von Tieren
„Zerrissenes“ zu uns nehmen. Eine Speise, die
man nicht essen darf, nennen wir darum auch
Trefa, „Zerrissenes“. Für uns Juden ist es ein
Hauptelement unseres religiösen Brauchtums.
Wer uns am Schächten hindern will, der trifft
uns an empfindlicher Stelle. Das Schächten
verbieten zu wollen, gehörte schon sehr früh
in
Steinbock
Ein Gedi am
r
Toten Mee
Foto: Jürgen
Werth
zu den antisemitischen Maßnahmen, um jüdisches Leben unmöglich zu machen. Mag
sein, dass diejenigen, die ein Schächtverbot
fordern, wirklich die Tiere schützen wollen.
Dann sollen sie sich genauestens erkundigen,
was das ist und weshalb. Beim Schächten,
wenn es vorschriftsmäßig durchgeführt wird,
fühlt das Tier so gut wie keinen Schmerz.
Im Zusammenhang mit dem Schabbat Schira
ist ebenfalls zu erwähnen, dass jegliche Kreatur
Lobgesänge auf Gott anstimmt. Der „Perek
Schira“, der uralte Midrasch, der in sechs Abschnitte unterteilt ist, nennt zunächst Himmel
und Erde, dann Bäume und Gemüse, drittens
Kriechtiere, dann die Vögel, das Vieh und
schließlich die anderen Tiere, wie diese den
Schöpfer für die ihnen verliehenen Formen
und Eigenschaften loben und preisen.
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58 | Hilfreiches
Ausgabe 2 | 3 2016
Neues von den
Handwerkerdiensten in Israel
Dank für Eure Gebetsunterstützung während unseres Israeleinsatzes
vom 20. März bis 17. April 2016.
von Hanna & Wilfried Schwotzer,
Berlin
Schalom Ihr lieben Beter, ganz herzlichen
Wir sind uns ganz sicher, dass wir getragen
wurden. Gott kennt unsere Schwächen. So
stellte er den Sächsischen Israelfreunden
(SIF) für sechs Wochen Henrike Oberländer
zur Seite. Sie kommt aus dem Allgäu und hat
ein großes Herz für Israel. Mit Handwerk hat
sie wenig am Hut, aber sie spricht fließend
Hebräisch und Englisch, kann gut organisieren, singt gern und spielt gut Gitarre. Sie
führte sehr viele Telefonate, erledigte behördliche Aufgaben, dolmetschte bei Einkäufen, Besuchen und handwerklichen Vorbereitungen. Wenn sie dann den Israelis von der
Arbeit der Sächsischen Israelfreunde erzählte, kam großes Staunen und die Antwort war
oft: „Kol HaKawod – Alle Achtung!“
Unsere neue Unterkunft in Givat Ye’arim
liegt ca. 17 Kilometer westlich von Jerusalem. Als wir dort ankamen, begrüßte uns die
Unsere neue Unterkunft in Givat Ye’arim
Bettwäsche von ca. 20 abgereisten Handwerkern. Die Waschmaschine lief z.T. von früh
bis abends. Am zweiten Tag kam ein Hilferuf
aus Maor bei Hadera. Das liegt ca. 100 Kilometer entfernt. So packten wir drei unser
Bettzeug ein und fuhren für zwei Tage nach
Maor. Dort entsteht eine weitere Unterkunft
für die Handwerker weiter im Norden Israels.
Ein zusätzlich angereister Maler hatte noch
viel Arbeit und wir drei machten uns ans
Putzen. Trotz Widerstände in der Ortsverwaltung konnte dieses neue Heim an die Gojim,
die Heiden, vermietet werden. Das ehemalige
Haus des Rabbiners stand neun Monate leer
und war sehr heruntergekommen.
Mit heißem Wasser, viel Chemie, Hochdruckreiniger, Spachtel, Schrubber usw. wurde es
langsam sauber, hell, freundlich und benutzbar. Zugleich sei es auch eine Verpflichtung,
diesen Ort vor den Herrn zu bringen und
hier in Maor ein „Wohlgeruch Christi“ (2.
Korinther 2,15) unter den Menschen zu sein,
sagte uns Henoch Ackermann.
Zurück in Givat Ye’arim gab es noch viel zu
ordnen, zu organisieren und zu erkunden.
Jetzt haben die Handwerker Unterkunft, Material und Arbeitsmittel endlich zusammen
an einem Ort in einem wunderschönen
Haus. Das erleichtert den Dienst sehr.
| 59
Ausgabe 2 | 3 2016
Hände
zum Leben
Handwerkerdienste in Israel
Besuchsdienste
Xhesi und Hanna
in Sderot
Überblick Israel
Besuch im Kuhstall in Beit Rimon
auf der Jerusalemer Altstadtmauer
In den ersten zwei Wochen wollten wir ursprünglich Urlaub und Besuche machen.
Doch da Ruth und Jochen Peter, die Koordinatoren für die ganze Arbeit, durch Krankheit ausgefallen sind, haben wir angeboten,
zu helfen. Für Urlaub war da keine Zeit, nur
für ein paar Besuche. So haben wir die Zeit
in Maor genutzt, um Chaja in Hadera zu besuchen. Sie hatte uns im vergangenen Jahr
für unseren Enkel Max selbstgestrickte Babyschuhe geschenkt. Die Fotos von ihm wollten
wir ihr gern zeigen. Henrike hat übersetzt
und so erfuhren wir noch mehr von ihrer
bewegenden Geschichte. Chaja ist Holocaustüberlebende und war auch Passagierin auf
dem Schiff „Exodus“, mit der sie ca. neun
Monate unterwegs war. In Bat Yam besuchten wir Familie Katz, bei der wir im auch im
vergangenen Jahr gearbeitet haben. Die Wiedersehensfreude war groß. Danach ging es
weiter nach Beer Sheva, um Xhesi wieder zu
sehen und von ihrer Arbeit zu hören. Ihr
Herz brennt für Jesus und sie studiert an der
Ben Gurion Universität. Zurück ging es dann
am nächsten Tag über Sderot. Wir sollten
dort ein paar Wohnungen ansehen, um die
Arbeit der Handwerkergruppe im Mai vorzubereiten. Das war leider so nicht möglich.
Wir wurden aber ganz herzlich mit Kaffee
und frischem Gebäck willkommen geheißen.
Anschließend lernten wir Sderot kennen. So
besuchten wir die Polizeistation mit einer
großen Sammlung von Raketenschrott, der
von Hamas-Raketen aus dem Gazastreifen
stammt, die auf oder um den Ort niedergegangen sind. Wir konnten auch die größte
Jeschiwa für Militärangehörige besuchen.
Das ist eine Bibelhochschule, an der sich
männliche Soldaten dem Studium der Thora
widmen. Von deren Dachterrasse hatten wir
einen herrlichen Ausblick auf den Ort. Von
einer nahen Anhöhe, auf der sich eine Gedenkstätte befindet, konnten wir auf den
Gazastreifen blicken. Das alles hat uns sehr
beeindruckt, besonders wenn man nur an
den letzten Gazakonflikt im Sommer 2014
zurückdenkt. Die Menschen dort leben ihren
ganz normalen Alltag. Doch sie wissen, dass
sie bei Raketenalarm nur 15 Sekunden Zeit
haben, um in einem Bunker Schutz zu suchen, … aber nach fünf Minuten geht das
Leben weiter.
Am Ende dieser Woche konnten wir einer
Einladung zum Schabbat in Beit Rimon bei
Nazareth folgen. Dort hatten wir im vergangenen Jahr eine Familie kennengelernt. Als
wir von unserer Arbeit erzählten, luden sie
uns spontan nach Hause ein. So gingen wir
60 | Hilfreiches
Ausgabe 2 | 3 2016
gemeinsam in die Synagoge und feierten in
der Familie Schabbat mit Lesung, Gebet, Kiddusch und einem mehrgängigem leckeren
Menü. Das Erzählen haben sie uns leicht
gemacht. Ascher, ein Freund der Familie,
sprach Deutsch. Da am Schabbat im ganzen
Ort kein Auto fährt, ließen wir unseres draußen vor dem Tor des Ortes stehen, um dann
am Nachmittag zurück fahren zu können.
Am 3. März reiste unsere Gruppe an. Der
große Teil kam am Abend, zwei gegen Mitternacht und zwei gegen Morgen auf dem
Flughafen Ben Gurion in Tel Aviv an und wir
holten sie dort ab – eine Fahrstrecke von jeweils ca. 45 Minuten. Der Dienst der
SIF-Handwerker findet an drei verschiedenen
Orten statt. Es hat sich gut bewährt, den Anfang und die Wochenenden gemeinsam zu
verbringen. So waren wir am ersten Tag mit
auf der Jerusalemer Altstadtmauer. Die Gruppe „NeverBeSilent“ um den holländischen
TV-Produzenten Bart Repko und dessen Frau
Joke trifft sich täglich 8.45 Uhr mit Interessierten aus aller Welt am Jaffator, – außer am
Schabbat – um von dort aus auf der Mauer
Jerusalems zu wandern und Gottes Verheißungen zu proklamieren. Er erklärt, warum
sie das tun. In Jesaja 62,6+7 steht: „O Jerusalem, ich habe Wächter auf deine Mauern
gestellt, die den ganzen Tag und die ganze
Nacht nicht einen Augenblick schweigen sollen. Die ihr den Herrn erinnern sollt, gönnt
euch keine Ruhe! Und lasst ihm keine Ruhe,
bis er Jerusalem [wieder] aufrichtet, und bis
er es zum Ruhm auf Erden setzt!“ Dazu werden wir aufgefordert. Wir beten viel für alles
Mögliche in der Welt: Hunger, Krieg, Terror,
Ausgrenzung, Flüchtlinge, Christenverfolgung, Bewahrung der Schöpfung etc. …, aber
wir werden speziell aufgefordert: „Betet um
Frieden für Jerusalem! Gut gehen soll es allen, die dich lieben.“ (Psalm 122,6) – eine
Aufforderung an uns alle!
Anschließend ging es durch die Altstadt mit
Stopp an der Klagemauer, zum Geldumtausch,
Falafelessen und selbstverständlich mit jeder
Gruppe zur Holocaustgedenkstädte Yad Vashem. Das ist zeitlich, physisch und psychisch
ein Mammutprogramm. Nach dem gemeinsamen Abendessen reiste die erste Gruppe
von fünf Personen nach Maor ab, die zweite
am nächsten Tag nach dem Frühstück nach
Katzrin auf dem Golan. Unser gemeinsames
tägliches Programm begann um 7:00 Uhr mit
Andacht und 8:00 Uhr Frühstück. In der Andachtszeit beschäftigten sich die Gruppen
mit den Kapiteln 9 bis 11 des Römerbriefes,
Johannes Gerloff zu treffen. Eine Gruppe mit
Behinderten aus Sachsen hatte ihn für diesen
Abend ins Hotel Ramat Rachel eingeladen
und wir konnten mit hinzukommen. Wir
staunten, wie bibelkundig diese Menschen
waren. Johannes Gerloff hat es sehr gut verstanden, die Behinderten, unseren Handwerkerdienst, die Situation im Land, den biblischen Hintergrund und jüdisches Verständnis
zu verbinden.
Andachtszeit
der die bleibende Erwählung Israels und das
Verhältnis der Gemeinde Jesu zum Volk Gottes klarstellt. Das ist auch der Thema es Buches des Theologen, Nahostkorrespondenten
der KEP und häufigen Referenten der sächsischen Israelkonferenzen, Johannes Gerloff,
„Verflucht und von Christus getrennt?“.
Um 9:00 Uhr ging es dann los zu den Baustellen in Ma’ale Adumim und in Jerusalem.
Wir waren bei Holocaustüberlebenden und
Bedürftigen. Bei einer Familie leben die Enkelkinder mit den Großeltern gemeinsam in
einer sehr kleinen Wohnung. Der Vater der
Kinder ist gestorben und die krebskranke
Mutter in der Ukraine ist nicht transportfähig. Das alles ist so schon sehr schwer, doch
Reisegruppe mit behinderten
Menschen aus Sachsen
Am ersten gemeinsamen Wochenende trafen
sich die Gruppen in Maor am neuen Haus,
um es zu besichtigen. Anschließend waren
alle zu einem Basar bei Holocaustüberlebenden in Pardesia bei Hadera eingeladen. Wir
wurden mit Musik begrüßt und sangen und
tanzten sogleich mit. Wir hatten gute Gespräche mit den Bewohnern und manche von uns
konnten einiges auf dem Basar erwerben.
Enkelkinder wohnen bei den Großeltern
wenn man den Zustand der Wohnung bei
unserer Ankunft gesehen hat, war klar, was
zu tun war. Da war Schimmel zu bekämpfen,
der durch Feuchtigkeit im Winter, undichte
Dächer und Wasserschäden entstanden ist.
Es gab lose Farbreste zu entfernen, Löcher zu
verspachteln und dann natürlich die Räume
neu zu streichen. Als die Arbeit fertig war
und wir in leuchtende Gesichter schauen
konnten, ist uns das Lohn genug gewesen.
„Tröstet, trösten mein Volk!“, spricht euer
Gott. (Jesaja 40,1) Das ist unser Auftrag.
Auch neue Freundschaften sind dabei entstanden und wir wurden eingeladen, wieder
zu kommen. Oft waren wir abends erst nach
19.00 Uhr zurück. Da blieb kaum Zeit für
Ausflüge nach Jerusalem. Nur an einem
Abend haben wir die Gelegenheit genutzt,
Friedhof für gefallene
israelische Soldaten
Danach fuhren wir noch zum Baden ans Mittelmeer. Von dort ging es weiter nach Haifa,
wo wir einen Stopp am Friedhof für gefallene
israelische Soldaten machten. Die Gräber
dort sind ganz anders als bei uns gestaltet. Es
gibt Grünpflanzen und parkähnliche Anlagen. Beim Hindurchgehen kam eine Frau,
wahrscheinlich die Tochter von Holocaustüberlebenden, auf eine Frau unserer Gruppe
zu und sprach sie an. Henrike erzählte von
uns und unserer Arbeit. Daraufhin sagte die
Israelin: „Ich habe vergeben.“ und ging sehr
tief bewegt weiter… – wir auch. Unser Ziel
an diesem Tag war die Jugendherberge Poriya
am See Genezareth. Inzwischen war es
| 61
Ausgabe 2 | 3 2016
Hände
zum Leben
Handwerkerdienste in Israel
Schabbat. Im großen Speiseraum wartete ein
sehr reichhaltiges Buffet mit leckeren orientalischen Speisen auf uns. Am nächsten Tag
besuchten wir in Tiberias die Messianische
Pniel-Gemeinde. Dort trafen wir wieder auf
Henoch, der einen Teil der Gruppe mit in Tel
Henoch
Aviv abgeholt und sie am ersten Tag begleitet
hat. Er wohnt auch in Maor, kümmert sich
um Holocaustüberlebende und arbeitet mit
den SIF zusammen. Er kommt mit seiner Familie nach Tiberias zum Gottesdienst. Außer
der hebräischen Sprache war der Gottesdienst gar nicht viel anders wie bei uns in
einer Gemeinde – mit viel Lobpreis und Anbetung. Man hat sich wie zuhause gefühlt.
Bevor wir uns wieder für eine Woche verabschiedeten, haben wir noch das Baden im
See Genezareth genossen.
Am letzten gemeinsamen Wochenende war
erst einmal Saubermachen angesagt, das
Werkzeug war zu reinigen und aufzuräumen.
Dann war endlich Gelegenheit, nach Jerusalem zu fahren und Einkäufe zu erledigen.
Schließlich gab es ja auch Wünsche aus der
Heimat! Ein Besuch auf dem großen Markt
Mahane Jehuda in der Jerusalemer Neustadt
gehört unbedingt dazu! Die Vielfalt und Farbenpracht der Auslagen sowie das gesamte
Markttreiben sind immer wieder ein Erlebnis.
an der Klagemauer
Abends waren wir an der Klagemauer verabredet, wo wir dem Volk Gottes in besonderer
Weise nahe sein konnten. Dann ging es zur
jüdischen Hilfsorganisation Hineni (dt: Hier
bin ich), die von dem in Holland geborenen
Benjamin Philip geleitet wird und sich um
Opfer von Terroranschlägen kümmert, aber
auch Menschen hilft, ihre jüdische Identität
zu finden und zu leben. Dort haben die die
SIF schon viele Arbeitseinsätze geleistet.
Auch die März-Gruppe besuchte Hineni und
besichtigte dort einen Thoraschrein. Die SIF
wurden gebeten, beim Umzug des Schrankes
zu helfen. Bei dieser Gelegenheit richtete
Benjamin folgende Worte an die Gruppe: „Jemand hatte damals in Holland eine Prophetie
über meinen Vater: Er werde überleben, in
Israel Kinder haben, und es werden Nichtjuden kommen, die ihnen (den Israelis) helfen,
und die den Weg gemeinsam mit ihnen gehen werden. Danke, Ihr lieben Handwerker
und Freunde, dass Ihr Euch gemeinsam mit
uns in diesen Dienst einbringt, ‚Weggefährten‘ seines Volkes zu sein!“ Alle waren sehr
berührt und sagten zu ihm: „Dass Ihr unsere
Hilfe überhaupt annehmt, ist für uns ein
Wunder.“ Daraufhin antwortete er schlicht:
„Wenn Gottes Wille hier auf Erden geschieht,
empfinden wir kleine Menschen das als
Wunder.“
ein Bad im Toten Meer
um 4.30 Uhr Ruth und Jochen Peter vom
Flughafen in Tel Aviv abholen. Das war eine
große Freude, die Beiden wieder zu sehen.
Ruth hatte eine Behandlungspause und konnte an einem lange geplanten Familientreffen
in Israel teilnehmen. Wir sind sehr oft in
unseren Gedanken und Gebeten bei den beiden. Der Herr segne und behüte sie! Vier
arbeitsreiche und anstrengende Wochen lagen nun hinter uns. Auch Anfechtungen
blieben uns nicht erspart. Sie kamen manchmal aus völlig unerwarteter Richtung und
brachten uns gelegentlich an unsere Grenzen, aber wir haben einen großen Gott und
Herrn. Wir sind dankbar für alle Bewahrungen, für alle Dienste die wir tun durften, für
die gute Gemeinschaft, für viele gute Begegnungen mit den Menschen in Israel, dass wir
das Land bereisen, die Speisen genießen
durften und gesegnet nach Hause fliegen
konnten.
En Gedi-Wasserfall
i
Für den Vorabend des Schabbat hatten wir
dort das Abschlussessen auch für unsere
Gruppe bestellt. Ein Mitarbeiter hat uns
durch den Schabbateingang geleitet und uns
dessen jüdisch-biblisches Verständnis vermittelt. Wie wird es wohl einmal sein, wenn wir
alle – Juden und Christen gemeinsam – die
Feste Gottes feiern? Am Schabbat waren wir
noch einmal gemeinsam unterwegs zum Toten Meer (Yam haMelach, Salzmeer). In En
Gedi sind wir zum berühmten Wasserfall
gegangen und erlebten die traumhafte Landschaft, das schöne Wetter, Wüste und Berge
– einfach herrlich! Selbstverständlich gehörte
auch ein Bad im Toten Meer dazu. Dafür fuhren wir nach En Bokek. Es ist einfach ein
Genuss, sich auf das Wasser legen zu können,
nichts weiter tun zu müssen und dennoch
nicht unterzugehen. Zurück im Quartier ging
es ans Kofferpacken, Kassen der Gruppen
abrechnen, Einchecken, etwas schlafen und
Sächsische Israelfreunde e.V.
„Hände zum Leben“
Konto: 90061941 BLZ: 87096124
IBAN: DE16 8709 6124 0090 0619 41
BIC: GENODEF1MIW
Kreditinstitut: Volksbank Mittweida eG
Spendenzweck: Spenderkreis
Besuchs- und Handwerkerdienst
Michael Sawitzki
Koordination
Handwerkerdienste
Rochlitzer Straße 6
09236 Claußnitz/Germany
Telefon: 0049 (0) 37202 2549
Telefax: 0049 (0) 37202 2553
Mobil: 0049 (0) 172 1004311
Mobil Israel: 00972 (0) 52 6315529
E-Mail: m.sawitzki@zum-leben.de
Internet: www.zum-leben.de
Überschrift | 1
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Neuheiten!
ISBN 978-3-9815429-9-8
9 783981 54299 8
Schalom 2016 - 2017
Dr. Yehuda Bohrer
israelisch-sächsischer Kalender
mit jüdischem Kalendarium 5777
Schalom 2016 – 2017
israelisch-sächsischer
Kalender
Kalender
mit jüdischem Kalendarium 5777
israelisch-sächsischer Kalender mit jüdischem
Kalendarium 5777, DIN A4
Der erste Heshvan ist immer der zweite Neumondtag.
Der ursprüngliche Name
des Monats war „MarHeshvan“. Jedoch wurde das
„Mar“ falsch verstanden
bzw. umgedeutet, so dass
die Kurzform Heshvan
entstand.
Sonntag
Montag
Jom Rischon
Dienstag
Jom Schenij
Mittwoch
Jom Schlischij
Jom Reviij
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Schalom 2016 - 2017
Im Hebräischen steht
„mar“ für bitter, was man
darauf bezog, dass in diesem Monat kein Fest gefeiert wird.
israelisch-sächsischer Kalender
mit jüdischem Kalendarium 5777
28. Tischri
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5. Heshvan
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12. Heshvan
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Har Bental
19. Heshvan
Der Har Bental ist ein
Vulkan in den Golanhöhen
und bietet mit seinen 1.171
Metern Höhe einen hervorragenden Rundumblick
zum Hermongebirge und
ins fruchtbare Hulethal.
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22. Heshvan
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Das genaue geografische Detail in biblischen Berichten
hat die Funktion einer Realitätskontrolle für die biblische Botschaft. Diese zeitlosen geografischen Wegweiser überbrücken die Kluft zwischen einer entfernten
Vergangenheit und dem Hier und Jetzt. Sie stellen einen
biblischen Mechanismus dar, der es den vom Exil heimkehrenden Juden ermöglicht, biblische Geschichte noch
einmal neu zu erleben und an den Ereignissen einer
längst vergangenen Zeit teilzunehmen. Abgesehen davon, dass diese Wegweiser den Rahmen für diese Ereignisse bilden, dienen sie auch der insgeheimen Absicht,
auf die vor uns liegende Zukunft hinzuweisen.
Das genaue geografische Detail in biblischen Berichten
hat die Funktion einer Realitätskontrolle für die biblische
Botschaft. Diese zeitlosen geografischen Wegweiser überElul 5776 / Tischri 5777brücken die Kluft zwischen einer entfernten Vergangenheit und dem Hier und Jetzt. Sie stellen einen biblischen
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Mechanismus
dar, der es den vom Exil heimkehrenden
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Juden
ermöglicht,
biblische Geschichte noch einmal
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neu zu erleben und an den Ereignissen einer längst
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vergangenen
Zeit teilzunehmen. Abgesehen davon, dass
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den Rahmen für diese Ereignisse bilden,
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dienen
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liegende Zukunft hinzuweisen.
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Oktober
Schalom
– 2017
10,00
EUR2016
und Staffelpreise
Heshvan
Spuren des Höchsten in seinem Land
Spuren des Höchsten in seinem Land
Heshvan
Sonntag
Montag
Jom Rischon
Dienstag
Jom Schenij
Mittwoch
Jom Schlischij
Donnerstag
Jom Reviij
Jom Chamischij Jom Schischij
Freitag
Samstag
Schabbat
Der erste Heshvan ist immer der zweite Neumond-
Donnerstag tag. Freitag
Samstag
Jom Chamischij Jom Schischij
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2. Heshvan Im
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9. Heshvan
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Schabbat
Der ursprüngliche Name
des Monats war „MarHeshvan“. Jedoch wurde das
„Mar“ falsch verstanden
bzw. umgedeutet, so dass
die Kurzform Heshvan
entstand.
28. Tischri
29. Tischri
Hebräischen steht
3.
Heshvan
4. Heshvan
„mar“ für bitter, was man
darauf bezog, dass in diesem Monat kein Fest ge5. Heshvan
feiert wird.
10. Heshvan
30. Tischri
1. Heshvan
2. Heshvan
3. Heshvan
Edition
Kalender
4. Heshvan
6. Heshvan
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8. Heshvan
9. Heshvan
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1. Kislew
2. Kislew
11. Heshvan
12. Heshvan
17. Heshvan
18. Heshvan
Har Bental
19. Heshvan
Der Har Bental ist ein
Vulkan in den Golanhöhen
und bietet mit seinen 1.171
Metern Höhe einen her-
23. Heshvan vorragenden
24. Heshvan
25. Heshvan
Rundumblick
1
zum Hermongebirge und
ins fruchtbare Hulethal.
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3. Kislew
Foto: Har Bental
26. Heshvan
27. Heshvan
28. Heshvan
29. Heshvan
1. Kislew
2. Kislew
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Foto: Har Bental
16,5 x 23 cm, 265 Seiten; 20,00 EUR
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Machet die Tore weit und
die Türen in der Welt hoch,
dass der König der Ehre
unter
Ichihnenwill wohnen
Psalm 119,81
Israel 2017
22,00 EUR zzgl. Porto/Versand
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Meine Seele
verlangt nach deinem Heil;
ich hoffe
auf dein Wort.
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einziehe!
Psalm 24,7
und will ihr Gott sein,
und sie sollen
mein Volk
sein.
Es dürstet meine Seele
nach dir,
Hesekiel 37,27
mein ganzer Mensch
verlangt nach dir
aus trockenem, dürrem Land,
wo kein Wasser ist.
Psalm 63,2
Judäische Wüste
JANUAR
OKTOBER
FEBRUAR
FEBRUAR
Sa So Mo Di Mi Do Fr
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Sa So Mo Di Mi Do Fr
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MÄRZ
DEZEMBER2015
APRIL
Sa So Mo Di Mi Do Fr
Sa So Mo Di Mi Do Fr
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Jüdisches Viertel, Jerusalem
Klagemauer, Jerusalem
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MAI
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JUNI
Sa So Mo Di Mi Do Fr
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JULI
Sa So Mo Di Mi Do Fr
5
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AUGUST
Sa So Mo Di Mi Do Fr
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Sa So Mo Di Mi Do Fr
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Goldenes Tor, Jerusalem
SEPTEMBER
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OKTOBER
Sa So Mo Di Mi Do Fr
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Sa So Mo Di Mi Do Fr
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NOVEMBER
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DEZEMBER
Sa So Mo Di Mi Do Fr
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Sa So Mo Di Mi Do Fr
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Ulrich W. Sahm
Kochbuch –
Wundersa(h)mes aus Jerusalem
Israelisches
Orangenhuhn
Zutaten:
let
400 g Hühnerbrustfi
2 EL Olivenöl
1 Zwiebel
2 TL Dijonsenf
1 EL Stärke
n)
¼ EL Zimt (gemahle
n)
¼ EL Ingwer (gemahle
3 EL Sherry (trocken)
150 ml Orangensaft
Salz, Pfeffer
2 Orangen
Man schneidet das Hühnerbrustfilet in Streifen. Dann dünstet man die
in Ringe geschnittene Zwiebel im Öl an.
Senf, Stärke, Zimt und Ingwer werden vermischt und zusammen mit
dem Sherry zu einer glatten Paste verrührt, anschließend mit Orangensaft umgerührt.
Das Hühnerbrustfilet wird in der Pfanne angebraten.
Dann gießt man das überschüssige Öl ab und gibt die Orangensaftmischung hinzu. Alles wird gut durchgerührt und mit Salz und Pfeffer
abgeschmeckt. Man bringt alles zum Kochen, reduziert die Hitze und
lässt alles abgedeckt ca. 20 Min. köcheln.
Zum Schluss gibt man die Orangenfilets hinzu und lässt das Gericht
weitere 2-3 Min. köcheln. Serviert wird das Orangenhuhn mit Reis.
69
Das „private“ Kochbuch von Ulrich Sahm, mit Rezepten,
die er seinen Gästen in Jerusalem präsentiert, mitsamt
einem kulinarischen Rundgang durch die biblische,
jüdische, muslimische und israelische Küche. „Zicklein
in der Milch seiner Mutter“, Esaus Linsengericht und in
einem letzten Kapitel auch jener Lokus, „Wo König
Salomo zu Fuß hinging“. Aus dem Fundus unter dem
Lokus der Archäologen kreierte Sahm die „Letzte
Mahlzeit des Achiel vom 8. des Av im Jahr 587 vor
Christi“.
23 x 13 cm, 100 Seiten, Ringbindung; 20,00 EUR
...
Der nahöstliche
DNA-Krieg
von Ulrich W. Sahm, Jerusalem
Von Kain und Abel über Eteokles und Polyneikes bis Remus und Romulus – Erzählwerke der
Antike sind voll von Mord und Totschlag unter
Brüdern. Die Aufklärung teilte die Menschheit
in „Rassen“ ein, wobei Juden wie Araber zu
„Semiten“ erklärt wurden. Völlig ungestört
durch Fakten haben sich Ägypter und Marokkaner im 6. Jahrhundert einer Genwäsche
unterzogen. Denn erst dann, mit der Annahme
des Arabischen, wurden sie zu „Semiten“.
Die Juden betrachten sich als Volksstamm
und vererben ihr Judentum über die Mutter.
Allein die Zugehörigkeit zur Priesterkaste, den
Cohanim, vererbt sich über den Vater. Doch
an der Hautfarbe sieht man, dass Juden sich
seit dem ersten Exil vor 3000 Jahren mit den
jeweiligen Lokal-Bevölkerungen vermischt
haben, im Jemen, in Äthiopien, in Polen und
Russland, im heutigen Irak und anderswo.
Moderne Märchen
Der Familienname der palästinensischen Cousins aus Jatta bei Hebron, die in Tel Aviv den
Terroranschlag mit vier Toten und Dutzenden
Verletzten durchgeführt haben, hat mal wieder
DNA-Aktivisten mobilisiert. „Mahamra“, so
der Name des Clans der Attentäter, bedeutet „Weinmacher“. Da Moslems bekanntlich
Alkohol verboten ist, kommen „Experten“
wie Zvi Misinai zu Schluss, dass Bewohner
von Jatta, darunter die Terroristen von Tel
Aviv, zum Islam konvertierte Juden seien. Um
diese These zu stützen, brachte Misinai schon
2012 in einem schmalzigen Youtube-Film die
wissenschaftlichen Forschungsergebnisse des
DNA-Labors im Hadassa-Hospital in Jerusalem.
Prof. Ariella Oppenheim untersuchte die DNA
von Palästinensern und entdeckte typisch „jüdische“ Gene. Manche hätten sogar Gene der
„Cohen“, den biblischen Priestern.
Das biblische Jutta wurde noch im 4. Jahrhundert von Eusebius als „große jüdische Stadt“
beschrieben. Misinai behauptet, dass Bewohner Jattas an ihren jüdischen Familiennamen
festhalten und gewisse jüdische Gebräuche
befolgen, ohne ihren Ursprung zu kennen.
Sie entzünden Kerzen an Gräbern und legen
sich Tefilin (Gebetsriemen) an. Die Moslems
täten das als Mittel gegen Kopfschmerzen.
Zeitgleich tauchten 2012 auch „wissenschaftliche“ Darstellungen der „anderen Seite“ auf.
Die heutigen Juden seien nicht Nachkommen
des aus dem heutigen Irak nach Kanaan eingewanderten Eroberers Abraham, sondern im
8. Jahrhundert zum Judentum konvertierte
Kusaren. Wo das Judentum herkam, dem sich
diese Kusaren angeschlossen hätten, bleibt
ein Geheimnis. Die „Forscher“ kamen zum
Schluss, dass Benjamin Netanjahu, wie andere
europäische Juden, keinerlei „Anrechte“ auf
das Land Israel hätten, während „Palästinenser“ die wahren genetischen Nachfahren von
Abraham seien und deshalb „Ureinwohner“.
Angestoßen hat diese Theorie Mitri Raheb,
evangelischer Pastor aus Bethlehem. Weil er
„neben“ der Krippe Jesu in Bethlehem wohne,
sei er ein Nachfahre des kinderlosen Jesus,
während Netanjahu ein „Fremdling“ sei. Pastor
Rahebs Behauptung ist besonders absurd, weil
das Christentum bekanntlich eine Glaubensreligion ist, der sich jeder anschließen kann.
Raheb ist kein besserer oder echterer Christ,
weil er aus Bethlehem stammt.
Der „Forscher“ Misinai rührt evangelikale
Gesprächspartner zu Tränen: Sie sehen in
seinen Aktivitäten einen Beweis dafür, dass am
Ende die jüdischen Israelis mitsamt ihren palästinensischen Blutsbrüdern an Jesus Christus
glauben und so den Frieden sichern würden.
Da ist der biblische Mythos realistischer: Kain
und Abel zeigen, dass Blutsverwandtschaft
keinen Schutz vor Gewalt, Mord und Totschlag
bietet. Gänzlich inakzeptabel ist es, mit der
von Hitler ad absurdum geführte Rassentheorie
politische Ansprüche zu rechtfertigen.
Der Genpool ist eine wilde
Mischung
Der israelische Forscher Jaakov Habakuk hat
viele Jahre die Lebensweise der Höhlenbewohner in der Gegend von Hebron erkundet
und dazu ein Buch veröffentlicht. Auf Anfrage
sagte er, bei diesen „Ureinwohnern“ keinerlei
© Zffoto – fotolia.com
Genetisches | 63
Ausgabe 2 | 3 2016
Friedensinitiativen,
die sich auf Vererbung stützen, statt
auf politische Präferenzen, sind zum
Scheitern verurteilt.
jüdische Spuren entdeckt zu haben. Doch
Forscher des Israel-Museums haben bei der
Vorbereitung zu einem historisch-biblischen
Festmahl entdeckt, dass in dieser Region Keramik in identischen Formen und mit Dekorationen hergestellt würde, wie von Archäologen
gefundene Keramik aus biblischer Zeit. Da
haben sich Traditionen vererbt.
Die meisten Palästinenser sind ebenso wie
die meisten Juden erst in den letzten 100
Jahren eingewandert. Man kann es an ihren
Familiennamen ablesen. Manche Christen
behaupten stolz, ihren Stammbaum bis auf
die Kreuzfahrer zurückverfolgen zu können.
Auch die waren Eroberer, wie die Griechen
unter Alexander dem Großen, Römer, Araber,
Perser, Osmanen, Briten und andere. Jeder
Eroberer hat Nachfahren hinterlassen. Und
von den Sarazenen hinterlassene Gene müssten
gemäß diesem Prinzip die Schweizer Politik
gegenüber den Arabern mitbestimmen. Wer
dieses zurecht als „absurd“ zurückweist, möge
genauso nachdenken, ehe er von Semiten und
deren Blutbruderschaft redet oder gar – im
Sinne der Nürnberger Rassengesetze – von
Halb- oder Vierteljuden. Es gibt sie genau
so wenig wie Halb- oder Viertel-Schweizer.
Oder würde jemand für FDP-Nationalrat Fathi
Derder, den Sohn eines Algeriers und einer
Walliserin, das Schweizersein halbieren wollen? Wichtig ist nicht der Stammbaum, sondern
neben dem Pass das Selbstverständnis. Ein
Araber, der sich als Palästinenser empfindet,
wird trotz einer jüdischen Ur-Urgroßmutter
nicht automatisch zum Israelfreund. Er ist
es, wenn überhaupt, nicht aus genetischen
Gründen, sondern aus einer persönlichen
Entscheidung heraus. Friedensinitiativen, die
sich auf Vererbung stützen, statt auf politische
Präferenzen, sind zum Scheitern verurteilt.
Quelle: Audiatur, mit freundlicher Genehmigung des Autors
64 | Überschrift
EBENEZER
OPERATION EXODUS
Ausgabe 2 | 2016
ALIYAH – DAS VOLK
GOTTES KEHRT ZURÜCK!
Fürchte dich nicht, denn ich bin bei dir. Ich
will deinen Samen vom Osten herführen und
dich vom Westen her sammeln. Ich will zum
Norden sagen: Gib heraus! und zum Süden:
Halte nicht zurück! Bringe meine Söhne aus
der Ferne herbei und meine Töchter vom
Ende der Welt. Jesaja 43,5–6
D
JOHANNES BARTHEL,
NATIONALER KOORDINATOR
oben: Gruppe von Olim
aus Deutschland bei ihrer
Ankunft in Israel
ie Rückkehr des Volkes Gottes in das
ihnen von Gott zugeteilte Land ist
eines der größten Wunder, das wir
heutzutage live miterleben dürfen. Selbst
Menschen, die nicht an die Bibel als das
Wort Gottes glauben, müssen zugeben,
dass die Wiederherstellung Israels als
Nation, verbunden mit der Heimkehr der
Juden aus allen Nationen, einmalig ist und
unvergleichlich in der Weltgeschichte.
In den letzten Jahren gab es ungewohnte
Nachrichten – wir hörten über die Heimkehr
der äthiopischen Juden, des Stammes
Manasse aus Indien oder jetzt aktuell der
Kaifeng-Juden aus China. Viele Christen
wunderten sich, dass es dort überhaupt
Juden gab. Aber Gott erfüllt nur Sein
Wort, in dem Er verheißen hat, niemanden
zurückzulassen und sie aus allen Ländern
in ihre Heimat Israel zu bringen. Die Zeiten
des Exils für die Juden sind vorbei!
Seit dem Fall der Sowjetunion kamen
Millionen Juden zurück aus diesem Gebiet,
das wir allgemein als „Land des Nordens“
bezeichnen. Ebenezer Operation Exodus
hat bis heute in dieser Region die meisten
Mitarbeiter, die ganz praktisch bei der
Aliyah helfen; so konnten wir im Jahr
2015 über 5200 Juden aus den GUSLändern helfen, nach Israel zu kommen.
Während wir in den 1990er-Jahren bis
2005 auch mit 176 Schiffsüberfahrten
Odessa–Haifa sehr viele Olim mit ihren
Besitztümern nach Israel brachten, sind
jetzt Flüge das Haupttransportmittel.
Was aber in den letzten Jahren geschehen
ist, war so vor einiger Zeit kaum absehbar:
Die Juden aus dem Westen kehren heim.
Bei weltweit etwas über 30 000 Olim im
Jahr 2015 war Frankreich mit fast 8000
Rückkehrern das Land, aus dem am meisten
Juden ausgewandert sind; erst danach
kam die Ukraine und dann Russland.
Auch aus Italien, Holland und anderen
westlichen Ländern, ja sogar aus
Deutschland ist eine Zunahme der
Auswanderung um 50 % zu verzeichnen.
Die Beteiligung der Christen
Das Wort Gottes enthält einige Hinweise,
dass wir nicht nur passive Beobachter
sein sollten, sondern eine aktive Rolle
haben. Jesaja 49,22 ist so eine Stelle,
die dies vorhersagt: So spricht Gott, der
Herr: Siehe, ich will meine Hand zu den
Heiden hin erheben und für die Völker
mein Banner aufrichten; und sie werden
dir deine Söhne im Gewandbausch
herbringen, und deine Töchter werden auf
der Schulter herbeigetragen werden.
rechts: Der Stamm Manasse
aus Indien kehrt nach 2.600
Jahren heim. Ebenezer
Mitarbeiter sind dabei beteiligt.
ZUM LEBEN
Im Januar 1991 trafen sich ca. 120 Fürbitter
aus verschiedensten Ländern in Jerusalem,
um für Israel einzutreten. In der ersten
Nacht nach Beginn der Konferenz begann
der Golfkrieg und wir mussten des Öfteren
mit Gasmasken teilweise über Stunden in
Ebenezer Operation Exodus
Überschrift | 65
Ausgabe 2 | 2016
speziell abgedichteten Räumen ausharren. Für
mich selbst war dies mein erster Aufenthalt in
Israel. Während wir damals beteten, sprach
Gott ganz klar: Helft meinem Volk, nach
Israel heimzukommen! Noch während der
Konferenz, die wir als Gründungsdatum für
Ebenezer Operation Exodus bezeichnen,
sammelten wir unter den Teilnehmern ein
Opfer ein; davon wurden die ersten Flüge aus
Ungarn bezahlt. Wenige Monate darauf gab
es dann schon die erste Schiffsüberfahrt.
Seitdem, also jetzt seit 25 Jahren, durften wir
über 150 000 Juden helfen, nach Israel zu
kommen. In 50 Ländern haben wir Büros oder
Vertretungen, in denen wir unsere Hilfe anbieten.
Seit zwei Jahren führen wir auch aus
Deutschland Aliyah-Gruppenflüge durch;
dies hat uns viele Türen geöffnet zu den
Juden hier. Für viele von ihnen ist unsere
Hilfe bei der Aliyah die erste Begegnung mit
bibelgläubigen Christen, und sie staunen, dass
Christen sich dafür engagieren. Wir ermutigen
sie dadurch, die Weissagungen des Wortes
Gottes ernst zu nehmen – insofern ist unser
Dienst nicht nur eine Nothilfe für Juden in
schwierigen Situationen, sondern ein Anstoß,
über ihren eigenen Glauben nachzudenken.
Eine Frucht unseres Dienstes ist es auch, dass
Christen in ihrem Glauben gestärkt werden,
sei es durch ehrenamtliche Mitarbeit oder auf
einer unserer Reisen durch das „Land der
Verheißung“. Immer wieder hören wir: Mein
Glaube an den Gott der Bibel wurde gefestigt,
weil ich sehen kann, wie sich jahrtausendealte
Prophetien bis ins Detail erfüllen.
Vor ein paar Jahren haben wir einige
dieser Bibelstellen zu einem kleinen Heft
zusammengestellt, es wird von vielen
Gebetskreisen gerne benutzt. Wenn Sie
möchten, senden wir es Ihnen gerne
zu – oder unsere DVD oder das Buch
„Operation Exodus“. Wir bieten auch an, in
Ihre Gemeinde oder Ihren Gebetskreis zu
kommen, um zu berichten über die Heimkehr
der Juden aus
aller Welt und wie sich Christen daran
beteiligen. Jeden Monat versenden wir einen
Gebetsbrief mit aktuellen Anliegen und
wir freuen uns über neue Fürbitter.
Ebenezer Mitarbeiter dienen den
Auswanderern am Frankfurter
Flughafen mit frischen Obst,
Snacks und Getränken
Wir lehren aber nicht nur in
christlichen Gemeinden; Juden
dienen wir auf dreifache Weise:
ų Wir suchen jüdische Menschen
auf und informieren über die
Möglichkeit der Heimkehr.
ų Wir unterstützen beim Umzug,
z. B. helfen wir beim Packen
der Umzugsgüter, bringen die
Rückkehrer zum Flughafen oder
organisieren Aliyah-Gruppenflüge.
ų Unser Büro in Jerusalem dient
als Anlaufstelle, wenn die
Neueingewanderten Hilfe brauchen.
Danke für Ihre Unterstützung, sei es finanziell,
durch Gebet oder praktisch. Wir freuen
uns mit Ihnen in Kontakt zu kommen.
Schalom und Gottes Segen.
Wir unterstützen Juden weltweit bei ihrer Rückkehr
nach Israel. Als gemeinnützig anerkanntes Hilfswerk
sind ihre Spenden an uns steuerlich absetzbar. Bitte
geben sie bei einer Überweisung ihre genaue Anschrift
an, damit wir ihnen die Spendenbescheinigung
zusenden können.
Ebenezer Emergency Fund International
(Deutschland) e.V
Postfach 200204
44632 Herne
Fon: 02325 64 77 270
E-Mail: info@ebenezer-international.de
Besuchen Sie uns im Internet unter:
www.ebenezer-international.org
HypoVereinsbank Erlangen
IBAN: DE98 7632 0072 0012 2343 25
BIC: HYVEDEMM417
Ein christlicher Dienst, der Juden bei ihrer Rückkehr nach Israel unterstützt
GLOSSAR
Aliyah nennt man
die Einwanderung
von Juden aus
der Diaspora
(„Zerstreuung“) nach
Israel. Das hebräische
Wort bedeutet
„Aufstieg“ und wird
auch für den Weg
nach (dem hoch
gelegenen) Jerusalem
gebraucht.
Olim ist das
hebräische Wort für
jüdische Menschen,
die nach Israel
einwandern, also für
Menschen, die Aliyah
machen. Im Singular
ist die männliche Form
Oleh, die weibliche
Olah.
Zu potenziellen
Olim halten wir den
Kontakt aufrecht und
ermutigen sie zur
Aliyah.
ZUM LEBEN
Reisen Sie mit den
Sächsischen
Israelfreunden
nach Israel!
4.-11. Dezember 2016
BotschafterSeminar 2016
Leitung: Michael Schneider
Sonntag, 4. Dezember 2016 - Ankunft und Einführung
Ankunft am Ben Gurion Flughafen und fahrt nach Jerusalem
Einführung durch Johannes Gerloff in die Medienwelt und Israel: „Wie fest
reflektieren die Medien die Realität in Israel und inwiefern üben Kirchen Einfluss auf
die heutige Politik aus?“ Abendessen und Übernachtung im Hotel „Dan Panorama“
in Jerusalem (5-Sterne-Hotel in Laufnähe zur Altstadt!)
16.-23. Oktober 2016
Laubhüttenfest
in Jerusalem
Leitung: Wilfried Gotter
Sonntag, 16. Oktober 2016
Flug nach Tel Aviv
Montag, 17. Oktober 2016 - Feiertag
Wanderung im Wadi Kelt, Taufstelle am Jordan, Baden im Toten Meer, Jericho,
Tass Saada, ehemaliger Terrorist der PLO, Abendessen im Restaurant, Parade
der Nationen –
ICEJ-Laubhüttenfest
Dienstag, 18. Oktober 2016
Besuch Beit El - Tefillin Fabrik, Rabbi Bohrer in der Laubhütte
Lev Haolam mit Nati Rom, ein Aktivist der sich für Produkte aus den
„Siedlungen“ stark macht! Shilo - Standort der Bundeslade für fast 400 Jahre,
Multimedia-Ausstellung Christliche Zionisten: Friends of Zion Museum in
Jerusalem
Mittwoch, 19. Oktober 2016
Besuch in Maor - Information zur Handwerkerarbeit der Sächsischen
Israelfreunde, Cäsarea - die prächtige Stadt des Herodes am Mittelmeer, Zichron
Yaakov - Tour mit einem Bummel durch die Rothschild Gärten, Baden am Dor
Strand am Mittelmeer, Weinprobe im Carmel-Weingut in Zichron
Donnerstag, 20. Oktober 2016
Priestersegen an der Klagemauer, Herzl-Museum und Holocaustgedenkstätte
Yad Vashem, Mea Shearim Tour im Viertel der streng gläubigen Juden, Machane
Yehuda - der jüdische Markt mit seiner Fülle, Jerusalemmarsch - die Nationen
ziehen durch Jerusalem, um Solidarität und Segen zu bringen
Freitag, 21. Oktober 2016
Die alte Stadt Davids und die Ausgrabungen am Ophel, lassen uns eintauchen
in biblische Geschichte.
Jüdisches Viertel mit den Vorbereitungen auf den Schabbat
Schabbateingang an der Klagemauer – Alles, nur keine Klage!
Erew Schabbat bei Familien zuhause in Jerusalem
Samstag, 22. Oktober 2016
Ölberg, Garten Gethsemane, Christliches Viertel mit der Via, Dolorosa und
orientalischem Basar, Gartengrab - Abendmahl mit Lobpreis von Rikki und
Martin
Montag, 5. Dezember 2016 - Ist Israel ein Apartheitsstaat?
Politische Tour entlang der Sicherheits-/„Apartheit“-Mauer, durch Ost- und
Westjerusalem, Besuch im palästinensischen Flüchtlingslager Aida in Bethlehem, Das
Israelische Rechtssystem: Besuch im Obersten Gerichtshof Israels. Treffen mit Prof.
Yitzhak Englard, ehemaliger Oberrichter Israels
Führung durch das Israelische Parlament und Treffen mit Knesset-Abgeordneten,
Abendessen und Übernachtung im Hotel „Dan Panorama“ in Jerusalem
Dienstag, 6. Dezember 2016 - Sind Siedlungen das Hindernis für den Frieden?
Treffen mit Dr. Khalil Shikaki vom Palestinian Center for Policy and Survey Research
in Ramallah, Besuch der neuen Palästinenserstadt Rawabi, ein Milliarden-Investitionsprojekt im Westjordanland,Tour durch Samaria zum Berg Garizim mit Blick auf
Sichem und das verbrannte Josefsgrab, Treffen mit Nati Rom, einem Aktivisten
gegen den Boykott von Waren aus Judäa und Samaria, Blick von Alfei Menashe auf
Tel Aviv mit geopolitischer Sicht auf die Lage in Judäa und Samaria, Abendessen und
Übernachtung im Hotel „Dan Panorama“ in Jerusalem
Mittwoch, 7. Dezember 2016 - Der Tempelberg Jerusalem - warum gibt es dort
keine Religionsfreiheit? Führung am oder auf dem Tempelberg mit Rabbi Yehuda
Glick, Tempelbergaktivist und Abgeordneter der Knesset, Besuch im Tempelinstitut
im Jüdischen Viertel, Diskussion mit einem muslimischen Sheikh in Jerusalem über
die Bedeutung des Tempelberges im Islam,Treffen mit Markus Bugnyar, Rektor des
Österreichischen Hospizes, Vortrag von Chaled Abu Toameh, arabischer Korrespondent der „Jerusalem Post“, Abendessen und Übernachtung im Hotel „Dan
Panorama“ in Jerusalem
Donnerstag, 8. Dezember 2016 - BDS – Boykott und Israels Wirtschaft: „Wem
schadet der Boykott? Fahrt nach Mishor Adumim im Westjordanland und Besuch
der Fabrik „Extal“, einer israelischen Firma, in welcher Hunderte Palästinenser
arbeiten, Besuch bei „Save the Childs Heart“, wo arabische Kinder kostenlose
Herzoperationen in Israel bekommen, Besuch in der Israelisch-Deutschen Handelskammer und Vortrag des Vorsitzenden Grisha Alroi-Arloser über die israelische
Wirtschaft, Abendessen und Übernachtung im Hotel „Dan Panorama“ in Jerusalem
Freitag, 9. Dezember 2016 - Theologie und Politik – Ist das Volk Israel das
auserwählte Volk Gottes? Theologie und Politik – Ist das Volk Israel das
auserwählte Volk Gottes? Gespräch mit NGO Monitor, einer Organisation welche
„Hilfs- und Friedenswerke“ weltweit beobachtet und versucht rauszufinden, was die
Motivationen im Hintergrund der Humanitären Arbeit sind, die Palästinensische
Befreiungstheologie und ihren Einfluss auf Christen heute: Besuch bei Sabeel, ein
ökumenisches Zentrum für palästinensische Befreiungstheologie, Vortrag von Pastor
Wayne Hilsden von der King of Kings Gemeinde, Gespräch mit dem palästinensischen Pastor Steven Khoury und mit David Nekrutman vom Zentrum für
Jüdisch-Christliche Verständigung und Zusammenarbeit, Abendessen und
Übernachtung im Hotel „Dan Panorama“ in Jerusalem
Samstag, 10. Dezember 2016 - Freier Tag, Auswertungsrunde
Vortrag von Armeesprecher Major Arye Sharuz Shalicar, aufgewachsen in Berlin als
Sohn persischer Juden, Abendessen und Übernachtung im Hotel Dan Panorama in
Jerusalem, Möglichkeit zum Besuch eines speziellen Klezmer-Konzerts zum
Schabbatausklang
Sonntag, 11. Dezember 2016
Transfer zum Flughafen, Rückflug
Sonntag, 23. Oktober 2016
Rückflug
Flüge:
Prague - Tel Aviv Ben Gurion El Al LY 2522 16.10 11:40 (So) 16.10 16:30
Tel Aviv Ben Gurion - Prague El Al LY 2521 23.10 07:15 (So) 23.10 10:30 oder
München - Tel Aviv Ben Gurion El Al LY 354 16.10 10:20 (So) 16.10 15:10
Tel Aviv Ben Gurion - München El Al LY 353 23.10 06:00 (So) 23.10 09:15
Flüge:
Frankfurt - Tel Aviv Ben Gurion El Al 358 04.12 11:00 - 16:10
Tel Aviv Ben Gurion – Frankfurt El Al LY 355 11.12 14:40 - 18:25 oder
Berlin-Schönefeld - Tel Aviv Ben Gurion El Al 2372 04.12 10:55 - 16:05
Tel Aviv Ben Gurion - Berlin-Schönefeld El Al LY 2373 11.12 17:20 - 20:55 oder
Prague - Tel Aviv Ben Gurion El Al 2522 04.12 12:25 - 17:15
Tel Aviv Ben Gurion - Prague El Al 2523 11.12 17:50 - 21:10
Preis: 1.630,00 € bei mindestens 35 Teilnehmern
Anmeldeadresse und alle weiteren Informationen beim Veranstalter der Reise:
Die Israelreisebörse · Schönbacher Marktsteig 22 · 08468 Reichenbach
Telefon 03765 719851 · Fax 03765 3090027 · info@israelreise.de · www.israelreise.de
Preis: 1.485,00 € bei mindestens 35 Teilnehmern
weitere Reiseangebote
www.israelreise.de
03. – 16. Oktober 2016
09. – 21. Oktober 2016
4. – 11. Dezember 2016
Studienreise der RPAG
Singen & Musizieren
Botschafter-Seminar 2016
Studienreise der Religionspädagogischen
Arbeitsgemeinschaft (RPAG) des
Ev.-luth. Kirchenkreises Uelzen
an biblischen Orten
mit Michael Schneider (Jerusalem)
19. – 26. Februar 2017
12. - 24. März 2017
23. April – 1. Mai 2017
Zum ersten Mal nach Israel
Gemeinde-Israelreise
Israelreise des ICF Berlin
Viele träumen von einer Israelreise – wir machen
es möglich mit unserer besonderen Israelreise.
Wir haben ganz bewusst einfache Unterkünfte
gewählt um einen richtig guten Preis
anbieten zu können:
Preis bei mind. 30 Teilnehmern: 1.195,00 €
Vom Norden bis zur Negevwüste
Der Ölbaum – Wurzel und Zweige
Lied über eine besondere „Israel-Tour“
2015/2016
von Jörg Swoboda
am 15./16.02.2016
Diesen Liedtext von Jörg Swoboda, der als
Komponist vieler christlicher Lieder zusammen
mit Theo Lehmann bekannt ist, drucken wir
ganz aktuell hier ab. Die gesungene Version
steht auf unserer Website www.zum-leben.de
zum Anhören bereit. Wir hoffen, dass dieses
Lied nicht nur unter Israel-Reisegruppen weite
Verbreitung findet. (LK)
3. Ich sah am Jordan, wie im grünen Land
7. Ich war in Magdala, Marias Stadt,
Johannes zögernd noch vor Jesus stand.
der Jesus ihre Schuld vergeben hat.
Als er ihn taufte, klang vom Himmelsthron:
Sie war ein neuer Mensch, war froh und frei
Ja, Jesus, du bist mein geliebter Sohn.
und ging den neuen Weg und blieb dabei.
4. Kapernaum, hier steht das Petrus-Haus.
Als Fischer fuhr er auf den See hinaus.
Wo Jesus seine ersten Jünger fand,
da zogen sie ihr Netz prallvoll an Land.
8. Ich sah vom Ölberg auf Jerusalem,
zog durch die Straßen, doch vor alledem
stand ich bewegt und stumm auf Golgatha,
sah auch ins leere Grab, Halleluja!
Israel-Tour
1. Ich hatte Israel schon lang im Sinn.
Dann endlich glückte es, und ich flog hin.
Was ich erlebte, das vergess ich nicht,
denn seitdem hab ich eine neue Sicht.
5. In Kana war die Hochzeit in Gefahr.
Hier wurd’ zu Wein, was vorher Wasser war.
Doch noch viel größre Wunder tat er dann.
Als Retter aus der Not sah man ihn an.
9. Was ich schon lange weiß, las seinerzeit,
kann ich verankern nun in Raum und Zeit,
verbinde Worte jetzt mit einem Ort,
nahm mehr als Bilder mit, denn ich war dort.
2. Ich konnt vom Toten Meer den Nebo sehn
den alten Mose dort ganz oben steh‘n.
Er reckte aus den Arm und seine Hand
und wies hinüber ins gelobte Land.
6. In Nazareth kam er zu Tode fast.
10. Vor allem bin ich reich, zwar nicht an Geld,
So sehr hat man ihn für sein Wort gehasst.
das mit der Zeit doch nur im Wert verfällt.
Geliebt, verflucht, verfolgt und auch geschätzt,
Im Herzen Gottes hab ich einen Platz,
ging er nur Gottes Weg bis ganz zuletzt.
durch Jesus, denn er ist mein größter Schatz.
68 | Verwässertes
Ausgabe 2 | 3 2016
Der Ökumenische Rat der Kirchen und
die siebenwöchige Gehirnwäsche
des ÖRK bezüglich Palästina, Palästina und
noch einmal Palästina fortzuführen – und
zwar zum Nachteil der Christen in anderen
Regionen des Nahen Ostens, wie bereits in
einem früheren Artikel detailliert ausgeführt
wurde. Tveit war in Begleitung der Erzbischöfin
von Schweden zu einem Gottesdienst in einer
Jerusalemer Kirche erschienen, der von dem
arabisch-lutherischen Bischof Munib Younan
gefeiert wurde, um den Beginn der „Sieben
Wochen im Zeichen des Wassers 2016“ zu
verkünden.
Pastor Dr. Olav Fykse Tveit, zum Auftakt der Kampagne „Sieben Wochen im Zeichen
des Wassers“ in Jerusalem. Foto „Ökumenisches Wassernetzwerk“
von Malcolm Lowe
Der 12. Februar 2016 war ein Tag neuer Hoffnung für die leidenden Christen im Nahen
Osten. Papst Franziskus aus Rom und Kyrill, der
Patriarch von Moskau, trafen sich in Havanna
auf Kuba, um eine gemeinsame Erklärung an
die Welt herauszugeben.
Nachdem sie einander versprochen hatten, die
Geschichte der Spaltung zwischen der Westund der Ostkirche neu zu schreiben, setzten
sie die gegenwärtige gnadenlose Verfolgung
von Christen an oberste Stelle ihrer Agenda:
„Unser Blick muss sich zunächst auf jene
Regionen der Welt richten, in denen Christen
Opfer von Verfolgung werden. In zahlreichen
Ländern des Nahen Ostens und Nordafrikas
werden ganze Familien, Dörfer und Städte
unserer Schwestern und Brüder in Christus
vollständig ausgelöscht. Ihre Kirchen werden
auf barbarische Weise verwüstet und geplündert, ihre sakralen Objekte geschändet und
ZUM LEBEN
ihre Bauwerke und Denkmäler zerstört …“
Dies waren keine leeren Worte. Das Moskauer
Patriarchat hat große Geldsummen von seinen
Gläubigen gesammelt, um den verfolgten Christen in Syrien zu helfen. Auch die römisch-katholische Kirche, und dort insbesondere der
Orden der Franziskaner, versucht vor Ort in
Syrien auf eigene Gefahr das Leid der Menschen zu lindern.
Zufälligerweise war der Generalsekretär des
Ökumenischen Rats der Kirchen (ÖRK), Olav
Fyske Tveit vor Ort im Nahen Osten. Allerdings war er nicht dort, um Interesse an den
christlichen Opfern der islamischen Milizen
in Syrien und im Irak zu zeigen. Ebenso wenig
nahm er sich für die Verfolgung der Kopten in
Ägypten Zeit, die trotz der Bemühungen von
Präsident Abd al-Fattah as-Sisi, die Angriffe von
Moslems auf christliche Kirchen zu verhindern,
immer noch fortdauert.
Wie bereits vermutet, kam Tveit nach Jerusalem, um die jahrzehntelange Besessenheit
Sollen andere die andächtige, unsinnige Zeremonie beschreiben – konzentrieren wir uns
an dieser Stelle lieber auf die „Predigt“ (oder
vielmehr auf die pseudo-christliche, politische
Standpauke) von Tveit. Auf der Internetseite des ÖRK kann man diese herunterladen.
Betrachten wir jedoch erst einmal ein paar
grundlegende Definitionen.
Regelmäßig verbreitet die palästinensische
Propaganda die falsche Behauptung, Israel
stehle palästinensisches Wasser.
Diese Anschuldigungen wurden bereits mehrfach eindeutig widerlegt und fallen unter die Rubrik der typischen palästinensischen Propagandalügen. Dies kümmert die Propagandisten, die
diese Lügen jedem Neuling gegenüber immer
wieder herunterbeten, jedoch herzlich wenig.
Eine Person, die diese Lügen zum ersten Mal
hört – vielleicht aus dem Munde eines palästinensischen Klerikers – und naiv genug ist,
sie zu glauben, kann man getrost als einen
ahnungslosen Betrogenen bezeichnen. Jeder
jedoch, der solche Lügen jahrein, jahraus wiederholt, obwohl er jede Gelegenheit hatte, sich
über den wahren Sachverhalt zu informieren,
und der sogar einen Langzeit-Mechanismus in
Gang setzt, um diese Lügen aufrechtzuerhalten,
der ist ein schamloser Lügner. Zu der erstgenannten Kategorie muss man wohl auch Martin
Schulz zählen, den sonst eher besonnenen
Präsidenten des Europäischen Parlaments, der
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Ausgabe 2 | 3 2016
sich zu einem für ihn untypischen, übereilten
Urteil verleiten ließ. Dies geschah anlässlich
seines Israel-Besuchs im Februar 2014, als
er in Ramallah mit einer solchen falschen
Behauptung konfrontiert wurde, und zwar
durch einen palästinensischen Jugendlichen,
ein Opfer des palästinensischen Bildungssystems. Desselben Bildungssystems, das seit
zwei Jahrzehnten besteht und das derzeit
ganze Wellen verblendeter und irregeführter
jugendlicher Terroristen hervorbringt.
Aufgewühlt von dem, was er gehört hatte, fügte
Schulz diesen Vorwurf noch im letzten Moment
einer Rede hinzu, die er vor der Knesset halten
sollte. Die israelischen Abgeordneten, die die
Lüge sofort als solche erkannten, brachen in
Tumult aus und wenige Zeit später verließen
einige von ihnen den Saal. Im Nachhinein
fügte Schulz der veröffentlichten Fassung seiner
Rede einen Vermerk hinzu, in dem er erklärte,
dass er lediglich das wiederholt habe, was er
gehört hatte, ohne Zeit zur Überprüfung der
Fakten gehabt zu haben. Auch der Anführer der
Abgeordneten, die den Saal verlassen hatten,
Naftali Bennett, reiste nach Brüssel, um sich
mit Herrn Schulz zu versöhnen und überreichte
ihm sogar eine antike Münze als Zeichen der
Freundschaft. Beide Männer hatten erkannt,
dass sie Fehler gemacht hatten und beide hatten gebührende Wiedergutmachung geleistet.
Neben anderen hat auch der Autor dieses
Textes in einem frei verfügbaren Artikel die
Wahrheiten und Unwahrheiten in dieser Angelegenheit ausführlich erklärt. Bereits seit
Jahrzehnten hat der ÖRK eine Initiative, das
sogenannte Ökumenische Wassernetzwerk
(ÖWN), das sich mit Wasser im Allgemeinen
und mit dem palästinensischen Wasser im
Besonderen befasst. Eine derartige Initiative,
so sollte man meinen, müsste sich der Widerlegung all der palästinensischen Lügen und
unbegründeten Ansprüche in dieser Frage bewusst sein, zumindest seit 2014. Und dennoch
wiederholte Tveit sie in seiner sogenannten
„Predigt“ froh und munter.
Lassen wir jedoch die Schönfärberei von
Bibelzitaten und theologischen Plattitüden
außer Acht und kommen wir nun zum Kern
der „Predigt“, Tveits Anschuldigungen gegen
Israel, die er ohne zu zögern dem „palästinensischen Interessensverband EWASH“ für
bare Münze abnimmt. Er sagt: „80 Prozent
des Grundwassers aus den palästinensischen
Bergen wird unterirdisch nach Israel gepumpt
und den Palästinensern bleiben lediglich 20
Prozent des verfügbaren Wassers“.
Dies ist eine unglaubliche Behauptung: Israel
stiehlt 80 Prozent des Wassers der Palästinenser und pumpt es bis nach Israel. Es ist überflüssig zu erwähnen, dass es ein solches System
von Pumpen und Rohrleitungen überhaupt
nicht gibt. Die – hier bis zur Unkenntlichkeit
verstümmelte – Wahrheit sieht ganz anders
aus. Nahezu die gesamte palästinensische
Bevölkerung konzentriert sich auf eine Reihe
von Städten und Dörfern in der zentralen,
von Nord nach Süd verlaufenden Bergregion
(Jenin, Nablus, Ramallah, Bethlehem, Hebron). Durch den vorherrschenden Westwind
konzentrieren sich hier auch die Regenfälle.
Große Mengen dieser Niederschläge fließen
jedoch durch unterirdische Gesteinsschichten
entweder Richtung Osten (hauptsächlich nach
Jericho) oder Westen, wo sie in Quellen im
israelischen Staatsgebiet von vor 1967 wieder
zu Tage treten. Der Einzige also, den Tveit für
diesen „Diebstahl“ verurteilen kann, ist der
Schöpfer dieser Welt.
Aber diese Situation ist nicht einzigartig.
Vergleichbare Fälle gibt es überall auf der
Welt. Die Standardlösung besteht in einer
Vereinbarung, aufgrund derer die Nutznießer
der Situation einen bestimmten prozentualen
Anteil ihres Wasser an diejenigen abgeben,
die dort leben, wo die Regenfälle niedergehen. Natürlich gibt es keine Standardformel,
um die Prozentzahl zu berechnen, da diese
von lokalen Faktoren abhängt. Überdies hat
Israel 1955 im Rahmen des Abkommens von
Taba genau solch eine Vereinbarung mit den
Palästinensern getroffen. In den vergangenen
Jahren sind die Niederschläge zurückgegangen und trotzdem leitet Israel weiterhin die
vereinbarte Menge Wasser und sogar mehr
an die Palästinenser weiter.
Mit anderen Worten, der zentrale Vorwurf
der Palästinenser – Israel stehle ihr Wasser
– ist bereits seit über zwanzig Jahren widerlegt. Dennoch verbreiten palästinensische
Propagandisten weiterhin diese Lüge, denn
die Wahrheit ist weder für sie, noch für ihr
bereitwilliges Publikum von Israel-Hassern,
von Bedeutung.
Tveit sagt weiter, wobei er abermals EWASH
zitiert: „In Ramallah gibt es durchschnittlich
mehr Niederschläge als in London. Und dabei beträgt der Pro-Kopf-Wasserverbrauch in
London 150 Liter/Tag, im Gegensatz zum
dem eines Durchschnitts-Palästinensers mit
nur 70 Litern/Tag. In Israel beläuft sich der
Wasserverbrauch pro Kopf jedoch auf ganze
300 Liter/Tag.“
Es spielt keine Rolle, ob diese Zahlen richtig
oder nur eine weitere Lüge sind. Der Punkt
ist, dass die Zahlen ganz und gar unbedeutend
sind. Israels Verpflichtung den Palästinensern
gegenüber basiert ausschließlich auf den Niederschlagsmengen, die in den Bergen fallen.
Inwiefern sich dies auf den Pro-Kopf-Verbrauch
auswirkt, hängt von etwas ganz anderem ab:
Wie viele Palästinenser gibt es, die Wasser
verbrauchen? Die Verpflichtung ist dieselbe
– ob die Regionen, die unter der Verwaltung
der Palästinensischen Autonomiebehörde
stehen, nur hundert oder hundert Millionen
Palästinenser beherbergen. Wenn es das Ziel
der Palästinenser ist, ihre Bevölkerungszahl
alle zwanzig Jahre zu verdoppeln, wie sie behaupten (ob dies nun der Wahrheit entspricht
oder nicht), so liegt dies einzig in ihrer eigenen
Verantwortung und nicht in der Israels.
Im Umkehrschluss bedeutet das aber auch, dass
alle Anschuldigungen gegen Israel bezüglich
des Pro-Kopf-Verbrauchs von Wasser null und
nichtig sind und unverzüglich zurückgewiesen
und nicht weiter beachtet werden sollten.
Wann immer Palästinenser Sie mit solchen ProKopf-Daten konfrontieren, was sie ausnahmslos
tun, sollten Sie wissen, dass sie versuchen, Sie
mit unbedeutenden Informationen zu blenden.
Genau wie Tveit es tut.
Worüber Tveit hätte nachdenken und worüber er hätte reden sollen, wenn er den Palästinensern ernsthaft helfen wollte, so wäre
dies eine Erklärung dazu gewesen, warum
die Israelis sich über so viel mehr Wasser
pro Kopf freuen können – um die Genialität
dessen, wie Israel seine ehemaligen Wasserprobleme gelöst hat, der absoluten Unfähigkeit
der Palästinensischen Autonomiebehörde,
ihre eigenen Probleme zu lösen, gegenüber zu
stellen. Und er hätte die Palästinenser ermahnen sollen, von Israel zu lernen, anstatt Israel
sinnlos zu verleumden. In der Tat sollte sein
ganzes Ökumenisches Wassernetzwerk, wenn
es überhaupt etwas wert ist, das israelische
Modell weltweit empfehlen.
Bis vor wenigen Jahren unterlag Israel extrem
starken Schwankungen hinsichtlich der jährlichen Niederschlagsmengen. Heute hat das
Land durch eine Kombination von Gesetzesvorschriften und technologischen Initiativen
das Problem gelöst. Recyclingprozesse bereiten
heute rund 80 Prozent des Schmutzwassers
wieder auf. Neue Entsalzungsanlagen wurden
entlang der Mittelmeerküste errichtet, so dass
Israel jetzt über eine Fülle von Wasser für sich
verfügt. All das kostet natürlich Geld und so
ZUM LEBEN
70 |
Ausgabe 2 | 3 2016
Anstatt dass die Palästinensische Autonomiebehörde ihre eigenen Rechtsvorschriften
durchsetzt, bestellt sie einfach mehr Wasser
und Strom aus den israelischen Netzen. Und
gleichzeitig bezahlt auch sie ihre Rechnungen
nicht: Normalerweise ist sie hunderte Millionen Schekel im Rückstand.
Und lassen Sie sich von niemandem durch
Behauptungen in die Irre führen, dass israelische Siedlungen im Westjordanland palästinensisches Wasser raubten. Die größten
Siedlungsblöcke wurden an das israelische
Wassernetz angeschlossen, sie erhalten und
bezahlen also auch Wasser aus Israel.
Israel gab in den letzten Jahren Hunderte
Millionen Dollar aus, um an seiner
Mittelmeerküste Wasserentsalzungsanlagen zu bauen, so dass es jetzt Wasser im
Überfluss hat. Gleichzeitig verbreiten
palästinensische Propagandisten ständig
die falschen Anschuldigungen, Israel
würde palästinensisches Wasser stehlen.
US-Botschafter in Israel, Daniel Shapiro,
beim Besuch der Entsalzungsanlage in
Hadera am 26. Juli 2012,
Foto: US-Botschaft in Tel Aviv.
zahlen die Israelis mehr für ihr Wasser. Zudem
werden Bußgelder auferlegt, wenn mehr als
die per Gesetz für private Haushalte definierte
Pro-Kopf-Menge verbraucht wird.
Unter der Palästinensischen Autonomiebehörde herrscht das genaue Gegenteil. Bis zu
30 Prozent ihres Wassers, so wird geschätzt,
geht bereits in ihren Wasserleitungssystemen
verloren.
Abwässer laufen ungehemmt auf das Land
der Palästinensischen Autonomiebehörde und
verschmutzen dieses; ein gewisser Teil davon
fließt weiter abwärts und belastet auch Israel.
Was recycelt wird, sind – so wie in Tveits Fall
– lediglich die schmutzigen alten Wasserlügen.
Da die Palästinensische Autonomiebehörde
(PA) an keine Küste grenzt, wurde ihr im
Abkommen von Taba zugestanden, die wasserführende Gesteinsschicht im östlichen Gebirge
zu erschließen, was sie jedoch so gut wie gar
nicht tut. Außerdem zahlt eine sehr große Anzahl der Palästinenser keine Wasserrechnung
oder stiehlt das Wasser einfach durch illegale
Anschlüsse aus dem öffentlichen Wassernetz.
Dasselbe gilt für die palästinensische Elektrizität: Rechnungen werden nicht bezahlt und
es erfolgen ungestraft illegale Anschlüsse an
das Stromnetz.
ZUM LEBEN
Die dritte Behauptung, die Tveit von EWASH
übernommen hat, ist, dass „in den vergangenen vier Jahren nur 1,5 Prozent der Anträge
von Palästinensern zum Bohren von Brunnen
und für andere Wasseranlagen in Zone C von
den israelischen Behörden genehmigt wurden“.
Jeder, der etwas von Hydrologie versteht, sollte
dieser Tatsache Beifall zollen, wenn es denn
stimmen würde. Zone C (in welcher der Anteil
der palästinensischen Bevölkerung immer nur
gering war) besteht aus trockenen oder wasserarmen Regionen, in denen Brunnenbohrungen
strikt reglementiert werden müssen.
Diese Situation zeigt sich auch in Gaza. Hier
bilden die natürlichen Felsformationen eine
gegenteilige Situation: das in Israel fallende
Regenwasser fließt unterirdisch nach Gaza.
Dies ist der Grund dafür, dass Gaza für die
Dauer vieler Jahrtausende der Menschheitsgeschichte eine fruchtbare Oase war. Seit
der Gründung der Palästinensischen Autonomiebehörde 1993 in Gaza (im Rahmen
des Oslo-Friedensprozesses) und seit der
Machtergreifung der Hamas im Jahr 2007
hat der Wildwuchs unkontrollierter Brunnenbohrungen durch Palästinenser jedoch
zu einem Absinken des Grundwasserspiegels und dem Eindringen von Meerwasser
in die grundwasserführenden Erdschichten
geführt. Dies hat das Grundwasser untrinkbar
gemacht. Die Bewohner Gazas haben das
Geschenk Gottes, das von Israel genommen
und ihnen geschenkt wurde, zerstört. Jetzt
importieren sie nur noch Trinkwasser aus
dem wasserreichen Israel.
Die „Sieben Wochen im Zeichen des Wassers“
des ÖRK sind faktisch sieben Wochen Gehirnwäsche. Wenn das schmutzige Wasser des ÖRK
in dessen Mitgliedskirchen fließt, wird es die
Köpfe naiver, ignoranter Christen verschmutzen und von pseudochristlichen Israel-Hassern
so gierig aufgesogen werden, als ob sie sich
einen Schuss einer erstklassigen Droge setzen
würden. Was die Nöte der Christen im Nahen
Osten betrifft, so wird es dem ÖRK wie gewöhnlich gelingen, sie zugunsten „Palästinas“
von der Tagesordnung zu streichen.
Und was Tveit selbst angeht, so hat er nicht
länger eine Entschuldigung für die Wiederholung dieser Lügen. Wenn er tatsächlich
völlig ahnungslos hinsichtlich der Wahrheit
wäre, dann könnte er dies zeigen, indem er
seine bisherige Ignoranz eingestehen, Reue
zeigen und seine sieben nassen Wochen absagen würde. Wir glauben jedoch nicht, dass
so etwas wie eine wahre Einschätzung der
Angelegenheit für ihn oder seinesgleichen
überhaupt von Interesse ist.
Einer der Vorgänger von Tveit, Konrad Raiser,
gab tatsächlich einmal zu, dass der ÖRK zu
Unrecht die Wahrheit außer Acht gelassen
habe. Dies sei, so sagte er, bei dessen Haltung
gegenüber sowjetischen Dissidenten der Fall
gewesen. In seinem Fall war es jedoch lediglich
eine Unterlassungssünde; etwas, das leichter
zu bereuen ist. Auf jeden Fall gestand er sie
erst dann ein, als er nicht mehr im Amt und
die Sowjetunion bereits von der Bildfläche
verschwunden war.
Der aktuelle Ökumenische Rat der Kirchen
hat jedoch seine bewussten Sünden vervielfacht, indem er eine wahre Buchstabensuppe
von untergeordneten Netzwerken geschaffen
hat, die gegen Israel opponieren: EAPPI, KP,
ÖWN, PJP … (ganz zu schweigen von den
erfinderischen Titeln, für die sie stehen). Das
EAPPI beispielsweise rekrutiert Freiwillige aus
Kirchen in der ganzen Welt, um ihnen drei
Monate lang die Köpfe mit palästinensischen
Unterstellungen vollzustopfen (drei Monate
lang – weil dies die längste Zeitspanne ist,
die Israel Besuchern zugesteht, die als angebliche Touristen ins Land kommen). Den
wohlmeinenden Freiwilligen wird keinerlei
Gelegenheit geboten, die Anschuldigungen
gegen Israel zu überprüfen. Sie sind dann
verpflichtet, weitere drei Monate lang damit
zu verbringen, durch ihre eigenen Kirchen
zu reisen und diese Beschuldigungen zu wiederholen. Die Wahrheit wird dabei nicht nur
ignoriert, sie ist in diesem System schlicht und
einfach bedeutungslos.
Quelle: Übersetzung Redaktion Audiatur - Zuerst in Englisch
erschienen beim Gatestone Institute, New York. Der Autor,
Malcolm Lowe, ist ein walisischer Wissenschaftler auf den
Spezialgebieten Griechische Philosophie, Neues Testament und
interreligiöse Beziehungen.
| 71
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72 | Solidarisches
Ausgabe 2 | 3 2016
v. l. Thomas Mersinger, Hanna Mielke, Joachim Posselt, Marlis Gutberlet, Siegfried Wiegand und Helga
Sächsische Israelfreunde nahmen am
Gedenken des Staates Israel zum Yom
HaShoah 2016 in Jerusalem teil
ein Bericht von Thomas Mersinger,
Eilenburg
Beim diesjährigen Maieinsatz der Handwerker der Sächsischen Israelfreunde stand eine
besondere Veranstaltung im Fokus der Jerusalemer Gruppe, die uns schon vor der Reise
sehr beschäftigte. Wir hatten eine Einladung
zur Teilnahme an der offiziellen staatlichen
Eröffnungszeremonie des Yom HaShoa, des
Märtyrer- und Heldengedenktages, und zur
Kranzniederlegung in der Jerusalemer Holocaustgedenkstätte Yad Vashem. Nicht nur
die Hürden bis zum Erhalt der Zutrittsberechtigung sondern vor allem unsere Erwartung,
wie wir empfangen werden und wie man
ZUM LEBEN
uns begegnen wird, steigerten unsere Aufregung deutlich. Wegen der Teilnahme von
Regierungsmitgliedern und internationalen
Gästen unterlagen diese Veranstaltungen
höchsten Sicherheitsstandards. Also wollte
man auch von uns wissen, wer kommt. Doch
von der Übermittlung der Teilnehmerdaten
unserer Gruppe über die Bestellung unseres
Kranzes und den Schleifentext darauf bis zu
den Zutrittsmodalitäten hat Lothar Klein alles
telefonisch und per E-Mail mit Shavit Aharoni-Simons von den Christian Friends of Yad
Vashem vorher geklärt.
Die Zeremonie begann am 4. Mai um 20.00
Uhr mit Reden von Präsident Reuven Rivlin
und Premierminister Benjamin Netanjahu.
Danach wurden Erlebnisberichte von sechs
Shoa-Überlebenden auf großen Leinwänden
gezeigt, die uns sehr berührten und uns unsere
Verantwortung deutlich vor Augen malten.
Dies zu sehen und zu wissen, dass man zu
dem Volk gehört, das dieses große Unrecht
begangen hat, hat uns beschämt. Nach jedem
der sechs Berichte hat der jeweilige Überlebende eine der großen Flammen entzündet,
die jeweils für eine Million ermordeter Juden
steht. Sechs Millionen Menschen sind eine
riesengroße Zahl, aber wenn man dann die
Möglichkeit hat, mit einem Menschen zu
sprechen, der die „Hölle der Höllen“ in Auschwitz erlebt und – Gott sei Dank – überlebt
| 73
Ausgabe 2 | 3 2016
Ministerpräsident Benjamin Netanjahu
hat, dann kann man das Ausmaß dieses Verbrechens und der Not der Opfer nicht mehr
erfassen. Eine alte Dame, in deren Wohnung
wir Renovierungsarbeiten ausführen durften
und die das KZ Auschwitz überlebt, aber dort
ihre Eltern und sieben ihrer Geschwister verloren hat, fragte: „Warum wollen Sie das wissen,
Sie können es doch nicht verstehen.“ Damit
hatte sie Recht. Sie sagte weiter: „Ich kann es
nicht vergessen. Kann man denn seine Eltern
vergessen? Wir haben kein Grab, an dem
wir trauern können. Ich habe nur ein ganz
kleines Bild von meinen Eltern, aber immer,
wenn ich es ansehe, muss ich wieder daran
denken.“ Wie hätten wir sie trösten können?
So sagte ich ihr, dass auch wir an den Gott
Abrahams, Isaaks und Jakobs glauben und für
sie beten. Darauf sagte sie uns: „Meine Söhne heißen auch Abraham, Isaak und Jakob.“
Und noch etwas sagte sie uns: „Ich mag das
Wort ‚Wiedergutmachung‘ nicht. Es gibt keine
Wiedergutmachung. Wie will man denn das,
was geschehen ist, wieder gut machen?“ Und
später fügte sie hinzu: „Nichtwahr, so etwas
darf nie wieder passieren!“
Am nächsten Tag fand 10.00 Uhr die Kranzniederlegung statt. Die Sächsischen Israelfreunde
hatten das Vorrecht, auch einen Kranz für die
Opfer der Shoa niederlegen zu dürfen. Ausgewählt wurden dafür unsere mit 16 Jahren
jüngste Teilnehmerin, Hanna Mielke, und
unser mit fast 72 Jahren ältester Teilnehmer,
Siegfried Wiegand. Auch hier wieder Aufre-
Siegfried Wiegand und Hanna Mielke
gung pur. Aber ebenso wie am Vortag war alles
bestens organisiert von Shavit Aharoni-Simons:
Die Plätze waren reserviert, wir wurden sehr
freundlich und zuvorkommend begrüßt und
der Kranz mit der Aufschrift „Sächsische Israelfreunde“ war da.
Nachdem Staatspräsident Reuven Rivlin, Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und weitere
Regierungsmitglieder Israels sowie zahlreiche
Vertreter von Staaten und Organisationen des
In- und Auslands ihre Kränze niedergelegt
hatten, durften auch die Sächsischen Israelfreunde ihren Kranz niederlegen und damit
ihre Trauer über die Opfer der Shoa und ihre
Ehrerbietung ihnen gegenüber zum Ausdruck
bringen. Nach der offiziellen Veranstaltung
hatten wir noch die Gelegenheit, an einer
Führung durch Yad Vashem teilzunehmen, die
von einer jungen Frau geleitet wurde, die die
Enkelin einer Shoa-Überlebenden aus Rumänien ist. Gerade sie konnte uns die Ausstellung
mehrerer Torah-Schreine aus Rumänien und
weiterer wertvoller Gegenstände des religiösen Gebrauchs sehr anschaulich beschreiben.
Dabei bezog sie sich immer wieder auf den
Glauben ihrer Großmutter.
„Wie will man denn
das, was geschehen
ist, wieder gut
machen?“
Leider lässt sich nicht alles berichten, was wir
erlebt haben, nicht nur wegen des begrenzten Platzes, sondern auch, weil manches in
unseren Herzen hängengeblieben ist, was
man nicht so leicht in Worte fassen kann. Wir
arbeiten aber daran, andere an dem Erlebten
teilhaben zu lassen. Auch die Fotos vermitteln
einen Eindruck davon, was wir erlebt haben.
Nach diesem herausfordernden Ereignis ist
uns ein großer Stein vom Herzen gefallen.
Es ergaben sich auch mehrere interessante
Gespräche mit anderen Teilnehmern, die uns
zeigten, dass in vielen Ländern der Welt Christen für das Volk Israel einstehen. Und immer
wieder staune ich darüber, wie barmherzig
der große Gott mit dem deutschen Volk nach
all diesen Verbrechen umgegangen ist. Wir
haben nicht nur die Chance sondern auch
das Vorrecht, Israel zu segnen durch Gebet,
durch Parteiergreifen, durch Hingehen, durch
Spenden, durch Trösten.
ZUM LEBEN
74 | Desinformatives
Ausgabe 2 | 3 2016
Verheerend: Verzerrtes Israelbild
in deutschen Schulbüchern
in einem nicht demokratisch geprägten regionalen Umfeld“ weitgehend ausgeblendet.
Bereits 1985 war eine entsprechende Untersuchung durchgeführt worden. Auch vor 30
Jahren hatte sich bereits ein ähnliches Bild
der Darstellung in den deutschen Schulbüchern
abgezeichnet. Auf israelischer Seite hat sich
unterdessen die Darstellung Deutschlands in
den Schulbüchern verbessert und endete nicht
mit dem Holocaust, sondern berücksichtigt
auch die jüngste Geschichte Deutschlands in
Europa.
© picture-factory – fotolia.com
Kein religiöses, sondern ein
politisch-kulturelles Problem
von Norbert Schäfer, Christlicher Medienverbund KEP, www.israelnetz.com
Experten aus Bildungspolitik, Schulbuchforschung und dem Schulbuchverlagswesen
haben in Berlin über die Darstellung Israels
in deutschen Lehrbüchern diskutiert. Das
Ergebnis ist verheerend: Das Land wird verzerrt und einseitig dargestellt.
Zwischen 2011 und 2014 hat die Deutsch-Israelische Schulbuchkommission deutsche und
israelische Schulbücher der Fächer Geschichte, Geographie und Sozialkunde im Hinblick
der Darstellung des jeweils anderen Landes
hin untersucht. Der Bericht, im August 2015
vorgelegt vom Georg-Eckert-Institut – Leibniz-Institut für internationale Schulbuchförderung für den Zeitraum 2011 bis 2014,
fördert zutage, dass in deutschen Schulbüchern
Israel oft einseitig als Aggressor dargestellt
wird und Fakten zum Verständnis der Geschichte des Landes nicht berücksichtigt oder
falsch dargestellt werden. In dem Bericht heißt
ZUM LEBEN
es unter anderem: „Verkürzungen und Verzerrungen sind die Folge. Israel erscheint
primär als kriegführender Krisenstaat im Nahen Osten.“ In den untersuchten Schulbüchern
würden die „historische Entwicklung der
israelischen Gesellschaft, die Errungenschaften des jüdischen Staates auf sozialem, wirtschaftlichem und kulturellem Gebiet und die
Besonderheit Israels als liberale Demokratie
2015 haben etwa 500.000 Menschen Asyl
in Deutschland beantragt. „Eine signifikant
hohe Zahl dieser akzeptierten Flüchtlinge
kommen aus dem Nahen Osten. Das ist deshalb relevant, weil andere Untersuchungen
von Schulbüchern in Syrien oder den palästinensischen Gebieten festgestellt haben, dass
dort ein antisemitisches und antizionistisches
Weltbild vermittelt wird“, erklärte Maya Zehden, Präsidiumsmitglied der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, am Dienstag auf der
Veranstaltung im Auswärtigen Amt in Berlin.
Ein Teil der so erzogenen Bevölkerung gehöre
dann zu Deutschland. Bereits vor der Einwanderungswelle habe man „einige beängstigende
Vorfälle“ mit Menschen aus diesem Kulturkreis
an jüdischen Personen registriert.
Deutlich werde, dass das „Auslassen von
Informationen ein verzerrtes Bild erzeugt“,
sagte Tenhafen. Bildungsziel müsse sein,
dass „Terror grundsätzlich kein Mittel der
politischen Auseinandersetzung ist“. Dies sei
wichtig für die demokratische Erziehung in
Deutschland.
| 75
Ausgabe 2 | 3 2016
Zehden sieht darin kein religiöses, sondern
ein politisch-kulturelles Problem, das jedoch
von einigen Imamen hier gefördert würde.
Auf Einladung des „Mideast Freedom Forum
Berlin“, der Deutsch-Israelischen Gesellschaft
und der „Scholars for Peace in the Middle
East“ haben Experten aus Bildungspolitik,
Schulbuchforschung und dem Verlagswesen
für Schulbücher im Auswärtigen Amt über
den Bericht, die Darstellung Israels in deutschen Schulbüchern und Lösungen diskutiert.
Dabei kam heraus, dass das Land oft einseitig
als Aggressor dargestellt wird und wichtige
Fakten für das Verständnis der Geschichte
und des Friedensprozesses in den Büchern
weitgehend unterschlagen wird.
Kirsten Tenhafen, Mitglied der „Scholars for
Peace in the Middle East“ und Vorstandsmitglied des Jüdischen Forums für Demokratie
und gegen Antisemitismus, verdeutlichte die
Problematik anhand von Beispielen aus Schulbüchern. „In einem Schulbuch fehlt komplett
die Information, dass es sich bei dem Täter
um ein Mitglied der Hamas handelt. Mit dem
Fehlen dieser Information wird im Schulbuch
Maya Zehden, Präsidiumsmitglied der
Deutsch-Israelischen Gesellschaft, erwog
eine Rückrufaktion für Schulbücher mit
falschen Darstellungen.
Foto: Israelnetz/Norbert Schäfer
Dirk Sadowski, Leiter der Deutsch-Israelischen Schulbuchkommission des Georg
Eckert-Instituts – Leibniz-Instituts für
internationale Schulbuchforschung,
konstatierte eine verzerrte Darstellung
Foto: Israelnetz/Norbert Schäfer
der Eindruck erweckt, der Täter handle aus
Empörung gegen die Unterdrücker.“ Deutlich
werde, dass das „Auslassen von Informationen
ein verzerrtes Bild erzeugt“, sagte Tenhafen.
Bildungsziel müsse sein, dass „Terror grundsätzlich kein Mittel der politischen Auseinandersetzung ist“. Dies sei wichtig für die demokratische Erziehung in Deutschland. In
den Darstellungen des israelisch-palästinensischen Konfliktes fehlten wichtige historische
Fakten und Zusammenhänge, es gebe „Falschdarstellungen“ und „Behauptungen“. Bei der
Beschreibung der innerisraelischen Sicherheitsanlagen werde nicht erwähnt, dass dadurch der Terror in Israel um 90 Prozent
zurückgegangen sei, stattdessen würden die
Anlagen als „Sperranlagen“ oder „Trennmauer“ bezeichnet. Quellen und Quellentexte
können nach Auffassung Tenhafens von den
Schülern nicht korrekt eingeordnet werden.
„Aussagen bleiben unhinterfragt stehen.“
entsprechend auch in einem Schulbuch widerspiegeln. Gegensätze dürften nicht ignoriert
werden. Gleichzeitig gelte das Überwältigungsverbot, das verbiete, Schüler für eine bestimmte Position zu instrumentalisieren. Die
internen Qualitätskontrollen könnten Fehler
„im permanenten Prozess der Optimierung“
nicht ausschließen. Es dauere mitunter zehn
Jahre, bis ein Buch neu aufgelegt werde. Zehden wünschte eine Rückrufmöglichkeit für
Bücher, bei denen offensichtlich Mängel festgestellt worden seien.
Wenig Veränderung seit 1985
Forderung nach hohen
Qualitätsstandards
Dirk Sadowski, wissenschaftlicher Koordinator der Deutsch-Israelischen Schulbuchkommission des Georg Eckert-Instituts – Leibniz-Instituts für internationale Schulbuchforschung, hat die Studie verantwortlich geleitet. Sadowski konstatierte, dass sich in den
letzten 30 Jahren wenig geändert habe, das
Ergebnis der Studie sei „negativ“, es habe
sich „im Prinzip nichts, oder nur sehr wenig
geändert an der Israeldarstellung“. Es habe
sich eine starke Vereinseitigung des Bildes
von Israel offenbart. In den wenigsten Büchern
werde dargestellt, dass das Land die einzige
Demokratie im Nahen Osten sei. Auch die
deutsch-israelischen Beziehungen fehlten
nahezu komplett in den Büchern.
Zudem hätten die Forscher eine „Engführung“
auf den israelisch-palästinensischen Konflikt
festgestellt, der losgelöst der Probleme in der
arabischen Welt dargestellt werde. „Die Geschichte des Konflikts wird dadurch unzulässig verkürzt“, sagte Sadowski. Die Veranstaltung
im Auswärtigen Amt stand unter dem Thema
„Pädagogik des Ressentiments – Das Israelbild
in deutschen Schulbüchern“.
Martin Kloke, Verlagsredakteur des Cornelsen-Schulbuchverlages in Berlin, erkannte den
Vorwurf über Verkürzungen in den Darstellungen an. Kloke verwies auf den „Beutelsbacher Konsens“, in dem Grundsätze für die
politische Bildung festgelegt sind. Das, was
in der Gesellschaft umstritten sei, müsse sich
Götz Bieber, Direktor des Landesinstituts für
Schule und Medien Berlin-Brandenburg, appellierte an die Verlage, das, „was in der
Schulbuchforschung heraus gekommen ist,
diff erenziert aufzuarbeiten“. Bieber wollte
den Autoren der Schulbücher keinen Vorwurf
machen, sie brächten stattdessen „Anleitung
zur weiteren Entwicklung der Materialien“.
Jörg Rensmann, Vorstandsmitglied des „Mideast Freedom Forums“, erklärte: „Schulbücher
sind noch immer ein wichtiges Medium der
Wissensvermittlung für unsere Kinder. Das
Stichwort Demokratie ist dabei enorm wichtig. Wenn wir uns mit dem Nahost-Konflikt
befassen, sollten wir sowohl was die Sachtexte,
als auch was die Auswahl von Quellen angeht,
nach hohen Qualitätsstandards arbeiten.“ Es
müsse darauf geachtet werden, dass es nicht
zu Darstellungen komme, die möglicherweise an antisemitische Vorurteile anknüpfen
können. Etwa das Nichterklären, dass die
Hamas eine auf Vernichtung ausgerichtete
antizionistische-Terror-Organisation sei, mit
einer entsprechenden Charta.
Auch dürfe nicht verschwiegen werden, dass
es auf die historische Abfolge von Ereignissen
ankomme. „Wenn ich in einem Schulbuch
lese, dass der UN-Teilungsplan von 1947 von
beiden Seiten nicht anerkannt wurde, so ist
das sachlich falsch.“ Die ganzen folgenden
Ereignisse könnten dadurch über die Jahrzehnte hinweg von den Schülern nicht richtig
beurteilt werden. Die Bundesrepublik habe
mit Recht den Anspruch, gesichertes Wissen
zu vermitteln. Es gelte, dies anhand von Fakten zu tun, nicht mittels Gerüchten oder
fragwürdiger Quellen. Es gelte Israel als das
darzustellen, was es wirklich sei: „Eine funktionierende, plurale Demokratie“.
Mit freundlicher Genehmigung von Israelnetz
ZUM LEBEN
76 | Ahnungsloses
Ausgabe 2 | 3 2016
Finsterlinge
bedrohen Israel
Die einen nennt man „Siedlerlobby“, diese
arbeite sehr geheim gegen die ultimative
Zwei-Staaten-Friedenslösung indem sie die
Errichtung eines (judenfreien) palästinensischen Staates hintertreibt und damit Israels
Zukunft als „jüdischer Staat“ gefährdet. Und
dann gibt es, noch geheimer, den „zunehmenden Einfluss“ der Orthodoxen, die den
säkularen Charakter des Staates gefährden,
weil sie in Israel eine Theokratie schaffen
wollen, einen Gottesstaat nach iranischem
Vorbild, doch nur eben auf „jüdisch“. In Jerusalem können wir zwar von beidem nichts
merken, aber was heißt das schon. Wer über
Geheimwissen verfügt, der braucht keine
Fakten, um überzeugt zu sein.
Wer von „jüdischer Lobby“ in Deutschland,
in Europa, in der Finanzwelt oder in der Politik redet, ist zudem davon befreit, Namen
zu nennen. Wenn dann doch mal Namen
genannt werden, handelt es sich meist um
den jeweiligen Vorsitzenden des Zentralrats
der Juden in Deutschland und vielleicht noch
Henryk Broder oder gar um Charlotte
Knobloch. Die werden zu pikanten Themen
interviewt, weil sie vermeintlich das schlechte Gewissen der Deutschen repräsentieren.
Und wenn sie dann die von ihnen erwartete
Kritik äußern, etwa wegen der Preisverleihung
an zwielichtige pro-palästinensische Vereine
oder Personen, werden ihre Aussagen zu
einer „Lobby“ hochstilisiert. Man reibt sich
die Augen und wundert sich.
Israels Zukunft und sein
gesellschaftlicher Bestand
werden von zwei finsteren
Kräften akut bedroht.
Ähnlich verhält es sich mit der „Siedlerlobby“
in Israel. Mal werden Politiker wie Naftali
Bennett oder Uriel Ariel erwähnt, doch die
reden nicht als Anführer einer „Lobby“, sondern eher als Minister und Parteipolitiker.
Wer sind die „Siedler“
wirklich?
© photozion.com
Eine halbe Million Israelis gelten als „Siedler“,
weil sie im Ostteil Jerusalems und in Siedlungen im Westjordanland leben. Doch wenn
man die meisten Bewohner Ost-Jerusalems
oder der großen Städte im Westjordanland
fragt, wird man schnell feststellen, dass viele
sich gar nicht bewusst sind, „Siedler“ zu sein.
Sie sind nach Gilo, Ost-Talpiot oder Ramot
gezogen, weil sie sich eine Wohnung im Stadtzentrum nicht mehr leisten konnten. Gleiches
gilt für die Bewohner von Schlafstädten nahe
Tel Aviv oder für Ma‘aleh Adumim. Deren
Bewohner gehören nicht einmal der israelischen Rechten an, wie Wahlergebnisse zei-
| 77
Ausgabe 2 | 3 2016
gen. Sie repräsentieren vielmehr „typische“
Israelis unterschiedlicher politischer Couleur.
Und obgleich die Medien in Europa „die“
Siedler meist als „Orthodoxe“ darstellen, haben 2015 von den 206.000 Wahlberechtigten
in den Siedlungen nur etwa 30% die fromme
Schasspartei oder orthodoxe Parteien gewählt.
Namentlich erwähnt werden dann noch rechtsextremistische Siedler, meistens nachdem sie
verhaftet worden sind, weil sie Kirchen in
Israel angesteckt oder gar Mord an Palästinenser begangen haben, wie in dem Dorf
Duma. Doch diese inhaftierten Einzeltäter
können kaum als „Lobby“ bezeichnet werden,
zumal ihr Einfluss auf die Gesellschaft eher
beschränkt ist, wenn sie als geächtete Verbrecher im Gefängnis sitzen.
Linke bauen Siedlungen –
Rechte reißen sie ab
Bei genauem Hinschauen stellt sich heraus,
dass die „Siedlungspolitik“ ganz lobbyfrei von
den jeweiligen israelischen Regierungen beschlossen und durchgeführt wird. Die sozialistischen Regierungen bis 1977 und dann
noch einmal unter Rabin, Peres und Barak
haben aus unterschiedlichen Interessen heraus
munter Siedlungen bauen lassen. Ausgerechnet
unter rechtsgerichteten Politikern wie Begin
und Scharon wurden Siedlungen im Sinai, im
Gazastreifen und auch im Westjordanland abgerissen. Unter Netanjahu gab es immer wieder einen Baustopp im Westjordanland, der
immer noch anhält, um Abbas an den Verhandlungstisch zu locken. Netanjahu hat zudem
den Palästinensern mehr Land zur Selbstverwaltung übergeben als Rabin und Peres zuvor,
darunter 90 Prozent der Stadt Hebron.
Planung und Bau von Siedlungen sind eine
reine Regierungsangelegenheit, die nicht irgendeiner ominösen anonymen „Lobby“
folgen, sondern anderen Bedürfnissen und
Interessen gelten, wie einer Behebung der
Wohnungsnot.
Einfluss der Orthodoxen
Mit dem vermeintlich zunehmenden Einfluss
der Orthodoxen sieht es ähnlich aus. Aus
guten Gründen leben die meisten Orthodoxen
in geschlossenen Vierteln, etwa in Bnei Brak
bei Tel Aviv oder in Mea Schearim in Jerusalem. Wegen ihres ausgeprägten traditionellen
Lebensstils tun sie sich schwer, in weltlichen
Vierteln zurecht zu kommen, weil dort am
Sabbat Autos fahren und jeder Fernsehen
schaut. Berichtet werden in Europa grosse
Demonstrationen der Orthodoxen, auch weil
sie Stoff für exotische Bilder liefern. Doch
gerade diese Demonstrationen zeugen davon,
dass die Orthodoxen immer weniger Einfluss
haben, denn sonst bräuchten sie nicht auf
die Straße gehen und ihre Forderungen erkämpfen.
Einen Höhepunkt der Berichterstattung über
den „Kulturkampf“ zwischen frommen und
weltlichen Juden im „zerrissenen Israel“ gab
es im Dezember 2011, als in Ashdod ein
Orthodoxer Jude in einem öffentlichen Bus
eine junge Frau, Tanya Rosenblit, von der
vordersten Bank in den hinteren Teil des
Busses verweisen wollte. Er argumentierte,
dass ihm als frommer Mensch der Anblick
von Frauen verboten sei. In dem Fall rief der
Busfahrer die Polizei. Die zog den Orthodoxen
aus dem Bus. Die junge Frau konnte die Fahrt
auf der vordersten Bank sitzend fortsetzen.
Dieses eine Ereignis führte weltweit zu einem
Aufschrei der Empörung wegen „Segregation“
in israelischen Bussen. Es gab später noch
einige weitere Zwischenfälle dieser Art und
natürlich eine heftige Debatte in Israel. Sie
endete mit einer Weisung der Regierung, in
allen öffentlichen Verkehrsmitteln Aufkleber
an sichtbarer Stelle anzubringen, die es dem
Fahrer und den Passagieren streng verbieten,
Anderen einen Sitzplatz zuzuweisen. Dass
aktuell die Mitteldeutsche Regiobahn in jedem
Zug zwischen Leipzig und Chemnitz zwei
Frauenabteile einrichten will, war in Israel
übrigens kein Thema.
Tatsache ist, dass orthodoxe Parteien fast in
jeder Regierung vertreten waren und oft das
„Zünglein an der Waage“ darstellten. Doch
gleichzeitig verzichten die Orthodoxen auf
Ministerämter, weil sie keine Verantwortung
übernehmen wollen. Eine Ausnahme bildet
jetzt Gesundheitsminister Jakob Litzmann.
Der war jahrelang „stellvertetender“ Minister,
während der Ministerposten beim Premierminister lag. Weil dieser Zustand als „unnatürlich“ galt, wurde Litzman ultimativ gezwungen, sich endlich als Verantwortung
tragender Minister zu bezeichnen.
Wer nimmt hier auf wen
Einfluss?
Der übermäßige Einfluss der Orthodoxen
wurde vor allem in der vorigen Regierung
Netanjahus angeprangert, als erstmals seit
Jahren keine Orthodoxe in der Koalition ver-
treten waren. Finanzminister Jair Lapid und
andere junge Abgeordnete bemühten sich,
den Orthodoxen bisherige Privilegien zu nehmen, wie zum Beispiel die Befreiung vom
Militärdienst. Denn das hatte zur Folge, dass
viele Orthodoxe nicht arbeiten konnten und
auch keine Steuern zahlten. Sowie einer arbeitete, erfüllte er nicht mehr das Kriterium,
ununterbrochen die Tora zu studieren und
deshalb vom Militärdienst befreit zu sein. Um
dieses Monopol der Orthodoxen zu brechen,
hat sich die Armee zunehmend auf ihre Ansprüche eingestellt. Sie hat separate Einheiten
geschaffen, in denen keine Frauen dienen,
wo die Speisen ultra-koscher sind und wo
den Soldaten Zeit für ihre religiösen Studien
gelassen wird. Die Absicht ist, Orthodoxe
besser in die allgemeine Gesellschaft zu integrieren.
Warum is(s)t selbst die Armee
kosher?
Dass in allen Armeeküchen koschere Speisen
gereicht werden, hängt nicht vom Einfluss
der Orthodoxen ab. Vielmehr geht man von
einem „minimalen Konsens“ aus. Denn koschere Speisen können alle essen, auch dienende Moslems. Entsprechend kaufen Palästinenser im Westjordanland und in Jerusalem
in jüdischen Supermärkten ein, wo alle Waren
einen Koscherstempel des Rabbinats tragen.
Für die Moslems garantiert es, dass auch die
Fleischwaren „Halal“ sind, also ohne Schweinefleisch. Der Koscherstempel hat in Israel
eine ähnliche Bedeutung wie in Europa die
Überwachung aller Nahrungsmittelprodukte
durch das Gesundheitsamt, nur dass in Israel diese Aufgaben den Rabbinern übertragen
worden sind. Rabbiner sind – anders als
christliche Pastoren – keine Theologen, sondern Gesetzeshüter. Es wird vielleicht einige
Leser enttäuschen: Aber in über 40 Jahren
sind dem Autor in Israel keine finsteren Verschwörer begegnet. Keine geheime rechte
Siedlerlobby sitzt an den Schalthebeln der
Macht und noch weniger ist mit einer Regierungsübernahme der Orthodoxen zu rechnen.
Wer solche Dinge sucht, wird sich weiterhin
vertrauensvoll an die europäische Presse wenden müssen.
Quelle: Audiatur, mit freundlicher Genehmigung des Autors
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ZUM LEBEN
78 | Künstlerisches
Ausgabe
Ausgabe 2-3
2 | 3| 2016
2015
Diplomatischer Eiertanz in Nahost
von Ulrich W. Sahm, Jerusalem
Diplomatische Eiertänze, wohl nur so kann
man die Methode von intelligenten und hingebungsvollen Diplomaten nennen, Probleme
in der Welt zu lösen und „Frieden“ zu schaffen. Mit köstlichen Winkelzügen versuchten
die Deutschen früher, sich gegenseitig auszustechen. In Nahost funktioniert die Politik
genauso. Eine Glanzleistung präsentiert dabei
das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA). Es unterstützte
die UNO Flüchtlingshilfeorganisation UNRWA
schon ein Jahr vor ihrer Gründung.
Deutschland – aber wo liegt
es? –
1949 wurden auf den Trümmern des deutschen Reiches BRD und DDR gegründet und
damit begann ein jahrelanges diplomatisches
Tauziehen. Die damalige BRD „beanspruchte“
das Territorium der Sowjetischen Besatzungszone als Teil von Großdeutschland. Da sich
die BRD als Rechtsnachfolger des Deutschen
Reiches betrachtete, war für sie ein „wiedervereinigtes“ Deutschland eine Selbstverständlichkeit. Die DDR hingegen betrachtete sich
als legitimer, selbständiger Staat, wobei sie
nach Westen hin eine echte „Grenze“ besaß
und nicht, wie in Westdeutschland behauptet,
nur eine „Zonengrenze“, also eine Linie ohne
politische Konsequenzen. Jahrelang verhandelten Ost- und Westdeutschland um eine
neutrale Form der gegenseitigen Anerkennung,
Mit köstlichen
Winkelzügen versuchten die Deutschen früher, sich
gegenseitig auszustechen. In Nahost
funktioniert die
Politik genauso.
ohne sich wirklich anzuerkennen. Das Ergebnis war eine „ständige Vertretung“ der BRD
in Ost-Berlin und keine Botschaft. Die DDR
gibt es nicht mehr. Dennoch erinnert der
Sprachgebrauch immer noch an die alten
Verwerfungen. So kann man in „Mitteldeutschland“ bis zur polnischen Grenze fahren
und vergeblich nach „Ostdeutschland“ suchen.
Das gibt es nämlich nicht…
Noch komplizierter ist es im
Nahen Osten
1948 entstand Israel und wurde gleich von
seinen Nachbarn überfallen. Nach Beendigung
des Krieges war das Territorium grösser und
noch unübersichtlicher. Man könnte fast sagen:
dem Nahen Osten fehlte eine DDR und eine
klare Grenze zwischen den Machtblöcken.
1949 gab es Waffenstillstandsabkommen zwischen Israel und seinen Nachbarn Ägypten,
Jordanien, Libanon und Syrien. Zwei Jahrzehnte später, 1968, schuf Arafat in der zweiten PLO-Charta aus einem Teil der Araber
die „Palästinenser“. Als ihr Vertreter beanspruchte er das ganze ehemalige britische
Mandatsgebiet (abzüglich des heutigen Jordaniens). Weitere 20 Jahre später, 1988,
reduzierte sich der offizielle palästinensische
Gebiets-Anspruch auf die von Israel besetzten
Gebiete.
Jerusalem – wie Berlin, nur
noch unübersichtlicher
Die palästinensischen Ansprüche auf Jerusalem klingen ähnlich wie die Ansprüche der
DDR auf ganz Berlin und ihre Weigerung,
West-Berlin als Enklave der BRD anzuerkennen. Allerdings ist alles noch viel komplizierter.
West-Jerusalem wird nur de facto als Hauptstadt Israels akzeptiert und nicht de jure.
Viele Botschaften stehen in Tel Aviv, weil
man Jerusalem als „corpus separatum“ sieht,
also als Element der nie verwirklichten
UNO-Resolution 181 von 1947. Nur wenn
es um Israel geht, gilt der „corpus separatum“,
nicht aber bei den Palästinensern, wenn die
Ostjerusalem als ihre Hauptstadt einfordern.
Der Staat Israel wurde keineswegs nach seiner Gründung sofort rundum diplomatisch
anerkannt. Die Amerikaner taten sich zunächst
schwer mit der Gründung eines jüdischen
Staates, folgten dann aber sehr schnell den
Sowjets, weil sie in Sorge waren, Israel könnte
sich dem Ostblock zuwenden. Westdeutschland nahm Rücksichten auf die befreundeten
arabischen Staaten, während die DDR nicht
daran dachte, Israel anzuerkennen. So war
alles in der Schwebe.
Der „Kalte Krieg“ in Nahost
Es bedurfte erst eines schweren Verstoßes
des ägyptischen Präsidenten Gamal Abdel
Nasser gegen die damals noch geltende Hallsteindoktrin: Nasser hatte den DDR-Vorsitzenden Walter Ulbricht zu einem offiziellen
Besuch nach Kairo eingeladen. Für die Bonner
Republik war das ein unerträglicher Affront,
der zum Abbruch der diplomatischen Beziehungen mit Ägypten (und weiteren arabischen
Ländern) und dem Beschluss führte, 1965
Israel anzuerkennen. Der jüdische Staat, dessen sichere Existenz heute zur „deutschen
Staatsraison“ erhoben worden ist, existierte
damals schon 17 Jahre. Heute reagiert Israel
ähnlich allergisch, wenn befreundete Staaten
den noch nicht ausgerufenen aber auf dem
Papier schon existierenden „Staat Palästina“
anerkennen.
Theologische Geschäfte
Als wäre das alles nicht verwirrend genug,
tat sich auch der Vatikan schwer mit der Anerkennung eines „jüdischen Staates“, weil
„die Juden“ eine Anerkennung Jesu als Messias und Erlöser verweigert hatten. Was das
mit Staatsrecht zu tun hat, weiß vermutlich
nur der liebe Gott.
1994, nach Unterzeichnung der Osloer Verträge, musste auch der Heilige Stuhl einsehen,
dass man ohne Anerkennung eines Staates
schlecht mit ihm Geschäfte machen kann.
Vatikanische Einrichtungen wie das lukrative
Notre Dame Hotel in Jerusalem mitsamt Restaurants konnte nur nach einer gegenseitigen
Anerkennung auf den Status einer exterritorialen Enklave des Vatikans mit entsprechender
Steuerfreiheit hoffen.
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2015
Ein Staat auf dem Papier
Papier ist geduldig und tatsächlich steht auf
Briefköpfen und Hinweistafeln in Ramallah
schon „State of Palestine“ mitsamt Staatswappen. Vor der UNO weht in einer Reihe mit
Flaggen von anderen UNO-Mitgliedern die
palästinensische Fahne. In UNO-Gremien
wird wie selbstverständlich vom „Staat Palästina“ geredet, obgleich Präsident Mahmoud
Abbas ihn aus guten Gründen noch nicht
ausgerufen hat. Denn dann wäre er schnell
bankrott.
Bei der Einrichtung einer diplomatischen
Vertretung in den „Palästinensergebieten“
1994 war Deutschland genauso pingelig, wie
zuvor bei der Anerkennung der DDR. Weil
„Palästina“ noch kein Staat war, durfte es
keine Botschaft geben. Also hat Deutschland
in Jericho als erstes Ausland eine „Repräsentanz“ eingerichtet. So wollte man den Israelis
einen Gefallen tun, denn die hatten in den
Osloer Verträgen ausländische Vertretungen
vorgesehen, um den Palästinensern bei ihren
Friedensbemühungen behilflich zu sein.
Die Diplomaten gehören formal zum Personal
der deutschen Botschaft in Tel Aviv und erhalten dort auch die CD-Autonummern für
ihre Fahrzeuge. Die deutschen Diplomaten
dürfen aus Sicherheitsgründen nicht in der
Stadt ihres Amtssitzes wohnen, sondern
müssen sich eine Bleibe in Ostjerusalem suchen. Doch auch dort gibt es
Auflagen: Sie dürfen nur in eine
Wohnung mieten, die einem Araber
gehört und nicht etwa einem Juden.
Das ist natürlich kein Rassismus,
sondern reine Rücksichtnahme auf
die palästinensischen Gastgeber in
Ramallah, wie es Diplomaten unter
vorgehaltener Hand verraten.
Die Hauptaufgabe der diplomatischen
Vertretungen in Ramallah ist eine
Förderung des „Aufbaus“ von Palästina. Das geht von der Ausarbeitung einer Verfassung bis zur
Ausbildung der Polizei und der
Finanzierung von Projekten mit
Milliardensummen. Hinzu kommen
noch kulturelle Einrichtungen, wie
ein Goetheinstitut und die Förderung
von Kooperation auf allen Ebenen.
Würden die Palästinenser jetzt
einen Staat ausrufen, würden diese Milliardensummen bis hin zur
Finanzierung der aufgeblähten
Bürokratie wegfallen. Dann stün-
de ihnen nur noch eine dürftige Entwicklungshilfe zu, wie z. B. Äthiopien. Die Autonomiegebiete erhalten dank ihres ungeklärten
Status heute ein Vielfaches an Finanzhilfe aus
aller Welt. Kein Wunder, dass das Interesse
der Palästinenser an einem eigenen Staat
immer schlagartig nachlässt, sowie die Gefahr
besteht, dass er tatsächlich möglich würde.
Kleinlich ist das Auswärtige Amt bei der
„Möchte-gern Botschaft“ der Palästinenser
in Berlin. Die nennt sich „Palästinensische
Mission“ und „Die Diplomatische Vertretung
Palästinas in Deutschland“ im Untertitel.
Chefin Dr. Khouloud Daibes darf sich „Botschafterin“ nennen, aber ihr Dienstwagen
genießt keine diplomatische Immunität mangels CD-Zeichen. Früher gab es eine „Informationsstelle Palästina“ in Bonn und dann
eine „Generaldelegation Palästinas“, während
in Ostberlin eine richtige Botschaft existierte.
Schafft die Schweiz es, in
Nahost neutral zu bleiben?
Die neutrale Schweiz führt auf der Homepage
des EDA ebenfalls einen Eiertanz auf. Im
Titel geht es da nicht um die Beziehungen
zur Autonomiebehörde, also der offiziellen
Repräsentanz der Palästinenser, sondern um
ein diffuses Gebilde namens „Besetzte palästinensische Gebiet“. Das ist bekanntlich ein
Vorgriff auf künftige Entwicklungen, denn
bis heute haben die Palästinenser nicht
alle besetzten Gebiete zur Verwaltung übergeben bekommen, schon
gar nicht das von Israel annektierte Ostjerusalem. Nach palästinensischer Auffassung gilt auch
das Kernland des Staates Israel
als besetztes palästinensisches
Gebiet. „Eckpfeiler der Schweizer
Außenpolitik im Nahen Osten sind
friedensfördernde Maßnahmen, Entwicklungszusammenarbeit, humanitäre Hilfe sowie die Förderung
des Völkerrechtes – insbesondere
der Menschenrechte und des humanitären Völkerrechts.“
Das EDA bezeichnet Israel als wichtigen Handelspartner der Schweiz
im Nahen Osten mit 18.440 Schweizerinnen und Schweizern im Land,
eine der größten Auslandschweizer-Kolonie im asiatischen Raum,
während im „Besetzten Palästinensischen Gebiet“ nur 83 Schweizer
Staatsbürger leben und es eine recht
bescheidene wirtschaftliche Koope-
ration gibt. Der Besuch von Präsident Abbas
in Bern im November 2012 war der Beginn
jährlicher politischer Konsultationen zwischen
der Schweiz und der Palästinensischen Autonomiebehörde. Demgegenüber pflegen Israel und die Schweiz seit 2004 nur einen
„regelmäßigen politischen Dialog“.
Die Schweiz ist im „Besetzten Palästinensischen Gebiet“ mit einem Vertretungsbüro
in Ramallah und einem Kooperationsbüro der
Schweizer Entwicklungszusammenarbeit
(DEZA) in Ost-Jerusalem (!) vertreten.
„Die Gründung des Staates Israel ist eng mit
der Schweiz verknüpft: Der erste Zionistenkongress 1897 fand in Basel statt. Weitere
15 von insgesamt 22 Kongressen wurden
ebenfalls in der Schweiz abgehalten“, heisst
es beim EDA, doch volle diplomatische Anerkennung kam aus nicht weiter erklärten
Gründen erst 10 Jahre nach der Entstehung
Israels zustande: „1949 anerkannte sie den
neuen Staat und eröffnete in Tel Aviv ein
Konsulat. Es wurde 1958 zur Botschaft aufgewertet.“ Weiter heißt es: „Nach der Eskalation im Nahost-Konflikt stellte die Schweiz
zwischen 2002 und 2005 die Rüstungsgeschäfte und die militärische Zusammenarbeit
mit Israel ein.“ Gemeint ist die mörderische
Terrorwelle der Palästinenser, für deren Beendigung Israel gestraft wurde.
Allerdings merkte man in der Schweiz bald,
dass man sich mit dieser Maßnahme auch
selber schadete. Inzwischen erwirbt die
Schweiz laut Medienberichten sogar israelische
Heron-Drohnen, die mit Kameras für Aufklärungsflüge, aber auch mit Angriffswaffen
ausgestattet werden können.
Derzeit erkennen 134 Länder den von der
PLO 1988 in Algerien ausgerufenen unabhängigen Staat Palästina an. Darunter sind
politische Schwergewichte wie Russland, aber
kein einziger westeuropäischer Staat, schreibt
der Tagesanzeiger.
In der Schweiz ist eine formelle Anerkennung
„Palästinas“ derzeit kein Thema. Der Bundesrat anerkenne Palästina faktisch bereits
jetzt, so der Tagesanzeiger. „Seit 1948 unterstützt sie insbesondere das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen für Palästinaflüchtlinge (UNRWA)“ heißt es auf der
offiziellen Homepage des EDA, obgleich die
UNRWA nach eigenen Angaben erst im Dezember 1949 gegründet worden war.
Nur mit einem nahöstlichen Eiertanz kann
man diesen Widerspruch verstehen: Das EDA
unterstützte das UNO-Flüchtlingswerk schon
ein Jahr vor seiner Gründung. Genauso redet
alle Welt heute von einer Anerkennung des
Staates Palästina, noch ehe es ihn gibt…
80 | Aktuelles
Vermischtes
Ausgabe 2 | 3 2016
Kurzberichte
Die Meerenge von Tiran
Hadar Cohen, Foto: Israeli Police
von Ulrich W. Sahm, Jerusalem
Die Übergabe der Inseln Tiran und Snapir in
der Meerenge von Tiran am „Eingang“ zum
Golf von Akaba, von Ägypten an Saudi Arabien,
hat in Kairo einen Aufschrei der Empörung
ausgelöst. Präsident A-Sisi wird vorgeworfen
ägyptisches Mutterland für einen Haufen Geld,
16 Milliarden US-Dollar saudischer Finanzhilfe,
zu veräußern. Das stehe eine Stufe vor Hochverrat. Noch muss das ägyptische Parlament
dem Projekt zustimmen.
Weltweites Aufsehen erlangte dieses Geschäft,
als Saudi Arabien verkündete, mit einer Hochbrücke Asien mit Afrika bei den unbewohnten
Inseln verbinden zu wollen, vergleichbar mit
der Bosporus-Brücke bei Istanbul, die Europa
mit Asien verbindet. Obgleich von dem Projekt direkt betroffen, hatte Israel zunächst
geschwiegen. Inzwischen haben jedoch Experten und Politiker damit verbundene rechtliche
Probleme aufgeworfen. Dennoch hat der israelische Verteidigungsminister Mosche Jaalon
die Übergabe der Inseln und den geplanten
Bau der Brücken ausdrücklich begrüßt.
Die beiden Inseln gehörten bis 1950 zu Saudi
Arabien. Sie wurden an Ägypten verpachtet,
weil es die Meerenge mit seiner Armee besser
vor Übergriff en vor allem Israels schützen
könne. 1967 missbrauchte der ägyptische
Präsident Gamal Abdel Nasser die Inseln, um
einen casus belli gegen Israel zu konstruieren.
Er sperrte die Meerenge für Schiffe auf dem
Weg nach Eilat. Das interpretierte der jüdische
Staat als offene Kriegserklärung. Kurz darauf
brach tatsächlich der Sechs-Tage-Krieg aus,
auch wegen anderer ägyptischer Provokationen, wie der Abberufung von UNO-Friedenstruppen im Sinai.
Damals hatte der Hafen von Eilat im Süden
Israels eine große strategische Bedeutung. Nur
durch die Meerenge von Tiran konnte Israel
bis zur Khomeini-Revolution 1979 mehr als 25
Prozent seines Ölbedarfs heimlich aus Iran be-
ziehen. Mit der Schließung der Meerenge war
Israel von der Ölzufuhr abgeschnitten. Mehrmals hatte Israel die Inseln erobert und besetzt.
Erstmals 1956, beim Sinai-Krieg und dann in
der Zeit zwischen 1967 und der Umsetzung
des Friedensvertrags mit Ägypten 1982. Kairo
verpflichtete sich in dem Friedensankommen
mit Israel ausdrücklich, eine freie Durchfahrt
von Schiffen zu garantieren. Aus diesem Grund
wurde auf einer der Inseln ein Stützpunkt
der MFO-Friedenstruppen errichtet, um den
Schifffahrtsweg zu kontrollieren.
Heute monieren israelische Rechtsexperten,
dass Saudi Arabien nicht Partner des Friedensabkommens zwischen Israel und Ägypten sei.
Durch die Übergabe der Inseln sei die ägyptische Verpflichtung an Israel gegenstandslos
geworden. Während Israels Justizministerium
auf einer schriftlichen Formalisierung der
Abkommen besteht, behauptete der Likud-Politiker und Verteidigungsminister Mosche Jaalon im Kabinett von Benjamin Netanjahu,
dass Saudi Arabien an Israel eine schriftliche
Erklärung abgegeben habe, freie Schifffahrt
in der Meerenge von Tiran, nun unter saudischer Souveränität, garantieren zu wollen.
Entsprechend habe Israels Regierung auch
dem geplanten Bau der Brücken zugestimmt.
Der Hafen von Eilat soll heute dazu verwendet
werden, dem ägyptischen Suezkanal Konkurrenz zu machen. Sowie die Chinesen eine geplante Eisenbahntrasse zwischen Eilat und dem
Norden Israels fertiggestellt haben, könnten
sich Schiffe aller Nationen die hohen Gebühren
für eine Durchfahrt des Kanals sparen und
die Container auf dem Landweg von Eilat zu
den Mittelmeerhafen Aschdod transportieren
lassen. Sehr viel mehr wäre freilich Jordanien
von einer möglichen Sperrung der Meerenge
betroffen. Denn sein einziger Zugang zum
Meer geht über den Hafen von Akaba, direkt gegenüber dem israelischen Hafen in
Eilat. Doch da Saudi Arabien und Jordanien
verbündet sind, gibt es in Amman offenbar
keine Bedenken. Dank des Friedensvertrages
Israel/Jordanien kann das Haschemitische
Königreich seine Waren auch auf dem Landweg zum nordisraelischen Hafen transportieren und in alle Welt exportieren. Bedenken
gegen das Abkommen melden inzwischen
auch ägyptische Touritistik-Unternehmer an.
Obgleich die Saudis behauptet haben, mit dem
Brückenprojekt auch der ägyptischen Touristenindustrie helfen zu wollen, wird befürchtet,
dass künftig Touristen aus dem ägyptischen
Scharm A Scheich künftig nicht mehr bei den
Korallenriffs vor den nun saudischen Inseln
schnorcheln könnten.
Taucher finden vor Caesarea
1600 Jahre altes Wrack
von Ulrich W. Sahm, Jerusalem
Taucher der Israel Antiquities Authority (IAA)
haben im alten Hafen von Caesarea aus einem
Schiffswrack Statuen, Tausende Münzen und
andere Funde geborgen. Das Handelsschiff war
vor 1.600 Jahren gesunken. Die Hobbytaucher
Ran Feinstein und Ofer Ra‘anan aus Raanana
hatten das Schiff zuerst entdeckt und der Antikenbehörde gemeldet. Es handelt sich um
den größten archäologischen Unterwasserfund
seit 30 Jahren.
Ein gemeinsamer Tauchgang mit IAA Archäologen ergab, dass ein ausgedehnter Teil des
Schiffes auf dem Meeresboden frei von Sand
war. Die Taucher fanden Eisenanker, Holzdübel
und andere Gegenstände, die für Bau und
Betrieb des Segelschiffes verwendet wurden.
Eine Unterwasserbergung der Ladung wurde
mit Unterstützung von Tauchern der IAA und
Freiwilligen mit moderner Ausrüstung durchgeführt. Viele Funde sind aus Bronze und in
außergewöhnlich gutem Erhaltungszustand,
darunter eine Bronzelampe mit dem Bild des
Sonnengottes Sol, eine Figur der Mondgöttin
Klumpen von Münzen, die im Meer
entdeckt wurden, wiegt 20 Kilogramm.
Fotonachweis: Clara Amit, mit freundlicher Genehmigung von der Israel
Antiquities Authority.
Luna, eine Lampe in dem Bild des Kopfes eines
afrikanischen Sklaven, Fragmente von drei
lebensgroßen in Bronze gegossenen Statuen,
als Tiere gestaltet, sowie ein Bronze Wasserhahn in der Form eines Wildschweins mit
einem Schwan auf den Kopf. Ebenso wurden
Fragmente großer Gefäße gefunden, in denen
die Besatzung des Schiffes Trinkwasser aufbewahrte. Eine große Überraschung war die
Entdeckung von zwei metallischen Klumpen
mit Tausenden Münzen. Jeder Klumpen wog
20 kg und hatte die Form des Keramikgefäßes
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angenommen, in dem sie transportiert wurden.
Laut Jacob Sharvit, Direktor der Abteilung für
Meeresarchäologie in der IAA und seinem
Stellvertreter Dror Planer: „Neben ihrer außergewöhnlichen Schönheit sind die Funde
von historischer Bedeutung. Die Lage und
Verteilung der Funde auf dem Meeresboden
zeigen an, dass ein großes Handelsschiff Metall
zur Wiederverwertung geladen hatte und am
Eingang zum Hafen offenbar in einen Sturm
geraten und an der Ufermauer gekentert war.
Eine vorläufige Untersuchung der Eisenanker
legt nahe, dass die Matrosen versucht hatten,
das Abdriften des Schiffes zu stoppen, ehe
es am Ufer zerschellte. Sie warfen Anker ins
Meer, doch sie brachen durch die Kraft der
Wellen und des Windes. Metallstatuen sind
seltene archäologische Funde. In der Antike
wurden sie immer wieder eingeschmolzen
um das Metall neu zu verwenden. Wenn wir
Bronze-Artefakte finden, dann meistens im
Meer. Da sind die Statuen zusammen mit dem
Schiff untergegangen und wurden so vor dem
Einschmelzen „gerettet“. Sharvit und Planer
fügten hinzu: „In Caesarea wurden bisher nur
wenige Bronzestatuen gefunden, während die
aktuelle Schiffsladung eine Fülle spektakulärer
Statuen enthält. Der Sand hatte sie geschützt,
so dass die Statuen in einem erstaunlichen
Erhaltungszustand geblieben sind, als hätte
man sie gestern gegossen und nicht schon
vor 1600 Jahren.“
Die entdeckten Münzen, tragen das Bild des
Kaisers Konstantin, der das Weströmische
Reich (312-324 CE) regierte und später als Konstantin der Große, Herrscher des Römischen
Reiches (324-337 CE) bekannt geworden ist.
Auch Münzen mit dem Abbild von Kaiser
Licinius wurden gefunden. Der regierte im
östlichen Teil des römischen Reiches und war
ein Rivale von Konstantin, bis zu seinem Sturz
in einem Kampf zwischen beiden Herrschern.
Die Funde müssen jetzt noch untersucht und
konserviert werden, ehe sie ausgestellt werden
können.
Über den Hafen von Caesarea wurde in der
römischen Zeit ein großes Handelsvolumen
abgewickelt. Die Stadt war vor 2.000 Jahren
Sitz des römischen Prokurators Pontius Pilatus, dessen Namenszug auf dem Sockel einer
Statue gefunden worden ist. Das Schiffswrack
stammt aus der Zeit, als das Christentum zur
offiziellen Religion des römischen Reiches
erklärt worden war. Kaiser Konstantin setzte
der Verfolgung von Christen ein Ende. In
Konstantins Zeit wurden auch die Grundlagen
des Christentums festgelegt.
Pro-palästinensische „Inspektoren“ wollen keine israelischen Produkte in niederländischen Supermärkten
von Redaktion Audiatur
Mitglieder der pro-palästinesischen Bewegung
„Diensten Onderzoek Centrum Palestina“
(DocP) (Untersuchungsdienst Zentrum Palästina) haben in den Niederlanden dutzende
Supermärkte besucht, um israelische Produkte
zu registrieren und zu deren Boykott aufzurufen.
Unter anderem in Amsterdam, Rotterdam,
Groningen, Leiden und Den Haag suchten
Gruppen von sechs bis acht sogenannten Inspektoren in Supermärkten systematisch nach
Produkten, aus dem Westjordanland, respektive Judäa und Samaria und das Label „pro-
Ein BDS „Inspektionsteam“ in
Aktion im Jahr 2015
Israel für ein freies Palästina“. Der Verkauf
von Produkten aus den Gebieten westlich des
Jordanufers benennt die Gruppe als typisch
für das „unglaubliche Unrecht und die zunehmende Unterdrückung von Palästinensern
in ihrem eigenen Land“
Am Donnerstag wird die zweite Kammer des
niederländischen Parlamentes über die EU-Gesetzgebung debattieren, welche vorschreibt,
dass Produkte aus so genannt besetzten Gebieten nicht mehr das Label „Made in Israel“
tragen dürfen.
Quellen: Centrum Informatie en Documentatie Israel,
Geenstijl, Elsevier, DoCP
Juden feiern Schawuot
Pro-palästinensische „Inspektoren“.
Foto DoCP/Twitter
duziert in Israel“ tragen. Anschließend übergaben sie dem zuständigen Filialleiter Listen
mit „infizierten Produkten“, von Orangen bis
hin zu vegetarischen Fleischersatzprodukten.
Gemäß DoCP dürfen solche Produkte nicht
mehr verkauft werden. Die „Aktivisten“ meldeten darüber hinaus die Zwischenstände der
gefunden Produkte an Beteiligte vor dem
Supermarkt, um die Resultate auf ein großes
Plakat zu notieren. Außerdem wurden Flyer
an die einkaufenden Kunden verteilt, welche
raten, keine israelischen Produkte mehr zu
kaufen. DoCP schreibt auf ihrer Website, dass
die Reaktionen überwiegend positiv gewesen
seien. Bei einer Aldi-Filiale in Enschede hätten Menschen sogar geholfen, die „illegalen
Produkte“ zu suchen. Eine Filiale von Albert
Heijn in Amsterdam habe sich indes geweigert,
die „Inspektoren“ hereinzulassen.
Die Gruppierung ist in den Niederlanden als
nicht gewinnorientiert registriert und profitiert
dadurch von Steuervorteilen bei Schenkungen.
DocP sagt man wolle „Druck ausüben auf
Das jüdische Wochenfest ist – genau wie das
christliche Pfingstfest – ohne die so genannte
„Omer-Zählung“ ab Pessach nicht denkbar.
„Omer“ ist das hebräische Wort für die Getreidegarbe, die im Heiligtum als Opfer dargebracht wurde. Am zweiten Tag des Passahfestes
sollte das Volk Israel nach biblischer Anweisung
mit der Zählung beginnen.
Fünfzig Tage beziehungsweise sieben „Wochen“ (Hebräisch „Schawuot“) nach der
Gedenkfeier an den Auszug aus dem Land
der Sklaverei sollte ein Erntedankfest für die
Erstlingsfrüchte des Feldes gefeiert werden.
Diese „Fünfzig“ war für die ersten Christen
ein so fest stehender Begriff, dass die Zahl
– „Pentekoste“, von der „Pfingsten“ kommt
– im Neuen Testament ausschließlich für die
Omer-Zählung verwendet wird (Apostelgeschichte 2,1; 20,16; 1. Korinther 16,8).
Neben Pessach und Sukkot ist Schawuot eines
der großen Wallfahrtsfeste Israels, an dem
„alles, was männlich ist, vor dem Angesicht
des Herrn“ erscheinen sollte. Die Anordnung
wird ausdrücklich in Verbindung gesetzt zur
Existenz des Volkes Israel im Land Israel
82 |
Die Früchte zeugen von Gottes Segen,
Foto: Government Press Office
(2. Mose 23,16f; 34,23f; 5. Mose 16,16). Ein
ungestörtes, von Gott losgelöstes – also: „Gottloses“ – Wohnen im Land ist nach biblischer
Vorstellung undenkbar.
Zudem sollten die Israeliten niemals vergessen,
„dass du Sklave warst in Ägypten“ (5. Mose
16,12). Deshalb, so erklären Rabbiner heute,
zählt man in der Omer-Zählung auch nicht
rückwärts, wie es eigentlich üblich ist, wenn
ein Mensch auf einen bestimmten Zeitpunkt
zulebt. Ein Brautpaar, das seine Hochzeit vor
Augen hat, zählt die bis zum großen Ereignis verbleibenden Tage. Beim Omer-Zählen
dagegen bleibt immer der Rückblick auf die
Befreiung. (3. Mose 23,10ff.; 5. Mose 16,9)
Schon Mose verband das Wochenfest, das in
diesem Jahr am Abend des 11. Juni beginnt,
mit dem „Bewahren und Tun der Gesetze“
Gottes (5. Mose 16,12). Heute ist Schawuot das
Fest, an dem das jüdische Volk in besonderer
Weise an die Gabe der Torah denkt. Deshalb
studieren fromme Juden an Schawuot die ganze
Nacht hindurch das Wort Gottes. Sie machen
sich unter anderem Gedanken darüber, ob die
Offenbarung seines Willens eine einmalige
Angelegenheit war, oder ob der Schöpfer auch
heute noch in die Gegenwart hinein spricht.
Begeisterung über Torah
Am Morgen sprechen sie dann das Frühgebet
zum frühestmöglichen Zeitpunkt, um so ihrer
Begeisterung über die Gabe der Torah Ausdruck zu verleihen. An der Westmauer sind die
Gebete von Tänzen und Gesängen begleitet.
Nicht nur im Gottesdienst wird das Buch Rut
vorgelesen, dessen Handlung während der
Getreideernte im Frühjahr stattfindet. Der
Übergang von der Gersten- zur Weizenernte
fällt auf Schawuot.
Die biblischen Bestimmungen für das Wochenfest erwarten vom Volk, dass es sich versammelt, die Arbeit einstellt und eine Reihe
bestimmter Opfer im Heiligtum darbringt
(4. Mose 28,26-31). Außerdem sollte jeder
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„eine freiwillige Gabe deiner Hand geben
je nachdem, wie dich der Herr, dein Gott,
gesegnet hat“. Und vor allem anderen galt
auch für dieses Fest: „Du sollst dich freuen
vor dem Herrn!“ (5. Mose 16,10-17). Nach
jüdischer Tradition soll der Berg Sinai, als
Mose die Torah empfing, grün gewesen sein.
Deshalb werden manche Synagogen mit grünen
Pflanzen und Blumen dekoriert. Schawuot
wird auch als „Gerichtstag für die Fruchtbäume“ bezeichnet. Dass vielerlei Milchspeisen
verzehrt werden, soll darauf verweisen, dass
die Torah der Muttermilch gleicht: Wie ein
Säugling die Milch seiner Mutter braucht,
braucht das jüdische Volk die Weisung Gottes.
Die Kibbutz - und Moschav-Bewegungen des
modernen Israel griffen in besonderer Weise
Schawuot als Erntedankfest auf. Sie nutzten
es, um neue Produkte und Errungenschaften
aus der Landwirtschaft, aber auch darüber
hinaus, vorzustellen. (jg)
© Johannes Gerloff, Christlicher Medienverbund KEP,
www.israelnetz.com
Der Falafel-Krieg
Zwischen Israelis, Palästinensern und
Ägyptern tobt seit langem ein Krieg wegen
kulinarischen Urheberrechten. Jeder beansprucht für sich, die typisch orientalischen
Gerichte erfunden zu haben: fettgebackene
würzige Falafel und der Hummus genannte
Kichererbsenbrei. Jeder reklamiert sie als
Nationalspeise.
Foto: Flickr/yummy-porky
Palästinenser betrachten es als „Diebstahl“,
wenn Israelis diese Speisen als ihre Erfindung
ausgeben. In England haben Palästinenser mit
wenig Erfolg gegen israelische Hummus-Produzenten vor Gericht geklagt. Sie hatten
auch versucht, diese Gerichte patentieren
zu lassen, wie die Griechen ihren Feta-Käse.
Jetzt hat Shaul Stampfer, Professor des sowjetischen und osteuropäischen Judentums
am Hebrew University Mandel Institut für
Jüdische Studien in Jerusalem, dieser hochpolitischen Debatte ungewollt zumindest
wissenschaftlich einen Schlusspunkt gesetzt.
Stampfer untersuchte die Geschichte von Lebensmitteln, um festzustellen, warum sie mit
Juden in Verbindung gebracht würden. Falafel
seien relativ moderne Erfindungen. Das stehe
im Widerspruch zu seiner ursprünglichen
Annahme, wonach Israelis sich die Falafel
von den Palästinensern angeeignet hätten.
Viele „ikonische“ Speisen, darunter die britischen „Fish and Chips“, ägyptisches Koshary
oder das chinesisch-amerikanische Chop Suey
seien relativ moderne Erfindungen.
In seinem Aufsatz über das „Geheimleben
von Falafel und Bagel“ stellt er fest, dass die
frittierten Kichererbsenbälle, Falafel frühestens im 20. Jahrhundert entstehen konnten.
Denn die Fladenbrottaschen, in denen die
Falafel zusammen mit einem kleingeschnittenen Gurken und Tomatensalat gereicht
werden, konnten erst dank europäischer
Backtechnologie hergestellt werden. Und
diese Technologie habe den Nahen Osten
erst im 19. Jahrhundert erreicht. Ebenso
seien Tomaten nur vor etwa 100 Jahren in
Nahost eingeführt worden.
Manche behaupten, der Ursprung von Falafel
läge in Ägypten. Dort hätten sie christliche
Kopten schon im 4. Jahrhundert mit Saubohnen hergestellt. Doch Stampfer stellte fest,
dass die in Öl gebackenen Falafel erstmals
erst nach der britischen Besatzung im Jahr
1882 erwähnt worden seien. Zudem sei vor
der Neuzeit das Öl viel zu teuer gewesen.
Falafel waren in Beirut und im britischen
Mandatsgebiet Palästina seit Mitte der 1930er
Jahre verbreitet.
Die Falafel mit exotischen und orientalischen
Gewürzen wie Kreuzkümmel und Koriander
hätten bei jüdischen Immigranten in Palästina
vor der Staatsgründung Israels eine Rolle bei
der Selbstfindung gespielt und ihnen geholfen,
sich eine neue Identität zu verpassen. Noch
deutlicher könne man das bei den Palästinensern heute bemerken, die darum kämpfen,
Hummus und Falafel als ihre Nationalspeise
registrieren zu lassen, weil sie Teil ihrer
Identität seien.
Stampfer besteht darauf, dass alle Mythen um
das Alter dieser Speisen falsch seien. Falafel
sei eine viel zu moderne Entwicklung, als
dass irgendjemand den Ursprung für sich
beanspruchen könne.
Quelle: Audiatur, mit freundlicher Genehmigung des Autors
von ILONA ROTHIN und MARCEL BUCKAN
»
FILM
Gott hat
sie geschickt
Sächsische Handwerker helfen in Israel
Jesaja 40, 1
»Tröstet, tröstet
mein Volk«
Axel Schwaiger
Geschichte und Gott:
Eine Deutung aus christlicher Sicht
Warum die Beschäftigung mit Geschichte? Vieles in unserem
Leben können wir nur verstehen, wenn wir die Vorgeschichte
dazu kennen. Für gläubige Christen kommt noch eine andere
entscheidende Perspektive hinzu: Geschichte gibt es, weil sie
gewollt ist. Gott hat uns (und alle anderen irdischen Lebewesen)
als Wesen der Zeit geschaffen. In die Geschichte der Menschen
hinein offenbart sich der unwandelbare Gott als zum Heil
handelnder Gott. So „verbindet“ sich Geschichte mit einer
Heilsgeschichte.
Das vorliegende Werk ist der Versuch, die Spuren dieser Heilsgeschichte bis in die Gegenwart und Zukunft hinein verständlich zu
machen. Über allem entsteht der Eindruck, dass Vergangenheit,
Gegenwart und Zukunft in Gottes Hand liegen und nichts davon
dem großen Weltenlenker entgleitet.
Seit über 70 Jahren diskutieren
die Deutschen ihre Verantwor-tung für den Holocaust. Die
Sächsischen Israelfreunde nicht.
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