Thema 4 Arbeit von Frauen und Kindern

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Thema 4 Arbeit von Frauen und Kindern
Die Industrielle Revolution
Gesellschaftslehre Jg. 8
IGS Langenhagen, 2010
Lernbild: Gesellschaftliche Veränderungen
Thema 4: Arbeit von Frauen und Kindern
Aufgabe
1. Lies zunächst alleine die Texte zu eurem Thema, kläre unbekannte Wörter und mache
dir Notizen zum Inhalt.
2. Bearbeitet danach gemeinsam die folgenden Aufgaben und stellt eure Ergebnisse in
einem Lernbild dar.
a. Veranschaulicht den Tagesablauf und die Lebensbedingungen von
Arbeiterkindern im 19. Jahrhundert.
b. Stellt die Arbeitsbedingungen der Kinder im Bergwerk dar.
c. Stellt die Arbeit der Frauen dar.
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Die Industrielle Revolution
Gesellschaftslehre Jg. 8
IGS Langenhagen, 2010
Lernbild: Gesellschaftliche Veränderungen
Thema 4: Arbeit von Frauen und Kindern
Frauen und Kinder hatten seit jeher in den Handwerker- und Bauernfamilien sowie bei der
Heimarbeit mitgearbeitet. Daher erschien es selbstverständlich, dass auch sie in den
Fabriken Arbeit suchten. Aber ihr Arbeitswert wurde von den Fabrikanten gering
veranschlagt: Ein gelernter Arbeiter in einer Baumwollspinnerei verdiente 1888 pro Schicht
1,34 Mark, eine Frau 0,63 Mark. Ohne es zu wollen, drückten Frauen und Kinder mit ihrem
Arbeitsanteil auch die Löhne der Männer, denn auf dem Arbeitsmarkt waren sie die billigere
Konkurrenz der Männer. Vor allem in der Textilindustrie gab es viele Frauenarbeitsplätze,
etwa für das Nähen von Kragen, Manschetten und Hemden. Eine gesetzliche Begrenzung
der Arbeitszeit für Frauen wurde 1891 mit elf Stunden pro Tag beschlossen, zusätzlich eine
Mutterschutzfrist von vier Wochen. Als Arbeiterin hatte die Frau auch die Doppelbelastung
von Haus- und Fabrikarbeit zu bewältigen. Hinzu kam, dass anders als bei der Handwerkerin
oder Bäuerin Arbeitsplatz und Wohnung oft weit voneinander entfernt lagen.
Unter diesen harten Lebensbedingungen zogen die Arbeiterfamilien auch noch viele Kinder
groß. Um in den Nächten wenigstens etwas Schlaf zu bekommen, beruhigten sie die
Kleinsten mit in den Mund gesteckten Mohnsäckchen, einer Droge, die die Kinder auf die
Dauer krank machte. Tagsüber kamen die Kinder zu einer Hütefrau oder ältere Kinder
passten auf sie auf, soweit sie nicht selber arbeiten mussten.
Kinder in Arbeiterfamilien waren häufig keine Wunschkinder. Sie wurden vor allem als
Belastung für das Einkommen gesehen. Schon die Geburt war ein Risiko für Mutter und
Kind. Im böhmischen Reichenberg beispielsweise, wo die Arbeitsbedingungen für Frauen
besonders hart waren, wurden bis 9% der Kinder tot geboren. Oft kamen die Kinder schon
mit sechs Jahren in die Fabriken. Sie hatten schmale Hände, die für besondere Arbeiten in
der Textilfabrik, z. B. für das Flicken gerissener Fäden, besonders geeignet erschienen.
Nur langsam und unter großen Widerständen begrenzten staatliche Vorschriften und
Gesetze die Kinderarbeit. Im Jahr 1839 wurde die Arbeit für unter 9-jährige Kinder verboten,
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für 9- bis 16-jährige auf zehn Stunden begrenzt. Diese Untergrenze wurde 1853 auf 12 Jahre
angehoben, die Arbeitszeit für 10- bis 14-Jährige auf sechs Stunden festgelegt. Zu dieser
Arbeitszeit kamen drei Stunden täglicher Schulbesuch.
Obdachlose Kinder stellen in einem Berliner Arbeitshaus Zigarrenkisten her (1857 Holzstich)
Kinderarbeit
Ein Junge, dessen Vater kriegsverletzt war, berichtet darüber, wie er 1865 das Familieneinkommen durch seine Mitarbeit aufbessern musste:
Ich war noch nicht fünf Jahre alt, da musste ich schon in der Arbeitsstube meines Vaters
fleißig mit zugreifen. Tag für Tag musste ich Tabak zurichten, d.h. mit den kleinen Fingern
die feuchten zusammengefalteten Tabakblätter auseinanderbreiten, die dickeren Stängel
entfernen und Blatt auf Blatt legen. Und das musste rasch gehen, denn die Zigarrenmacher
warteten auf den so hergerichteten Tabak. ... So habe ich den größten Teil der „goldenen
Jugendzeit" in den staubigen, dunstigen Räumen der Zigarrenfabrik verbringen müssen. ...
Als ich zur Schule kam — da war ich schon sieben Jahre alt —, wurden die wenigen freien
Stunden, an welchen ich Kind sein, spielen durfte, noch knapper bemessen. Aber noch ein
anderer Gegner hatte sich eingestellt: Krankheit! Ungenügende Nahrung, feuchte, ungesunde
Wohnung und mangelnde Bewegung in frischer Luft hatten mich skrofulös1 gemacht. Eine
Wirkung dieser Arbeiterkrankheit war eine immer wiederkehrende Augenentzündung.
W. Emmerich (Hg.), Proletarische Lebensläufe, Bd. 1, 1979, 5. 106 f., gekürzt.
Die Textilarbeiterin Anna Perthen berichtete über ihre Jugend um 1880:
Der Verdienst des Vaters war gering, sodass die Mutter trotz der neun Kinder in die Arbeit
gehen musste. Da es für uns zu weit in die Fabrik war, machten wir Heimarbeit. Wir mussten
Knöpfe annähen. Es blieben von neun Geschwistern nur drei am Leben. Überarbeitung der
Mutter und Unterernährung mögen wohl die Ursachen ihres Todes gewesen sein.
Als ich 12 Jahre alt war, musste ich in die Textilfabrik gehen, wo damals noch die Arbeitszeit
von 5 Uhr früh bis 7 Uhr abends dauerte. Nachmittags von 4 bis 6 Uhr besuchten wir die
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skrofulös: an Skrofulose leidend. Skrofulose war eine Entzündung der Nasenschleimhaut, Bindhaut,
Augenlider und der Lymphknoten am Hals.
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Fabrikschule, welche neben der Fabrik in einem Gasthaus abgehalten wurde. Von 6 bis 7 Uhr
ging es wieder in die Fabrik. Mit dem Lernen war freilich nicht viel los, wir betrachteten die
zwei Stunden mehr als eine Erholung. Die Arbeit war nervenanspannend.
Eine Zeit lang bin ich abends nach Hause schlafen gegangen, da musste ich schon um halb
vier früh aufstehen, denn der Weg in die Fabrik war ein sehr langer. Eine Zeit lang wieder
war ich die ganze Woche in Logis, bloß samstags ging ich nach Hause. Ich war froh, dass ich
Geld verdiente, aber die Enttäuschung war oft bitter. Der Verdienst war klein. Die zwei
Stunden Schulbesuch wurden uns natürlich abgezogen. Wenn ich dann das Logis bezahlt
hatte, blieb nur ein kleiner Betrag übrig, und da wartete samstags schon der Vater auf mich,
um mir das Geld abzunehmen.
Arbeiterinnen kämpfen um ihr Recht, 1975, S. 84 f
Kinderarbeit während der Industriellen Revolution - Arbeit im Bergwerk
Die ersten Maschinen waren sehr einfach gebaut. Ungelernte, Frauen und sogar Kinder
konnten die einfachen Handgriffe ausführen. Darum stellten die Fabrikherren (Unternehmer)
vor allem Frauen und Kinder ein, um Lohn zu sparen. Oft saßen dann die Väter arbeitslos in
den schlechten Wohnungen und die Kinder mussten die Familie mit ihrem schlechten Lohn
ernähren. Häufig mietete man auch Kinder aus Waisenhäusern und ließ sie in Fabriken
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schuften.
Am schlimmsten aber erging es den Kindern, die in den englischen Kohle- und
Eisenbergwerken arbeiten mussten. Ein Deutscher, Friedrich Engels, hat darüber berichtet:
In den Kohlen- und Eisenbergwerken arbeiten Kinder von 4,5,7 Jahren; die meisten sind
indes über 8 Jahre alt. Sie werden gebraucht, um das losgebrochene Material von der
Bruchstelle nach dem Pferdeweg oder dem Hauptschacht zu transportieren und um Zugtüren,
welche die verschiedenen Abteilungen des Bergwerks trennen, bei der Passage von Arbeitern
und Material zu öffnen und wieder zu schließen.
Zur Beaufsichtigung dieser Türen werden meist die kleinsten Kinder gebraucht, die auf diese
Weise 12 Stunden täglich im Dunkeln einsam in einem engen, meist feuchten Gang sitzen
müssen, ohne selbst auch nur soviel Arbeit zu haben als nötig wäre, sie vor der
verdummenden, vertierenden Langeweile des Nichtstuns zu schützen.
Der Transport der Kohlen und des Eisengesteins dagegen ist sehr harte Arbeit, da dieses
Material in ziemlich großen Kufen ohne Räder über den holprigen Boden der Stollen
fortgeschleift werden müssen, oft über feuchten Lehm oder durch Wasser, oft steile Abhänge
hinauf und durch Gänge, die zuweilen so eng sind, dass die Arbeiter auf Händen und Füßen
kriechen müssen.
Zu dieser anstrengenden Arbeit werden daher ältere Kinder und heranwachsende Mädchen
genommen. Je nach den Umständen kommt entweder ein Arbeiter auf die Kufe oder zwei
jüngere, von denen einer zieht und der andere schiebt. Das Loshauen der Kohle, das von
erwachsenen Männern oder starken Jungen geschieht, ist ebenfalls eine sehr ermüdende
Arbeit...
Die gewöhnliche Arbeitszeit ist 11 – 12 Stunden, oft länger, in Schottland bis zu 14 Stunden
und sehr häufig wird die doppelte Zahl gearbeitet, so dass sämtliche Arbeiter 24, ja nicht
selten 36 Stunden hintereinander unter der Erde und in der Tätigkeit sind. Feste Zeiten für
Mahlzeiten sind meist unbekannt, so dass die Leute essen, wenn sie Hunger und Zeit haben...,
Die Kinder und Jugendlichen, welche mit dem Schleppen der Kohle ... beschäftigt sind,
klagen allgemein über große Müdigkeit.... Es kommt jeden Augenblick vor, dass die Kinder,
so wie sie nach Hause kommen, sich auf den steinernen Fußboden vor dem Herd werfen und
sogleich einschlafen, dass sie keine Nahrung mehr zu sich nehmen können und von den Eltern
im Schlaf gewaschen und ins Bett gebracht werden. Manche werfen sich schon unterwegs vor
Müdigkeit hin und werden tief in der Nacht von den Eltern dort gesucht und schlafend
gefunden.
Allgemein scheint es so zu sein, dass diese Kinder den größten Teil des Sonntags im Bett
zubringen, um sich einigermaßen von den Anstrengungen der Woche zu erholen; Kirche und
Schule werden nur von wenigen besucht und bei diesen klagen die Lehrer über große
Abstumpfung und Schläfrigkeit bei aller Lernbegierde. Bei den älteren Mädchen und Frauen
findet dasselbe statt.....
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Zusatzmaterial
Kinderarbeit während der Industriellen Revolution
Vor der Industrialisierung arbeiteten Frauen, Männer und Kinder im Bereich des Handwerks, der
Heimarbeit oder in der Landwirtschaft meistens zusammen. Arbeiten und Wohnen fanden unter ein und
demselben Dach statt.
Mit der Industrialisierung wurden viele Kinder zu Hilfsdiensten und Arbeiten in Textilfabriken und
Bergwerken eingestellt. Kinder waren durch ihre Körpergröße für diese Arbeiten besonders geeignet.
Außerdem waren sie billig. Viele Arbeitsgänge erforderten zudem keine große Körperkraft oder
handwerkliche Geschicklichkeit mehr. Gesetzliche Regelungen gab es anfänglich keine. Viele
Erwachsene fanden es wichtig, dass Kinder sich nützlich machten. Erst seit den 1830er Jahren machte
man sich über die Folgen für die Gesundheit und die Bildung der Kinder Gedanken. Anlass waren aber
nicht die vielen durch die schlechten Arbeitsbedingungen missgebildeten und kranken Kinder, sondern
die Sorge der Verantwortlichen später zu wenig Soldaten zu bekommen.
1839 gab es die ersten Gesetze gegen Kinderarbeit in Preußen. Kinder durften jetzt erst ab 10 Jahren in
Fabriken arbeiten, 1853 erst ab 12 Jahren, 1891 erst ab 14.
M1: Ein Arbeiterkind erinnert sich
Nur sehr wenige Kinder schafften es, wie das Arbeiterkind Adelheid Popp (1869 –
1939) ihre Erinnerungen schriftlich festzuhalten:
Kein Lichtpunkt, kein Sonnenstrahl, nichts vom behaglichen Heim, wo mütterliche Liebe und Sorgfalt meine Kindheit geleitet hätte, ist
mir bewusst. Trotzdem hatte ich eine gute, aufopferungsvolle Mutter, die sich keine Stunde Rast und Ruhe gönnte, immer getrieben von
der Notwendigkeit und dem eigenen Willen, ihre Kinder redlich zu erziehen und sie vor Hunger zu schützen (...) Mein Vater wurde von
einer bösartigen Krankheit, einem Krebsleiden befallen, wodurch wir in große Not kamen. (...) Später starb mein Vater.(...). Meine
Mutter war jetzt die Ernährerin von 5 Kindern (...). Sie war auch eine Feindin der „neumodischen Gesetze“, wie sie die Schulpflicht
nannte. Sie fand es ungerecht, dass andere Menschen den Eltern vorschrieben, was sie mit ihren Kindern zu tun hätten. (....) Meine
Brüder hatten schon mit 10 Jahren Vater bei seiner Arbeit, dem Weben, helfen müssen.
Die Brüder arbeiteten in der Fabrik und auch Adelheid musste mit 6 Jahren
mitarbeiten.
M2: Adelheid zieht in die Stadt
Nachdem auch der vierte Bruder gestorben war, ging Adelheid mit 10 Jahren in
Begleitung der Mutter in die Stadt, um Arbeit zu finden.
Wir zogen in die Stadt, zu einem alten Ehepaar in eine kleine Kammer, wo in einem
Bett das Ehepaar, im anderen meine Mutter und ich schliefen. Ich wurde in eine
Werkstatt aufgenommen (...); bei 12stündiger fleißiger Arbeit verdiente ich 20 –25
Kreuzer am Tag. Wenn ich noch Arbeit für die Nacht mit nach Hause nahm, so
wurden es einige Kreuzer mehr. Wenn ich frühmorgens um 6 Uhr zur Arbeit laufen
musste, dann schliefen andere Kinder meines Alters noch. Und wenn ich um 8 Uhr
abends nach Hause eilte, dann gingen andere satt und gepflegt ins Bett. Während ich
gebückt bei meiner Arbeit saß und Masche an Masche reihte, spielten sie, gingen
spazieren oder zur Schule. Damals nahm ich mein Los als etwas Selbstverständliches
an, nur einen Wunsch hatte ich immer wieder: nur einmal ausschlafen können.
Schlafen wollte ich, bis ich selbst erwachte.
(Aus: A.Popp, Jugend einer Arbeiterin Berlin, Bonn 1980 S.25ff.)
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4.
Warum arbeiteten Kinder früher in Fabriken und Bergwerken?
Ab welchem Alter arbeiteten sie 1839? Wie änderte sich das? Warum?
Berichte über das Familienleben bei Adelheid. Geht sie zur Schule?
Wie sah ihr Tagesablauf aus, nachdem sie in der Stadt lebte?
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