Der Kräuterwastl von Stürzlham
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Der Kräuterwastl von Stürzlham
12 Bayern & seine Menschen UNSERE HEIMATKOLUMNE Gestern stöberte ich im Großen Knigge…amüsant und interessant. Ganz gelesen habe ich das Werk, das gerade wieder aktualisiert wurde, natürlich nicht. 576 Seiten eignen sich nicht als kleine Nachtlektüre, sondern eher als Nachschlagewerk bei Bedarf. Ich habe mir Fragen und Antworten für den alltäglichen Gebrauch herausgepickt – und musste feststellen, dass ich mir seit Jahren ahnungslos einen Fauxpas leiste. Ich lege nämlich meine riemenlose Handtasche, also eine Clutch, auf den Tisch. Laut Knigge geht das gar nicht: Die Handtasche gehört über die Stuhllehne oder in den Schoß gelegt! Ich fürchte, an diese Benimm-Regel werde ich mich auch weiterhin nicht halten. Mein halbes Leben befindet sich in der Tasche: Handy, Geld, Schlüssel – in greifbarer Nähe scheint mir dies besser aufgehoben. Ein paar Fragen habe ich mir notiert, um im Freundeskreis einen kleinen Test zu starten. „Isst du die Garnitur deines Cocktails auf?“ Man kam ins Grübeln. Dank Knigge kannte ich die richtige Antwort: „Natürlich ja, denn es ist ethisch nicht zu rechtfertigen, Essbares wegzuwerfen. Das passt nicht in unsere Zeit.“ Dem kann ich aus ganzem Herzen zustimmen. Kniffeliger wurde es bei der Frage: „In welcher Hand hältst du beim Stehempfang ein eisgekühltes Getränk?“ Wer es in der linken hält – und zwar am Stiel, zeigt Stil. Denn dann muss der Gesprächspartner bei der Begrüßung kein eiskaltes Händchen schütteln. Benimmregeln sind aber keine Konstanten. Was gestern als unfein galt, kann heute zum guten Ton gehören. Also, es schadet nicht, sich im- ..................................................................................................................... Unter meinem weiß-blauen Himmel Carolin Reiber schreibt über den Knigge, BenimmRegeln und wie sie sich verändert haben. mer mal wieder auf den neuesten Stand zu bringen. Zum Beispiel, wenn’s um das Frühstücks-Ei geht. Es mit dem Messer köpfen? Da konnte man früher durchaus kritische Blicke ernten. Der Grund für die Regel war einmal praktisch: Das Ei sollte nicht mit dem unlegierten Messer in Berührung kommen, damit dieses nicht schwarz anläuft. Heutzutage ist es erlaubt, sein Frühstücks-Ei zu köpfen. Ich persönlich lasse köpfen. Vor Jahren kaufte ich mir eine winzige Vorrichtung, die wie ein Fallbeil funktioniert, was besonders meinen kleinen Frühstücksgästen Spaß bereitet. Der Name: „Eierschalenbruchstellenverursacher“. Als Freiherr Alfons von Knigge 1788 sein bekanntestes Werk „Über den Umgang mit Menschen“ herausbrachte, übrigens schon zu Lebzeiten ein großer Erfolg, konnte er natürlich nicht ahnen, welche Höflichkeitsregeln im 21. Jahrhundert vonnöten sein SCHÄTZE AUS DEM HEIMATMUSEUM .......................... würden. „8tung. komme 15 Min später, ild.“ Ist es in Ordnung, seine Verspätung schnell zu simsen, statt anzurufen? „Ich liebe dich“ als Kürzel könnte diesen Fauxpas möglicherweise auch nicht besser machen. Darf man sein Essen im Restaurant mit dem iPhone fotografieren und auf Facebook posten? Die schöne neue Welt der Smartphones, Tabloids und Laptops erfordert neue Kapitel im guten alten Knigge. In Sachen Mode haben sich die Benimmregeln gelockert: Eine Dame ging einst niemals ohne Strümpfe, Sakko-Zwang im Büro gab’s für die männlichen Kollegen. Auch hier gehen die Etiketten-Profis mit der Zeit: Im Sommer darf man ohne Nylons gehen, die Herren dürfen ihr Jackett an den Nagel hängen. Chefs denken ökologisch: Schwitzen die Mitarbeiter nicht, können Klimaanlagen sparsamer eingestellt werden. Ein Argument. „Der große Knigge“...eine amüsante Bereicherung für alle, die Fettnäpfchen vermeiden möchten. Bei einem Geschäftsessen steht einer der drei Bewerber mit den Worten auf: „Ich bin gerade mal für kleine Jungs, bevor das Essen kommt...“ Ein kurzer Satz mit folgenschweren Konsequenzen. Als er zurückkommt, ist er nicht mehr im Spiel. Um was auch immer es auf den 576 Seiten geht: Eine Regel ist ganz simpel und leicht zu merken: „Immer wenn ich andere Menschen durch mein Verhalten empfindlich störe, ist es ein Knigge-Verstoß.“ Punkt. In diesem Sinn herzlich Ihre Carolin PFLANZE DER WOCHE ... TULPE Zuständig für flotte Museums-Bienen: Max Schmid (rechts) und Manfred Heiß. Im Hintergrund die Villa für die Königinnen. Die Stachelschleifer Mit einer einzigartigen Apparatur sticht das Museum im Klösterle in Peiting (Kreis Weilheim-Schongau) aus dem Schwarm oberbayerischer Museen hervor: mit einer Bienenstachelschleifmaschine. Bienenvater Max Schmid vom örtlichen Imkereiverein setzt sie am Ende seiner Führung durch Geschichte und Gegenwart der Bienenzucht in Betrieb. Doch dazu später mehr. Die Ersten, die die wildlebenden Waldbienen für ihre Zwecke zu Haustieren machten, waren die Mönche. Sie hatten es in erster Linie auf das Bienenwachs abgesehen, aus dem sie Kerzen zogen. Der süße Honig fand aber damals ebenso gern wie heute den Weg in Schleckermäuler. Den Klosterbrüdern taten es die Bauern nach, und so eroberte die Imkerei das Land. Drohte der Imker vor einigen Jahren noch auszusterben, so finden sich laut Schmid heute zunehmend junge Leute, auch Frauen, die sich um Bienenvölker kümmern. Wie sich die Imkerei entwickelt hat, machen die Ausstellungsstücke deutlich. Sie reichen vom Bienenkorb aus Stroh über die immer ausgefeilteren Methoden zur Honiggewinnung in Kästen bis zu den Schleudern, aus denen im Herbst der goldene süße Saft in die Gläser läuft. Das Glanzstück der Exponate: eine Villa im Landhausstil, in der bis zu acht Königinnen in ihrer eigenen Wohnung gehalten und von ihrem Hofstaat bedient werden können. Die Ausstellungsschwerpunkte Imkerei, Ortsgeschichte, Jagd und Fischerei zwischen Lech und Ammer sind in jüngerer Zeit um die Themen „Skisport“ und die „Michel-Dacher-Stube“ mit einer Ausstellung über den Peitinger Extrembergsteiger ergänzt worden. Sie werden von ehrenamtlichen Helfern des Trägervereins Peitinger Kultur- und Naturmuseum Klösterle gestaltet. Als Bienenvater Schmid dem Besucher allerdings die Bienenstachelschleifmaschine vorführen wollte, war keine Biene greifbar... So musste er als Ersatz ein kleines Hölzchen, aus dem ein Nagel ragt, zu Hilfe nehmen – und an den rotierenden Schleifstein halten. Eine Stich-Probe lehnte der Reporter dankend ab. TONI SOLLNER Museum im Klösterle Kapellenstr. 1 in Peiting. Telefon (08861) 65 35. Mittwochs und jeden zweiten Samstag im Monat von 14 bis 17 Uhr. www.peiting.de Wie Tulpen nach Westeuropa gekommen sind, darüber gibt es mehrere Versionen. Eine besagt, dass im 16. Jahrhundert eine Ladung türkischer Tulpenzwiebeln nach Antwerpen gelangte – und dort als Gemüse gekocht wurde. Da sie aber nicht sonderlich schmeckten, landeten die restlichen Zwiebeln auf einem Abfallhaufen. Dort begannen sie zu treiben und sorgten mit ihren Blüten für große Überraschung. Mittlerweile gibt es kaum einen Frühlingsgarten ohne Tulpen. Ganz gleich, ob großköpfige Hybriden oder kleine Wildtulpen – für alle gilt: Ihr Laub muss in Ruhe abwelken können. Nach Tulpen mögen Sonne Ein Indianer, ein Schlitzohr, ein famoser Tausendsassa: Sebastian Viellechner ist der Kräuterwastl und die Natur ist sein Wohnzimmer – darüber ist seine Gattin nicht ganz unglücklich. Telefon: (089) 53 06-424 bayern@merkur-online.de Telefax: (089) 53 06-86 54 Münchner Merkur Nr. 98 | Freitag, 27. April 2012 Münchner Merkur Nr. 98 | Freitag, 27. April 2012 Telefon (089) 53 06-424 bayern@merkur-online.de Telefax: (089) 53 06-86 54 Der Kräuterwastl von Stürzlham VON CARINA LECHNER Der Knochen eines Büffels, bleich und groß wie ein Kindsbein, hat sie einmal ganz schön auf die Probe gestellt, die Ehe der Viellechners aus Stürzlham. „Den nimmst du nicht mit heim“, drohte die Anna ihrem Sebastian, irgendwo in Apulien, Italien, ganz unten am Stiefelabsatz. „Jetzt glangt’s.“ Der Gatte nickte brav: „Ja, ja.“ Ja, ja. Heute hängt das Souvenir an Viellechners Holzhäusl, daheim in Stürzlham, zwischen Miesbach und Weyarn. Im kleinen Peugeot hat er das Trumm damals versteckt und nach Oberbayern geschmuggelt. „Ich hab’s gewusst“ – das hat die Anna gesagt, als sie ihm draufkam. Weil Sebastian Viellechner kann zwar tibetanisch singen oder für die Frau, zwei Kinder und zwei Enkel ein phänomenales Gulasch mit Bärlauchknödeln kochen, aber eines kann er gar nicht: besondere Steine, Wurzeln oder Blätter, Schätze der Natur, links liegen lassen. Und wenn der Schatz ein alter Knochen ist. Dieser Sebastian Viellechner, 66, weiße Haare, weißer Bart, braune Augen – das ist der Kräuterwastl. Ausdenken kann man sich so ein Original nicht. Der Kräuterwastl ist keine Kunstfigur, er ist wie er ist: „Der Volksmund hat sich meinen Namen ausgedacht“, sagt er, grinst und setzt zum ersten von vielen mittellangen Vorträgen über das Grünzeug an, das bei ihm im Gartl wächst: „Salbei, Wacholder, Schlehe...“ Der ausgebildete Kräuterpädagoge kann sich schon gut verkaufen: Im Bayerischen Rundfunk zeigt er, was in die weltbeste Fastensuppe reingehört oder welches Kraut Grippeviren vertreibt. In seinem Freiluft-Schulungszentrum – oranger Bauwagen, Holzbänke, Kräutertöpferl – unten an der Mangfall unterrichtet er Horden von Hausfrauen, Hausärzten und Heilpraktikern. Und in seiner Kräuterwerkstatt, dieser urgemütlichen Holzhütte gleich neben seinem Haus, setzt er Hochprozentiges, Kaliber „Wilde Marille“, an, mischt Salben aus Fichtenharz, brüht Tees auf – oder sitzt einfach nur da und freut sich. Über die Natur, das Leben, Hier wird geschnipselt, geköchelt, getrocknet: Sebastian Viellechner in seiner gemütlichen Kräuterwerkstatt, in der er frisch gepflücktes Grünzeug verarbeitet. FOTOS: THOMAS PLETTENBERG Bärlauch Bitteres Schaumkraut Knoblauchsrauke Giersch Der Bärlauch stärkt das Immunsystem. Die Blätter können frisch verzehrt werden, zum Beispiel im Salat. Seine Inhaltsstoffe wirken auch in Spinat, Grüner Suppe oder Gemüsesuppe – allerdings dürfen die Blätter nur ein paar Minuten mitkochen. Fein schmecken die ungeöffneten Blüten. Nicht verwechseln mit der giftigen Herbstzeitlosen. Dieses Kraut ist mit Kresse, Rettich, Senf und Kren verwandt – so macht das Schaumkraut Speisen durch eine leichte Schärfe würzig und frisch. Doch das Kreuzblütengewächs ist auch gesund: Zum einen hat es einen hohen Vitamin C-Gehalt, zum anderen ist es durch die Schärfe ein hervorragender Verdauungshelfer. Wer den leicht scharfen Geschmack von Zwiebeln und Knoblauch mag, aber ungern danach riecht, sollte zur Knoblauchsrauke greifen, um Salate, Quarkspeisen oder Brotaufstriche zu verfeinern. Die kleinen Blüten schmecken intensiver als die Blätter. Die Pflanze wirkt antiseptisch schleimlösend, harntreibend und antiasthmatisch. Der Giersch wird auch „Gichtkraut“ genannt, weil seine Wirkstoffe kristalline Stoffe aus Nieren und Leber schwemmen. Die Blätter können roh verzehrt werden, etwa im Salat. Wie der Bärlauch eignet er sich als Beigabe zu Spinat und Suppen. Auch Tees oder Umschläge sind möglich. Giersch hilft auch gegen rheumatische Beschwerden. Allium ursinum Cardamine amara Alliaria petiolata ist des Kräuterwastls Liebling und unterDer Löwenzahn stützt Verdauung und Harnfluss. Der Experte empfiehlt eine Frühjahrskur: Täglich die leicht bitteren Löwenzahnblätter und Stängel in den Salat zupfen. Wie bei allen Kräutern gilt: Olivenöl und Essig bester Qualität sowie Steinsalz statt Industriesalz verwenden. Auch die Blüten sind essbar, geschlossen oder geöffnet. Aegopodium podagraria Bayern & seine Menschen UNSER BAIRISCHES WORT MONIKA REUTER ....................................................................................................................... Der „Arwas-Hiata“ den Frühling, die Liebe, alles. Die Kräuterwerkstatt – noch so eine Ehe-Sache: Früher ist er seiner Frau in der Küche wahnsinnig auf die Nerven gegangen, mit seinen Tinkturen,Blüten,Kräuterbuschen. Deshalb hat er sich vor ein paar Jahren die Hütte gebaut. Jetzt hat er sein Reich, in demerdenganzenTagschnipseln, trocknen, köcheln kann. Wastls Paradies, erster Teil. Am allerliebsten aber ist der Kräuterwastl draußen. Bärlauch oder Giersch brocken, auf den sumpfigen Wiesen an der Mangfall. Nackert ins klare Wasser springen, das macht er jeden Tag, Sommer wie Winter – richtig krank war er noch nie. Oder Kraft tanken, an einem Kraftort: Das kann ein Rinnsal mitten im Wald sein oder ein spezieller Baum. Der 66-Jährige spürt das: „Ich bin ein boarischer Indianer.“ Als solcher sagt er Sachen wie: „Der Baum ist dein Freund, Bäume sind der Menschen große Geschwister.“ Heute lehnt er an einer Eiche, verschränktdieArme,strecktden Kopf in Richtung Frühlingssonne und seufzt: „Ist das schön.“WastlsParadies,zweiter Teil. Der Kräuterwastl war aber nicht schon immer der, der er heute ist. Mit der Natur kennt er sich zwar seit der Kindheit aus, die Mutter war seine Lehrmeisterin. Aber als junger Bursche musste er Metallbauer werden, seine Vorfahren waren alle Schmiede. Dann Staatsdienst, „sicherheitsrelevanter Bereich“, Details seien nichts für die Zeitung. Seit sechs Jahren ist er Kräuterwastl im Hauptberuf. Als solcher hat er verloren – an Bauchumfang, und zwar gewaltig. Er liebt seine Heimat. Aber: „Wir essen zu viel“, sagt er. Die bayerische Küche, die sei was für Arbeiter. „Heut muss sich doch kaum einer plagen.“ Wurst rührt er in seinem Leben keine mehr an, sagt er, außer er macht sie selber. Fleisch kauft er nur beim Bauern oder bei seinem Metzger. Geschmacksverstärker? „Körperverletzung.“ Sein Ding ist die einfache, ehrliche mediterrane Küche. Bald fährt er wieder nach Apulien, für vier Wochen. Dort haben die Viellechners einen kleinen Bungalow. Die Anna, sagt der Kräuterwastl, kriegt einen Liegestuhl und ein Buch. Er geht auf Streifzug. Bei Bauern kauft er kanisterweise Olivenöl, einen halben Zentner Knoblauch, Zitronen. Wo er darf, pflückt er Lorbeer, Thymian, Rosmarin. Das alles packt der Kräuterwastl ins Auto – bis nur noch er selbst und die Anna reinpassen. Und vielleicht ein paar geheime Mitbringsel. AP der Blüte werden jetzt nur die Samenstände abgeschnitten, damit keine unnötige Kraft in die Samenbildung geht und die Zwiebel ihre ganze Energie auf die Blüte im nächsten Jahr ausrichtet. Da Tulpen aus Steppengebieten stammen, brauchen sie im Sommer eine Trockenphase. Am liebsten ist ihnen ein sonniger Platz, wo sie in der Mittagshitze regelrecht „braten“. Wo der Boden zu nass ist, sollte man die Zwiebeln nach dem Einziehen der Blätter aus der Erde nehmen und trocken aufbewahren. Im Herbst werden sie dann wieder eingesetzt. 13 Dass unsere Vorfahren kein Blatt vor den Mund genommen haben, ist bekannt. Schon ein unvorteilhaftes Aussehen konnte einen zur Zielscheibe derben Spottes machen. Ein „Batzelaugada“ hatte hervortretende Augen, ein „Gschlohdorada“ abstehende Ohren, und ein „Gschwoischädl“ einen Mordsdrumm Kopf. Dem „Plattnsimmerl“ fehlten die Haare, dem „Kaasloabe“ eine gesunde Gesichtsfarbe und dem „Schmoibrust-Anderl“ Körperkraft. Streitbare Frauenzimmer wurden als „Bisgurrn“, „Zwida- wurzn“ oder „Grätzn“ tituliert, ungepflegte als „Zuchtl“, „Weedahex“, „Blunzn“, „Groal“, „Gschlerff“, „Moin“ oder „Noggn“. Wer Tag und Nacht herumstreunte, war ein „Striabesn“, wer zuhause hockte, ein „Loamsiada“. Wer es mit den Dingen zu genau nahm, war als „Arwas-Hiata“ (Erbsenzähler) verschrien, wem alles wurscht war, als „Doidde“ oder ein „Laddirl“. Recht machen konnte man es niemandem, das hat sich bis heute nicht geändert! Norbert Göttler Bezirksheimatpfleger Oberbayern BAYERN & SEINE GESCHICHTEN Sag, wie viel Erbsen sind es? Oder müssen wir den „ArwasHiata“ zu Hilfe holen? FOTOLIA ......................................................................................................... „Gott mit dir, du Land der Bayern“ Vor 200 Jahren wurde der Komponist der Bayernhymne geboren Als der Papst im September 2006 München besuchte, stimmte er am Marienplatz die Bayernhymne an. Und er sang, was viele Bayern erfreute, „Heimaterde“ statt „deutsche Erde“, wie es in der per Bekanntmachung vom 18. Juli 1980 festgelegten offiziellen Version heißt. Prompt entspann sich eine Debatte darüber. Aber nun denn. Als geschichtsbewusster Mensch wusste Benedikt XVI. wahrscheinlich, was er tat, und wer die Schöpfer der bayerischen Nationalhymne waren: natürlich eingefleischte Bayern. Der Text stammt vom Münchner Lehrer Michael Öchsner, die Noten kommen vom ehemaligen Münchner Chordirektor Max Kunz – dessen Geburtstag sich am 29. April zum 200. Mal jährt. Der Anlass wird an einem eher abgelegenen Ort, in Schwandorf, am Sonntag groß gefeiert: Münchens Oberbürgermeister Christian Ude lernt mal wieder ein Stück Bayern kennen und reist in die Oberpfalz, wo er die Festansprache hält. Der Musikwissenschaftler Thomas Göttinger, der vor einigen Jahren eine Festschrift zur Bayernhymne vorgelegt hat, präsentiert die erste Max-KunzBiographie. Und in einem Festakt erklingen als Abschluss verschiedene Variationen der Bayernhymne. Warum Schwandorf? Ganz einfach: Kunz wurde dort geboren. Man kann sagen, München hätte den Geburtstag beinahe ganz verschlafen, wäre da nicht Georg Schamberger. Er ist seit langem Vorsitzender der Münchner Liedertafel (nicht zu verwechseln mit der Bürger-Sänger-Zunft, wo Kunz später Dirigent war) und hat für Sonntag eine Gedenkmesse in der HeiligGeist-Kirche (Beginn 11 Uhr) am Viktualienmarkt initiiert. Heute ein kleiner Männergesangsverein („wir suchen immer Nachwuchs“), war die Liedertafel früher eine große Nummer: Kunz war ihr Gründer und (bis 1852) ihr erster Dirigent. In der ältesten Chorvereinigung Münchens versammelten sich im 19. Jahrhundert alle, die Klang und Namen hatten: der Maler Wilhelm Ritter von Kaulbach, der Hofmusikintendant Franz Graf von Pocci, Stenographie-Erfinder Franz Xaver von Gabelsberger und sogar der Komponist Felix Mendelssohn-Bartholdy. „In der Liedertafel waren früher die Künstler, in der Bürger-Sänger-Zunft eher die BAYERISCHE SEITEN Mit Bekanntmachung vom 18. Juli 1980 festgelegt: Text und Melodie der Bayernhymne. Der Vater des Männergesangs: Max Kunz. Handwerker“, sagt Schamberger. Heute freilich sind solche Traditionen nicht mehr nachweisbar. „Mia san ganz normale Lait“, sagt Schamberger. Wer aber war dieser Konrad Max Kunz (1812-1875)? Geboren als Sohn des Schwandorfer Stadttürmers, erhielt er von diesem die ersten Musikstunden. Mit dem Vater spielte er in Wirtshäusern auf, wechselte aber bald zum Theologie-Studium nach Amberg. Im Herbst 1840, so steht es in der Chronik der Liedertafel, gründete Kunz mit 23 anderen jungen Männern „in edler Begeisterung für Lied und kunstdurchtränkte Geselligkeit“ diesen Verein. Erste Uraufführung am 18. November 1840, so ist es in den Annalen vermerkt, und zwar im Saal des Frohsinns, einer bürgerlichen Vereinigung. Treu monarchistisch war der Club, aber betont bürgerlich in Abgrenzung zum Hochadel. Bei der zweiten Aufführung knapp einen Monat später war schon König Ludwig I. auf Kunz aufmerksam geworden. Er holte ihn an seinen Hof, Kunz wurde Leiter der Bühnenmusik am königlichen Hof- und Nationaltheater in München. Er gilt als Vater des Männergesangs und hat zahlreiche Kompositionen für Männerchöre geschaffen – und 1860 auch die Musik zur Bayernhymne. Da war er aber schon als Dirigent zur Bürger-Sänger-Zunft gewechselt. Nach seinem Tod 1875 wurde er auf dem Münchner Südfriedhof bestattet. 1979 aber wurden die sterblichen Überreste nach Schwandorf umgebettet, was LiedertafelVorsitzender Schamberger „komisch“ findet. „Kunz war doch die längste Zeit seines Lebens Münchner.“ Aber nun gut: Während Ude Kunz in Schwandorf würdigt, wird die Liedertafel selbiges in der Heilig-Geist-Kirche tun. Zum Abschluss der Messe wird aus 40 Kehlen die Hymne erklingen. Heimaterde oder deutsche Erde? „Wir singen Heimaterde, was sonst“, sagt Schamberger. DIRK WALTER ...................................................................................................................................... Im Land der Urviecher Hohe Kräuterkunst im Bauwagen: Wastls Stützpunkt an der Mangfall. Hier liest er oder schreibt Gedichte. Manchmal singt er vor Freude über die Natur: Auf den sumpfigen Wiesen an der Mangfall („das beste Wasser Europas, ach was sag ich, der Welt“, Zitat Sebastian Viellechner) findet der Kräuterwastl zu jeder Jahreszeit Pflanzen, mit denen er so einiges anzufangen weiß. Wilde Marille, Schlehenschnapserl, Herzwein: ein SpiegelBlick auf die Schätze in der Stürzlhamer Kräuterwerkstatt. Der Kuglbauer, ein Urviech vor dem Herrn, liegt im Sterben. Aber bevor er zum Herrgott entschwindet, muss er noch festlegen, was es bei seiner Beerdigung so alles geben soll. „Wurschtbrote“, schlägt seine geizige Frau Theresia vor. Der Kuglbauer widerspricht sofort. „De Leit kriagn alle an Schweinsbron und tringa deafans so vui’s woin.“ Wär’ ja noch schöner, wenn schon Sterben, dann aber gescheit. Richard Birks neues Buch mit allerlei Kurzgeschichten ist eine herzhafte Liebeserklärung an seine bayerische Heimat und an all die schrulligen Gestalten, die hier so leben. „Der Rosenflüsterer“ ist im SüdOst-Verlag erschienen. 144 Seiten. 11,90 Euro.