Äthiopisches Henochbuch
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Äthiopisches Henochbuch
Äthiopisches Henochbuch Das äthiopische Henochbuch (in der Bibelwissenschaft 2 Biblische Bezüge mit „1 Hen“ oder auch mit „äthHen“ bezeichnet) gehört zu den so genannten Pseudepigraphen des Alten Testa- Henoch, der siebente Nachkomme Adams (1 Mos 5,18– ments. Es umfasst eine umfangreiche Sammlung apo- 23 ), wurde gemäß der Bibel bei lebendigem Leib in den kalyptischer Henoch-Traditionen mit unterschiedlichen Himmel entrückt (1 Mos 5,24 ). Dort heißt es: Entstehungszeiten. Die ältesten Teile des Henoch-Buches dürften aus dem 3. Jh. v. Chr. stammen. Im Henoch„Und Henoch wandelte mit Gott, nachdem er buch finden sich apokalyptische Schilderungen, wie in Metuschelach gezeugt hatte, 300 Jahre und der Johannesoffenbarung und im Danielbuch, sie sind jezeugte Söhne und Töchter. Und alle Tage doch deutlich älter als diese. Die Offenbarung wird meist Henochs betrugen 365 Jahre. Und Henoch auf etwa 95 n. Chr. datiert, Daniel auf 167 v. Chr. Das wandelte mit Gott; und er war nicht mehr da, Henochbuch ist somit die älteste bekannte apokalyptische denn Gott nahm ihn hinweg.“ (1 Mos 5,22–24 Schrift. ) Fragmente des Textes liegen auf aramäisch, hebräisch, griechisch, syrisch und koptisch vor. Vollständig ist das Werk nur in der äthiopischen Fassung überliefert. Dies Außer Henoch wurde von den Personen des Alten Tesist der Tatsache zu verdanken, dass das Buch Teil des taments nur noch der Prophet Elija entrückt (2 Kön 2,11 biblischen Kanons der äthiopischen Kirche ist. Die äthio- ). Henoch soll auf dem Weg zum Himmel diverse Ofpische Übersetzung beruht auf griechischen und aramä- fenbarungen von Engeln und Gott selbst erhalten haben. ischen Henoch-Schriften. In den jüdischen Kanon oder Im neutestamentlichen Judasbrief wird das Henochbuch denjenigen anderer christlicher Kirchen wurde das Werk zitiert (Judas 14–15 ). nicht aufgenommen. Das Wächterbuch weist Parallelen zu Tobit auf, was 1 auf die Verarbeitung einer gemeinsamen Überlieferung hinweist.[2] Weiter wurden inhaltliche Bezüge des Einleitungsteiles (insbesondere 1 Hen 1) zur Segensrede des Mose in Deut 33 angenommen.[3] Entdeckung der originalsprachlichen Fassung in Qumran 3 Inhalt Große Teile des in der aramäischen Originalsprache verfassten Henochbuches wurden 1948 zusammen mit anderen Werken in den Höhlen von Qumran gefunden. Teile des Henochbuchs sind enthalten in den Qumrantexten 4Q201 bis 4Q202, 4Q204 bis 4Q212 und 1Q19. Das Buch handelt einerseits von Henoch, der während seines irdischen Daseins in den Himmel entrückt wurde und dem so alle himmlischen und göttlichen Geheimnisse offenbart wurden, andererseits vom Fall der Engel. Nicht in den Qumran-Funden enthalten ist das (Teil- Üblicherweise wird wie folgt gegliedert: )Buch der Bildreden. Es wurde schon immer vermutet, dass dieser Teil des Henochbuches erst in christlicher Zeit • Einleitung (Kapitel 1–5) entstanden sei. Die Qumran-Funde nähren diese Vermutung zusätzlich. Man kann daher davon ausgehen, dass • Buch der Wächter (Kapitel 6–36) die Essener im 1. Jahrhundert v. Chr. das Werk zu einem großen Teil kannten. • Bildreden (Kapitel 37–71) In welchem Zusammenhang das sogenannte Gigantenbuch, eine vor den Qumran-Funden nur • Astronomisches Buch (Kapitel 72–82) aus der Überlieferung der Manichäer bekannte HenochApokalypse, zu dem äthiopischen Henochbuch steht, • Geschichtsbuch / Buch der Traumvisionen (Kapitel bleibt unklar. Eines der Fragmente des Gigantenbuchs 83–90) (4Q203) und das Henochbuch waren offenbar Teil der • Erbauungsbuch / Mahnreden (Kapitel 91–108) gleichen Sammelschrift.[1] 1 2 7 TEXTAUSGABEN UND ÜBERSETZUNGEN In der Einleitung wird Henoch als Prophet dargestellt, der 5 Rezeption eine Vision vom kommenden Gericht empfängt. Aus diesem Teil des Henochbuches (I,9) wird im Judasbrief zi- Im äthiopischen Henochbuch erscheint erstmals im jütiert. dischen Kulturraum eine ausführliche Beschreibung des Im Buch der Wächter wird zuerst erzählt, wie einige Engel Himmels sowie des Totenreichs, das nicht mit der Hölle um ihren Anführer Semjasa beschlossen hatten, auf der zu verwechseln ist. Vielmehr kommt Henoch bei seiErde Frauen zu nehmen (vgl. 1 Mos 6,1–4 ). Wie auch ner Himmelsreise an schrecklichen Orten vorbei, wo sonst in der Mythologie kann eine solche Vermischung die gefallenen Engel gefangen gehalten werden (1 Hen zwischen der himmlischen und der irdischen Sphäre nicht 21). Diese Beschreibungen haben vermutlich sowohl im gut ausgehen. Nachdem die Engel auf Erden sich belie- Christentum als auch im Islam die Lehre von Himmel und big Frauen genommen hatten, gebären diese daraufhin Hölle beeinflusst und wurden in diesem Fall jeweils entRiesen, welche die Erde verheeren. Dies löst bei Gott sprechend weiter ausgeschmückt. Der Tanach kennt diese Zorn aus, so dass er die Engel aus dem Himmel ver- Form der Hölle nicht.[7] bannt und am Jüngsten Tag in einen Feuersee werfen will. Über die Erde wird Gott eine Sintflut ergehen lassen um die Riesen zu bekämpfen. Die Engel bitten Henoch, für 6 Siehe auch sie durch eine Bittschrift bei Gott um Gnade zu flehen. Dieser Wunsch wird von Gott jedoch abgelehnt. Henoch • Slawisches Henochbuch muss danach wiederum als Bote fungieren und dieses den gestürzten Engeln mitteilen. Bei der anschließenden Him• Hebräisches Henochbuch melsreise Henochs wird ausführlich der Himmel und seine Umgebung geschildert, wo Henoch hin entrückt wurde. Es werden auch Hinweise auf einen Feuersee gezeigt, ein Motiv das dann in der Johannes-Offenbarung aufge- 7 Textausgaben und Übersetzunnommen wird. gen In den vermutlich später hinzugekommenen Bildreden wird viel vom Menschensohn gesprochen, unklar bleibt, ob damit der künftige Messias, den er an der rechten Sei- chronologisch absteigend geordnet te des Thrones Gottes sieht, oder Henoch selbst gemeint ist. • George W.E. Nickelsburg, James C. VanderKam: 1 Enoch: A New Translation. Fortress, MinneapoIm sogenannten Astronomischen Buch wird von einer flalis 2004, ISBN 0-8006-3694-5 (englische Übersetchen Erde gesprochen, die auf Säulen ruht, der Mond und zung). die Sonne finden sich an Fäden aufgehängt und kreisen um die Erde. Zwei Riesentiere, der Behemoth und der Leviathan, werden als männliches und weibliches Ungeheuer beschrieben, welche in der Wüste und im Meer leben. Henoch kehrt noch einmal zur Erde zurück und erfährt in einem Traum, was seinem Enkel Noach widerfahren wird und wie dieser von der Sintflut errettet wird. In der sogenannten Tierapokalypse zeigt Gott dem bestürzten Henoch, was mit der Welt und dem Volk Israel bis zur Verbannung Judas nach Babylon passieren wird, dies alles symbolisch mit Tierbildern, dabei symbolisieren Schafe das Volk Israel. Den Traum erzählt er seinem Sohn Methusalem als Warnung. Schließlich wird er endgültig im Himmel aufgenommen. 4 Literarische Gattung Zur Frage, welcher literarischen Gattung das Wächterbuch zuzuordnen ist, gibt es in der Forschung keinen Konsens.[4] Man ist sich aber einig darüber, dass 1 Henoch insgesamt als apokalyptisches Buch zu bezeichnen ist.[5][6] • Daniel C. Olson. Enoch: A New Translation. TX: Bibal, North Richland Hills 2004, ISBN 0-941037-894. • Matthew Black (mit James C. VanderKam): The Book of Enoch; or, 1 Enoch. A new English edition with commentary and textual notes. With an Appendix on the 'astronomical' chapters by O. Neugebauer. SVTP 7, Brill, Leiden 1985, ISBN 90-04-071008 (englische Übersetzung und Kommentar). • Siegbert Uhlig: Das äthiopische Henochbuch. In: Werner Georg Kümmel, Hermann Lichtenberger (Hrsg.): Jüdische Schriften aus hellenistisch römischer Zeit. Bd. 5: Apokalypsen, L. 6, Gütersloh 1984, 461 - 780, ISBN 3-579-03956-3. (mit Einleitung, deutscher Übersetzung und Kommentar) • Ephraim Isaac: 1 (Ethiopic Apocalypse of) Enoch, Charlesworth, James Hamilton (Hg.): The Old Testament Pseudepigrapha. Vol. 1: Apocalyptic Literature and Testaments, Garden City, New York: Doubleday 1983, 5-89, ISBN 0-385-09630-5 (englische Übersetzung, Einleitung) 3 • Michael A. Knibb. The Ethiopic Book Of Enoch., 2 Bde., Oxford: Clarendon 1978 / ND 1982. (Bd. 1: Text und Apparat, Bd. 2: englische Übersetzung und Kommentar) • Paul Riessler: Altjüdisches Schrifttum außerhalb der Bibel. Kerle, Freiburg & Heidelberg 19886 , S. 353– 451 (deutsche Übersetzung) 8 • Byung Hak Lee: Befreiungserfahrungen von der Schreckensherrschaft des Todes im äthiopischen Hennochbuch; Diss. Bochum 1998. • George W.E. Nickelsburg: 1 Enoch: A Commentary, Minneapolis: Fortress Press 2001, ISBN 0-80066074-9. • Francois Martin: Le livre d’Hénnoch. Traduit sur le texte éthiopien. Edition Letouzey, Paris 1906. • Andrei A. Orlov: The Enoch-Metatron Tradition, Tübingen: Mohr Siebeck 2005, ISBN 3-16-1485440. • Andreas Gottlieb Hoffmann: Das Buch Henoch in vollständiger Übersetzung mit fortlaufendem Kommentar, ausführlicher Einleitung und erläuternden Exkursen. Jena 1833 • Eckhard Rau: Kosmologie, Eschatologie und die Lehrautorität Henochs. Traditions- und formgeschichtliche Untersuchungen zum äth. Henochbuch und zu verwandten Schriften, Diss. Hamburg 1974. Literatur • Matthias Albani: Astronomie und Schöpfungsglaube. Untersuchungen zum astronomischen Henochbuch (= Wissenschaftliche Monographien zum Alten und Neuen Testament. Bd. 68). Neukirchen-Vluyn 1994. • Veronika Bachmann: Die Welt im Ausnahmezustand. Eine Untersuchung zu Aussagegehalt und Theologie des Wächterbuches (1 Hen 1–36). Dissertation. Auch als: Zeitschrift für die alttestamentliche Wissenschaft, Beihefte 409. de Gruyter, Berlin/New York 2009, ISBN 978-3-11-022429-0. • Klaus Berger: Art. Henoch. In: Reallexikon für Antike und Christentum. Bd. 14, Stuttgart 1988, Sp. 473– 545. • Matthew Black: A Bibliography on 1 Enoch in the Eighties. In: JSPE 5 (1989), S. 3-16. • Gabriele Boccaccini / John J. Collins (Hgg.). The Early Enoch Literature. Brill, Leiden 2007, ISBN 90-04-16154-6. • Gabriele Boccaccini: Beyond the Essene Hypothesis. The Parting of the Ways between Qumran and Enochic Judaism. Eerdmans, Grand Rapids 1998, ISBN 0-8028-4360-3. • John J. Collins: The Apocalyptic Imagination. An Introduction to the Jewish Matrix of Christianity. New York 1984, S. 33–67, 142–154. • James H. Charlesworth: The Old Testament Pseudepigrapha and the New Testament, CUP Archive: 1985, ISBN 1-56338-257-1. • Annette Yoshiko Reed: Fallen Angels and the History of Judaism and Christianity: The Reception of Enochic Literature, Cambridge: Cambridge University Press 2005, ISBN 0-521-85378-8. • Paolo Sacchi: Art. Henochgestalt/Henochliteratur. In: Theologische Realenzyklopädie. Bd. 15, 1986, S. 42-54. • Paolo Sacchi / William J. Short: Jewish Apocalyptic and Its History, Sheffield: Academic 1996, ISBN 185075-585-X. • Erik Sjöberg: Der Menschensohn im äthiopischen Hennochbuch, Gleerup, Lund 1946. • Michael E. Stone: The Book of Enoch and Judaism in the Third Century B.C.E. In: Catholic Biblical Quarterly. Nr. 40, 1978, S. 479-492. • Johannes Theisohn: Der auserwählte Richter. Untersuchungen zum traditionsgeschichtlichen Ort der Menschensohngestalt der Bilderreden des Äthiopischen Henoch. Göttingen 1975. • James C. VanderKam: Enoch: A Man for All Generations, Columbia, SC; University of South Carolina 1995, ISBN 1-57003-060-X. • James C. VanderKam: Enoch and the Growth of an Apocalyptic Tradition, Washington: Catholic Biblical Association of America 1984, ISBN 0-91517015-9. • Marie-Theres Wacker: Weltordnung und Gericht. Studien zu 1 Henoch 22. Dissertation Tübingen 1981/82. Auch als: Forschung zur Bibel 45. Echter, Würzburg 1982, ISBN 3-429-00794-1. 9 Weblinks • Helge S. Kvanvig: Roots of Apocalyptic: The Meso- Textausgaben und Übersetzungen potamian Background of the Enoch Figure and of • Das Buch Henoch. In: Project Gutenberg. − Überthe Son of Man, Neukirchen-Vluyn: Neukirchener setzung von Andreas Gottlieb Hoffmann 1988, ISBN 3-7887-1248-1. 4 10 • Übersetzung aus: Emil Kautzsch: Die Apokryphen und Pseudepigraphen des Alten Testaments, Band 2; Tübingen: Mohr 1900. • Übersetzung (engl.) von M. Knibb • Joh. Flemming / L. Radermacher: Das Buch Henoch, Hrsg. im Auftrage der KirchenväterCommission der Königl. Preussischen Akademie der Wissenschaften, Hinrichs, Leipzig 1901, Digitalisat bei archive.org. Informationen zum Henochbuch • Beate Ego: Art. Henoch / Henochliteratur, in: Michaela Bauks, Klaus Koenen, Stefan Alkier (Hgg.): WiBiLex - das wissenschaftliche Bibellexikon im Internet, Stuttgart: Deutsche Bibelgesellschaft 2007ff. • Thomas Knittel: Bibliographie zum äthiopischen Henochbuch, Arbeitshilfen für das Studium der Pseudepigraphen, Leipzig 2002 10 Einzelnachweise [1] Hartmut Stegemann: Essener; Freiburg 19999 ; S. 137 [2] George W. E. Nickelsburg: Tobit and Enoch: Distant Cousins with a Recognizable Resemblance. In: Jacob Neusner, Alan J. Avery-Peck (Hrsg.): George W.E. Nickelsburg in perspective: an ongoing dialogue of learning. Bd. 1, Brill, Leiden / Boston 2003( = Supplements to the Journal for the Study of Judaism, 80/1; ISBN 90-04-12985-5), S. 217-239, S. 236 [3] Lars Hartman: Asking for a Meaning: A Study of 1 Enoch 1-5. Gleerup, Lund 1979 (= Coniectanea biblica, New Testament series, 12; ISBN 91-40-04701-6), S. 22-26 [4] Veronika Bachmann: Die Welt im Ausnahmezustand Eine Untersuchung zu Aussagegehalt und Theologie des Wächterbuches (1 Hen 1–36). de Gruyter, Berlin / New York 2009, S. 47-62 (Kap. 3: Das Wächterbuch als Segensrede: Überlegungen zur literarischen Gattung doi:10.1515/9783110224306.47) [5] Nickelsburg, The nature and function of revelation (1997): „That 1 Enoch is properly called an apocalyptic writing is widely agreed. The Society of Biblical Literature taskforce on genres includes large sections of this work in its typology of apocalypses“ [6] John J. Collins: The Jewish Apocalypses. In: Semeia 14 (1979), S. 21-59 [7] Georges Minois: Die Hölle. München 1996, S. 98 EINZELNACHWEISE 5 11 11.1 Text- und Bildquellen, Autoren und Lizenzen Text • Äthiopisches Henochbuch Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/%C3%84thiopisches%20Henochbuch?oldid=116953119 Autoren: WolfgangRieger, Gugganij, Dietrich, Papiermond, Zinnmann, Jonas kork, Br, Hardenacke, Janneman, Maya, Chrisfrenzel, Hewa, Mps, TribbleFun, Jergen, Emes, Easyrider, Ca$e, STBR, RobotQuistnix, Bota47, CHRIS, Thomas Schmidt - cesimbra, DeX, FordPrefect42, 132180, Between the lines, Trg, Trinityfolium, Spuk968, Thijs!bot, JAnDbot, Omerzu, K.J.Bot, VolkovBot, TXiKiBoT, SieBot, Loveless, Exot, Rotkaeppchen68, Duderina, PipepBot, Alexbot, Michael Kühntopf, CarsracBot, LaaknorBot, Ugha-ugha, Numbo3-bot, Luckas-bot, GrouchoBot, Xqbot, Wilske, Katimpe, In ictu oculi, Ianusius, EmausBot, Dodifixli, Thoppel, Addbot und Anonyme: 23 11.2 Bilder 11.3 Inhaltslizenz • Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0