Viel Natur und ein wenig Weltall

Transcription

Viel Natur und ein wenig Weltall
P R O J E K T + G E S TA LT U N G
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C H E L S E A F L O W E R S H O W 2 0 15
Viel Natur und
ein wenig Weltall
Rückblick und Ausblick
D
ie Chelsea Flower Show 2015, die
war dieses „Häuschen“ quer durch den
vom 19. bis 23. Mai wieder auf dem
Garten bewegbar – und dies sogar batte-
Areal des Royal Hospitals in London
riebetrieben. Im „Living Legacy Garden“,
stattfand, war eine Ausstellung der dezi-
der den 200. Jahrestag der Schlacht von
diert eingesetzten Stäbe, der Sichtschutz-
Waterloo
griffe auf die Geschichte und
zäune aus Lamellen, der Säulen und zu
schlanke Stahlmaste, die sich wie Dolche
scheinbar außerirdische
Mauern aufgerichteten Schieferscheiben.
in die Erde bohrten, auf das blutreiche Er-
Über 40 000 einzelne handgeschnittene
eignis, das Europa nachhaltig veränderte.
zugleich bot die 2015er
Chelsea Flower Show in
London. Trends waren Rück-
Visionen. Ganz besonders
nachzeichnete,
verwiesen
Platten hatte Darren Hawkes für „The
auffällig waren aber
Brewin Dolphin Garden“ zusammengefügt,
organische Formen und
um seine schwebenden Plattformen zu er-
ACRYL STATT REIS
richten, was dem ganzen Garten ein magi-
Ebenfalls mit starkem Symbolbezug einge-
sches, nahezu prähistorisches Flair verlieh.
setzt waren die Plastikstäbe im „World Vi-
In „The Time In Between by Husqvarna and
sion Garden“, für den sich Designer John
zu sehen waren. Judith Supper
Gardena“ setzte Charlie Albone auf einzeln
Warland vom ländlichen Kambodscha hatte
hat sich für uns auf der CFS
stehende, im Halbkreis arrangierte Säulen
inspirieren lassen. Dort leben viele Kinder
als Einfriedung für seinen „sunk garden“.
von zwei Schalen Reis am Tag, eine Mangel-
Im „Cloudy Bay Garden“ verwendeten die
ernährung mit erschreckenden Folgen. An-
Brüder Harry und David Rich lamellenartig
stelle von Reispflanzen setzte John Warland
zusammengefügtes Eichenholz, um ihren
fluoreszierende Acrylstäbe tief in ein dunk-
Holz-Glas-Quader zu bauen. Über Schienen
les Wasserbassin, dazu Nutzpflanzen wie
naturnahe Gestaltungen,
die in fast allen Gärten
umgesehen (alle Gärten finden
Sie unter dega2718).
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1 Staudenpracht und natürliche
Formen prägten die CFS 2015
(hier: „Morgen Stanley Garden“).
2 Mit Pflanzinseln in dunklem Wasser
gestaltete John Warland den
„World Vision Garden“.
3 Sich spiegelnde gelbe Acrylstäbe
symbolisieren Reispflanzen.
5
4 Auch im „Royal Bank of Canada
Garden“ (4 + 7) gaben die organischen Formen den Ton an.
5 Fast wie eine an Ort und Stelle
entstandene Waldlichtung: der
„Brewin Dolphin Garden“.
6 In „Time In Between“ stand
ebenfalls die natürliche Form mit
Naturstein und Stauden im
Vordergrund.
7 Auch Matthew Wilson spielte mit
blühenden Stauden.
2
3
6
4
7
Taro (Colocasia esculenta), Wasserpflanzen
Tangerine‘ in „A Trugmaker’s Garden“,
oder Trennwände in Kombination mit Eiben-
wie Krebsschere (Stratiotes aloides), Was-
Dryopteris erythrosora und Eschscholzia
hecken als Grundstückseinfriedung sah man
serhyazinthe (Eichhornia crassipes) oder
californica im „Royal Bank of Canada“-Gar-
auch beim „Morgan Stanley Healthy Cities
Gräser wie Cyperus alternifolius und Carex
ten, Erysimum ‘Apricot Twist’ im Sentebale-
Garden“, beim „Royal Bank of Canada“-
acuta. Ins Wasser eingelassene, tiefer ge-
Garten, Verbascum ‘Cotswold beauty‘ oder
Garten erneut honigfarbenes, sandgestrahl-
setzte und spärlich bepflanzte Tröge zeigten
die etwas ins Pink gehende Digitalis purpu-
tes Zedernholz als Deckplatten.
an, dass trotz der unwirtlichen Umgebung
rea ‘Sutton’s Apricot’ im „M & G-Garden“: All
Und man wäre nicht in England, wenn
Wachstum – und somit ein klein wenig Hoff-
diese Stauden waren keinesfalls farbliches
Ziegel nicht allgegenwärtig wäre – ganze
nung – möglich ist.
Beiwerk, sondern in ihrem leuchtenden
Häuser wie im nostalgischen Künstlergarten
Orange visuelle Fokuspunkte.
„The Old Forge for Motor Neurone Disease
ORANGE SIGNALWIRKUNG
Dieser Drang nach Orange- oder rötli-
Association“ oder auch Einfassungen, Mau-
chen Brauntönen machte auch vor der Bau-
ern oder Trennwände in „The Living Legacy
Die Signalwirkung der orangefarbenen
substanz nicht halt, so zum Beispiel im vom
Garden“ waren zu bestaunen. Da stach der
Acrylstäbe im „World Vision Garden“ hatte
Bauhausstil inspirierten „Homebase Urban
„Telegraph Garden“ mit seinem kühlen Blau
neben dem symbolischen auch gestalteri-
Retreat Garden“ von Adam Frost mit seinen
und Weiß nahezu heraus. Doch dessen De-
schen Reiz. Damit stand John Warland nicht
Sitzmöbeln aus Zedernholz sowie den Wän-
signer Marcus Barnett, der für seinen von
allein. Orange ist noch immer die Farbe der
den und Sichtschutzen aus Cortenstahl. Den
der niederländischen Stijl-Bewegung inspi-
Stunde – auch bei den Pflanzen. Digitalis
perfekten Gegenpol stellten die kugelförmig
rierten Garten eine Goldmedaille erhielt,
‘Illumination Apricot’ oder Iris germanica
geschnittenen Eiben dar, deren frischer
brach noch in einem anderen Bereich aus
‘Kent Pride‘ im „Pure Land Foundation“-
(leicht orangefarbener) Austrieb perfekt ins
dem Chelsea-typischen Modus anno 2015
Garten, Geum ‘Prinses Juliana’ und ‘Totally
Farbspektrum passte. Corten-Sichtschutz
aus: Er setzte auf Ecken und Kanten.
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8 Sehr visionär: Fernando Gonzalez
kombinierte für „Pure Land
Foundation Garden“ Stauden mit
einer Polyester-Struktur
9 Als einer der wenigen Gärten setzte
der „Telegraph Garden“ auf die
geometrische Form ...
10 ... in Wänden, Hochbeeten, Hecken
und Wasserbecken.
8
TV-SENDUNG ZUR SHOW
The Great Chelsea Garden
Challenge
Die große Chelsea-Garten-Herausforderung: Unter diesem Nenner lief diesen Mai
eine Show im englischen Fernsehen, die
einen Wettkampf unter Amateur-Gärtnern
ausrief. Dem Gewinner winkte die Möglichkeit, an der Chelsea Flower Show einen Garten zu gestalten. Als Anwärter
traten sechs Hobby-Gartendesigner an,
denen vier Tage und ein begrenztes Budget zur Verfügung standen.
Gewinner des Wettbewerbs war der
51-jährige Krankenpfleger Sean Murray
aus Northumberland. Sein Garten war für
„begeisterte Gärtner, die kurz vor der Pension stehen“ konzipiert und lief außer
Konkurrenz. Viele Höhenunterschiede, viel
Schotter bei reduzierter Bepflanzung, viel
dunkle Materie – hier allerdings geschwärztes Holz, das als Beeteinfassung
diente – zeichneten seinen Garten aus.
Ein interessanter Entwurf, der allerdings
den Aspekt der Pflegeleichtigkeit vermissen lässt.
Sean Murray, der sich erstaunt zeigte,
beim „Great Chelsea Garden Challenge“
gewonnen zu haben, will nun professionell ins Gartendesign einsteigen. Die Stimmen in der Fachwelt auf den Wettbewerb
waren gemischt. „Eine Trivialisierung der
Landschaftsarchitektur“, „eine Missachtung der Ausbildung und der harten Arbeit, die die Profis hineinstecken“ – aus
professioneller Sicht war das Feedback
nicht besonders wohlwollend. Was dies
für die Chelsea Flower Show 2015 bedeutet? Einmal wohl, dass sich Stein- und
Kiesgärten noch immer größter Nachfrage
erfreuen. Aber auch, dass sich das „Reality TV“-Prinzip auch auf den Garten übertragen lässt, bei allen enthaltenen Vorund Nachteilen.
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MÖBEL WIE ORIENTALISCHE
PANTOFFELN
tat sich der „Laurent-Perrier Chatsworth
Garden“ hervor, den Gartendesigner Dan
Pearson nach einer elfjährigen Chelsea-
Denn noch immer gilt: je runder, desto bes-
Abwesenheit entworfen hatte. Die Aus-
ser. Wenn der „Telegraph Garden“ mit stark
zeichnung als bester „Artisan Garden“ er-
abstrahierter Form, geradliniger Geometrie
hielt „The Sculptor’s Picnic“ von Walker’s
und einfachen Grundfarben spielte, dies
Baumschulen. Die letzteren beiden waren
unterstrichen durch erhöht gesetzte, qua-
ganz klar naturalistische Entwürfe ohne
dratische Pflanzgefäße und zu Blöcken ge-
Prachtbeete oder majestätischen Schick,
schnittene Buchen- und Eibenhecken, dann
die waldähnliche Szenarien mitsamt Stei-
war eine solche Gestaltung eher die Aus-
nen, viel Holz und schlichter, naturnaher
nahme. Matthew Wilson, Designer des „Ro-
Bepflanzung entwarfen. Sie zelebrierten das
yal Bank of Canada“-Gartens, betonte ge-
Stille, Bescheidene. Es waren Gärten, in de-
genüber der Financial Times, dass es abgesehen von der Gartengrenze mit ihrer bewusst linearen Mischung aus Trockenmauern und rotem Zedernholzplatten keine
einzige gerade Linie in seinem Garten gebe.
Besonders augenfällig war dies bei den geschwungenen Gartenmöbeln, die fast an
„Der Drang nach Orangeoder Brauntönen
machte auch vor der
Bausubstanz nicht halt.“
orientalische Pantoffeln erinnerten.
Auf die Spitze getrieben hatte das Prinzip
der „Mehr Bögen für Chelsea“ der „Pure
nen die Natur den Raum komplett einnimmt
Land Foundation Garden“. In dieser zeitge-
und in denen kaum eine Spur menschlicher
nössischen Interpretation eines Chinesi-
Anwesenheit oder gar Behausung zu finden
schen Gartens flossen Farbe, Textur und
war.
Raumform zu einer Einheit zusammen, die
Explizit war dies beim Gewinnergarten
an das Auf und Ab der Gezeiten erinnerte.
in der Kategorie „Best Show Garden“ zu
Um dieses unkonventionelle Design zu re-
sehen. Der „Laurent-Perrier Chatsworth
alisieren, hatte der spanische Designer
Garden“ mit seinen massiven Steinblöcken
Fernando Gonzalez ein nicht nur im Garten-
und Wasserläufen hätte direkt einer Heide-
bau neuartiges Produkt eingesetzt: Jesmo-
landlandschaft aus Derbyshire entstammen
nite, ein Acryl-Composite-Material, das
können – und war es letztlich auch, denn
unter anderem als Ersatz für Polyester oder
Pearson hatte sich von zwei Bereichen des
Fiberglas dient.
hochherrschaftlichen Chatsworth-Anwesens inspirieren lassen, Paxton’s Rockery
NATUR IN REINFORM
und The Trout Stream. Den dreieckig angelegten Garten charakterisierten sodann
Herausgestochen haben jedoch drei Gärten,
auch Felsformationen aus Gritstone (ein
die in der Folge in ihrer jeweiligen Kategorie
grauer Sandstein) sowie ein naturalistischer
als die Besten gekürt wurden. In der Kate-
Wasserlauf, der sich aus einer erhöhten
gorie „Fresh Gardens“ war es der „Dark
Quelle speiste, über massive Felsen spru-
Matter Garden for the National Schools’
delte und in einem ruhigen Pool mündete.
Observatory”, konzipiert von der Howard
Zwei Lichtungen gaben der Bepflanzung,
Miller Design Ltd. Bei den „Show Gardens“
die in frischendem Grün, Weiß und Gelb ge-
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„Watch this Space“-Garten, der an der RHS
Tatton Show 2013 ausgestellt worden war.
„Das war allerdings so stressig gewesen,
dass wir das niemals wieder machen wollten“, so Andy Newsam weiter. Von wegen
– 2015 machte es sich die John Moores
University in Liverpool erneut zum Ziel, die
Abläufe des Universums mittels eines Gartens verständlich zu machen.
„2015 ist es genau 100 Jahre her, dass
9
10
Einstein seine Relativitätstheorie publizierte“, so Mike Bode, Professor der Astrophysik und Institutsdirektor des astrophysi-
halten und nur hier und da von kräftigeren
geschlossenseins: Die ganze Palette aus
schen Forschungsinstituts der Liverpool
Farben durchbrochen war, Raum, sich aus-
Grüntönen in Kombination mit dem Erd-
John Moores University. „Da lag es nahe,
zubreiten. Eine Reihe typischer Pflanzen und
braun der Wurzelstrünke und den skulptur-
den Garten zu diesem Thema zu machen.“
Gehölze war vom namengebenden Chats-
haften Holzelementen bildete einen Lebens-
Auf einer Fläche von 9 m2 zeigte dieser
worth-Garten übernommen worden – dar-
raum, der unmittelbar dem Natur-Gefühl der
„Fresh Garden“ nicht weniger als einen Zeit-
unter Azaleen, Rhododendren, Farne und
diesjährigen Chelsea Flower Show geschul-
raum von 14 Mrd. Jahren. Eine leuchtende
Gräser.
det war. In diese Kerbe schlugen auch „The
Plexiglasfläche markierte den Punkt, an dem
Zwei Jahre war Dan Pearson mit der Pla-
M&G Garden 2015 – The Retreat“ (Designer:
mit dem Urknall alles Leben begann. Ihr ge-
nung des Gartens beschäftigt, das Errichten
Jo Thompson) sowie der bezaubernde „A
genüber lag eine Trennwand – der Punkt in
des Showgartens hatte 18 Tage gedauert.
Perfumer’s Garden in Grasse“ (Designer:
der Gegenwart, von dem aus der Betrachter
Kurzzeitig hatte das Projekt kurz vor dem
James Basson).
zurück in die Zeit blickt. Beide Bereiche wa-
Scheitern gestanden, da befürchtet worden
war, das Gewicht der Felsbrocken könnte
die im Boden verlaufenden Abwasserkanä-
ren mit gebogenen Stäben in täuschend
„WIR WOLLTEN ETWAS ÜBER
DAS UNIVERSUM MACHEN“
echter Cortenstahl-Optik verbunden – ein
kleiner Trick, denn tatsächlich waren sie nur
le bersten lassen.
mit Rostfarbe bestrichen („Viel günstiger!“,
Bei all der besinnlichen und teils retrospek-
so Andy Newsam). Dieses Gitter aus Stahl-
tiven Natur-Überhöhung stach der „Dark
stäben zeigte den Weg des Lichts durchs
Matter Garden for the National Schools’
Universum an und gebogen waren sie im-
Ebenfalls ein von der Welt abgeschiedener
Observatory” deutlich heraus. „Wir wollten
mer dort, wo es die Anwesenheit der dunk-
Raum, der Ruhe und Besinnlichkeit ver-
wieder etwas über das Universum machen“,
len Materie nahelegt.
spricht, war „The Sculptor’s Picnic Garden“
beschrieb Professor Andy Newsam, Director
Die Bepflanzung aus 24 verschiedenen
von Walker’s Baumschulen. Konzipiert als
des National School’s Observatory (NSO),
Gräsern und Blattschmuckstauden war sol-
halb geschlossener Raum in einem größeren
ganz entspannt seinen Garten, der so kom-
cherart gewählt, dass auch sie dem Betrach-
Garten, dienten im Boden platzierte Ei-
plexe Themen wie dunkle Materie, Zeit-
ter die Anwesenheit von etwas Unsichtba-
chenäste, deren Anordnung an ein Hirsch-
Licht-Zusammenhänge und die Entstehung
ren – hier des Windes – erkennbar machten.
geweih erinnerte, als Trennelemente. Auch
des Universums nach Chelsea beamte. Vor
Hochkomplex für eine Blumenshow, doch
die Bepflanzung aus Kiefern und anderen
zwei Jahren hatte das NSO bereits einmal
in der Umsetzung für den Betrachter mehr
Koniferen unterstrich den Aspekt des Ab-
einen „Universum“-Garten konzipiert, den
als überzeugend.
PICKNICK AM HIRSCHGEWEIH
NEUHEITEN-HITLISTE
RHS-Pflanze des Jahres 2015
2010 war erstmals die „RHS-Pflanze des Jahres“ auf der Chelsea
Flower Show gekürt worden. Damals war es Streptocarpus ‘Harlequin Blue’ gewesen, die den Titel einheimste. Fünf Jahre später
ist der Wettlauf um die „Pflanze des Jahres“ zu einem der Highlights
der Blumenshow geworden. 20 Kandidaten kamen dieses Jahr in
die engere Auswahl, unter ihnen Himbeeren, Zwiebelpflanzen, saisonaler Flor und Sträucher. Zum Sieger kürte die Jury den Japanische Schneeball Viburnum plicatum ‘Kilimanjaro Sunrise’, zweitplatziert wurde Streptocarpus ‘Polka-Dot Purple’, den dritten Rang
machte Salvia ‘Love and Wishes’.
Lassen Sie Ihre Gärten ins
richtige Licht setzen!
Ute Kla
p h a ke
Daniela
Anette Timmermann
Toman
www.gartenfotografen.de
7/2015
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RUCOLA FÜRS ALL UND
EUPHORISIERENDE PFLANZEN
„Dunkle Materie“ war nicht der einzige Bereich der Chelsea Flower Show, der den
Besucher in ferne Welten entführte. Für ihre
Kampagne „Gärtnern in der Schule“ hatte
die Royal Horticultural Society die UK Space
Agency und die Europäische Weltraumorganisation ESA gewonnen, um junge Menschen für die Wissenschaft und den Garten11
bau zu begeistern. Für deren Projekt „Rocket Science“, das im Großen Pavillon ausgestellt wurde, werden 2 kg Rucola-Samen
zur Internationalen Raumstation ISS geschickt. Ein halbes Jahr lang werden sie den
Planeten mit einer Geschwindigkeit von
26 000 km/h umkreisen, dann auf die Erde
zurückgebracht und an bis zu 10 000 Schulen verteilt. Hier können die Schüler testen,
ob und welchen Einfluss die Raumfahrt auf
das Wachstum der Samen hat.
„Rocket Science“ war nur eine von neun
Ausstellungen, die um den Themenbereich
12
13
Wissenschaft und Erziehung und um die
Frage kreisten, wie dieser mit dem Gartenbau verknüpft werden kann. Egal ob wissenschaftliche Untersuchung der Natur von
Böden, „Baumstumpf“-Garten oder Wissenswertes über den Hopfen, der Bereich
„RHS Discovery“ war, was Trends und tiefer
gehende Informationen anbelangt, höchst
inspirierend. So ist seit der diesjährigen
Chelsea Flower Show bekannt, welche
Pflanze die Briten am glücklichsten macht.
Es ist das Maiglöckchen (Convallaria majalis). Dies zumindest kam bei einem Experiment heraus, das Fernsehgärtner David
14
15
Domoney lanciert hatte. Dafür hatte er bereits vor Monaten über Social-Media-Kanä-
16
le eine Liste der britischen Top-100 „GlücksPflanzen“ erstellt. Während der Flower
11 + 13 Dark Matter, eine Zauberei
aus „edelrostigem“ Stahl von
Howard Miller, wurde als bester
„Fresh Garden“ ausgezeichnet.
Show wurden Bilder dieser Pflanzen präsentiert und die Reaktionen der Besucher
über eine Gesichtserkennungskamera verarbeitet. Hinter dem Maiglöckchen erreich-
12 Auch das Sculptor’s Picnic wurde
Sieger seiner Kategorie, und zwar
bei den „Artisan Gardens“.
te Lathyrus odoratus Platz 2 vor Jasminum
14 Den besten 2Show Garden2
gestaltete Dan Pearson. Zwei
Jahre hatte der Designer ...
diesen Pflanzen bestückt sein wird – glück-
15 ... an seiner Komposition aus
Felsen und Stauden geplant und
wäre beinahe gescheitert.
WAHRER GOLDREGEN …
16 Der von der Champagnermarke
Laurent-Perrier gesponserte
Garten ist bester Ausweis für den
Trend in Chelsea.
officinale. Es wird sich zeigen, ob zur CFS
2016 ein Showgarten ausschließlich mit
liche Besucher wären dann garantiert.
Es war ein wahrer Goldregen, der dieses
Jahr auf Aussteller und Gartendesigner niederging. Insgesamt 77 Goldmedaillen wurden verliehen – allein 68 an die Baumschu-
17 „The Sentebale Hope in Vulnerability“: Einen Sonderpreis für
Matt Keightleys visuelle Reise
nach Lesotho
18 James Basson erinnerte mit dem
„Perfumer’s Garden“ an die Stadt
Grasse, ehemals Hauptsitz der
Parfumeure.
19 Jo Thompson zitierte die große
Dame der englischen Gartenkultur
Vita Sackville-West.
17
len und Züchter, die im Großen Pavillon
ausstellten. Einen Rekord stellten Hillier
Baumschulen und Gartenzentren auf, die
dieses Jahr ihre 70. Goldmedaille erhielten
und damit der erfolgreichste Aussteller in
der Geschichte der 102 Jahre alten Show
sind. Einen anderen Rekord stellte die Gartendesignerin Sarah Eberle auf. Sie erhielt
doppeltes Gold – einmal in der Kategorie
„Artisan Gardens“ für ihren „Breast Cancer
Haven Garden supported by Nelsons“, zudem in der Kategorie „Fresh Gardens“. Hier
machte sie mit ihrem „Beyond our Borders“
auf Pflanzenkrankheiten und Schädlinge
aufmerksam, die durch die internationalen
18
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Transportwege zu einer immer größeren
Bedrohung für die heimische Vegetation
werden. Damit ist sie die erste Designerin,
RHS-Wertung hatte der Garten, der die At-
die jemals zwei Goldmedaillen für zwei Gär-
mosphäre der Landschaft im ländlichen
ten in Chelsea erhalten hat.
Raum von Lesotho einfangen wollte, nur
Judith Supper
eine Silbermedaille gewonnen, die Besu-
studierte Literatur-
cher hingegen liebten ihn. Ob dieses Un-
und Sprachwissen-
… UND LESOTHO IN CHELSEA
DIE AUTORIN
gleichgewicht vor allem der Vorliebe der
schaft an der
Mit dem Publikumspreis ausgezeichnet
Engländer für ihre Royals zu verdanken ist,
Universität
wurde
in
ist unklar. Doch da sogar die Queen ihn
Konstanz und
Vulnerability“-Garten von Matt Keightley,
besucht hatte, dürfte das Ziel, Sentebale
der inoffiziell auch als „Prinz Harry“-Garten
medienwirksam zu präsentieren, erreicht
gleitend als Landschaftsgärtnerin zu
bezeichnet wird. Die Wohltätigkeitsorgani-
worden sein.
arbeiten. Seit 2007 ist sie Redakteurin für
der
„Sentebale
–
Hope
begann studienbe-
Gartenthemen, 2011 bis 2014 war sie
sation Sentebale ist 2006 von Prinz Harry
Alle Gärten finden Sie übrigens auf der
und Prinz Seeiso aus der Königlichen Fa-
Seite der Royal Horticultural Society – be-
leitende Redakteurin bei g’plus, dem
milie Lesothos gegründet worden. Ihr Ziel
quem über dega-galabau.de, dega2718.
Gartenmagazin des Unternehmerverbandes Schweizer Gärtner JardinSuisse. Seit
ist es, insbesondere HIV-infizierte Kinder
und Jugendliche aus Lesotho zu unterstüt-
TEXT: Judith Supper, Triboltingen/CH
diesem Jahr bietet sie mit Brizamedia
zen – über 37 000 Kinder unter 14 Jahren
BILDER: Supper, Marianne Majerus
(www.brizamedia.ch) einen Medienser-
sind hier an HIV erkrankt. In der offiziellen
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