2. Organisation
Transcription
2. Organisation
Betriebswirtschaftslehre II Dipl.-Kfm. Sascha Seifert Sommersemester 2005 Dipl.-Kfm. Sascha Seifert Betriebswirtschaftslehre II TU München Zeitplan 11.04.05: Organisatorisches 18.04.05: Strategisches Management 25.04.05: Strategisches Management, Marketing 02.05.05: Marketing 09.05.05: Marketing 16.05.05: Pfingsten 23.05.05: Marketing, Organisation 30.05.05: Organisation 06.06.05: Organisation 13.06.05: Produktion 20.06.05: Produktion 27.06.05: Produktion, Dienstleistungsmanagement 04.07.05: Dienstleistungsmanagement 11.07.05: Zusammenfassung, Klausurvorbereitung Klausurtermin: steht noch nicht fest Folie: 2 Lehrstuhl für BWL – Information, Organisation und Management – TU München Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre – Teil 2 Betriebswirtschaftslehre II Agenda 1. Strategisches Marketing Management 2. Organisation und neue Institutionenökonomik 3. Produktionswirtschaft und Dienstleistungsmanagement Dipl.-Kfm. Sascha Seifert Betriebswirtschaftslehre II TU München 2. Organisation und neue Institutionenökonomik Die neue Instituionenökonomik ist eine Theorie der Volkswirtschaftslehre, die die Wirkung von Institutionen auf die Wirtschaftseinheiten (Unternehmen, private Hauhalte) untersucht. Institutionen im Sinne der neuen Institutionenökonomik sind Systeme von Regeln oder Normen (einschließlich der Mechanismen ihrer Durchsetzung=. Zu den bedeutendsten Forschungssträngen der neuen Institutionenökonomik zählen: • Transaktionskostentheorie • Principal-Agent-Theorie • Property-Righty-Theorie Die Insitutionenökonomik gibt Aufschluss über den Aufbau und die Ausgestaltung von Institutionen. Dipl.-Kfm. Sascha Seifert Betriebswirtschaftslehre II TU München 2. Institutionenökonomik: Transaktionskostentheorie Transaktionen sind die Grundeinheiten der Analyse der Transaktionskostentheorie. Eine Transaktion bezeichnet die Übertragung von Verfügungsrechten an Gütern und Dienstleistungen. Diese Übertragung geht dem materiellen Güteraustausch in der Regel zeitlich voraus. Transaktionen sind also im Prinzip die expliziten und impliziten (Vertrags )Verhandlungen über Güter und (Dienst-)Leistungen zwischen mindestens zwei Akteuren. Ex-ante-Transaktionskosten: Informations-, Verhandlungs- und Vertragskosten , d.h. Kosten der Vertragsanbahnung und –Vereinbarung. Ex-post-Transaktionskosten: Kontroll- und Anpassungskosten, d.h. Kosten der Überwachung, Durchsetzung und Anpassung der Vertragskonditionen Ziel: Minimierung der Summer aus Produktions- und Transaktionskosten Dipl.-Kfm. Sascha Seifert Betriebswirtschaftslehre II TU München 2. Institutionenökonomik: Transaktionskostentheorie Verhaltensannahmen: Beschränkte Rationalität: Akteure können aufgrund kognitiver Aufnahme- und Verarbeitungskapazitäten nur unvollkommen rational handeln Opportunismus: Akteure handeln strategisch und schrecken auch vor List, Tücke und Täuschung nicht zurück Risikoneutralität Dipl.-Kfm. Sascha Seifert Betriebswirtschaftslehre II TU München 2. Institutionenökonomik: Transaktionskostentheorie Merkmale der Transaktion: Faktorspezifität: Der Spezifitätsgrad einer Transaktion ist um so höher, je größer der Wertverlust ist, der dadurch entsteht, daß man die Produktionsfaktoren nicht der erstbesten (ursprünglichen) Verwendung zuführt, sondern einer nächst- oder zweitbesten Verwendung. Der Wechsel zu einem anderen Trans aktionspartner wird zunehmend schwerer, da hierdurch entweder die sogenannten Quasi -Renten, d.h. die Erlösdifferenz zur nächsten Verwendungsmöglichkeit der Faktoren, und/oder durch die Spezifität induzierte Kostenvorteile verloren gehen. Unsicherheit: Parametrische Unsicherheit bezeichnet die Ungewissheit über zukünftige Umweltzustände und ihre Wirkung auf die Transaktion. Aufgrund ihrer beschränkten Rationalität sind die Akteure nicht in der Lage, die Entwicklung relevanter, zukünftiger Umweltdeterminanten vorauszusehen und diese in den Vertrag bzw. die Institution einzubinden. Verhaltensunsicherheit basiert auf dem möglichen opportunistischen Verhalten der Akteure, welches insbesondere durch vorhandene Informationsasymmetrien, d.h. unterschiedliche Informations- und Wissensstände der Akteure, begünstigt wird. Häufigkeit: Mit zunehmender Anzahl identischer Trans aktionen besteht die Möglichkeit zur Realisierung von (Fix-)Kostendegressions-, Skalen- und Synergieeffekten. Sofern diese Potenziale genutzt werden, sinken die Produkti ons- und Transakti onskosten je Transaktion mit der Zunahme identischer Transaktionen Dipl.-Kfm. Sascha Seifert Betriebswirtschaftslehre II TU München 2. Institutionenökonomik: Transaktionskostentheorie Einflussgrößen auf die Transaktionskosten Transaktionsatmosphäre / Transaktionshäufigkeit Beschränkte Rationalität Unsicherheit / Komplexität Informationsverkeilung Opportunismus Dipl.-Kfm. Sascha Seifert Spezifität Betriebswirtschaftslehre II TU München 2. Institutionenökonomik: Transaktionskostentheorie Institutionelle Arrangements: Je nach Ausprägung der Verhaltensannahmen und Merkmale der Transaktion empfiehlt die Transaktionskostentheorie drei Typen institutioneller Arrangements: Markt, Hybrid, Hierachie: Transaktionskosten Markt Hybrid Hierarchie Spezifitätsgrad Dipl.-Kfm. Sascha Seifert Betriebswirtschaftslehre II TU München 2. Institutionenökonomik: Transaktionskostentheorie Institutionelle Arrangements Eigenentwicklung und Eigenerstellung Kapitalbeteiligung an Lieferanten / Abnehmern Lieferantenansiedlung Entwicklungskooperationen - mit anschließender Eigenerstellung - mit anschließender Fremderstellung Langzeitvereinbarungen - für spezifische, eigenentwickelte Teile - für spezifische, fremdentwickelte Teile Jahresverträge - mit offenen Lieferterminen und Mengen - mit festen Lieferterminen und Mengen Spontaner Einkauf am Markt Dipl.-Kfm. Sascha Seifert Betriebswirtschaftslehre II abnehmender vertikaler Integrationsgrad TU München 2. Institutionenökonomik: Transaktionskostentheorie Dipl.-Kfm. Sascha Seifert Betriebswirtschaftslehre II TU München 2. Institutionenökonomik: Transaktionskostentheorie Dipl.-Kfm. Sascha Seifert Betriebswirtschaftslehre II TU München 2. Institutionenökonomik: Principal-Agent-Theorie Betrachtungsgegenstand: Arbeitsteilige Auftraggeber-Auftragnehmer-Beziehung: Principal delegiert Entscheidungsund Ausführungskompetenz an den Agenten. Wie müssen die Verträge zwischen Principal und Agent gestaltet werden, damit die Beziehung zu beiderseitigem Nutzen verläuft? Prämissen der PA-Theorie • asymmetrische Informationsverteilung zwischen Principal und Agent: • das Nutzenniveau des Principals wird von der Handlungsweise des Agents beeinflußt • begrenzte Rationalität • Agency-Kosten Dipl.-Kfm. Sascha Seifert Betriebswirtschaftslehre II TU München 2. Institutionenökonomik: Principal-Agent-Theorie Betrachtungsgegenstand: Typologie von Informationsasymmetrien 1) Hidden Characteristics (ex-ante) Problem: ”Adverse Selection” Lösung: Signaling/Screening/Self Selection 2) Hidden Action / Hidden Information (ex-post) Problem: ”Moral Hazard” Lösung: Intressenangleichung 3) Hidden Intention Problem: ”Hold Up” Lösung: Sicherheiten/Reputation Agency–Costs 1) Überwachung und Kontrolle des Agenten 2) Gewährleistung durch den Agenten 3) Residualverluste Dipl.-Kfm. Sascha Seifert Betriebswirtschaftslehre II TU München 2. Institutionenökonomik: Principal-Agent-Theorie Informationsasymmetrie UnterScheidungsKriterien: Informationsproblem des Principal Hidden Characteristics Qualitätseigenschaften Der Leistung des Partners unbekannt Problemursache Verbergbarkeit von Eigenschaften Problem Adverse Selection Arten der Problembewältigung Dipl.-Kfm. Sascha Seifert Beseitigung der Informationsasymmetrie duch: -Signaling/Screening - Self-Selection - Interessensangleichung Hidden Action Hidden Intention Anstrengung des Vertragspartners nicht beobachtbar bzw. nicht beurteilbar Absichten des Vertragspartners unbekannt Überwachungsmöglichkeiten und -kosten Ressourcenabhängigkeit Moral Hazard Interessensangleichung, Monitoring Betriebswirtschaftslehre II Hold up Interessensangleichung TU München 2. Institutionenökonomik: Property-Rights-Theorie Annahmen: - Verhaltensannahme individueller Nutzenmaximierung - Existenz von Property-Rights - Existenz von Transaktionskosten - Auftreten externer Effekte Definition “Property-Rights”: Property-Rights oder Eigentums-,Verfügungs- bzw. Handlungsrechte sind die mit einem Gut verbundenen Rechte. Diese Rechte resultieren aus der allg. Rechtsordnung und aus Verträgen, die bei der Verfügbarmachung (z.B. Erwerb) dieser Güter geschlossen worden sind. Insbesondere: - Recht zur Nutzung eines Gutes - Recht, Form und Substanz des Gutes zu verändern - Recht, sich die aus dem Gut zu ziehenden Gewinne anzueignen bzw. die Verluste zu tragen - Recht, das Gut an Dritte zu veräußern Dipl.-Kfm. Sascha Seifert Betriebswirtschaftslehre II TU München 2. Institutionenökonomik: Property-Rights-Theorie 1.3 Property-Rights Theorie Definition “Transaktionskosten”: Kosten, die bei der Herausbildung, Zuordnung, Übertragung und Durchsetzung von Property-Rights entstehen, also Kosten der Information und Kommunikation, Zeit und Mühe für die Anbahnung und Abwicklung eines Leistungsaustausches. TK dienen als Effizienzkriterien zur Beurteilung und Auswahl von PR-Verteilungen. Definition “Externe Effekte”: Nebenwirkungen individueller Ausübung von Property-Rights auf Dritte, insbesondere wenn nicht alle Property Rights eines Gutes bei einer Person liegen. EE dienen ebenfalls zur Beurteilung und Auswahl von PR-Strukturen. Ziel: Suche nach der effizienten Property-Rights-Verteilung, d.h. Σ TK + Σ negative EE → Min! Empfehlung: möglichst vollständige Rechtsbündel mit der Nutzung ökonomischer Ressourcen verbinden! Dipl.-Kfm. Sascha Seifert Betriebswirtschaftslehre II TU München 2. Organisation 2.1 Das Organisationsproblem Organisation = Arbeitsteilung + Koordination Warum Arbeitsteilung? Kapazitätsgrenzen bzw. Knappheit der einsetzbaren Ressourcen Warum Koordination? Abstimmung der Teilaufgaben auf das Gesamtziel der Organisation Beispiele zum Selbstüberlegen: - Erstellung eines gemeinsamen Referates inkl. gemeinsamer Seminararbeit - Skiwoche für 30 Leute mit Selbstversorgung - Bau einer Pyramide 2000 v.Chr. Dipl.-Kfm. Sascha Seifert Betriebswirtschaftslehre II TU München 2. Organisation 2.1 Das Organisationsproblem Zentrale Fragestellung der Organisation: Wie ist die Gesamtaufgabe einer Unternehmung sinnvoll in Teilaufgaben zu zerlegen und auf Aufgabenträger zu verteilen? Und wie kann gewährleistet werden, daß die Teilaufgaben sinnvoll zu einem Gesamtergebnis zusammengefügt werden können? (‚Sinnvoll‘ = effektiv und effizient) Aufbauorganisation Ablauforganisation Dipl.-Kfm. Sascha Seifert Betriebswirtschaftslehre II TU München 2. Organisation 2.1 Das Organisationsproblem Teilaufgaben Stellen Abteilungen oder Gruppen Aufgabenanalyse Aufgabensynthese Organisation des Unternehmens Personale Synthese Räumliche Synthese Ablauforganisation Zeitliche Synthese Arbeitsanalyse Dipl.-Kfm. Sascha Seifert Arbeitssynthese Betriebswirtschaftslehre II TU München (Quelle: Bea/Dichtl/Schweitzer, Bd. 2, S. 104) Aufbauorganisation Aufgabe 2. Organisation 2.1 Das Organisationsproblem Koordinationsinstrumente: Strukturelle: Koordination durch (1) persönliche Weisungen (2) Selbstabstimmung (3) Programme (4) Pläne Nicht-strukturelle: Dipl.-Kfm. Sascha Seifert Koordination durch (5) organisationsinterne Märkte (6) Organisationskultur (7) Standardisierung von Rollen Betriebswirtschaftslehre II TU München 2. Organisation 2.2 Traditionelle Organisationsansätze 2.1.1 Bürokratiemodell von Max Weber 2.1.2 Taylorismus 2.1.3 Human Relations Bewegung Dipl.-Kfm. Sascha Seifert Betriebswirtschaftslehre II TU München 2. Organisation 2.2.1 Bürokratiemodell von Max Weber Zur Person: Historischer Hintergrund: Max Weber (1864 - 1920), Professor der Rechtswissenschaften in Freiburg, Heidelberg und München Seine Werke sind Klassiker der Sozialwissenschaften und Wegbereiter moderner Organisationstheorien! Entwicklung von Staatsapparaten als Ausgangspunkt; eher soziologische Ausrichtung ‚Rationalität‘ als Basisentwicklung Untersuchung von Fragen der Ausübung und Legitimation von Herrschaft; Organisation als Form der Herrschaftsausübung Bürokratie als rationale Form der Herrschaft; Vorteile: Entmenschlichung, Transparenz, Kompetenz Dipl.-Kfm. Sascha Seifert Betriebswirtschaftslehre II TU München 2. Organisation 2.2.1 Bürokratiemodell von Max Weber Merkmale bürokratischer Strukturen: - Prinzip der Arbeitsteilung und fester Zuordnung von Kompetenzen und Entscheidungsbefugnissen - feste, sachlich abgegrenzte Leistungspflichten - Ausstattung mit notwendiger, abgegrenzter Befehlsgewalt - personenunabhängige, generelle Konzeption der Struktur - Amtshierarchie; obere koordinieren untere, fester Instanzenweg - umfangreiche technische Normen und Regeln zur Amtserfüllung, schriftlich fixiert - Dokumentation bzw. Aktenmäßigkeit - Kommunikation über den Dienstweg, meist schriftlich in Formularen, Aktennotizen ‚Maschinenartigkeit‘ der Organisation Dipl.-Kfm. Sascha Seifert Betriebswirtschaftslehre II TU München 2. Organisation 2.2.1 Bürokratiemodell von Max Weber Leistungen und Schwächen des Bürokratiemodells - + Überlegenheit gegenüber damaligen Formen, insbesondere dem willkürbehafteten Feudalismus - Starrheit und Inflexibilität - Vorteilhaft nur in bestimmten Situationen durch: - Berechenbarkeit - Nachvollziehbarkeit, Transparenz - Kontinuität - Einheitlichkeit - Präzision und Schnelligkeit (?) - jeder MA hat eigenen Handlungsfreiraum Gefahren: - Regeln werden zum Selbstzweck - Übermaß an Vorschriften - Übermäßiges Stellenwachstum - Kreativität und Engagement der MA wird eingeschränkt - Frustration und Demotivation Dipl.-Kfm. Sascha Seifert Betriebswirtschaftslehre II TU München 2. Organisation 2.2.2 Taylorismus Zur Person: Frederick W. Taylor (1856 - 1915) durchlief eine Laufbahn vom einfachen Arbeiter in einem Stahlwerk bis zum Ingenieur; begründete das sog. ‚Scientific Management‘; Wirken in den USA Henry Ford, Begründer des Automobilherstellers Ford, Erfinder des ‚Fließband‘-Prinzips Historischer Zusammenhang: Industrialisierung in den USA; Nachfrage überwiegt Angebot, Unternehmen kommen nicht mit der Produktion nach; durch technischen Fortschritt wurde die Organisation menschlicher Arbeit zum Engpaßfaktor Taylor versuchte die Gestaltungshilfen auf eine methodische Basis zu stellen. Im Vordergrund: technisch und ökonomisch effizientes Funktionieren! Suche nach allgemeingültigen Prinzipien des Organisierens. Organisation als Aufgabenerfüllungssystem. Dipl.-Kfm. Sascha Seifert Betriebswirtschaftslehre II TU München 2. Organisation 2.2.2 Taylorismus Taylor‘s Methode: Das ‚wissenschaftliche Experiment‘ Taylor‘s Programm: (Auszüge) (1) Trennung von dispositiver und ausführender Arbeit (2) Methodik der Arbeitszerlegung und Zeitmessung (3) Pensum und Bonus - Mitarbeiterführung Leistungen und Schwächen: + - große Produktivitätssteigerungen durch Rationalisierung und Optimierung der Arbeitsorganisation - Wegbereiter für die Arbeitswissenschaft, REFA u.ä. Dipl.-Kfm. Sascha Seifert - Problematisches Menschenbild - keine bedürfnisgerechte Arbeitsgestaltung Entfremdung von der Arbeit - Dequalifizierung der Mitarbeiter - Kreativität und Eigeninitiative verkümmern Betriebswirtschaftslehre II - TU München 2. Organisation 2.2.3 Human Relations Bewegung Die Entwicklung in Stichworten: - Nebenwirkungen des Taylorismus werden sichtbar (Beispiele); die menschlichen Beziehungen rücken ins Blickfeld - Exkurs: die ‚Psychotechnik‘ - die ‚Hawthorne-Experimente‘ (1924): Zusammenhang von Arbeitsleistung und psychischen Faktoren wird klar - die Arbeitszufriedenheitsforschung - Aufschwung der Organisationspsychologie - die ‚Organisationsentwicklung‘ Dipl.-Kfm. Sascha Seifert Betriebswirtschaftslehre II TU München 2. Organisation 2.3 Der situative Ansatz „Es gibt keinen one-best-way der Organisation. Für jedes Unternehmen kann je nach spezifischer Situation eine andere Organisationform effizient sein.“ Bedingungen (Situation) Handlungsalternativen Situation Organisationsstruktur Output Verhalten der Organisationsmitglieder organisatorische Effizienz Dipl.-Kfm. Sascha Seifert Betriebswirtschaftslehre II TU München 2. Organisation 2.3.1 Der situative Ansatz: Aufgabenmerkmale Strukturiertheit Wie gut ist die Aufgabe in exakte, einander eindeutig zuzuordnende Lösungsschritte zerlegbar? Variabilität Menge und Vorhersehbarkeit von Aufgabenänderungen (Grad der Unsicherheit bei der Aufgabenerfüllung) Häufigkeit erwartetes Volumen der pro Zeiteinheit zu bewältigenden Einheiten einer Aufgabe Ähnlichkeit (Diversifizierungsgrad, Heterogenität) Komplexität Dipl.-Kfm. Sascha Seifert technologische und marktliche Verwandtschaft der Aufgaben im Unternehmen Anzahl und Abhängigkeit der Teilaufgaben untereinander Betriebswirtschaftslehre II TU München 2. Organisation 2.3.1 Der situative Ansatz: Aufgabenmerkmale Vier Grundtypen von Aufgaben Variabilität Strukturiertheit hoch gering Dipl.-Kfm. Sascha Seifert gering hoch 1 hoch strukturierte, stabile Aufgaben z.B.: Buchhaltung, Stahlproduktion, Montagebänder. 3 Hoch strukturiert, stark veränderliche Aufgaben z.B.: Computerprogrammierung, Hoch- und Tiefbau, Energieversorgung. 2 Schwach strukturierte, stabile Aufgaben z.B.: Kunsthandwerk, Bildungsbetrieb, Fachhandel. 4 Unstrukturierte, stark veränderliche Aufgaben z.B.: Forschung u. Entwicklung, strategische Planung, “high technology”. Betriebswirtschaftslehre II TU München 2. Organisation 2.3.2 Der situative Ansatz: Strukturvariablen Die Strukturvariablen - Stellgrößen der Organisation Aufgabenverteilung Verteilung von Weisungsrechten Verteilung von Entscheidungsrechten Programmierung Information und Kommunikation Macht Dipl.-Kfm. Sascha Seifert Betriebswirtschaftslehre II TU München 2. Organisation 2.3.2 Der situative Ansatz: Aufgabenverteilung 1. Schritt: Bildung und Synthese von Teilaufgaben Die Gesamtaufgabe wird in kleine Teile zerlegt. Dies kann geschehen durch • Artenteilung (Die Gesamtaufgabe wird nach Aufgabenarten zerlegt, z.B. Fertigung, Einkauf, Produkt A, usw.) • Mengenteilung (die Aufgaben werden zahlenmäßig verteilt, z.B. xy Stück Autos werden in Werk A, yz Stück in Werk B gefertigt) Je stärker die Aufgabe nach Arten aufgeteilt wird, desto höher der Grad der Spezialisierung. 2. Schritt: Bildung von organisatorischen Einheiten als Aufgabenträger und Verteilung der Teilaufgaben auf diese Stelle Abteilung Projektgruppen Kollegien Dipl.-Kfm. Sascha Seifert Betriebswirtschaftslehre II TU München 2. Organisation 2.3.2 Der situative Ansatz: Aufgabenverteilung Dipl.-Kfm. Sascha Seifert Betriebswirtschaftslehre II TU München 2. Organisation 2.3.2 Der situative Ansatz: Aufgabenverteilung Funktionale Org. Unternehmensführung 2. Ebene Kriterium: Verrichtung Beschaffung 3. Ebene Kriterium: Objekt Produktion Absatz ReWe A B C A B C A B C A B C 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 Divisionale Org. Unternehmensführung 2. Ebene Kriterium: Objekt 3. Ebene Kriterium: Verrichtung Sparte I/Produkt A Beschaffung Produktion Absatz 1 4 7 Dipl.-Kfm. Sascha Seifert Sparte II/Produkt B ReWe Beschaffung Produktion Absatz 10 2 5 8 Betriebswirtschaftslehre II Sparte III/Produkt C ReWe Beschaffung Produktion Absatz ReWe 11 3 6 9 12 TU München 2. Organisation 2.3.2 Der situative Ansatz: Aufgabenverteilung Dipl.-Kfm. Sascha Seifert Betriebswirtschaftslehre II TU München 2. Organisation 2.3.3 Der situative Ansatz: Verteilung von Weisungsrechten Stabsstelle Instanz Ausführungsstelle Fayolsche Brücke Einliniensystem Dipl.-Kfm. Sascha Seifert Stabliniensystem Betriebswirtschaftslehre II Mehrliniensystem TU München 2. Organisation 2.3.3 Der situative Ansatz: Verteilung von Weisungsrechten Funktionales Weisungsrecht in der Linienorganisation ZentralAbteilung Dipl.-Kfm. Sascha Seifert Betriebswirtschaftslehre II TU München 2. Organisation 2.3.3 Der situative Ansatz: Verteilung von Weisungsrechten Matrix-Organisation Gliederung z.B. nach Objektprinzip Gliederung z.B. nach Verrichtungsprinzip Dipl.-Kfm. Sascha Seifert Betriebswirtschaftslehre II TU München 2. Organisation 2.3.3 Der situative Ansatz: Verteilung von Weisungsrechten Leitungsspanne Einflußgrößen auf die ‚richtige‘ Leitungsspanne: - Aufgabe (Strukturiertheit, Variabilität) - andere Strukturvariablen - IuK - Stäbe - Programmierung - Delegation - Persönlichkeiten Heute: Dipl.-Kfm. Sascha Seifert tendenziell eher komplexe, variable Aufgaben, Flexibiliät nötig: flache Hierarchien, große Leitungsspannen mit viel Delegation, Autonomie der Bereiche Betriebswirtschaftslehre II TU München 2. Organisation 2.3.4 Der situative Ansatz: Verteilung von Entscheidungsrechten a) Delegation Delegation i.w.S.: Delegation i.e.S.: Weitergabe aller denkbaren Kompetenzarten Weitergabe von Entscheidungsrechten (= inhaltliche Gestaltungskompetenz der Aufgabenerfüllung im Unternehmen) b) Partizipation Ausmaß, in dem Personen einer nachgeordneten Ebene an der Entscheidungsfindung der übergeordneten Ebene(n) beteiligt sind. Dipl.-Kfm. Sascha Seifert Betriebswirtschaftslehre II TU München 2. Organisation 2.3.5 Der situative Ansatz: Programmierung/Standardisierung ‚Steuerung von Problemlösungsprozessen organisatorischer Aufgabenträger durch Vorgabe allgemeingültiger Instruktionen‘ • Alternativen der Standardisierung • Abläufe • Rahmenbedingungen und Fähigkeiten • Output • Planungs- und Kontrollsystem • Dokumentation • Normen und Werte • Vorteile und Nachteile • Gestaltung in Abhängigkeit von den Aufgabenmerkmalen • “Substitutionsprinzip der Organisation” (Gutenberg) Dipl.-Kfm. Sascha Seifert Betriebswirtschaftslehre II TU München 2. Organisation 2.3.6 Information und Kommunikation Kommunikationsproblem “Genauigkeit” z.B. • formalisiertes Berichtswesen • Hausmitteilungen/ Rundbriefe • Rechnungsstellung/ Auftragsbestätigung • Austausch finanzieller Massendaten mit Banken Kommunikationsproblem “Schnelligkeit/ Bequemlichkeit” Kommunikationsproblem “Vertraulichkeit” Kommunikationsproblem “Komplexität” z.B. • kurze Anfragen bei Arbeitspartnern z.B. • Information über Personalangelegenheiten • Reaktion auf überraschende Ereignisse • Vermutungen über geschäftliche Risiken und Chancen z.B. • arbeitsteilige Lösung neuartiger Probleme • Verhandlungen • Mitarbeitergespräch • Erläuterungen komplizierter Zusammenhänge Grad der Strukuriertheit der Kom.-Aufgabe hoch gering zunehmende Wichtigkeit schriftlicher und asynchroner Kommunikationsmittel zunehmende Wichtigkeit mündlicher und synchroner Kommunikationsmittel zunehmende Möglichkeit räumlicher Entfernung zwischen Sender und Empfänger zunehmende Notwendigkeit räumlicher Nähe zwischen Sender und Empfänger Dipl.-Kfm. Sascha Seifert Betriebswirtschaftslehre II TU München 2. Organisation 2.4. Neuere Organisationskonzepte (1) Lean Production (2) Business Process Reengineering Dipl.-Kfm. Sascha Seifert Betriebswirtschaftslehre II TU München 2. Organisation 2.4.1 Lean Production Grundlage: Studie am MIT, die japanische, europäische und amerikanische Automobilproduzenten verglich Womack, Jones und Roos (1992) Ergebnis: japanische Hersteller hatten erhebliche Wettbewerbsvorteile durch die ‚Lean Production‘ Leistungen und Schwächen: - + - Hat in der Praxis zu vielen Umstrukturierungen der Produktion geführt. - Anstöße zu mehr Gruppenarbeit in Europa und USA Dipl.-Kfm. Sascha Seifert - die Studie vergleicht teilweise ‚Äpfel mit Birnen‘ (Operationalisierungen, Rahmenbedingungen) - unumschränkte Übertragbarkeit fraglich - wenig konkrete Hinweise, jedes Unternehmen muß Lösung selbst finden - Ergebnisse schwer meßbar Betriebswirtschaftslehre II TU München 2. Organisation 2.4.1 Lean Production Japan Nord-Amerika Europa Produktivität (Std./Auto) 16,8 25,1 36,2 Montagefehler pro Auto 0,6 0,82 0,97 Anteil (%) des Reparaturbereichs an Montagefläche 4,1 12,9 14,4 Anzahl Zulieferer pro Hersteller <350 1.000 >1.500 Lagerbestand (Tage) 0,2 2,9 2,0 Erreichen des QS-Standards nach Modellwechsel (Monate) 1,4 11 12 Totale Erneuerung der Modell-Palette 4 Jahre 8-10 Jahre 7-10 Jahre Teamarbeit in Montage (%) 69,3 17,3 0,6 Anzahl Verbesserungsvorschläge je Beschäftigten 61,6 0,4 0,4 Quelle: Womack / Jones / Roos: Die zweite Revolution in der Automobilindustrie, Frankfurt 1992. Dipl.-Kfm. Sascha Seifert Betriebswirtschaftslehre II TU München 2. Organisation 2.4.1 Lean Production Das Wesentliche von Lean Production: Kaizen / KVP Null-Fehler-Prinzip Unternehmenskultur/ Konsensorientierung Teamarbeit, Kooperation Kundenorientierung Zuliefererintegration Effizienter F&E-Prozeß Dipl.-Kfm. Sascha Seifert JIT / Null-PufferPrinzip Betriebswirtschaftslehre II TU München 2. Organisation 2.4.2 Business Process Reengineering Grundlage: 1993 erschien ‚Reengineering the Corporation: A Manifesto for Business Revolution‘ von M. Hammer und J. Champy Das Wesentliche an BPR: ‚Totale Neukonstruktion‘, alle Annahmen der Vergangenheit in einer Organisation müssen in Frage gestellt werden; ‚weißes Blatt Papier‘ Prinzipien: - von Fachabteilungen zu Prozeßteams - Integration von Aufgaben - neue Berufsbilder - Prozeßvariantenvielfalt - Empowerment und Selbststeuerung - Manager als Coach - flache Organisation statt Hierarchie („Zelte statt Paläste“) Dipl.-Kfm. Sascha Seifert Betriebswirtschaftslehre II TU München 2. Organisation 2.4.2 Business Process Reengineering Erzeugung von Marktleistung vor Reengineering Funktion 1 Funktion 2 Funktion 3 Kunden Prozesse nach Reengineering Dipl.-Kfm. Sascha Seifert Funktion 1 Funktion 2 Funktion 3 Kunden Funktion 1 Funktion 2 Funktion 3 Kunden Funktion 1 Funktion 2 Funktion 3 Kunden Betriebswirtschaftslehre II TU München 2. Organisation 2.4.2 Business Process Reengineering Bewertung des Konzepts + - - hoher Allgemeinheitsgrad, kann in jeder Unternehmung zur Anwendung kommen - setzt an Problemen an, die in der Praxis verbreitet sind - hat durch seine Rhetorik in der Praxis z.T. die notwendige Wirkung erzielt Dipl.-Kfm. Sascha Seifert - Neuigkeitsgrad begrenzt; unterstreicht Trend zu mehr Objektorientierung - Methoden sind nicht exakt; jeder Unternehmensberater hat sein eigenes Rezept - Überfordert häufig die Änderungskapazitäten von Unternehmen - fördert das Geschäft von U‘Beratern - unterstützt vor allem Differenzierungsstrategien, nicht aber Kostenführerschaft Betriebswirtschaftslehre II TU München Betriebswirtschaftslehre II Agenda 1. Strategisches Marketing Management 2. Organisation und neue Institutionenökonomik 3. Produktionswirtschaft und Dienstleistungsmanagement Dipl.-Kfm. Sascha Seifert Betriebswirtschaftslehre II TU München