projektwoche

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projektwoche
Bildkompetenz
projektwoche
21.–25. Oktober 2013 | POLMPG3
Schule für Gestaltung, St. Gallen
Alexandra Sutter
Macht der Bilder
Durch das Auge dringen zahllose Bilder in unser
Bewusstsein. Eindrücke werden gesammelt, Befindlichkeiten erzeugt. Denkmuster entwickeln sich.
Bilder haben immer eine Wirkung, Bilder können
manipulieren, animieren und das Unterbewusstsein
steuern, besonders dann, wenn man des Bilderlesens nicht fähig ist.
Was wird abgebildet?
Die Bedeutungsebene ist konkret und bezieht sich
auf die stoffliche Realität des bezeichneten Objektes, also auf die Bildkodierung.
Beispiel: Das Foto eines Kindes repräsentiert ein
Kind. Es spielt dabei überhaupt keine Rolle, wer das
Kind fotografiert hat, noch wie es fotografiert ist.
Wie wird abgebildet?
Die Verwendung eines bestimmten Filmes, Beleuchtung, Bildausschnittes, Weichzeichners usw.
verändert die Leseart des Bildes. Ein grobkörniges
Schwarzweiss-Bild oder Sepia-Foto gibt der Abbildung einen nostalgischen Touch, ein Weichzeichner
lässt sie gefühlsbetonter wirken, eine Nahaufnahme
zieht die Aufmerksamkeit der Betrachter auf den
Gesichtsausdruck.
All diese Differenzierungsmöglichkeiten befinden
sich auf der zweiten Bedeutungsebene.
Einleitung
In der heutigen Mediengesellschaft sind die
Funktionen von Bildern vielfältiger und umfangreicher geworden und müssen dementsprechend auch erweitert werden.
Doelker1 legt in Bezug auf die Funktionsdifferenzierung eine Einteilung von zehn Bildfunktionen und Bildern vor:
– Surrogatbild: simulative Funktion
– Spurbild: registrative Funktion
– Abbild: mimetische Funktion
– Schaubild: explikative Funktion
– Phantasiebild: diegetische Funktion
– Zierbild: dekorative Funktion
– Füllbild: phatische Funktion
– Clipbild: ontische Funktion
– Pushbild: appelative Funktion
– Wirkbild: energetische Funktion
Diese Funktionen sind nicht trennscharf. Sie
können es gar nicht sein, denn gerade dies ist
eine Eigenschaft von Bildern, dass sie viele Potentiale und mehrere Funktionen in sich vereinigen. Welches Potential jeweils besonders dominant ist, ergibt sich erst durch den Kontext,
in dem es steht.
1
Christian Doelker, emeritierter Professor für Medienpä-
dagogik der Universität Zürich
Bildfunktionen
Surrogatbilder sind Ersatz für die Wirklichkeit.
Sie simulieren auf magische Weise. Hierbei
handelt es sich um Bilder, die eine Beziehung
von Bild und Welt – bis hin zur Magie – vorspielen. Sie geben dem Betrachter keine Möglichkeit, die effektive Grösse abzuschätzen. Viel
mehr wird die Betrachterin durch sie überwältigt und eingenommen.
Kriterien für ein Surrogatbild:
– monumentale Wirkung
– Objekt Bildformat füllend
– Objekt randabfallend
– auf einen Sockel gestellt
– symmetrisch
– Frosch- oder Vogelperspektive
– kosmische Verbindung (Sternenhimmel)
Surrogatbild: Simulative Funktion
Rezipientenverhalten emotional
Funktion simulativ
Bildtyp Surrogatbild
Definition Bild = Wesen
Dimension magisch
Surrogatbild
simulieren
Spurbilder verfolgen Lichtspuren, Lichtspuren hinterlassen Spuren. Spurbilder sind Referenzen der
Wirklichkeit. Spurbilder werden mittels einer Foto-,
Video-, Filmkamera analog oder digital hergestellt.
Sobald die Spurbilder mit Zeit- und Ortsangaben
versehen werden, gelten sie als Dokument.Spurbilder sind Bilder, die Spuren eines Ereignisses als
technischen Abklatsch aufnehmen und dokumentieren wie zum Beispiel Schnappschüsse.Ein Sachverhalt wird fotografisch (Lichtzeichnung) festgehalten.
Bildmanipulationen sind in diesem Zusammenhang
eher problematisch, da sie Tatsachen und Wirklichkeit verfälschen.
Kriterien für ein Spurbild:
– Licht = Fotos sind Realität
– Fotografieren der Wirklichkeit
Weitere Möglichkeiten von Spurbildern:
– Dokumentaraufnahmen (LandArt)
– Ereignisse wie Heirat, Geburt, Erstkommunion,
Konfirmation, Geburtstage, Reisen usw.
Wichtig
– Originale müssen immer aufbewahrt werden
– Bildbearbeitungen sind als «Montagen» zu deklarieren.
– Wenn Bildinhalte oder Bildaussagen modifiziert
werden, müssen diese gut sichtbar deklariert
werden.
Spurbild: Registrative Funktion
Rezipientenverhalten
kognitiv
Funktion registrativ
Bildtyp Spurbild
Definition Bild = Beleg
Dimension real
Spurbild
registrieren
Abbilder mimen die Wirklichkeit. Abbilder haben
den Vorteil, bestimmte Details mit erhöhter Plastizität zu illustrieren.
Die Wirklichkeit lässt sich nicht nur durch Spurbilder, sondern auch durch Abbilder festhalten. In
ihrer Funktion mimen diese Bilder die Wirklichkeit
bis zur Verwechslung. Die Nachahmung der Natur
entsteht nicht durch eine Lichterzeichnung, sondern
durch manuelle, analoge oder digitale Techniken.
Kriterien für ein Abbild:
– Illustration
– Abbilden der Wirklichkeit (illustrativ)
– höherer Grad der Wirklichkeit als die Fotografie
Weitere Möglichkeiten von Abbildern:
– Wissenschaftliche Zeichnungen
– Gerichtsverhandlungenn
(da es in einigen Ländern nicht erlaubt ist zu fotografieren)
Abbild: Mimetische Funktion
Rezipientenverhalten kognitiv
Funktion mimetisch
Bildtyp
Abbild
Definition Bild = Repräsentation
Dimension illustrativ
Abbild
mimen
Schaubilder erklären und visualisieren. Sie stellen
anschaulich einen (komplexen) Sachverhalt dar. Da
Schaubilder primär erklärenden Charakter haben,
lösen sie beim Betrachter kaum Emotionen aus. Sie
stellen ebenfalls wie das Spur- und Abbild die Wirklichkeit dar.
Kriterien für ein Schaubild:
– Schaubilder erklären
– Schaubilder visualisieren
Weitere Beispiele von Schaubildern:
– Mindmap
– Organigramm
– Stadtpläne
– U-Bahn-Pläne
– Explosionszeichnungen
– Atlas
– interaktive Diagramme
Schaubild: Explikative Funktion
Rezipientenverhalten kognitiv
Funktion explikativ
Bildtyp Schaubild
Definition Bild = Repräsentation
Dimension illustrativ
Schaubild
erklären
1
Die neuartige Formel des Inhaltes mit Fruchtsäuren hat eine
glättende Wirkung – ähnlich wie bei Haarspülungen. Die
Farbe bleibt haften und die Wimpern sind spürbar weich.
2
Wimpern-Fang-Bürste mit 3 Borsten pro Wimper. So wird
jede einzelne Wimper eingefangen, umhüllt und entklumpt.
3
Die biegsame Gummibürste garantiert einen 360°-Schwung.
Alle Wimpern werden erfasst, selbst die kürzesten in den
Augenwinkeln, und Wimper für Wimper wird verlängert.
4
Durch die ovale Form der Mascara lässt sie sich angenehm in
den Händen halten und auftragen.
5
Das Zusammenspiel von Rot und Cyan bewirkt ein
spannendes und ausgefallenes Design, welches Kundinnen
aller Art anspricht.
2
3
1
5
4
Geschichten werden mittels Illustrationen erzählt.
Sture, erstarrte Denk und Betrachtungsweisen können aufgelöst werden. Phantasiebilder sind Bilder
mit narrativer, unterhaltender Funktion. Sie erzählen und unterhalten die Betrachterin.
Kriterien für ein Phantasiebild:
– Dinge ausserhalb der Wirklichkeit darstellen
– z.B. Collagetechnik
– Bildmontagen aus Surrogat-, Spur-, oder Abbildern
Wo werden Phantasiebilder eingesetzt?
– Werbung
– Spielfilm
– Animationsfilme
Phantasiebild: Diegetische Funktion
Rezipientenverhalten emotional
Funktion diegetisch
Bildtyp Phantasiebild
Definition Bild = Repräsentation
Dimension i
llustrativ
Phantasiebild
erzählen
Die ornamental dekorativen Formen sind streng
geometrisch konstruiert.
Man spricht von Bildern mit ornamentaler Funktion. Zierbilder haben die Aufgabe, eine Sache durch
Ausschmücken, das heisst durch Dekoration, sympathisch, angenehm und schön zu machen. Die dekorativen Formen sind durch ein rhythmisches Ordnungsprinzip bestimmt.
Dies ist auch der Grund, warum Zierbilder beim ersten Blick rein als formale Gestaltung wahrgenommen werden, beim zweiten Blick können sie aber
durchaus ihre Sinn- und Bedeutungsebenen einsehbar machen.
Kriterien für ein Zierbild:
– rhythmisches Prinzip
– dekorativ
– Ornamenthaftigkeit
– wiederholend
Wo werden Zierbilder auch noch eingesetzt:
– Griechische Ornamente
– Ägyptische Ornamente
– Römische Ornamente
– Strukturen
– Natur, Tiere
– Körperschmuck
– Wandschmuck
Zierbild: Dekorative Funktion
Rezipientenverhalten emotional
Funktion dekorativ
Bildtyp Zierbild
Definition Bild = Form
Dimension ästhetisch
Zierbild
verzieren
Füllbilder stimmen ein, begleiten hinaus, überbrücken oder füllen leere Stellen. Sie sind von hoher
formaler Ästhetik, neigen zum Zierbild und sind unterhaltsam. Die sinnliche Anmutungsqualität steht
im Zentrum der Wahrnehmung von Füllbildern. Ihre
phatische Funktion bedingt, dass sie in der Regel
ohne inhaltliche Tiefe auskommen und daher mehr
der rein formalen Gestaltung zuzuordnen sind.
Phatische Bilder sind vor allem beim Fernseher zu
finden. Sie sollen hier die Verbindung zum Zuschauer aufrechterhalten.
Kriterien für ein Füllbild:
– überbrücken
– füllen Textlücken
Wo werden Füllbilder auch noch eingesetzt?
– Titelbilder von Büchern und Zeitschriften
– Vor- und Abspann von Filmen
– Kalenderbilder
– Seitenfüller in Zeitungen
– TV-Sender-Logo
– Computer-Schreibtischhintergrund
Füllbild: Phatische Funktion
Rezipientenverhalten emotional
Funktion phatisch
Bildtyp Füllbild
Definition Bild = Form
Dimension ästhetisch
Füllbild
füllen
Clipbilder haben eine rein ästhetische Funktion. Sie
werden immer durch einen Rahmen abgegrenzt.
Es sind Bilder, die keine kommunikative Funktion
haben, sondern Selbstzweck sind. Diese Bilder sind
völlig autonom und grenzen sich von der übrigen
Wirklichkeit ab. Der Bilderrahmen verstärkt das
sich separieren, abgrenzen und isolieren von der
Aussenwelt.
Kriterien für ein Clipbild:
– Rahmen
– Fragen des Seins und der Reflexion
Wo werden Clipbilder auch noch eingesetzt?
– gerahmte Bilder
– gerahmte Kinderzeichnungen
– gerahmte Fotografien
– gerahmte Ausstellungsplakate
– gerahmte Kunstwerke usw.
Clipbild: Ontische Funktion
Rezipientenverhalten emotional/kognitiv
Funktion ontisch
Bildtyp Clipbild
Definition Bild = Form
Dimension ästhetisch
Clipbild
einrahmen
Pushbilder geben Impulse, um Handlungen zu veranlassen. Sie appellieren an den Betrachter, etwas
zu tun. Ihnen ist die Befehlsform eigen.
Es sind Bilder, die zu einer Handlung des Betrachters auffordern. Sie geben der Betrachterin einen
Impuls aktiv zu werden. Diesen Bildern ist die Befehlsform eigen: Abonnieren Sie! Fliege! Fülle aus!
Spende! Suche! Rubble! ...
Kriterien für ein Pushbild:
– Befehlsform
– Werbung
Wo werden Pushbilder auch noch eingesetzt?
– als Kippbilder
– Werbung
– Stereo-Viewer 3D
– Prismabilder
– Hologramm
– Weihnachtskalender
– Puzzle
– Wärmebilder
– Daumenkino
Pushbild: Appellative Funktion
Rezipientenverhalten physisch
Funktion appellativ
Bildtyp Pushbild
Definition Bild = Impuls
Dimension operativ
Pushbild
auffordern
Ein Wirkbild umschreibt die energetische Funktion.
Zweck des energetischen Bildes ist es, eine ständige Wirkung auszuüben. Bilder, die nachhaltig auf
den Betrachter wirken, wie beispielsweise ein Mandala oder ein Yantra dies tun. Es sind keine oberflächlichen Bilder! Sie haben eine Langzeitwirkung,
positiv oder negativ, auf die Betrachterin.
Kriterien für ein Wirkbild:
– starker Inhalt
– starke Wirkung
Weitere Beispiele von Wirkbildern
– Yantra
– Kreuz
– Labyrinth
– Spiralen
Wirkbild: Energetische Funktion
Rezipientenverhalten emotional/kognitiv/
physisch
Funktion energetisch
Bildtyp Wirkbild
Definition Bild = Impuls
Dimension operativ
Wirkbild
wirken
Bildkodierung oder was wird abgebildet?
Der Leser wirkt bei diesem Prozess mit, indem er
sein Wissen von der Kodierung des Bildes einbringt.
Die Bedeutung des Zeichens hängt vom Wissenshintergrund der Betrachterin ab. Die Bedeutung,
die bei einem Bild assoziiert werden, basieren auf
Regeln oder Konventionen, die der Leser gelernt
hat. Die Konventionen verschiedener Kulturen unterscheiden sich.
Bildkodierung
kodieren
Der biologische Kode umfasst stammesgeschichtlich
angelegte Signale (inhaltliche und formale Reize), die
ein unwillkürliches, reflexmässiges Verhalten abrufen. Themen wie Gewalt, Sexualität, Action, und Hektik sind enthalten. Die Wirkung solcher Signale in den
Medien ist gross.
Biologischer Kode
Zum archaischen Kode zählen vorkulturelle Ausdrucksweisen, die der Entwicklung der Verbalsprache vorangegangen sind, also mimische und gestische Signale.
Archaischer Kode
Konventionaler Kode meint, dass die Verständigung mit Symbolen und Regeln erfolgt, die durch
gesellschaftliche Vereinbarung mit einer festen Bedeutung versehen sind. Das sind vor allem visuelle
Zeichen mit fester Bedeutung wie optische Signale
oder Piktogramme.
konventionaler kode
Bildnachweis
Alle Bilder wurden selber erstellt.
Bildkodierung:
www.traumflieger.de
blog.kelkoo.de
www.karriere.constantin-medien.de
www.psychologienachrichten.de
www.starflash.de
www.edelight.de
www.posh24.de
www.ginacarla.com
www.olinkdir.com
www.der-chinese.com
de.wikipedia.org
www.viehoff-mediadesign.de
artikulierte Surrogat registrativ mimetisch explikativ diegetisch phatisch ontisch appellativ aussprechen, zum Ausdruck bringen
Simulation der Wirklichkeit, Ersatz für Wirklichkeit, Behelf
selbständig, aufzeichnend
Mimesis (Nachahmung der Natur)
genau darlegen
erzählend, ausführend, entwickelnd
verknüpfend, kontaktknüpfend
ontologisch, höchst vollkommen, insofern in der Voll
kommenheit auch die Realexistenz eingeschlossen ist.
(Das Bild ist in sich abgeschlossen, vollkommen.)
Appell, Aufruf, Mahnruf
Textnachweis
Auszüge und Zitierungen aus:
– Danielle Bauer, Arbeiten zur Projektwoche Polygrafen, SfG Basel
– Christian Doelker, Ein Bild ist mehr als ein Bild, Verlag KlettCotta, Stuttgart 1997.
– Anna Ruegg, Schulunterlagen zu «Macht der Bilder», 2007
– Dr. Petra Schuck-Wersig und Prof. Dr. Gernot Wersig, Vortragsunterlagen.
http://www.kommwiss.fu-berlin.de, 2006
– David Crow, Visible Signs, Ava Publishing, 2003, deutsche Ausgabe:
Zeichen, Verlag Stiebner
– Christian Doelker, Ruth Gschwendtner-Wölfle, Klaus Lürzer,
sehen ist lernbar, Sauerländer mehr wissen, 2003
Wörterlexikon
erläuterungen