Auswirkungen einer Rationierung auf die medizinische

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Auswirkungen einer Rationierung auf die medizinische
ARTICLE IN PRESS
www.elsevier.de/zefq
Z. Evid. Fortbild. Qual. Gesundh. wesen (ZEFQ) 102 (2008) 200–203
Schwerpunkt V
Auswirkungen einer Rationierung auf die
medizinische Betreuung während der letzten
Lebensphase
Günther Jonitz
Ärztekammer Berlin, Berlin
Zusammenfassung
Rationierung am Lebensende findet implizit und explizit statt. Sie wirkt sich
auf emotionaler Ebene aus und hat praktische Folgen auf Seiten der medizinischen Versorgung. Unterschieden wird in explizite und implizite Rationierung. Die explizite Rationierung erfolgt beispielsweise durch Unterversorgung mit therapeutischen Möglichkeiten (Organtransplantation).
Die implizite oder weiche Rationierung erfolgt auf der einen Seite durch
aktive Unterversorgung beispielsweise durch Ausdünnung von medizinischem oder pflegerischem Personal, auf der anderen Seite aber auch durch
Überversorgung als Folge der Vergütungssystematik der DRGs. Damit wird
unterschwellig ein fehlsteuernder Anreiz zur Überdiagnostik und Übertherapie bei gleichzeitigem Druck auf Liegezeiten ausgeübt. In der Konsequenz aber fehlt dem Patienten genau das am meisten, was für ihn in
der letzten Lebensphase am meisten notwendig ist: Zuwendung und Zeit
für Zuwendung. Klare Regeln für Rationierung existieren nicht. Die
Glaubwürdigkeit des Gesundheitssystems wird dadurch untergraben.
Schlüsselwörter: Rationierung, DRGs, Unterversorgung, Patientensouveränität
Impact of Rationing on Health Care during the Last Years of Life
Summary
Old-age-based rationing of health care takes places both implicitly and
explicitly. Its effects show on an emotional level and it affects medical
practice. A distinction is made between explicit and implicit health care
rationing. For example, performing fewer human organ transplants can be
regarded as explicit rationing. Implicit or soft rationing may arise through
either an undersupply of medical and nursing staff or through an oversupply of medical care as a consequence of the DRG bonus system. In this
way an underlying and misleading incentive for an oversupply of diagnoses
and treatments is created while at the same time the pressure is increased
to reduce the length of hospital stay. Consequently, patients especially
miss out on what they need most at this late stage of life: care and time to
care.
There are no clear rules for old-age-based health care rationing, which
undermines the credibility of the health care system.
Key words: rationing, DRGs, undersupply of health services, patient sovereignty
Korrespondenzadresse: Dr. med. Günther Jonitz, Präsident, Ärztekammer Berlin, Friedrichstraße 16, 10969, Berlin.
E-Mail: jonitz@aerztekammer-berlin.de.
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Z. Evid. Fortbild. Qual. Gesundh. wesen (ZEFQ)
doi:10.1016/j.zefq.2008.02.047
ARTICLE IN PRESS
bei den Medikamentenpreisen weich
geworden wäre. Bei erschwinglichen
Pillen hätte ich mich womöglich doch
noch auf das Abenteuer Alter eingelassen. So weiß ich, woran ich bin. Die
Renten schmelzen dahin wie das ewige
Eis. Zum Ausgleich wächst die Eigenbeteiligung bei den Krankenkosten
kontinuierlich. Was bedeutet, dass sich
in zwanzig Jahren nur noch Leute wie
Edzard Reuter oder Boris Becker einen
Bypass leisten können. Dem Rest bleibt
logischerweise nur die Selbstentleibung. Weil, der Tod ist halt die
billigste Form des Lebens. Bei Rücksprachen mit meinem Arzt arbeite ich auf
den Herzinfarkt hin. Wie gesagt, fingerdick kommt bei mir die Butter aufs
Brot. Meiner Frau habe ich schon eingeschärft, dass sie mich, wenn es soweit ist, einfach liegen lassen soll. Bloß
nicht den Notarzt rufen. Der verfrachtet mich auf die Intensivstation, und –
schwupp! – gehört unser Häuschen der
Krankenhausverwaltung. Dabei haben
wir es unseren beiden Kindern versprochen, die eh schon gescheite Arbeit
finden.
Diese Glosse ist zehn Jahre alt. Bedauerlicherweise hat sich das Dilemma
verstärkt.
Rationierung findet statt und manifestiert sich in zwei wesentlichen Erscheinungsformen. Die explizite Rationie’’
Die Lebensphase vor dem Sterben ist
die letzte Phase, in der man ein Menschenleben zur Vollendung bringen
kann. Man kann in dieser Phase auch
ein hervorragendes Menschenleben
durch unwürdige, unangemessene Behandlung und Pflege zu Grunde richten. Es ist eine der sensibelsten Phasen
in unserem Leben und damit für das
Selbstverständnis aller im Gesundheitswesen Tätigen von zentraler Bedeutung.
Das Dilemma ist der zunehmende Konflikt zwischen den Möglichkeiten und
dem tatsächlich Machbaren in der Medizin. Dieses Dilemma ist nicht neu,
aber es nimmt zu. Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, damit umzugehen. Zitat aus der ZEIT, Heft 4/97 von
Jens Prüss, Endlich schlemmen ohne
’’
Reue. Anregungen
zum überfälligen
Abbau der Alterspyramide : Seit gut
einem Jahr esse und trinke’’ ich nur
noch, was mir schmeckt. Endlich
schlemmen ohne Reue. Nie wieder
Angst vor Schweinespeck und
Schmalzgebäck! Das Frühstücksei kein
Tabu mehr, das verteufelte Salz endlich
rehabilitiert. Wenn die Mahlzeit einen
Tick zu üppig war, genehmige ich mir
zur Verseifung eine halbe Flasche
Schnaps. Was soll’s? Kein Wunder, dass
ich wie ausgewechselt bin. Seit meiner
Hochzeit habe ich mich nicht mehr so
frei gefühlt. Weshalb ich den Herren
Blüm und Seehofer bereits Dankestelegramme geschickt habe. Man muss Politiker auch mal loben. Seitdem ich
weiß, dass ich mir das Alter nicht leisten kann, genieße ich mein Leben in
vollen Zügen. Der Hausarzt hilft mir
dabei. Er meint, wenn ich dieses Fresstempo durchhalte, bin ich mit 65 übern
Berg. Hin und wieder empfiehlt er mir
einen Reistag, damit ich die Ruhestandsgrenze überhaupt erreiche. Aber
mit spätestens 68 möchte ich den
Löffel abgeben. Danach schnellen die
Krankheitskosten nämlich in astronomische Höhen. Nicht umsonst warnen
alle Kassen vor den letzten zehn Jahren. Die schenke ich mir einfach. Dank
dieser Bundesregierung sehe ich klar in
die Zukunft. Am Ruder stehen unbestechliche Männer, die gegen jede Sozialromantik gefeit sind. Nicht auszudenken, wenn der Gesundheitsminister
rung erleben wir im Bereich der Transplantationsmedizin. Da es nicht
genügend Spenderorgane gibt, muss
eine medizinische Entscheidung und
Prioritätensetzung getroffen werden,
die sich nach ethischen und medizinischen Vorgaben richtet. Eine andere
Form der expliziten Rationierung ist die
Verknappung von Ressourcen auf der
Planungsebene durch konkrete, politische und transparente Entscheidungen.
Diese betrifft beispielsweise die nicht
flächendeckend mögliche invasive Therapie des Herzinfarktes oder wenn nur
eine limitierte Zahl von Intensivbetten
zur Verfügung steht.
Dem gegenüber steht die ethisch und
gesellschaftspolitisch fragwürdige Form
der so genannten impliziten bzw. weichen Rationierung. Hierbei werden
sinnvolle Leistungen heimlich vorenthalten. Dies geschieht beispielsweise
durch das Ausdünnen von Personal,
durch weniger Krankenschwestern,
weniger Ärzte oder weniger Ärzte mit
Facharztqualifikation. Ursache dafür
sind sehr häufig finanzielle Vorgaben.
Budgets passen sich den medizinisch
notwendigen Maßnahmen, den finanziellen Vorgaben an. Umgekehrt wäre
es richtig. Ein reales und drastisches
Beispiel aus dem stationären Bereich ist
in Abbildung 1 und 2 (Folien 7 u. 8)
aufgeführt.
Abb. 1
’’
Z. Evid. Fortbild. Qual. Gesundh. wesen 102 (2008) 200–203
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ID
1095111
Title
AuswirkungeneinerRationierungaufdiemedizinischeBetreuungwährendderletztenLebensphase
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