Touren - Red Raid - Motorcycle tours in Cambodia
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Touren - Red Raid - Motorcycle tours in Cambodia
Touren Kambodscha Keep Smiling Bye bye, Buddha: Nur im ruhigen Teich spiegelt sich das Licht der Sterne Asien? Och nö, da ist es doch schon ohne uns voll genug. „Aber es ist warm, lecker und die Leute sollen sooo nett sein“, insistiert die Frau. „Außerdem wolltest du doch immer mal die Dschungel-Tempel sehen, in denen Angelina Jolie die Lara Croft gespielt hat“. Na gut, vielleicht ist Kambodscha ja wirklich einen Versuch wert. von Guido Bergmann, Fotos Sandra Weißhuhn/Bergmann 100 MOTORRAD NEWS 8/2013 MOTORRAD NEWS 8/2013 101 Touren Kambodscha Auf blauen Dunst: Irgend wann muss irgendwo eine Abzweigung kommen Wie wennze fliechs: Auf der Startpiste von Sen Monorom zeigt die 250 Baja noch einmal, was in ihr steckt Ach du Kacke: Elefantöse Duftmarke in Kambodschas wildem Osten Wo die wilden Kerle wohnen: Hüttengaudi in einem Dorf des Phnong-Stammes V Alles im Fluss: Das gemeinsame Bad stärkt die Bande zwischen Mensch und Moped 102 MOTORRAD NEWS 8/2013 ermutlich muss man eine Frau würden wir die Tür zum Tropenhaus aufstoßen. sein, um auf die Idee zu kommen, Was für eine Wohltat, die ersten Kilometer auf dem von Europa aus ein Tuktuk in luftigen Rücksitz von Vireaks Passgieranhänger zu Phnom Penh vorzubuchen. Ich verbringen. Mit einem Tag Anreise und sechs Stun jedenfalls sehe uns schon mit einer den Zeitverschiebung in den Knochen haben wir albernen Touristen-Kutsche durch die Rushhour keine Eile, selbst in diesem Chaos aus Mopeds, zotteln, während aus modernen Bussen und klima Tuktuks und Autos mitzumischen. Auch, wenn es tisierten Limousinen mit dem Finger auf uns ge sich um ein sehr freundliches Gewimmel handelt. zeigt wird. Aber meine Alle fahren, wie sie kön Rücksicht ist alles: Kambodschaerste Vorstellung geht nen, und weichen aus, gründlich daneben. nische Fahrweise würde in Europa wenn sie müssen. Die geradewegs ins Grab führen „Tuktuk? Tuktuk? Mis Lässigkeit, mit der un ter, Tuktuk?“, singt es ser Chauffeur den Ge von allen Seiten auf dem Flughafenparkplatz. Die genverkehr kreuzt oder linksherum Kreisverkehre lustigen Mopeds mit Kutschenabteil scheinen abkürzt, würde ihn in jeder deutschen Großstadt tatsächlich das gängige Verkehrsmittel zu sein. umbringen. Das Letzte, was er hören würde, wäre der Da wir mit acht Stunden Verspätung ankommen, beleidigte Hupton eines Autofahrers mit Vorfahrt. ist unser Privatchauffeur längst weg, aber er hat sich Tempel, Paläste, spottbillige Restaurants an jeder um eine Vertretung gekümmert. Völlig überflüssig, Ecke: Phnom Penh ist ein Paradies für Kulturtou aber eine freundliche Geste in dem Durcheinander. risten. Schnell fühlen wir uns sauwohl in dieser zu Nach der Kälte zuhause fühlt es sich so an, als groß geratenen Kleinstadt, in der ausschließlich vergnügte Leute zu leben scheinen. Umso härter trifft uns das Pflichtprogramm jedes Phnom-PenhBesuchers: Im Foltergefängnis S21 und auf den „Killing Fields“ von Choeung Ek schnüren uns die Gräuel der Roten Khmer die Kehlen zu. Etwa ein Viertel der kambodschanischen Bevölkerung ließ Pol Pot in den Siebziger Jahren ermorden, um sei nen kommunistischen Bauernstaat zu verwirkli chen. Noch dreißig Jahre später spült der Regen Knochenreste an die Oberfläche der Killing Fields. Choeung Ek wirkt auf die Urlaubslaune wie der Besuch einer KZ-Gedenkstätte. Umso lieber kehren wir in die Stadt zurück, wo uns die Lebenslust wie eine erfrischende Dusche empfängt. Wir wollen raus aus der Zivilisation. Das Flucht fahrzeug: Honda XR 250 Baja. Dank Reini, einem in Sen Monorom lebenden Bekannten von Be kannten, wissen wir, wo die besten Exemplare zu haben sind. Bernie von „The Bike Shop“ versucht vergeblich, uns auf eine „viel bequemere“ Africa Twin zu locken: Wir nehmen den Klassiker unter Vorbildlich: Auch in Phnom Penh fördert das Tragen von Signalfarben die Zweiradsicherheit Nachtexpress: Das Reservemotorrad machte sich gleich auch als Heckträger nützlich Mönch ärgere dich nicht: Buddhas Bodenpersonal bevorzugt lockere Dienstkleidung MOTORRAD NEWS 8/2013 103 xx Touren Kambodscha Zum Glück ist es Beton: Die Artgenossen enden meist als chinesisches Naturheilmittel King Lui lebt: Angkor Wat brachte Rudyard Kipling auf die Idee mit dem „Dschungelbuch“ Latten to go: Die Brücken sind eher auf leichte Lasten ausgelegt den kambodschanischen Leihmotorrädern, die brave Enduro mit dem Scheinwerfer-Kassengestell. Kein Regenzeug, keine Campingausrüstung, kein dicker Pulli – mit unserem Minigepäck auf ausgewachsenen 250ern kommen wir uns im Vergleich zu den einheimischen Rollern jämmer lich übermotorisiert vor. Dass darauf bequem sechs Personen passen, von denen nur der Fahrer aus Sicherheitsgründen einen Helm tragen muss, wis sen wir ja schon. Aber dass sich ohne jede Hilfe der Zubehörindustrie bis zu vier lebende Schweine auf einem Gepäckträger verzurren lassen, hätten wir nicht gedacht. Auch, was ich erst für einen schlingernden Lkw gehalten habe, entpuppt sich 104 MOTORRAD NEWS 8/2013 Zu warm: Schon bald legte der graue Guru die Idee von der Sektengründung zu den Akten beim Näherkommen als Held in Badeschlappen: dieren unter unseren Rädern zu roten Wolken, Mit der Nummer, eine Honda Dream zu bändigen, sodass ich am liebsten noch einmal zurückfahren die er unter einen Stapel von acht dicken Doppel und mich bei den Anwohnern entschuldigen bettmatratzen gebunden hat, würde der Mann hier möchte. Bei jedem Pickup, der uns entgegen zulande jede Motorradkommt, spüren wir am Helden in Badeschlappen: Viele Stuntshow rocken. eigenen Leib, was die kambodschanische Mopedfahrer Stelzenhäuser, Ko Leute hier aushalten sind reif für den Zirkus kospalmen, frei laufen müssen. Trotzdem lä de Haustiere. Der Weg cheln sie uns an, als entlang des Mekong wirkt wie die exotische Aus gäbe es nichts Schöneres als Wohlstandstouristen, gabe einer gigantischen Doppelhaushälften-Sied die mit Dreck werfen. lung. Doch statt mit Kinderkreide verziertem As Flussblick, Klimaanlage, 18 Dollar. Bei knapp phalt pflastert eine zerfurchte Staubpiste unseren sieben Euro pro Person gönnen wir uns in Kampong Weg. Mit Fesch-Fesch gefüllte Schlaglöcher explo Cham gerne ein Luxuszimmer zum Duschen und Abkühlen, auch wenn die Ohne-Klima-aber-mitPropeller-Variante schon für acht Dollar zu haben Kleingärtners Alptraum: wäre. Abendessen am Mekong-Ufer gibt es gleich Die Angkor-Ruinen zeigen, was vor der Tür. Wahlweise vom Straßenstand mit Unkraut auf Dauer anrichten kann Dosenbier aus der landesüblichen Eistruhe oder aus einem der Restaurants, die uns Luxusreisenden „Cambodia“ oder „Angkor Beer“ in der 1,25-LiterKaraffe „on the rocks“ servieren. Durch eine heiße Agrarsteppe geht es nach Osten. Gelangweilt schnurren die Hondas durch die Kautschuk-Plantagen im Grenzgebiet zu Viet nam. Eine trostlose Gegend, die sich seit Anfang der Siebziger nicht von den Massenbombardie rungen durch die USA erholt zu haben scheint. Doch unsere Vorfreude steigt. Die Hauptstraße 76 steuert mitten durch grün schraffiertes Gebiet: das „Snuol Wildlife Sanctuary“. Ein Schild markiert das Schutzgebiet: nicht jagen, keine Bäume fällen, den Wald für Elefanten, Affen und Tiger bewahren! Wir können es nicht fassen. So muss der Schwarz wald nach Lothar ausgesehen haben. Nur, dass er hier nicht nur geblasen, sondern auch noch Feuer gespuckt hat. Das Schild ist offenbar das einzige, was Plantagenbesitzer und Holzschmuggler nicht gerodet haben. Besser als die illegalen Geschäfte macher hat es die US-Army damals mit Napalm und Agent Orange auch nicht hingekriegt. Erst viele trost lose Kilometer später tauchen wir in Dschungel reste. Sofort frischt die Luft auf, eine flüchtende Affenhorde lässt mich anhalten. Eine wilde Viel falt von Stimmen und Klängen hüllt uns ein. Der Kontrast könnte nicht größer sein. „Manchmal ist es wirklich krass“, sagt Reini, den wir am Abend in Sen Monorom in einer Baumbar treffen. Sein Lieblingswasserfall in der Nähe ist kaputt. Irgendjemandem sind heute beim Versuch, Ackerland zu roden, ein paar Bäume hineinge fallen. Schluss mit Idylle. Der Liebe zu seiner Wahl heimat kann sowas aber nichts anhaben. Mit glänzenden Augen malt er in unserer Karte herum, erzählt vom Leben als Schrauberprinz von Sen Monorom, und verflucht seinen Terminkalender, weil er ausgerechnet morgen nach Phnom Penh muss. Einige Karaffen „Cambodia“ später kickt er seine XR 400 an und lässt uns mit handschriftli chen Tipps zurück, die für mehrere KambodschaReisen reichen dürften. Danke, Reini! Von der Provinzhauptstadt am Rande der Zivi lisation führt ein Dschungelpfad geradewegs in den Norden. Sehr verlockend für unseren Plan, uns zu den Mekong-Fällen an der Grenze zu Laos durchzuschlagen, um die letzten Flussdelphine zu erleben. Doch nachdem Reini „einsam, eng und sandig, ganz ohne Hinfaller kommt da kaum jemand durch“ gesagt hat, legt die vorsichtigere Hälfte unserer Reisegruppe ein Veto ein. Also zurück, und den Mekong von Süden hoch. Eine gute Entscheidung. Zum einen, weil wir in Kratie zufällig den kambodschanischen MotocrossMeister Leng kennen lernen, der gerade eine Gruppe von dreißig australischen Endurofahrern durch die Wildnis lotst. Ein netter Kerl mit einem netten Mechaniker. Als ich am Morgen Riesenprobleme wittere, weil mein Zündschlüssel verschwunden ist, schwingt Lengs Schrauber sich mit meinem Tankdeckel auf sein Motorrad und ist fünf Minu ten später mit einem nagelneuen Schlüssel zurück. Drei Dollar. Zauberei kann so einfach sein. Aber der Zauber hält nur bis Stung Treng. Wo wir mit der Fähre die letzten asphaltierten Stellen Kambodschas hinter uns lassen wollen, haucht i meine Honda ihr Leben aus. Diagnose: Ventilab riss. 78 000 Kilometer hat die XR durchgehalten, und für ihr Ende hätte sie sich keine bessere Stelle aussuchen können. Der Motor geht genau am Bus bahnhof fest. Im billigen Hotel nebenan können wir parken, schlafen und mit dem Handy des Besitzers gratis telefonieren. Jetzt kann Bernard zeigen, was er mit dem „fully technical support“ meint, der in unserem Leihvertrag steht. Und Bernie zeigt es uns: Noch am selben Abend zurrt er im 500 Landstraßenkilometer entfernten Phnom Penh eine Tauschmaschine auf die Stoßstange eines Kleinbusses. Schon am nächsten Mittag sitze ich auf einer frischen XR. 89 000 Kilometer alt, aber viel besser im Saft als ihre Vorgängerin. Endlich Dschungel! Die rote Piste zur laotischen Grenze erfüllt alle Klischees, die wir erhofft haben: roter Staub, archaische Behelfsbrücken und lianen behängte Baumriesen. Mein Herz geht auf. Bis wir an einem Wegweiser stoppen, der bei näherem Hinsehen gar keiner ist. „Will Motorradverleih Mietmotorräder gibt es beinahe ausschließlich in Phnom Penh, das Angebot ist groß und unübersichtlich. Die Preise starten bei unter zehn Dollar für einen landestypischen Roller, eine XR 250 Baja gibt es schon zu Kursen um 20 Dollar am Tag. Wie der Zustand vieler Leihmaschinen zeigt, ist das billigste Angebot aber meist nicht das beste. Einen exzellenten Ruf hat „The Bike Shop“ in Phnom Penh (www.motorcyclecambodia.com). Der Franzose Bernard Merklen hält seine Leihmotorräder (30 Dollar für eine XR 250, bis zu 65 Dollar für eine XRV 750 Africa Twin, jeweils inklusive Helm und Schutzkleidung) in einer gut ausgerüsteten Werkstatt in Schuss. Auch begleitete Touren bis in den hintersten Dschungelwinkel bietet der Bike Shop an (www.motorcycletourscambodia.com). Eine sympathische Alternative ist Reinhard „Reini“ Trippmacher (www.adventureriderasia.com). In seiner Werkstatt im noch ursprünglichen Hügelland von Sen Monorom verleiht er ebenfalls Enduros und kennt als Tourguide für Overcross (www.overcross.com) jeden Trampelpfad. MOTORRAD NEWS 8/2013 105 Touren Kambodscha Abwarten und Bier trinken: Heiße Hüttennächte am Mekong Auf der Suche nach dem Kristallschädel: In Koh Ker hätte es auch Indiana Jones gefallen Gottes Größte: In den Tempeln von Angkor Wat könnte man ein paar Petersdome verstecken 106 MOTORRAD NEWS 8/2013 Der Porter Ricks von Angkoal: Kapitän Narong weiß, wo Flipper baden geht kommen im Entwicklungsdreieck unter techno logischer Führung von Japan“, steht darauf. Was es an einem der letzten intakten Regenwaldfle cken dieses Planeten zu entwickeln gilt, verstehen vermutlich nur Leute, die Geld damit verdienen. Mit dem dumpfen Gefühl, ein verlorenes Para dies zu erleben, rumpeln wir in die Hüttensied lung Preah Angkoal mit ihrem Delfin-Beobach tungsplatz. Noch einige Dutzend der bis zu 2,50 Meter großen Dschungel-Flipper sollen in den Becken am Fuße der Mekong-Fälle paddeln. Wir sind die einzigen Touristen hier, doch von laoti scher Seite führt eine Straße bis ans Ufer, sodass wir uns die Abendpirsch mit einer Handvoll knatternder Boote teilen müssen. Verständlich, dass die Viecher uns da nicht mehr als ihre Rü ckenflosse zeigen wollen. Die Nacht in der Hütte einer einheimischen Familie, ein so genannter „Homestay“ wird warm und schwitzig. Umso mehr genießen wir die Me kong Rapids, die wir am frühen Morgen ganz für uns allein haben. Ein erhabenes Gefühl, sich in einem Strom treiben zu lassen, der seine Reise in den Bergen Tibets begonnen hat. Es dauert eine Weile, bis mir auffällt, dass uns die Sonne eigentlich ins Gesicht scheinen sollte. Auch der Pfeil im GPS ruckelt seit einiger Zeit durchs nirgendwo. Vor rund 80 Kilometern müssen wir einen Abzweig verpasst haben und fräsen seit dem durch eine verlassene Piste entlang der Grenze zu Laos und Thailand. Zurückfahren ist doof, doch bei Weiterfahrt könnte es mit Sprit und Orien tierung eng werden. Sandra macht sich Sorgen. Also tue ich, was ein Mann tun muss: Ich täusche Überblick vor, peile den nächsten, immer noch verflixt weit entfernten Ort im GPS an und wech sele die Wege so, dass sie uns nach und nach näherbringen. Ich habe Glück. In Choam Khsant wissen wir wieder, wo wir sind, und gleich neben dem Restaurant gibt es eine Tankstelle. Die Dschungeltempel von Angkor Wat kennt jeder. Die von Koh Ker sind fast noch ein Geheim tipp. Zum Glück! Hier können wir ahnen, wie sich die ersten Entdecker dieser überwucherten Immer mit Dusche: Selbst in der Trockenzeit können die Mekong-Rapids sich sehen lassen Riesenbauten gefühlt haben müssen. Außer das Kilometer entfernten Siem Reap eine kurze 40 Quadratkilometer große Gelände der einstigen Spritztour gegönnt. Angkor-Hauptstadt von Minen und Blindgängern Fast können wir die Luxusfreunde verstehen. zu befreien, haben die Behörden erfreulich wenig Denn mit chinesischer Unterstützung werden unternommen, um hier den Tourismus zu „ent überall die Hauptstraßen samt Brücken auf Vor wickeln“. So können dermann gebracht. In Thailand, wir kommen: Der Pistenwir uns zwischen den ein paar Jahren wird Indiana-Jones-Kulissen verlauf richtet sich leider nicht immer Kambodscha komplett nach GPS und Straßenkarte frei bewegen und die asphaltiert sein, doch Enduros direkt vor tau bis dahin müssen alle sendjährigen Ruinen parken. Dass es auch noch Staub fressen. Der Mundschutz gehört bei den dekadenter geht, merken wir, als die mysthische einheimischen Zweiradfahrern zur Grundaus Atmosphäre von Hubschrauberlärm zerrissen stattung. Und als wäre der Straßenstaub nicht wird: Ein französisches Touristenpaar im Saintgenug, hängt obendrein eine ewige Rauchwolke Tropez-Outfit hat sich vom hundertzwanzig in der Luft, die zum Landschaftsbild einfach da zuzugehören scheint. Während mich der allge genwärtige Raubbau immer noch ratlos macht, gelingt Sandra ein kluger Satz: „Waldanzünden ist für die hier wie Rasenmähen“. Siem Reap ist ein Kulturschock. Nach zwei Wochen unterwegs, für die der Slogan „zu Besuch bei Freunden“ mal gepasst hätte, treffen wir hier wieder auf Tourismus im großen Stil. Statt der freundlichen Zurückhaltung, mit der wir uns so schön angefreundet haben, bekommen wir es nun mit freundlicher Aufdringlichkeit zu tun. Verständlich: Das gigantische Ruinenfeld um Angkor Wat zieht jedes Jahr mehr als drei Millionen Besucher an. Die meisten sind nach zwei Tagen wieder weg, weshalb auch Restaurantbesitzer, Statt Rasenmähen: Naturschutz auf Kambodschanisch Aufs Kreuz gelegt: Den Ausflug in die Stadt hatte sich Miss Piggy irgendwie anders vorgestellt MOTORRAD NEWS 8/2013 107 Touren Kambodscha Reise info Allgemeines: Kambodscha liegt in Äquatornähe zwischen Thailand und Vietnam. Das Klima ist tropisch, entsprechend schwanken die Tagestemperaturen zwischen 25 und 35 Grad. Wärmere Kleidung ist also nur für Höhenlagen sinnvoll, beispielsweise in Sen Monorom. Beste Reisezeit ist nach dem Monsunregen, der zwischen Mai und Oktober fällt. Dann ist das Land grün und die Luft klar. Amtssprache ist Khmer, aber auch mit Englisch oder Französisch kommt man in den meisten Regionen gut zurecht. Anreise: Mit dem Flugzeug über Bangkok nach Phnom Penh oder Siem Reap. Je nach Reiseplan kann es sich auch lohnen, lediglich nach Bangkok zu fliegen und von dort per Bus weiterzureisen. Unterkunft: Camping ist im Land praktisch unbekannt, wer Maßarbeit: Das Nationalgetränk keine Abenteuernächte mitten im Wald plant, kann das Zelt wird in angemessenen getrost zuhause lassen. Günstige Schlafgelegenheiten finden Gebinden verabreicht sich immer. Die Preise für ein Doppelzimmer mit Ventilator beginnen in einfachen Hotels bei etwa sechs Dollar, der Luxus einer Klimaanlage kostet etwa zehn Dollar extra. Wer nicht flexibel ist, sollte online reservieren, da sich sonst das Heer der Smartphone- und Tablet-Traveller die hübschesten Zimmer sichert. Etwas Luxus bieten in Phnom Penh das www.monumenthotel.com (Dachterrasse, DZ 46 USD) und besonders das www.thebillabonghotel.com (Pool, DZ 45 USD). Eine Oase in Siem Reap ist das www.greenvillageangkor.com (DZ 30 USD). Eine besondere Empfehlung verdient die Nature Lodge www.naturelodgecambodia.com in Sen Monorom, die saubere Hütten ab 10 Dollar vermietet. Geld: Kambodscha ist noch ein extrem preiswertes Reiseland, satt wird man für einen Dollar, schon unter fünf Dollar gibt es ein opulentes Abendmahl. Offizielle Währung ist der Riel (KHR), der in der Praxis parallel mit dem US-Dollar verwendet wird (1 USD = ca. 4000 Riel). Geldautomaten, teils gebüh renfrei, gibt es in jeder Stadt. Kartenzahlung ist noch die Ausnahme. Zur Verwendung übrig gebliebener Geldsummen empfehlen wir Roland Debschütz‘ freundliches Projekt www.kleinehilfsaktion.de. Motorradfahren: Noch kommen Endurofahrer voll auf ihre Kosten, jedoch werden bald auch die hintersten Winkel von Asphaltstraßen erschlossen. Wer also nicht das Abenteuer kleiner Dschungelpfade sucht, kommt auch auf einer Straßenmaschine zurecht. Mit einer 250er ist man ausreichend motorisiert. Kurvenspektakel darf man in der überwiegend flachen Landschaft nicht erwarten. Die größten Gefahren unterwegs drohen durch Sichtbehinderungen durch Staub, Fußgänger und skrupellose Überlandbusse. Vor extremen Offroadeinlagen sollte man sich über die Minensituation informieren. Es besteht Helmpflicht, was gelegentlich auch kontrolliert wird. Minen: Der Vietnamkrieg und der Bürgerkrieg gegen die Roten Khmer haben in Kambodscha Millionen Minen und Blindgänger hinterlassen, die praktisch ausschließlich die Landbevölkerung treffen. Touristen sind in Kambodscha seit Jahren nicht durch Minen zu Schaden gekommen. Ein Besuch im Minenmuseum (www.cambodialandminemuseum.org) ermuntert trotzdem zur Vorsicht. Reiseführer, Bücher, Filme: Als gute Kombination erwiesen sich die Kambodscha-Führer von Reise Know-How (22,50 Euro) und Lonely Planet (22,99 Euro). Offroad-Impressionen mit Reini Trippmacher zeigt www.adventureriderasia.com, die dunkle Zeit der Pol-Pot-Zeit rufen das Buch „Die Kinder der Killing Fields“ (Erich Follath, 19,95 Euro) und der mit drei Oscars prämierte Spielfilm „The Killing Fields“ (USA 1984). Eine kleine Ahnung vom Alltag in Kambodscha vermittelt auch Detlev Bucks SpielfilmDVD „Same Same But Different“ (D 2009) Karten: Absolut zuverlässiges Kartenmaterial gibt es nicht. Akzeptabel ist die robuste Karte aus dem World Mapping Projekt (8,90 Euro), eine brauchbare Open Source GPS-Karte liefert www.mapsntrails.com 108 MOTORRAD NEWS 8/2013 Pfadtrampel: 250 Kubik reichen hier für alles Souvenir- und Postkartenverkäufer keine Zeit verlieren dürfen. Angkor packt uns trotzdem. Während sich die Motorräder unter einem Mangobaum ausruhen dürfen, radeln wir um kurz vor sechs zehn Kilo meter durch frische Morgenluft. Gerade rechtzeitig, um auf dem größten Tempel der Welt zu erleben, wie die Sonne aus dem Dunst klettert. Ein magi scher Moment. Noch ein, zwei Stunden, dann werden wieder lärmende Touristengruppen ver suchen, dieses Weltwunder in einen Freizeitpark zu verwandeln. Die Ruhe vor dem Ansturm. Im „Tomb Raider“-Tempel, in dem Angelina Jolie einst als Lara Croft unterwegs war, ist es dann auch schon so weit. Wir flüchten vor chinesi schen Film- und Foto-Brigaden, die zur Erhaben heit dieses Ortes passen wie eine BallermannParty in die Heilige Messe. Genervt fluche ich auf die Globalisierung, auf den Massentourismus und auf mich selbst. Erstens, weil ich selbst Teil davon bin, und zweitens wieder mal das Gefühl habe, ein paar Jahre zu spät gekommen zu sein. „Hätteste vielleicht doch schon früher mal mit mir herfahren müssen“, ätzt Sandra, als könnte sie meine finsteren Gedanken lesen. Durch einen „Tuktuk? Mister, Tuktuk?“-Chor stapfe ich durch das Tempelportal und überlege, ob ich all diesen lächelnden Leuten mal zeigen soll, wie so ein richtiger deutscher Griesgram aussieht. Da ertönt hinter mir leiser Engelsgesang: „Wolle Posskate kaufe?“ Ich drehe mich um, gehe in die Knie und blicke in das Lächeln eines kleinen Bauchladenmädchens. Ich Depp hätte für einen Moment fast das Wichtigste vergessen: Kambodschas Einwohner. Diese hartnäckig freund lichen Menschen, für die man immer wieder zurückkommen möchte.