Myers-Briggs Typenindikator (MBTI)
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Myers-Briggs Typenindikator (MBTI)
Schweizerischer Verband für Berufsberatung (SVB) Diagnostikkommission INFO-PARTNER Verfahren = Myers-Briggs Typenindikator (MBTI) Bents, R.& Blank, R. (1995) (Deutsche Bearbeitung. Origmal von K.C. Briggs und I. Briggs Myers). Göttingen: Beltz. Kategorie Persönlichkeitstest 1 Beschreibung 1.1 Fragestellung I Anwendungsbereich Anwendungsbereiche: 1. Kommunikation 2. Situationen, die Kooperation und Teamarbeit verlangen 3. Pädagogik 4. Beratung 5. Berufsberatung und Karriereplanung 6 . weitere Anwendungsmöglichkeiten: im Verkauf, Aussendienst und Marketing; im Personalbereich und Assessment. Im Bereich der Berufs- und Laufbahnberatung dient der MBTI zur Abklärung individueller Präferenzen. Dazu postulieren die Autoren: “- um Berufs- und Studienberatung anzubieten im Blick auf Schwerpunktfacher, Berufsfmdung und Arbeitsplatzgestaltung entsprechend der Präferenzen; - um Möglichkeiten zu bedenken, die der derzeitige Beruf bietet, mit dem Ziel, beides besser aufeinander abzustimmen: den Einsatz der eigenen Präferenzen sowie die Anforderungen an die nicht oder nur wenig entwickelten Bereiche der eigenen Persönlichkeit.” 1.2 Zielgruppe (Testpersonen) Jugendliche ab 15 Jahren und Erwachsene 1.3 Konzept I Theoretische Grundlagen Der MBTI ist ein Selbstbeurteilungsindikator auf Basis, aber nicht identisch mit der Typenlehre von C.G. Jung. Der MBTI besteht aus einem Fragebogen von 90 Items, welchen 4 bipolare Skalen (imMBTI Präferenzen genannt) zugeordnet werden: 1. E- Extraversion (Aussenorientierung) 2. S- Sensing (Sinnliches Wahrnehmen) vs. vs. 3. T- Thinking (Analytisches Beurteilen) 4. J- Judging (Beurteilung) vs. vs. I N F P - Introversion (Innenonentierung) - INtuition (Intuitives Wahrnehmen) - - Feeling (Gefuhlsmässiges Beurteilen) Perceiving (Wahrnehmung) Die verschiedenen Items und Skalen beschreiben jeweils Dichotomien (EI, SN, TF, JP). Aus den Kombinationen der 4 Präferenzen lassen sich 16 verschiedene Persönlichkeitstypen erfassen. Je nach Präferenz der einen oder anderen Skala sind spezifische dynamische Beziehungen festzustellen, anhand derer sich der jeweilige Persönlichkeitstyp bestimmen lässt. Jede sogenannte Typenformel besteht aus der Buchstabenfolge der vier Präferenzen (z.B. ENTJ: Aussenorientierte, analytische Beurteilung mit intuitiver Wahrnehmung). Die 16 Typen werden ausfuhrlich beschrieben. 1.4 Material 1. Manual und Begleitbuch der deutschen Testautoren mit dem Titel "Typisch Mensch" (vgl. 1.7) 2. Fragebogen 3. Antwortbogen 4. vier Auswertungsschablonen 5. Begleitbuch 6. zusätzlich: Schreibgerät 1.5 Anwendung 1.5.1 Durchfuhrung und Auswertung Durchführung: Einzel- und Gruppentest, keine Parallelform Fragebogen: Die Anwendung erfordert gewöhnlich 10 bis 20 Minuten. Auswertung: Addition der Skalen mit Hilfe der Schablonen, Multiplikation der Rohwerte mit einem Korrekturfaktor um die unterschiedliche Itemzahi der einzelnen Skalen zu berücksichtigen, Identifikation der Typenpräferenzen durch Vergleich der korrigierten Werte, Berechnung der Präferenzwerte. Auswertungsdauer: Ca. 5 bis 7 Minuten. 1.5.2 Interpretation Aufgrund des Auswertungsblattes mit einer Typenbestimmung aufgrund eines Buchsiabencodes und des Manuals mit ausführlichen Beschreibungen. 1.6 Gütekriterien, Literatur 1.6.1 Vom Autor geltend gemachte Gütekriterien Objektivität Durchführung, Auswertung und interpretation sollten objektiv sein. Reliabilität Cronbachs Alpha der Skalen (N = 548): von 3 7 (TF) bis .92 (EI) Cronbachs Alpha der Subskalen (N = 548) : von .72 (N) bis .85 (E) Stabilität (N = 40): von .80 (SN) bis .91 (Jp) (6 Wochen) Validität Die meisten Ergebnisse zur Validität stammen aus angloamerikanischen Untersuchungen. Umfangreiche Untersuchungen werden vorgestellt: Konstruktvalidität, Korrelationen mit anderen Messungen (z.B. Strong-Campbell Interest Inventory, Jungian Type Survey mit z.B. Korrelation von .79 der Skalen "ExtraversionIntroversion"), Vergleich der MBTI-Typen mit Typenselbsteinschätzungen, Studien zu Verhaltensunterschieden der Typen, Studien zu Kreativität, andere repräsentative Untersuchungen über Typenunterschiede und Zeitorientierung, Typus und Kultur, Präferenzen nach Altersgnippen. Untersuchungen im deutschsprachigen Raum zeigen, dass Studenten der Betriebswirtschaft, Mitglieder des Wirtschaftsforums der Führungskräfte, Restaurantleiter und Personen im Bereich Personalentwicklung auffallig häufig bei einem bestimmten Typ vorkommen. 1.6.2 Zusatzinformationen und Beurteilung it1 der LireratUr Im Literaturverzeichnis sind diverse, v.a. angloamerikanische Veröffentlichungen angegeben. Verschiedene Autoren haben im “Mental iMeasurement Yearbook” von Buros über den MBTI berichtet (vgl. 1.7). 1.6.3 Normen (Jahr der Normierung 1Für Mmelche Gruppen) Normen liegen z.Zt. noch nicht vor. Für die “Sichenmg der Normierung und die Möglichkeit einer schnellen Anpassung der Normwerte an die aktuellen Gegebenheiten” haben die deutschen Autoren eine Datenbank eingerichtet. ~~~ I .7 ~~ ~~ ~ Litera turhinweise Bents, R. & Reiner, B. (1992). M.B.T.1 - eine dynamische Persönlichkeitstypologie.München. Bents, R. &: Reiner, B. (1995). Typisch Mensch. Göttingen: Beltz. Coan, R.W. (1978). Myers-Briggs Type Indicator. In O.K. Buros (Ed.), The Eighth Mental Measurements Yearbook (p. 973 - 975). New Jersey: Gryphon Devito, A.J. (1985). Review of Myers-Briggs Type Indicator. In J.V. Mitchell (Ed.), The Ninth Mental Measurements Yearbook (p. I030 - 1032). Nebraska: University of Nebraska press. Jung, C.G. (1989). Psychologische Typen. Olten: Walter. Tieger, P.D. & Barron-Tieger, B. (1995). Do what you are: Discover the perfect career for you through the secret of personality type. Toronto: Little, Brown & Co. m 2 Einschätzung der Diagnostikkommission 2.1 Anwendungsqualitäten Durchfuhning und Auswertung sind verständlich. Der MBTI liefert Hinweise zur Persönlichkeit der Klienten, die in Hinblick auf die Berufswahl oder die Karriereplanung nützlich sein können. Die Darstellung der Persönlichkeitstypen ist sehr ausfuhrlich. Das Verfahren stützt sich auf jahrelange Beobachtungen und empirischen Forschungen. 2.2 Kritik i Grenzen Bei der deutschen Form des MBTI wurden die aus angloamerikanischen Untersuchungen ermittelten Befunde unüberprüft auf die deutsche Übersetzung verallgemeinert. Wegen der Möglichkeit sowohl kultureller als auch sprachlicher Unterschiede ist dies problematisch. Es existieren keine Normen zum MBTI. Die Konstruktion von forced-choice Fragen und die Erfassung von Typen ist problematisch, aber wie ValiditätsStudien zeigen, scheint dieses Problem fur die englischsprachige Version nicht sehr gravierend zu sein. Im mitgelieferten Buch “Typisch Mensch” von Bents und Blank werden einige Berufsfelder vorgestellt, die zu den Typen passen. Allerdings sind diese Berufsfelder nicht genügend systematisiert und nicht explizit definiert. Ausserdem gibt es Überschneidungen zwischen Berufsfeld und Typ (2.B. Psychologe als N-Typ und F-Typ), wird nur eine Auswahl der Typen getroffen (vorgestellt werden nur 4 statt 8 Typen) und ist die rationale Evidenz manchmal ungenügend (z.B. Finanzen und S-Typ). Schliesslich fehlt eine umfangreiche Berufsliste. Die Interpretation der Typen wird überstrapaziert und ist z.T. sehr spekulativ. Der theoretische Hintergrund der verschiedenen Betrachtungsweisen der Typen ist etwas unklar und die Begrifflichkeit ist unscharf. Es gibt Analogien, aber auch deutliche Unterschiede zu Jung. So fehlt bei der 4. Dimension (J-P) der Bezug zu Jung. Es besteht in der Anwendung die Gefahr einer vorschnellen und zu naiven Zuordnung von Persönlichkeitstypen und die Zuordnung basiert auf einer zu simplen Betrachtung, denn bei den Validitätsstudien wurden Variablen wie Arbeitszufriedenheit, Stabilität und Leistung nicht berücksichtigt. 2.3 2.4 œ Gesarntbewertung für den Anwendungsbereich Berufsberatung Der MBTI ist ein deutschsprachiges psychometrisches Instrument zur Erfassung der Typen nach C.G. Jung. Das Manual ist sehr umfangreich und informativ. Bei genügender Distanz und bei vorhandenem Wissen um die problematischen Seiten wie z.B. der Ipsativität und den fehlenden Normen kann der MBTI eine sinnvolle Ergänzung zu anderen infomationen sein. Anmerkungen - Die Diagnostkkommission des SVB hat u.a. die Aufgabe, Tests und Arbeitsmittel zuhanden der Berufsberaterschaft zu besprechen bzw. zu empfehlen. Sie tut dies in Form dieses Labels, einem Beschreibungs- und Bewertungsblatt, das der Berufsberaterschaft aus der Sicht der Diagnostkkommission Entscheidungshilfen für den Einsatz von Tests und Arbeitsmittel bietet. m I Schweizerischer Verband fiir Berufsberatung Diagnostikkommission Datum der Beurteilung: 17. November 1999 m Label für Tests und Arbeitsmittel f i r den Anwendungsbereich der Berufsberatung in der Schweiz