Dialog-Predigt von Pfrin. Dr. Sabine Behrendt und Pfr
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Dialog-Predigt von Pfrin. Dr. Sabine Behrendt und Pfr
Predigt zum Einführungsgottesdienst Predigttext: Ps 96 Gnade sei mit euch und Friede von Gott dem Vater und unserem Herrn Jesus Christus. Amen. Lysy: Als Predigtabschnitt für heute haben wir den 96.Psalm ausgewählt. Wir sind da drauf gekommen, weil die heutige Tageslosung aus diesem Psalm stammt. Hören wir die Worte der Heiligen Schrift: Singt dem HERRN ein neues Lied, singet dem HERRN alle Welt! Behrendt: O Gott, singen kann ich ja überhaupt nicht – und dann auch noch ein neues Lied. Lysy: Naja, Sabine, es heißt ja „Singet“. Also – du sollst ja nicht alleine singen, wenn ich das recht sehe. Behrendt: Ja singst du dann mit? Lysy: Kommt drauf an, welchen Song. Behrendt: Sag mal, hast du eine Playlist? 1 Lysy: Playlist? Behrendt: Ja, du weißt schon, eine kda-Playlist. Lysy: Hm. Naja, so eine richtige Playlist hab’ ich noch nicht. Aber so ein paar Töne sind bei mir schon angekommen, von der Internationalen zum Beispiel. Behrendt: Kennst du die? Lysy: Ja, die ist mir schon öfters vorgesungen worden. Schau mal her: ich google es mal: „Völker, hört die Signale! Auf zum letzten Gefecht! Die Internationale erkämpft das Menschenrecht.“ …und so weiter…. Behrendt: Ok, und ich hab gehört, ein anderer kda-Schlager, der auf alle Fälle auf der Playlist steht, ist „Sonne der Gerechtigkeit“. 2 Lysy: Cool. Das ist ja auch ein echter Kirchenklassiker. „Sonne der Gerechtigkeit, gehe auf zu unserer Zeit, brich in deiner Kirche an, dass die Welt es sehen kann. Erbarm dich, Herr.“ Behrendt: Hm, doch wie passt da jetzt unser Psalm dazu? Vielleicht sollten wir den mal weiter lesen? Lysy: Ok, also noch mal von vorne: (Vv.1-3) 1 Singet dem HERRN ein neues Lied; singet dem HERRN, alle Welt! 2 Singet dem HERRN und lobet seinen Namen, verkündet von Tag zu Tag sein Heil! 3 Erzählet unter den Heiden von seiner Herrlichkeit, unter allen Völkern von seinen Wundern! Behrendt: (Vv.4-6) 4 Denn der HERR ist groß und hoch zu loben, mehr zu fürchten als alle Götter. 5 Denn alle Götter der Völker sind Götzen; aber der HERR hat den Himmel gemacht. 6 Hoheit und Pracht sind vor ihm, Macht und Herrlichkeit in seinem Heiligtum. 3 Lysy: (Vv.7-10) 7 Ihr Völker, bringet dar dem HERRN, bringet dar dem HERRN Ehre und Macht! 8 Bringet dar dem HERRN die Ehre seines Namens, bringet Geschenke und kommt in seine Vorhöfe! 9 Betet an den HERRN in heiligem Schmuck; es fürchte ihn alle Welt! 10 Sagt unter den Heiden: Der HERR ist König. Er hat den Erdkreis gegründet, dass er nicht wankt. Er richtet die Völker recht. Behrendt: (Vv.11.12.13a) 11 Der Himmel freue sich, und die Erde sei fröhlich, das Meer brause und was darinnen ist; 12 das Feld sei fröhlich und alles, was darauf ist; es sollen jauchzen alle Bäume im Walde 13 vor dem HERRN; Lysy: (Vv. 13b) denn er kommt, denn er kommt, zu richten das Erdreich. Er wird den Erdkreis richten mit Gerechtigkeit und die Völker mit seiner Wahrheit. 4 Lysy: Weißt du eigentlich, in welcher Geschichte dieser Psalm auftaucht? Behrendt: Ne, erzähl doch mal. Lysy: Also pass auf: es gab doch im Alten Israel die Bundeslade, also die Kiste, in der die Tafeln mit den Zehn Geboten drin waren und die daher als Ort der Gegenwart Gottes galt. Behrendt: Jaja, „Vorlesung Geschichte Israels, 2.Semester“ – und weiter? Lysy: Ok, diese Bundeslade, die haben die Philister mal einkassiert, als sie den Israeliten eins auf den Deckel gegeben haben – natürlich mit dem vollen Einverständnis Gottes. Da gab’s eine Familie, die war zuständig für den Bundesladenkult – und die Söhne dieser Familie haben diese, ja, schon mächtige Position ausgenutzt. Die haben Opfergaben einkassiert. Die haben Frauen, die zum Gebet gekommen sind, verführt. Solche Sachen eben. Behrendt: Das ist ja die Gefahr der Macht, dass jeder Mensch einfach seine eigenen Spielregeln aufstellt und dabei andere unter die Räder kommen. 5 Lysy: Genau. Und das hat Gott eben ganz und gar nicht gefallen. Das entspricht ja gerade nicht dem, was er Israel in den Zehn Geboten mitgegeben hat. Behrendt: Stimmt, und nicht zuletzt deswegen macht er dort gleich zu Beginn klar: „ICH bin der HERR, dein Gott“ und weiter im Text: „Du sollst den Namen des HERRN, deines Gottes nicht missbrauchen...“ Lysy: „...denn der HERR wird den nicht ungestraft lassen, der seinen Namen missbraucht.“ Genauso war es auch in der Geschichte. Die beiden Söhne verlieren ihr Leben – mit Ansage – im Krieg gegen die Philister und die nehmen die Bundeslade als Trophäe mit. Behrendt: Und wie kommt die dann wieder nach Israel? Lysy: Lange Geschichte. Willst du sie wirklich hören? Behrendt: Heute eigentlich nur die Pointe. Denn sonst landen wir noch bei Adam und Eva. Lysy: Also, die Geschichte ließe sich sicher bis Adam und Eva zurückverfolgen, wenn man jetzt... 6 Behrendt: Peter, was ist jetzt die Pointe??? Lysy: Ja, ok. Also, die Pointe ist, dass – nach diversen Zwischenstationen, Irrungen und Wirrungen – die Bundeslade von David wieder nach Jerusalem zurückgebracht wird und dort in einem heiligen Zelt untergebracht wird. Und bei dem Fest, das deswegen gefeiert wurde, taucht eben dieser Psalm auf. Behrendt: Als Ausdruck der Freude, dass Gott wieder da ist – und mit ihm seine guten Gebote. Lysy: Klar. Man muss sich das vorstellen: Viele Jahrzehnte musste Israel ohne diese Gegenwart Gottes auskommen. Da spricht viel Erleichterung aus der Freude! Behrendt: Wie hart das gewesen sein muss für Israel, diese Zeit ohne Gott und seine guten Gebote, Da lebst du dann entweder im völlig rechtsfreien Raum – oder du musst du dir deine eigenen Gesetze stricken – mit all den Grenzen. Denn in menschlichen Regelungen und Gesetzen kommt ja auch die Begrenztheit von uns Menschen zum Ausdruck. 7 Wer von uns kann schon behaupten, den göttlichen Blick vom Himmel auf all das zu haben, was es unter uns Menschen zu regeln gäbe, damit unser Zusammenleben zu allen Zeiten und an allen Orten gelingt? Lysy: Jaja, im Alten Testament wird ja auch genau so unterschieden – zwischen der Mischpat als dem Recht, das aktuell in einer Gesellschaft gilt – mit all seiner begrenzten Gültigkeit, und der Zedaka, dem eigentlichen Wort für Gerechtigkeit, der Gerechtigkeit Gottes, der Gerechtigkeit des Himmelreichs. Behrendt: Das macht noch einmal deutlich, dass es da immer eine Lücke gibt. Unsere Gerechtigkeit bleibt immer nur Stückwerk bei all unserem Mühen. Das Gleiche gilt ja auch für die anderen großen Worte, mit denen wir oft so leichtfertig umgehen, wie Liebe, Wahrheit, oder Freiheit. Auch hier gibt es wohl immer einen Unterschied zwischen dem, was bei Gott beispielsweise an Liebe oder Freiheit möglich ist, und dem, was uns Menschen möglich ist. 8 Lysy: Naja, deswegen spürte Israel diese tiefe Erleichterung, die es in überschwänglicher Freude zum Ausdruck bringt – die Erleichterung darüber, dass Gott endlich wieder da ist und „er den Erdkreis richten wird mit Gerechtigkeit und die Völker mit seiner Wahrheit.“ Wie entlastend muss das gewesen sein, zu wissen, dass man nicht mehr völlig ohne Gott Recht sprechen muss bei all den ja oft komplizierten und schwierigen Alltagsfragen. Behrendt: Aber ist das jetzt Gegenwart oder Zukunft? Lysy: Tja, wie so oft, muss der Theologe sagen: beides. Behrendt: Habe ich mir fast gedacht. Aber das ist auch gut so. Lysy: Wie meinst du das? Behrendt: Ich erlebe immer wieder, dass es Momente gibt, da scheint uns Gott so unendlich fern. Dabei hätten wir ihn und sein Wirken so bitter nötig. Da wünschten wir uns seine Gerechtigkeit, seine Wahrheit, sein Erbarmen. Denk nur z.B. an das, was unsere Gesellschaft gerade so umtreibt:, So viele Menschen in Not wollen zu uns, um Anteil an Frieden, Freiheit und wirtschaftlicher Stabilität zu haben, die es in ihren Ländern nicht gibt? 9 Aber wie sollen wir entscheiden, wenn dadurch so viele Sorgen und Ängste laut werden, dass genau deswegen diese Sicherheit, Freiheit und wirtschaftliche Stabilität in unserem Land kaputt gehen könnte? Da passt es einfach, wenn wir mit dem Lied „Sonne der Gerechtigkeit“ singen: „Erbarm dich, Herr.“ Lysy: Und da sollten wir uns auch nicht scheuen, so zu singen und zu beten. Wie oft höre ich, wenn ich frage: „Wie geht’s Ihnen?“ die Antwort: „Ich kann nicht klagen.“ Dann frage ich mich schon manchmal, was das bedeutet: „Ich kann nicht klagen“, weil es tatsächlich nichts zu klagen gibt? Oder weil ich’s mir nicht erlaube, weil ich irgendwann gelernt habe, dass Klagen nicht sein darf oder nichts bringt? Oder weil ich es tatsächlich nicht kann, weil ich einfach nicht weiß, wie man klagt – vor GOTT (!), so wie in „Sonne der Gerechtigkeit“: „Erbarm dich, HERR.“ Und wenn ich das nicht weiß, dann kann das leider schlimme Folgen haben: Dann werden Menschen etwa krank, weil sie alles in sich hineinfressen oder sie fangen fürchterliche Streitigkeiten an, weil sie sich gegenseitig anklagen und sich da in ihren Vorwürfen ineinander völlig verhaken. 10 Ich glaube, weil es viele Menschen gibt, die „nicht klagen können“ , hat die Klage im Gottesdienst auch ihren festen Ort. Wenn wir „Kyrie eleison“ singen, dann singen wir genau das: „HERR, erbarme dich!“ Behrendt: Und nach dem „Kyrie eleison“ folgt auch gleich der Lobpreis, in dem der Dank zum Ausdruck kommt für das viele Gute, was man zu sehen kann, wenn die Klage verstummt. Denn es gibt viel Gutes, das wir oft genug für selbstverständlich nehmen. Der Lobpreis führt uns vor Augen, dass es eben ganz und gar nicht selbstverständlich ist, sondern alltäglich von Gott geschenkt ist. Dazu zählen die besonderen Momente, in denen wir uns freuen dürfen, einfach freuen dürfen, so wie es in dem Psalm zur Sprache kommt: „Der Himmel freue sich und die Erde sei fröhlich, das Meer brause und was darinnen ist; das Feld sei fröhlich und alles, was darauf ist; es sollen jauchzen alle Bäume im Walde vor dem HERRN.“ Momente, in denen die Sonne der Gerechtigkeit aufgeht ohne unser Zutun – eben genauso, wie die Sonne aufgeht ohne unser Zutun. Wir brauchen also unbedingt den Blick für beides. Da hilft uns die Bitte: „Herr, erbarme dich.“ genauso wie der Lobpreis: „Der HERR ist groß und hoch zu loben.“ 11 Lysy: Das eine hängt ja auch elementar mit dem anderen zusammen. Wenn ich mir nichts von Gott erwarte, sondern glaube, mich nur auf mich alleine oder auf andere Menschen verlassen zu müssen, dann kann ich auch nicht wirklich allen Ernstes „HERR, erbarme dich.“ singen. Sich auf andere Menschen verlassen müssen, das hieße übrigens auch: sich auf die Konjunktur verlassen müssen oder auf die Firma oder auf die Politik oder auf die Institution Kirche – denn überall da sind ja Menschen am Werk. Behrendt: „Singt dem Herrn ein neues Lied...“ – vielleicht ist diese Aufforderung des Psalms dann so zu verstehen: Singt Gott immer wieder aufs Neue ein Lied, denn ihr könnt es. Ihr könnt immer wieder neu auf Gott zugehen und ihn ansprechen – in jeder Lage, sei sie noch so alt und eingefahren, dass man meint, hier geht nichts mehr. Gott ein neues Lied zu singen heißt: ihm einen Neuanfang jederzeit zuzutrauen und in Umbruchssituationen nach diesem Neuanfang Ausschau zu halten. Dabei werde ich ihm an manchen Tagen sicherlich mein Leid klagen und meinen Ärger und meine Verzweiflung zum Ausdruck bringen – etwa, wenn nichts vorangeht oder wenn Entwicklungen mich so überrollen, dass ich völlig durcheinander gerate. 12 Zu anderen Zeiten werde ich ihm aber auch dankbar sein, wenn ich Neues aufkeimen sehe und in diesem Neuen Gottes Güte und Gottes Erbarmen erkennen kann. So singe ich Gott immer wieder ein neues Lied. Lysy: Und es heißt „Singet“. Hier werden wohl nicht Solisten zum Gesang aufgefordert wie in „The Voice of Germany“ oder anderen Castingshows. Hier soll ein Chor entstehen im gemeinsamen Gesang, ein Chorgesang, in dem vielstimmig Gott gelobt wird. Welch ein Sound das wohl ergibt! Ich glaube, wer einmal in einem Chor gesungen hat, der weiß, wovon ich spreche. Als Einzelstimme kriegst du das nicht hin, allein schon wegen der Vielfalt der Stimmen und Stimmfarben. Behrendt: Wobei das schon eine große Herausforderung ist, aus den unterschiedlichen Stimmen und Stimmfarben etwas ganz Eigenes entstehen zu lassen. Da heißt es, aufeinander zu hören. Und wenn es gelingt, ist es große Kunst, die berührt und bewegt. Lysy: Oh ja. Ich denke, dass da der kda auf einem guten Weg ist – wenn ich mich hier so umschaue, in diesem Gottesdienst, wie viele unterschiedliche Stimmen und Stimmfarben beisammen sind, alles Zeugen der langen und bewegenden Geschichte dieser Einrichtung. 13 Behrendt: Ja, das Soundpotenzial ist gewaltig. Und wir sind nun auch dabei. Cool. Ob wir es mal ausprobieren, wie das so klingt, gleich jetzt? Lysy: Auf jeden Fall! Also, von Gott geliebte Gemeinde: Singt dem HERRN ein neues Lied. Und der Friede Gottes, der höher ist als alle menschliche Vernunft, bewahre Eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen. 14