1. Grundlagen

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1. Grundlagen
DEUTSCHES UN D EU ROPÄISCH ES URHEBERRECHT
PROF. DR . ANS GAR OHL Y
SS 2016
Deutsches und europäisches Urheberrecht
I.
Grundlagen
1.
Begriff und Überblick
Lit.:
Schack und Ohly, in: Depenheuer/Peifer (Hrsg.), Geistiges Eigentum oder Ausbeutungstitel? (2008), S. 123 ff. und 141 ff.; Rehbinder/Peukert, §§ 1, 7; Schack, § 1;
Ohly, Gutachten, S. 9-25
Urheber
Urheberecht
Werk
Begriffe
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Das Urheberrecht regelt die Beziehung des Urhebers zu seinem Werk.
Urheberrecht im objektiven Sinne: Gesamtheit der Rechtsnormen, die das Verhältnis des Urhebers zu seinem Werk regeln
Urheberrecht im subjektiven Sinne: subjektives, absolutes Recht des Urhebers an
seinem Werk
Materien, die mit dem Urheberrecht im engeren Sinne zusammenhängen und ebenfalls
ganz oder teilweise im UrhG geregelt sind:
verwandte Schutzrechte: schützen geistige und kreative Leistungen, die nicht in
der Werkschöpfung bestehen (z.B. ausübende Künstler, Herausgeber einer Erstausgabe), Unternehmen und andere Personen, die nicht selbst Werke geschaffen
haben, aber den Werkzugang vermitteln (z.B. Tonträger- und Filmhersteller) und
bieten den Unterbau für nicht-schöpferische Leistungen (z.B. Lichtbild- und Laufbildschutz)
Urhebervertragsrecht (betrifft Verträge über geschützte Werke).
Bedeutung
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Erhebliches wirtschaftliches Gewicht der „Urheberrechtsindustrien“: Medienunternehmen, Verlage, Sendeunternehmen, Werbewirtschaft
„Klassisches“ Urheberrecht: Recht der schöpferisch Tätigen, Schutz von Schriftstellern,
Komponisten, bildenden Künstlern → Kulturrecht
Urheberrecht im Informationszeitalter: Schutz von Computerprogrammen und Datenbanken, digitale Werknutzung, Rechtsfragen des Internet → Teil des IT-Rechts bzw. Rechts
der neuen Medien
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Spannung zwischen dem klassischen, urheberzentrierten Bild des Urheberrechts als Kulturrecht und dem durch das US-Recht geprägten Bild des Urheberrecht als Investitionsschutzrecht für Medienunternehmen, Verlage und die Softwareindustrie
Herausforderung des Internets: einerseits wachsende Bedeutung der Verwertung urheberrechtlich geschützter Werke, andererseits neue und ungeahnte Möglichkeiten der Urheberrechtsverletzung
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Die Akteure und ihre Interessen
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Urheber: trägt beim Schaffen des Werks das Risiko, kann den Erfolg meist noch nicht
abschätzen, steht oft als selbständig Schaffender marktmächtigen Verwertern gegenüber
(Berührungspunkt zum Arbeits- und Sozialrecht). Folge: Der Urheber bedarf des Schutzes seiner wirtschaftlichen und ideellen Interessen.
Verwerter: erwartet Investitionsschutz, Folge: Schutz und gewisse Verkehrsfähigkeit
der Verwertungsrechte, Gewährung verwandter Schutzrechte, Sicherung technischer
Schutzmaßnahmen gegen Umgehung.
Nutzer: erwartet möglichst preisgünstigen, evtl. auch freien Zugang zu Werken, Folge:
Schranken des Urheberrechts, insb. zu privatem Gebrauch, Kontrahierungszwang der
Verwertungsgesellschaften.
Allgemeinheit: einerseits Interesse an Schutz von Kulturgütern und Förderung des kulturellen Schaffens, andererseits Interesse am ungehinderten Zugang zu Informationen und
zur Nutzung von Werken als freiem Kulturgut. Folge: Schranken und zeitliche Begrenzung des Urheberrechts.
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2.
Stellung im deutschen Rechtssystem
Vgl. zum Recht des geistigen Eigentums im Allgemeinen die Materialien zur Vorlesung
„Einführung in das Recht des geistigen Eigentums“
Urheberrecht und Verfassungsrecht
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Das Urheberrecht ist hinsichtlich der Verwertungsrechte durch Art. 17 II EUGrCh, 14
GG, hinsichtlich der urheberpersönlichkeitsrechtlichen Bestandteile durch Art. 2 I, 1 I
GG verfassungsrechtlich geschützt (vgl. auch Art. 162 BayVerf).
- Beispiel (BVerfG GRUR 1972 – Kirchen- und Schulgebrauch): Schranke, die Aufnahme geschützter Werke in Sammlungen zum Kirchen- und Schulgebrauch ohne Zustimmung des Urhebers zulässt ist nur mit Art. 14 GG vereinbar, wenn eine
Vergütungspflicht vorgesehen wird.
Aber auch Nutzerinteressen können verfassungsrechtlich geschützt sein, in Betracht
kommen die Meinungsfreiheit, die Berufsfreiheit und der Datenschutz
Beispiel 1 (BVerfG GRUR 2001, 149 – Germania 3): Zitatrecht (§ 51 UrhG) ist bei
Brecht-Zitaten in einem Theaterstück im Lichte von Art. 5 III GG kunstspezifisch
und breit auszulegen
Beispiel 2 (EuGH, Rs. C-360/10, GRUR 2012, 382 – SABAM/Netlog): Bei der Frage, welche Überwachungspflichten der Betreiber eines sozialen Netzwerks wegen
urheberrechtsverletzender Inhalte hat, sind die Grundrechte aus Art. 17 II
EUGRCh (geistiges Eigentum) und aus Art. 16 sowie 8, 11 EUGRCh (Berufsfrei-
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heit des Betreibers und Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Nutzer)
gegeneinander abzuwägen.
Immaterialgüterrecht / geistiges
Eigentum
Gewerbliche
Schutzrechte
Urheberrecht
Allgemeines
Persönlichkeitsrecht
Verwer- Urhebertungs- persönrechte lichkeitsR
Patent
Marke
Persönlichkeitsrechte
Geschmacksmuster
Design
(Design)
Besondere
Persönlichkeitsrechte
§§ 22 ff.
KUG
§ 12
BGB
Das Urheberrecht im System des geistigen Eigentums
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Wie das gesamte Recht des geistigen Eigentums ist das Urheberrecht Teil des Privatrechts.
Das Urheberrecht ist ein Hybridrecht mit vermögens- und persönlichkeitsrechtlichen
Elementen.
Es umfasst urheberpersönlichkeitsrechtliche Befugnisse (Beispiel § 13 UrhG: Recht
auf Urhebernennung) und vermögensrechtliche Befugnisse („Verwertungsrechte“,
Beispiel § 16 UrhG: Verwertungsrecht)
Während bei „klassischen“ Werken der Literatur, Kunst und Musik beide Aspekte
gleichrangig sind, stehen bei modernen Werkarten wie Computerprogrammen die
wirtschaftlichen Befugnisse ganz im Vordergrund.
Das Urheberrecht ist ein Recht des geistigen Eigentums (intellectual property) bzw. ein
Immaterialgüterrecht.
Das Urheberrecht ist ein absolutes, dingliches Recht und insoweit mit dem Eigentum an Sachen vergleichbar.
Zwischen dem Urheberrecht (als „geistigem Eigentum“) und dem Eigentumsrecht
am Werkstück („Sacheigentum“) muss aber streng unterschieden werden (dazu näher sogleich).
Die Zuordnung zum „geistigen Eigentum“ wird in Deutschland aber bestritten, weil
das Urheberrecht kein reines Wirtschaftsrecht, sondern auch Persönlichkeitsrecht
ist.
Das Urheberrecht gehört nicht zum gewerblichen Rechtsschutz.
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Der gewerbliche Rechtsschutz ist reines Wirtschaftsrecht, persönlichkeitsrechtliche
Elemente spielen nur am Rande eine Rolle (etwa beim Recht auf Erfindernennung),
Schutz wird nur gegen die gewerbliche Nutzung der betreffenden Immaterialgüter
gewährt.
Das Urheberrecht ist Kulturrecht. Es weist eine starke persönlichkeitsrechtliche
Komponente auf. Es schützt private Werkschöpfungen (z.B. das von einem Studenten nach getaner Arbeit verfasste Gedicht) und erfasst private Nutzungen (z.B. den
Upload eines Musikstücks im Rahmen des P2P-Filesharing)
Allerdings gibt es Teilbereiche des Urheberrechts (z.B. Schutz von Computerprogrammen und Datenbanken), in denen der persönlichkeitsrechtliche Aspekt kaum
eine Rolle spielt und eine erhebliche Annäherung zum gewerblichen Rechtschutz
stattgefunden hat. Teilweise überlagern sich auch Urheberrecht und gewerbliche
Schutzrechte, z.B. beim Rechtsschutz von Computerprogrammen (Patentschutz zusätzlich zum urheberrechtlichen Schutz?) und beim Schutz von Produktdesigns (lediglich Geschmacksmusterschutz oder auch urheberrechtlicher Schutz?)
Urheberrecht und BGB
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Die Vorschriften des BGB sind immer dann anwendbar, wenn keine Sondervorschrift
besteht. So ist das Urheberrecht als absolutes Recht nach § 823 I BGB geschützt, doch
darf über § 823 kein Schutz gewährt werden, den das UrhG bewusst vorenthält.
Abgrenzung zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht: Das Urheberrecht schützt die Beziehung des Urhebers zum Werk, das APR die Persönlichkeit im übrigen (Beispiel, BGHZ
107, 384 – Emil Nolde: fälschliche Zuschreibung von Werken Dritter verletzt das APR).
Besondere Bedeutung des Vertragsrechts:
- Bei Verträgen zwischen Urhebern und Verwertern überlagern Bestimmungen zum
Schutz des Urhebers (§§ 31 ff.) das Vertragsrecht des BGB
- Bei Endnutzerverträgen verdrängen in der Praxis die AGB der Verwerter zusammen
mit technischen Schutzmaßnahmen die Schranken des Urheberrechts, Beispiel: Welche Privatkopien bei auf iTunes gekaufter Musik möglich sind, bestimmen praktisch
nicht die §§ 53 ff., sondern die AGB von Apple und die technischen Kopierbeschränkungen → Bedeutung der AGB-Kontrolle und des § 434 BGB
Urheberrecht und Wettbewerbsrecht
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Verhältnis zum Lauterkeitsrecht (UWG)
Eine Urheberrechtsverletzung stellt keine Handlung des unlauteren Wettbewerbs
dar und fällt insbesondere nicht unter § 3a UWG (technischer Grund: abschließende Sanktionenregelung des Urheberrechts, Wertung dahinter: Verbandsklagebefugnis wäre unangemessen).
Unter §§ 3 I, 4 Nr. 3 UWG kann ergänzender Leistungsschutz gewährt werden,
die Rechtsprechung hat bisweilen Lücken im urheberrechtlichen Schutz über § 1
a.F. UWG geschlossen (z.B. Schutz von Computerprogrammen vor Einfügung der
§§ 69a ff., Schutz von Datenbanken vor Einfügung der §§ 87a ff.).
Verhältnis zum Kartellrecht: Während das UWG tendenziell den urheberrechtlichen
Schutz ergänzt, beschränkt das Kartellrecht Missbräuche der Ausschlussrechte. Insbesondere können Lizenzverträge wettbewerbsbeschränkende Klauseln enthalten und be-
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stimmte Arten der Ausübung von Immaterialgüterechten können als Missbrauch einer
marktbeherrschenden Stellung anzusehen sein (näher unten bei den Schranken des Urheberrechts, grundlegend EuGH, Rs. C-241 u. 242/91 P = GRUR Int. 1995, 490, RTE und
ITP/Kommission,– „Magill“; EuGH, Rs. C-481/01 = GRUR 2004, 524 – IMS Health/NDC
Health)
3.
Geschichtliche Entwicklung
Lit.:
Rehbinder/Peukert , § 3; Schack, § 6
S. auch die Vorlesung „Einführung in das Recht des geistigen Eigentums“.
Stufen der Entwicklung bis zum 20. Jahrhundert
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kein Urheberrechtsschutz in Antike (bekannt allerdings das Epigramm des Martial, der
seine Verse mit freigelassenen Sklaven vergleicht und denjenigen, der sie fälschlich als
eigene ausgibt, als „plagiarius“ - Menschenräuber bezeichnet) und im Mittelalter (vgl.
aber die „Bücherflüche“, etwa im Sachsenspiegel).
Erfindung des Buchdrucks macht Investitionsschutz erforderlich, Folge sind Druckerprivilegien (erster überlieferter Fall: Privileg der Republik Venedig für Johann v. Speyer,
1469), die auf Ermessen des Souveräns beruhen und in erster Linie nicht die Leistung
des Urhebers, sondern das Gewerbe des Druckers schützten. Später auch Autorenprivilegien (Beispiel: kaiserliche Privilegien für Albrecht Dürer im 16. Jhdt.)
Erster Übergang vom Druckerprivileg (stationers‘ right) zum Urheberrecht im englischen
Statute of Anne (1710).
Mit der Aufklärung gewinnt die Theorie des geistigen Eigentums an Gestalt (Eigentumstheorie John Lockes; Pütter, Der Büchernachdruck (1774); Kant, Über die Unrechtmäßigkeit des Büchernachdrucks (1785), Betonung des „propriété littéraire et artistique“ in der
französischen Revolution).
Lange Fortdauer des Privilegienwesens in Deutschland. Preußisches Urheberrechtsgesetz
(1837). Nach Reichsgründung Urheberrechtsgesetze von 1871 (Schriftwerke, Abbildungen, Musik) und 1876 (bildende Kunst und Photographie), ergänzt und verbessert durch
Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der Literatur und der Tonkunst (LUG,
1901) und an Werken der bildenden Kunst und Photographie (KUG, 1907), dessen §§ 22
ff. (Recht am eigenen Bild) bis heute fortgelten.
Abgrenzung in der Rechtswissenschaft von der Lehre vom geistigen Eigentum: Theorie
vom Persönlichkeitsrecht (Gierke) gegen Theorie vom Immaterialgüterrecht (Kohler).
Entwicklung im 20. und 21. Jahrhundert
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1965: Erlass des Urheberrechtsgesetzes nach langer Diskussion im Schrifttum und Vorbereitung durch die Rechtsprechung (vgl. die „Leistungsschutzurteile“ von 1960, GRUR
1960, 614 ff.)
Seit Anfang der 1990er Jahre verstärkter Einfluss durch europäisches Gemeinschaftsrecht. Bisher zwar keine Vollharmonisierung in der EU, wohl aber Teilharmonisierung
durch Richtlinien (s.u. 5). Seit ca. 2009 verstärkte Aktivität des EUGH: richterrechtliche
Schaffung eines europäischen Werkbegriffs, EU-Grundsätze zum Recht der öffentlichen
Wiedergabe und zur Privatkopie.
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Weitere wesentliche (und rechtspolitisch heiß umstrittene) Änderung, die nicht auf Gemeinschaftsrecht beruht: Gesetz zur Verstärkung der vertraglichen Stellung von Urhebern und ausübenden Künstlern, insbesondere Einführung eines Anspruchs auf angemessene Vergütung (2002).
 Umsetzung der Richtlinie „Urheberrecht in der Informationsgesellschaft“ = Regelung
wesentlicher Rechtsfragen der digitalen Werknutzung:
Umsetzung der zwingenden RL-Bestimmungen durch Urheberrechtsänderung 2003
Umsetzung fakultativer RL-Bestimmungen und weitere Rechtsänderungen durch
„Korb 2" (in Kraft seit 1.1.2008), insb. zur Privatkopie, zum Vergütungssystem, zu
Schrankenregelungen, zu neuen Nutzungsarten und zu vertraglichen Regelungen
bei Filmwerken
Regelungen zu verwaisten Werken (§ 61 ff.), Zweitverwertungsrecht für Wissenschaftler (§ 38 IV), verbraucherschützende Regelungen rund um die Abmahnung (§
97a)
Gesetzgebungsvorhaben der Bundesregierung: Erweiterung des Urheberschutzes im
Urhebervertragsrecht, Neuregelung der Wissenschaftsschranken, gesetzliche Ausgestaltung der Haftung von Providern und Plattformbetreibern
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4. Philosophische und ökonomische Grundlagen
Lit.:
Leistner/Hansen, GRUR 2008, 479 ff.
Ausgangspunkte
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Urheberrecht als vergleichsweise neues Recht: fast 2.000 Jahre ist die Menschheit ohne
ausgekommen
Urheberrecht im Meinungsstreit: Akzeptanzverlust des Urheberrechts vor allem im Internet-Kontext
- Schutz zahlreicher trivialer Gegenstände (z.B. Fotos jeder Art)
- Einschränkung der „Freiheit des Internet“
- Abmahnung Privater
- Beschränkung des Zugangs auf mit öffentlichen Mitteln finanzierte Wissenschaftsergebnisse
- Einschränkung moderner Kunstformen (z.B. Mashup, Sampling)
Trotz völker-, europa- und verfassungsrechtlicher Verfestigung muss daher die Frage
gestellt werden, warum es das Urheberrecht gibt und wie die durch das Urheberrecht
bewirkte Beschränkung der Gemeinfreiheit rechtfertigen lässt.
Deontologische Ansätze
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Deontologische Begründung = Begründung durch Naturrecht / Natur der Sache, moderner: durch Fairness
Arbeitstheorie (John Locke): Wer durch eigene geistige Leistung ein Werk hervorbringt,
hat an diesem Werk ein natürliches Eigentumsrecht
Persönlichkeitstheorie (etwa Georg Friedrich Wilhelm Hegel): Werk als Ausprägung der
Persönlichkeit des Schöpfers
Utilitaristische Ansätze
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Utilitarismus = Folgenethik, eine Regel ist gut, wenn ihre Folgen für die Gesellschaft gut
sind
Einflussreiche Ausprägung (vor allem in den USA): ökonomische Analyse des Rechts
- Ansatz 1: Urheberrecht als Anreiz für Werkschöpfung und für Investition in Werkschöpfung und -verbreitung
- Ansatz 2: Alimentation des Urhebers ermöglicht es dem Urheber, Zeit auf die Werkschöpfung zu verwenden
Kein Ansatz kann sämtliche urheberrechtlichen Befugnisse für sämtliche Werkkategorien
erschöpfend erklären.
Diskussionsfrage: Ist es gerechtfertigt, mit öffentlichen Mitteln geförderte Forschungsergebnisse urheberrechtlich zu schützen, oder sollten sie frei zugänglich sein („Open Access“)?
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5.
Grundgedanken
Lit.:
Rehbinder/Peukert, § 7
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Vgl. ergänzend die gemeinsamen Prinzipien des Immaterialgüterrechts in der „Einführung in das Recht des geistigen Eigentums“
Unterscheidung von Sacheigentum und Immaterialgüterrecht
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Das Immaterialgüterrecht schützt ein geistiges Gut, keinen körperlichen Gegenstand. Es
gewährt kein Eigentumsrecht an der Sache, die es verkörpert, das Eigentumsrecht an der
Sache gewährt kein Immaterialgüterrecht.
Lies § 44 I UrhG: „Veräußert der Urheber des Originals das Werk, so räumt er damit im
Zweifel dem Erwerber ein Nutzungsrecht nicht ein."
Folge: Der Käufer eines Kunstwerks erwirbt zwar das Eigentum daran, darf es aber weder
vervielfältigen noch grundlegend verändern (str. ist die Beurteilung der Werkzerstörung,
s.u. bei den Urheberpersönlichkeitsrechten).
Problem: Eigentumsschutz gegen immaterielle Nutzungen? BGH GRUR 2011, 321 und
GRUR 2013, 623 – Preußische Gärten und Parkanlagen: Fotograf, der Fotos von urheberrechtlich gemeinfreien Gebäuden von Grundstück des Eigentümers aus aufnimmt, verletzt das Sacheigentum am Grundstück (m.E. sehr zweifelhaft!)
Einheit des Urheberrechts
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Die vermögensrechtlichen und die persönlichkeitsrechtlichen Interessen des Urhebers
könnten Gegenstand zweier getrennter Rechte sein (so der dualistische Ansatz, dem etwa das französische Recht folgt). Das deutsche Urheberrecht entscheidet sich aber in §
11 UrhG für die monistische Theorie.
Verwertungsrechte und Urheberpersönlichkeitsrecht sind Teil des einheitlichen Urheberrechts. Bild Eugen Ulmers: Urheberrecht als Baum, der sich aus zwei Wurzeln speist,
einzelne urheberrechtliche Befugnisse als Äste, die aus dem einheitlichen Stamm
hervorwachsen und sich bald mehr aus der eine, bald mehr aus der anderen Quelle speisen.
Unterscheidung von Urheberrecht und verwandten Schutzrechten
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Das Urheberrecht schützt nur persönliche geistige Schöpfungen (§ 2 II), Urheber ist, wen
das Werk selbst geschaffen hat (§ 7).
Aber das UrhG schützt auch Personen und Unternehmen, die das Werk vermitteln und
verbreiten. Sie sind nicht Urheber, erhalten aber verwandte Schutzrechte (related rights,
neighbouring rights)
Gruppe 1: ausübende Künstler (§§ 73 ff.) – sie schaffen kein Werk, sondern interpretieren
ein fremdes Werk  werden mit kleineren Ausnahmen wie Urheber behandelt, weil auch
sie kreativ tätig sind
Gruppe 2: Werkverwerter wie Tonträgerhersteller, Filmhersteller, Konzertveranstalter,
Sendeunternehmen, Verlage – sie sind nicht kreativ tätig, investieren aber in die Verbreitung von Werken  haben ebenso wie der Urheber ein Vervielfältigungs-, Verbreitungsrecht und ein Recht der öffentlichen Wiedergabe, aber keine Persönlichkeitsrechte
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Gruppe 3: Investitionen in das Auffinden verschollener Werke oder kritische Ausgaben
(§§ 70, 72)  kurzfristiges (25 Jahre) Verwertungsrecht
Gruppe 4: Schutz nicht-kreativer Leistungen als „Unterbau“ zum Urheberrecht  Schutz
nicht-schöpferischer Fotos, Laufbilder und Datenbanken unterhalb der Schwelle des § 2
II (rechtspolitisch m.E. zweifelhaft)
Oft überlagern sich mehrere Rechte, Beispiel: am Titel “Work” (Rihanna feat. Drake) bestehen folgende Rechte: Urheberrecht (Jahron Braithwaite, Matthew Samuels, Allen Ritter, Rupert Thomas, Aubrey Graham, Robyn Rihanna Fenty, Monte Moir), Recht des ausübenden Künstlers (Robyn Rihanna Fenty, Aubrey Drake Graham), Recht des Tonträgerherstellers (RocNation / Universal)
Abwägung zwischen Schutzinteresse des Rechtsinhabers und Gemeinfreiheit im öffentlichen Interesse
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6.
Das Urheberrecht schützt nicht die Idee selbst, sondern nur ihren Ausdruck im konkreten
Werk (näher unten beim Werkbegriff). Probleme: zunehmende Schwierigkeit der Abgrenzung von Idee und Ausdrucksform bei modernen Werkkategorien (z.B. Computerprogrammen und Datenbanken), Möglichkeit der Zugangssperre (auch zur Idee) bei digitalen Medien.
Das Urheberrecht schützt nicht jeden trivialen Text, sondern erfordern eine „persönliche
geistige Schöpfung“ (§ 2 II UrhG). Problem: Schutz der „kleinen Münze“, Absenkung der
Schutzschwelle in bestimmten Bereichen, z.B. bei Computerprogrammen (s. § 69a III
UrhG)
Schranken des Urheberrechts: sichern entweder Zugang gegen Vergütung oder sogar
freien Zugang, Beispiele: Zitatrecht (§ 51 UrhG), Vervielfältigung zum privaten Gebrauch
(§ 53 UrhG). Problem: Verhinderung der Inanspruchnahme von Schranken durch technische Schutzmaßnahmen.
Zeitliche Begrenzung: Das Urheberrecht (auch das Urheberpersönlichkeitsrecht, anders
insoweit das französische Recht) erlischt 70 Jahre nach dem Tode des Urhebers (post
mortem auctoris – p.m.a.). Lange Schutzdauer spiegelt Respekt vor Individualität der
Schöpfung und Notwendigkeit der sozialen Absicherung des Urhebers wider. Für spätere
Generationen wird das Werk aber zum allgemeinen Kulturgut. Probleme: jede Frist ist
willkürlich (Beispiel: Verlängerung von 50 auf 70 Jahre p.m.a. in den USA nach kontroverser Diskussion), überlange Schutzdauer bei trivialen Werken.
Unions- und völkerrechtlicher Rahmen (Überblick)
Territoriale Begrenzung und internationale Zusammenarbeit
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Das Sacheigentum hat internationale Wirkung.
Dagegen ist die Wirkung der Immaterialgüterrechte auf das Territorium des jeweiligen
Staates beschränkt (Territorialitätsprinzip), das gilt nicht nur für die Registerrechte,
sondern auch für das Urheberrecht.
Die Schutzlosigkeit des Rechtsinhabers im Ausland war früh Anlass zum Abschluss völkerrechtlicher Verträge. Die Berner Übereinkunft (1886, ab 1908 „Revidierte Berner
Übereinkunft“, RBÜ) sieht den Grundsatz der Inländerbehandlung und einen Katalog
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bestimmter Mindestrechte vor. Entsprechend das Rom-Übereinkommen für Tonträgerhersteller, Filmhersteller und Sendeunternehmen
Agreement on Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights (TRIPS Agreement, 1994): Art. 9 ff. enthalten international bindende Mindeststandards für das Urheberrecht.
Fortschreibung der RBÜ für das Internet-Zeitalter im WIPO Copyright Treaty (WCT) und
dem WIPO Performances and Phonograms Treaty (WPPT) (beide 1996)
Näheres in Teil V.
Urheberrecht und Unionsrecht
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Das Urheberrecht ist (wie jedes Recht des geistigen Eigentums) territorial begrenzt. Daher besteht ein Spannungsverhältnis mit dem Ziel der EU, einen Binnenmarkt zu realisieren.
Eine vollständige Harmonisierung ist bisher nicht geglückt, auch wenn die Wissenschaft
sie anregt (s. den Entwurf eines European Copyright Code der Wittem Group, abrufbar
unter http://www.copyrightcode.eu).
Grund: Gegensatz zwischen kontinentaleuropäischen „droit d’auteur“- Systemen (F, D)
und anglo-amerikanischen „copyright“-Systemen (GB, IRL, außerhalb Europas US)
„Droit d’auteur“: individualethische Begründung, Bedeutung des Urheberpersönlichkeitsrechts (droit moral), Urheber ist nur der Schöpfer des Werks, Unterscheidung Urheberrecht – verwandte Schutzrechte
„Copyright“: wirtschaftsrechtliche und stärker utilitaristische Begründung, geringe
Bedeutung des droit moral, originärer Rechtsinhaber kann der Arbeitgeber („work
made for hire doctrine“) des US-Rechts oder der Verwerter sein, keine Unterscheidung zwischen Urheberrecht und Leistungsschutzrechten.
Bedeutung des Primärrechts:
Warenverkehrsfreiheit (Art. 34 AEUV) → Grundsatz der gemeinschaftsweiten Erschöpfung (dazu näher unten, II, 4)
Diskriminierungsverbot (Art. 18 AEUV)
EG-Kartellrecht (Art. 101, 102 AEUV) Bedeutung für Lizenzverträge (dazu näher unten, II, 5), Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung (dazu näher unten, II, 4),
Monopole der nationalen Verwertungsgesellschaften (dazu näher unten, II, 6)
Teilharmonisierung durch 9 Richtlinien:
über urheberrechtlichen Schutz von Computerprogrammen (1991/2009),
zum Vermiet- und Verleihrecht (1992/2006),
zur Satellitenrundfunk- und Kabelweitersendung (1993),
zur Harmonisierung der Schutzdauer des Urheberrechts (1993/2006).
über den rechtlichen Schutz von Datenbanken (1996),
über das Urheberrecht in der Informationsgesellschaft (2001), darin weitgehende
Harmonisierung der Verwertungsrechte, Schrankenbestimmungen und Vorschriften
über technische Schutzmaßnahmen
über das Folgerecht (2001)
über verwaiste Werke (2012)
über die kollektive Rechtewahrnehmung (2014)
Richtlinie zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums (2004), betrifft Sanktionen und Verfahren bei Verletzung aller Immaterialgüterrechte
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URHEBERRECHT (OHLY)
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Seit ca. 2009 sehr aktive Rolle des EUGH
- Schaffung eines einheitlichen Werkbegriffs ohne klare Grundlage in den Richtlinien
- Neue europäische Kriterien der öffentlichen Wiedergabe, z.B. im Fall von Linking
und Framing
- Umfangreiche Rechtsprechung zum Schrankenkatakog der InfoSocRL, obwohl die
Schrankenregelungen für die Mitgliedstaaten optional sind
Bisher kein „Unionsurheberrecht“ (= Urheberrecht, das einheitlich für das gesamte Gebiet der EU gilt und nur EU-Recht unterworfen ist, vgl. die Gemeinschaftsmarke und das
Gemeinschaftsgeschmacksmuster), aber Überlegungen der Kommission, ein solches auf
der Grundlage des neuen Art. 118 AEUV zu schaffen.
Nicht harmonisierte Bereiche:
Urheberpersönlichkeitsrecht
einige verwandte Schutzrechte
Urhebervertragsrecht