Dialog- und Service-Initiative Deutsche Steinkohle AG

Transcription

Dialog- und Service-Initiative Deutsche Steinkohle AG
Die Nachbarschaftszeitung
Nr. 14 | Herbst 2005
D S K
Mit Beginn des neuen Ausbildungsjahres am 1. September
werden bei der DSK insgesamt
3.145 junge Menschen in
Zukunftsberufen ausgebildet.
Allein für dieses Ausbildungsjahr
hatten sich für 850 Ausbildungsplätze 7.457 Jugendliche beworben. Lesen Sie mehr dazu auf
Seite 9
Dialog- und Service-Initiative
Deutsche Steinkohle AG
2
E D I T O R I A L
Liebe Leserinnen
und Leser,
der Bergbau und die Region: Wir stehen
Seite an Seite. Die Region braucht die
Wertschöpfung, die der Bergbau bietet.
Diese Ausgabe des Durchblick liefert auf
eindrucksvolle Weise Beispiele dafür.
Und: Auch Energieversorgungssicherheit
spielt mehr denn je eine wichtige Rolle –
weltweit. Es geht um Ressourcen, die
knapp werden und so die Kosten in die
Höhe schnellen lassen. Wer hätte noch
vor kurzem gedacht, dass wir heute unsere Energie so teuer bezahlen müssen. Und
die Märkte reagieren sensibel. Kleinste
Veränderungen führen zu weiteren Preiserhöhungen. Große erst Recht. Dies hat
uns erneut die Katastrophe im Süden der
Vereinigten Staaten vor Augen geführt.
Dort befindet sich ein wichtiger Ölförderstandort der USA. Weltweit mussten
nationale Ölreserven angezapft werden,
um den Markt zu stabilisieren. Auch
Steinkohle ist ein wichtiger Baustein unserer Energieversorgung. Nur 15 Prozent
der Weltförderung werden gehandelt, 85
Prozent werden in den Förderländern
direkt eingesetzt. Und der weltweite Hunger nach Energie steigt weiter. Wir sollten
uns eine gewisse Sicherheit leisten: Deutsche Steinkohle ist jederzeit verfügbar
und preisstabil – auch in Zukunft.
Mit einem freundlichen Glückauf
Ihr
Bernd Tönjes
Vorstandsvorsitzender,
Deutsche Steinkohle AG
I M P R E S S U M
Herausgeber: Vorstand der Deutschen
Steinkohle AG, Shamrockring 1, 44623 Herne
Verantwortlich: Bereich Kommunikation,
Udo Kath
Redaktion: Kerstin Löhmann, kl
kerstin.loehmann@deutsche-steinkohle.de
Layout: KOLLOSS, Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, 44649 Herne
Druck: Heining & Müller GmbH,
Lahnstraße 30, 45478 Mülheim/Ruhr
In der Region verwurzelt
„Partner vor Ort“
Im 19. Jahrhundert kannte man das
Wort „Standortfaktor“ noch nicht –
gleichwohl: Die Kohle war es. Sie sorgte für den Wohlstand von Städten und
Dörfern, war Lebensmittelpunkt der
Menschen und Garant für Lebensqualität. Und heute? Nach wie vor ist der
Bergbau ein wichtiger Standortfaktor,
wesentlich für die Wertschöpfung in
der Region – und ein verlässlicher Partner vor Ort.
Rund 38.500 Menschen (Stand Dezember 2004) – hoch qualifiziert und motiviert – beschäftigt die DSK über und
unter Tage. Inklusive der Zulieferer
sind es sogar 100.000 Arbeitsplätze, die
mit der Steinkohle verbunden sind.
Verbunden im wahrsten Sinn des Wortes: Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten in der zweiten und dritten Generation im Bergbau, mit vielen
Zulieferern verbinden die DSK langjährige, beinahe traditionelle Geschäftsbeziehungen. Die Bergwerke
sind dabei verwurzelt mit einer Region,
der sie sich verpflichtet fühlen – ein
Wechselspiel von Politik und Wirtschaft, von Land und Leuten.
Partner in Kamp-Lintfort.
Im Wappen sind die charakteristischen und historisch wichtigen Elemente der Stadt am Niederrhein vereint – und dazu gehören auch
Schlägel und Hammer als Sinnbild
des Steinkohlenbergbaus. KampLintfort ist Standort des Bergwerks
West – Arbeitgeber für 3.700 Menschen, 400 Ausbildungsplätze hängen am Bergwerk. Mehr als 1.200
DSK-Mitarbeiter leben auch direkt
in der Stadt. „Zur Bewältigung des
Strukturwandels können wir auf den
Bergbau nicht verzichten“, erklärt
Bürgermeister Dr. Christoph Landscheidt. „Das Bergwerk West ist für
Dr. Christoph Landscheidt,
Bürgermeister Kamp-Lintfort
uns aber nicht nur ein wichtiger
Wirtschaftsfaktor: Es ist zum Ausgangspunkt für unseren Kulturpfad
zum weithin bekannten Kloster
Kamp geworden und besitzt damit
auch eine kulturelle und touristische
Bedeutung.“
DSK-Standorte: Aktiv an Ruhr und Saar
Partner in Lünen.
Hans Wilhelm Stodollick,
Bürgermeister Lünen
Die größte Stadt im Kreis Unna
besitzt eine 100-jährige Bergbautradition: „Der Bergbau hat die
Stadt mit entwickelt, und er tut es
noch heute“, sagt Bürgermeister
Hans Wilhelm Stodollick. Zwar
wurde die letzte Schachtanlage
1992 geschlossen, doch in Lünen
leben heute noch rund 1.000 DSKMitarbeiter, die an anderen Standorten tätig sind. Und: Lünen ist
durch die DBT mit 1.100 Beschäftigten Zentrum weltweit nachgefragter Bergbautechnologie. „Vor
diesem Hintergrund ist es mir
wichtig, dass notwendige Anpassungen planbar erfolgen“, so Bürgermeister Stodollick. „Ich bin
überzeugt, dass wir Schachtanlagen
brauchen, um innovative Bergbautechnik, die wir in alle Welt verkaufen, vor Ort zu erproben.“
3
Städte stützen Steinkohle
Hand in Hand
für den Bergbau
Ob im Ruhrgebiet oder an der Saar:
Die Städte und Gemeinden sind sich
der Bedeutung der Bergwerke vor Ort
bewusst. Zahlreiche Kommunalparlamente und Kreistage haben in den vergangenen Wochen Resolutionen zur
Unterstützung des Steinkohlenbergbaus verabschiedet.
Sie sprechen sich darin für den Erhalt
des Bergbaus aus, wehren sich gegen
einen Totalausstieg oder fordern einen
„Strukturwandel ohne Brüche“. Solche
Forderungen kennen keine Parteigrenzen. Viele der Resolutionen wurden
parteiübergreifend und einstimmig
angenommen. Für den Bergbau gibt es
dabei viele Argumente: „Das Bergwerk
Ost ist für die Region Unna/Hamm
nach wie vor einer der bedeutendsten
Arbeitgeber mit fast 3.400 Beschäftigten, zusätzlich sichert es 4.000 Arbeitsplätze im Umfeld“, heißt es in der
Resolution des Kreises Unna, der zum
Einzugsgebiet des Bergwerks Hamm
gehört. In Bergkamen im Kreis Unna
nennen die Politiker weitere Zahlen:
Hier rechnet man, so steht es in der
Resolution, mit einer Arbeitslosenquote von 25 Prozent, sollte der Bergbau
gehen müssen: „Das ist für die Stadt
Bergkamen nicht zu schultern, ein
Strukturbruch ist in diesem Fall unver-
meidbar.“
Deshalb
sei die Politik gefordert,
mit den Handelnden „gerade in
diesen schwierigen Zeiten an einem Strang zu ziehen und sich gemeinsam um die bestmöglichen Lösungen zu bemühen“,
fordert der Rat der Stadt Hamm.
Nicht allein der Wirtschaftsfaktor Kohle ist für die Politik ausschlaggebend:
Die Steinkohle gilt vielen auch als
wichtige Basis zur Gewährleistung der
nationalen
Energieversorgung. „Einen
Totalausstieg aus dem deutschen Steinkohlenbergbau darf es
angesichts der wirtschaftlichen und
politischen Unsicherheiten des internationalen Energiemarktes nicht
geben“, heißt es beispielsweise in der
Resolution der Stadt Gladbeck.
Stimmen aus der Region
„Hamm
ist
eine Bergbaustadt durch
und durch.
Wir stehen zu
unserer Vergangenheit
und wollen
eine Zukunft
mit dem Bergbau!
Viele
Hammer Bürger sind im Bergbau
beschäftigt oder arbeiten für Zulieferer.
Der Wegfall der Arbeits- und Ausbildungsplätze hätte katastrophale Auswirkungen auf den regionalen Arbeitsmarkt und somit schwerwiegende
Folgen für die gesamte Region. Ich hoffe, dass durch die Erschließung des Feldes Donar die Arbeitsplätze langfristig
gesichert werden.“
Oberbürgermeister
Thomas Hunsteger-Petermann, Hamm
„Die
Stadt
Gladbeck hat
eine jahrzehntelange Tradition als Bergbaustandort.
Heute gibt es
in Gladbeck
zwar
keine
fördernden
Schachtanlagen mehr. Dennoch sind etwa knapp
1.000 Menschen aus der Stadt in
Schachtanlagen
der
Umgebung
beschäftigt. Deshalb gilt: Die Stadt
Gladbeck steht auch künftig uneingeschränkt an der Seite der Bergleute und
des Bergbaus in unserer Region, wir
brauchen die Arbeits- und Ausbildungsplätze im Bergbau.“
Bürgermeister
Ulrich Roland, Gladbeck
„Mehr als 6.000
Beschäftigte finden Arbeit und
gesichertes Einkommen in den
Bottroper Bergbaubetrieben.
Die enge Verzahnung von Kohlengewinnung,
Koksproduktion
und Kohlenveredelung steigert die vorhandene Wertschöpfungskette und
sichert die Wirtschaftlichkeit der
Betriebe. Und: Deutschland ist Weltmarktführer auf dem Gebiet der Bergbautechnik. Die kann aber nicht im
Laborversuch entwickelt werden, dazu
bedarf es produzierender Bergbaubetriebe.“
Oberbürgermeister
Peter Noetzel, Bottrop
„Die Absage der neuen Landesregierung an den Steinkohlenbergbau darf
nicht mit dem Ausverkauf des Reviers
enden. Die Kumpel leben heute
nicht mehr nur
im Schatten der
Zechentürme,
sondern in der
Nachbarschaft
wie dem Kreis
Unna. Betriebsbedingte Kündigungen bedeuten
nicht nur Tausende von Arbeitslosen,
sondern auch einen Verlust an Kaufkraft in unserer Region von rund 50
Millionen Euro.“
Landrat Michael Makiolla,
Kreis Unna
„Auch wenn der
Anteil der Importkohle in den
letzten Jahren
drastisch angestiegen ist, erfüllt die deutsche Steinkohle
immer noch eine
bedeutende Aufgabe zur Versorgungsabsicherung der heimischen
Energiewirtschaft. Da die Bundesregierung den Ausstieg aus der Atomenergie
beschlossen hat, wird es zwangsläufig
zu einem erhöhten Anteil der Kohle
am Energiemix kommen. Für Duisburg hat das den erfreulichen Effekt,
dass die STEAG bereits den Bau eines
neuen Kohlekraftwerkes in DuisburgWalsum eingeleitet hat. Die DSK ist
nach wie vor einer der größten Arbeitgeber und Ausbilder in Duisburg. Wir
werden enorme Anstrengungen unternehmen müssen, um den Wegfall der
Ausbildungsplätze bei Schließung des
Bergwerks Walsum zu kompensieren.“
Oberbürgermeister
Adolf Sauerland, Duisburg
„Der Bergbau hat
in Ibbenbüren eine
gute
Zukunftsperspektive:
Aktuell werden
hier gerade Probebohrungen für ein
neues Feld vorgenommen. Hinzu
kommt, dass der
größte Teil der Kohle im Kraftwerk
nebenan verstromt wird. Natürlich ist
unsere Zuversicht angesichts der
aktuellen Diskussion nicht ganz ungetrübt. Aber vor Ort stehen wir hinter
der Zeche. Gemeinsinn und Rückhalt
sind groß – auch weil die meisten
Kumpel in unserer Stadt zuhause sind,
bodenständige Menschen mit einer
hohen Motivation und einer qualifizierten Ausbildung. – Die DSK ist uns
als Arbeitgeber, als Ausbilder wie auch
als Gestalter städtischer Strukturen
wichtig.”
Bürgermeister
Heinz Steingröver, Ibbenbüren
4
„Wir müssen den Prozess planbar machen“
WA N D E L mit
dem B E R G BAU
Wirtschaftswachstum und sichere
Arbeitsplätze gibt es für die Wirtschaftsförderer und Kammern, Arbeitsagentur oder Gewerkschaft – in Nordrhein-Westfalen wie an der Saar – nur
mit dem Bergbau.
sozialabgabenpflichtige Arbeitsverhältnisse als vor 20 Jahren“, sagt HansPeter Kaiser, Vorstand der wir 4 Wirtschaftsförderung, in der sich die
genannten Städte zusammengeschlossen haben, um neue Unternehmen in
der Region anzusiedeln. Allerdings: In
der derzeitigen schwierigen konjunkturellen Lage wäre der Erfolg nicht
wiederholbar – Hans-Peter Kaiser: „Ein
langfristiger Prozess ist die einzige
beherrschbare Lösung.“
Das zeigt sich auch im Saarland: „Von
früher einmal 68.000 Arbeitsplätzen
im Bergbau sind noch 7500 geblieben.
Jeder, der einen „Auslaufbergbau“ fordert, handelt deshalb leichtfertig –
nicht nur für die unmittelbar betroffe-
Hans-Peter Kaiser, Vorstand der wir 4
Wirtschaftsförderung
In den vergangenen 20 Jahren wurden
in Moers, Kamp-Lintfort, NeukirchenVluyn und Rheinberg am Niederrhein
16.000 Arbeitsplätze im Bergbau abgebaut – rein statistisch gesehen wären
das rund die Hälfte der Einwohner der
Stadt Rheinberg. „Diesen Rückgang
haben wir nur verkraftet, weil wir uns
frühzeitig darauf einstellen und entsprechend vorsorgen konnten: Heute
verzeichnet die Region nicht weniger
Quelle GVSt
Horst Backes, Hauptgeschäftsführer
der Arbeitskammer des Saarlandes
nen Bergleute. Eine schnelle Schließung auch des letzten verbliebenen
Bergwerks würde die Arbeitslosigkeit
im Saarland explosionsartig ansteigen
lassen. Der mühsam erreichte sozialverträgliche Strukturwandel wäre dann
nicht mehr zu bewältigen“, meint
Horst Backes, Hauptgeschäftsführer
der Arbeitskammer des Saarlandes,
und verweist auf einen weiteren
Aspekt: „Ein weiterer Rückgang ist
auch angesichts der weltweiten Unsicherheit auf den Energiemärkten nicht
zu verantworten: Die saarländischen
Kraftwerke und die Stahlindustrie sind
auf eine zuverlässige Belieferung mit
Kohle und Koks angewiesen.“
Sichere Energie, sichere Arbeitsplätze:
Dafür plädieren auch die Gewerkschaften. „Wir brauchen einen energiepolitischen Diskurs darüber, wie heimische
Energiequellen und damit der Industriestandort Deutschland erhalten werden können“, sagt Michael Sommer,
Chef des Deutschen Gewerkschaftsbundes, und Hubertus Schmoldt, Vorsitzender der Industriegewerkschaft
Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE)
ergänzt: „Der kurzfristige Verlust von
Arbeits- und Ausbildungsplätzen würde die Arbeitslosigkeit in den Revieren
explosionsartig ansteigen lassen. Der
mühsam erreichte sozialverträgliche
Strukturwandel wäre nicht mehr zu
halten. Es droht ein katastrophaler
Strukturbruch.“ Die IG BCE macht
sich vor Ort stark für den Erhalt des
Hubertus Schmoldt, Vorsitzender der
Industriegewerkschaft Bergbau,
Chemie, Energie
Bergbaus: So sammelten beispielsweise
Vertrauensleute der Gewerkschaft im
Sommer gemeinsam mit der DSKBelegschaft mehr als 37.000 Unterschriften für die Bergbauregion Ibbenbüren im Tecklenburger Land.
Michael Sommer, Vorsitzender des
Deutschen Gewerkschaftsbundes
Zurück zum Niederrhein: Im Juli
waren im Bezirk der Agentur für Arbeit
Wesel (Kreise Wesel und Kleve) 35 700
Männer und Frauen arbeitslos gemeldet; mehr als 40 Prozent davon sind
Langzeitarbeitslose. „Ein möglicher
weiterer Anstieg der Arbeitslosigkeit
wird die Menschen, die Kommunen
und das soziale Gefüge massiv belasten. Der behutsame Strukturwandel –
vorbereitet und durchdacht – könnte
Probleme abfedern“, so Diplom-Ökonom Karl-Dieter Stöckmann, Chef der
Agentur für Arbeit Wesel.
Karl-Dieter Stöckmann,
Chef der Agentur für Arbeit Wesel
Die Nachbarschaftszeitung
5
Der Bergbau in der Region
Verantwortung übernehmen
Der Bergbau gehört mit seiner
Wirtschaftlichkeit aus dem Auge zu
verlieren“, sagt der frühere Baudezernent und Stadtdirektor. „Würde der
Bergbau in der Region abgewickelt,
bedeutet das technischen Rückschritt
und führt direkt und indirekt zu finanziellen Einbußen bei großen Teilen der
Bevölkerung.“
ganzen Vielfalt zum Leben der
Menschen vor Ort – wie die folgenden Statements zeigen.
Bergbau & Natur.
Für Michael Drescher, Vorsitzender des
Naturschutzbunds
Deutschland
(NABU) im nordrhein-westfälischen
Dorsten, ist ein kontrollierter Strukturwandel ein Garant dafür, dass auch mit
Umweltthemen verantwortungsvoll
umgegangen wird: „Wir haben bislang
positive Erfahrungen gemacht: Mit der
DSK verbindet uns in Umweltbelangen, z. B. bei der Haldengestaltung
oder Pflegekonzepten, eine gute Partnerschaft.“
Michael Drescher, Vorsitzender
des Naturschutzbunds Deutschland
(NABU), Dorsten
Bergbau & Gesellschaft.
Wolfgang Kerak,
Vorsitzender der Verbandsversammlung des Regionalverbands Ruhr,
Essen
Klaus Neugebauer,
Vorstandsvorsitzender
der Sparkasse Bottrop
die Lebenssituation der Menschen auswirken können.“
Bergbau & Geschichte.
Bergbau & Wirtschaft.
Seit 1979 fördert die „Historische
Gesellschaft Bottrop e.V.“ die wissenschaftliche Erforschung von Stadt und
Umgebung. Die Mitglieder setzen sich
unter anderem für den Erhalt bedeutsamer Baudenkmäler wie dem „Malakoffturm“ der Zeche Prosper ein. Norbert
Wallmann,
Mitglied
der
Historischen Gesellschaft, betrachtet
den Strukturwandel nicht nur aus
geschichtlichem Interesse: „Der Bergbau war und ist wesentlicher Teil der
Prosperität der gesamten Region. Wir
müssen weiterhin Kohle fördern um
technische Standards zu erhalten und
neue zu entwickeln, ohne dabei die
„Die weiteren Stilllegungen am Niederrhein bedeuten den Verlust mehrerer
hundert Ausbildungsplätze. Ein Ausgleich wird trotz erster Erfolge nicht
leicht“, beschreibt Dr. Stefan Dietzfelbinger, Hauptgeschäftsführer der Niederrheinischen Industrie- und Handelskammer
Duisburg-Wesel-Kleve, die Situation.
„Genauso wenig ist der Wegfall Tausender
Arbeitsplätze mittelfristig zu kompensieren. Gleichwohl ist es wirtschaftlich nicht
sinnvoll, den Bergbau dauerhaft öffentlich zu subventionieren. Wir alle müssen
den Strukturwandel gestalten und insbesondere auch den Dienstleistungsbereich
voranbringen. Dazu zählt der Ausbau der
Logistikregion Niederrhein, den die IHK
weiter forcieren wird.“
Bergbau & Kommunen.
„Kraft meines Amtes kenne ich viele
Vertreter der Bergbauregionen”, sagt
Wolfgang Kerak, Vorsitzender der Verbandsversammlung des Regionalverbands Ruhr. „Insofern kenne ich auch
die Sorgen. Immer noch profitieren
viele Kommunen vom Bergbau: Der
Bergbau bezahlt Steuern, der Bergbau
liefert Kaufkraft. Viele Unternehmen
sind abhängig von den DSK-Betrieben. Mancherorts ist der Bergbau
immer noch größter Arbeitgeber und
bietet hoch qualifizierte Arbeitsplätze –
von denen wir nicht genug haben.
Zugleich sichert der Bergbau unsere
Rohstoff- und Energieversorgung. Wir
sollten froh sein, dass wir ihn haben.“
Manfred Ludes vom Rotary Club in
Dorsten betrachtet die aktuelle Diskussion um den Bergbau mit großer Sorge: „Hier wird zu kurzfristig gedacht
und nur auf das vordergründig wirtschaftlich Sinnvolle geachtet. Fossile
Brennstoffe werden knapper, und wir
müssen uns ein eigenes Standbein in
punkto Energie erhalten“, erinnert er
an die energiepolitische wie die gesell-
Manfred Ludes, Rotary Club, Dorsten
schaftliche Verantwortung. „Der Staat
leistet es sich, immer mehr Menschen
frühzeitig aufs Altenteil zu schieben
und damit die Sozialkassen zu belasten. Für den Einzelnen ist das Gefühl,
nicht mehr gebraucht zu werden, frustierend – für die Allgemeinheit ist es
eine erhebliche finanzielle und strukturelle Belastung.“
Bergbau & Banken.
Norbert Wallmann,
Historische Gesellschaft, Bottrop
„Mein Vater hat selbst auf Prosper gearbeitet, ich fühle mich dem Bergbau
also auch persönlich verbunden“,
erzählt Klaus Neugebauer, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Bottrop.
„Wir zählen natürlich auch viele Bergleute zu unseren Kunden. Deshalb wissen wir, wie schwerwiegend sich kurzfristige Veränderungen der Arbeits- auf
Dr. Stefan Dietzfelbinger,
Hauptgeschäftsführer der
Niederrheinischen IHK,
Duisburg-Wesel-Kleve
6
Wo die Kohle
der beste Kunde ist
Viele Einzelhändler an Ruhr und Saar blicken derzeit in eine ungewisse Zukunft: Rund 38.500 Mitarbeiter arbeiteten 2004 für die DSK. Rund 900
Millionen Euro beträgt ihre geschätzte Netto-Kaufkraft. Schon heute kämpft der Handel, leidet – bedingt durch die konjunkturelle Situation – unter
stagnierenden oder rückläufigen Umsätzen.
Harald Jobst, Vorsitzender
der Werbegemeinschaft Walsum
Kaufkraft für den Handel
Der Handel lebt und profitiert
von der Kaufkraft der DSK-Mitarbeiter – hier die geschätzten Zahlen bezogen auf die Wohnorte
(Stand 2004):
Bergkamen
Bottrop
Dinslaken
Duisburg
Ensdorf
Essen
Friedrichsthal
Gelsenkirchen
Gladbeck
Grossrosseln
Hamm
Herne
Herten
Ibbenbüren
Kamp-Lintfort
Lünen
Marl
Recklinghausen
Saarbrücken
Sulzbach
23,1 Mio. Euro
42,8 Mio. Euro
23,8 Mio. Euro
42,9 Mio. Euro
1,7 Mio. Euro
20,7 Mio. Euro
4,0 Mio. Euro
50,8 Mio. Euro
16,8Mio. Euro
5,1 Mio. Euro
37,2 Mio. Euro
21,4 Mio. Euro
24,3 Mio. Euro
27,0 Mio. Euro
29,0 Mio. Euro
21,6 Mio. Euro
40,8 Mio. Euro
29,6 Mio. Euro
12,7 Mio. Euro
5,2 Mio. Euro
Die Zukunft wird ohnehin eher skeptisch beurteilt, so eine Umfrage der
Industrie- und Handelskammern im
Ruhrgebiet. „Der Strukturwandel der
vergangenen Jahre hat die Region
bereits vor große Herausforderungen
gestellt“, erklärt Gastronom Harald
Jobst, Vorsitzender der Werbegemeinschaft Walsum. In Duisburg und am
Niederrhein betreibt die DSK gleich
drei Bergwerke: Lohberg wird Anfang
2006 stillgelegt, betriebsbedingte Kündigungen konnten hier vermieden werden. Trotzdem: „Alle haben Angst,
dass weitere Betriebe dichtmachen
müssen. Selbst, wenn noch keine Entlassungen unmittelbar bevorstehen,
merkt man als Gewerbetreibender, dass
die Menschen ihr Geld zusammenhalten.“
bemerken bereits heute, dass die Menschen sparsamer sind: So gehen die
Umsätze mit Sprit zurück, aber auch
die des Tankstellen-Shops. Der eine
verkneift sich den Wochenendausflug
mit dem Wagen, der andere bringt sich
seinen Proviant doch lieber von zu
hause mit.“
Städte drohen auszubluten
Benno Meyer,
Tankstelle Mayer, Ibbenbüren
anderen Straßenseite. Heute ist Kipfstuhl in der nächsten Generation ganz
Arbeitsplätze in Gefahr
offiziell Lieferant unter anderem der
Für Hans Kipfstuhl, Inhaber des Vitus Zeche Prosper. „Für unseren Betrieb
Grills in Gelsenkirchen-Resse, ist der mit seinen 50 Mitarbeiterinnen und
Bergbau mehr als ein Kunde – er ist ein Mitarbeitern und auch für die gesamte
Stück Familiengeschichte: Sein Schwie- Region wäre die Schließung der Zeche
gervater, ein gestandener Metzger, eine Katastrophe“, sagt Hans Kipfmachte in den 50er Jahren aus der Not stuhl.
eine Tugend. Als ihm ein Kunde mit In Ibbenbüren hat Benno Meyer von
einem Großauftrag für gebratene der Tankstelle Meyer sogar schon eine
Schnitzel und Frikadellen absprang, freudlose Rechnung aufgemacht: „Eine
verkaufte er das Fleisch kurzerhand an Zechenschließung würde bei uns acht
einer improvisierten Theke an die Arbeitsplätze in Gefahr bringen“, so
Bergleute der Zeche Ewald auf der Meyer. Tankstelle und Shop liegen nur
200 Meter von
der Zeche entfernt, die DSKMitarbeiter sind
Stammgäste,
kommen nicht
nur zum Tanken,
sondern
auch vor oder
nach
der
Schicht, um sich
mit etwas zu
essen, zu trinken
oder einer Zeitung zu versorgen.
Benno
Hans Kipfstuhl, Vitus Grill, Gelsenkirchen-Resse
Meyer:
„Wir
Ob in Hamm oder Ibbenbüren, ob im
Ruhrgebiet oder am Niederrhein: Die
Einzelhändler sind nah dran an den
Menschen, fühlen sich dem Bergbau
verpflichtet: „Unser Schuhgeschäft
befindet sich seit 1912 hier am Ort.
Meine Großeltern gründeten es, als die
Zeche Westerholt abgeteuft wurde und
immer mehr arbeitssuchende Menschen hierher zogen. Seidem ist nicht
nur unser Geschäft, sondern die ganze
Wirtschaft dieses Ortes sehr stark mit
dem Bergbau verwachsen“, erzählt
Werner Schnieders vom Schuhgeschäft
Schnieders in Westerholt, einem Stadtteil von Herten. „Bei weiteren Zechenstilllegungen befürchten wir einen wirtschaftlichen Kollaps dieser Region,
weil die vielen wegfallenden Arbeitsplätze durch andere Betriebe nicht aufgefangen werden können.“ Das spürt
auch Apotheker Eugen Böger, Inhaber
der Glückauf Apotheke in Hamm.
Sein Vater gründete sie Anfang der
Eugen Böger, Inhaber der
Glückauf Apotheke, Hamm
Die Nachbarschaftszeitung
7
30er Jahre und die
Menschen, die im
Bergbau arbeiten,
und ihre Sorgen und
Nöte gehörten von
Anfang an zum Alltag. „Die meisten
Unternehmer hier in
der Region sind vom
Bergbau abhängig.
Wenn das Bergwerk
geschlossen würde,
bräche ein bedeutender Wirtschaftsfaktor einfach weg. Das
wäre nur schwer zu
verkraften.“ Ähnlich
sieht das Optiker
Peter Hoppe aus Peter Hoppe, Optiker, Duisburg-Walsum
Duisburg-Walsum:
„Als Geschäftsmann
bin ich grundsätzlich für den Abbau wurden, müssen eingehalten werden.“
von Subventionen. Aber ich denke Bis ins Baugewerbe schlägt die Kaufzuauch, dass wir auf die heimische Stein- rückhaltung der Menschen durch:
kohle nicht verzichten sollten. Eine „Unser Unternehmen lebt von ReparaReduzierung des Bergbaus sollte sozial- turarbeiten, Sanierungen und Ausbauverträglich und langfristig angelegt ten an Eigenheimen. Vor allem die jünsein. Und: Verträge, die geschlossen geren Menschen, die heute im Bergbau
Stimmen aus der Region
„Zechen zu schließen, um so Geld zu
sparen, halte ich für eine Milchmädchenrechnung. Denn man sollte beim
Subventionsabbau berücksichtigen,
wie viel Geld in die Volkswirtschaft
zurück fließt. Vom Bergbau hängen
neben den Bergleuten Tausende von
Arbeitsplätzen in der Region ab – in
Handel, Gewerbe und Dienstleistung.
Außerdem verkaufen wir Bergbautechnik ins Ausland – da braucht der Bergbau Vorzeigekunden im Inland.“
Rainer Namockel,
Finkenapotheke, Marl
„Unser Supermarkt liegt mitten in
einer Bergarbeitersiedlung. Die meis-
ten unserer Kunden sind vom Bergbau
abhängig – und wir damit auch. Ein
übereilter Ausstieg aus der Steinkohle
würde daher auch die Arbeitsplätze
meiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gefährden. Wenn ein Ausstieg
unbedingt sein muss, dann muss er
langsam und sozialverträglich ablaufen.“
Dennis Koehne, Geschäftsführer
REWE Center, Marl
„Wir bemerken bereits heute einen
deutlichen Umsatzrückgang. Viele
unserer Kunden leben vom Bergbau.
Darunter auch Zulieferer und Zechenbesucher, die uns als ersten Rastpunkt
nach der Autobahn besuchen. Viele
kennt man persönlich, und man
bekommt die Ängste mit, mit denen
sie sich herumschlagen. Auch wir schlafen deswegen schlechter.“
Petra Janta,
Metzgerei Janta, Hamm
arbeiten, haben Angst um ihre Existenz und schieben Ausgaben auf. Das
merken alle Baufirmen in der Umgebung, auch wir“, stellt Bauunternehmer Josef Steinbuß aus Bergkamen
fest. In der 50.000-Einwohner-Stadt im
Einzugsbereich des Bergwerks Hamm
leben fast 1.000 Beschäftigte der DSK
und ihre Familien.
Nicht nur die Sorge um den persönlichen Umsatz ist es, die den Handel
derzeit umtreibt: Der Bergbau ist
Motor für lebendige Innenstädte und
prägt die Identität der Region. Gastronom Harald Jobst stammt selbst aus
einer Bergarbeiterfamilie: „Als Vorsitzender der Werbegemeinschaft Walsum weiß ich, dass wir heute mehr
denn je rechnen müssen. Aber es geht
hier nicht nur um Geld, sondern auch
um ein Stück Kultur.“ Bernhard Eichhof, Geschäftsführer der Werbegemeinschaft Kamp-Lintfort, empfindet
das auch: „Ich bin in Kamp-Lintfort
groß geworden. Die Existenz der ganzen Stadt hängt an der Zeche mit ihren
rund 3.500 Arbeitsplätzen. Gehen die
Josef Steinbuß, Bauunternehmer,
Bergkamen
verloren, drohen große soziale Probleme, das Einkaufsverhalten der Menschen würde noch vorsichtiger – und
die Kultur der Region würde sich massiv verändern.“
Sorge auch an der Saar
Der Einzelhandel an
der Saar teilt die
Befürchtungen aus
Nordrhein-Westfalen.
Eine aktuelle Umfrage
des Landesverbandes
Einzelhandel
und
Dienstleistung e.V.
belegt: 23,5 Prozent
der Kaufleute erwarten für 2005 einen
weiteren Umsatzrückgang. Ein jähes Ende
des Bergbaus hätte
gravierende Folgen. „In der Region
fehlen einfach die Alternativen, um
kurzfristig neue Umsätze der heutigen Größenordnung zu generieren“,
sagt Patrick Port, Inhaber der traditionsreichen Bäckerei Port in Elm,
der unter anderem die Kantine des
Bergwerks beliefert.
Deshalb plädiert auch Martin Seiwert vom Elektrogroßhandel Seiwert
in Heusweiler-Illingen für langfristige und nachhaltige Planungen: „ Früher waren die Saarbergwerke, die
heute zur DSK gehören, unser bei
weitem größter Kunde und daher
auch kaum zu ersetzen. Das hat sich
durch den Strukturwandel im Laufe
der Jahre bereits erheblich relativiert.
Dennoch zählt die DSK auch heute
noch zu unseren wichtigsten Kunden. Wenn die Steinkohleförderung
hier auslaufen sollte, wären auch
Arbeitsplätze in unserem Haus
gefährdet.“
8
NRW-Kirchenvertreter machen sich stark für den Bergbau
Eine klare Perspektive
Er schweißt die Menschen zusammen
– quer durch alle Religionen und
Nationalitäten: Die integrative Kraft
des Bergbaus ist hoch. Die Kirchen
sind traditionell eng mit dem Bergbau
und seinen Menschen verbunden; die
Pfarrer wissen aus ihrer täglichen
Arbeit in den Kirchengemeinden, was
die Menschen bewegt – und sorgen
sich um die sozialen Folgen eines möglichen Ausstiegs aus der Steinkohleförderung.
Mit dem Bergbau würde NordrheinWestfalen einen großen Teil seines
Identifikationspotentzials verlieren. Insbesondere in den klassischen Kohlerevieren des Landes an der Ruhr ist man
bis heute stolz auf seine „Malocher“,
die mit harter Arbeit den Wohlstand
ihrer Heimat genährt haben und bis
heute nähren. Mit dem Rückzug des
Bergbaus ist dieses soziale Gefüge aller-
dings aus dem Gleichgewicht geraten.
Sichtbarer Ausdruck: In den traditionellen Bergarbeitersiedlungen wohnen
schon längst nicht mehr so viele Bergleute wie einst. Das beobachtet Abt
Albert der Duisburger Abtei Hamborn
im Rahmen seiner seelsorgerischen
Arbeit seit vielen Jahren: „Herrschte in
Siedlungen einer Schachtanlage früher
fast ein familiärer Geist, Ausdruck des
hohen Identifikationsgrades mit dem
Betrieb, ist davon heute kaum noch
die Rede – bis in die Arbeit unter Tage
hinein, in der durch permanente Veränderungen im Personalbestand und –
durch die Zukunftsunsicherheiten –
dieser Zusammenhalt, dieses Zusammengehörigkeitsgefühl beinahe
verschwunden ist“, ist Abt Alberts Eindruck.
Ein weiterer Ausstieg aus der Steinkohleförderung dürfte die Situation für die
Menschen noch schwieriger machen,
bedroht er sie doch in ihrer Existenzgrundlage. „Gerade hier in der strukturschwachen Region des Duisburger
Nordens ist es nicht sehr einfach. Das
Problem eines drohenden sozialen
Abstiegs dieser Region dürfte sich weiter verschärfen, da kaum mit einer entsprechenden Zahl angemessener
Ersatzarbeitsplätze in der Umgebung
zu rechnen wäre“, ist sich Abt Albert
sicher.
Auch Nikolaus Schneider, Präses der
evangelischen Kirche im Rheinland,
fordert eine Perspektive für die Bergleute: „Der Bergbau ist immer noch
eine belastende körperliche Arbeit und
die Hochtechnologie, die heute dort
zum Einsatz kommt, fordert die Menschen sehr in ihrer Eigenverantwortlichkeit. Vor diesem Hintergrund verdienen die Bergleute eine klare
Perspektive. Sie verlangen zu Recht,
dass sie von der Politik belastbare Rahmenbedingungen zur Verfügung
gestellt bekommen.“
Weihbischof Franz Grave vom Bistum
Essen geht es um die Verlässlichkeit
politischer Aussagen. „Ein Grundsatz”,
so Grave, „gilt unumstößlich: pacta
sunt servanda. Frei übersetzt heißt das
in unserem Zusammenhang: Vereinbarungen haben auch im politischen
Bereich ihre uneingeschränkte Geltung
und können im Übrigen auch nur so
bei den Beteiligten Vertrauen schaffen.
Ein „Zickzack-Kurs“ oder Ungenauigkeit und das Spielen mit der Zeit schaffen nicht nur Unberechenbarkeit in
den Terminkalendern. Sie führen
zwangsläufig zur Irritation bei den
Beteiligten. Für die Kohle braucht es
eine Botschaft, die berechenbar und
verlässlich ist.“
Stimmen von NRW-Kirchenvertretern
rung ihr Ziel, den Bergbau
zurückzufahren, sozialverträglich umsetzen will, ohne die
Menschen ins Elend zu stürzen.
Das gilt für die Bergleute wie
auch für die vielen Menschen,
die in der Zulieferindustrie
beschäftigt sind.”
Roland Wanke, Pfarrer in der
ev. Stadt-Kirchengemeinde
Marl, Bezirk Pauluskirche
„Die evangelische Pauluskirche in
Marl-Hüls ist schon seit ihrer Gründung eng mit dem Bergbau verbunden. Man könnte auch sagen, dass der
Bergbau, der hier seit über 90 Jahren
betrieben wird, viele Menschen in dieses Gebiet geführt hat, was dann wiederum die Entstehung dieser Gemeinde
beeinflusste. Die Kirche hat sich
immer wieder solidarisch mit
den Bergleuten gezeigt. Seit
1997 gibt es in unserer Gemeinde Solidaritätsgottesdienste.
Das ist eine gute und immer
wieder neu gelebte Tradition,
die sehr eng gemeinsam mit
dem Bergwerk Auguste Victoria/Blumenthal mit Leben
gefüllt wird. Persönlich frage ich
mich, wie die neue Landesregie-
„Ein schneller Ausstieg aus der
Steinkohleförderung bedeutet ein
Ende des bisherigen sozialverträglich
gestalteten Rückbaus der Kohleförderung, für den sich auch die Kirchen in
den letzten Jahrzehnten vehement eingesetzt haben. Rund 30.000 Bergleute
sowie Tausende von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in der vor- und
nachgelagerten Industrie würden ihre
Arbeit verlieren und die jetzt schon
unerträglich hohe Zahl von Arbeitslosen zusätzlich in die Höhe treiben. Die
vermeintlich frei werdenden Subventionsgelder müssen dann zu großen
Teilen für die Finanzierung dieser
zusätzlichen Arbeitslosigkeit aufgewendet werden. Da dann auch die letzten Beitragzahlenden der Knappschaft
entfallen, müssen auch hier zusätzliche
Steuermittel zur Verfügung gestellt
werden, um sicher zu stellen, dass die
Knappschaft auch zukünftig ihren
Leistungsverpflichtungen nachkommen kann.”
Jürgen Klute, Sozialpfarrer
im Kirchenkreis Herne,
Reiner Schäfer, Sozialreferent,
Dr. Hans-Udo Schneider,
Sozialpfarrer im Kirchenkreis
Gladbeck – Bottrop – Dorsten
„Bergbau – das heißt für mich: Harte
Arbeit, enormes Know-how und imponierende Technik. Mit Bergbau verbinde ich Zechensiedlungen und Fußball,
Kameradschaft und Arbeiterkultur,
Traditionsbewusstsein und Zukunftsfähigkeit. Auch heute noch. Obwohl
hunderttausende Arbeitsplätze verloren gingen. Aber sozialverträglich! –
dank Mitbestimmung und sozialstaat-
licher Rahmenbedingungen. Dem
Bergbau weht ein rauer öffentlicher
Wind um die Nase, er wird als Subventionsempfänger und Naturzerstörer
zuweilen hart angegriffen. Dabei darf
nicht übersehen werden, welch hohe
Umweltauflagen bestehen, anders als
in vielen Ländern. Und die Subventionen kommen der gesamten Region
zugute. Ich fürchte, wir werden nach
der Schließung von Lohberg und Walsum zu spüren bekommen, was der
Bergbau als Arbeitgeber, Ausbilder und
Wirtschaftsfaktor für unsere Region
bedeutet und leistet.“
Jürgen Widera, Pfarrer, Kirchlicher
Dienst in der Arbeitswelt, Regionalstelle Duisburg-Niederrhein
Die Nachbarschaftszeitung
9
DSK-Azubis in NRW
„Man muss
langfristig planen“
Die Bergwerke in NRW setzen konsequent auf die qualifizierte Ausbildung
von Fach- und Führungskräften. Und
das mit gutem Grund: Denn nur erstklassig ausgebildeter Nachwuchs kann
einen leistungsstarken und lebensfähigen Steinkohlenbergbau sichern.
„Zum Stichtag 1. September 2005, bei
Beginn des neuen Ausbildungsjahres
sind in den NRW-Bergwerken insgesamt 2.629 Azubis (DSK gesamt 3.145)
beschäftigt“, erklärt Norbert Kokert,
Abteilungsleiter Ausbildung bei der
DSK, die aktuellen Zahlen. Wie in den
vergangenen Jahren werden in den
Regionen Ruhr, Saar und Ibbenbüren
850 neue Azubis eingestellt, damit ist
die DSK in diesen Regionen der größte
Ausbilder.
Wenn wir langfristig Bergbau betreiben
wollen, müssen wir die Ausbildung junger Leute für unsere Bergwerke konsequent fördern. „Wir brauchen eine junge, gut ausgebildete Mannschaft, die
die entstehenden Alterslücken schließt.
Nur so können wir den deutschen Bergbau auch in Zukunft betreiben“, so
Arbeitsdirektor Peter Schrimpf.
Die Situation
ist nicht einfach
Doch natürlich geht die unsichere Situation im Bergbau nicht spurlos an den
NRW-Bergwerken und ihren Auszubildenden vorbei. So mussten bereits alle
500 Azubis des Bergwerks Lohberg in
Dinslaken, das 2006 schließt, zum
Bergwerk Walsum in Duisburg wechseln. Und auch dort ist die Zukunft
ungewiss, denn die Stilllegung von
Walsum ist Mitte 2008 geplant. „Natürlich wollen wir unseren Azubis eine
Perspektive bieten. Deshalb tun wir
alles, um sie auf benachbarte Bergwerke, zum Beispiel dem Bergwerk West in
Kamp-Lintfort oder Prosper-Haniel in
Bottrop, unterzubringen. Dort werden
sie ihre Ausbildung zu Ende führen“,
berichtet Norbert Kokert aus seiner
langjährigen Erfahrung.
Und auch auf befristete Arbeitsverträge
muss die DSK verstärkt zurückgreifen.
„Liebend gerne würden wir die jungen
Leute unbefristet übernehmen, dies ist
jedoch stark abhängig von den energiepolitischen
Entscheidungen
der
Zukunft“, gibt Norbert Kokert zu
bedenken. „Wenn ich einem jungen
Familienvater seinen Arbeitsvertrag
nicht verlängern kann, tut mir das in
der Seele weh.“ Immerhin gibt das
Instrument der Befristung der DSK die
Möglichkeit, kurzfristig auf Engpässe
zu reagieren, während die Auszubildenden einen zeitlichen Puffer haben, um
sich Alternativen zu suchen.
Auszubildende bei der DSK
Anzahl Auszubildende und Berufe (Stand: September 2005)
Gesamt 3.145
Sonstige Berufe 10
Chemie und Umwelt 16
Kaufmännische Berufe 76
Fachkraft Lagerwirtschaft
Fachkraft Lagerlogistik
Chemikant/in
Industriekaufmann/frau
Kaufmann/frau
für Bürokommunikation
Informatikkaufmann/frau
Betriebswirt/in
0,3%
0,5%
2,4%
41,4%
47%
8,4%
Maschinentechnik 1.307
Elektrotechnik 1.470
Bergtechnik 266
Energieelektroniker/in
Elektroniker f. Betriebstechnik (neu)
Mechatroniker/in
Bergmechaniker
Automobilmechaniker/in
KFZ-Mechatroniker/in
Industriemechaniker/in (neu)
Industriemechaniker/in
(Fachrichtung Betriebstechnik)
Teilezurichter
Konstruktionsmechaniker/in (neu)
Zerspanungsmechaniker/in
(2 Fachrichtungen)
Zerspanungsmechaniker/in (neu)
Die DSK bildet in 20 verschiedenen Berufen aus – in gewerblich-technischen
ebenso wie in kaufmännischen. Seit 1977 ist der Anteil der speziell bergtechnischen Berufe kontinuierlich zurückgegangen, heute liegt er nur noch bei
8,4 Prozent. Den Hauptanteil bilden heute elektrotechnische mit 47 Prozent
und maschinentechnische Berufe mit 41,4 Prozent.
Soziale und regionale
Verantwortung übernehmen
Und dass die Azubis der DSK Alternativen haben, dafür sorgt die erstklassige
Ausbildung. Längst werden die jungen
Leute nicht mehr nur als Bergleute ausgebildet, sondern verstärkt in gewerblich-technischen Zukunftsberufen, mit
denen sie auch in anderen Branchen
beste Chancen haben. Die jungen Leute wissen um die Qualität der Ausbildung bei der DSK, weshalb der „Run“
auf die Ausbildungsplätze sich weiter
erhöht hat. „Allein in diesem Jahr hatten wir 7.457 Bewerbungen für unsere
850 Arbeitsplätze“, resümiert Norbert
Kokert.
Brächen diese Ausbildungsplätze langfristig weg, wären viele junge Menschen
gleich zu Beginn ihrer beruflichen
Laufbahn einer vielversprechenden Perspektive beraubt. „Wir als traditionell
starker Ausbilder sehen uns da nicht
nur in einer unternehmerischen, sondern ganz besonders auch in einer sozialen und regionalen Verantwortung“,
macht Peter Schrimpf deutlich. „Die
Lehrstellensituation ist für Azubis hier
in Deutschland sowieso schon schwierig – bundesweit bilden nur noch 30
Prozent aller Betriebe aus – da müssen
wir alles in unserer Macht stehende
tun, um diese Situation nicht noch weiter zu verschlechtern.“
10
Nach der Ankündigung der
neuen nordrhein-westfälischen
Landesregierung, die Unterstützung für die Steinkohlenförderung bis 2010 um 750 Millionen
Euro vermindern zu wollen, geht
die Sorge um die wirtschaftliche
Basis und den geordneten
Strukturwandel in den Regionen
um. Eine Stichprobe bei den
Bergbauzulieferern im
Ruhr-Revier.
Ein Eickhoff-Walzenlader in Aktion
Zulieferer fürchten um
Aufträge und Arbeitsplätze
Der Steinkohlenbergbau ist ein sehr
wichtiger Wirtschaftsfaktor, für den es
keinen Ersatz gibt. Für über zwei Milliarden Euro vergibt die Deutsche Steinkohle AG (DSK) jährlich Aufträge an
andere Unternehmen. Grund genug,
bei den vor allem mittelständisch
geprägten Unternehmen der Bergbauzulieferer nachzufragen, wie sich ausbleibende Aufträge des Bergbaus auf
sie auswirkten.
Insgesamt 30 Mitarbeiter beschäftigt
der Dortmunder Stahldrahtseil-Hersteller Wadra. Rund ein Drittel der Produktion liefert das Traditionsunterneh-
men an die DSK. „Die DSK ist unser
wichtigster Kunde“, sagt Geschäftsleiter Markus Giese. Sie sichere als größter Abnehmer rund 20 Prozent aller
Arbeitsplätze am Standort in Dortmund-Wambel. Blieben die Aufträge
des Steinkohlenbergbaus aus, hätte
dies einen deutlichen Stellenplatzabbau zur Folge. Obwohl in Dortmund
längst kein Bergwerk mehr Kohle fördert, erhalten dortige Unternehmen
jährlich Aufträge durch die DSK in
Höhe von insgesamt über 120 Millionen Euro. Der Wadra-Geschäftsleitung
bereitet besondere Sorgen, dass im
Unternehmen ausschließlich angelernte Kräfte als Seiler arbeiten. „Sie hätten
auf dem Arbeitsmarkt einen schweren
Stand“, ist sich Giese sicher. Aktuelle
Zahlen der Dortmunder Agentur für
Arbeit bestätigen diese Einschätzung.
So lag die Arbeitslosenquote im Juni
stadtweit bei 18,1 Prozent und damit
noch 5,4 Prozentpunkte über dem
NRW-Landesdurchschnitt.
Zudem
würde bundesweit nur noch ein Bruchteil der offenen Stellen für ungelernte
Arbeitskräfte ausgeschrieben.
Nicht weit von Dortmund entfernt
macht sich Herbert Neumayer von der
Herbert Neumayer, Betriebschef
aggregatebau + industrieservice (b+i)
Die Nachbarschaftszeitung
11
Firma aggregatebau+industrieservice
(b+i) in Castrop-Rauxel Gedanken um
die Umstrukturierung. Seit rund 25 Jahren arbeitet er in der Bergbauzulieferindustrie. Die Marktlage kennt der Ingenieur aus dem Effeff. Für „mehr als
kurzsichtig“ hält Neumayer daher die
Pläne der Landesregierung, aus dem
Steinkohlenbergbau auszusteigen. Verheerende Folgen fürchtet er unter anderem für die Zulieferer. Zwar seien fast
alle betroffenen Unternehmen auf dem
Weg, sich neue Aufgabenfelder zu
erschließen. Doch eine Abhängigkeit
vom Bergbau bestehe nach wie vor.
„Wenn der Ausstieg jetzt so schnell passieren sollte, wie in der Politik diskutiert, wird die Zeit für sehr viele Zulieferer
nicht
ausreichen,
die
Umstrukturierung abzuschließen. Es
wird zu massenhaften Insolvenzen mit
den damit verbundenen Kosten für den
Staat kommen. Ob dann die gesparten
Subventionen ausreichen werden, um
all diese Kosten zu decken, bezweifle
ich sehr.“
Wie andere Unternehmen passte sich
auch b+i der veränderten Marktlage an.
Der Bergbauanteil des Produzenten von
Maschinen für den untertägigen Materialtransport sank von einst 100 auf jetzt
zirka 35 Prozent. Dennoch blieb die
Deutsche Steinkohle AG der größte
Einzelkunde des Unternehmens, das
mit 37 Beschäftigten nach eigenen
Angaben zu den größeren Arbeitgebern
in Castrop-Rauxel zählt. Rund ein Drittel des Gesamtumsatzes entfielen im
Jahr 2004 auf den Bergbau. „Ein Wegfall
der DSK-Aufträge würde eine Reduzierung der Arbeitsplätze um mindestens
10 bis 15 Mitarbeiter bedeuten“, sagt
Neumayer. Dies würde auch die Existenz der Firma bedrohen. Außerdem
stünden die Chancen der Castroper
b+i-Beschäftigten, neue Arbeitsplätze
zu finden, „außerordentlich schlecht“.
Neumayer: „Die Arbeitsmarktsituation
in der Region ist bereits jetzt sehr angespannt. Fast täglich erreichen uns
Bewerbungen.“
Im benachbarten Bochum beträgt die
Auftragssumme der DSK mehr als 175
Millionen Euro. Die ortsansässigen traditionellen Bergbauzulieferer sichern an
die 1000 Arbeitsplätze allein durch ihre
Arbeit für deutsche Steinkohlenbergwerke. Dazu gehört auch die Bochumer
Eisenhütte Heintzmann. Ohne Aufträge aus dem deutschen Steinkohlenbergbau stünden auch hier erheblich weniger Mitarbeiter an den Werkbänken.
Den größten Teil des Gesamtumsatzes
erwirtschaftet das Unternehmen mit
Bergbauprodukten. Davon entfallen 80
Prozent auf den deutschen Markt. „Das
Auftragsvolumen der DSK könnte
durch andere Märkte und Produkte
nicht voll kompensiert werden“, sagt
Geschäftsführer Rüdiger Oostenryck.
Für die 209 Beschäftigten der seit dem
Dr. Eckhard Ulrich Conrad,
Geschäftsführer des
Bergbaubereichs der Eickhoff
Maschinentechnik GmbH
Jahr 1851 bestehenden Firma bedeutete
dies betriebsbedingte Kündigungen und
Wegfall von Ausbildungsplätzen.
Oostenryck: „Unsere Mitarbeiter hätten
nur geringe Chancen, neue Arbeitsplätze zu finden, da in der Stadt und der
Region ohnehin intensiver Personalabbau betrieben wird.“
Das weiß man auch quasi nebenan. Die
Bergbautechnik ist eines der vier
Geschäftsfelder der Bochumer Maschinenfabrik Gebrüder Eickhoff GmbH.
Bis Mitte der 1980er Jahre arbeiteten
1900 Mitarbeiter im Unternehmen,
heute liegt ihre Zahl bei rund 1000 weltweit.
Die Ankündigung der neuen Landesregierung, die Kohle-Subventionen nach
2008 schneller abzubauen träfe das
Bochumer Unternehmen schwer. Rund
300 Beschäftigte arbeiten in der Bergbau-Sparte. „Der Anpassungsprozess
dürfte schmerzhaft werden, weitere
Arbeitsplätze könnten wegfallen“, so
Dr. Eckhard Ulrich Conrad, einer der
zwei Geschäftsführer des Bergbaubereichs bei Eickhoff. „Ganz wichtig für
uns sind die Impulse aus dem Ausland.
Deutsche Technik ist zurzeit stark
gefragt. Die Auftragsbücher sind voll
mit Aufträgen aus USA, China, Russland und Australien. Schrämwalzenlader von Eickhoff schneiden eigentlich
auf der ganzen Welt. Doch um die Technik zu testen ist es hilfreich, dies in
deutschen Steinkohlenbergwerken zu
tun. Wenn eine Maschine unter den
schwierigen Bedingungen des deutschen
Steinkohlenbergbaus läuft, dann läuft
sie auf der ganzen Welt. Das gesamte
Herstellungsverfahren läuft hier ab. Je
weniger Zechen wir in Deutschland
haben, desto eingeschränkter wird diese
Möglichkeit. Dies im Ausland zu tun,
wäre aus Kostengründen unmöglich.“
Die Wirtschaft profitiert vom Bergbau
auch in Städten, in denen er nicht mehr
produziert. Die wirtschaftliche und
strukturpolitische Bedeutung des Steinkohlenbergbaus reicht weit über die
DSK-Standorte hinaus. So sorgen sich
die Menschen nicht nur in Dortmund,
Castrop-Rauxel und Bochum, sondern
auch in Bottrop und Kamp-Lintfort, in
Marl und Hamm oder Essen um die
Auswirkungen einer möglichen starken
Drosselung der deutschen Steinkohleförderung.
Essen ist nicht nur als Sitz der DSKMutter RAG dem Bergbau verbunden:
Essener Unternehmen erhalten Aufträge in Höhe von über 490 Millionen
Mark pro Jahr von der DSK. Auch in
anderen Städten und Regionen ohne
aktiven Bergbau sichert die Steinkohle
Arbeitsplätze in einer Größenordnung,
die einem Großbetrieb oder mehreren
Mittelständlern entspricht, etwa in
Recklinghausen, Lünen, Gladbeck oder
Oberhausen, um nur einige zu nennen.
anwa/rp/ua
Viele ineinander verwirbelte Litzen ergeben ein tragfähiges Seil
Die DSK setzt
auf die heimische
Wirtschaft
Im Jahr 2004 wickelte die DSK
92,75 Prozent ihres Einkaufsvolumens über Firmen aus Nordrhein-Westfalen und dem Saarland ab. Von rund 1,87
Milliarden Euro flossen mehr als
1,73 Milliarden zurück in die
dortige Wirtschaft. Der Löwenanteil hiervon ging nach Nordrhein-Westfalen, etwa 1,56 Milliarden gab die DSK hier aus
(83,75 Prozent aller Bestellungen). Gute 168 Millionen Euro
waren es im Saarland (9 Prozent). Bundesweit vergab die
DSK im vergangenen Jahr an
mehr als 60 Firmen Aufträge in
Höhe von jeweils mehr als 6
Millionen Euro.
Doch Zechenschließungen und
der Rückgang der Steinkohlenförderung machen sich auch hier
bemerkbar: Zwar zählte die DSK
2004 insgesamt 4.670 Zulieferer,
doch das sind 45 Prozent weniger als im Jahr 1997. Gegenüber
den Ausgaben von 1997 sank
das gesamte Bestellvolumen
bereits um 24 Prozent. Im laufenden Jahr rechnet die DSK mit
einem weiteren Rückgang auf
1,8 Milliarden Euro und einer
Reduzierung der Zulieferer auf
4500.
12
Rohstoff und Energieversorgungssicherheit
auch in Zukunft sichern
Wussten Sie schon, dass…
…jede 7. Kilowatt-Stunde Strom in Deutschland
aus deutscher Steinkohle hergestellt wird?
… wir in Zukunft noch mehr Kohle benötigen, um
die Energie zu gewinnen, die wir auch brauchen?
…Öl und Gas schon in einigen Jahrzehnten verbraucht ist, unsere Kohle aber noch für 400 Jahre
reicht?
…der Anteil der deutschen Steinkohle an den
Energie bedingten CO2-Emissionen der Welt nur
rund 0,3 Prozent ausmacht?
Kohle –
…andere Energiequellen wie Sonne, Wind die fossilen Brennstoffe (Kohle, Öl, Gas) bei weitem nicht
ersetzen können?
…weltweit der Hunger nach Energie wächst – vor
allem in Asien und Südamerika? Und das dies zu
steigenden Preisen führt?
weltweit
weltweit Energierohstoff
Energierohstoff Nummer
Nummer 11
…nur ein Bruchteil der gewonnenen Steinkohle
weltweit auch gehandelt wird und zumeist schon
im Förderland verbraucht wird?
Kohle steht weltweit ganz oben auf der Energieskala. Weit über ein Drittel der weltweiten
…Deutschland bereits jetzt zu 60 Prozent von
Energieimporten abhängt?
Stromerzeugung basiert zurzeit auf Steinkohle, so eine Studie der RWE AG. „Der quantitativ
beherrschende Energierohstoff ist nach wie vor die Kohle“, so die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR). Ihr Anteil an den weltweit vorhandenen Ressourcen liegt
…die Subventionen für die Steinkohle weniger als
2 Prozent der gesamten deutschen Subventionen
ausmachen?
bei weit über 40 Prozent. Hauptanteil daran hat die Steinkohle. Kein Wunder, dass alle
Zukunftsszenarien auf Kohle setzen.
Öl und Gas werden knapper –
und damit teuerer. „Die Ölpreisentwicklung hat die Energieversorgungssicherheit als Problem
erkennen lassen. Die Energienachfrage dürfte kräftig steigen,
weil
Energieverschwender
besonders kräftig wachsen (USA,
China, Indien). Die strategische
Nachfrage wird hoch bleiben, da
die Hauptlieferländer politisch
labil sind und bleiben (Irak, Saudi-Arabien)“, prognostiziert Prof.
Dr. Norbert Walter, Chefvolkswirt der Deutschen Bank. Die
BGR erwartet, dass in 15 bis 20
Jahren das weltweit vermutete
Erdöl zur Hälfte gefördert und
verbraucht ist. Ähnlich könnte es
dem Erdgas gehen.
Kohle und damit Steinkohle ist
zwar weltweit gesehen der langlebigste Energierohstoff, aber nicht
weltweit verfügbar. 90 Prozent
der Reserven verteilen sich gerade
mal auf ein gutes Dutzend Länder. Die Reserve-Giganten mit
den USA an der Spitze exportieren kaum. Überhaupt werden
nach Angaben der „Statistik der
Kohlenwirtschaft“ nur 16 Prozent der weltweiten Steinkohle-
förderung gehandelt. Bei Energierohstoffen ist Deutschland
importabhängig. 74 Prozent des
Energiebedarfs wurden 2003 eingeführt. „Energiemärkte sind
international – Energiereserven
national“, formuliert DB-Chefvolkswirt Walter. Und da bleibt
der Bundesrepublik als einziger
nennenswerter Energierohstoff
lediglich die Kohle. Ein Blick auf
die
Primärenergiegewinnung
reicht. Daran sind die Kohle mit
64,2 (dabei Steinkohle 20,6), Erdgas mit 18,6 und Mineralöl mit
4,3 Prozent beteiligt, errechnete
die Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen. Kohle liegt in Deutschland bei der Stromerzeugung mit
einem Anteil von rund 52 Prozent auf Platz 1. Die heimische
Steinkohleförderung ist mit 26
Millionen Tonnen ein wesentlicher Beitrag zur Versorgungssicherheit. Der BDI setzt darauf
„im Energiemix alle Optionen
offen“ zu halten. Das „bremer
energie institut“ empfiehlt: „Aus
Gründen der Versorgungssicherheit und der Wirtschaftlichkeit
sollte auch in 2020 noch ein
maßgeblicher Anteil der Stromerzeugung auf Basis von Braun-
und Steinkohle erfolgen.“ Ein
leistungs- und lebensfähiger
heimischer Steinkohlenbergbau
sichert den Zugang zur größten
eigenen Energierohstoffreserve
und erhält diese versorgungspolitische Option für künftige Generationen. Angesichts hoher und
weiter wachsender Importabhängigkeit bei Energierohstoffen
stellt der Zugang zu eigener
Steinkohle ein wichtiges Element
unserer Versorgungssicherheit
dar. Diese Versorgungssicherheit
wird garantiert durch staatliche
Unterstützung. Die jedoch macht
nur einen Bruchteil des gesamten
Subventionsaufkommens aus,
wie das Kieler Institut für Weltwirtschaft errechnete: Demnach
werden in Deutschland rund 150
Milliarden Euro Subventionen
gezahlt. Daran haben die Steinkohlehilfen mittlerweile einen
Anteil von nur noch unter zwei
Prozent. Mehr als 98 Prozent
aller Subventionen betreffen also
nicht die deutsche Steinkohle.
Energie ist eine Grundlage unseres Lebens. Sie abzusichern, sollte uns das wert sein.
…die Subventionen für den deutschen Steinkohlenbergbau seit 1996 bis heute um 50 Prozent
gesenkt wurden? So viel wie in keinem anderen
Subventionsbereich?
…nach aktuellen Umfragen rund 80 Prozent der
bundesdeutschen Bevölkerung an der deutschen
Steinkohle festhalten möchten?
…der heimische Steinkohlenbergbau mehr gibt als
nimmt? Öffentlichen Hilfen steht eine Leistung
(Steuern, Kaufkraft, Auftragsvolumen) gegenüber,
die 60 Prozent höher liegt.
…gerade in den Kohleregionen die Wirtschaft vom
Bergbau profitiert? Die DSK vergab 2004 Aufträge
in Höhe von fast 1.900.000.000 Euro.
…alleine die Mitarbeiter der DSK für rund
900.000.000 Euro in den Regionen einkaufen?
…100.000 Menschen direkt und indirekt vom
Bergbau anhängig sind?
…der heimische Steinkohlenbergbau mit rund
3.150 Auszubildenden einer der großen Ausbilder
ist?
…die DSK für eine hoch qualifizierte Ausbildung
steht – und in einigen Regionen sogar der einzige
industrielle Ausbilder ist?
…deutsche Bergbautechnik ein absoluter Exportschlager ist und zur weiteren Entwicklung einen
deutschen Steinkohlenbergbau braucht?