Diskussionsergebnisse Arbeitsgruppe 1B
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Diskussionsergebnisse Arbeitsgruppe 1B
Diskussionsergebnisse Arbeitsgruppe 1B: Leerstandserfassung Im Vorfeld des Workshops wurde im BBR lebhaft diskutiert, in wie weit das Thema „Leerstandserfassung“ an einem Tagungsort wie Frankfurt am Main mit hohem Nachfragedruck als Diskussionsthema geeignet erscheint. Das Thema Wohnungsleerstand hat jedoch mittlerweile eine relativ hohe Bedeutung in der Wohnungsmarktbeobachtung erlangt und, wie auch der Teilnehmerkreis der Arbeitsgruppe zeigte, ist Leerstand längst nicht mehr ein Thema, dass nur ostdeutschen Städten unter den Nägeln brennt und nach Lösungen verlangt. So hat beispielsweise die Debatte über den demographischen Wandel und dessen Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt die Sensibilisierung für das Thema erhöht. Nachfrageänderungen durch alternde Haushalte führen mancherorts etwa zu erhöhten Leerständen in Einfamilienhausgebieten der 50er bis 70er Jahre. Aber auch die Programme Stadtumbau Ost und West haben zur Aktualität beigetragen. Sehr hohe Leerstandsquoten zeigen eine gestörte Funktionsfähigkeit des Wohnungsmarktes sowie problematische Entwicklungen in bestimmten Beständen oder einzelnen Stadtquartieren. Die Leerstandsquote und ihre Entwicklung sind also ebenfalls zu einem zentralen Indikator der Wohnungsmarktbeobachtung aufgestiegen. Ähnlich wie bei der Mieten- und Preisanalyse kann auch bei der Ermittlung von Wohnungsleerständen auf keine einheitliche oder gar amtliche Datenquelle zurückgegriffen werden – die Datenlage ist weitgehend als unzureichend zu bewerten. Allerdings führt die erhöhte Aufmerksamkeit am Thema zu einer kontinuierlichen Weiterentwicklung der Erschließung neuer Datenquellen und Methoden. Ziel des Workshops war es, über den aktuellen Stand der Leerstandsermittlung zu diskutieren und Erfahrungen beim Umgang mit verschiedenen Datenquellen auszutauschen. Über folgende methodischen bzw. politischen Herausforderungen wollte seitens der Teilnehmer im Workshop gesprochen werden: Welche Methoden der Leerstandserfassung gibt es? Welche Erfahrungen liegen hierzu in den Kommunen vor? Welche Methode eignet sich für welche Fragestellung? Was kosten die Daten? Wie lässt sich der Begriff „Wohnungsleerstand“ definieren bzw. operationalisieren? Welche Herausforderungen bestehen bei der Aufbereitung und Auswertung der Daten? Wie kann man die Plausibilität der Daten prüfen? Wie können datenschutzrechtliche Hürden gelöst werden? Wie erfolgt eine Vermittlung der Ergebnisse in die Politik? Wie kann eine politische Diskussion angestoßen werden? Können die Leerstandsdaten für eine kleinräumige Beobachtung und Analyse genutzt werden? Den fachlichen Input für die Diskussion übernahmen Frau Esther Behrens, Fachbereich Stadtentwicklung und Herr Andreas Martin, Fachbereich Wahlen und Statistik der Stadt Hannover. In ihrem informativen Beitrag skizzierte Frau Behrens zunächst die Zielsetzung der Leerstandserhebung in Hannover, die seit 2001 nun bereits zum dritten Mal fortgeschrieben wird. In Hannover wird mit einer Kombination der Methoden „Stromzählermethode“ und „Eigentümerbefragung“ gearbeitet, um detaillierte Aussagen über die leer stehenden Wohnungen zu ermöglichen. So liefert die repräsentative Eigentümerbefragung z.B. Informationen über den Zustand der leer stehenden Wohnungen, über Merkmale des Gebäudes sowie über den Eigentümer. Herr Martin erläuterte des Weiteren die Suche und Abwägung einer geeigneten Adressdatenquelle zur Durchführung der Eigentümerbefragung. Da Hannover keine zentrale Adress- und Gebäudedatei führt, waren hier besonders datenschutzrechtliche Herausforderungen zu bewältigen. Für viele Teilnehmer war schließlich von Interesse, wie in Hannover aus den Verbrauchsdaten der Stadtwerke eine Schätzung des Wohnungsleerstandes erfolgt. Insgesamt, so fassten die beiden Referenten zusammen, hat sich der anfangs etwas aufwändige Methodenmix bei der Leerstandserfassung in Hannover inzwischen bewährt. Da die Erhebung ein Gemeinschaftsprojekt mit der Wohnungswirtschaft ist und die Erhebungskosten anteilig getragen werden, fallen für die Verwaltung derzeit zu bewältigende Kosten an. Da ein Grossteil der Teilnehmer momentan am Aufbau einer Leerstandsbeobachtung arbeitet, war es im Verlauf der Diskussion von Interesse, die unterschiedlichen Datenquellen und Methoden zu erörtern sowie die vorhandenen Erfahrungen in der Anwendbarkeit auszutauschen. Unter anderem werden derzeit folgende Methoden zur Leerstandserfassung angewandt bzw. stehen folgende Datenquellen zur Verfügung: Auswertung der Stromzählerdaten (Stadtwerke) Ermittlung anhand Registeranalyse (z.B. Erfurt) Daten der lokalen Wohnungsunternehmen/-genossenschaften Repräsentative Eigentümerbefragung Leerstandsdaten von externen Anbietern In der Diskussion wurde die Frage gestellt, wie man zu einer Erfassung des marktrelevanten Leerstandes gelangt. Somit rückte die Definition von Wohnungsleerstand in den Mittelpunkt. Gängig ist, dass dann von einem marktrelevanten Leerstand gesprochen wird, wenn für die Wohnung (stichtagsbezogen) länger als 3 bzw. 6 Monate kein Mietverhältnis besteht. Nutzt man die Stromzählerdaten der Stadtwerke zur Leerstandsermittlung, dann muss der „Leerstand“ anders definiert werden, denn „Zählerdaten des Stromversorgers kennen keinen Leerstand“. Zum einen werden hier die Zähler mitberücksichtigt, die keinen Kunden haben (abgemeldete Zähler länger als 3 oder 6 Monate) sowie die Zähler mit einem Höchstverbrauch von z.B. 300 oder 350 KWh hochgerechnet auf das Jahr (Höchstverbrauch zu definieren). Hier bei sollten von den Stadtwerken diejenigen Zähler eliminiert werden, die gewerblich genutzt werden sowie die Zähler in Treppenhäusern und Kellergeschossen, so dass tatsächlich nur die Zähler privater Kunden in die Analyse miteinbezogen werden. Der Datenschutz, so ließen die Äußerungen der Teilnehmer schließen, stellt gerade bei der Erhebung des Wohnungsleerstandes eine große Herausforderung dar. So äußern z.B. die Stadtwerke bei der Nutzung der Stromzählerdaten oftmals datenschutzrechtliche Bedenken, so dass hier in der Regel keine adressgenauen Auswertungen möglich sind. Anderenorts beziehen die Stadtwerke nur die Stromzähler in die Abfrage mit ein, die abgemeldet sind (also keinem Kunden mehr zuzuordnen sind) und ermöglichen keine Aufnahme der Stromzähler, für die nur ein bestimmter Mindestverbrauch vorliegt. Auch die Durchführung einer repräsentativen Eigentümerbefragung stellt die Kommune oftmals vor Hürden, da die Ziehung einer repräsentativen Stichprobe den Zugriff auf eine „Gebäudeeigentümerdatei“ voraussetzt bzw. eine alternative Datenquelle hierfür zugänglich sein muss. Solche Datenquellen sind jedoch rar bzw. ist die Nutzung für eine Eigentümerbefragung nicht oder nur durch vorherige Genehmigung möglich. Für die Durchführung solcher Befragungen nutzen einige der anwesenden Kommunen beispielsweise folgende Datensätze: Adressdaten des Stadtentwässerungsbetriebes, Automatisiertes Liegenschaftsbuch, Steuerdatei. Die datenschutzrechtliche Möglichkeit einer Nutzung der Adressdaten ist im Einzelfall zu prüfen. Dabei können jedoch praktizierte Wege und Lösungen aus anderen Kommunen ggf. auch als Unterstützung dienen. Kontrovers diskutierten die Teilnehmer der Arbeitsgruppe, wie für die doch relativ kostenintensive Lösung einer Methodenkombination politisches Interesse und Rückhalt zu erlangen sei. Es besteht schließlich auch die Möglichkeit, Daten von externen Anbietern einzukaufen. Kommunen, die bereits eine Leerstandsanalyse durchführen, gaben zu bedenken, dass bei eigenen Analysen in den Aufbau eigener Fachkompetenz investiert wird. Dies sei, im Hinblick auf eine kontinuierliche Betrachtung der Wohnungsleerstände durchaus sinnvoll zu bewerten. Bei der Analyse der Leerstandsuntersuchung in Hannover wiesen die beiden Referenten darauf hin, dass in ihrer Stadt besonders die Wohnungen von privaten Eigentümern mit kleinem Wohnungsbestand von Leerstand betroffen sind (bei einer insgesamt sehr moderaten Leerstandsquote in Hannover). Dieser Leerstand sei z.T. auch „gewollt“, da pri- vate Eigentümer momentan häufiger ihre Wohnung leer stehen lassen als unter dem Marktwert zu verkaufen/vermieten. Diese Kenntnis über Ursachen von Wohnungsleerständen ist nur durch eine qualitative Analyse zu erlangen und kann als einen Vorteil für die Durchführung einer Eigentümerbefragung bzw. der Anwendung einer Methodenkombination gesehen werden. Darüber hinaus, so die Erfahrung einiger Teilnehmer, ließen die derzeit auf dem Markt zu erwerbenden Daten wenige bis keine Aussagen über den Leerstand von Wohnungen differenziert nach Beständen oder einzelnen Stadtquartieren zu. Für eine Analyse der Ursachen sind u.a. Lagemerkmale (z.B. an Hauptverkehrsstraßen), Gebäude- und Wohnungsmerkmale (z.B. Baualter, Sanierungsstand, Lage der Wohnung im Gebäude, Ausstattung) und die Eigentümerstruktur von Interesse. Diese Informationen sind letztlich nur durch eine Befragung der Eigentümer zu erlangen. Allerdings, so die Erfahrungen aus den Kommunen, ist eine kleinräumig differenzierte Datenauswertung nicht immer politisch gewollt. Wie weit man in der Leerstandsbeobachtung geht, ist letztlich von der Fragestellung und dem Erkenntnisinteresse abhängig.