Vorsicht Falle
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Vorsicht Falle
Informationstechnik Vorsicht Falle Schon die Angebotsabgabe verletzt angeblich ein Patent Sigurd Schobert Während der letzten Wochen erhielten viele Elektrohandwerksbetriebe eine vorformulierte Angebotsanfrage von einer Gebäudeverwaltung aus Neu-Isenburg (Bild). Angefragt wurde eine drehbare Satellitenantennenanlage einschließ- lich Satellitenreceiver. Das Ganze entpuppte sich als Lockanfrage, mit der die anbietenden Unternehmen der Gefahr ausgesetzt waren, allein durch die Angebotsabgabe in eine Patentrechtsverletzung zu geraten. Dieser Beitrag erklärt, wie man sich am besten vor einer solchen Abmahnung schützen kann und erläutert rechtliche und technische Hintergründe. E tliche Elektroinstallationsbetriebe erhielten eine E-Mail oder ein Fax von der Gebäudeverwaltung JR& MK GbR aus Neu-Isenburg (Bild) mit einer detaillierten Angebotsanfrage über eine drehbare Satellitenantennenanlage einschließlich Receiver und Zubehör. Viele der betroffenen Betriebe reagierten darauf mit einem entsprechenden Angebot. Manche erhielten daraufhin keinen Auftrag, sondern ein Schreiben eines Anwalts wegen angeblicher Patentrechtsverletzung von der Firma SuperSat Elektronikhandel GmbH, Neu-Isenburg. Diese Abmahnung erhielten sie vom Anwaltsbüro Runte & Hänsgen, NeuIsenburg, ergänzt mit einer angehängten Unterlassungs-/Verpflichtungserklärung (Kasten auf S. 62) mit dem Vorwurf einer Patentrechtsverletzung, alleinig aus der Tatsache heraus, die angefragte Lösung der anfragenden Gebäudeverwaltung angeboten zu haben. Nach Aussagen eines von »de« befragten Elektroinstallationsbetriebes, der hier nicht Dipl.-Ing. (FH) Sigurd Schobert, Redaktion »de« de 8/2007 Diese Angebotsanforderung erhielten etliche Elektroinstallationsbetriebe und führten einige von ihnen in eine Kostenfalle durch eine angebliche Patentrechtsverletzung genannt werden will, kann man davon ausgehen, dass sehr wenige Elektroinstallationsunternehmen diese »sonderbare« Lösung (Rotorantenne mit Steuerung über DiSEqC-Receiver) jemals installiert haben, da der Stand der heutigen DiSEqC-Technik (Digital Satellite Equipment Control) das Umschalten auf verschiedene Sender mittlerweile komfortabler löst als eine Rotoranlage. Daher kann man davon ausgehen, dass von den meisten Elektroinstallationsbetrieben eine solche Anlage bestenfalls nur angeboten als installiert wurde. Über diese Technik findet man Näheres im Kasten auf Seite 63. Nach Aussagen verschiedener Quellen haben jedoch schon etliche Elektroinstallationsbetriebe – wohl aus Angst oder auch aus Unwissenheit heraus – die Unterlassungs- / Verpflichtungserklärung unterschrieben und an die Anwälte des Klägers, Supersat, zurückgesandt in der Hoffnung, mit einer einmaligen Zahlung aus dieser Abmahnung herauszukommen. Jene Betriebe wären besser beraten ge-wesen, sofort einen Anwalt einzuschalten und zu widersprechen, was wohl die meisten gemacht hatten. Nun aber benötigen jene Betriebe gerichtliche Hilfe, wollen sie nicht endgültig das Geschäft mit der angeblich geschützten Technik, dem DiSEqC-Verfahren, verlieren. Täuschung? Allem Anschein nach wurden die Angebotsanfragen ganz gezielt verschickt, um Betriebe in diese Abmahnfalle zu locken. Nach Aussage des ZVEH handelt es sich 61 Informationstechnik UNTERLASSUNGS / VERPFLICHTUNGSERKLÄRUNG Wir zitieren aus der Unterlassungserklärung der Firma Supersat: Unterlassungs-/Verpflichtungserklärung Firma Xxxxxxxxx verpflichtet sich hiermit gegenüber der Firma SuperSat: 1. es bei Meidung einer für jeden Fall der Zuwiderhandlung fällig werdenden Vertragsstrafe in Höhe von 5 001€ – unter Ausschluß des Fortsetzungszusammenhangs – zu unterlassen: »Satellitenempfangsanlagen, die das sog. DiSEqC-Verfahren benutzen, nämlich Drehenlagen, bestehend aus Receiver, Antenne mit Rotor und UniversalLNB oder einzelne der benannten Teile für eine Drehanlage ... herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen; 2. … für den Umfang der vorstehend in Ziff. 1. bezeichneten Handlungen Rechnung zu legen, und zwar für die Zeit seit dem 19.2.1999 unter Angabe der Herstellungsmengen und -zeiten, der Mengen der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften und Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer der … genannten Erzeugnisse, der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen nebst Produktbezeichnungen sowie Namen und Anschriften der hier um eine Störung des Rechtsfriedens, denn Massenanfragen wie in diesem Fall sind wettbewerbsrechtlich mehr als fragwürdig. Außerdem liegt der Verdacht einer gesetzlichen Publikationspflichtverletzung vor, wonach ein Gewerbetreibender sowohl bei Korrespondenzen als auch im Internet sich klar zu erkennen geben muss. Das liegt hier in diesem Fall von der anfragenden Gebäudeverwaltungsgesellschaft JR & MK GbR aus Neu-Isenburg nicht vor (s. Kasten Seite 64). Daher empfiehlt der ZVEH (Zentralverband der Deutschen Elektro- und Informa- Abnehmer, der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen nebst Produktbezeichnung sowie der Namen und der Anschriften der Angebotsempfänger, der Art und des Umfangs der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträger, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, unter Angabe der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten sowie des erzielten Gewinns.« 3. »… für die seit dem 19.2.1999 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen und ihr allen Schaden zu ersetzen, der der SuperSat electronic Handelsgesellschaft mbH seit dem 19.2.1999 entstanden ist und künftig entstehen wird, 4. der Firma SuperSat electronic Handelsgesellschaft mbH die für meine Einschaltung entstandenen Kosten auf der Grundlage eines Gegenstandswerts in Höhe von 25000E in Höhe einer 1,3-Geschäftsgebühr zzgl. Auslagen und gesetzl. MwSt. zu erstatten.« Unterzeichnung des Anbieters tionstechnischen Handwerke), die Unterlassungserklärung nicht zu unterzeichnen, sondern stattdessen den Abmahnenden mitzuteilen, dass die Angelegenheit derzeit rechtlich geprüft wird. Außerdem hat die Fa. Technisat Digital GmbH als Anbieter der angefragten Technik eine Unterstützung der Betroffenen in den außergerichtlichen Verfahren zugesagt. Handlungshilfen des ZVEH Der ZVEH hat Handlungshilfen herausgegeben, um mit der Abmahnung seitens der Firma Supersat richtig umzugehen. Diese können die Innungsmitglieder bestellen unter www.zveh.de/webcom/ show_formular.php/_c-619/_nr-1/i. html, exklusiv für Innungsmitglieder. In diesen Handlungshilfen erläutert der ZVEH die Konsequenzen, die aus den verschiedenen Reaktionen der Betroffenen hervorgehen können: Was passiert, wenn man nichts unternimmt? Wer nichts unternimmt, riskiert eine einstweilige Verfügung vom zuständigen Landgericht mit der Auflage: »... es zu unterlassen, Satellitenempfangsanlagen, die das DiSEqC-Verfahren benutzen, nämlich Drehanlagen bestehend aus Receiver, Antenne mit Rotor und Universal-LNB oder einzelne der benannten Teile für eine Drehanlage im Geltungsbereich des Patents DE 4404978 C2 anzubieten ... und zu verkaufen.« Was passiert bei Unterzeichnung der Unterlassungsverpflichtungserklärung? Wer die Unterlassungsverpflichtungserklärung unverändert unterschreibt, verpflichtet sich, künftig überhaupt keine Satellitenanlagen mehr zu verkaufen. Wie kann ich mich wehren? Hierzu hat der ZVEH ein Anschreiben vorbereitet. Die infrage kommenden Betriebe können dieses entweder selbst benutzen oder aber auch ihrem Rechtsanwalt geben, damit dieser die weiteren Schritte einleitet. Dieser Service steht exklusiv Mitgliedsbetrieben zur Verfügung. ZVEH legt Handlungshilfe und Musterschreiben vor Weiterhin hinterlegt der ZVEH bei den bundesweit 16 Landgerichten, die erstinstanzlich für patentrechtliche Angelegenheiten zuständig sind, eine so Informationstechnik genannte »Patenrechtliche Schutzschrift«. Diese Informationsschrift soll die Gerichte für die besondere Problematik des Falles sensibilisieren und aufmerksam machen. Häufig zitiert wurden dazu die Entscheidungen des Landgerichts Mannheim. Diese waren nach Informationen des ZVEH jedoch zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht rechtskräftig. Aber selbst dann, wenn sie es wären, würde dies noch lange nicht bedeuten, dass ein anderes Landgericht (LG) oder Oberlandesgericht (OLG) ebenso entscheidet. Darüber hinaus wird der Sachverhalt derzeit durch den vom ZVEH beauftragten Fachanwalt einer gründlichen juristischen Bewertung unterzogen. Stellungnahme von Technisat Die Firma Technisat gab auf einer Pressekonferenz am 19. 3. 2007 zu diesem Fall, zusammen mit dem von ihr beauftragten Anwalt Volker Herbort, Informationen an anwesende, betroffene Elektroinstallateure. Technisat sagte den betroffenen Elektrohandwerksbetrieben eine außergerichtliche Hilfe zu, das war der Stand zur Sache am 23. 3. 07. Die Firma Supersat hatte bereits vor einigen Monaten verschiedene Hersteller von Sat-Systemen, u. a. auch Technisat, wegen der angeblichen Verletzung des Patents DE 4404918 angemahnt. Das Patent schützt eine Anordnung aus Antenne, LNB, Antennenkabel, Drehmotor und Receiver, wobei die Steuerung der Anlage durch eine Modulation des 22-kHz-Signals erfolgen soll. Technisat hatte die Abmahnung mit Verweis auf eine Anzeige aus der Zeitschrift Infosat, Januar 1994, in der bereits Geräte – welche die Modulation der 22-kHz-Frequenz zur Empfangs- DISEQC UND V-SEC DiSEqC (Digital Satellite Equipment Control, gesprochen »Deisäck«) bezeichnet eine Datenübertragungstechnik zwischen Sat-Receiver und Multischalter (Switch) oder Satellitenantenne. Sie ist wesentlich flexibler als die 14 -/ 18-V- und 22 -kHz-Technik, die jeweils nur zwei Schaltzustände übertragen können und damit maximal die Umschaltung zwischen vier Signalströmen (Feeds) erlauben. Zunächst gab es lediglich analoge Steuerbefehle zwischen Sat-Receiver und LNB (Empfänger vor dem Empfangsspiegel): am Anfang nur 14 V oder 18 V zur Umschaltung der Polarisationsebene – und später ein zugeschaltetes 22 -kHz-Signal zur Umschaltung zwischen zwei Satelliten. Damit konnte man vier Zustände schalten. Mit der Digitalisierung des Fernsehens wurde jedoch der obere Frequenzbereich eingeführt, sodass das 22 -kHz-Signal für die Umschaltung auf die oberen Frequenzen benötigt wurde. Bei einem einzigen Satelliten war damit schon das Ende erreicht, denn das LNC wurde somit auf die Ebenen Verti- steuerung nutzten – zurückgewiesen. Da die Anzeige noch vor der Anmeldung des Patents erschien, fehlte es – aus Sicht von Technisat – dem Patent sowohl an Erfindungshöhe als auch an Neuheit. Eine PDF-Datei dieser Anzeige stellte man in den Fachhandelsbereich auf ihrer Webseite zum Download bereit. Da nach Aussage von Technisat seitens Supersat keine weitere Reaktion erfolgte und eine Patentlöschung kostspielig schien, ließ man die Sache auf sich beruhen. Nunmehr soll Supersat Klagen gegen andere zwar verloren haben, jedoch soll das Gericht festgestellt haben, dass unter Umständen eine Patentverletzung dann möglich wäre, wenn eine gesamte Anlage, die das 22-kHz-Signal nutzt, verkauft wird. kal / Low, Vertikal / High, Horizontal / Low, Horizontal / High geschaltet. In Deutschland waren die Empfangsspiegel meist auf den Satelliten Astra 19,2° Ost ausgerichtet. Nach der Einführung des oberen Frequenzbandes konnte kein anderer zweiter Satellit mit einem einzigen Empfänger empfangen werden. Da aber auch Eutelsat deutsche Haushalte direkt mit Satellitensignalen versorgen wollte, mussten weitere Schaltoptionen zur Ansteuerung mehrerer Satellitenspiegel in neue Empfänger implementiert werden. Hierzu entwickelte die Firma Eutelsat in Zusammenarbeit mit der Firma Philips Anfang der 90er-Jahre den DiSEqC-Standard. DiSEqC ist ein für jeden offener, lizenzfreier Industriestandard. V-SEC-Steuerungssystem: Dieses wurde von der Neu-Isenburger Firma SuperSat entwickelt und basiert, ähnlich wie DiSEqC, auf einer Aufmodulation von Informationen auf den 22-kHz-Ton. V-SEC und DiSEqC sind jedoch nicht kompatibel, auch wenn manche Receiver beide Systeme unterstützen. (Quelle: Wikipedia u. Funkschau 18/1998) Weiterhin sprach Technisat von einer arglistigen Lockanfrage, die unschlüssige patentrechtliche Ausführungen enthalte. Außerdem versuche Supersat ein Unterschieben eines DiSqC-Generalverbots in einer Unterlassungserklärung. Außerdem stellte man die Verletzung mit dem DiSEqc-Rotor infrage. Letztendlich zweifelt man auch die Rechtsbeständigkeit des Verfahrensanspruchs Nr. 3 des Patents DE 4404978 C2 vom 18. 2. 99 an (siehe auch Kasten S. 64 unten). Unter all diesen Gegebenheiten strebe man eine Abgabe einer modifizierten Unterlassungserklärung sowie eine Gegenabmahnung an. Technisat machte auch Schadensersatzansprüche geltend, die den betroffenen Betrieben aus der »Lockangebotsanfrage« entstanden sind. Informationstechnik WER STECKT DAHINTER? Die Ausschreibung wurde von Joanna ReczekWasiak, einer Zahnärztin (Neu-Isenburg) unterzeichnet. Die Initialen »JR & MK GbR« beziehen sich auf ihren Namen. Nach Recherchen von Technisat besteht offensichtlich ein verwandtschaftliches Verhältnis zu Supersat. Forscht man nach den Adressdaten der »Gebäudeverwaltung«, um Einsicht ins Impressum zu bekommen (www.gebaeudeverwaltung.de), sollte man vorsichtigerweise beim Laden der Homepage sofort die Internetverbindung unterbrechen: Eine »exeDatei« wird geladen, deren Zweck und Absicht man zunächst nicht erkennt. Ein Virenscanner warnt mit der Meldung »Casale Media« vor einem Monitorprogramm und dessen Nutzung. Mit diesem Programm spioniert man das Nutzerverhalten im aktuellen PC aus, also: sofort abbrechen (Bild)! Über die »Whois«-Abfrage beim Domainverwalter »Denic« (www.denic.de) erhält man Auskunft, wem die Domain »www-gebäudeverwaltung« gehört, wer sie verwaltet und wo sie gehostet wird. Dahinter steckt das Unternehmen »A-B-C-Webservice LTD« mit Sitz in Nicht alle davon betroffen Die Redaktion unterhielt sich in dieser Angelegenheit auch mit dem Unternehmen Kathrein, Rosenheim. Uns wurde erklärt, dass zwischen der Firma Kathrein-Werke KG und der Firma Supersat electronic Handels GmbH eine Regelung besteht, wonach die KathreinWerke KG die angegriffenen Produkte herstellen, vertreiben, bewerben etc. darf, ohne dass die Supersat electronic Handels GmbH aus dem Patent DE 44 04 978 C2 Ansprüche herleiten kann. Dieses wurde auch in Korrespondenzen mit Händlern per E-Mail bestätigt. Daher kann ein Elektroinstallationsbetrieb von Kathrein bezogene Produkte München, Gernerstr. 20. Weitere Nachforschungen ergaben, dass dieses Unternehmen erst in Neu-Isenburg, dann in München ansässig war, also ständig seinen Standort wechselt. Am 21.3.07, also während unserer Recherchen, ergab sich, dass dieses Unternehmen seit einigen Tagen auch dort nicht mehr ansässig sei. Weiterhin: Der zuständige Administrator (gemäß Denic-Anfrage), Ul- Vorsicht beim Aufruf der Homepage www.gebaeuderich Weiß, ansässig in verwaltung.de: Verdacht auf ein Virenprogramm NewYork, wird in Fachkreisen der Foren (http:// London wird dieses Unternehmen unter A-Bboard.gulli.com/thread/677456-homepageC-Webservice LTD im dortigen Handelsregisgeklaut – Forum einer Suchmaschine) als ter geführt. Die genauen Daten liegen der Red»Homepage-Grabber« bezeichnet. aktion »de« vor. Im Zusammenhang mit Eine Nachfrage beim Gewerberegisteramt Firmenrecherchen verweisen wir hier auf das München (am 29.3.07) ergab, dass dort kein Fazit dieses Artikels. Weitere Ergebnisse dieser Eintrag über dieses Unternehmen bzw. dessen Recherche haben wir unter www.deZweigstelle in München existiert. Lediglich in online.info/service/Patentfalle hinterlegt. problemlos weiterhin beziehen, bewerben, vertreiben und verkaufen usw., ohne dass er mit Ansprüchen der Firma Supersat bezüglich des deutschen Patents DE 44 04 978 C2 rechnen muss. Derartige Ansprüche (Verpflichtung zur Verzichtserklärung) von SuperSat gegenüber Kathrein-Produkten wären insoweit sogar unzulässig. Diese positive Regelung gilt allerdings nur für Kathrein-Produkte, also nicht für Produkte, die nicht von Kathrein hergestellt beziehungsweise über Kathrein geliefert wurden. Der Redaktion ist kein weiteres Unternehmen bekannt, welches in ähnlicher Weise eine Absprache mit Supersat getroffen hat. DAS STRITTIGE PATENT Grundsätzlich unterscheidet man zwischen einem •Erzeugnispatent und einem •Verfahrenspatent. Der Patentinhaber Supersat Electronic Handels GmbH, Neu-Isenburg hat am 17.2.1994 ein Patent »Antennenanordnung für Satellitenempfang und Verfahren zur Übermittlung von Steuersignalen« angemeldet. Am 24.8.1995 wurde dieses offengelegt und mit der Patentschrift DE 4404978 C2 erteilte das Deutsche Patentamt zum 18.2.1999 das Patent. Dieses Patent bestht aus vier einzelnen Patentansprüchen. Ansprüche 1. und 2. beschreiben die sogenannte »Motorfeed«-Antennen- 64 anordnung und die Ansprüche 3. und 4. sind sogenannte Verfahrenspatente, welche eine »Lehre zum technischen Handeln« beschreiben. Sie finden ein PDF dazu auf unserer Homepage www.de-online.info/service/Patentfalle Urteile des LG Mannheim: Die unmittelbare Verletzung des Patents erfordert danach zumindest: 1. Ansteuerung eines Universal-LNB mittels 22-kHz-Dauersignals 2. Übertragung der Positionierungsinformationen durch »getastete« Steuerfrequenz auf 22kHz 3. Physische Bewegung des LNB Erste Reaktion vom Landgericht Düsseldorf Um diesen Geschäftsgebaren einen Riegel vorzuschieben und die Händler zu schützen, hat Technisat einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gestellt. Das Landgericht Düsseldorf hat diese einstweilige Verfügung am 23. 3. 07 erlassen und damit gezeigt, dass solch ein Treiben nicht hingenommen werden muss. In dieser Einstweiligen Verfügung wird SuperSat untersagt, Händler, die das TechniSat-Gerät »DigiCorder S1-80 GB« anbieten, abzumahnen. Das Gericht sah sich sogar veranlasst, die Gründe für die Unlauterkeit deutlich zu nennen. Es hielt die Abmahnung schon deshalb für unzulässig, weil sich der Händler in der Unterlassungserklärung verpflichten sollte, sogar auf den Vertrieb eines einzelnen Gerätes, z. B. eines Receivers, zu verzichten. Dass es sich bei Supersat um eine dubiose Firma handelt, erkennt man schon daran, dass versucht wird, durch diese Abmahnwelle die Hersteller indirekt zu erpressen. Als deutsche Firma mit Produktion in Deutschland ist TechniSat einer der wenigen Hersteller, der sämtliche anfallenden Lizenzkosten für seine Geräte abführt. Dies natürlich nur insoweit, wie die geforderten Lizenzen für die Patente oder Anwendungen tatsächlich de 8/2007 Informationstechnik berechtigt sind. Dies ist im Fall Supersat nicht gegeben. Daher wird Technisat auch eine Patentnichtigkeitsklage gegen das Supersat-Patent einreichen. Einstweilige Verfügung Supersat wurde im Wege der einstweiligen Verfügung untersagt, »solche Händler, die das Produkt der Antragstellerin »Digi-Corder S l-80 GB« bewerben und/oder veräußern, in der Form abzumahnen, ...« Supersat wurde für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen dieses gerichtliche Verbot als Zwangsvollstreckungsmaßnahmen ein Ordnungsgeld, ja sogar Ordnungshaft bis insgesamt zwei Jahren angedroht. Das war, wie der Redaktion »de« bekannt, der Stand zur Sachlage am 26. 3. 07. Fazit Was lernen wir daraus? Sicher, an dieser Stelle muss man deutlich sagen, die betroffenen Elektrohandwerksbetriebe schlitterten unbeabsichtigt in eine Grauzone, was die patentrechtlichen Regelungen betrifft. Von keinem Handwerker noch Meister kann man in dieser Situation erwarten, sich so tief und umfassend in diesem Recht auszukennen. Dennoch sollten einige Grundsätze beachtet werden: • Beim Erhalt solcher Abmahnungen, Verpflichtungsoder Unterlassungserklärungen nicht sofort eine Unterschrift leisten, sondern immer erst den Rat einer Fachkraft oder eines Anwalts einholen. Man sollte sich bei neuen Geschäftspartnern oder Kunden – wenn möglich – immer über das Internet im Impressum über die Geschäftsform und Zuständigkeiten des Partners schlau machen. • Hilfreich ist – sofern die Domain ».de« enthält –, die nähere Prüfung der Domain über die eingetragene Genossenschaft Denic (www.denic.de), welche die deutschen Domains verwaltet. Informationen über andere Top-Level-Domains erhält man auch über www.whois.de. • Nutzen Sie, bevor Sie zu weiteren Handlungen übergehen, die Ratschläge von Geschäftspartnern Ihrer Branche. • Als Mitglied in einem Berufsverband oder der Innung hat man immer die Möglichkeit, rasche und kompetente Hilfe zu bekommen, diese sollte man dann auch nutzen. Wir hoffen, dass hier in diesem Fall die einstweilige Verfügung des LG Düsseldorf vom 23. 3. 07 im Sinne der betroffenen Handwerksbetriebe sowie der Industrie und weiterenMitanbietern den Weg zu den weiteren Entscheidungen ebnet. Hier ist das Rechtsbewusstsein in Summe der einzelnen Geschäftspraktiken schon deutlich überschritten worden. Problematisch scheint auch die Zuständigkeit der Gerichte bezüglich der Patentsfragen zu sein: Die ein Patent erteilenden Stellen stimmen nicht mit den Stellen überein, die eine Patentverletzung festlegen. Patentanmeldungen erfolgen beim Deutschen Patentamt, jedoch über Patentverletzungen verfügen die Landesgerichte (LG) bzw. OLG, also andere Stellen. Die Gerichte sollten hier an dieser Stelle die gleichen sein. www.zveh.de de 8/2007 65