euterentzündungen bei der milchkuh vermeiden

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euterentzündungen bei der milchkuh vermeiden
ALP aktuell 2006, Nr. 21
EUTERENTZÜNDUNGEN BEI DER MILCHKUH
VERMEIDEN
Merkblatt für die Praxis
Walter Schaeren
Euterentzündungen bei der Milchkuh
gehen immer mit einer Leistungseinbusse der betroffenen Viertel einher. Am
deutlichsten ist dieser Rückgang bei
offensichtlichen (klinischen) Euterentzündungen. Doch auch versteckte (subklinische) Entzündungen sind zum Teil
mit wesentlichen Leistungseinbussen
verbunden. Diese Einbussen können bis
zu 40 Prozent betragen. Durch Leistungseinbussen, verkürzte Nutzungsdauer der betroffenen Tiere, durch Tierarzt- und Medikamentenkosten sowie
durch Milchgeldverlust wegen Behandlungen gehen den Milchproduzenten im
Durchschnitt Beträge von mindestens
150 Franken pro Kuh und Jahr verloren.
Gesunde Euter sind daher eine wichtige
Voraussetzung für eine wirtschaftlich
erfolgreiche Milchproduktion.
Folgende Massnahmen stehen bei der
Verbesserung der Eutergesundheit im
Vordergrund:
1. Eutergesundheit überwachen und
beurteilen
2. Krankheitsursachen und Infektionserreger erkennen und eliminieren
3. Melkarbeit und Melkhygiene optimieren
4. Trockenstellen mit Euterschutz
5. Euterentzündungen gezielt behandeln
1. Überwachung und Beurteilung der
Eutergesundheit
Euterentzündungen führen zu einem
eine, wenn auch weniger detaillierte,
vermehrten Übertritt von weissen Blut-
Beurteilung der Eutergesundheit. Dane-
körperchen aus dem Blut in die Milch.
ben kann auch die Leitfähigkeit der
Die Zunahme dieser Zellen in der Milch
Milch als Indikator für die Überwachung
kann auf einfache und billige Art mit
der Eutergesundheit eingesetzt werden.
dem Schalmtest im Stall nachgewiesen
Da die Zuverlässigkeit der Leitfähig-
werden und dient damit als gutes
keitsmessung für einzelne Messungen
Instrument zur Kontrolle der Euterge-
tiefer ist, müssen die Ergebnisse konti-
sundheit. Auch die von den Zuchtver-
nuierlich ausgewertet und verglichen
bänden angebotenen Zellzahlbestimmun-
werden.
gen in Einzelkuhgemelken ermöglichen
Beurteilung der Eutergesundheit im Hinblick auf versteckte
Euterentzündungen in einer Herde
Eutergesundheit
gut
mässig
schlecht
Zellzahl Herdenmischmilch
(x 1‘000 Zellen/mL)
< 100
125-175
> 200
Häufigkeit subklinischer Euterentzündungen
(% Kühe > 150'000 Zellen/ml)
< 15%
20-25%
> 30%
Häufigkeit subklinischer Euterentzündungen
(% Viertel deutlich Schalmtest positiv
bzw. mit erhöhter Leitfähigkeit)
< 10%
15-20%
> 25%
Verluste Leistung
(% Minderleistung pro Kuh)
< 10%
10-15%
> 20%
Verluste Einkommen
(CHF pro Kuh und Jahr)
< 50.00
75.00-125.00
> 150.00
Erreger von Euterinfektionen
unter dem Mikroskop
2. Krankheitsursachen und Infektionserreger
Bakteriell bedingte Euterentzündungen
wie Anrüsten mit Milch, Lufteinbrüche
entstehen immer dann, wenn Erreger
während des Melkens und eine falsche
durch den Strichkanal ins Euterinnere
Melkreihenfolge eine grosse Rolle.
eindringen, sich dort ansiedeln und vermehren können. Solche Bakterien kom-
Während der Zwischenmelkzeit und in
men in allen Milchviehställen vor. Sie
der Trockenzeit sind es vor allem ver-
werden nicht nur aus erkrankten Eutern
schmutzte, nasse Läger, Liegeboxen
ausgeschieden, sondern können auch
oder Einstreu, die der Bakterienübertra-
von anderen Erkrankungen wie Gebär-
gungen förderlich sind. Im Laufstall und
mutter-, Nieren-, Haut- oder Klauen-
auf der Weide sind auch das gegenseiti-
entzündungen herrühren. Auch im nor-
ge Ansaugen und Belecken der Zitzen
malen Kuhkot ist eine Anzahl potenziel-
sowie Stechfliegen als mögliche Ursachen
ler Mastitiserreger vorhanden, so zum
der Übertragung zu beachten.
Beispiel gewisse Streptokokken wie
Streptococcus uberis und Enterokokken
sowie Coli-Bakterien. Die Wahrscheinlichkeit, dass diese Keime ins Euter eindringen können ist umso grösser, je
schlechter die Stall- und Tierhygiene ist.
Daneben spielen aber auch eine mangelhafte Melktechnik und Melkroutine
2
Saubere, trockene
Lägeroberflächen
sind entscheidend
3. Melken und Eutergesundheit
4. Trockenstellen mit Euterschutz
Auf dem Gebiet der Melkanlagentechnik
In Betrieben mit Problemen gehört die
Falls die vom Hersteller des Präparates
sind grosse Fortschritte erzielt worden.
Anwendung antibiotikahaltiger Euter-
vorgeschriebene Mindesttrockenzeit-
Trotzdem lassen sich Fehlfunktionen und
schutzpräparate zu den wirksamsten
dauer unterschritten wird, muss vor der
Fehlkonstruktionen nie ganz ausschlies-
Massnahmen bei der Sanierung. Damit
Ablieferung der Milch der betreffenden
sen. Eine regelmässige Kontrolle der
lässt sich der Prozentsatz infizierter
Kuh unbedingt ein Hemmstoffnachweis
Funktionstüchtigkeit der Melkanlage wie
Euterviertel zu Beginn der nächsten
durchgeführt werden. Zudem darf trotz
die Höhe des Vakuums, das Funktionie-
Laktation um zirka die Hälfte verringern.
der Anwendung eines Euterschutzes die
ren der Pulsatoren oder der Zustand der
In Betrieben ohne Probleme ist ein
regelmässige Kontrolle der Euter während
Gummiteile, verbunden mit einer sorgfäl-
selektiver Einsatz von Euterschutzpräpa-
der Galtzeit nicht vergessen werden.
tigen Handhabung, ist daher sehr wichtig.
raten, d.h. nur bei Kühen mit einem
erhöhten Risiko, wie durchgemachte
Euterentzündung in der vorangehenden
Laktation, bestehende Infektionen, als
vorbeugende Massnahme ausreichend.
Zusätzlich kann durch die Anwendung
von Zitzenversieglern bei gesunden
Kühen, insbesondere bei Tieren mit hoher
Milchleistung zum Zeitpunkt des Trokkenstellens, die Neuinfektionsrate tief
gehalten werden.
Behandelte Kühe dauerhaft und
unverwechselbar markieren
Melkroboter bei der Arbeit
Folgende Punkte sind beim Melken mit
der Maschine besonders zu beachten:
- richtige Melkreihenfolge (gesund vor
krank, jung vor alt)
- Vormelken, inklusive visuelle Beurteilung des Vorgemelks
- Sorgfältige Reinigung der Zitzen,
eventuell mit einem anerkannten,
desinfizierenden Euterhygienepräparat
- Melkzeuge sofort nach dem Anrüsten
Aufstallung und Fütterung sind entscheidend
für eine gute Eutergesundheit
ansetzen
- Melkzeuge nur an trockene Zitzen
ansetzen
- Maschine melken lassen
5. Behandlung von Euterentzündungen
mit Antibiotika
- nicht von Hand nachmelken
- Melkanlage muss den Milchleistungen
Antibiotika stellen nach wie vor ein
und dem Milchfluss der Kühe ange-
wichtiges Hilfsmittel bei der Behandlung
passt sein
von Euterinfektionen dar. Allerdings ist
- regelmässige Kontrolle und Wartung
der Melkanlage
der Prozentsatz erfolgreicher Behandlungen je nach Erregerart häufig unbefriedigend. Diese tiefe Erfolgsquote ist
Zudem gilt: Zitzengummi, Zitzenbecher
vorwiegend auf eine ungenügende Ver-
und Sammelstück bilden eine für die
teilung der Wirkstoffe in einem entzün-
Funktion und die Eutergesundheit kriti-
deten Euter, eine zu kurze Behand-
sche Einheit. Alle Teile sind in ihren
lungsdauer und das Unvermögen, auch
Eigenschaften aufeinander abgestimmt.
intrazellulär vorhandene Keime abzutö-
Eine wahllose Mischung verschiedener
ten, zurückzuführen. Resistenzen gegen
Teile führt in der Regel zu schlechteren
die verwendeten Antibiotika sind
Melkergebnissen!
wesentlich seltener die Ursache.
3
Folgende Punkte sind beim Einsatz von
ALP aktuell
Antibiotika zu beachten
- Gezielte Auswahl der Antibiotika
(wenn möglich gemäss bakteriologischem Befund)
- Ausschliesslich Präparate verwenden,
die vom Tierarzt verschrieben wurden
- Anwendungsvorschriften des Tierarztes beachten
- Behandlung nicht vorzeitig abbrechen
- Behandelte Kühe deutlich und dauerhaft markieren
- Behandlung protokollieren (Tiergesundheitskarte, Behandlungsjournal)
- Sperrfristen einhalten
- Milch erst wieder abliefern, wenn
Euter auch klinisch in Ordnung ist
(Schalmtest negativ)
oder Dosierung ändern
- Anwendung der Injektoren erst nach-
Als zusätzliche Massnahme bei akuten
dem die Melkarbeit bei den übrigen
Euterentzündungen bewährt sich ein
Kühen abgeschlossen ist: Gefahr der
häufiges Ausmelken des Euters. Bei
Verschleppung von Antibiotika in die
einem Herdenproblem sind zuerst Grund-
Ablieferungsmilch
Ursachen wie Sauberkeit der Läger und
- Sorgfältige Reinigung und Desinfektion
Die nächsten ALP aktuell
22 Fütterung der Aufzuchtrinder
23 Freilandhaltung von Schweinen
Zustand der Melkanlage zu prüfen.
der Zitzenkuppe
Massnahmen zur Aufrechterhaltung und Verbesserung der Eutergesundheit
Bereits erschienen
20 Milchfieber bei der Milchkuh
19 Schlachtkörperkühlung und Fleischqualität
18 Beurteilung von Silagen
17 Fütterung und Fruchtbarkeit der Milchkuh
16 Milchziegen bedarfsgerecht füttern
15 Einsatzgrenzen von Einzelfuttermitteln für Schweine
14 Fütterung der Milchkuh: die Rohproteinquellen
13 Fütterung der Milchkuh: die Energiequellen
12 Iglus und Auslaufhaltung für Kälber
11 Durchfall und Ödemkrankheit beim abgesetzten
Ferkel
10 Mutterschafe gezielt füttern
9 Konservierung von Feuchtheu in Grossballen
8 Fütterung der Kuh und Milchinhaltsstoffe
7 Fütterung und Fettqualität beim Schwein
6 Fleischrinderrassen im Vergleich
5 Umtriebs- oder Kurzrasenweide für Milchkühe?
4 Die Milchkuh optimal auf die neue Laktation
vorbereiten
3 Mineralstoffversorgung der Milchkuh
auf einen Blick
2 Mykotoxinschäden beim Schwein vermeiden
1 Die Silierregeln für Grassilage
- tiergerechte und aufmerksame Melkarbeit:
Ruhiger Umgang mit den Tieren, Melkreihenfolge beachten, Vormelkbecher benützen,
sich nicht durch andere Arbeiten ablenken lassen, Melkanlage korrekt einsetzen
- der Leistung und dem Laktationsstadium angepasste Fütterung:
Gehalte und Harnstoffbestimmungen in der Milch können bei der Beurteilung der
Eiweiss- und Energieversorgung helfen, Struktur des Futters beachten, ausreichende
Versorgung mit Spurenelementen und Vitaminen
- regelmässige Kontrolle und Wartung der den Tieren und dem Melker angepassten
Melkanlage:
Erscheint
6-mal pro Jahr
Bestellung
Bibliothek ALP, 1725 Posieux
Telefon: +41 (0)26 40 77 111
Fax: +41 (0)26 40 77 300
Internet: www.alp.admin.ch (Publikationen)
e-mail: info@alp.admin.ch
Ab 100 Expl. pro Nummer kosten 50 Stück CHF 20.-
Melkanlage mindestens einmal jährlich kontrollieren und instand stellen lassen, veraltete, den Anforderungen nicht mehr genügende - z.B. zu kleine Durchmesser der
Melkleitung, ungenügende Pumpenleistung - Melkanlagen bzw. Melkanlageteile
ersetzen. Ausreichenden Schutz vor Vibrationen und Lärm anstreben
- tiergerechte Aufstallung:
Richtige Lägerlänge, trockene Lägeroberfläche und korrekten Einsatz des Kuhtrainers
gewährleisten
- regelmässige - mindestens monatliche - Kontrolle der Eutergesundheit:
Herausgeberin
Agroscope Liebefeld-Posieux
Eidg. Forschungsanstalt
für Nutztiere und Milchwirtschaft (ALP)
Tioleyre 4
CH-1725 Posieux
Autor Nr. 21
Walter Schaeren, ALP
Telefon: +41 (0)31 323 81 71
e-mail: walter.schaeren@alp.admin.ch
Schalmtest und Einzelkuhzellzahl-Bestimmungen durchführen, Leitfähigkeitmessungen
auswerten, bei deutlicher Verschlechterung entsprechende Massnahmen ergreifen
- zielgerichtete Behandlung von Euterentzündungen:
Antibiotika nur nach Absprache mit dem Bestandestierarzt einsetzen, gefährdete
Redaktion
Gerhard Mangold, ALP
Fotos
Walter Schaeren, ALP
Tiere mit Zitzenversiegler trockenstellen
- Zitzentauchen nach dem Melken:
eventuell desinfizierende Zitzenreinigung vor dem Melken mit einem anerkannten
Euterhygienepräparat durchführen
- Sorgfalt bei der Remontierung:
Nachzucht von «mastitisresistenten» Tieren, nur Kühe mit gesunden Eutern zukaufen
Gestaltung
Olivier Bloch, ALP
Druck
Icobulle Imprimeurs SA, Bulle FR
Copyright
Nachdruck, auch auszugsweise, bei Quellenangabe
und Zustellung eines Belegexemplars
an die Herausgeberin gestattet.
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ISSN 1660-7570