Einführung ins effektive Klettertraining

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Einführung ins effektive Klettertraining
Einführung ins effektive Klettertraining
Gimme Kraft! Die Kraft und andere Einflussgrößen im Zusammenhang mit Deiner Kletterleistung „Genügend Kraft ist ein Zustand, den es gar nicht gibt“ – betrachtet man dieses Zitat der Kletterlegende Wolfgang Güllich scheinen Klettern und Kraft untrennbar zusammen zu gehören. Welcher Kletterer kennt nicht dieses gute Gefühl: Sich stark fühlen und die allgegenwärtige Schwerkraft für eine kurze Zeit einfach vergessen! Doch die reine Muskelkraft stellt nur einen Teilbereich der trainierbaren körpereigenen Ressourcen dar, die für die Realisierung der sportlichen Leistung „Klettern“ bedeutsam sind. Klettern ist eben nun mal mehr, als sich mit Klimmzügen die Wand hochzuziehen! Der Trainingswissenschaftler spricht beim Thema Kraft von einer konditionellen Komponente (im Gegensatz zu beispielsweise koordinativen Komponenten wie der sportartspezifischen Technik) aus dem vielfältigen Spektrum leistungsbestimmender Faktoren. Nun gut, aber dann sollte doch Krafttraining als eine Einflussgröße eine Steigerung meiner Leistung bewirken, oder etwa nicht? Leider sind die Dinge nicht so einfach! Die Trainingswissenschaft stellt mehr und mehr fest, dass sich die sportliche Leistungssteigerung durch Training als ein hochkomplexes Gefüge individuell interagierender Faktoren darstellt, das nicht durch lineare Modelle beschreibbar ist (Hottenrott & Neumann, 2010). Ebenso reicht das klassische Superkompensationsmodell (z.B. Jakovlev, 1977) nicht aus, um Anpassungsprozesse aufgrund von körperlicher Beanspruchung umfassend zu erklären und die komplexen Zusammenhänge darzustellen. Trainingswissenschaftler entwickeln deshalb verstärkt neue Modelle, wobei sie auf so unterschiedliche Wissenschaftsdisziplinen wie die Molekularbiologie (Neumann & Berbalk, 1991) oder die Arbeitswissenschaft (Olivier, Marshall & Büsch, 2008) zurückgreifen. Darüber hinaus dürfen die psychischen Beanspruchungen des sportlichen Trainings und die darauf folgenden Bewältigungsprozesse nicht außer Acht gelassen werden (Schlicht, 1989). Einige dieser neuen Modelle werden auch im Krafttraining bereits erfolgreich angewendet, wie z.B. die Belastungssteuerung durch die 2‐Faktoren‐Trainingstheorie. Im Gegensatz zur Superkompensationstheorie stellt sie Ermüdung und Leistungsfähigkeit als zwei getrennt voneinander ablaufende Prozesse dar und ermöglicht so eine komplexere Planung von Belastung, Ermüdung und Leistungssteigerung (Zatsiorsky & Kraemer, 2008). Dennoch gelingt bisher keinem Modell eine detaillierte Beschreibung aller Wechselwirkungen von Trainingsreizen mit dem menschlichen Körper. Abgesehen von einer grundlegenden Kenntnis der aktuellen Trainingslehre ist es deshalb sehr wichtig, ein gutes Gespür für seinen eigenen Körper zu entwickeln und auf die Erfahrung eines guten Trainers zu vertrauen. Kommen wir nun zur Kraft als konditionellem Faktor Deiner Leistungsfähigkeit zurück: Deine Kletterleistung kann sich folglich nicht optimal weiterentwickeln, wenn Du die Kraft als isolierte Einflussgröße betrachtest. Wir wollen versuchen, die Vorgänge etwas zu vereinfachen: So einfach wie möglich und so komplex wie nötig heißt dabei unsere Devise! Geht es darum, Körperkraft in Bewegungen umzusetzen, müssen die konditionellen Anteile deiner Leistung, wie z.B. die Maximalkraft oder die Kraftausdauer immer in Verbindung mit den koordinativen Anteilen deiner Leistung betrachtet werden. Dies lässt sich vereinfacht in folgender Grafik darstellen: © Copyright by Café Kraft GmbH
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Konditionelle Leistungsanteile koordinative Leistungsanteile Abb. 1: Wechselbeziehung zwischen konditionellen und koordinativen Leistungsanteilen (nach Hotz et al., 2005) Die konditionellen Anteile Deiner Leistungsfähigkeit (Abb. 1: linke Seite) können nur optimal und effizient umgesetzt werden, wenn Du es schaffst, diese in der sportlichen Bewegung richtig zu steuern und zu dosieren (Abb. 1: rechte Seite). Wissenschaftliche Studien belegen sogar, dass schnell zunehmende Kraftfähigkeiten die koordinativen Strukturen der sportartspezifischen Bewegungen beeinträchtigen können (Platonov, 1999). Auf Dauer gesehen muss es deswegen Dein Ziel sein, diese Anteile im Training miteinander zu verbinden. Doch es wird noch ein wenig komplexer: Auch Deine Psyche und Deine Taktik spielen bei der Umsetzung Deiner konditionellen Fähigkeiten eine große Rolle. Für den bekannten Trainingswissenschaftler Arturo Hotz stellt daher die Entwicklung des „Timings“ das eigentliche Kernziel sportlichen Trainings dar. Dabei erwirbst Du die Kompetenz, in einer räumlich und zeitlich optimal aufeinander abgestimmten Form, mit der richtigen Dosierung der Dir zur Verfügung stehenden Energie, die geforderte oder geplante Leistung zu erbringen (Hotz et al., 2005). Psychische Aspekte Leistungsbereitschaft, Selbstwirksamkeit, etc. Konditionelle Leistungsanteile Maximalkraft, Kraftausdauer, etc. Timing
Koordinative Leistungsanteile Orientierungsfähigkeit, Rhythmisierungsfähigkeit, etc. Taktische Aspekte Beurteilung der konkreten Beanspruchungssituation, konkrete Handlungsplanung, etc. Abb. 2: Das Timing als zentrale Handlungskompetenz in der Wechselbeziehung von konditionellen, koordinativen, psychischen und taktischen Faktoren (nach Hotz et al., 2005) © Copyright by Café Kraft GmbH
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Das hört sich alles sehr abstrakt an und wir müssten ein eigenes Buch schreiben, um alle relevanten Details dieser Aussage auf konkrete Vorgänge im Training zu beziehen. Wichtig ist für dich dabei vor allem der Grundsatz: Achte ich in Deinem Training auf eine ausgewogene Entwicklung aller vier leistungsbestimmenden Anteile! Arbeitsweisen Deiner Muskulatur Wir wollen nicht zu theoretisch werden und verzichten deshalb an dieser Stelle auf die üblichen wissenschaftlichen Definitionen. Wenn Du Dich intensiver mit dem Thema auseinandersetzen willst, findest Du im Literaturverzeichnis wertvolle Hinweise. Ganz ohne Theorie geht es jedoch nicht, denn um zu trainieren muss ich systematisch und planvoll vorgehen und dazu gehört eben auch eine Vorstellung von dem, was ich überhaupt bewirke. Die folgende Grafik veranschaulicht die verschiedenen Arbeitsweisen Deiner Muskulatur, die sich auch beim Klettern wiederfinden lassen: Muskelkraft Dynamische Kraft Isometrische (statische) Kraft
Konzentrische (überwindende) Kraft Exzentrische (nachgebende)
Kraft Dehnungs‐
verkürzungs‐
Zyklus Abb. 4: Arbeitsweisen der Muskulatur (nach Olivier et al., 2008) Bei der isometrischen (statischen) Kraft verrichtet Dein Muskel Haltearbeit, d.h. es kommt trotz Widerstand zu keiner sichtbaren Bewegung. Beim Klettern hältst Du z.B. einen Griff fest. Bei der konzentrischen Kraft lässt sich eine Verkürzung des Muskels beobachten. Die widerstehende Last (Hantel oder eigener Körper) wird bewegt. Der Klimmzug wäre eine klassische Übung mit dieser Form der Muskelarbeit. Bei der exzentrischen (negativ dynamischen) Arbeit kommt es zu einem kontrollierten Nachgeben des Muskels bei großer Last. Du kannst Dich z.B. nicht einarmig blockiert halten und Dein Arm „macht auf“. © Copyright by Café Kraft GmbH
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Eine besondere Form der Muskelarbeit stellen kombinierte, exzentrisch‐konzentrische Muskelkontraktionen dar. Diese werden auch als Dehnungs‐Verkürzungs‐Zyklus bezeichnet. Die Muskulatur gibt zuerst auf einen auftreffenden Widerstand hin dosiert nach (exzentrische Arbeit) und kontrahiert sich anschließend unmittelbar wieder (konzentrische Arbeit). Es wird dabei zwischen kurzen Zyklen (< 200 msek.) und langen Zyklen (> 200msek.) unterschieden (Güllich & Schmidtbleicher, 1999). Viele sportliche Bewegungen, wie z.B. sämtliche Sprungbewegungen, stellen derartige Dehnungs‐Verkürzungs‐Zyklen dar (Zatsiorsky & Kraemer, 2008). Beim Klettern wird diese Form der Muskelarbeit z.B. bei Ausholbewegungen für dynamische Züge oder beim schnellen Weiterschnappen von Griff zu Griff benötigt. Kraftarten Außer der Arbeitsweise der Muskulatur lassen sich auch verschiedene Arten von Kraft unterscheiden. In der folgenden Grafik siehst Du die bewährte und nach wie vor gültige Form, um verschiedene Kraftarten zu strukturieren: Maximalkraft Kraftausdauer Schnellkraft Explosivkraft Reaktivkraft Abb. 4: Struktur der Kraftfähigkeiten (in Anlehnung an Boeckh‐Behrens & Buskies, 2005 bzw. Güllich & Schmidtbleicher, 1999) Die Maximalkraft stellt die Basiskraft Deiner Kraftfähigkeiten dar. Sie ist die höchstmögliche Kraft, die Du willentlich erzeugen kannst. Diese willentliche Krafterzeugung unterscheidet sich von der vollständigen Aktivierung Deines Kraftpotenzials (Absolutkraft = 100%), wie sie z.B. durch Elektrostimulation erzeugt werden kann. Durch Training lässt sich der prozentuale Anteil von 70% (Untrainierter) auf ca. 95% steigern (Güllich & Schmidtbleicher, 1999). Deine Maximalkraft ist von folgenden Faktoren abhängig: 1. Die Aktivierung der Muskulatur durch Dein Nervensystem (neuronale Aktivierung) 2. Die Größe Deiner Muskeln (Muskelquerschnitt) 3. Die Zusammensetzung Deiner Muskulatur aus zwei Fasertypen (weiße Muskelfasern = schnelle, kraftvolle Muskelkontraktion, aber auch schnelle Ermüdung; rote Muskelfasern = langsamere, schwächere Muskelkontraktion, aber höherer Ermüdungswiderstand). Diese ist zwar genetisch festgelegt, die einzelnen Faseranteile können sich jedoch durch Training vergrößern. Das nennt man Hypertrophie. Die Schnellkraft ist die Kraft, die Dir ermöglicht, einen möglichst großen Kraftstoß innerhalb kurzer Zeit zu realisieren. Dabei wird die Fähigkeit, einen möglichst steilen Kraftanstieg zu erzeugen, als © Copyright by Café Kraft GmbH
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Nieedriger Maxiimalkraftanteil © Copyright by Café Kraft GmbH
Nieedriger Maxiimalkraftanteil 5
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Abb. 4: Anforderungsprofil der kletterspezifischen Kraftformen Man erkennt eine deutliche Gewichtung bei den Dimensionen „hohe Maximalkraft“, „Kraftausdauer“ und „Schnell‐ und Explosivkraft“. Im Vergleich zu anderen Sportarten, wie z.B. dem Gewichtheben oder dem Rudern ist das Profil jedoch ungleich vielfältiger. Dies bedeutet für Dich, dass Du in Deinem Training stets darauf achten musst, keine der Kraftformen zu vernachlässigen. Wie verbessert man die verschiedenen Kraftfähigkeiten? Die oben genannten Kraftarten lassen sich spezifisch trainieren. Die zugehörigen Basismethoden haben wir im Folgenden aufgeführt. Dabei ist zu beachten, dass die Angaben zur Intensität, Wiederholungs‐ und Serienzahl lediglich Richtwerte darstellen, da präzisere Angaben aufgrund der fließenden Übergänge und der teilweise unterschiedlichen Forschungsergebnisse problematisch sind. Das Training der Maximalkraft Beim Training der Maximalkraft gibt es 2 Grundmethoden (Zatsiorsky & Kraemer, 2008). 1. Die Methode der maximalen Krafteinsätze Ziel Intensität/Kraftentfaltung Wiederholungen/Serien Pause Verbesserung des sehr hoch bis maximal: 1‐6 Wdh. (je nach je nach Zusammenspiels Nahe der maximalen Spezifität der Komplexität der von Muskel und willentlichen Übungsform) Übung: 3‐6 Min. Nervensystem Krafterzeugung (intra‐ und 2‐4 Serien intermuskuläre Explosive Kraftentfaltung Koordination) (isometrisch, konzentrisch oder exzentrisch) Diese Methode ist für Fortgeschrittene und Profis zu empfehlen. Die maximal‐intensive Belastungsform erfordert ein hohes Bewegungskönnen und einen trainierten Bewegungsapparat, um Verletzungen vorzubeugen. Sie ist mental sehr belastend und man sollte unbedingt die Pausenzeiten einhalten, auch wenn sich die Muskeln bereits früher wieder erholt anfühlen. Kennzeichnend für diese Übung ist eine schnelle Steigerung im Training, da diese vor allem aufgrund neuronaler Anpassungsprozesse innerhalb der einzelnen Muskeln (intramuskuläre Koordination) oder zwischen Muskelgruppen (intermuskuläre Koordination) erfolgt. Bei diesem Training kommt kaum ein Hypertrophiereiz (Reiz für Muskelwachstum) zustande. Anwendungshinweise: Eine Technik, um die Belastung bei dieser Methode richtig zu steuern, ist die Ermittlung der maximal möglichen Kraft (100%). Dies erfordert jedoch bei vielen unserer Übungen eine komplizierte Vorgehensweise und hat sich in unserer Praxis als nicht praktikabel herausgestellt. Analog zu Boeckh‐Behrens & Buskies (2005) empfehlen wir die Steuerung der maximal möglichen Wiederholungszahl durch Ausprobieren und unter Zuhilfenahme von Zusatzgewicht oder Entlastungsmaßnahmen. 2. Die Methoden der submaximalen und der wiederholten Krafteinsätze © Copyright by Café Kraft GmbH
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Ziel Intensität/Kraftentfaltung Wiederholungen/Serien Pause Vergrößerung des hoch: 6‐12 Wdh. (je nach je nach Muskel(dicken)‐ 70‐80% der maximalen Spezifität der Komplexität wachstums willentlichen Übungsform) der Übung: (Hypertrophie) und Krafterzeugung ca. 3 Min. Verbesserung der 2‐4 Serien Bewegungskoordination Langsame bis zügige Kraftentfaltung (isometrisch oder konzentrisch) Methode der submaximalen Krafteinsätze: Die Wiederholungen müssen nicht bis zum Abbruch (bis keine weitere Wiederholung mehr möglich ist) durchgeführt werden, sondern können auch kurz davor enden (z.B. 10 statt maximal möglicher 12 Wiederholungen). Dies ist für einen Hypertrophiereiz (Muskeldickenwachstum) ausreichend, jedoch nicht, um die Anzahl der rekrutierten muskulären Einheiten (also der durch das Nervensystem angesteuerten Muskelfasern) optimal auszuschöpfen (Zatsiorsky & Kraemer, 2008). Diese Methode ist für Anfänger zu empfehlen. Methode der wiederholten Krafteinsätze: Bei dieser Methode werden die Wiederholungen bis zum Abbruch der Belastung als wichtige Bedingung durchgeführt (Du machst so viele Klimmzüge, bis Du Dich nicht mehr hochziehen kannst). Dies hat den Vorteil, dass es außer des Hypertrophiereizes auch zu einer Vergrößerung der Anzahl vom Nervensystem angesteuerter muskulärer Einheiten (Vergrößerung des Korridors zwischen schnellen und langsamen Muskelfasern) kommt. Diese Methode setzt einige Erfahrung in der Dosierung der maximalen Wiederholungszahl voraus und ist deshalb eher für Fortgeschrittene und Profis zu empfehlen. Zur optimalen Dosierung lassen sich bei vielen Übungen Varianten finden, bei denen die Gliedmaßen im Sinne von Krafthebeln „verkürzt“ werden (z.B. gebeugte Unterschenkeln oder ein angezogenes Bein bei der Hangwaage), damit die erforderliche Wiederholungszahl erreicht werden kann. Das Training der Schnell‐ bzw. Explosivkraft Methode der explosiven submaximalen Krafteinsätze (vgl. Boeckh‐Behrens & Buskies, 2005) Ziel Vergrößerung der Kraftentfaltung in Abhängigkeit zur Bewegungs‐
geschwindigkeit Intensität/Kraftentfaltung Wiederholungen/Serien Pause mittel: 3‐15 Wdh. (je nach je nach 40‐70% der maximalen Spezifität der Komplexität der willentlichen Übungsform) Übung: ca. 3 Min. Krafterzeugung (vollständige 2‐6 Serien Erholung explosive Kraftentfaltung wichtig!) (meist konzentrisch) Diese Methode ist etwas für Fortgeschrittene und Profis. Dort sollte sie jedoch in keinem Trainingsplan fehlen. Das Training der Schnell‐ und Explosivkraft wird oft vernachlässigt, obwohl die Explosivkraft ein wichtiger Bestandteil der Kletterbewegung ist! Bewegungsabläufe werden dadurch optimiert und allgemein die intermuskuläre Koordination verbessert. Die © Copyright by Café Kraft GmbH
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Wiederholungszahl der einzelnen Übungen sollte so gewählt werden, das die Muskulatur nicht zu stark erschöpft wird. Das Training der Reaktivkraft Ziel Intensität Wiederholungen/Serien
Pause Verbesserung der hoch bis maximal: 5‐10 Wdh. (je nach je nach Komplexität neuronalen 80‐100% % der Spezifität der der Übung: 3‐6 Min. Aktivierung der maximalen Übungsform) (vollständige Muskulatur willentlichen Erholung wichtig!) Verbesserung des Krafterzeugung 2‐4 Serien Energieaufnahme‐
vermögens von Sehnen und Explosive muskulärem Kraftentfaltung Bindgewebe (reaktiv) Diese Methode ist nur für Profis geeignet. Man benötigt viel Trainingserfahrung und kann sich leicht verletzen. Bestimmte Übungen am Hangelbrett sind das optimale Training zur Verbesserung der Reaktivkraft (siehe Übungsbeschreibungen). Das Training der Kraftausdauer Methode mittlerer Krafteinsätze mit hohen Wiederholungszahlen (vgl. Boeckh‐Behrens & Buskies, 2005) Ziel Verbesserung der Ermüdungs‐
widerstandsfähigkeit bei Belastungen mit hohem Kraftanteil Intensität Wiederholungen/Serien
Pause mittel bis hoch: 15‐30 Wdh. (je nach je nach Komplexität 40‐80% der Spezifität der der Übung: 1‐5 Min. maximalen Übungsform) (meist keine willentlichen vollständige Krafterzeugung 2‐6 Serien Erholung) Langsame bis zügige Kraftentfaltung Diese Methode ist für alle Könnensstufen geeignet. Beim Klettertraining dient sie vor allem als Basismethode für das kletterspezifische Kraftausdauertraining. Allgemeine Grundsätze des (Kletter‐)Krafttrainings Es zeigt sich, dass bei einem Krafttraining, das dem Ziel der langfristigen Leistungsverbesserung in einer Sportart folgt (das ist jedenfalls unsere Philosophie) verschiedene Grundsätze beachtet werden sollten. Im Folgenden zählen wir die für uns wichtigsten auf und geben, wenn nötig, eine kurze Erläuterung dazu. ƒ
Trainiere Deine Kraft vielseitig Während z.B. beim Gewichtheben (Explosivkraft und Maximalkraft) oder beim Rudern © Copyright by Café Kraft GmbH
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(Kraftausdauer) sehr spezifische Kraftanforderungen existieren, ist das Kraftprofil der Sportart Klettern ungleich vielfältiger: Kurze Touren oder Bouldern erfordern eine hohe Maximal‐ und Explosivkraft. Boulderquergänge und längere Routen erfordern eine gute Kraftausdauer. Oft kommt es zu Mischformen, da kein Zug und keine Route der anderen exakt gleicht. Wenn du deine Leistung steigern und kein völliger Spezialist für eine Kletterdisziplin werden willst, bleibt dir nichts anders übrig: Du musst stets die Entwicklung deiner Maximalkraft, deiner Explosivkraft und deiner Kraftausdauer im Auge zu behalten. Darüber hinaus benötigt deine Muskulatur sowohl isometrische (statische), konzentrische (dynamische) als auch exzentrisch‐konzentrische (negativ‐dynamische) Belastungsreize, da alle beim Klettern vorkommen. Trainiere abwechslungsreich in der Auswahl deiner Übungen Wie bereits erwähnt: Sportliches Training ist ein komplexer Adaptionsprozess. Dabei passt sich Dein Körper an neue Reize an und versucht ein Gleichgewicht herzustellen, bei dem seine wertvollen Ressourcen soweit als möglich geschont werden. Deswegen ist es wichtig, Deine Trainingsübungen systematisch zu variieren, um den Körper mit einer unvorhergesehenen Aufgabe zu konfrontieren. Dies bewirkt einen besonders effektiven Trainings‐ bzw. Adaptionsreiz. Wissenschaftliche Studien belegen dies (zusammenfassend: Rhea & Alderman, 2004). Wenn Du stets dieselben Trainingsübungen herunterspulst, wird Dein Leistungszuwachs stagnieren, da sich dein Körper an die Gegebenheiten weitgehend angepasst hat (Homöostase). Wie oft und nach welchem System Du Deine Trainingsinhalte wechselst und wie lange Du an einer Übung festhältst ist ein sehr individuelles Problem und Teil der so genannten Periodisierung des Trainings. Als Grundregel gilt: Spätestens nach 6 Wochen muss ein Wechsel der Übungen erfolgen. Trainiere komplex und sportartspezifisch Komplex trainieren bedeutet, dass Deine Übungen im engen Bezug zu einer mehr oder weniger komplexen Zielbewegung stehen sollten. Dies hilft Dir bei einer ökonomischen Kraftentfaltung Deiner sportartspezifischen Bewegungen. Muskeln arbeiten in so genannten Muskelschlingen zusammen. Dies sind Muskelgruppen, die funktionell aufeinander abgestimmt einen ökonomischen Bewegungsablauf gewährleisten (Tittel, 1994). Beim Klettern kommen vor allem die so genannten Zugschlingen des Oberkörpers zum Einsatz. Wir empfehlen als Krafttraining für das Klettern vor allem Übungen, bei denen das Eigengewicht Deines Körpers den Widerstand bildet. Diese Übungen besitzen meist viele Freiheitsgrade und ermöglichen einen besseren Transfer zu kletterspezifischen Bewegungen, bei denen ebenfalls Dein eigenes Körpergewicht den Belastungswiderstand darstellt. Krafttrainingsmaschinen halten wir nur sehr eingeschränkt für geeignet (z.B. bei einem spezifischen Aufbautraining nach Verletzungen). Die international hoch anerkannten Trainingswissenschaftler Zatsiorsky & Kraemer (2008) äußern sich dazu wie folgt: „Die wichtigste Einschränkung vieler Krafttrainingsmaschinen besteht darin, dass sie entwickelt wurden, um Muskeln zu trainieren und nicht Bewegungen. Aus diesem Grund bilden sie für Sportler nicht den wichtigsten Trainingsbereich“. Trainiere mit ausreichender Belastung Wie schon bei den Basismethoden des Krafttrainings erwähnt, ist es wichtig, dass Du den Belastungsreiz bei Deinen Übungen sorgfältig wählst. Ebenso ist es wichtig, dass du die Komponenten deiner Trainingsbelastung sorgfältig auswählst. Die Trainingslehre (z.B. Weineck, 2007) unterscheidet hier zwischen Intensität (Reizstärke), Dichte (Verhältnis von Belastung und © Copyright by Café Kraft GmbH
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Erholung), Dauer (zeitliche Einwirkung) , Umfang (Reizdauer und ‐zahl pro Trainingseinheit) und Häufigkeit (Anzahl der Trainingseinheiten pro Tag und Woche). Wenn du dich z.B. locker 5 Sek. einarmig mit rechtwinklig blockiertem Oberarm halten kannst, stellt ein Training mit 2 Sätzen á 5 Sek. Blockierzeit einen relativ geringen Belastungsreiz dar. Du musst den Belastungsreiz erhöhen. Das kann je nach Zielsetzung z.B. über die Dauer (länger einarmig hängen), die Intensität (Verwendung von Zusatzgewicht) oder die Dichte (kürzere Pausen) geschehen. Umgekehrt ist der Einstieg in eine neue, schwere Übung (aber auch z.B. einen schweren Boulder) oft nur möglich, wenn Du den Belastungsreiz (in diesem Fall der Widerstand Deines Körpergewichts) verringerst. Der Abbruch der Belastung kann durch verschiedene Kriterien geleitet sein und erfolgt in Abstimmung mit deinen Trainingszielen (zusammenfassend: Preuß et al., 2006): ‐ das Wiederholungsmaximum: Dein Trainingssatz endet nach der letzten komplett durchgeführten Wiederholung deiner Trainingsübung ‐ der Punkt des momentanen Muskelversagens (PmM): Du machst nach der letzten komplett durchgeführten Wiederholung bis zu dem Punkt weiter, an dem du die Bewegung abbrechen musst ‐ der Punkt des momentanen Muskelversagens plus Intensitätstechnik (PmM+): Bevor du nach der nicht mehr komplett gelingenden Wiederholung abbrichst, versuchst du, z.B. kurz statisch zu fixieren, langsam nachzugeben oder mit einem Partner die Wiederholung zu vollenden. Übrigens gilt dieses Prinzip genauso für das Bouldern/Klettern. Ein systematisches Boulder‐
/Klettertraining mit dem Ziel eines Kraftzuwachses sollte so geplant sein, dass du – je nach spezifischer Zielsetzung – eines des oben genannten Kriterien erfüllst. Trainiere progressiv Dies ist ein klassischer Grundsatz der Trainingslehre (Weineck, 2007). In Abhängigkeit von deiner Zielstellung ist es wichtig, dass du deine konditionellen, koordinativ‐technischen, taktischen und mentalen Anforderungen ausgewogen, schrittweise und systematisch erhöhst (siehe Abb. 2)! Andere Bereiche gleichen eine unausgewogene Steigerung möglicherweise einige Zeit aus, doch Schritt für Schritt wird deine Leistungsfähigkeit stagnieren. Das Problematische dabei ist, dass viele Kletterer die Ursachen für diese Stagnation letztendlich an der falschen Stelle vermuten, doch dann ist bereits einige Zeit vergangen und eine Umstellung des Trainings fällt immer schwerer! Die Möglichkeiten zur Erhöhung deiner Belastungsanforderungen sind vielfältig: Du kannst den Belastungsumfang (z.B. mehr Serien), die Belastungsintensität (z.B. schwerere Boulder oder Übungen), die koordinativ‐technischen (z.B. immer komplexere Übungsformen) und die taktischen Anforderungen (z.B. Teilnahme an Wettkämpfen) steigern. Trainiere zielgerichtet Ein kleines Beispiel: Für die Vorbereitung auf einen Sommerurlaub in Ceüse macht es wenig Sinn, sich schwerpunktmäßig am Campusbrett oder mit maximalkräftigen Bouldern fit zu machen. Eine Weisheit, die den meisten von euch längst bekannt sein dürfte! Aber wie schaffen die Allround‐ Spitzenkletterer den Spagat zwischen Bouldern und Rotpunktklettern bzw. Leadklettern im Wettkampf? Das Geheimnis liegt in einer breit ausgerichteten Trainingsbasis (Kraftausdauer, Maximalkraft, Explosivkraft), die immer mittrainiert wird. Je nach spezifischer Anforderung (Ceüse: Ausdauerrouten in griffigem Kalkstein) werden dann bestimmte Inhalte schwerpunktmäßig trainiert, ohne die anderen völlig zu vernachlässigen. Die Sportwissenschaft nennt diese Trainingsplanung non‐lineare oder wellenförmige Periodisierung (Kraemer & Fleck, 2008). Diese macht in der Sportart Klettern auch deswegen Sinn, weil sie so vielfältig ist! © Copyright by Café Kraft GmbH
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Trainiere Deine Nicht‐Leistungsmuskulatur Mit „Nicht‐Leistungsmuskulatur“ bezeichnet man die Muskeln, die bei den sportartspezifischen Bewegungen nur in geringem Maß belastet werden. Beim Klettern sind vor allem die Stützschlinge des Oberkörpers, sowie einige am Schulterblatt ansetzende Muskeln betroffen. Eine Schwäche dieser Muskeln kann zu einer einseitigen Belastung Deines Bewegungsapparates und damit verbundenen Überlastungsbeschwerden führen. Ziel sollte deshalb eine ausgeglichene Entwicklung Deiner Leistungs‐ und Nicht‐Leistungsmuskeln sein. Das unterstützt Dich bei einem langfristig geplanten und verletzungsfreien Trainingsaufbau und fördert funktionelle und ökonomische Bewegungen. 5‐20% Deines Krafttrainings (je nach Trainingsphase) sollten für diese Muskelgruppen reserviert werden. Denke auch bei diesem Training an ausreichend Widerstand! Absolviere einen gewissen Teil Deines Trainings unter mentalen Druckbedingungen Die Zielsportart Klettern beinhaltet verschiedene Anforderungen, die mentalen Druck erzeugen: Du stehst mit dicken Armen einige Meter über der letzten Sicherung oder die Sonne geht am letzten Urlaubstag unter und du hast nur noch einen Versuch in Deinem Boulderprojekt. Der Umgang mit solchen Bedingungen muss trainiert werden, wenn Du souverän damit umgehen willst. Dabei hilft Dir, wenn Du in Dein Training ab und zu derartige Bedingungen (Zeitdruck, Klettern von Routen oder Bouldern mit dicken Unterarmen, Wettkampf gegen andere) einbaust. Das funktioniert am besten und macht am meisten Spaß, wenn Du an der Kletter‐ oder Boulderwand trainierst. Achte auf Phasen der Regeneration Sich platt machen schafft irgendwie jeder, aber die wahre Kunst besteht darin, deine Regenerationsphasen bzw. Pausen so zu setzen, dass sich dein Körper von den Trainingsbelastungen optimal erholen kann und die Chance erhält, seine Leistungsfähigkeit zu steigern. Dies betrifft sowohl die zu setzenden Pausentage in der Trainingswoche, als auch die großen Regenerationsphasen, die du über das Kletterjahr verteilst. Aufgrund der Komplexität von Trainingsbelastungen gibt es dazu keine allgemein gültige Regel und jeder reagiert zudem auf diese Belastungen individuell leicht unterschiedlich. Wichtig ist jedoch, dass du trotz deiner Motivation und deinem Willen, dich zu steigern, überhaupt Pausen und Regenerationszeiten einlegst! Lässt die Motivation rapide nach und stagniert deine Leistung trotz ausreichender Belastungsreize, können das die ersten Anzeichen für ein Übertraining sein! Ebenso kann es zu langwierigen Problemen durch Überlastungserscheinungen kommen. Beides kann deine Leistungsfähigkeit und auch deine allgemeine Gesundheit über einen langen Zeitraum beeinträchtigen! Grundsätze einer Trainingseinheit Bevor Du loslegst, gilt es einige Grundsätze zu beachten, die Du bei der Gestaltung Deiner Trainingseinheit beachten solltest. 1) Wärme dich auf Idealerweise beginnst Du mit einer Aktivierung Deines Herz‐Kreislaufsystems durch lockeres Laufen (allgemeines Aufwärmen). Hast Du nicht die Möglichkeiten dazu, kannst Du auch einige gymnastische Übungen (z.B. Hampelmann, beidbeiniges/einbeiniges Hüpfen, Strecksprünge) © Copyright by Café Kraft GmbH
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absolvieren. Danach dehnst Du Deine Muskulatur kurz an (ca. 8 Sek. Dehnzeit). Anschließend absolvierst Du einige Kräftigungsübungen mit für Dich leichter bis mittlerer Intensität (z.B. kurzes Anblockieren an der Boulderwand oder kurzes Blockieren in verschiedenen Klimmzugpositionen). Danach machst Du einige koordinative Übungen aus dem Turnen (wie z.B. Rad oder Sprungrolle). Je nach Trainingseinheit folgt zuletzt das spezifische Aufwärmen mit leichter bis mittlerer Belastung an der Kletter‐ oder Boulderwand. 2) Technik vor Kraft Ein wichtiger Grundsatz bei der Planung Deiner Trainingseinheit: Übungsformen, die ein hohes Maß an technischen Fertigkeiten beinhalten, sollten immer vor Übungsformen trainiert werden, die vor allem konditionelle Anteile beanspruchen. Konkret heißt das: Boulder‐ und Klettertraining steht immer vor reinem Krafttraining. Komplexe Trainingsformen (z.B. eine Wettkampfsimulation), die viele verschiedenen Leistungsfaktoren gleichzeitig trainieren, stehen immer vor weniger komplexen Übungsformen wie z.B. dem Systembouldern. 3) Keine Explosivkraft‐ oder Reaktivkraftübungen im erschöpften Zustand Trainingsprofis sollten beachten, dass sie eine Trainingseinheit mit explosiven und reaktiven Übungen so planen, dass diese nicht in einem bereits erschöpften Zustand absolviert werden. Du musst diese Übungen nicht an den Anfang Deiner Trainingseinheit legen, solltest Dich aber vorher nicht zu stark verausgaben. Ein nicht zu sehr erschöpfendes Bouldertraining zu Beginn Deiner Trainingseinheit ist da kein Problem. Wenn Du jedoch 2‐3 Stunden mit maximaler Anstrengung boulderst, ist die intensive Hangelbrettsession danach fehl am Platz. Einige weitere Tipps, die wir dir geben möchten, betreffen Deine allgemeine Einstellung zum Training. Dies halten wir für sehr wichtig. Als Hilfestellung können dazu einige Fragen dienen, die Du Dir vor dem Beginn Deines Trainings – jenseits von Wiederholungszahl und Übungsform – stellen solltest: empfehlenswerte Einstellung Ich gehe respektvoll mit meinem Körper um und akzeptiere, dass er einzigartig ist und ich nicht alles zu 100% planen kann. Ich bin auf mein Training fokussiert. Ich bin motiviert und freue mich auf das Training. Ich bin gespannt, wie es heute im Training läuft und denke mir oft neue Übungen aus. Ich habe einen Plan und weiß, was ich im Training machen werde. Ich habe SMARTE Ziele formuliert, die ich im/durch Training erreichen will. Nach dem Training gönne ich mir Ruhe und Erholung. problematische Einstellung Mein Körper ist eine Maschine, die ich programmieren will und die dann funktionieren muss Ich habe viel Stress und trainiere nur, um andere Dinge zu verarbeiten. Ich bin übermotiviert. Wenn es nicht läuft, werde ich die Brechstange auspacken. Ich bin in meiner Routine gefangen und trainiere nur, weil ich das Gefühl habe, trainieren zu „müssen“. Ich habe keinen Plan und trainiere einfach darauf los. Ich habe keine Ziele, die ich im/durch Training erreichen will. Nach dem Training warten schon die nächsten Belastungen auf mich. Spezielle Krafttrainingsmethoden © Copyright by Café Kraft GmbH
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Außerhalb der bereits beschriebenen Basismethoden gibt es einige Spezialmethoden, die wir Dir nicht vorenthalten wollen. ƒ
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Complex Training Das Complex Training (nicht zu verwechseln mit dem komplexen Krafttraining!) ist vor allem für hoch austrainierte Athleten geeignet, deren Kraftsteigerungsraten stagnieren (Ebben, 2002). Dabei wird vor einen Übungssatz mit explosiven oder reaktiven Kraftanforderungen ein so genannter Ermüdungssatz mit langsamer Bewegungsgeschwindigkeit (gleiche Übung) ausgeführt. Klar ist, dass diese Form nur bei Übungen mit viel explosivem Kraftanteil angewandt werden kann (z.B. ist die Hangwaage ungeeignet, da vor allem die statische Kraft trainiert wird). Die Wiederholungszahl des Ermüdungssatzes sollte 3‐10 betragen (Hörst, 2008). Was die Abfolge der beiden Sätze (Doppelsatz) angeht, schwanken die Empfehlungen zwischen unmittelbar hintereinander (Hörst, 2008) und 3 Min. Pause (Ebben, 2002). Wichtig ist, auf eine vollständige Erholung (bis zu 5 Min.) zwischen den Doppelsätzen zu achten! High Intensity Training Das High Intensity Training ist vor allem im Fitnesssport populär geworden. Eine ausführliche Beschreibung dieser Methode können wir hier nicht leisten, Du findest aber im Literaturverzeichnis weitergehende Informationen (→ Gießing, 2010). Grundsätzlich wird bei dieser Trainingsform nur 1 Satz (maximal 2) ausgeführt. Die Intensität dieses einen Satzes wird gesteigert, indem Du die Zeitdauer, die du für die Bewegung benötigst, erhöht wird. Das 4‐2‐4 Muster (z.B. beim Klimmzug: 4 Sekunden anziehen, 2 Sekunden in der Endposition halten, 4 Sekunden ablassen in die Ausgangsstellung) gilt dabei als Standard. Die Wiederholungszahl der einzelnen Sätze sollte 10 nicht überschreiten (ideal: 5‐8), da die Anspannungsdauer maximiert wird. Die Belastung muss zudem so gewählt werden, dass Du am Ende des Satzes nicht mehr in der Lage bist, eine weitere Wiederholung auszuführen (Punkt des momentanen Muskelversagens). Die Vorteile dieser Methode liegen im geringen Zeitaufwand (1‐2 Einheiten a 30 Min. in der Woche genügen). Diese Trainingsform ist vor allem für Fortgeschrittene geeignet, aber auch Anfänger können sie verwenden. Long‐Duration Isometrics Diese von Eric Hörst (2012) beschriebene Trainingsmethode hat das Ziel, eine möglichst breite Aktivierung der verschiedenen Faseranteile des Muskels zu gewährleisten. Dabei werden isometrische (also statische) Übungsformen mit einer Dauer von 30‐60 Sek. ausgeführt. Die Übung eignet sich für das Kletterkrafttraining besonders bei Bewegungen, die statische Kraftanteile zulassen (z.B. Klimmzüge, Blockierübungen am Hangelbrett und beim Systembouldern oder Fingerkrafttraining durch Hängeübungen) Variationen in der Bewegungsausführung Im Normalfall erfolgen konzentrische Kraftübungen im Bewegungsfluss und ohne Unterbrechung. Um einen neuen Reiz zu setzen bzw. die Intensität der Übung zu erhöhen, kannst Du hierbei variieren. Es gibt folgende Möglichkeiten (vgl. Boeckh‐Behrens & Buskies, 2005): „Peak Contraction“: Du hältst am Ende der Kontraktionsphase für 2‐3 Sek. die Spannung „Stutter repetition“: Du baust in die Kontraktionsbewegung mehrere statische Haltephasen von 2‐3 Sek. Dauer ein (z.B. bei Klimmzügen). © Copyright by Café Kraft GmbH
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„End Contractions“: am Ende der Kontraktionsphase werden einige kleine Zusatzkontraktionen mit geringem Bewegungsumfang eingebaut. ƒ
Core Training Mit dem Begriff „Core“ wird der anatomische Funktionsbereich zwischen Schultern und Knien beschrieben. Nach Gustedt (2013) dient dieser Bereich generell zur Kraftproduktion und ist damit Grundlage und Ausgangspunkt jeder Körperbewegung. Insgesamt finden sich in diesem Bereich 29 Muskeln, die sich in lokale und globale Muskelgruppen unterscheiden lassen (Faries & Greenwood, 2007). Diese unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Faserzusammensetzung (slow‐
twitch bzw. fast‐twitch) und ihres Aktivierungsgrads bezüglich der Größe des geforderten Widerstandes. Folglich unterscheidet man beim Core‐Training zwischen einem Training für die Rumpfkraft (globale Muskeln: große Bewegungen) und einem Training für die Rumpfstabilität (lokale Muskeln: Haltearbeit bzw. Körperspannung). Da diese Muskeln jedoch synchron arbeiten, sollten sie auch gemeinsam trainiert werden (Gustedt, 2013). Dies wird durch Übungen erreicht, bei denen Bewegungen unter gleichzeitiger Stabilisation des Körpers durchgeführt werden. Zusätzlich können dabei auch instabile Haltepunkte integriert werden. Der Sling‐Trainer ist z.B. ein ideales Übungsgerät für diese Form des Trainings. Der Aufbau unseres Buches Du findest in diesem Buch eine Auswahl verschiedener Möglichkeiten. Deine Kraft‐ und Dein Kletterkönnen zu trainieren. Der Schwerpunkt liegt dabei auf Kräftigungsübungen aller Art, wobei v.a. im Kapitel „Boulderwand“ die gesamte Bandbreite der für Dich wichtigen Leistungsanforderungen angesprochen wird (siehe Abb. 2). Einleitend beschreiben wir das jeweilige „Trainingsgerät“ und welche Kraftarten damit trainiert werden. Anschließend findest Du eine Auswahl an Übungsbeschreibungen, die sich in unserer Trainingsarbeit bewährt haben. Die dort angegebenen Werte für Wiederholungs‐ und Serienzahl bzw. Pausenlänge sind Erfahrungswerte, mit denen wir in unserem Training häufig arbeiten. Sie sind natürlich individuell abwandelbar und du kannst ebenso in der Trainingsmethode variieren. Die angegebenen Werte erleichtern jedoch einen Einstieg ins Training. Um die Sache etwas zu vereinfachen haben wir zwischen Übungen für Anfänger, Fortgeschrittene und Profis differenziert. Auch dies sind nur durchschnittliche Erfahrungswerte und zuletzt zählt Deine individuelle Einschätzung: Wenn Du in einem Turnverein warst, werden dir die Übungen an den Ringen leichter fallen als einem Kletterer, der dieses Trainingsgerät zu ersten Mal in der Hand hält. Übungen, welche die Explosiv‐ und Reaktivkraft trainieren, haben wir ebenfalls gekennzeichnet, da unseres Erachtens dieser Übungsform im Klettertraining zu wenig Beachtung geschenkt wird. Zuletzt noch einige Hinweise für Deine Trainingsplanung: Anfänger Der Schwerpunkt Deines Trainings liegt beim Training durch Klettern und Bouldern (ca. 70‐80%). Allgemeine Kraftübungen stellen 20‐30% Deiner Trainingsinhalte dar (Verbesserung der Körperspannung und Training des Schultergürtels). Spezifische Kraftübungen wie z.B. isoliertes Fingerkrafttraining bilden die Ausnahme (maximal 5%). Vergiss nicht, Deine Nicht‐
Leistungsmuskulatur zu trainieren! © Copyright by Café Kraft GmbH
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Fortgeschrittene Wenn Du als Fortgeschrittener bereits mit Trainingsplänen arbeitest, sollten Deine Trainingsinhalte, Deine Trainingsmethoden und Deine Trainingsumfänge über das Jahr gesehen systematisch variieren (Periodisierung). Generell lässt sich jedoch sagen, dass der Anteil der spezifischen Kraftübungen zunimmt (10‐20%). Dies geht auf Kosten der allgemeine Kraftübungen (Reduktion auf ebenfalls 10‐
20%). Ein Ausgleichstraining (Training der Nicht‐Leistungsmuskulatur) ist dabei weiterhin Pflicht! Mindestens 60% der Trainingsinhalte liegen beim Training durch Klettern und Bouldern. Trainingsprofis Als Trainingsprofi arbeitest Du meist mit Trainingsplänen und meist auch einem Trainer. Dieser übernimmt in Absprache mit Dir die individuelle Trainingsplanung. Schwerpunkt ist das Training Deiner verbliebenen Schwächen aufgrund differenzierter Stärken‐Schwächen‐Profile. Hochintensive, spezifische Krafttrainingsmethoden wie z.B. das Explosivkrafttraining am Hangelbrett können zeitweise bis zu 40% Deiner Trainingsinhalte ausmachen. Dennoch solltest Du auch hier immer mehr als die Hälfte Deines Trainings durch Klettern und Bouldern absolvieren. Literatur Boeckh‐Behrens, W.‐U., Buskies, W. (2005). Fitness‐Krafttraining. Rowolth: Reinbek. Ebben, W. (2002). Complex Training: A brief review. Journal of sports Science and Medicine 1/2002, 42‐46. Faries, M. D., Greenwood, M. (2007). Core training: Stabilizing the confusion. Strenght & Conditioning Journal 29 (2), 10‐25. Gießing, J. (2010). Hit‐Fitness – Hochintensitätstraining. Riva: München. Güllich, A., Schmidtbleicher, D. (1999). Struktur der Kraftfähigkeiten und ihrer Trainingsmethoden. Deutsche Zeitschrift für Sportmedizin 50 (7/8), 223‐233. Gustedt, C. (2013). Core Training: Zum Einfluss von Rumpfkraft und –stabilität auf die sportliche Leistungsfähigkeit. Leistungssport 2/2013, 11‐15. Hörst, Eric (2012). Training with Long‐Duration Isometrics. Dead Point Magazine 18/2012, 54‐55. Hörst, Eric (2012). Training for Climbing. Falcon Guides: Guilford. Hottenrott, K., Neumann, G. (2010). Ist das Superkompensationsmodell noch aktuell? Leistungssport 2/2010. 13‐19. Hotz, A., Hegner, J. & Kunz, H. (2005). Erfolgreich trainieren! Akademischer Sportverband: Zürich. Jakovlev, N. (1976). Erweiterung der Regulationsbereiche des Stoffwechsels bei Anpassung an verstärkte Muskeltätigkeit. Med. Sport (Berlin) 16/1976, 66‐70. Kraemer & Fleck (2008). Optimizing Strength Training: Designing Nonlinear Periodization Workouts. Human Kinetics. © Copyright by Café Kraft GmbH
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Einführung ins effektive Klettertraining
Neumann, G., Berbalk, A. (1991). Umstellung und Anpassung des Organismus – grundlegende Voraussetzungen der sportlichen Leistungsfähigkeit. In: Bernett, P., Jeschke, D. (Hrsg.) Sport und Medizin Pro und Contra, 415‐419. Zuckerschwerdt: München. Olivier, N., Marshall, F. & Büsch, D. (2008). Grundlagen der Trainingswissenschaft und –lehre. Hofmann: Schorndorf. Preuß, P. et al. (2006). Belastungssteuerung im Krafttraining: konzeptionell‐inhaltliche Präzisierungen und Fragestellungen am Beispiel des Muskelaufbautrainings. Leistungssport 2/2006. 32‐38. Platonov, V. N. (1999). Belastung – Ermüdung – Leistung. Philippka Sportverlag: Münster. Rhea, M. R., Alderman B. L. (2004). A Meta‐Analysis of Periodized Versus Nonperiodized Strenght and Power Training Programs. Research Quarterly for Exercise and Sport 75 (4), 413‐422. Schlicht, W. (1989). Belastung, Beanspruchung und Bewältigung. Sportpsychologie 2/1989, 10‐17. Tittel, K. (1994). Beschreibende und funktionelle Anatomie des Menschen. Gustav Fischer Verlag: Stuttgart. Zatsiorsky, V. M., Kraemer, W. J. (2008). Krafttraining: Praxis und Wissenschaft. Meyer & Meyer: Aachen. © Copyright by Café Kraft GmbH
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