Einfach abbiegen - Hotel Post Lermoos

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Einfach abbiegen - Hotel Post Lermoos
Reise-Journal
18
NUMMER 189
DIENSTAG, 19. AUGUST 2014
Reise kompakt
Tibet: Chinesen bauen
neue „Himmelsbahn“
Als „Himmelsbahn“ wird die neue
Lhasa-Shigatse-Trasse laut der
Tageszeitung Die Welt schon beworben. Die höchstgelegene Eisenbahnstrecke der Welt, wird ab
August auf bis zu 4000 Höhenmetern von der tibetischen Hauptstadt
zur zweitgrößten im Westen gelegenen Stadt Shigatse führen. 10,8
Milliarden Yuan (1,2 Milliarden
Euro) kostete der Bau der Strecke
mit 29 Tunneln, darunter einem
10 410 Meter langen Tunnel, der auf
3850 Meter Höhe gegraben wurde.
Keine drei Fahrstunden wird der
Zug brauchen, um den Lhasas Potalla-Palast, den früheren Sitz des
im Exil lebenden Dalai Lama, mit
Shigatse zu verbinden, dem Sitz des
unter Pekings Fuchtel stehenden
Pantschen Lama. (li)
Tennengau: Aus Heu
entstehen Kunstwerke
Dass Heu weit mehr ist als getrocknetes Gras, beweist seit 14 Jahren
das HeuArt Fest in Scheffau. Am 31.
August wird der weltgrößte Heufiguren-Umzug wieder tausende Besucher aus ganz Europa ins Tennengebirge locken. Auf prächtig geschmückten Wagen ziehen ab 11
Uhr die in mühsamer und monatelanger Arbeit gefertigten überdimensionalen Heukunstwerke in Begleitung von Trachtlern und
Schnalzern durch den Ort. (li)
»info www.tennengau.com/heuart
Italien: Aosta
feiert Augustus
Gegründet wurde Aosta 25 v. Chr.
unter Kaiser Augustus als Augusta
Praetoria Salassorum. Bis heute
steht hier eine der besterhaltenen
römischen Stadtanlagen Europas.
Rund um den 2000. Todestag des
ersten römischen Kaisers feiert die
Stadt ihre römische Vergangenheit
mit einer Reihe von Veranstaltungen, die bis zum 21. Dezember andauern. Bei Sonderführungen und
Workshops im Archäologischen
Museum, dem „Museo Archeologico Regionale“ – kurz MAR – können sich die Besucher u.a. nicht nur
über die Anfänge der Stadt sondern auch über die Begräbnisriten
der Römer, ihre Körperpflege und
den damaligen öffentlichen Wohnungsbau informieren. Ein Höhepunkt des Festprogramms ist die
Wiedereröffnung der Aquäduktbrücke „Pont d’Aël“ in Aymavilles.
Noch bis Ende August lädt das
„Teatro Romano“ jeden Montagabend zur Sommerveranstaltung
„Eté au théâtre“. (li)
»info www.lovevda.it
Wandern: Mit dem Ranger
auf dem Harzer Hexen-Trail
Spannende Naturerlebnisse versprechen Wanderungen mit dem
ortskundigen Ranger. Am HarzerHexen-Stieg beispielsweise führt
ein Nationalpark-Ranger am 29.
August durch den „Urwald von
morgen“. Drei Stunden lang erfahren die Teilnehmer bei einer aussichtsreichen Wanderung, wie sich
Wald und Natur entwickeln, wie
die Menschen mit und in der Natur
lebten und wie Sagen und Märchen
aus diesem Zusammenleben entstanden. Treffpunkt ist um 10 Uhr
am Wandertreff hinter dem Nationalpark-Besucherzentrum TorfHaus in Altenau-Torfhaus. (li)
»info www.top-trails-of-germany.de
Immer wieder samstags: Die B 179 ist eine bekannte Staufalle auf dem Weg nach Österreich. Doch wer abzweigt, kann einiges erleben.
Einfach abbiegen
Tirol Die B 179 über den Fernpass ist vor allem samstags eine Staufalle, die Autofahrern viel Geduld abverlangt.
Doch wer in Leermoos abzweigt, erfährt, warum schon Goethe hier eine Zwischenstation einlegte
VON JENS-MARTIN TRICK
Ganz ruhig und unaufgeregt plätschert der Riegebach in seinem Bett,
schlängelt sich beschaulich rechts
und links an Tannen und Lärchen
des Lermooser Walds vorbei, taucht
ein ums andere Mal im wirren Dickicht ab, um plötzlich wieder neben dem Asphalt der B179 zu erscheinen. Während der Bach hier
bereits den größten Teil seiner rund
fünf Kilometer langen Reise, vom
Ausgangspunkt unterhalb der 2225
Meter hohen Bleispitze bis hinein in
den Ortskern von Lermoos, wo es
sich schließlich im Lussbach verliert, gemeistert hat, beginnen für
andere genau an dieser Stelle die
Strapazen erst so richtig.
Für viele Autofahrer ist der Anstieg zum Fernpass vor allem eines:
Ein Ärgernis sowie ein zeitlicher
Bremshügel auf ihrem mühsamen
Weg in den Süden. Wäre die kurvenreiche B179, die über die 1216
Meter Gebirgshöhe führt, ein Song,
so würde sie fraglos seit Jahren die
Musikcharts in Österreich anführen.
Kaum ein Tag vergeht, an dem die
Straße nicht in den Verkehrsnachrichten auftaucht. Der Grund ist
einfach: Die B179 ist eine der meistbefahrenen Routen über die Ostalpen und sorgt mit ihren maximal
acht Prozent Steigung regelmäßig
für nervenzehrende Staus auf den
knapp 90 Kilometern zwischen dem
Füssener Grenztunnel und Imst.
Bis zu 25 000 Fahrzeuge quälen
sich an Spitzentagen über den Sattel
zwischen Bayern und Tirol. Gibt
man bei Google den Namen „Fernpass“ ein, bekommt man bereits als
zweite Ergänzungsmöglichkeit den
Begriff „Fernpass Stau“ angeboten
– eine klare Ansage. Dem leidge-
prüften Autofahrer wird also an diesem Nadelöhr jede Menge Geduld
abverlangt, die ja bekanntlich im
Straßenverkehr rar ist. „Bis hier
und nicht weiter“, mag sich da der
ein oder andere Tourist deshalb
denken, entnervt den Kontakt zur
vorderen Stoßstange aufgeben, am
Ende der Blechlawine ausscheren, es
damit dem Riegebach gleich tun,
und die Abfahrt nach Lermoos nehmen. Eine Entscheidung, die nicht
verkehrt sein muss. Denn, was viele
dank ausgiebiger Betrachtung nur
von der Straße aus kennen, birgt so
manche Überraschung.
Schon die Römer rasteten im
Schatten der Zugspitze
Schon Goethe machte in dem
1100-Seelen-Örtchen während seiner Italienreise am 20. März 1790
Halt. Der Dichterfürst ist damit einer der ersten, zumindest der prominenteste Gast, der Lermoos zu
schätzen lernte. Die damalige Poststation, in der er einkehrte, ist bis
heute ein Hotel und die Chefin, Angelika Dengg, mächtig stolz auf die
450-jährige Historie ihres Hauses
und den Gast von einst. „Dass hier
so viele Besucher vorbeikommen,
liegt vermutlich ein Stück weit an
der günstigen Verbindung zum Süden“, spekuliert Dengg, während
sie den Blick von ihrer Terrasse aus
Richtung Zugspitze schweifen lässt.
An klaren Tagen grüßt Deutschlands höchster Gipfel direkt von gegenüber.
Bereits lange vor Goethe, im Jahr
46 nach Christus, legten die Römer
im Schatten der Zugspitze den
Grundstein für den einstigen Handelsweg, die Via Claudia Augusta,
die der Region zu wirtschaftlicher
Blüte verhalf. Heute, das weiß auch
Kurz informiert
● Anreise Mit dem Auto auf der A7
bis Füssen, dann weiter auf der
B179 bis Ausfahrt Lermoos.
● Übernachten Hotel Post direkt am
Kirchplatz mit Zugspitzblick. Übernachtung mit Frühstück ab 139 Euro:
Tel. 0043/ 5673/2281-0,
www.post-lermoos.at.
● Via Claudia Augusta Die alte Römerstraße wurde in den 1990er
Jahren zu neuem Leben erweckt.
Heute kümmern sich vor allem
zwei Vereine (einer in Bayern und einer in Tirol) sowie die Arge Gastlichkeit um die kulturelle Aufwertung
entlang der Strecke. Mehr dazu,
sowie zu den Radshuttles und
Kutschfahrten im Internet unter
www.viaclaudia.org
● Radtouren Mehrtägige geführte
Radtouren entlang der Via Claudia
organisiert „Inntour“: Leopoldstrasse
4, A-6020 Innsbruck, Tel.
0043/699/10128730, www.inntour.com.
● Kontakt Tourismusbüro Lermoos,
Unterdorf 15, A-6631 Lermoos,
Tel. 0043/ 5673/ 20000 300,
www.lermoos.at.
Angelika Dengg, ist die verkehrsreiche Straße nicht nur Segen, sondern
für einige Anwohner auch Fluch.
„Zwar ist bei uns hier im Hotel am
Kirchplatz vom Lärm nichts zu hören, aber andere haben weniger
Glück mit der Lage.“
„Andererseits“, räumt Birgit
Lindner von der Touristeninformation ein, „ profitieren wir durch die
Lage als eine der ersten Ferienregionen in Tirol, die von Deutschland
aus unkompliziert und ohne Maut
erreichbar ist, schon sehr von der
Strecke.“ Über 510 000 Besucher
spüle die Straße alljährlich nach
Lermoos, knapp die Hälfte davon
aus Deutschland. Dass Lermoos lediglich eine Zwischenstation auf
dem Weg in den Süden sein könnte,
wird von allen Seiten verneint – und
mit Fakten belegt: Im Schnitt bleiben die Gäste 4,5 Nächte.
Mittlerweile ist also in Lermoos
einiges los – im Gegensatz zu dem,
was der Name erwarten ließe. Lermoos bedeutet so viel wie „leeres“
oder „ungenutztes“ Moos. Doch die
ehemalige Sumpflandschaft ist
längst keine Einöde mehr. Und eine
der Hauptattraktionen ist die Via
Claudia Augusta, die „europäische
Kulturachse“. Schon 15 v. Christus
hatten die Römer die Straße zu militärischen Zwecken angelegt, um die
Po-Ebene mit der Donau-Region zu
verbinden.
Heute kann man auf der alten Römerstraße dem Stau auf der B179
durch „entschleunigte Varianten“
entkommen. Der Verein „Via Claudia Augusta“ aus Bayern organisiert
beispielsweise zusammen mit der
„Arge Gastlichkeit“ aus Tirol Postkutschenfahrten entlang der Strecke. Gemächlich, mit vier Pferdestärken, machten sich schon Grup-
pen im originalgetreuen Nachbau
eines Pavillon-Wagens aus dem Jahr
1811 über den Pass auf. Die Reise
dauert zwar ähnlich lange wie die
Fahrt in einem knackigen Samstagsstau, ist aber in jedem Fall die angenehmere Art, den Fernpass zu meistern. „Derzeit arbeiten wir an einer
baldigen Neuauflage dieser Fahrten“, verspricht Christoph Tschaikner. Der Geschäftsführer der Arge
ist quasi federführend für dieses
Projekt und kümmert sich seit Ende
der 90er Jahre, damals im Rahmen
des
EU-Regionalmanagements
Imst, um die Aufwertung der historischen Straße.
Wie die alte Via Claudia
sich durch die Alpen schlängelte
So wurde in Zusammenarbeit mit
verschiedenen Anbietern auch ein
Radshuttle über den Pass eingerichtet, der auch Familien und rüstige
Senioren empfohlen wird. Denn
dank des Shuttles könne jeder selbst
entscheiden, welchen Teil der Strecke er aus eigener Kraft zurücklegen
wolle. Ob zu Fuß, mit dem Rad oder
in der Kutsche – wer so entschleunigt unterwegs ist, kann die landschaftliche Schönheit und die kulturellen Schätze am Wegesrand genießen. Zum Beispiel das Durchsichtspanorama in Lermoos unterhalb der
Kirche, eine Glas-Tafel, die den Betrachter in alte Zeiten zurückversetzt. Blickt man hindurch, sieht
man die originale Via Claudia Augusta wie sie vor 2000 Jahren auf
tausenden Baumstämmen durch das
damals noch nicht trockengelegte
Feuchtgebiet Lermoos führte. Während die einen also in der Blechlawine feststecken, machen die anderen
im Stauloch von Leermoos noch einen Ausflug in die Geschichte.
Seitenblicke – Bücher für die Reise
Die Schönheit der Welt
Bildband Reportagen von Udo Bernhart
St. Anton: Filmfest
feiert 20. Jubiläum
„Berge - Menschen - Abenteuer“ –
das Filmfest in St. Anton am Arlberg widmet sich seit 20 Jahren diesem Dreiklang. Vom 27. bis 30.
August treffen sich wieder Filmemacher und Abenteurer aus aller
Welt, darunter so viele WeltklasseAthleten wie noch nie. Bei diesem
„Klassentreffen“ der Outdoorfans
setzen die Filme Abenteuer in Szene – sei es mit Slacklines in den Sextener Dolomiten, mit Paddel und
Pedal in Norwegen oder als Freikletterer am Cerro Torre in Patagonien. (li)
»info www.filmfest-stanton.at
Foto: Sandy, Fotolia
Eine Rückschau in Bildern: Der Fotojournalist Udo Bernhart...
Er wollte immer hinaus in die Welt,
als kleiner Bub schon wurde ihm die
Heimat Südtirol zu eng. Als Fotograf entdeckte er ihre Schönheit
neu, aber auch die Schönheit der
fernen Länder.
Der Foto-Journalist Udo Bernhart, 1956 in einem kleinen Dorf im
Vinschgau geboren, hat die Welt mit
seiner Kamera bereist, von der Antarktis bis Alaska, von Kamtschatka
bis Kanada, von Patagonien bis Peking. Er war mit der legendären
Concorde unterwegs, mit dem
Schiff, mit dem Fahrrad, auf Skiern,
zu Fuß und auf dem Rücken der
Pferde – und immer sind auf seinen
Reisen wunderbare Fotos entstanden, die nicht nur die Schönheit des
Reiselandes abbilden, sondern auch
die Gesichter der Menschen zeigen.
33 Jahre, von 1979 bis 2012, umfasst
der Bildband. So manches hat sich in
diesen Jahrzehnten verändert. In
Peking etwa sind die Räder den Autos gewichen, nur die Natur in Alaska, da, wo die Menschen nicht hinkommen, die ist gleich geblieben.
Auch das hat Udo Bernhart festgehalten. Sein sehr persönliches Reiseund Fotobuch lädt dazu ein, ihn auf
seinen Ausflügen in die weite Welt
zu begleiten. Es weckt die Sehnsucht, aufzubrechen und in der Ferne einer anderen Art von Leben
nahe zu kommen, das die Alltagsroutine verwehrt. (li)
» Udo Bernhart: Draußen – Mit der Kamera durch die Welt. Raetia, 242 S.,
24,90 Euro
war 33 Jahre in der Welt unterwegs.
Fotos: Verlag