Mediale Kräfte und ihr Platz in der Spiritualität

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Mediale Kräfte und ihr Platz in der Spiritualität
GELEBTE SPIRITUALITÄT
Medialität ist nicht gleich Spiritualität,
und auch kein Bestandteil der religiös-spirituellen Schulung
DIE
GEISTER
DIE ICH
RIEF
Mediale Kräfte
und ihr Platz in der
Spiritualität
Ü
bernatürlich erscheinende Fähigkeiten wie Hellsehen, Telepathie, oder das Lesen
in der Akasha-Chronik (dem „Buch des Lebens“, wie es in der christlichen Tradition
heißt) sind ein Phänomen, das in der Natur des Bewusstseins begründet ist, und
dementsprechend hat jeder Mensch das Potenzial dazu.
„Wir alle tragen die Fähigkeit der Medialität in uns!“, sagt zu Recht die mediale Lebensberaterin und Ausbilderin Beate Bunzel-Dürlich vom Berliner Akasha-Zentrum. Psi-Fähigkeiten sind entgegen der landläufigen Meinung nicht gekoppelt an eine genetische Anlage. Sie
werden nicht vererbt, und wenn sie innerhalb mancher Familien häufig anzutreffen sind,
dann weil die Sensibilität dafür in der Familie gefördert wird.
Missbrauch
der geistigen Kraft
Zur Entwicklung von Psi-Kräften gehören mehrere Faktoren, darunter die Schulung und
Erhöhung der Konzentration, das „Leerwerden“ oder Ausblenden der eigenen Person sowie
das Unterbinden der mental-emotionalen Aktivität des Geistes. Aber der eigentliche Schlüssel ist die Lenkung der gebündelten Energie des Geistes. Alles Vorgänge, die Meditierenden
aus ihrer Praxis vertraut sind. Und tatsächlich können dem spirituell Praktizierenden diese
Kräfte unabsichtlich zuwachsen, als Begleiterscheinung seiner Meditationspraxis. Dennoch
ist es für den spirituellen Adepten ausnahmslos tabu, mediale oder andere Psi-Fähigkeiten
gezielt zu entwickeln bzw. zu gebrauchen sowie die Dienste eines Mediums in Anspruch zu
nehmen. Warum?
Das Ziel ist Gott allein
Fähigkeiten wie Hellsehen,
Telepathie, Geistiges Heilen,
Astralreisen, Telekinese, mediale Kontakte
mit Verstorbenen gelten gemeinhin als unerklärliche,
übernatürliche Psi-Phänomene. Sie erwecken vielfach die
Neugier, aber ist es sinnvoll, sie selbst zu erwerben?
10 Visionen 9/2013
erlebt zunächst feinstoffliche Seinsebenen,
die in ihren Strukturen noch denen der physischen (grobstofflichen) Welt ähnlich sind,
und dann kausale Seinsebenen, die in ihrer
Feinheit schon kaum noch zu beschreiben
sind; und die Vertiefung ins reine Bewusstsein geht noch weiter über verschiedene
Samadhi-Stufen, die vom menschlichen
Verstand gar nicht mehr erfasst werden
können.
Bei der Meditation im Sinne der Spiritualität gilt die Konzentration also dem Bewusstsein und seinem Aufstieg zum Göttlichen
jenseits des physischen Körpers und seiner
Sinne. Beim Gebrauch der Psi-Kräfte (etwa
für eine mediale Lebensberatung oder um
Auskunft über Verstorbene zu erteilen) gilt
die Konzentration hingegen den Belangen
des diesseitigen Lebens. Dieser Unterschied
in der Ausrichtung der Aufmerksamkeit ist
wesentlich.
Damit wird deutlich: Medialität ist nicht
gleich Spiritualität, und auch kein Bestandteil der religiös-spirituellen Schulung.
Ziel der spirituellen Praxis ist re-ligio, die Wiederanbindung der Seele an Gott, die Rückkehr
des Selbst zum Überselbst, die in der Verschmelzung und endgültigen Vereinigung endet.
Die Seele bzw. das individuelle Bewusstsein hat sich durch die Praxis von Meditation bzw.
Kontemplation nach und nach von allen negativen Ego-Eigenschaften und Eindrücken, die
sie an die irdische Existenz binden, zu befreien, damit sie sich ganz Gott ergeben und mit
Ihm eins werden kann. Für den spirituellen Adepten ist es wichtig, sein Ziel stets vor Augen
zu halten, denn der Weg dorthin ist reich an Ablenkungen und Fallstricken. Er muss auf
das Allerhöchste, das Göttliche ausgerichtet bleiben, muss sein Leben ausschließlich dem
All-Einen unterstellen und darf deshalb keine anderen Geister als den Göttlichen Geist um
Wegweisung und Schutz anrufen.
Bei der Meditation zieht der Adept sein Bewusstsein von den Körper- und Sinnesfunktionen ab, bringt es zur Ruhe und zieht es durch Konzentration immer weiter von Bewusstseinsinhalten, wie z.B. Gedanken, Gefühlen, Erinnerungen und Willensregungen, ab. Er
In seinen Yoga-Sutras hat Patanjali (3. Jh.
v.Chr.) bekanntlich das dritte Kapitel, Vibhuti-pada genannt, der Entstehung einiger
Psi-Kräfte gewidmet (siehe auch den Artikel
„Siddhi: Magische Kräfte“ in dieser Ausgabe). Hierzulande weniger bekannt ist, dass
Patanjali selbst im Vers 3.37 (nach mancher
Zählung 3.38) den spirituellen Adepten ausdrücklich davor warnt, willentlich von den
Siddhis Gebrauch zu machen. Begründung:
Dies stellt eine riskante Ablenkung vom Ziel
der spirituellen Praxis dar. Entsprechend
überspringt zum Beispiel der indische Shankaracharya-Orden dieses dritte Kapitel
gänzlich bei der Darlegung der Yoga-Sutras.
Dass der spirituelle Adept über die Faszination für diese wunderbaren Psi-Fähigkeiten sein Ziel aus den Augen verliert und
Gott vergisst, ist nur eines von mehreren
Problemen. Die willentliche Ausübung
von Psi-Kräften wie Hellsehen, Gedankenlesen oder in die Vergangenheit schauen
(„Akasha-Chronik lesen“) für materialistische Zwecke – etwa um Geld damit zu
Visionen 9/2013 11
Der dritte Nachteil
für den spirituellen
Adepten, der PsiKräfte gebraucht,
ist die Stärkung des
Egos.
12 Visionen 9/2013
Diese Warnungen findet man mehr oder weniger explizit in allen religiösen Traditionen.
In christlichen Kreisen sind zwar Praktiken wie das geistige Heilen durch Handauflegen oder die Zungenrede in der Pfingstgemeinde bekannt. Aber die Anwendung „okkulter“
Kräfte, die mediale Kontaktaufnahme zu Verstorbenen und der Blick hinter den natürlichen bzw. gottgegebenen Schleier zwischen Diesseits und Jenseits sind nicht erlaubt. Dieses
Verbot dient dem Schutz der Gläubigen vor Verwicklungen mit der Negativen Kraft. Bis in
die 1980er Jahre hinein galt in Kirchenkreisen selbst die Meditation, bei der der Adept sein
Bewusstsein ja vom grobstofflichen Diesseits löst und in die feinstofflichen Ebenen und weiter aufsteigt, als okkult und gefährlich. Und dies obwohl Generationen von unverdächtigen
christlichen Mystikern und Heiligen diesen Aufstieg bis in die Göttliche Gegenwart öfters
erlebten. Mangelnde Kenntnis von jenseitigen Belangen und die Unfähigkeit, Jung-Mystiker
sachkundig anzuleiten, warf schon die heilige Teresa von Avila den Kirchenoberen vor.
In jüdischen Kreisen in den USA wie in Israel wächst derzeit ebenfalls die Faszination für
Psi-Kräfte und Mediumismus. Jüdische Medien wie Rebecca Rosen, Sylvia Browne und John
Edward sind auch hierzulande bekannt. Die Tenach (jüdischer Teil der Bibel) warnt jedoch
explizit vor „Wahrsagern“ und „Totenbeschwörern“ (z.B. Jesaia 8.19-20; Lev 19.31; 1 Sam 28.39). Laut Rabbi J. Immanuel Schochet, einem chassidischen Gelehrten aus Toronto, liegt der
Grund für den aktuellen Hype um Medialität in dem Wunsch der Menschen, den Lauf der
Dinge zu kontrollieren. „Und das stellt einen Mangel an Gottvertrauen dar, der nach Maimonides dem Götzendienst gleichkommt.“
Für Muslime sind der Einsatz von Psi-Kräften und Jenseitskontakte Ausdruck von shirk,
Unglaube, weil man sich damit über den Willen Gottes hinwegsetzt und seine grundlegende
Güte in allen Dingen bezweifelt. In den Offenbarungen des Korans werden übernatürliche
Fähigkeiten nicht angesprochen, aber vom heiligen Propheten Mohammed sind mehrere
Aussprüche (Hadith) überliefert, in denen er seine Schüler davon abrät, einen Wahrsager
bzw. ein Medium aufzusuchen. Auf dieser Grundlage wird argumentiert, Mediumismus und
Jenseitskontakte seien haram, verboten. Darüber hinaus sind viele Muslime davon überzeugt, dass Medien sich in die Welt der jinn (dämonenartige Feuerwesen) einstimmen und
ihr Wissen von den jinn beziehen – was im Islam eindeutig verboten ist.
Am differenziertesten und recht unverkrampft gehen die buddhistischen und hinduistisch-yogischen Schulen mit dem Thema der übernatürlichen Kräfte um – dank ihrer
jahrtausendealten Übungspraxis. Auch ist in diesem Rahmen eine enge Lehrer-SchülerBeziehung selbstverständlich, was die Überwachung und den Schutz des Schülers vor
Bewusstseinsstörungen sichert. Einige Yoga- und Tantra-Linien vermitteln explizit und
unverhohlen Siddhis. Für viele Yoga-Meister und Zen-Meister hingegen sind sie nicht relevant – sie machen selbst keinen absichtlichen Gebrauch davon und schenken ihnen keine
Beachtung, wenn sie sich bei einem ihrer Schüler einstellen, sondern geben dem Schüler eine
neue spirituelle Übung oder Aufgabe.
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Das individuelle Jenseits
Was hat es nun mit den Seelen der Verstorbenen auf sich, die ein Medium im Auftrag eines
Klienten im Jenseits aufspürt? Wo sind sie?
Zunächst: Bewusstsein braucht keinen Raum, keinen Platz. Das sogenannte Jenseits ist
kein geografischer Ort außerhalb des individuellen Bewusstseins. Im Gegenteil, die gesamte
Wirklichkeit spielt sich immer innerhalb des individuellen Bewusstseins ab – sei es dass der
Einzelne eine diesseitige Erfahrung in der physischen Welt macht, sei es dass er losgelöst
vom physischen Körper als Ich-Bewusstsein mit den feinstofflichen Inhalten seines Bewusstseins interagiert. Es ist aus Filmen wie Bleep allgemein bekannt, wie jeder seine eigene Welt
durch sein Denken, seine ganz spezifische Art der Datenverarbeitung, erschafft. So gestaltet
sich die grobstoffliche, feinstoffliche und geistige Wirklichkeit individuell verschieden, aus
der Gesamtheit der prägenden Erlebnisse, Informationen, Konditionierungen des Einzelnen. Deshalb sieht das „Jenseits“ nicht für alle gleich aus – jeder hat, wie Paul Brunton in Die
Weisheit des Überselbst es formuliert, sein „privates Jenseits“.
Die Frage nach dem Wo der Verstorbenen wandelt sich nun zur Frage nach dem Wie. Nach
dem Verlassen des menschlichen Körpers im Tod existiert das individuelle Bewusstsein, wie
die Berichte von Nahtoderfahrungen aufzeigen, zwar weiter, aber es operiert in einem anderen
Modus: Es operiert nicht mehr durch den physischen Körper auf der materiellen Ebene der
Schöpfung, sondern seine Erfahrungen finden nur noch in unterschiedlichen Schichten des
Bewusstseins statt. Denn der Verstorbene verliert seine gesammelten Eindrücke, Wünsche
und Prägungen ja nicht in der Todesstunde, sondern nimmt sie mit und setzt sich weiterhin
mit ihnen als Teil seiner Wirklichkeit auseinander. Ob er im feinstofflichen und kausalen
Zustand leidvolle oder angenehme Erfahrungen durchmacht, hängt also von der Beschaffenheit seines karmischen Gepäcks ab.
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€ 18,99 (D) I ISBN 978-3-943416-01-5
Warnungen zum Schutz
Das Problem der Täuschung auf den
feinstofflichen Ebenen des Bewusstseins,
ob nach dem Tod oder in der Meditation
oder beim Gebrauch von Psi-Kräften, ist
ein großes.
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UND
Das Problem der Täuschung
Das Tibetische Totenbuch ist in diesem Zusammenhang sehr aufschlussreich: Der Verstorbene wird angeleitet, die Dämonen, die ihm auf den feinstofflichen Ebenen begegnen, als
substanzlose Projektionen des eigenen Geistes zu enttarnen und aus der Selbsttäuschung
zu erwachen.
Das Problem der Täuschung auf den feinstofflichen Ebenen des Bewusstseins, ob nach
dem Tod oder in der Meditation oder beim Gebrauch von Psi-Kräften, ist ein großes. Nicht
alle astralen Wesenheiten, die einem erscheinen können, sind harmlos. Und wie bei Goethes
Zauberlehrling hat der Adept nicht immer die Kontrolle über die Geister, die er rief. Manches
ist eine Maskerade der Negativen Kraft, um den Adepten zu binden, in die Irre zu führen und
zu unheilvollem Verhalten anzustiften. Das kann zu psychischen Problemen wie Persönlichkeitsspaltungen führen. Um eine eventuelle Verstellung aufzudecken, genügt es nicht, die
Wesenheit nach ihrem Namen zu fragen; man braucht ein kraftvolles, spirituell geladenes
Mantra oder Gebet, um gegebenenfalls die Erscheinung zum Verschwinden zu bringen.
Fazit: Spielereien und Experimente mit den feinstofflichen Elementen sind nicht ratsam.
Die feinstofflichen Ebenen haben ihre Risiken und Gefahren, aber der spirituelle Adept hat
sie nun einmal auf seinem Weg zur Einigung mit Gott zu durchqueren. Segensreich ist hier
der Schutz eines gottverwirklichten Meisters.
Inge Hasswani
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verdienen, um dank Wissensvorsprung im Vorteil zu sein, einfach um Spaß zu haben etc. –
stellt zweitens in den Augen der verwirklichten spirituellen Meister einen Missbrauch und
eine Vergeudung der durch die Meditation erworbenen geistigen Kraft dar. Dieses Mehr an
geistiger Kraft sollte eigentlich für die Überwindung von Hindernissen auf dem Weg zurück
zu Gott investiert werden, und nicht für die Verwirklichung egoistischer Pläne. Ein solcher
Missbrauch von Geisteskraft ist eine Verschwendung und zieht unweigerlich den Verlust
des spirituellen Fortschritts nach sich.
Das dritte Problem für den spirituellen Adepten, der sich um den Erwerb und Gebrauch
der Psi-Kräfte bemüht, ist die Stärkung des Egos. Nicht nur durch die Zurschaustellung und
Bewunderung, die einem das Gefühl gibt, etwas Besonderes zu können und etwas Besonderes zu sein, erhält das Ego Auftrieb. Schon die Absicht, geistige Kraft um materialistischer
Vorteile willen zu „entwenden“, ist ein Akt der Selbstbehauptung des falschen Ichs. Das Ego
(falsches Ich-Gefühl) ist das hartnäckigste und größte Hindernis für die Einheit mit Gott als
dem Überselbst. Deshalb wird der Adept auf jedem ernstzunehmenden spirituellen Schulungsweg dazu angehalten, nicht aus dem Ego heraus zu handeln, sondern im Gegenteil das
Ego hinter sich zu lassen.
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