Probekapitel - Deutscher Apotheker Verlag
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00_DAV_Fichtel_2015.book Seite 1 Dienstag, 30. Juni 2015 12:08 12 Teil B/S. 1 Kommentar Teil B Kommentar Bundesrahmentarifvertrag für Apothekenmitarbeiter ab 1. Januar 2015 Stand des Kommentars: März 2015 Fichtel/Mettang, Bundesrahmentarifvertrag Stand: März 2015 Seite 35 von 518 00_DAV_Fichtel_2015.book Seite 2 Dienstag, 30. Juni 2015 12:08 12 Seite 36 von 518 00_DAV_Fichtel_2015.book Seite 3 Dienstag, 30. Juni 2015 12:08 12 Kommentar Präambel und Einführung vor § 1 Teil B/S. 3 Bundesrahmentarifvertrag zwischen dem Arbeitgeberverband Deutscher Apotheken e. V. und der ADEXA – Die Apothekengewerkschaft, gültig ab 1. Januar 2015 Präambel Die Bezeichnung der Mitarbeiter sowie der Apothekeninhaber in männlicher Form umfasst aus Gründen der praktischen Vereinfachung auch die Mitarbeiterinnen und Apothekeninhaberinnen. Die Apothekeninhaber und die Mitarbeiter tragen dafür Sorge, dass die Bestimmungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes eingehalten werden. Arbeitsrecht ist die Summe der Rechtsregeln, die das Sonderrecht im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer beinhalten. Es stellt ganz überwiegend ein Schutzrecht zugunsten der Arbeitnehmer dar. Ein umfassendes „Arbeitsgesetzbuch“, das alle oder auch nur die wesentlichen arbeitsrechtlichen Normen enthielte, gibt es im bundesdeutschen Recht nicht. Die zu berücksichtigenden Vorschriften sind vielmehr weit verstreut und dazu noch auf höchst verschiedenen Ebenen angesiedelt. Viele Gesetzesregelungen sind lückenhaft bzw. unklar oder entsprechen nicht mehr den sich zum Teil rasch wandelnden Gegebenheiten des Arbeitslebens. Hier greifen vielfach die Gerichte – vor allem das Bundesarbeitsgericht und das Bundesverfassungsgericht, zunehmend auch der Europäische Gerichtshof – klärend, ergänzend, auch korrigierend oder gar im Wege der sogenannten Rechtsfortbildung ein. Diese zusätzlichen Rechtsquellen machen die Materie für die Betroffenen – Arbeitgeber wie Arbeitnehmer – meist noch unübersichtlicher. Die wichtigsten arbeitsrechtlichen Bestimmungen enthalten (entsprechend ihrer Rangfolge) a) b) c) d) e) EG-Richtlinien und -Verordnungen das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland, Bundes- und Landesgesetze und -verordnungen sowie Gewohnheitsrecht, Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen1). Tarifverträge sollen – wie das Grundgesetz in Art. 9 Abs. 3 bestimmt – „der Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen“ dienen. 1) Betriebsvereinbarungen setzten jedoch einen Betriebsrat voraus und spielen deshalb für die meisten Apotheken keine Rolle Fichtel/Mettang, Bundesrahmentarifvertrag Stand: März 2015 Seite 37 von 518 00_DAV_Fichtel_2015.book Seite 4 Dienstag, 30. Juni 2015 12:08 12 Teil B/S. 4 Kommentar Präambel und Einführung vor § 1 Die zu diesem Zweck zwischen den Tarifvertragsparteien ausgehandelten Normen ersetzen fehlende Gesetzesbestimmungen oder verdrängen vorhandene gesetzliche Vorschriften, soweit diese nicht zwingendes Recht darstellen. Der Vorteil von Tarifverträgen liegt für alle Beteiligten – also Arbeitgeber wie Arbeitnehmer – in erster Linie in der branchenspezifischen Vereinheitlichung der Arbeitsbedingungen, festgelegt von den Tarifpartnern, denen die besonderen Gegebenheiten und Bedürfnisse ihres Wirtschaftszweigs regelmäßig besser vertraut sind als etwa dem Gesetzgeber oder Verwaltungsbehörden. Rahmentarifverträge für den Bereich der öffentlichen Apotheken werden seit 1954 regelmäßig abgeschlossen. Tarifvertragsparteien des Bundesrahmentarifvertrages für Apothekenmitarbeiter (BRTV)2) sind auf Arbeitgeberseite der Arbeitgeberverband Deutscher Apotheken e.V. (ADA) und auf Arbeitnehmerseite die ADEXA Die Apothekengewerkschaft.3) Der BRTV regelt vor allem die für das Arbeitsverhältnis der Mitarbeiter besonders wichtigen Bereiche wie Arbeitszeit (§§ 3 und 4), Notdienst und dessen Vergütung (§§ 5 und 6), Mehrarbeit und deren Bezahlung (§§ 7 und 8), Gehaltsfortzahlung im Krankheits- und Todesfall (§§ 9 und 10), Freistellung von der Arbeit aus besonderen Anlässen (§ 10a), Urlaub (§ 11), Bildungsurlaub (§ 12). Der BRTV enthält ferner spezielle Regelungen für die Berechnung der Berufsjahre (§ 14) sowie für Gehalts- und Sonderzahlung (§§ 17 und 18), Beendigung des Arbeitsverhältnisses – insbesondere Kündigungsfristen und Zeugnisanspruch – (§ 19). Nicht aus dem BRTV ablesbar sind die jeweils geltenden Tarifgehälter und Ausbildungsvergütungen. Diese werden vielmehr von den Tarifpartnern – also ADA und ADEXA Die Apothekengewerkschaft – in einem separat vereinbarten Gehaltstarif (vgl. § 17 Rdn. 1) festgelegt, der auch eine gesonderte Laufzeit hat. Das Gleiche gilt für den erstmals 2002 abgeschlossenen Tarifvertrag über die Förderung privater Altersvorsorge für Apothekenmitarbeiter (Altersvorsorgetarif), der jedoch am 31.12.2011 außer Kraft getreten ist und nur noch Wirkung für bereits bestehende oder bis Ende 2011 abgeschlossene Verträge hat (s. Teil C). Mit Wirkung zum 01.01.2012 wurde zwischen den Tarifparteien dafür ein Tarif- 2) 3) zur Tariffähigkeit von ADA und ADEXA vgl. BAG 28.03.2006 in NZA 2006, S. 1112 u. S. 1225 sowie Fichtel in DAZ 1995, S. 995 Die Geschäftsstelle des ADA befindet sich in 48151 Münster, Bismarckallee 25, Telefon 0251 5393840, die der ADEXA in 22299 Hamburg, Hudtwalckerstr. 10, Telefon 040 80030817 Stand: März 2015 Fichtel/Mettang, Bundesrahmentarifvertrag Seite 38 von 518 00_DAV_Fichtel_2015.book Seite 5 Dienstag, 30. Juni 2015 12:08 12 Kommentar Präambel und Einführung vor § 1 Teil B/S. 5 vertrag zur betrieblichen Altersvorsorge für Mitarbeiter und PKA-Auszubildende in Apotheken abgeschlossen. Die Arbeitgeber sind verpflichtet, die für ihren Betrieb maßgeblichen Tarifverträge an geeigneter Stelle auszulegen (§ 8 TVG). Ein Verstoß gegen diese Verpflichtung hat jedoch keine Rechtsfolgen und löst insbesondere keine Schadensersatzpflicht des Arbeitgebers gegenüber seinen Mitarbeitern aus.4) Er ist auch nicht verpflichtet, die Arbeitnehmer von sich aus auf für sie günstige Tarifänderungen hinzuweisen.5) Der Hinweis auf die Einhaltung der Bestimmungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) bietet keine eigene Anspruchsgrundlage für etwaige Schadensersatzansprüche wegen Verstoßes gegen ein Benachteiligungsverbot aus dem AGG. Für derartige Ansprüche sind die Vorschriften des AGG maßgebend. 4) 5) BAG 23.01.2002 in NZA 2002, S. 800 LAG Hamm 10.09.1999 in MDR 2000, S. 463 Fichtel/Mettang, Bundesrahmentarifvertrag Stand: März 2015 Seite 39 von 518 00_DAV_Fichtel_2015.book Seite 6 Dienstag, 30. Juni 2015 12:08 12 Seite 40 von 518 00_DAV_Fichtel_2015.book Seite 1 Dienstag, 30. Juni 2015 12:08 12 Kommentar § 1 Teil B/S. 1 § 1 Geltungsbereich 1. Der Tarif gilt 1) räumlich für die Länder der Bundesrepublik Deutschland, 2) fachlich für alle Apotheken mit Ausnahme der Krankenhausapotheken, 3) persönlich für a) Apotheker, b) pharmazeutisch-technische Assistenten, c) Apothekerassistenten, d) Pharmazie-Ingenieure und Diplompharmazie-Ingenieure, e) Apothekenassistenten, f) pharmazeutisch-kaufmännische Angestellte, g) Apothekenhelfer, h) Apothekenfacharbeiter, i) Pharmazeutische Assistenten, j) Personen, die sich in der Ausbildung zu einem der Berufe unter a), b) und f) befinden. 2. Auf Filialleiter, Verwalter und Vertreter im Sinne des § 15 finden die Bestimmungen der §§ 3, 7 und 8 zugunsten einzelvertraglicher Regelungen keine Anwendung. Übersicht Rdn. 1 Geltungsbereich des BRTV 2 Anwendbarkeit des BRTV kraft Tarifbindung, arbeitsvertraglicher Bezugnahme oder betrieblicher Übung 3 Verwalter, Vertreter, Filialleiter 4 Freie Mitarbeiter 5 „Einfühlungsverhältnis“ 6 Anwendbarkeit anderer Tarifverträge Fichtel/Mettang, Bundesrahmentarifvertrag Stand: März 2015 Seite 41 von 518 00_DAV_Fichtel_2015.book Seite 2 Dienstag, 30. Juni 2015 12:08 12 Teil B/S. 2 1 Kommentar § 1 Das Recht, Tarifverträge auszuhandeln und abzuschließen, folgt aus der Tarifautonomie, die verfassungsrechtlich durch das Koalitionsgrundrecht des Art. 9 Abs. 3 des Grundgesetzes verbürgt ist. Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und alle Berufe gewährleistet. Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften genießen als Tarifpartner verfassungsrechtlichen Betätigungs- und Bestandsschutz. Tarifverträge gehören zum Kernbereich koalitionsgemäßer Betätigung und haben bedeutende Schutz-, Ordnungs- und Friedensfunktion. Rechtsgrundlage bildet das Tarifvertragsgesetz (TVG). Bei der Festlegung des Geltungsbereichs haben die Tarifvertragsparteien einen umfangreichen Gestaltungsspielraum, dürfen jedoch nicht gegen Diskriminierungsverbote verstoßen.1) Mit dieser Maßgabe können sie frei darüber entscheiden, ob und für welche Berufsgruppen oder Tätigkeiten sie tarifliche Regelungen treffen wollen und sind insoweit auch in der Bestimmung des Geltungsbereiches der Tarifverträge im Rahmen der Tarifzuständigkeit frei. Die Tarifvertragsparteien – ADA auf Arbeitgeberseite und ADEXA Die Apothekengewerkschaft auf Arbeitnehmerseite (vgl. vor § 1) – haben durch Festlegung des Geltungsbereichs des Tarifs in räumlicher, betrieblich-fachlicher, persönlicher und zeitlicher Hinsicht definiert, auf welche Arbeitsverhältnisse der BRTV Anwendung finden kann: a) räumlicher Geltungsbereich Der BRTV gilt für alle Länder der Bundesrepublik Deutschland und regelt damit im gesamten Bundesgebiet einheitliche Arbeitsbedingungen.2) b) betrieblich-fachlicher Geltungsbereich Der Tarifvertrag gilt grundsätzlich für alle in öffentlichen Apotheken beschäftigten Berufsgruppen, soweit sie vom persönlichen Geltungsbereich des Tarifvertrags umfasst sind. Er gilt nicht für Arbeitsverhältnisse in Krankenhausapotheken und auch nicht für andere Branchen (z.B. Industrie), in denen entsprechende Berufsgruppen beschäftigt werden. c) persönlicher Geltungsbereich In § 1 Abs. 1 Nr. 3 BRTV sind abschließend die in den persönlichen Geltungsbereich des Tarifvertrags einbezogenen Berufsgruppen aufgezählt. Auch Teilzeit- und geringfügig Beschäftigte, Aushilfskräfte und befristet Beschäftigte aus den dort genannten Berufsgruppen unterfallen dem persönlichen Geltungsbereich des BRTV, unabhängig vom Umfang ihrer Arbeits- 1) 2) BAG 27.05.2004 in NZA 2004, S. 1399 Die jeweiligen Tariforganisationen Sachsen und Nordrhein sind aus dem Arbeitgeberverband Deutscher Apotheken e. V. (ADA) ausgetreten. Stand: März 2015 Fichtel/Mettang, Bundesrahmentarifvertrag Seite 42 von 518 00_DAV_Fichtel_2015.book Seite 3 Dienstag, 30. Juni 2015 12:08 12 Kommentar § 1 Teil B/S. 3 zeit. Der BRTV (ebenso wie der Gehaltstarif sowie der Tarifvertrag zur betrieblichen Altersvorsorge für Mitarbeiter in Apotheken und PKA-Auszubildende) gilt jedoch nicht für andere Apothekenmitarbeiter, die in § 1 Abs. 1 Nr. 3 nicht aufgeführt sind, wie z.B. Boten, Fahrer, Reinigungskräfte, auch nicht für mit vergleichbaren Arbeiten (einer PTA/PKA) in einer Apotheke beschäftigte Drogisten, Arzthelferinnen oder ungelernte Kräfte. Auf Famuli gem. § 3 Approbationsordnung für Apotheker ist der BRTV ebenfalls nicht anzuwenden. 3) d) zeitlicher Geltungsbereich Der zeitliche Geltungsbereich bezieht sich auf die Dauer der Gültigkeit eines Tarifvertrages. Alle Arbeitsverhältnisse, die bei Inkrafttreten des Tarifvertrages bereits bestehen oder vor seiner Beendigung geschlossen werden, sind in den zeitlichen Geltungsbereich des Tarifvertrages einbezogen. Der Tarifvertrag kann durch Kündigung oder einvernehmliche Aufhebung beendet werden. Befristete Tarifverträgen enden dagegen allein durch Zeitablauf. Die Anwendbarkeit des BRTV – der nicht allgemeinverbindlich ist – im jeweiligen Einzelfall (also im individuellen Arbeitsverhältnis) ist jedoch nur dann gegeben, wenn eine der folgenden Voraussetzungen vorliegt: 2 a) Tarifbindung: Nach § 3 Abs. 1 TVG ist bei beiderseitiger Verbandsmitgliedschaft eine Tarifbindung gegeben. Dies bedeutet, dass der BRTV anwendbar ist, wenn sowohl der Apothekeninhaber (Arbeitgeber) als auch der jeweilige Apothekenmitarbeiter (Arbeitnehmer) Mitglieder derjenigen Organisationen sind, die den Tarifvertrag miteinander abgeschlossen haben (Tarifvertragsparteien). Der Mitarbeiter muss demnach Mitglied der ADEXA sein, der Apothekeninhaber gleichzeitig Mitglied eines Landesapothekerverbands/-vereins bzw. einer Tarifgemeinschaft, die ihrerseits Mitglied im Arbeitgeberverband Deutscher Apotheker (ADA) als sog. Spitzenorganisation ist (vgl. vor § 1)4). Besteht also eine gleichzeitige Mitgliedschaft des Apothekeninhabers und des Mitarbeiters in ihrer jeweiligen Tariforganisation, wirkt der BRTV unmittelbar und zwingend auf das Arbeitsverhältnis (§ 4 TVG). Er hat eine sog. normative Wirkung. Ein Verzicht auf tarifliche Rechte und Ansprüche ist hier grundsätzlich unzu- 3) 4) Weber/Etzel/Kern: Arbeitsrecht Formular-Handbuch für Apotheker, A 2 Abschnitt 2.3 Mitglieder des ADA sind nicht die einzelnen Apothekeninhaber, sondern die entsprechenden Landesapothekerverbände/-vereine bzw. Tarifgemeinschaften, denen die Apothekeninhaber als Mitglieder angehören, was für die Tariffähigkeit des ADA ausreicht. Fichtel/Mettang, Bundesrahmentarifvertrag Stand: März 2015 Seite 43 von 518 00_DAV_Fichtel_2015.book Seite 4 Dienstag, 30. Juni 2015 12:08 12 Teil B/S. 4 Kommentar § 1 lässig und unwirksam. Eine vom BRTV abweichende Regelung ist in diesem Fall nur dann möglich, wenn sie durch den BRTV erlaubt ist oder wenn sie für den Mitarbeiter günstiger ist als die tarifliche Regelung (z.B. ein übertarifliches Gehalt, ein höherer Urlaubsanspruch). Daraus folgt, dass für Mitarbeiter eines Apothekenbetriebs zweierlei Recht gelten kann: Liegt auf Seiten des Apothekeninhabers die Voraussetzung der Tarifgebundenheit vor, gehört jedoch z.B. nur eine seiner beiden PKAs der ADEXA an, so besteht für deren Arbeitsverhältnis Tarifgebundenheit, der BRTV kommt also unmittelbar und zwingend zur Anwendung, im Falle ihrer Kollegin dagegen nicht – ein für die betriebliche Praxis meist missliches Ergebnis (zu dem anders gelagerten Problem der sog. Tarifkonkurrenz s. unten Rdn. 6). Die Tarifbindung ergreift das Arbeitsverhältnis im Zeitpunkt des (beiderseitigen) Beitritts zur jeweiligen Tariforganisation, also nicht rückwirkend.5) Demzufolge entstehen tarifliche Ansprüche im Jahr des Verbandsbeitritts grundsätzlich auch nur zeitanteilig (zum Anspruch auf Sonderzahlung in diesem Fall vgl. § 18 Rdn. 1). Da die Tarifgebundenheit an die beiderseitige Mitgliedschaft der Vertragspartner in der jeweiligen Tariforganisation anknüpft, müsste sie bei Austritt einer Vertragspartei an sich wegfallen. Die Tarifbindung bleibt jedoch bestehen, bis der Tarifvertrag (z.B. durch Kündigung) endet (§ 3 Abs. 3 TVG). Der Apothekeninhaber kann sich durch Austritt aus dem Landesapothekerverband/-verein bzw. seiner Tarifgemeinschaft also zunächst nicht von der Tarifbindung befreien und ist an den BRTV bis zu dessen Ende gebunden. Diese gesetzliche „Nachbindung“ (im Unterschied zur „Nachwirkung“, vgl. unten) soll verhindern, dass Arbeitgeber trotz bestehender Mitgliedschaft in einem Arbeitgeberverband ungünstige tarifliche Regelungen umgehen, indem sie kurzfristig aus dem Verband austreten.6) Die Rechtsnormen eines Tarifvertrags wirken auch nach seinem Ablauf weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt worden sind (§ 4 Abs. 5 TVG). Das bedeutet, dass auch ein gekündigter Tarifvertrag nach Ablauf der Kündigungsfrist weiterhin unmittelbar fortgilt, bis er durch einen neuen Tarifvertrag, eine Betriebsvereinbarung oder durch einzelvertragliche (auch ungünstigere) Abmachung bzw. Änderungskündigung ersetzt wird. Die sog. „Nachwirkung“ ist zeitlich nicht beschränkt.7) Sie tritt auch dann ein, wenn die Tarifbindung infolge eines Verbandsaustritts (und beendetem Tarifver- 5) 6) 7) BAG 22.11.2000 in NZA 2001, S. 980 BAG 20.02.2008 in NZA 2008, S. 946 BAG 15.10.2003 in NZA 2004, S. 387 Stand: März 2015 Fichtel/Mettang, Bundesrahmentarifvertrag Seite 44 von 518 00_DAV_Fichtel_2015.book Seite 5 Dienstag, 30. Juni 2015 12:08 12 Kommentar § 1 Teil B/S. 5 trag) weggefallen ist.8) Die Nachwirkung erfasst jedoch nur solche Arbeitsverhältnisse, die bereits vor Ablauf des Tarifvertrages bestanden haben, nicht auch solche, die erst später im Nachwirkungszeitraum begründet worden sind.9) b) arbeitsvertragliche Bezugnahme auf den Tarifvertrag: Liegt keine beidseitige Tarifbindung vor, kann die Anwendung der tarifvertraglichen Regelungen in ihrer Gesamtheit oder auch nur in einzelnen Bestimmungen einzelvertraglich zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbart werden (Bezugnahme- oder Verweisungsklausel). Auf diese Weise kann das unerfreuliche Ergebnis unterschiedlicher Arbeitsbedingungen für die einzelnen Mitarbeiter der Apotheke vermieden werden. Die tariflichen Bestimmungen, die Inhalt des Arbeitsverhältnisses werden, haben in diesem Fall keine normative (zwingende und unmittelbare) Wirkung, sondern wirken als einzelvertragliche Regelungen zwischen den Arbeitsvertragsparteien. Im Rahmen der arbeitsvertraglichen Bezugnahme können die tariflichen Regelungen damit beliebig ausgestaltet werden, es sind also auch Abweichungen zu Ungunsten der Mitarbeiter möglich. Die vertragliche Bezugnahme muss eindeutig und bestimmt sein. Bei der Verweisung auf den gesamten Tarifvertrag ist zwischen statischer Verweisung („es gilt der BRTV in seiner Fassung vom…“) und dynamischer Verweisung („es gilt der BRTV in seiner jeweils geltenden Fassung“) zu unterscheiden. Bei Tarifgebundenheit des Arbeitgebers waren nach früherer Rechtsprechung dynamische Verweisungen (auf den jeweils geltenden Tarifvertrag) in aller Regel als sog. Gleichstellungsabrede auszulegen – deren Zweck es war, nicht tarifgebundene Arbeitnehmer ebenso zu stellen wie die tarifgebundenen – mit der Folge, dass bei einem Wegfall der Tarifgebundenheit auf Arbeitgeberseite die in den Arbeitsvertrag einbezogenen Tarifverträge nur noch statisch in der Fassung anzuwenden waren, die sie zum Zeitpunkt des Endes der Tarifgebundenheit hatten, und spätere Tarifvertragsänderungen sich nicht mehr auf das Arbeitsverhältnis auswirkten. Das BAG hat diesbezüglich jedoch eine Änderung der Rechtsprechung vollzogen und festgelegt, eine solche Bezugnahmeklausel bei tarifgebundenen Arbeitgebern für nach dem 01.01.2002 geschlossene Arbeitsverträge nicht mehr als Gleichstellungsabrede zu interpretieren, sondern (falls keine Anhaltspunkte für einen abweichenden Vertragswillen bestehen) ihrem Wortlaut entsprechend 8) 9) BAG 18.03.1992 in DB 1992, S. 1297 BAG 22.07.1998 in DB 1998, S. 1566 Fichtel/Mettang, Bundesrahmentarifvertrag Stand: März 2015 Seite 45 von 518 00_DAV_Fichtel_2015.book Seite 6 Dienstag, 30. Juni 2015 12:08 12 Teil B/S. 6 Kommentar § 1 als unbedingte zeitdynamische Verweisung.10) Um eine solche dauerhafte dynamische Bindung an den Tarifvertrag bei Austritt aus dem Arbeitgeberverband zu vermeiden, muss eine eindeutige Regelung erfolgen. Beispiel: „Im Übrigen gelten die Bestimmungen des BRTV in ihrer jeweils gültigen Fassung. Im Falle der Beendigung der Tarifbindung des/der Apothekeninhabers/in wirken die tariflichen Regelungen einzelvertraglich mit dem Inhalt fort, den sie bei Ende der Tarifbindung des/der Apothekeninhabers/in hatten. Spätere Änderungen oder eine Ablösung des BRTV finden keine Anwendung mehr auf das Arbeitsverhältnis.“11) c) betriebliche Übung: Tarifvertragliche Regelungen können auch aufgrund stillschweigender Bezugnahme, z.B. durch betriebliche Übung, auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finden; dies kann sich auf den Tarifvertrag insgesamt erstrecken oder auch nur auf Teile des Tarifvertrags.12) Unter einer betrieblichen Übung ist die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers zu verstehen, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, ihnen solle eine Leistung auf Dauer eingeräumt werden. Entscheidend für die Entstehung eines Anspruchs ist, wie der Mitarbeiter die Erklärung oder das Verhalten des Arbeitgebers verstehen musste und durfte.13) Ist der Arbeitgeber tarifgebunden, dann ist die Gewährung tariflicher Leistungen im Zweifel so zu verstehen, dass alle einschlägigen Tarifbestimmungen gelten sollen. Bei einem nicht tarifgebundenen Arbeitgeber kann dies nicht ohne Weiteres angenommen werden. Ein Anspruch aus betrieblicher Übung auf Übernahme der Tariflohnerhöhungen entsprechend der Tarifentwicklung besteht hier nur, wenn es deutliche Anhaltspunkte im Verhalten des Arbeitgebers dafür gegeben hat, dass er auf Dauer die von den Tarifvertragsparteien ausgehandelten Tariflohnerhöhungen übernehmen will, weil er mit seiner Nichtmitgliedschaft im Arbeitgeberverband deutlich gemacht hat, dass er sich nicht binden und seine Entscheidungsfreiheit für die künftige Lohn- und Gehaltsentwicklung behalten will.14) Bei der Anwendbarkeit des Tarifvertrags kraft betrieblicher Übung ist immer problematisch und in jedem Einzelfall Beweisfrage, ob und in welchem Umfang die Regelungen des Tarifvertrages tatsächlich „übli- 10) 11) 12) 13) 14) BAG 18.04.2007 in NZA 2007, S. 965; BAG 22.10.2008 in BB 2008, S. 2457 Bauer/Günther in NZA 2008, S. 6; Weber/Etzel//Kern: Arbeitsrecht Formular-Handbuch für Apotheker, A 2 Abschnitt 3.2.2 Ständige Rechtspr., z.B. BAG 19.01.1999 in NZA 1999, S. 879 BAG 26.08.2009 in NZA 2010, S. 173 BAG 26.08.2009 in NZA 2010, S. 173; 19.10.2011 in NZA-RR 2012, S. 344 Stand: März 2015 Fichtel/Mettang, Bundesrahmentarifvertrag Seite 46 von 518 00_DAV_Fichtel_2015.book Seite 7 Dienstag, 30. Juni 2015 12:08 12 Kommentar § 1 Teil B/S. 7 cherweise“ angewandt werden. Diese Zweifel sollten es für Apothekeninhaber ebenso wie für die Mitarbeiter stets nahelegen, schriftliche vertragliche Vereinbarungen zu treffen und es nicht auf die juristische Konstruktion der „betrieblichen Übung“ ankommen zu lassen. Auf Filialleiter, Verwalter und Vertreter im Sinne des § 15 BRTV finden die Bestimmungen der §§ 3 (Arbeitszeit), 7 und 8 (Mehrarbeit, Nacht-, Sonnund Feiertagsarbeit und deren Vergütung) zugunsten einzelvertraglicher Regelungen keine Anwendung. 3 a) Verwalter: Unbeschadet ihrer eigenständigen apothekenrechtlichen Verantwortlichkeit sind Verwalter in vollem Umfang und mit allen Konsequenzen Arbeitnehmer und führen die Apotheke im Namen und für Rechnung der Erben bzw. des Eigentümers.15) Der Verwalter kann zwar dem übrigen Personal gegenüber als dessen Vorgesetzter Arbeitgeberfunktionen ausüben, wird dadurch aber nicht selbst zum Arbeitgeber. Wird die Apotheke gemäß § 13 ApoG für die Erben des verstorbenen Erlaubnisinhabers verwaltet, so sind diese die Arbeitgeber der Apothekenmitarbeiter. b) Vertreter: Hinsichtlich der Rechtsstellung der Vertreter (vgl. § 15) ist zu unterscheiden zwischen ihren apothekenrechtlichen Rechten und Pflichten und ihrer typischerweise vorliegenden Eigenschaft als Arbeitnehmer im Verhältnis zum Apothekeninhaber. Eine Ausgestaltung des Vertretungsverhältnisses als weisungsunabhängiges freies Mitarbeiter-Verhältnis (vgl. dazu Rdn. 4) ist nach den Erfordernissen einer ordnungsgemäßen Leitung der Apotheke regelmäßig ausgeschlossen, da in einer solchen vertraglichen Gestaltung eine Umgehung der in § 1 ApoG normierten Erlaubnispflicht (persönliche Betriebserlaubnis, die nicht übertragen werden kann) liegen kann.16) Eine (nachträglich) durch den Rentenversicherungsträger festgestellte Arbeitnehmereigenschaft des Vertreters hat erhebliche steuer- und sozialversicherungsrechtliche Folgen. Auch der BRTV geht von der Arbeitnehmereigenschaft des Vertreters aus, indem er in § 1 Abs. 2 den Vertreter grundsätzlich in seinen Anwendungsbereich einbezieht mit der Ausnahme, dass die §§ 3, 7 und 8 BRTV 15) 16) vgl. zur Rechtsstellung und Funktion des Verwalters Cyran/Rotta, Kommentar zur Apothekenbetriebsordnung, § 2 Rdn. 10 f. LG Verden 08.10.2009 in DAZ 2010, S. 644 Fichtel/Mettang, Bundesrahmentarifvertrag Stand: März 2015 Seite 47 von 518 00_DAV_Fichtel_2015.book Seite 8 Dienstag, 30. Juni 2015 12:08 12 Teil B/S. 8 Kommentar § 1 (Arbeitszeit sowie Mehr-, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit und deren Vergütung) auf ihn keine Anwendung finden.17) c) Filialleiter Vorstehende Grundsätze gelten für Filialleiter (Verantwortliche i. S. d. § 2 Abs. 5 Nr. 2 ApoG) entsprechend. Deren Berufsbild besteht seit Einführung des Instituts „Filialapotheke“ am 1. 1. 2004. Im Verhältnis zum Betreiber der Filialapotheke (Inhaber) ist ihr Leiter (= Filialleiter) Arbeitnehmer. Deshalb gelten für ihn die zwingenden Vorschriften des Arbeitsrechts und damit auch der Apothekentarife – also Bundesrahmentarif (mit Ausnahme der §§ 3, 7 und 8), Gehaltstarif und Tarifvertrag zur betrieblichen Altersvorsorge –, sofern im jeweiligen Einzelfall Tarifgebundenheit vorliegt (s. oben Rdn. 2).18) Gemäß §§ 2 Abs. 5 Nr. 2 und 7 Satz 2 ApoG hat der Filialleiter alle in diesem Gesetz und in der Apothekenbetriebsordnung festgelegten Verpflichtungen der Apothekeninhaber zu erfüllen. Im Verhältnis zu den in der Apotheke tätigen Arbeitnehmern hat er Arbeitgeberfunktionen wie z.B. das Direktionsrecht (vgl. § 2 Rdn.12) auszuüben. Der Inhaber kann sich allerdings im Filialleitervertrag die Entscheidungen in bestimmten Bereichen vorbehalten wie z.B. in Personalangelegenheiten, Werbung, Einkauf und Preisgestaltung. In diesem Rahmen kann dem Filialleiter Handlungsvollmacht erteilt werden, um seine Berechtigung zur Abgabe rechtsgeschäftlicher Erklärungen für die Filialapotheke bzw. deren Inhaber zu dokumentieren.19) Der Umfang der Handlungsvollmacht kann vom Apothekeninhaber frei bestimmt und beschränkt werden. Der Filialleiter hat grundsätzlich in dem für die Leitung der Apotheke erforderlichen Umfang tätig zu sein. Eine „Teilzeittätigkeit“ des Filialleiters, also eine Beschäftigung unterhalb der tariflichen Wochenarbeitszeit, sollte im Vorfeld mit der zuständigen Aufsichtsbehörde abgeklärt werden. Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit gem. § 3 BRTV (im Sinne einer Beschränkung) gilt für ihn ebenso wenig wie die Regelungen zur Mehrarbeit und deren Vergütung gem. §§ 7 und 8 BRTV. Da der Filialleiter grundsätzlich kein „leitender Angestellter“ im arbeitsrechtlichen Sinne ist, sind jedoch die Grenzen des Arbeitszeitgesetzes zu beachten, so dass eine durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit von 48 Stunden nicht überschritten werden darf (s. § 3 Rdn. 3). Vertragsklauseln, nach der anfallende bzw. erforderliche Überstunden mit dem Gehalt abgegolten sind, genügen nicht dem Transparenzgebot (§ 307 17) 18) 19) Weber/Etzel//Kern, a. a. O., B 6 Abschnitt 1.2; s. Textmuster 13 in Teil D dazu i. e. Fichtel in DAZ 2004, S. 982, s. Textmuster 6 in Teil D Weber/Etzel//Kern, a. a. O., B 6 Abschnitt 2.3.3, s. dazu Textmuster 7 in Teil D Stand: März 2015 Fichtel/Mettang, Bundesrahmentarifvertrag Seite 48 von 518 00_DAV_Fichtel_2015.book Seite 9 Dienstag, 30. Juni 2015 12:08 12 Kommentar § 1 Teil B/S. 9 Abs. 1 S. 2 BGB) und sind damit unwirksam (s. hierzu § 8 Rdn. 1).20) Die Höchstzahl der abgegoltenen Überstunden und der Bemessungszeitraum müssen genau festgelegt werden (Beispiel: „Mit dem Monatsgehalt sind zehn Überstunden/Monat abgegolten“). Der Filialleiter hat sich am Notdienst entsprechend § 5 BRTV zu beteiligen. Er kann vertraglich verpflichtet werden, keine Nebentätigkeiten ohne vorherige Einwilligung des Inhabers auszuüben, diesen regelmäßig und umfassend über alle Vorgänge der Filialapotheke zu informieren und ihm Einsicht in alle Unterlagen sowie Zugriff auf alle Daten zu gewähren sowie über alle Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse Stillschweigen zu bewahren. Der Inhaber ist verpflichtet, dem Filialleiter das vertraglich vereinbarte Gehalt zu zahlen. Sind hierüber keine besonderen Vereinbarungen getroffen, so ist das sich aus dem Gehaltstarif jeweils ergebende Entgelt für Approbierte zu zahlen. In der Regel wird es jedoch angemessen und interessengerecht sein, mit dem Filialleiter eine übertarifliche Vergütungsregelung zu treffen. Diese kann außer einem zu vereinbarenden Festgehalt auch eine erfolgsabhängige, variable Komponente enthalten wie z.B. eine Gewinn-, Rohertrags- oder Umsatzbeteiligung oder andere Bonussysteme (s. § 17 Rdn. 14).21) Soweit (ergänzend) der BRTV zur Anwendung kommt steht dem Filialleiter auch die tarifliche Sonderzahlung nach § 18 BRTV zu, die bei zusätzlicher Gewährung einer der o. g. erfolgsabhängigen variablen Vergütungsbestandteile ggf. vertraglich ausgeschlossen bzw. angerechnet werden kann. Hinsichtlich der weiteren Regelungsgegenstände des BRTV wie Urlaub, Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfall oder Beendigung des Arbeitsverhältnisses gelten die Vorschriften des BRTV entsprechend. Der Bundesrahmentarifvertrag ist – wie der Gehaltstarif und der Tarifvertrag zur betrieblichen Altersvorsorge auch – nur auf Arbeitnehmer anzuwenden, also nicht auf sogenannte freie Mitarbeiter. Deren Abgrenzung von Arbeitnehmern ist häufig schwierig. Abzustellen ist dabei insbesondere auf das Merkmal der Weisungsgebundenheit, das die für Arbeitnehmer typische persönliche Abhängigkeit indiziert. Wesentliches Kriterium dafür ist die Eingliederung in die betriebliche Arbeitsorganisation. Im Bereich der öffentlichen Apotheken ist für die Annahme eines freien Mitarbeiter-Verhältnisses deshalb regelmäßig Vorsicht geboten, soweit es sich um Tätigkeiten handelt, die typischer- oder gar notwendigerweise im Betrieb selbst zu leisten sind. Freier Mitarbeiter ist, wer im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann.22) Abzustellen ist dabei nicht auf die vertraglich 20) 21) 22) 4 BAG 01.09.2010 in NZA 2011, S. 575 s. Textmuster 8 bis 10 in Teil D Ständige Rechtsprechung, u. a. BAG 20.05.2009 in NZA 2010, S. 172 Fichtel/Mettang, Bundesrahmentarifvertrag Stand: März 2015 Seite 49 von 518 00_DAV_Fichtel_2015.book Seite 10 Dienstag, 30. Juni 2015 12:08 12 Teil B/S. 10 Kommentar § 1 getroffene Bezeichnung, sondern auf die praktische Durchführung des Vertrages.23) Auch bei einer Vertretungstätigkeit i. S. d. § 2 ApBetrO wird regelmäßig ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis und keine selbständige Tätigkeit im Rahmen eines freien Mitarbeiter-Verhältnisses vorliegen. Das LG Verden hielt in diesem Zusammenhang ein freies MitarbeiterVerhältnis (eines externen Vertreters) nach den Erfordernissen einer ordnungsgemäßen Leitung der Apotheke für ausgeschlossen und hat in einer solchen vertraglichen Gestaltung eine Umgehung der in § 1 ApoG normierten Erlaubnispflicht (persönliche Betriebserlaubnis, die nicht übertragen werden kann) gesehen.24) Nach dem Landesberufsgericht für Heilberufe am OLG München ergibt sich dagegen weder aus § 7 ApoG noch aus § 2 Abs. 57 ApBetrO, dass ein Vertreter nicht selbständig tätig werden darf; Adressat dieser Vorschriften sei nur der Apothekeninhaber, so dass ein Vorgehen gegenüber dem Vertreter deshalb nicht auf diese Vorschrift gestützt werden kann.25) Ob und in welcher Weise sich der Erlaubnisinhaber (Apothekeninhaber) berufspflichtwidrig verhält, wenn er sich in einer von der Beschuldigten angebotenen Weise vertreten lässt, führte das Gericht allerdings nicht weiter aus. Am ehesten kommt freie Mitarbeit z.B. für Buchhaltungs- und ähnliche Arbeiten, die eine Eingliederung in die betriebliche Organisation und damit eine Weisungsgebundenheit nicht unbedingt erfordern, in Betracht. Für den Dienstleistenden kann der Status des freien Mitarbeiters beträchtlich nachteilig sein, weil arbeits- und sozialversicherungsrechtliche Schutzbestimmungen nicht zur Anwendung kommen (z.B. Kündigungs- und Mutterschutz, Urlaub, Renten-, Kranken-, Arbeitslosenversicherung). Für den Arbeitgeber bietet diese Gestaltungsform ebenfalls erhebliche Risiken für den Fall, dass diese Konstruktion im Einzelfall infolge der Art und Weise der tatsächlichen Durchführung des Vertragsverhältnisses einer Nachprüfung nicht standhält, so dass die Zusammenarbeit als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren ist (Gewährung der Arbeitnehmerrechte, nachträgliche Abführung von Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträgen, Versagung des Vorsteuerabzugs). Beiden Seiten ist daher regelmäßig anzuraten, sich über die Rechtsfolgen eines freien Mitarbeiter-Verhältnisses und seiner möglichen Umdeutung als Arbeitsverhältnis rechtzeitig vorher zu informieren. 23) 24) 25) Ständige Rechtsprechung, u. a. BAG 24.06.1992 in NZA 1993, S. 174 LG Verden 08.10.2009 in DAZ 2010, S. 644 Landesberufsgericht für Heilberufe am OLG München 12.12.2012 LBG-Ap 002/12 Stand: März 2015 Fichtel/Mettang, Bundesrahmentarifvertrag Seite 50 von 518 00_DAV_Fichtel_2015.book Seite 11 Dienstag, 30. Juni 2015 12:08 12 Kommentar § 1 Teil B/S. 11 Keine Anwendung findet der Tarif mangels Vorliegens eines Arbeitsverhältnisses auf Personen, die sich ohne Arbeitspflicht für kürzere Zeit in der Apotheke aufhalten zwecks Klärung, ob eine Zusammenarbeit im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses beiderseits in Betracht kommt (sog. „Einfühlungsverhältnis“). Hierbei handelt es sich um ein „ganz loses Rechtsverhältnis eigener Art“, das weder Arbeits- noch Zahlungspflichten begründet. Deshalb kann sich der Apothekeninhaber insoweit auch nicht auf sein Direktions- und Weisungsrecht (s. dazu § 2 Rdn. 12), sondern nur auf sein Hausrecht berufen.26) 5 In der Vergangenheit galt, dass bei mehreren Tarifverträgen innerhalb eines Unternehmens grundsätzlich der speziellere Tarifvertrag zur Anwendung kam. Folglich kam der Tarifvertrag zum Zuge, der dem Betrieb räumlich, fachlich und persönlich am nächsten stand und deshalb den Erfordernissen und Eigenarten des Betriebs und der darin tätigen Arbeitnehmer am besten gerecht wurde. Diesen Grundsatz der Tarifeinheit hat das Bundesarbeitsgericht aufgegeben und erklärt, dass es keinen übergeordneten Grundsatz gebe, dass für verschiedene Arbeitsverhältnisse derselben Art in einem Betrieb nur einheitliche Tarifregelungen zur Anwendung kommen können.27) Für die öffentliche Apotheke hat die Aufgabe des Grundsatzes der Tarifeinheit jedoch keine unmittelbare Auswirkung. Zum einen haben die Apothekeninhaber bzw. der ADA keine Tarifverträge mit mehreren Gewerkschaften geschlossen, zum anderen hat das BAG in einer Grundsatzentscheidung aus dem Jahr 1994 festgestellt, dass Apotheken nicht dem fachlichen Geltungsbereich der Tarifverträge des Einzelhandels unterfallen, da sie aufgrund ihrer unmittelbar dem öffentlichen Wohl dienenden Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln keine Unternehmen des Einzelhandels im Sinne dieser Tarifverträge sind.28) Damit sind die zwischen ADA und ADEXA geschlossenen Tarifverträge die einzigen Tarifregelungen, die bei Vorliegen der im Einzelfall erforderlichen Tarifbindung auf Apotheken-Mitarbeiter zur Anwendung kommen (können). Folglich wird auch das aktuell noch als Entwurf vorliegende Gesetz zur Regelung der Tarifeinheit keine Auswirkungen auf die öffentlichen Apotheken haben. 26) 27) 28) 6 LAG Hamm 24.05.1989 in DB 1989, S. 1974 BAG 27.01.2010 und 23.06.2010 in NZA 2010, S. 654 ff und S. 778 BAG 14.09.1994 in DAZ 1995 Nr. 11 S. 71 ff. mit Anm. Fichtel Fichtel/Mettang, Bundesrahmentarifvertrag Stand: März 2015 Seite 51 von 518 00_DAV_Fichtel_2015.book Seite 12 Dienstag, 30. Juni 2015 12:08 12 Seite 52 von 518 00_DAV_Fichtel_2015.book Seite 1 Dienstag, 30. Juni 2015 12:08 12 Kommentar § 2 Teil B/S. 1 § 2 Arbeitsvertrag 1. Der Arbeitsvertrag soll schriftlich geschlossen werden. 2. Im Arbeitsvertrag soll vereinbart werden, in welcher Haupt- und/ oder Filialapotheke der Mitarbeiter eingesetzt wird. Übersicht Rdn. 1 Anbahnung des Arbeitsverhältnisses / Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz 2 Stellenausschreibung 3 Bewerbungsgespräch und Einstellungsfragebogen 4 Aufbewahrung und Rücksendung der Bewerbungsunterlagen 5 Vorstellungskosten 6 Umzugskosten 7 Einstellungsuntersuchung 8 Abschluss des Arbeitsvertrages 9 Nachweisgesetz, Vertragsniederschrift 10 Kündigung vor Dienstantritt 11 Vertragsstrafe 12 Direktions-/Weisungsrecht des Arbeitgebers 13 Betriebliche Übung, Freiwilligkeitsvorbehalt 14 Nebentätigkeit 15 Treue- und Fürsorgepflichten 16 Arbeitnehmerhaftung 17 Verträge mit Minderjährigen, Berufsausbildungsverträge 18 Personalakten Fichtel/Mettang, Bundesrahmentarifvertrag Stand: März 2015 Seite 53 von 518 00_DAV_Fichtel_2015.book Seite 2 Dienstag, 30. Juni 2015 12:08 12 Teil B/S. 2 Kommentar § 2 19 Mutterschutz a) Geltungsbereich des Mutterschutzgesetzes b) Mitteilungspflichten c) Beschäftigungsverbote außerhalb der Mutterschutzfristen d) Schutzfristen vor und nach der Entbindung e) Einkommenssicherung (Mutterschutzlohn und Arbeitgeberzuschuss zum Mutterschaftsgeld) f) Auswirkungen des Mutterschutzes auf das Arbeitsverhältnis g) Sonderkündigungsschutz 20 Elternzeit a) Anspruchsberechtigte b) Inanspruchnahme und Dauer der Elternzeit c) Auswirkungen der Elternzeit auf das Arbeitsverhältnis d) Sonderkündigungsschutz e) Teilzeitarbeit während der Elternzeit f) Vertretung am Arbeitsplatz 1 Bereits vor Abschluss des Arbeitsvertrages, in der Zeit der sog. Anbahnung des Arbeitsverhältnisses, bestehen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer Rechte und Pflichten. Besondere Bedeutung erlangt hier das am 18.08.2006 in Kraft getretene Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Ziel des Gesetzes ist, unmittelbare oder mittelbare Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen (§ 1 AGG). Beschäftigte dürfen nicht wegen eines oder mehrerer der genannten acht Gründe benachteiligt werden (§ 7 AGG). Differenzierungen nach einem dieser (Diskriminierungs-) Merkmale sind nur in eng begrenzten Fällen und bei Vorliegen besonderer Rechtfertigungsgründe zulässig. Beschäftigte im Sinne des AGG (§ 6 Abs. 1 AGG) sind nicht nur Arbeitnehmer und Auszubildende, der Benachteiligungsschutz umfasst vielmehr auch die Bewerber. Im Einklang mit dem weiten persönlichen Anwendungsbereich des AGG erstreckt sich auch dessen sachliche Geltung von der Phase der Anbahnung des Arbeitsverhältnisses (also der Stellenausschreibung und Bewerberauswahl) über die Vertragsgestaltung bis hin zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses (§ 2 AGG). Im Falle einer unerlaubten Ungleichbehandlung haben die Betroffenen grundsätzlich ein Beschwerderecht (§ 13 AGG) und im Falle einer Belästigung bzw. sexuellen Belästigung auch ein Leistungsverweigerungsrecht (§ 14 AGG). Zentrale Rechtsfolgen einer Verletzung des Benachteiligungs- Stand: März 2015 Fichtel/Mettang, Bundesrahmentarifvertrag Seite 54 von 518 00_DAV_Fichtel_2015.book Seite 3 Dienstag, 30. Juni 2015 12:08 12 Kommentar § 2 Teil B/S. 3 bzw. Diskriminierungsverbotes sind gem. § 15 AGG Schadensersatz für die materiellen Schäden (Vermögensschäden) sowie angemessene Entschädigung in Geld für immaterielle Schäden (vergleichbar mit Schmerzensgeld). Die Schadensersatz- und Entschädigungsansprüche sind im Bewerbungsverfahren besonders relevant. Ein Schadensersatzanspruch entsteht nur, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung zu vertreten hat (vorsätzlich oder fahrlässig) und ist der Höhe nach nicht beschränkt. Als zu ersetzende Vermögensschäden dürften hier unter anderem die Bewerbungskosten und die entgangene Vergütung bzw. das Differenzeinkommen zu sehen sein. Bei Letzterem wird in der Literatur in Bezug auf die Dauer eine Beschränkung bis zum nächsten möglichen Kündigungstermin diskutiert1), so dass der Schadensersatzanspruch der Höhe nach dem Arbeitsentgelt entsprechen würde, das der abgelehnte Bewerber bis zum nächstmöglichen, hypothetischen Kündigungstermin erhalten hätte. Das LAG Berlin-Brandenburg hat dagegen im Falle einer bei der Besetzung einer Führungsposition übergangenen Mitbewerberin einen zeitlich unbegrenzten Schadensersatzanspruch in Höhe der Vergütungsdifferenz zwischen der tatsächlich erhaltenen und der Vergütung, die auf der höherwertigen Stelle gezahlt wird, zuerkannt.2) Eine abschließende Klärung durch die Rechtsprechung hinsichtlich des Umfangs des Schadensersatzanspruchs steht noch aus. Der Entschädigungsanspruch für immaterielle Schäden ist dagegen verschuldensunabhängig. Liegt die Benachteiligung in der Nichteinstellung, ist die Entschädigung auf maximal drei Monatsgehälter beschränkt, wenn die betreffende Person auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre. In allen anderen Fällen ist die Entschädigung der Höhe nach ebenfalls nicht beschränkt. Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot in der Zeit der Anbahnung des Arbeitsverhältnisses begründet jedoch keinen Anspruch auf Einstellung bzw. Abschluss eines Arbeitsvertrages (§ 15 Abs. 6 AGG). Der (abgelehnte) Bewerber muss die Indizien beweisen, die eine Benachteiligung wegen eines der oben genannten acht Merkmale vermuten lassen (z.B. Vorlage einer Stellenanzeige, die nicht benachteiligungsfrei formuliert ist). Gelingt ihm dies, trägt der Arbeitgeber die volle Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot vorlag oder aber ein solcher gerechtfertigt war (§ 22 AGG). Schadensersatz- und Entschädigungsansprüche müssen mit einer Frist von zwei Monaten schriftlich gegenüber dem Arbeitgeber geltend gemacht werden (§ 15 Abs. 4 AGG). Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung mit 1) 2) Däubler/Bertzbach, AGG Handkommentar, 2. Auflage 2008, 15 Rn. 60ff. LAG Berlin-Brandenburg 26.11.2008 in NZA 2009, S. 43 Fichtel/Mettang, Bundesrahmentarifvertrag Stand: März 2015 Seite 55 von 518 00_DAV_Fichtel_2015.book Seite 4 Dienstag, 30. Juni 2015 12:08 12 Teil B/S. 4 Kommentar § 2 Zugang der Ablehnung, ansonsten mit Kenntniserlangung von der Benachteiligung. Aus diesem Grunde sollten Bewerbungsunterlagen, zumindest aber Kopien der Unterlagen, sowie die schriftlichen Notizen des Arbeitgebers bis zum Ablauf dieser Ausschlussfrist aufbewahrt werden. Wird der Anspruch erfolglos geltend gemacht, muss die Klage auf Entschädigung und Schadensersatz innerhalb von 3 Monaten nach schriftlicher Geltendmachung eingereicht werden. Den Anforderungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes muss demnach nicht nur während des Arbeitsverhältnisses und bei dessen Beendigung entsprochen werden, sondern insbesondere auch in allen Phasen der Bewerberauswahl im Rahmen der Anbahnung des Arbeitsverhältnisses. 2 Stellenausschreibungen müssen benachteiligungsfrei erfolgen (§ 11 AGG). Dies gilt sowohl für interne als auch für externe Ausschreibungen (z.B. in Zeitungen oder im Internet) sowie für Stellenausschreibungen durch Dritte (z.B. Agentur für Arbeit oder Personalberatungsunternehmen). Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die Ordnungsmäßigkeit der Stellenausschreibung durch Dritte zu überwachen, da ihm ein Verstoß Dritter gegen das Benachteiligungsverbot des AGG regelmäßig zuzurechnen ist.3) Um bei der Stellenausschreibung nicht gegen das Verbot der Benachteiligung aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verstoßen, gilt Folgendes: – Definition des genauen Anforderungsprofils, und Beschränkung der Stellenausschreibung auf Qualifikation und Soft Skills (Ausbildung, Zusatzqualifikation, EDV-Kenntnisse etc.; Kommunikationsvermögen, Teamfähigkeit etc.) – Durchgängig geschlechtsneutrale Formulierungen, nicht nur in der Überschrift sondern auch im Text der Stellenanzeige (z.B. ein/e Apotheker/in oder PTA m/w) – Keine Vorgaben zum Alter und keine Verwendung von Attributen oder Eigenschaften, die üblicherweise Personen einer bestimmten Altersgruppe zugeschrieben werden (wie z.B. Mitarbeiter „im Alter zwischen 25 und 35 Jahren gesucht“,4) „junger, engagierter Mitarbeiter gesucht“5), „Wir bieten die Möglichkeit, Ihre Ideen in ein junges, erfolgreiches Team einzubrin3) 4) 5) BAG 05.02.2004 in NZA 2004, S. 504 BAG 23.08.2012 in NZA 2013, S. 37 BAG 19.08.2010 in NZA 2010, S. 1412 Stand: März 2015 Fichtel/Mettang, Bundesrahmentarifvertrag Seite 56 von 518 00_DAV_Fichtel_2015.book Seite 5 Dienstag, 30. Juni 2015 12:08 12 Kommentar § 2 Teil B/S. 5 gen“6), Arbeitnehmer „im ersten Berufs-/Tätigkeitsjahr“ gesucht7). Vorsicht ist bei der Angabe einer bestimmten Berufserfahrung in der Stellenanzeige geboten, da dies von der Rechtsprechung bislang noch nicht einheitlich beurteilt wird. Während eine Stellenausschreibung, in der ein Bewerber mit „null bis zwei Jahren Berufserfahrung“ gesucht wurde, in einem Fall nicht als Altersdiskriminierung gewertet wurde, weil Berufserfahrung nicht unbedingt entsprechend dem Lebensalter erworben wird, wurde in einem ähnlich gelagerten Fall eine mögliche mittelbare Diskriminierung festgestellt8)). – Die Vorgabe „flexibel und belastbar“ wurde von der Rechtsprechung als Floskel ohne relevanten Aussagewert beurteilt und stellt damit kein Indiz für eine Diskriminierung behinderter Bewerber dar.9) – Keine ausdrückliche Anforderung von Bewerbungsunterlagen mit Lichtbild und Lebenslauf, denn hierdurch können Rückschlüsse auf eine (sichtbare) Behinderung, das Alter und evtl. die Rasse und ethnische Herkunft gezogen werden. – Die Vorgabe „sehr gute Deutschkenntnisse“ (wenn dieses Erfordernis durch die Tätigkeit tatsächlich vorgegeben ist, wie etwa bei einer Tätigkeiten mit häufigem Kontakt zu deutschsprachigen Kunden) knüpft im Gegensatz zum Erfordernis „Muttersprache Deutsch“ nicht an eine bestimmte Herkunft an, da eine Sprache unabhängig von der ethnischen Herkunft erworben werden kann und stellt damit keine Diskriminierung wegen ethnischer Herkunft oder Rasse dar.10) Aus diesen Gründen hat sich im Rahmen der Stellenausschreibung der Hinweis auf die Übersendung „aussagekräftiger Bewerbungsunterlagen“ durchgesetzt, denen dann üblicherweise Lebenslauf und Lichtbild auf freiwilliger Basis beigefügt werden. Alle Arbeitgeber sind des Weiteren zur Prüfung verpflichtet, ob freie Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen besetzt werden können und müssen sich hierzu frühzeitig mit der Agentur für Arbeit in Verbindung setzen (§ 81 Abs. 1 SGB IX). Die Verletzung dieser Pflicht stellt ein Indiz für eine Diskriminierung wegen Behinderung dar, auf die sich ein schwerbehinderter 6) 7) 8) 9) 10) LAG Hamburg 23.06.2010 in BB 2011, S. 1140 BAG 18.08.2009 in NZA 2010, S. 222 ArbG Köln 23.01.2013 3 Ca 3734/12 und LAG Köln 20.11.2013 5 Sa 317/13 LAG Nürnberg 19.02.2008 in NZA 2009, S. 148 LAG Nürnberg 05.10.2010 2 Sa 171/11 Fichtel/Mettang, Bundesrahmentarifvertrag Stand: März 2015 Seite 57 von 518 00_DAV_Fichtel_2015.book Seite 6 Dienstag, 30. Juni 2015 12:08 12 Teil B/S. 6 Kommentar § 2 Bewerber (Grad der Behinderung von wenigstens 50 %) berufen kann.11) Darüber hinaus müssen Arbeitgeber jeden Arbeitsplatz, den sie ausschreiben, grundsätzlich auch immer als Teilzeitarbeitsplatz ausschreiben (§ 7 Abs.1 TzBfG). Etwas anderes gilt nur dann, wenn sich der Arbeitsplatz hierfür nicht eignet. Allerdings lässt § 7 TzBfG die Zuwiderhandlung sanktionslos. 3 Bewerbungsgespräch und Einstellungs- (oder Personal-) Fragebogen12) sind wichtige Instrumente, um sich Klarheit darüber zu verschaffen, ob ein Vertragschluss sinnvoll erscheint. Da auch hier das AGG zur Anwendung kommt, wird das Vorstellungsgespräch auf Arbeitgeberseite meist durch zwei Personen geführt, damit ein Zeuge zur Verfügung steht. Die Fragen und Antworten sollten schriftlich dokumentiert und über die Ablehnungsgründe eine kurze Notiz erstellt werden. Aus der Abwägung des Arbeitgeberinteresses an einer möglichst umfassenden Information über den Bewerber und des Persönlichkeitsrechts des Bewerbers ergeben sich die Fragenrechte des Arbeitgebers und die allgemeinen Auskunftspflichten des Arbeitnehmers im Bewerbungsgespräch und im Einstellungsfragebogen. Ausgangspunkt für das Fragerecht des Arbeitgebers (sowohl im persönlichen Bewerbungsgespräch als auch im Einstellungsfragebogen) ist das Bestehen eines berechtigten, billigenswerten und schutzwürdigen Interesses an der Beantwortung einer bestimmten Frage.13) Fragen, die darüber hinausgehen und damit in das Persönlichkeitsrecht des Bewerbers eingreifen, ohne dass hierfür sachliche Gründe bestehen, sind unzulässig. Zulässige Fragen des Arbeitgebers: – Beruflicher Werdegang Fragen nach dem beruflichen Werdegang und der beruflichen Entwicklung einschließlich der Schul- und Berufsausbildung sowie der besonderen (arbeitsplatzbezogenen) Kenntnisse und Fähigkeiten – Aufenthalts-/Arbeitserlaubnis als rechtliche Voraussetzung zur Eingehung eines Arbeitsverhältnisses 11) 12) 13) BAG 13.10.2011 in BB 2012, S. 1024 s. Textmuster 2 in Teil D BAG 11.11.1993 in NZA 1994, S. 407 Stand: März 2015 Fichtel/Mettang, Bundesrahmentarifvertrag Seite 58 von 518 00_DAV_Fichtel_2015.book Seite 7 Dienstag, 30. Juni 2015 12:08 12 Kommentar § 2 Teil B/S. 7 – Gesundheitszustand Fragen nach dem Gesundheitszustand sind nur insoweit zulässig, als sie sich auf derzeit bestehende akute Erkrankungen beziehen, die die Einsatzfähigkeit des Arbeitnehmers auf dem vorgesehenen Arbeitsplatz auf Dauer oder in periodisch wiederkehrenden Abständen betreffen; Fragen nach ansteckenden Krankheiten, die zukünftige Kollegen oder Kunden gefährden können sind ebenso zulässig wie Fragen nach einer bewilligten Kur oder geplanten Operation zum Zeitpunkt des Dienstantritts bzw. in absehbarer Zeit.14) – Bisherige Vergütung soweit die Frage für die zu besetzende Stelle Aussagekraft hat oder der Bewerber sie von sich aus als Mindestvergütung gefordert hat15) – (Aktuelle) Gehaltspfändungen und -abtretungen umstritten, wegen des zusätzlichen Arbeitsaufwandes für den Arbeitgeber ist ein berechtigtes Interesse bei umfangreichen Pfändungen wohl gegeben – Weitere bestehende Arbeitsverhältnisse – Vorstrafen wenn und soweit die Art des zu besetzenden Arbeitsplatzes dies erfordert, d. h. bei objektiver Betrachtung berechtigt erscheinen lässt; auch die Frage nach noch anhängigen Straf- oder Ermittlungsverfahren kann zulässig sein, wenn solche Verfahren Zweifel an der persönlichen Eignung des Arbeitnehmers begründen.16) Kein berechtigtes Informationsinteresse des Arbeitgebers besteht grundsätzlich hinsichtlich eingestellter Ermittlungsverfahren oder Verurteilungen, die im Bundeszentralregister getilgt sind.17) – Im Kalenderjahr bisher erhaltener Urlaub Unzulässige Fragen des Arbeitgebers (nach Einführung des AGG noch erweitert): – Alter/Geburtsdatum wegen eventueller Altersdiskriminierung – Schwangerschaft/Familienplanung unzulässige Diskriminierung wegen des Geschlechts, selbst dann, wenn der Beschäftigung der Frau von vornherein ein mutterschutzrechtliches 14) 15) 16) 17) BAG 07.06.1984 in NZA 1985, S. 57 BAG 19.05.1983 in DB 1984, S. 298 BAG 06.09.2012 in NZA 2013, S. 1087 BAG 15.11.2012 in NZA 2013, S. 429; BAG 20.03.2014 in NZA 2014, S. 1131 Fichtel/Mettang, Bundesrahmentarifvertrag Stand: März 2015 Seite 59 von 518 00_DAV_Fichtel_2015.book Seite 8 Dienstag, 30. Juni 2015 12:08 12 Teil B/S. 8 Kommentar § 2 Beschäftigungsverbot entgegensteht18) oder die Mitarbeiterin wegen ihrer Schwangerschaft während eines wesentlichen Teils eines befristeten Arbeitsverhältnis nicht arbeiten kann19) – Familiäre Situation evtl. Diskriminierung wegen sexueller Identität – Schwerbehinderung/Schwerbehindertenstatus Im bestehenden Arbeitsverhältnis ist die Frage allerdings nach 6 Monaten, also nach Erwerb des Sonderkündigungsschutzes für behinderte Menschen, zulässig, insbesondere im Vorfeld von Kündigungen.20) – Gewerkschaftszugehörigkeit/Mitgliedschaft in der ADEXA21) – Religions- oder Parteizugehörigkeit Eine selbständige Auskunftspflicht des Bewerbers besteht nur hinsichtlich der Umstände, die ihm die Erfüllung seiner vorgesehenen arbeitsvertraglichen Leistungspflicht unmöglich machen oder für die Eignung für den in Betracht kommenden Arbeitsplatz von ausschlaggebender Bedeutung sind.22) Demzufolge sind Erkrankungen zu offenbaren, die den Arbeitnehmer wegen der Ansteckungsgefahr oder der Schwere der Erkrankung an der Erbringung der Arbeitsleistung dauerhaft hindern, eine bewilligte Kur oder geplante Operation zum Zeitpunkt des voraussichtlichen Dienstantritts, ein bestehendes einschlägiges Wettbewerbsverbot sowie ausnahmsweise Vorstrafen, wenn sich daraus die generelle Ungeeignetheit des Arbeitnehmers für die Tätigkeit ergibt. Der Bewerber ist nur verpflichtet zulässige Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten bzw. offenbarungspflichtige Umstände mitzuteilen. Antwortet der Bewerber auf eine zulässige Frage wahrheitswidrig oder teilt er einen offenbarungspflichtigen Umstand nicht von sich aus mit, steht dem Arbeitgeber grundsätzlich das Recht zur Anfechtung des Arbeitsvertrages wegen arglistiger Täuschung zu, wenn die Täuschung für den Abschluss des Arbeitsvertra- 18) 19) 20) 21) 22) BAG 06.02.2003 in NZA 2003, S. 848 EuGH 04.10.2001 in NZA 2001, S. 1243 BAG 16.02.2012 in NZA 2012, S. 555 BAG 28.03.2000 in NZA 2000, S. 1294 BAG 06.09.2012 in NZA 2013, S. 1087 Stand: März 2015 Fichtel/Mettang, Bundesrahmentarifvertrag Seite 60 von 518 00_DAV_Fichtel_2015.book Seite 9 Dienstag, 30. Juni 2015 12:08 12 Kommentar § 2 Teil B/S. 9 ges ursächlich war und die Einstellung aufgrund dieser wahrheitswidrigen Antwort bzw. dieses pflichtwidrigen Verschweigens erfolgte.23) Die Anfechtung hat die Nichtigkeit des Arbeitsvertrages zur Folge (vgl. im Einzelnen § 19 Rdn. 2). Eine wahrheitswidrige Antwort auf eine unzulässige Frage hat für den Arbeitnehmer hingegen keine rechtlichen Konsequenzen. Der Arbeitgeber hat grundsätzlich eine Obhuts- und Sorgfaltspflicht bezüglich der von dem Bewerber eingereichten Bewerbungsunterlagen. Soweit der Apothekeninhaber zu einer Bewerbung aufgefordert hat (z.B. aufgrund einer Stellenanzeige oder durch die Agentur für Arbeit), muss er dem Bewerber die Unterlagen vollständig und auf seine Kosten zurücksenden, wenn das Bewerbungsverfahren erfolglos verlaufen ist. Ist ein Einstellungs- bzw. Personalfragebogen ausgefüllt worden, so muss dieser ebenso wie die sonstigen Daten des Bewerbers inklusive das Bewerbungsschreiben vernichtet werden.24) Zum Nachweis einer diskriminierungsfreien Auswahlentscheidung im Einstellungsverfahren sollte der Apothekeninhaber die Bewerbungsunterlagen bis zum Ablauf der Frist von zwei Monaten nach Zugang des letzten Absageschreibens zurückhalten, da Schadensersatz- oder Entschädigungsansprüche wegen einer eventuellen Benachteiligung innerhalb einer Zweimonatsfrist geltend gemacht werden müssen (§ 15 Abs. 4 AGG, vgl. Rdn.1). Entsprechend lang sollte daher auch die Dokumentation des Bewerbungsgesprächs aufbewahrt werden. Unverlangt eingesandte Initiativ-Bewerbungen muss der Apothekeninhaber dagegen nur zurücksenden, wenn der Bewerber einen adressierten und ausreichend frankierten Rückumschlag beigelegt hat. Die Unterlagen können vernichtet werden, wenn sich der Bewerber innerhalb einer angemessenen Frist nicht erneut gemeldet hat. 4 Nicht nur die Stellenausschreibung, auch das Absageschreiben muss AGGkonform sein. Absageschreiben sollten deshalb diskriminierungsfreie Formulierungen enthalten und subjektive Begründungen vermeiden. In der Praxis haben sich, neben dem Dank für die Bewerbung und das gezeigte Interesse, kurze Formulierungen wie „die Stelle wurde zwischenzeitlich bereits besetzt“ oder „wir haben uns für einen anderen Bewerber entschieden“ oder „Ihre Bewerbung konnte leider nicht berücksichtigt werden“ durchgesetzt. Ein abgelehnter Stellenbewerber hat gegen den Arbeitgeber grundsätzlich keinen Anspruch auf Auskunft, ob dieser einen anderen Bewerber eingestellt hat und wenn ja, aufgrund welcher Kriterien diese Einstellung erfolgt ist. Von diesem Grundsatz ist nur dann eine Ausnahme zu machen, wenn eine Aus23) 24) BAG 07.07.2011 in NZA 2012, S. 34; BAG 06.09.2012 in NZA 2013, S. 1087 BAG 06.06.1984 in BB 1984, S. 2130 Fichtel/Mettang, Bundesrahmentarifvertrag Stand: März 2015 Seite 61 von 518 00_DAV_Fichtel_2015.book Seite 10 Dienstag, 30. Juni 2015 12:08 12 Teil B/S. 10 Kommentar § 2 kunftsverweigerung durch den Arbeitgeber die Verwirklichung des Rechts des abgelehnten Bewerbers auf Schutz vor einer nach dem AGG verbotenen Benachteiligung zu beeinträchtigen droht.25) 5 Unabhängig davon, ob nach erfolgtem Bewerbungsgespräch ein Arbeitsvertrag geschlossen wird, sind Bewerbern grundsätzlich die Vorstellungskosten zu erstatten. Dies gilt immer dann, wenn der Arbeitgeber den Bewerber zum Vorstellungsgespräch aufgefordert hat, auch wenn die Einladung des Apothekeninhabers auf eine Initiativ-Bewerbung des Arbeitnehmers zurückgeht.26) Der Anspruch besteht dagegen nicht, wenn der Bewerber den Apothekeninhaber von sich aus unaufgefordert aufsucht. Der Apothekeninhaber kann den Anspruch ausschließen, indem er den Bewerber vorher ausdrücklich darauf hinweist, dass etwaige Kosten nicht übernommen werden.27) Rechtlich zulässig ist auch eine Vereinbarung etwa dahin, dass der Apothekeninhaber sich mit einem bestimmten Pauschalbetrag oder bis zu einer bestimmten Höchstsumme an den Kosten des Bewerbers beteiligt oder dass diese nur erstattet werden, wenn das Vorstellungsgespräch zum Abschluss eines Arbeitsvertrages führt. Soweit im Einzelfall nichts anderes vereinbart ist, sind grundsätzlich die nachgewiesenen notwendigen und verkehrsüblichen Kosten zu erstatten. Dazu gehören neben den Fahrtkosten ggf. auch Verpflegungs- und Übernachtungskosten, regelmäßig aber nicht Flugkosten.28) Bei Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln sind die Kosten für die Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel zweiter Klasse, bei Anreise im eigenen Pkw die Kosten entsprechend der steuerlichen Pauschale für die Pkw-Nutzung zu erstatten. Der dem Arbeitnehmer entstehende Zeitaufwand – etwaiger Dienstausfall oder Urlaubstag – ist nicht auszugleichen. 6 Umzugskosten des Arbeitnehmers, die im Zusammenhang mit der Begründung eines neuen Arbeitsverhältnisses entstehen, muss der Arbeitgeber nur ersetzen, wenn er die Kostenübernahme zugesagt hat.29) Zulässig ist dabei eine Vereinbarung, die eine Erstattung der Umzugskosten – ganz oder teilweise – nur nach einer bestimmten Dauer des Arbeitsverhältnisses vorsieht. Umgekehrt kann auch vertraglich festgelegt werden, dass der Mitarbeiter den Erstattungsbetrag zurückzuzahlen hat, wenn er das Arbeitsverhältnis innerhalb einer bestimmten Frist wieder beendet. Solche Rückzahlungsklauseln 25) 26) 27) 28) 29) BAG 25.04.2013 in NZA 2014, S. 224 BAG 29.06.1988 in NZA 1989, S. 468 s. Textmuster 1 in Teil D Arbeitsgericht Hamburg 02.11.1994 in NZA 1995, S. 428 s. Textmuster 34 in Teil D Stand: März 2015 Fichtel/Mettang, Bundesrahmentarifvertrag Seite 62 von 518 00_DAV_Fichtel_2015.book Seite 11 Dienstag, 30. Juni 2015 12:08 12 Kommentar § 2 Teil B/S. 11 für die Erstattung gezahlter Umzugskosten sind zulässig, wenn sie nicht zu einer unangemessenen Kündigungserschwerung für den Mitarbeiter führen. Daher sind sie Beschränkungen hinsichtlich des Umfangs und der zeitlichen Dauer unterworfen. Der Umfang der Rückzahlungskosten darf regelmäßig ein Monatsgehalt nicht überschreiten und der Umzug muss zumindest auch im Interesse des Arbeitnehmers liegen.30) Weiter darf die maximale Bindungsdauer nicht mehr als drei Jahre betragen.31) Einstellungsuntersuchungen sind grundsätzlich nur zulässig, wenn der Bewerber eingewilligt hat und es sich um die Ermittlung arbeitsplatzbezogener Daten handelt, wobei der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt werden muss. Dabei gelten keine anderen als die bereits im Rahmen des Fragerechts genannten Grundsätze. Wonach der Arbeitgeber selbst nicht unmittelbar fragen darf, darf er auch nicht über Dritte, z.B. Ärzte, Psychologen, erforschen. Das Einverständnis des Erwerbers mit der Einstellungsuntersuchung berechtigt den Arzt nur, den Arbeitgeber über die Eignung/Tauglichkeit des Bewerbers für den angestrebten Arbeitsplatz zu unterrichten, nicht jedoch über den kompletten Befund. 7 Durch den Arbeitsvertrag wird das Rechtsverhältnis begründet, das den Arbeitnehmer zur Leistung von Arbeit im Dienst des Arbeitgebers gegen Zahlung von Entgelt verpflichtet und als Arbeitsverhältnis bezeichnet wird. Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist.32) Der Arbeitsvertrag wird nach dem Grundsatz der Vertragsfreiheit durch Angebot und Annahme begründet. Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind in ihrer Entscheidung frei, ob und mit wem sie ein Vertragsverhältnis eingehen wollen (§ 105 GewO). Bei Vertragschluss muss zumindest Einigkeit über die Vertragsparteien, die Art und den Beginn der Arbeitsleistung bestehen. Üblicherweise wird auch eine Einigung über die weiteren zentralen Inhalte, wie z.B. Gehalt, Arbeitszeit, Probezeit, Urlaub und Kündigungsfristen, erfolgen.33) Dies gilt für alle Arbeitsverträge, also auch für Teilzeit-Arbeitverhältnisse, Verträge mit geringfügig Beschäftigten oder befristete Arbeitsverhältnisse. 8 30) 31) 32) 33) BAG 24.02.1975 in BB 1975, S. 702 BAG 23.02.1983 in DB 1983, S. 1210 BAG 20.08.2003 in NZA 2004, S. 39 s. Textmuster 4 ff. in Teil D Fichtel/Mettang, Bundesrahmentarifvertrag Stand: März 2015 Seite 63 von 518