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gq-magazin.de_Germany_online_October 2015 p. 1 LINK: http://www.gq-magazin.de/unterhaltung/gq-frauen/bar-refaeli-das-letzte-model Bar Refaeli Das letzte Model Vom Strandmädchen zur Diva: Bar Refaeli will nicht Everybody’s Darling sein – gerade deswegen gefällt sie uns sehr © Stefan Imielski gq-magazin.de_Germany_online_October 2015 p. 2 Die schönste Bar Israels. Wunder-Bar. Den Bar-Code knacken. Nein, Schluss damit. Alle Wortspiele sind gemacht. Sparen wir uns diesen Quatsch. Bar Refaeli ist vor Kurzem 30 geworden, und zum Glück konnten ihr weder die Namenswitze über die Jahre irgendwas anhaben noch der sonstige Unfug, der durch Millionen von News-Kanälen ständig in die Welt rausgefeuert wird. Auch wenn nichts passiert, muss ja wie irre kommuniziert werden – viral, crossmedial, zielgruppengerecht. Sonst ist man nicht 21. Jahrhundert! An Refaeli, die ihre Schönheit trägt wie eine Rüstung, prallt alles ab. Kritik genauso wie schwärmerische Huldigungen. Wobei es nachvollziehbar ist, warum manche bei ihrem Anblick in staunendes Stammeln verfallen oder in humoristische Verwirrung. Vergleicht man die Bilder auf diesen Seiten mit dem Cover-Shooting für die mythische „Swimsuit Issue“ des Magazins „Sports Illustrated“ aus dem Jahr 2009, so fällt auf: Refaeli ist nicht nur gut gealtert, sie sieht heute schlicht besser aus. Das Nassforsch-Pausbäckige ist weg. Aus dem Strandmädchen ist eine Frau geworden. Fast eine Diva. Wenn sie jetzt am Pool posiert, denkt man nicht mehr an Spring Break und Wet-T-Shirt-Contest, sondern eher an Faye Dunaway – wie sie am Morgen nach dem gewonnenen Oscar 1977 beim Frühstück im „Beverly Hills Hotel“ in einem Seidenkleid formvollendet im Stuhl hängt. Refaeli hat, was Schauspielerinnen und Supermodels früher mal hatten: eine Aura. Sie lächelt nur auf einem Bild ganz leicht, sonst ist in ihren Zügen eine gewisse Härte. Womöglich gibt es da einen Zusammenhang mit den Anfeindungen, die im Lauf der Zeit so über sie hereinprasselten: Als sie sich durch eine hastige – und umgehend annullierte – Eheschließung vor dem Wehrdienst drückte, wurde sie in ihrer Heimat Israel als Verräterin beschimpft, ein General rief zum Boykott aller von ihr beworbenen Produkte auf; als ein Riesenplakat mit ihr über der Tel Aviver Stadtautobahn hing, liefen ultraorthodoxe Juden wegen „Umweltvergiftung“ Sturm; als es kurzzeitig so aussah, als würde sie ihren langjährigen On-Off-Boyfriend Leonardo DiCaprio heiraten, forderte ein konservativer Politiker in einem Brandbrief, sie möge sich bitte einen „netten jüdischen Jungen“ suchen. Doch Refaelis Haltung zu alldem war stets: I couldn’t care less. gq-magazin.de_Germany_online_October 2015 p. 3 Und wo wir gerade von Leo sprechen: Oft wurde sie abgetan als eines seiner typischen Beuteschema-Blondchen, als noch so eine Gisele Bündchen (1,80 Meter), nur etwas kleiner (1,74 Meter). Seltener war davon die Rede, dass sie, erst, nachdem er ihr wochenlang jeden Morgen Blumengebinde hat schicken lassen, überhaupt einem ersten Date zustimmte. Hat Bar Refaeli sich darüber mal beklagt? Nein, es war ihr völlig wurscht. Leo hat sie längst vergessen, in diesem Monat heiratet sie einen reichen Früchtehändler, was junge Männer weltweit scharenweise in die Obstbranche treiben dürfte – aber auch das ist ihr vermutlich piepegal. Das GQ-Shooting findet an einem heißen Sommertag in einem Luxushotel auf Zypern statt. Refaeli legt es nicht darauf an, von allen jederzeit gemocht zu werden. Mit ihren Launen und kleinen kapriziösen Anwandlungen hält sie das GQ- Team und das Hotelpersonal auf Trab. Vom Haare-/Make-up- Department will sie erst nicht angerührt werden, um sich dann zu beschweren, dass niemand sie frisiert oder schminkt. Die nimmt sich ganz schön was raus, könnte man denken – dabei weiß sie nur, was ihr zusteht: alles. Und noch ein bisschen mehr. Einmal will Refaeli das Zimmer wechseln, weil in ihrer Suite angeblich Ameisen sind, und als Bedienstete ihr behilflich sein wollen, herrscht sie diese an, bloß nicht ihre Koffer anzurühren. Rüpelhaftes Verhalten? Eher ein lustig flamboyanter Auftritt. Die Kunst des stilvollen Sich-daneben-Benehmens ist ja leider ein bisschen in Vergessenheit geraten. Die legendären Wutausbrüche der Naomi Campbell, das kettenrauchende Rebellentum von Kate Moss – undenkbar in einer Zeit, in der sich Stars vor allem als Dienstleister verstehen. Und Angst vor jedem Fehltritt haben, weil Millionen von News-Kanälen bei jedem Räusperer wie gigantische Verstärker wirken. © Stefan Imielski Refaelis Aufstieg verlief noch traditionell analog, sie wurde zur Celebrity, bevor die sozialen Netzwerke ihre volle Macht entfalteten. Die Models der nachwachsenden gq-magazin.de_Germany_online_October 2015 p. 4 Generation sind teils durch Facebook und Instagram überhaupt erst bekannt geworden, sie sind 24/7 für ihre Follower da: Immer hübsch lächeln, bitte ein Like! Es ist nicht so, dass Bar Refaeli nicht auf Facebook ist, aber sie benutzt es anders. Eher pragmatisch. „Wenn ich ein Foto aus dem Inneren meines Hauses poste, ist das Foto, das Paparazzi von mir vor meinem Haus geschossen haben, nicht so interessant. Ich kontrolliere, was rausgeht.“ Vor Kurzem feierte sie mit ihren besten Freundinnen Junggesellinnenabschied – auf den Malediven. Türkisblaues Meer, weißer Sand, Poolparty, Schnorcheln – das volle Programm. Woher wir das wissen? Von ihrem Instagram-Account. Aber die Fotos sahen gar nicht nach „Like“ aus. Eher nach: „Ätsch!“