Vom Förderkurs zur heutigen Sozialtherapie

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Vom Förderkurs zur heutigen Sozialtherapie
25 Jahre Sozialtherapie
Vom Förderkurs zur
heutigen Sozialtherapie
Das Team der Sozialtherapie
Bei der sozialtherapeutischen Einrichtung „Helle Platte“ der ERLACHER HÖHE handelt
es sich um eine stationäre Einrichtung mit einem speziellen Eingliederungskonzept für
suchtkranke Männer und Frauen, bei denen besondere Lebensverhältnisse und soziale
Schwierigkeiten im Sinne des § 67 SBG XII der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft
entgegenstehen. Ziel der Hilfe ist eine umfassende und dauerhafte soziale Wiedereingliederung oder die Erschließung vorrangiger Hilfen. Die Einrichtung besteht nun bereits seit
25 Jahren. Sie wurde am 5. Mai 1985 eingeweiht.
25 Jahre Helle Platte
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Beim Richtfest der landwirtschaftlichen Bergehalle 1981 spielte der damalige Vorstand Harald Huber (re.) mit seinem Posaunenenchor auf
Tiefe Wurzeln
Mit der Einbeziehung der Suchtproblematik in
das Resozialisierungskonzept für wohnungslose
Menschen ging die ERLACHER HÖHE ab Ende
der 1970er-Jahre ganz neue Wege. Sie stand
damit gleichzeitig in einer guten Tradition,
deren Wurzeln bis zum Jahre 1902 zurückreichen. Das damalige „Blaukreuzhäusle“ der
„Kolonie Erlach“ wurde seinerzeit als die erste
„Trinkerheilstätte“ in Württemberg beschrieben
– um in der überlieferten Terminologie zu
bleiben.
Ein neues Konzept
Bereits Mitte der 1970er-Jahre war die Dezentralisierung der ehemaligen „Kolonie Erlach“
angedacht. So kam es durch den Erwerb eines
Gebäudes in Backnang zur Gründung einer
Außenstelle, in der ab 1978 so genannte „Förderkurse“ durchgeführt wurden. Sie waren die
Vorläufer der heutigen Sozialtherapie: Man entwickelte ein gezieltes Resozialisierungskonzept
für Bewohner der ERLACHER HÖHE, bei denen
sowohl eine soziale Problematik als auch eine
Sucht vorlag und die unter Suchtmittelabstinenz
einen Neuanfang machen wollten. Neben der
Stabilisierung der Abstinenz setzte das Konzept
auf die Eingliederung in Arbeit und Wohnung.
Dies war verbunden mit einem schrittweisen
Wechsel von den intensiven stationären in
teilstationäre und ambulante Hilfemaßnahmen.
Äußere Umstände führten dann auch in Erlach
selbst zu ergänzenden Planungen: Durch ein
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1985 wurden die Bauarbeiten der Sozialtherapie „Helle Platte“ abgeschlossen
Feuer im Heustock des großen Viehstalls wurde
im Juni 1977 das Gebäude fast vollständig
zerstört. Die Entscheidung fiel gegen den Neuaufbau und für einen Aussiedlerhof mit dazu
gehörenden Wohnungen und Gemeinschaftsräumen auf dem Flurstück „Helle Platte“.
Die künftigen Förderkurse sollten dann auf
dem neu entstehenden „Resozialisierungshof
Helle Platte“ geleistet werden. Der Spatenstich
erfolgte im September 1980, das Richtfest
bereits im Mai 1981 in der Bergehalle der
Landwirtschaft.
Ursprünglich wurde die „Helle Platte“ für
etwa 25 Bewohner konzipiert. Neben den fünf
Bewohnerhäusern mit jeweils sechs Zimmern,
gemeinsamer Küche sowie gemeinsamem
Wasch- und Duschraum, entstand das Zentralgebäude mit Büros, Speisesaal, Ausgabeküche
und Toiletten. Drei mit den Bewohnerhäusern
äußerlich identische Häuser entstanden damals
als Wohnraum für Mitarbeitende. Der Resozialisierungshof bzw. die sozialtherapeutische
Dorfgemeinschaft wurde zum Jahreswechsel
1984/85 fertiggestellt und am 5. Mai 1985
offiziell eingeweiht. Mit ersten Überlegungen
für eine gezielte sozialtherapeutische Arbeit war
bereits zehn Jahre zuvor begonnen worden.
Der Grundstein für die stationäre Sozialtherapie
war somit gelegt.
Die Förderkurse
Um die Erfolgschancen bei dem späteren
Wechsel in die offenere teilstationäre Phase
zu erhöhen, wurde auf der „Hellen Platte“ ein
umfassendes Förderprogramm entwickelt. Über
sechs bis acht Wochen lebten die Teilnehmenden
in geschlossenen Fördergruppen, damals noch
Förderkurse genannt. Folgende Kursinhalte
standen auf dem Lehrplan: Einführung in das
Leben und Arbeiten in Backnang, Alkoholinformation, Deutsch, Rechnen, Kochen, Selbstsicherheitstraining, Recht, Sport, Gruppen- und
Einzelgespräche. Dazu kamen 24 Stunden in
der Woche, in denen sie in den Werkstätten
arbeiteten und ein Programm zur Förderung
des Arbeitsverhaltens absolvieren sollten.
Sowohl auf der „Hellen Platte“ als auch in der
Therapeutischen Wohngemeinschaft Backnang
war Abstinenz Pflicht. Ohne Alkohol fiel die
Einsicht in die eigenen Problematiken und die
Arbeit an sich selbst den Betroffenen leichter.
Die Perspektive weitete sich: Betroffene
begannen, neue Pläne zu schmieden oder zu
Menschen Kontakt aufzunehmen, die sie bisher
gemieden hatten. Auch die Armutsproblematik begann ihre Schatten zu verlieren: Am
Arbeitsplatz leisteten sie mehr und wurden
besser entlohnt. Erstaunlich selbstverständlich
wurde von vielen das Prinzip „Nüchternheit“
akzeptiert und vertreten.
Durch Weiterbildungsmaßnahmen wie z. B.
sozial- oder aber arbeitstherapeutische Ausbildungen der Mitarbeitenden sollten die Resozialisierungserfolge noch verbessert werden.
Auch die Arbeit im Rahmen der Förderkurse
wurde weiter ausgebaut: Neben dem Haus in
Backnang konnte Anfang der 1980er-Jahre in
Murrhardt ein Gebäude mit Wohneinheit und
Werkstatt gekauft werden. Damit eröffneten
sich neue Chancen. Den Teilnehmern der
25 Jahre Sozialtherapie
Die Häuser der „Hellen Platte“ sind wie eine
Dorfgemeinschaft um den zentralen Platz mit dem
Gemeinschaftshaus gruppiert
Förderkurse war es nun möglich, in räumlichem
Abstand zu den alten „Trinkkameraden“ ihren
Neuanfang zu starten. In einem veränderten
Klima und einer Umgebung, die eher dem
Realitätsprinzip entspricht, galt es neue Herausforderungen zu bewältigen: Hauswirtschaft,
Selbstversorgung, Bürgernähe und Konsumreize sowie die Beschäftigung in der Werkstatt.
Wer den Förderkurs erfolgreich absolviert hatte,
konnte nun nach Backnang in die Therapeutische Wohngemeinschaft oder in die Wohn- und
Werkgemeinschaft nach Murrhardt ziehen.
Murrhardt bot denjenigen, die schwerer in Arbeit zu vermitteln waren, die Chance auf einen
längerfristigen sozialversicherungspflichtigen
oder einen geförderten Arbeitsplatz. Gerade in
einer Zeit, in der die Arbeitsvermittlung immer
schwieriger wurde, war diese Werkstatt von
unschätzbarem Vorteil. Sie verbesserte deutlich
die Perspektiven für die resozialisierungswilligen Klienten. Ab Januar 1984 konnte die
Werkstatt Murrhardt nach Fichtenberg in ein
eigenes Gebäude umziehen. Die Wohn- und
Werkgemeinschaft Murrhardt-Fichtenberg war
entstanden, die in dieser Kombination bis zum
Jahr 2000 Bestand hatte.
Das Stufenprogramm
Waren die „Förderkurse“ zu Beginn geschlossene Kurse, die sich zunächst über sieben
Wochen intensiven Trainings erstreckten, so
wurden sie im Laufe der Entwicklung auf vier
und später auf sechs Monate ausgedehnt. In
Fachkreisen hatte das Konzept der „Hellen
Platte“ schnell ein lebhaftes Echo hervorgerufen. Es gab viele Anfragen und Bewerbungen.
Das überregionale Angebot wurde bald bekannt
und geschätzt. Es gewann insbesondere an
Bedeutung, da andere Einrichtungen zur
Alkoholbehandlung für Wohnungslose nicht in
gleicher Weise spezialisiert waren.
1988 löste ein Stufenprogramm die Förderkurse ab. Die Teilnehmenden durchliefen vier
Stufen, wobei jede Stufe ihre besonderen
Zielsetzungen hatte. Die erste Stufe wurde
als offene Gruppe geführt, neue Klienten
konnten hinzukommen. Frühestens nach vier
Wochen Aufenthalt folgte die zweite Stufe. Die
Umstufung war an das Erreichen der jeweiligen Ziele gebunden. Wer die angestrebten
Veränderungsschritte nicht nachvollzog, konnte
die betreffenden Stufen wiederholen.
Das indikative Programm
Mitte der 1990er-Jahre folgte darauf das
bis heute bestehende indikative Programm:
Die Teilnehmer der Sozialtherapie belegen
nun so genannte indikative Gruppen. Diese
widmen sich Schwerpunktthemen, die vor dem
Hintergrund der jeweils individuell erkannten
Problematiken zur Auseinandersetzung mit
diesen und zur Erarbeitung von Lösungsschritten beitragen sollen. Heute bestehen neben
Gesprächsgruppen wie z. B. Selbstsicherheitstraining, Rückfallprävention, Soziale Interaktion und „Ziele erreichen“ auch alltagspraktische
Gruppen wie die Kochgruppe, Gartengruppe
oder das Kreative Gestalten. Daneben finden
regelmäßige Einzelgespräche statt. Weitere
Schwerpunkte der Sozialtherapie sind das
Hauswirtschaftstraining sowie die tagesstrukturierende Beschäftigung im Außenbereich
der Landwirtschaft. Mit der Erfüllung dieser
Programmpunkte werden die Voraussetzungen
für einen Umzug in die Therapeutischen Wohngemeinschaften geschaffen.
Das Klientenprofil und
die Neukonzeptionierung
Ende 1997 wurde mit dem Landeswohlfahrtsverband Württemberg-Hohenzollern das „Klientenprofil“ der „Hellen Platte“ abgestimmt und
damit eine klare konzeptionelle Ausrichtung
erreicht. Diese floss dann in die Beschreibung
der neu entstehenden Leistungstypen ein. Die
Sozialtherapie erhielt den Leistungstyp III 1.4.
Dies ist ein spezieller Leistungstyp für Menschen
mit Sucht, somatischen und psychischen Problematiken. Besonderer Wert wurde dabei auf die
Zuständigkeiten der so genannten vorrangigen
Hilfen für Menschen mit Sucht- und psychischen
Problemen gelegt. Wegen ihrer speziellen
Problemlage bestehen für diese Menschen
sozialrechtliche Ansprüche auf die Vermittlung
in Einrichtungen der Eingliederungshilfe oder in
Suchthilfen.
1999 erfolgte die Neukonzeptionierung. Die
Aufnahmeabteilung am alten Standort in Erlach
wurde aufgelöst, ihre fünf Sozialtherapie-Plätze
in die „Helle Platte“ integriert. Die dortige
Platzzahl lag nun bei 35.
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Die Zusammenführung zu den
Ausblick
„Sozialtherapeutischen Hilfen“
Als Herausforderungen bei den Sozialtherapeutischen Hilfen ergeben sich zunehmend
folgende Bereiche: Umgang mit gesundheitlichen, insbesondere psychischen Problematiken, Umgang mit Rückfällen, Probleme bei
der Eingliederung in Arbeit sowie die Betreuung
von wohnungslosen Frauen mit einer Suchtproblematik.
Waren die „Helle Platte“ und die beiden
Therapeutischen Wohngemeinschaften (TWG)
in Murrhardt und Backnang bisher eigene
Abteilungen, so wuchsen sie doch aufgrund
eines sich ergänzenden Konzepts und gemeinsamer Klienten immer mehr zusammen. Die
Zusammenführung zur großen Abteilung
„Sozialtherapeutische Hilfen“ ab 2005 war die
logische Konsequenz daraus.
Vor dem Hintergrund der Vorgaben des
Klientenprofils bzw. der Leistungstypen und
vor allem weil die Zahl der Menschen mit
Multiproblematiken zunahm, stieg der Anteil
der Klienten, die längerfristig einen abstinent
geführten Rahmen benötigen und deshalb in
so genannte „vorrangige Hilfen“ vermittelt
werden.
Mit dem 2005 von der ERLACHER HÖHE eröffneten „Haus an der Rems“, einer stationären
Einrichtung für chronisch suchtkranke Menschen
in Waiblingen-Beinstein, eröffnete sich für
Klienten der Sozialtherapeutischen Hilfen nun
ein zusätzliches attraktives Angebot.
Die Kooperation in der großen Abteilung
„Sozialtherapeutische Hilfen“ ermöglicht nun
eine besser abgestimmte Arbeit mit Rückfällen,
insbesondere an den Schnittstellen zwischen
den Einrichtungsteilen. Das Phänomen, dass
Rückfälle oder Abbrüche vermehrt nach Umzügen in die Stadt oder nach der Jobaufnahme
zu verzeichnen sind, wurde schon zu Beginn
der Förderkursarbeit beschrieben und ist nach
wie vor aktuell. Die abgestimmte Kooperation
zwischen stationären und teilstationären
bzw. ambulanten Angeboten innerhalb der
großen Abteilung Sozialtherapeutische Hilfen
ermöglicht es nun, bedarfsgerecht auf diesen
Sachverhalt einzugehen.
Das Konzept der Sozialtherapie schließt auch
ein Hilfeangebot für Frauen ein, das in den
ERLACHER HÖHE
Sozialtherapeutische Hilfen
Karl-Ernst Kühner (Abteilungsleiter)
Erlach 23
71577 Großerlach
Telefon: 0 71 93/57-122
karl-ernst.kuehner@erlacher-hoehe.de
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letzten Jahren immer stärker nachgefragt
wurde. In der TWG Backnang wurde dafür eine
Frauen-Wohngemeinschaft geschaffen. Es ist
nötig, das Angebot unter frauenspezifischen
Erfordernissen weiterzuentwickeln, fachlich
fundiert auszubauen und auf den spezifischen
Hilfebedarf wohnungsloser Frauen auszurichten.
Um bei Rückfällen oder gesundheitlichen und
psychischen Krisen fachlich kompetent intervenieren zu können, wurden die Kooperationen
mit dem Zentrum für Psychiatrie in Winnenden
und der Psychosozialen Beratungsstelle
Waiblingen ausgebaut. Dieser Ausbau von
Netzwerken zur Optimierung der Hilfen wird
auch in Zukunft eine besondere Herausforderung darstellen.
Als bauliches Projekt in der nahen Zukunft
steht die Sanierung der nunmehr seit 25 Jahren
genutzten Gebäude der „Hellen Platte“ und der
TWG Murrhardt an, da hier vieles nicht mehr
heutigen Standards entspricht.
Auf fachlicher und konzeptioneller Ebene gilt
es, ein Teilhabe-Konzept in Anbindung an das
Betreute Wohnen zu entwickeln. Darüber hinaus ist ein Konzept zum Umgang mit Klienten
mit Doppeldiagnosen angedacht.
von Karl-Ernst Kühner
25 Jahre Helle Platte