Thomas Wolsey, Kardinal und Erzbischof von York - KWR
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Thomas Wolsey, Kardinal und Erzbischof von York - KWR
Thomas Wolsey, Kardinal und Erzbischof von York (* 1475? in Ipswich; † 28. November 1530 in Leicester), war ein englischer Staatsmann und römisch-katholischer Kardinal. Er bekleidete das Amt des englischen Lordkanzlers und stieg für viele Jahre zum mächtigsten Mann Englands auf. Leben Thomas war Sohn von Robert Wulcy von Ipswich (1438–1496) und Joan Daundy. Sein Vater soll nach mehreren Quellen Metzger gewesen sein, diese Information ist aber nicht gesichert. Wolsey studierte im Magdalen College in Oxford Theologie. Am 10. Mai 1498 wurde er durch John Blythe, den Bischof von Salisbury, in der Peter and Pauls Church zu Marlborough zum Priester geweiht. Seit Oktober 1500 Rektor der Kirche zu Limington, Somerset, war er auch Hauskaplan des Erzbischof von Canterbury. Als der Erzbischof 1503 verstarb, wechselte Wolsey als Kaplan zu Sir Richard Nanfan, dem Gouverneur von Calais. Dieser sandte ihn zu König Heinrich VIII., der ihn 1506 als Gesandten zu Kaiser Maximilian nach Brügge schickte und Wolsey 1507 zu seinem eigenen Hauskaplan ernannte, was möglicherweise auf Empfehlung von Bischof Fox von Winchester geschah. Der König ernannte ihn am 2. Februar 1509 nicht nur zum Dekan von Lincoln und noch vor Juni 1509 zum Dekan von Hereford, sondern auch zu seinem Almosenier und 1510 zum Mitglied seines Privy Council. 1510 wurde er zum Doktor der Theologie promoviert und wurde in diesem Jahr auch Kanoniker des Kapitels von Windsor. Nachdem er 1513 das Bistum Tournai erhalten hatte, wurde er am 6. Februar 1514 zum Bischof von Lincoln ernannt. Am 26. März 1514 erhielt er in Lambeth Palace die Weihe zum Bischof, am 15. September dieses Jahres wurde er zudem zum Erzbischof von York erhoben. Papst Leo X. ernannte Wolsey am 10. September 1515 zum Kardinal und verlieh ihm die Titelkirche Santa Cecilia in Trastevere. Schon am 24. Dezember 1515 folgte die Ernennung zum Lordkanzler von England. Als der Erzbischof von Canterbury, durch den Stolz des Emporkömmlings verletzt, die Kanzlerstelle niederlegte, wurde diese Wolsey übertragen. Da diese Erhebung den Rücktritt der übrigen Kronräte veranlasste, kam somit die gesamte Regierungsgewalt in seine Hände. Die entscheidende Position, die König Heinrich VIII. in den Kämpfen zwischen Kaiser Karl V. und Franz I. von Frankreich einnahm, nutzte Wolsey zu seinem eigenen Vorteil, wie für den Machtgewinn des Königs. Wolsey handelte dem Prinzip Der Fürst von Niccolò Machiavelli entsprechend einer tagespolitischen Machtoptimierung. Franz I. gab er 1516 das Bistum Tournai gegen eine Jahresrente von 12.000 Livres . Im Auftrag von Leo X. initiierte Wolsey 1518 den Vertrag von London. Zu diesem Zweck ernannte ihn der Papst zum Päpstlichen Legaten mit sehr weitgehenden Vollmachten (lat.: legatus a latere) und einem Jahrgehalt von 7.500 Dukaten. Schon am 30. Juli 1518 war er auch Administrator des Bistums Bath and Wells geworden, was er bis 1523 blieb. Im Mai 1520 initiierte Wolsey ein Treffen von Heinrich VIII. mit Karl V. Im Juni 1520 organisierte Wolsey mit sehr viel Pomp ein Treffen von Franz I. von Frankreich mit Heinrich VIII. auf dem Camp du Drap d’Or bei Balinghem. Mit Wolseys Macht stiegen sein Stolz, seine Anmaßung und er konnte ein machtvolles Auftreten entsprechend dem Herrscherideal des Renaissancefürsten nach Niccolò Machiavelli demonstrieren. Er errichtete mit seiner apostolischen Nuntiatur einen eigenen Gerichtshof, unterdrückte den Klerus, vereinigte willkürlich die reichen Bistümer Durham (26. März 1523) und Winchester (8. Februar 1529) mit dem Erzbistum York, zog die Abtei St Albans ein (1521) und riss viele andere Pfründen an sich. Seine Einkünfte erreichten dadurch fast jene der Krone, und sein Aufwand überstieg den der meisten Könige. Nachdem Wolsey lange Zeit zwischen Franz I. und Karl V. geschwankt hatte und von beiden Seiten mit Gunstbezeigungen überhäuft wurde, entschied er sich endlich 1521 für den Kaiser, der ihm ein reiches Jahrgeld gewährte und Aussichten auf die Papstwürde machte. Er schloss am 25. August und am 24. November mit Karl ein Bündnis und erklärte Frankreich den Krieg. Da aber Karl weder Heinrichs VIII. französische Eroberungspolitik unterstützte noch bei zweimaliger Vakanz des Heiligen Stuhls seinen Einfluss im Konklave für Wolsey geltend machte, schloss dieser 1525 Frieden mit Frankreich und erklärte sogar 1528 dem Kaiser den Krieg, der jedoch schon 1529 durch den Frieden von Cambrai beendet wurde. Seine Feindschaft gegen Karl V. entzweite ihn auch mit dessen Tante, Heinrichs VIII. Gemahlin Katharina von Aragón; und um seinen König mit einer französischen Prinzessin zu vermählen, suchte er dessen spanische Ehe zu trennen. Auch Heinrich wünschte die Ehescheidung, aber um Anne Boleyn, seine Geliebte, zu heiraten. Als nun der Papst der Scheidung Schwierigkeiten entgegensetzte, glaubten der König und Anne, den Grund dafür in Wolseys Ränken zu finden. Dieser wurde im Oktober 1529 gestürzt, musste seinen prächtigen Palast zu London (Palace of Whitehall) verlassen und sich auf sein Landhaus in Esher, Surrey, zurückziehen. Zwar ließ ihn der König im Besitz der Bistümer York und Winchester, doch das Parlament klagte ihn des Missbrauchs seiner kirchlichen Macht an und verurteilte ihn zum Verlust seiner Güter und zu unbefristetem Gefängnis. Heinrich VIII. begnadigte ihn, verwies ihn aber ins Erzbistum York, wo er in Castle Caywood seine Residenz aufschlug. Im November 1530 von neuem des Hochverrats angeklagt, sollte er nach London gebracht werden, starb aber unterwegs am 28. November in der Abtei Leicester. Hier fand er auch sein Grab. In Shakespeares Drama Heinrich VIII., das den Fall Wolseys darstellt, wird dem Kardinal in den Mund gelegt (3. Akt, 2. Szene): Had I but served my God with half the zeal I served my king, he would not in mine age Have left me naked to mine enemies Hätt ich nur Gott gedient mit halb dem Eifer, Den ich dem König weiht, er gäbe nicht Im Alter nackt mich meinen Feinden preis! Wolsey liebte die Wissenschaften und gründete aus eigenen Mitteln mehrere Kollegien und Unterrichtsanstalten. Im Verlauf seines Lebens hatte er mehrere Lebensgefährtinnen. Bekannt sind Joan Clansey, Joan Larke, die ihm eine Tochter gebar, und Dorothe Wynter, die ihm einen Sohn gebar. Das Bild von Thomas Wolsey als raffgierigen und machtsüchtigen Menschen ist vor allem durch die Charakterisierung geprägt, die sein Zeitgenosse Polydor Vergil in seiner Anglica Historia gibt, einer humanistischen Darstellung der englischen Geschichte.