Mein Praktikum am Institut für Evolutionsbiologie an der University of

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Mein Praktikum am Institut für Evolutionsbiologie an der University of
Mein Praktikum am Institut für Evolutionsbiologie an der University of Edinburgh
Die Idee, ein Praktikum im Ausland zu absolvieren, hatte ich schon zu Beginn meines Studiums.
Auslandspraktika sind eine wunderbare Möglichkeit, sowohl Auslandserfahrungen mit allem,
was dazu gehört, zu sammeln als auch Einblicke in ein Berufs- bzw. Forschungsfeld zu
gewinnen! Drei Monate – ein Vierteljahr – erschienen mir die perfekte Zeitspanne, beides zu
erfahren (obwohl ich im Nachhinein auch gerne länger geblieben wäre…).
Edinburghs Schloss
Die Praktikumsplatzsuche
Fest stand für mich, dass ich in den englischsprachigen Raum möchte. Im Masterstudium
Biologie sind viele Vorlesungen auf Englisch und besonders vor englischen Referaten in
Seminaren hatte ich schon während dem Bachelor großen Respekt. Außerdem kann Englisch nie
schaden. Und weil USA, Kanada, Australien und Neuseeland (zumindest in der Anreise) nun
einmal ziemlich teuer sind, entschied ich mich, in Europa zu bleiben und ins schöne
Großbritannien zu gehen. Damit war dann auch klar, dass ich mich für eine Förderung durch
Erasmus+ bewerben konnte. Innerhalb Großbritanniens wiederum habe ich mich besonders
nach Praktikumsplätzen in Schottland und (Nord-)Irland umgesehen, weil ich eine Vorliebe für
diese Länder habe, die häufig im Schatten des „großen Bruders“ England stehen. Diese
Sympathie hat sich übrigens nach dem Brexit-Referendum noch verstärkt, denn in beiden
Ländern hat die Mehrheit der Bürger für einen Verbleib Großbritanniens in der EU gestimmt. So
habe ich mich als europäische Ausländerin sehr willkommen gefühlt.
Desweiteren habe ich einen Praktikumsplatz gesucht, der biologische Feldarbeit im Freien
beinhaltet. Mit dieser Eingrenzung habe ich mich durchs Internet gewühlt und zunächst
erfolglos versucht, eine Reihe von Organisationen wie das „Scottish National Heritage“ oder die
„Scottish Environment Protection Agency“ per Telefon oder E-Mail zu kontaktieren. Dann habe
ich meine Strategie geändert und nach Ökologie-Instituten an Universitäten gesucht.
Wahrscheinlich können die Leute an Unis insgesamt mehr mit dem Konzept Auslandspraktikum
anfangen und so war gleich mein erstes Telefonat mit Professor Graham Stone von der
Universität Edinburgh erfolgreich. Ich habe ihm meine Bewerbungsunterlagen und die
Erasmusformulare geschickt und noch einmal schriftlich erläutert, worum es mir bei dem
Praktikum geht und was mich besonders interessiert. Nach einigem Rückfragen und Nachhaken
hat er mir das ausgefüllte „Placement-offer“ geschickt und meine Vorfreude konnte beginnen!
Die Zimmersuche
Die Zimmersuche gestaltete sich leichter als gedacht. Nachdem ich über die Website „Gumtree“
und die Facebookgruppe „Edinburgh Flatshare“ drei bis vier Anfragen für Zwischenmieten
verschickt hatte, konnte ich ein Kennenlernen mit einer WG über Skype arrangieren – und
bekam auch prompt eine Zusage, allerdings nur für zwei der dreieinhalb Monate. Bei der
Wohnungssuche war mir wichtig, ein Zimmer in einer Wohngemeinschaft zu finden, weil ich
mein WG-Leben auch zuhause in München sehr mag und man so gleich Anschluss finden kann.
Außerdem sollte das Zimmer sowohl vom Zentrum als auch vom Praktikumsplatz nicht weit
entfernt sein. Praktisch war, dass mein Praktikum über den Sommer ging und zeitlich mit den
britischen Semesterferien zusammenfiel. Denn es gibt viele Studenten, die ihre Zimmer über den
Sommer untervermieten. Für den letzten Monat konnte ich dann in die WG eines
Arbeitskollegen einziehen – da ich mich zu dem Zeitpunkt schon gut eingelebt und Leute
kennengelernt
hatte,
ergab
sich
das
durch
Mundpropaganda.
Zu den Kosten: Studenten-Zimmer in Edinburgh sind mindestens so teuer wie in München, man
zahlt zwischen 300 und 550 Pfund. Mein Zimmer hat 400 Pfund, also umgerechnet ca. 530 Euro
gekostet.
Das Praktikum
Die Arbeitsgruppe um Professor Graham Stone
beschäftigt sich mit Bestäubungsbiologie im weitesten
Sinn. Mein Praktikum war thematisch zweigeteilt:
Zum Einen habe ich in einigen Parks der Stadt für das
„Urban Pollinator Project“ Blumen und Bestäuber
kartiert.
Andererseits
habe
ich
geholfen,
Insektensammlungen des Londoner Natural History
Museums für sogenannte „Cryolagerung“ zu
präparieren. Da diese beiden Tätigkeiten volle
Arbeitstage nicht ausgefüllt haben, kamen nach kurzer
Zeit Aufgaben wie statistische Datenanalyse oder das
Mikroskopieren von Pollenproben hinzu.
Beim „Urban Pollinator Project“ handelt es sich um
eine Forschungsreihe, die ab 2012 in verschiedenen
Städten Großbritanniens durchgeführt wurde. Ziel
war, das Auftreten und Verhalten von Bestäubern in
der Stadt zu erforschen und einen ökologisch
vorteilhaften Saatmix für städtische Blumenwiesen zu
entwickeln. Denn man hat erkannt, dass urbane
Hummel (Bombus pascuorum) auf Centaurea nigra
Regionen ein Refugium für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten darstellen können, und will diese
Entwicklung unterstützen. Anforderungen an den „perfekten Saatmix“ sind dabei, dass die
Blumen über die ganze Saison hinweg Pollen und Nektar für eine große Vielfalt von Insekten zur
Verfügung stellen und die Blumenwiese außerdem schön anzusehen ist und die Städter erfreut.
Innerhalb dessen gab es zwei Vergleichsgruppen: Wiesen mit einjährigen Blumen wurden mit
solchen verglichen, die einmal gesät worden sind und dann jedes Jahr aufs Neue blühen. Für das
Projekt haben die Universitäten mit Stadtverwaltungen zusammengearbeitet, weil die Städte
Flächen in Stadtparks und Grünstreifen zur Verfügung stellen und die Bepflanzung und Pflege
der Blumenwiesen langfristig weiterführen können. Obwohl das Urban Pollinator Project in
seiner ursprünglichen Konstellation bereits ausgelaufen war, hat sich die Uni Edinburgh
entschieden, weiterhin Daten von einigen Blumenwiesen zu erheben und zu untersuchen, wie
sich das Alter einer Wiese auf die Bestäuberanzahl und -vielfalt auswirkt.
Konkret hieß das, dass in den Frühlings- und Sommermonaten sechs Blumenwiesen je ein- bis
zweimal im Monat erfasst wurden. Stichprobenweise wurden Blüten und Bestäuber innerhalb
eines bestimmten Zeitrahmens gezählt und notiert. Während meiner Zeit in der Arbeitsgruppe
wurde mir die volle Verantwortung für dieses Projekt zuteil. Ich habe also geplant, an welchen
Tagen die Studien durchgeführt wurden (was sehr vom Wetter und dem Zeitplan der beteiligten
Personen abhing), habe den Überblick über das nötige Equipment behalten und das
Digitalisieren der Daten übernommen. Da war ich ganz froh, dass zu Beginn meines Praktikums
– im Mai – auf den Wiesen noch nicht so viel geblüht hat, sodass ich genug Zeit hatte, mich
vorzubereiten: Ich habe gelernt, die jeweiligen Blumen und Bestäuber zu bestimmen – wobei für
die Insekten eine Einordnung in Kategorien (Honigbienen, Wildbienen, Hummeln, Käfer,
Schmetterlinge,…) glücklicherweise ausreichend war.
Meine Insektenkenntnis konnte ich auch bei meiner zweiten Praktikumsaufgabe erweitern: Für
das Natural History Museum in London habe ich geholfen, traditionelle Insektensammlungen
(aufgespießt auf Pinnnadeln – so wie man es sich vorstellt) für eine neue Art der Konservierung
zu präparieren. Die Insekten sollen künftig in -140°C kaltem Stickstoff gelagert werden. Meine
Aufgabe bestand schlicht darin, alle Informationen zu einer Probe unter einem QR-Code zu
speichern und das Insekt in speziell dafür vorgesehene Tubes zu übertragen. Das mag zwar nach
einer recht repetitiven und eintönigen Aufgabe klingen (und auch meine Betreuer hatten Sorge,
dass mir die Arbeit langweilig wird), aber ich konnte mir immer die Zeit nehmen, Insekten
genau anzusehen und Bestimmungsmerkmale ausmachen. Und wenn mir nicht danach war, die
Insekten genauer zu studieren, konnte ich nebenbei Podcasts und TED-Talks anhören, sodass ich
mit dieser Arbeit immer zufrieden war.
So ungefähr ab der Hälfte meines Praktikums habe ich angefangen, mich stärker mit
Datenanalysen im Statistikprogramm „R“ auseinanderzusetzen. Wenn man die Grundzüge
verstanden hat, ist es wirklich bemerkenswert, was man mit R alles berechnen kann! Ich habe
einige Tutorials bearbeitet und das Gelernte dann auf verschiedene Datensätze angewandt,
Graphen erstellt und p-Werte interpretiert.
Alles in allem hatte ich eine sehr gute Zeit am Institut für Evolutionsbiologie in Edinburgh. Die
Arbeit war produktiv, die Atmosphäre dennoch entspannt und überaus freundlich. Mit meinen
Kollegen habe ich auch in meiner Freizeit viel unternommen und immer lustige Lunch- und
Teepausen verbracht. Außerdem wurden an dem Institut regelmäßig Vorträge über interne und
externe Forschungsarbeiten gehalten, die ich mir gerne angehört habe. So konnte ich auch
Einblicke in verschiedene Themen außerhalb des Bereichs Bestäubungsökologie gewinnen.
Die Sprache
Besonders was das Reden angeht, konnte ich mein Englisch in den drei Monaten auf jeden Fall
verbessern. Ziemlich schnell habe ich Hemmungen verloren, einfach drauf loszusprechen und
mich (wenn auch grammatikalisch nicht immer korrekt) verständlich zu machen. Auch mit dem
schottischen Dialekt, von dem ich im Vorfeld Haarsträubendes gehört hatte, bin ich schnell gut
zurecht gekommen. Das liegt wahrscheinlich auch daran, dass der Edinburgher Dialekt
vergleichsweise moderat ist (Glasgow ist eine andere Nummer!) und meine Arbeitskollegen
ohnehin aus verschiedensten Ländern stammten. Jetzt höre ich Schottisch richtig gern und kann
mich auch für kleine sprachliche Besonderheiten begeistern. Beispielsweise gibt es im
gesprochenen Schottisch ein „ihr“ – man verwendet „youse“ als Mehrzahl von „you“.
Neu war mir, dass man im Englischen mit „half six“ 18:30 Uhr meint und nicht – wie im
Deutschen – 17:30. Das hat mich anfangs ein paar Mal verwirrt.
Edinburgh in der Abendsonne
Die Leute
Die Schotten sind unglaublich herzlich, offen und hilfsbereit! Wenn man in der Stadt, im
Supermarkt oder in Pubs unterwegs ist, kommt man häufig einfach so ins Gespräch mit
Einheimischen. Ich habe mich gleich sehr willkommen gefühlt! Engere Kontakte knüpfen konnte
ich einerseits mit meinen Mitbewohnern und andererseits mit Kollegen im Praktikum. Darunter
waren auch viele „Internationals“, was ich sehr bereichernd fand! Zu politischen Kontroversen
und Alltagsfragen Sichtweisen aus anderen Ländern zu hören, hat immer zu anregenden und
spannenden Diskussionen geführt.
Soweit ich es beurteilen kann, würde ich sagen, dass „Arbeit“ in Schottland entspannter, aber
nicht unbedingt weniger produktiv ist. Lange Lunch- und Teepausen und private Gespräche
unter Kollegen gehörten am Institut für Evolutionsbiologie zum Arbeitsalltag dazu. Trotzdem
(oder gerade deswegen?) liegt die Universität Edinburgh laut dem QS World University Ranking
in Biological Sciences weltweit auf Platz 25. Ich kann mir zum Beispiel sehr gut vorstellen, dass
die Leute weniger Burnout-gefährdet sind als in Deutschland. Das liegt bestimmt an der
generellen Gelassenheit der Schotten, aber vielleicht auch daran, dass die Hierarchien flacher
sind als in Deutschland und daher weniger Druck „von oben“ ausgeübt wird. Mein Chef, Graham,
hat großen Wert auf freundschaftliche Beziehungen innerhalb der gesamten Arbeitsgruppe
gelegt und ich habe mich auch als Praktikantin ernst genommen gefühlt.
Auch die berühmte britische Höflichkeit habe ich sehr schätzen gelernt. Zum Beispiel sagen
Briten eigentlich nie „No“, sondern umschreiben Verneinungen immer elegant. Außerdem
können alle wahnsinnig gut „socializen“, sind stets aufmerksam und fragen einander nach dem
Befinden. Anfangs hatte ich manchmal Sorge, unhöflich zu wirken. Aber mit der Zeit habe ich
das, glaube ich, ganz gut in den Griff bekommen
Die Finanzen
Großbritannien ist teuer und das Erasmus-Förderungsgeld ist zwar hilfreich, aber längst nicht
kostendeckend. Leider habe ich meine Ausgaben nicht genau protokolliert, kann aber sagen,
dass ich mit 400 Pfund (ca. 530 Euro) Miete monatlich im unteren mittleren Bereich lag. Hinzu
kamen vier Wochenendtrips in die Highlands und Islands, Sightseeing, Kultur,
Gebrauchsgegenstände und Lebensmittel. Dabei habe ich zwar versucht, sparsam zu sein, aber
trotzdem möglichst viel vom Land kennenzulernen. Und obwohl Bier teuer ist, habe ich nicht
Nein gesagt, wenn mich jemand gefragt hat, ob ich Lust habe, mit in einen Pub zu kommen.
Alltägliche Lebensmittel habe ich überwiegend im Bioladen gekauft, was bekanntlich auch etwas
teurer ist. Insgesamt habe ich in etwas mehr als drei Monaten 3280 Pfund (ca. 4000 Euro) plus
Reisekosten (mit dem Zug, ca. 200 Euro für Hin- und Rückfahrt) ausgegeben. Aber das ist leider
nur eine sehr grobe Richtlinie.
Tipps und Tricks
Edinburgh ist eine wunderschöne, historisch und kulturell sehr reiche und vielseitige Stadt!
Populäre Sightseeing- und Ausgehtipps lasse ich für diesen Bericht außen vor – aber es gab
kleine Dinge, die meine Zeit in Edinburgh erleichtert und verschönert haben:
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Zug fahren: Mit dem Zug von München nach Edinburgh zu fahren, war für mich ein sehr
schönes Erlebnis. Über Frankfurt und Brüssel durch den Eurostar-Tunnel ist man in 10
Stunden in London und von dort aus in viereinhalb Stunden in Edinburgh. Besonders das
letzte Stück der Strecke war wunderschön, an der Küste entlang und an Schafsweiden
vorbei. Ich hatte angenehm viel Zeit, mich mental auf alles vorzubereiten. Und wenn man
früh bucht, ist Zug fahren billiger als Fliegen. Aber das Beste ist, dass man ganz viel CO2
spart!
früher anreisen: Wenn es sich einrichten lässt, kann ich empfehlen, einige Tage vor
Praktikumsbeginn anzureisen. So hat man Zeit, sich zu orientieren und warm zu werden
mit der Stadt und der Umgebung.
die Website Gumtree: https://www.gumtree.com/ Hier werden Zimmer inseriert, Jobs
angeboten und Gebrauchtwaren verkauft. Über diese Seite habe ich für 40 Pfund ein
Fahrrad gekauft, was ich super praktisch fand!
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SIM-Karte von giffgaff: https://www.giffgaff.com/ Ein unkomplizierter, günstiger
Anbieter – monatlich kündbar.
Railcard: Ich habe mich gegen Ende ein wenig geärgert, dass ich mir keine Railcard von
den National Rail Enquiries gekauft habe. Für 30 Pfund bekommen 18- bis 25-Jährige 30
Prozent Ermäßigung auf jede Bahnfahrt – das lohnt sich schnell, wenn man ab und zu mit
dem Zug unterwegs ist.
Studentenermäßigungen: Für Studenten gibt es sehr oft Rabatte – bei
Touristenattraktionen und in Klamottenläden, manchmal sogar im Supermarkt.
Strände: Neben „Portobello Beach“, Edinburghs „Hausstrand“, gibt es wunderschöne
Strände ein paar Kilometer nördlich in Gullane oder North Berwick, die leicht mit dem
Fahrrad oder Bus zu erreichen sind. An Gullanes Strände grenzt ein schönes
Naturschutzgebiet an, das „Aberlady Nature Reserve“.
Ceilidh tanzen: (Link?) Wenn man die Chance hat, an einem schottischen Ceilidh
teilzunehmen, muss man sie unbedingt wahrnehmen! Ceilidh, der schottische
Gesellschaftstanz, ist leicht zu lernen und macht wahnsinnig viel Spaß! Meist gibt es
Livemusik und einen Instructor, der vor jeder Runde kurz die Schritte erklärt.
Mückenschutzmittel: https://www.smidgeup.com/ Wenn man die Gelegenheit hat,
zum Beispiel am Wochenende in die Highlands zu fahren, sollte man sich vor einer
besonders kleinen und besonders fiesen Mückenart in Acht nehmen, den Midges.
Glücklicherweise wurde in Dundee das sehr wirksame Midge- und Moskito-Repellent
„Smidge“ erfunden. Es riecht ganz angenehm und enthält kein DEET.