Der Lochschaft für die Jagd
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Der Lochschaft für die Jagd
UNTER JÄGERN Waffe, Schuss & Optik Foto: MAKURA HUNTING Rifles – Joachim Hartmann Von Frank Heil Obwohl die Sportschützen die Vorteile von Lochschäften schon an die 100 Jahre nutzen, stehen viele Jäger dieser Schaftform aus Mangel an Erfahrung skeptisch gegenüber. Versuche zeigen aber, dass auch Jäger ihre Schießfertigkeit damit steigern können. Der Lochschaft für die Jagd D en wenigsten Jägern ist bewusst, dass die meisten der für Repetierbüchsen verwendeten Schäfte eigentlich Flintenschäfte sind. Sie entsprechen nur bedingt den Ansprüchen eines Schaftes für zielfernrohrbestückte Büchsen, sind vom Optimum mehr oder weniger weit entfernt. Einige Hersteller bieten Kompromisse in Form gerader Schäfte oder deutlich erhöhter offener Visierung. Auch Aufsteckbacken, höhenverstellbare Backen oder ähnliche Konstruktionen gibt es. Das alles trägt dazu bei, dass sich die Kopfhaltung beim Schießen über die offene Visierung der des Schießens mit Zielfernrohr annähert. Was in aller Regel unter solchen Konstrukten leidet, ist die Ästhetik. Aber es geht auch anders. Der moderne, ergonomisch gestaltete Lochschaft – genannt sei der Blaser Success-Schaft – ist ein Beispiel für eine gelungene Synthese zwischen Funktionalität und Ästhetik. Sein gerader Rücken verteilt die Rückstoßkräfte schulterschonend. Der steile, ergonomisch gestaltete Pistolengriff mit Daumenloch bietet der Schießhand bestmögliche Bedingungen. Gleichzeitig gewährleistet solch ein Lochschaft den Zielfernrohrdurchblick ohne Halsverrenkungen und Kopfwackeln. Im schnellen Anschlag steht das Absehen sofort auf dem Ziel. Was sollte der Jäger sonst noch über Lochschäfte wissen? Obwohl die Sportschützen die Vorteile von Lochschäften schon an die 100 Jahre nutzen, stehen viele Jäger dieser Schaftform aus Mangel an Erfahrung (noch) skeptisch gegenüber. Dagegen gelten für Präzisionsbüchsen Lochschäfte längst nicht mehr als ungewöhnlich. So besitzt das von Frankonia vertriebene Modell CZ 750 S1 M1 einen solchen, ebenfalls das Modell Sonderedition SWS 2000. Auch das bereits in die Jahre gekommene Mauser Modell 86/86SR (Sniper Rifle) weist einen derartigen Schaft auf. Zudem zu erwähnen: die Repetierbüchse Browning M 1000 Eclipse, ein preisgünstiges Matchgewehr mit Schichtholz-Lochschaft und dickem Matchlauf. Weiterhin zeichnen sich zahlreiche Wettkampf-Luftgewehre und KK-Scheibenbüchsen durch Lochschäfte aus. Was hat solch ein Lochschaft, das die üblichen Büchsenschäfte nicht haben? Vom Grundsatz her ermöglicht der ergonomisch gestaltete Lochschaft dem Schützen deutlich bessere Schießergebnisse. 95 UNTER JÄGERN Finger und Handballen liegen in optimaler Abzugsposition am Pistolengriff. Der erhöhte Schaftrücken gewährleistet einen perfekten Anschlag mit Zielfernrohr. Weder erfolgt beim festen Anschlag ein „Herauswandern“ aus dem Ziel, noch wird die Waffe verrissen. Denn ein anatomisch/ergonomisch gestalteter Lochschaft zwingt den Schützen, die Waffe stets gleich zu greifen. Dies ist eine wichtige Voraussetzung für die Minimierung der Schützenstreuung beim Präzisionsschießen. Besonders der Durchschnittsschütze bringt eine höhere Schießleistung. Diese Aussage zählt sowohl für den präzisen statischen Schuss als auch für‘s Flüchtigschießen. Durch den Lochschaft wird die Waffe präzis und entspannt ins Ziel geführt. Es ergeben sich eine nahezu perfekte Schussfolge sowie eine spannungsarme Schießhaltung und damit bessere Treffergebnisse. Diese Aussage belegen eigene intensive Erfahrungen mit der im März 2007 von Blaser vorgestellten Repetierbüchse R 93-Success. Die Success-Schäftung ist die jagdliche Interpretation des bisher nur von Präzisionsbüchsen und Sportwaffen her bekannten Lochschaftes. Mit der R 93-Success gelang das harmonische Zusammenspiel von erlesenem Nussbaum und ergonomisch optimierter Form. Hergestellt wird der Success-Schaft vom Schweizer Büchsenmachermei- 96 ster Markus Ulrich, der auf Wunsch dern um den Abzug. Im Endeffekt auch die von ihm gestaltete R 93 Take schafft das Daumenloch den nahezu Down Ulrich damit ausstattet. In der zwangsgesteuerten festen Griff. Wie Take Down Ulrich mit Lochschaft festgeklemmt liegt die Waffe an der vereinigen sich zwei Innovationen Schulter. Und das bei nahezu jeder des Büchsenmacherhandwerks: das Körperhaltung. geniale Ulrich-Take-Down-System Indes, zum Repetieren muss der und der jagdliche Lochschaft, wel- Daumen aus dem Loch heraus und cher diese hochmobile Jagdbüchse danach wieder hinein. Das dauert bei allen Anschlagarten noch treff- einen Sekundenbruchteil länger als sicherer macht. Übrigens passt der bei einem herkömmlichen Schaft. Lochschaft der Ulrich Take Down Aber da gibt es zwei Tricks. auch an die normale Holzschaft- 1. Wenn’s für den zweiten SchnappRepetierbüchse R 93. Frankonia bie- schuss ganz schnell gehen soll, bleibt tet entsprechende Hinterschäfte für der Daumen einfach oberhalb des einen Preis von knapp 900 Euro an. Lochs außen liegen. Der Ästhet wird bei der Wahl des 2. Mit einiger Übung gelingt es, nur Loch-Hinterschaftes darauf achten, mit Zeige- und Mittelfinger zu redass Farbe und Maserung von Vor- petieren und den Daumen im Loch der- und Hinterschaft so einigerma- zu lassen, in dem er allerdings beim ßen übereinstimmen. Sofern hand- Repetieren zurück und wieder nach werklich geschickt und im Besitz vorn gleitet. der dazu nötigen Handwerkszeuge, kann der Jäger die Schäfte selbst Versuch mit „Normaljägern“ wechseln. Beim Büchsenmacher Folgender durchgeführte Versuch dauert’s ein Viertelstündchen. mag die bisherigen Ausführungen Aus edlem Wurzelmaserholz der zum Lochschaft belegen. türkischen Walnuss gefertigt, strotzt Wie bekannt, lässt sich bei der Repesolch ein Ulrich-Lochschaft vor Ele- tierbüchse R 93 der Lauf in jeden beganz. Und das sowohl im Revier als liebigen Schaft einsetzen, vorausgeauch auf dem Schießplatz. setzt, die Laufdicke passt (Standard, Im Anschlag zeigen sich sofort die Semi Weight, Match). Ausgewählt Vorteile des Lochschaftes. Das Griff- für Schießversuche wurde ein 52 cm loch des Ulrich-Lochschaftes bettet langer Semi Weight Lauf im Kaliber den Daumen so, dass er in einer .308 Win., bestückt mit einem ZielLinie mit dem Schießfinger um den fernrohr Zeiss Varipoint 2,5-10x50. Pistolengriff greift. Der Zeigefinger Zuerst saß der Lauf in einem Prolegt sich reflektorisch mit der Kehle fessionell-Schaft, später in einem zwischen den beiden vorderen Glie- Success-Schaft. Vier „Normaljäger“ Der Anblick 3/2010 UNTER JÄGERN schossen auf 100 m Entfernung stehend angestrichen und kniend. Die Success-Streukreise waren zum Erstaunen der Schützen im Mittelwert erkennbar besser als die mit dem Professional-Schaft erreichten. Im Endeffekt hilft solch ein Lochschaft vor allemden Durchschnittsschützen und weniger dem „… Meister, der seiner Kunst gewiss ist überall, dem’s Herz nicht in die Hand tritt, nicht in’s Auge.“ Reviererfahrungen: Seit mir der Success-Schaft zur Verfügung steht, gehe ich dann, wenn ich mich auf die Büchse beschränke und keine kombinierte Waffe führe, überwiegend mit diesem Schaft zum Ansitz, weil er neben den erwähnten Vorteilen einen weiteren bietet: Mit ihm lässt sich problemlos einarmig schießen, sofern der Vorderschaft z. B. auf der Kanzelbrüstung aufliegt. Denn während der Jagd auf den Fuchs im allerletzten Büchsenlicht empfiehlt es sich, mit der linken Hand das Fernglas zu halten, um den weit draußen mausenden Fuchs in der Bewegung immer wiederzufinden. Mit dem auf hohe Vergrößerung gestellten Zielfernrohr – und damit sehr kleinem Sehfeld – gelingt das nicht. Bei meiner „Zwei-OptikenMethode“ schwenkt das Auge (der Kopf) zwischen Fernglas und Zielfernrohr ständig hin und her. Hat schließlich der Leuchtpunkt das kurzzeitig verhoffende Zielobjekt erfasst, knallt’s „einarmig“. Meist liegt dann der Fuchs. Mit einem üblichen Schaft ist alles schwieriger und weniger erfolgreich. Übrigens krönt den dazugehörigen Lauf im Kaliber 6,5x68 ein Zielfernrohr Swarovski 2,5-15x56, Absehen 4A-300-I. Büchsenmachermeister Ulrich fertigt nicht nur für den Blaser Repetierer R 93 Lochschäfte. Auch für die Repetierbüchse Sauer 202 Take Down, die Sauer Selbstladebüchse S 303 und die Selbstladebüchse Merkel SR 1 stehen sie zur Verfügung, je nach Kundenwunsch hergestellt aus türkischem Nussbaum oder aus Schichtholz. Viele Schützen kennen Schichtholz vor allem von Sportwaffen her. Indes, mittlerweile haben die Vorteile verleimter Holzschichten als Schaftmaterial auch die Jäger überzeugt.Wer in extrem unzugänglichen Revieren jagt, wird es zu schätzen wissen, dass er sich um das Schaftholz nicht zu sorgen braucht.Denn Schichtholzschäfte sind bruchfest und auch bei Nässe und starken Temperaturschwankungen verzugsfrei. Bei korrektem Systemsitz gewährleisten sie eine stets gleichbleibende Treffpunktlage. Zudem erfreuen Schichtholzschäfte sowohl durch aparte Musterung als auch mit ihrer möglichen Farbenvielfalt das Auge. Diese Vorteile haben auch einige amerikanische Waffenproduzenten erkannt. Sie fertigen für ausgewählte Modelle robuste und zugleich elegante Schichtholz-Lochschäfte. Und das zu bescheidenen Preisen. Blaser R93 mit Ulrich-Lochschaft, Schichtholz. Sauer 202 Take Down mit Ulrich-Lochschaft. Merkel-Selbstladebüchse SR 1 mit Ulrich-Lochschaft. Schichtholz-Lochschaft und rostfreier Stahl erheben die Remington 700 LS zur eleganten Allwetterbüchse. In der Take Down Ulrich mit Lochschaft vereinigen sich zwei Innovationen des Büchsenmacherhandwerks: das geniale Ulrich-Take-Down-System und der jagdliche Lochschaft, welcher diese hochmobile Jagdbüchse bei allen Anschlagarten noch treffsicherer macht. 97