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(Universität Hamburg) Methodenvielfalt in der Lernfirmenarbeit Online unter: http://www.bwpat.de/ausgabe10/land_siemon_bwpat10.pdf in bwp@ Ausgabe Nr. 10 | Juli 2006 Lernfirmen Hrsg. von Tade Tramm und Franz Gramlinger http://www.bwpat.de | ISSN 1618-8543 www.bwpat.de bwp @ Berufs- und Wirtschaftspädagogik - online Herausgeber von bwp@ : Karin Büchter, Franz Gramlinger, Martin Kipp und Tade Tramm Jörg Land, Jens Siemon ABSTRACT (LAND/ SIEMON 2006 in Ausgabe 10 von bwp@) Online: www.bwpat.de/ausgabe10/land_siemon_bwpat10.pdf Als wohl einziger gemeinsamer Nenner der vielfältigen Ansätze der Lernfirmenarbeit kann die Simulation unternehmerischer Wirklichkeit mit dem Ziel, Lehr-Lernprozesse zu unterstützen, angesehen werden. Die Bandbreite der Simulationsmethoden wird zunächst strukturiert dargestellt. Am Beispiel des Modellunternehmens A&S GmbH soll dann gezeigt werden, dass es möglich ist, ganz unterschiedliche Simulationsmethoden unter dem Dach einer Lernfirma zu vereinigen. Ein Schwerpunkt des vorliegenden Aufsatzes liegt auf den Neuentwicklungen des Modellunternehmen-Ansatzes. Im Einzelnen sind dies ein Rollenspiel zum Anspruchsgruppenmanagement, eine Fallstudie zur Einführung in die Geschäftsprozessmodellierung sowie ein Planspiel zur Unterstützung diverser Lernfelder des Ökonomieunterrichts. © LAND/ SIEMON (2006) www.bwpat.de/ausgabe10/land_siemon_bwpat10.pdf Abstract JÖRG LAND, JENS SIEMON (Universität Hamburg) Methodenvielfalt in der Lernfirmenarbeit 1 Lernfirmen, verstanden als Unternehmenssimulationen Lernfirmen können als Simulation betrieblicher Realität verstanden werden. Um Lernfirmen in diesen Kontext einzuordnen und daraus dann anschließend die Potenziale für die Lernfirmenarbeit abzuleiten, sollen die verschiedenen Formen der Simulationsmethoden strukturiert dargestellt werden. Die freie Enzyklopädie Wikipedia definiert Simulation als „eine Vorgehensweise überwiegend zur Analyse dynamischer Systeme. Bei der Simulation werden Experimente an einem Modell durchgeführt, um Erkenntnisse über das reale System zu gewinnen“ (WIKIPEDIA o. J.). PRENSKY kategorisiert Simulationen nach ihrem Zweck (purpose) und dem Objekt (what they simulate) (2004, 3f.) (vgl. Abb. 1). Abb. 1: Categories of Simulations Als ‚purpose’-Beispiele können, bezogen auf die volkswirtschaftlichen Prognosesimulationen der Ökonomie (predict), die Wirtschaftssimulationen für die Lehre (teach) und Spielsimulationen, wie z. B. Roller Coaster Tycoon (entertain) als typische Beispiele genannt werden (PRENSKY 2004, 3). Typische ‚What they simulate’-Beispiele sind Flugsimulatoren (things), Systemsimulationen, wie z.B. Statiksimulationen für Gebäude (systems) und Spielsimulationen wie The Sims (people). Die beiden Kategorisierungen ergeben zusammengenommen eine Matrix, die PRENSKY benutzt, um eigene Beispiele zu geben. © LAND/ SIEMON (2006) www.bwpat.de bwp@ Nr. 10; ISSN 1618-8543 1 Abb. 2: A Simulation Matrix (nach PRENSKY 2004, 8). Für den gegebenen Kontext der Unternehmenssimulationen ist die Unterscheidung zwischen „things“ und „systems“ von besonderer Bedeutung. „The principle difference is that ‘things’ typically have a closed, fully repeatable and predictable set of behaviors under given conditions, whereas systems are more open, or, as is sometimes said, less ‘well-defined’” (PRENSKY 2004, 5). Die Lernfirmenarbeit spiegelt sich nun hauptsächlich in den Bereichen der Learning/Systems (Planspiele, Lernbüro, Übungsfirma) und der Learning/People (Rollenspiele) wider. Die Vorteile einer Simulation liegen in der „practice in safety“ (vgl. auch KAISER/ KAMINSKI 1999, 159) und der Möglichkeit „what if“-Fragen (PRENSKY 2001, 2) durchzudeklinieren. „Die Simulation eröffnet dabei die Chance, komplexere und dynamische Systemzusammenhänge in reduziertem Maßstab, quasi im Zeitraffer und vor allem unter der Bedingung erleben zu können, dass die Auswirkungen von Fehlern und Irrtümern sichtbar werden, ohne das Risiko ernsthafter Konsequenzen eingehen zu müssen.“ (TRAMM 1991, 251; vgl. hierzu auch BUDDENSIEK 1979; LEHMANN 1977; LEHMANN/ PORTELE 1976). 2 Charakterisierung von Lernfirmen Grundlegende Merkmale von Lernfirmen, verstanden als didaktische Simulationsmodelle, sind – Lernfirmen sind komplexe Systeme, in die Schüler hineinversetzt werden und in denen sie definierte Rollen einnehmen. © LAND/ SIEMON (2006) www.bwpat.de bwp@ Nr. 10; ISSN 1618-8543 2 – Lernfirmen sind ein Aktionsrahmen, in dem der Spieler „in funktionsrealistischer Weise und unter Nutzung realitätsnaher Arbeitsmittel agieren“. – Lernfirmen sind durch die Spielerdynamik beeinflusste Systeme. Aus der dynamischen Veränderung der Systeme resultieren weitere Spieleraktivitäten (TRAMM/ GRAMLINGER 2001, 248). Zur Typisierung von Lernfirmen können zwei Ansätze unterschieden werden. TRAMM/ GRAMLINGER unterscheiden Lernfirmen nach der Art der Außenkontakte und der Form der Geld- und Güterstromabbildung. Dem gegenüber ziehen KAISER/ KAMINSKI die Art des didaktischen Einsatzes der Simulation heran, um die verschiedenen Formen der Lernfirmenarbeit zu unterscheiden. 2.1 Außenkontakte, Geld- und Güterströme TRAMM/ GRAMLINGER teilen Unternehmenssimulationen in Lernbüros, Übungsfirmen und Juniorenfirmen ein. Die Unterscheidung wird anhand der Merkmale – – Modus der Abbildung von Geld- und Güterströmen, Art, in der die Marktkontakte der Modellunternehmen dargestellt werden, vorgenommen (2001, 2f.). Abb. 3: Gegenüberstellung von Lernbüro, Übungsfirma und Juniorenfirma (TRAMM/ GRAMLINGER 2001, 3). © LAND/ SIEMON (2006) www.bwpat.de bwp@ Nr. 10; ISSN 1618-8543 3 2.2 Didaktischer Einsatz der Simulation KAISER/ KAMINSKI fassen das Rollenspiel und das Planspiel als Simulationsspiel zusammen (1999, 156). Sieht man einmal von dem Spiel- und Wettbewerbsaspekt ab, so kann man auch die Fallstudie zu den didaktischen Simulationsmethoden hinzuzählen. 2.2.1 Planspiel Das Planspiel hat seinen Ursprung bereits in den Kriegsspielen der Chinesen (3000 v. Chr.), die damit die geplanten kriegerischen Handlungen im Vorfeld durchspielten. Erst im 20. Jahrhundert wurde das Planspiel in die Betrachtung von ökonomischen Abläufen miteinbezogen. Manager sollten Entscheidungsprozesse kennen lernen, wobei von der Prämisse ausgegangen wird, dass der Kern des Führens die Entscheidung und der Prozess ein Planungsprozess sei (KAISER/ KAMINSKI 1999, 171). Bei dem Modell eines Planspiels wird in der Regel von einem realen System ausgegangen. In dieses kann der Spieler durch Veränderungen vorgegebener Parameter eingreifen. Durch diese Interventionen wird das Modell in einen neuen Zustand versetzt, der wiederum Ausgangssituation für erneute Eingriffe ist (EULER 1992, 22). Es kann demnach zwischen zwei Komponenten eines Planspiels unterschieden werden: – Das Modell beschreibt den Spielrahmen und legt somit den Bereich des Spielgeschehens fest (KAISER/ KAMINSKI 1999, 172). Das Modell als solches wird durch die Perspektive des Entwicklers beeinflusst. „The „model“ in a simulation is the view of the simulation’s creator of what is important and what they think is the relationship are between the simulations’s elements.” (PRENSKY 2004, 2). TRAMM hebt die Unterschiede vom Modell gegenüber dem Original hervor. So ist das Modell in besonderer Weise reduziert, repräsentiert das Original in bestimmten Medien und ist gegenüber seinem Original in besonderer Weise akzentuiert (1991, 254). – Das Spiel hingegen „bietet den Teilnehmern die Möglichkeit, im Rahmen des Modells Spielentscheidungen zu treffen.“ (KAISER/ KAMINSKI 1999, 173). Durch diese Entscheidung wird die eigentliche Spieldynamik in Gang gesetzt und die Ausgangssituation wird verlassen. PRENSKY hingegen spricht hier von input und output als die Verbindung von Spieler und Spiel, was aber im Kern die gleiche Bedeutung trägt. Input ist in diesem Fall die Information die der Spieler an das Modell überliefert und Output das Feedback durch die im Modell verarbeiteten Informationen (2004, 8). Mit dem Einsatz von Planspielen verbindet Euler (EULER 1992, 24) die Lernziele – des Modell-Verstehens und Anwendens, bei dem aus der Auseinandersetzung mit dem Modell Rückschlüsse auf das Verhalten und die systemischen Verflechtungen des Bezugssystems erkannt werden sollen, © LAND/ SIEMON (2006) www.bwpat.de bwp@ Nr. 10; ISSN 1618-8543 4 – der Modell-Analyse, bei der die Wirkungszusammenhänge des Modells bzw. einzelner Aspekte des Modells reflektiert werden können, – der Modellsynthese, bei der der Lernende eigene Ziele bildet und versucht, das Modell aus diesen heraus zu optimieren und – der Modellevaluation, bei der die Grenzen des Modells erkannt und das Modell ggf. auch weiterentwickelt und modifiziert werden kann, um bestimmte Ziele zu integrieren. Eine erfolgreiche Simulation animiert den Spieler zum Lernen und Wettbewerb (vgl. PRENSKY 2001, 3). Dies knüpft an die von SCHANK entwickelte Idee der goal-based scenarios an. In diesem Ansatz wird zwischen dem Ziel der Lehrenden und dem Handlungsziel der Lernenden (z.B. gewinnen wollen) differenziert (SCHANK ET AL. 1993; 1994, 317ff.). „So you don’t have to hit people over the head with learning points, or ‘failure points’ – just make them want to win“ (PRENSKY 2001, 6). 2.2.2 Rollenspiele Durch das Rollenspiel können ausgewählte Konflikt- und Entscheidungssituationen aus dem Arbeits-, Berufs- und Wirtschafsleben simuliert und durch die Möglichkeit der Gestaltung von Lernprozessen als Spielhandlungen durchgeführt werden (vgl. KAISER/ KAMINSKI 1999, 157). Die simulierten Situationen sollen einerseits mit diesen vertraut machen und andererseits die Konfliktbewältigung der Teilnehmer fördern (KAISER/ KAMINSKI 1999, 158). Gerade um Problem- bzw. Konfliktsituationen und die daraus resultierende Notwendigkeit der Entscheidungsfindung in den Ökonomieunterricht zu integrieren, ist das Rollenspiel den anderen Methoden vorzuziehen. Ein besonderer Aspekt an dieser Methode liegt sicherlich in der Möglichkeit des Rollentauschs, so dass die Situationsanalyse und das Konfliktmanagement auch aus verschiedenen Perspektiven betrachtet werden können. Methodisch wird der Einsatz von Rollenspielen durch drei Phasen geprägt. Zuerst werden die Spieler in der Motivationsphase mit der Situation und der Rolle vertraut gemacht, bevor sie in der Aktionsphase das eigentliche Rollenspiel durchführen. Abschließend wird in der Reflexionsphase das Erlebte reflektiert und generalisiert (vgl. KAISER/ KAMINSKI 1999, 160). Hinsichtlich der methodischen Varianten ist das didaktisch angelegte Rollenspiel hervorzuheben. „Die im Spiel dargestellten Konfliktfälle und Entscheidungssituationen werden eingebettet in einen systematischen Lernprozess. Wesentliche Elemente dieses Rollenspiels sind: Kritik, Variation, Rollentausch, Diskussion und Reflexion.“ (KAISER/ KAMINSKI 1999, 164). 2.2.3 Fallstudie Die Fallstudie, die besonders in den USA als Case Study verbreitet Verwendung findet, konfrontiert den Schüler mit einem Fall aus der Praxis. Ziel ist es, diesen zu diskutieren, zu analysieren, alternative Lösungswege zu entwickeln und sich für einen Weg zu entscheiden. © LAND/ SIEMON (2006) www.bwpat.de bwp@ Nr. 10; ISSN 1618-8543 5 Später wird die im Rollenspiel getroffene Entscheidung häufig mit der in der Realität getroffen Entscheidung verglichen. Diese einzelnen Phasen der Fallstudie sind die Konfrontation mit dem Fall, die Information über den Fall und die selbstständige Erschließung dieser Informationen, die Exploration alternativer Lösungswege, die Resolution in der Gruppe, die Disputation durch die Gruppen und die Kollation mit der real getroffenen Entscheidung (KAISER/ KAMINSKI 1999, 138f.). Die Fallstudie unterscheidet sich von dem Planspiel durch die zeitliche Komponente, da hier keine Einteilung in verschiedene Perioden vorgesehen ist (vgl. KAISER/ KAMINSKI 1999, 173). 3 Modellunternehmen A&S GmbH Das Modellunternehmen A&S GmbH verbindet die zuvor besprochenen Ansätze von TRAMM und KAISER/ KAMINSKI durch die Abbildung eines kompletten Unternehmens im Sinne eines Lernbüros (fiktive Außenkontakte, Geld- und Güterströme) und andererseits durch die später aufgeführten methodischen Komponenten. Mit dem Modellunternehmen wurde der Versuch unternommen, die verschiedenen Methoden des didaktischen Einsatzes von Simulationen unter dem gemeinsamen Dach einer Lernfirma zu verbinden: Abb. 4: Lernszenarien des Modellunternehmens A&S GmbH1 Alle vier didaktischen Simulationen des Modellunternehmens A&S GmbH beziehen sich auf denselben Kontext und bieten somit die Möglichkeit des Lernens in vertrauter Umgebung. Die Lernenden können sich von Beginn an auf die eigentliche Simulation konzentrieren, da sie mit dem Modellunternehmen und seinen Besonderheiten spätestens nach der Einführung durch die virtuelle Betriebserkundung (vgl. unten) vertraut sind. Der Lehrende kann ebenfalls auf das konkrete Problem fokussieren, da eine detaillierte Einführung in den Kontext des 1 Daneben gibt es noch den Ansatz des wirtschaftsinstrumentellen Rechnungswesens von GETSCH und PREIß (2001). Da der vorliegende Aufsatz auf die Weiterentwicklungen des Modellunternehmensansatzes fokussiert und die Simulationsmethodik in den Mittelpunkt stellt, sei dieser Aspekt des Modellunternehmens hier nur am Rande erwähnt, auch wenn er ein integrativer und bedeutsamer Bestandteil der Gesamtkonzeption ist. © LAND/ SIEMON (2006) www.bwpat.de bwp@ Nr. 10; ISSN 1618-8543 6 Modellunternehmens nur einmal durchgeführt werden muss. Im Folgenden sollen die einzelnen Simulationen näher vorgestellt werden. Informationen und Download-Möglichkeiten frei verfügbarer Unterrichtsmaterialen finden sich auf der Website www.modellunternehmen.de. 3.1 Virtuelle Betriebserkundung Als Ausgangspunkt des Modellunternehmens A&S GmbH wurde die virtuelle Betriebserkundung (SIEMON 2001a; SIEMON 2001b) entworfen und auch bereits vielfach erfolgreich an beruflichen Schulen eingesetzt. Mittels einer interaktiven Präsentation des Unternehmens kann der Spieler bei dieser Betriebserkundung jede Funktion und jede Aufgabe innerhalb des Unternehmens entdecken. Dabei werden die Strukturen und Abhängigkeiten innerhalb des Unternehmens abgebildet und von den verantwortlichen Personen in Interviews erläutert. Handlungsleitend sind so genannte Erkundungsaufgaben, die Schüler im Sinne der Fallstudienmethodik mit typischen betriebswirtschaftlichen Problemstellungen konfrontieren. Um diese zu lösen, müssen sie sich verschiedene Aspekte des Modellunternehmens (Geschäftsprozess der Auftragsabwicklung, Aufbau- und Ablauforganisation, Kundenorientierung, Engpassplanung über mehrere Funktionsbereiche) erarbeiten und daraus Lösungsvorschläge entwickeln. Arbeitsmaterialien für Schüler, die ebenfalls auf der CD mit der multimedialen Simulation enthalten sind, dienen der Aufarbeitung der in der Simulation gesammelten Erfahrungen und der Ergebnissicherung. 3.1.1 Planspiel Die einzelnen Phasen des Planspieleinsatzes orientieren sich an den Niedersächsischen Rahmenrichtlinien für das Fachgymnasium Wirtschaft (NIEDERSÄCHSISCHES KULTUSMINISTERIUM 2006). Die Simulation lässt sich über die gesamten Lerngebiete im Fach Betriebswirtschaft mit Rechnungswesen-Controlling einsetzen. Die dazugehörigen Lernmaterialien gliedern sich in verschiedene Lektionen, die Inhalte der Lerngebiete aufgreifen und am konkreten Beispiel im Modellunternehmen A&S GmbH thematisieren. © LAND/ SIEMON (2006) www.bwpat.de bwp@ Nr. 10; ISSN 1618-8543 7 Abb. 5: Planspiellektionen des Modellunternehmens A&S GmbH Inhaltlich greifen alle Lektionen auf dasselbe Schema zurück. 1. Zu Beginn wird dem Lernenden eine kurze Einführung in die Thematik präsentiert. 2. Anhand eines A&S-spezifischen Beispiels wird die Modellunternehmensrealität verdeutlicht. Zusätzlich werden ergänzende theoretische Erklärungen gegeben, die allerdings nicht das Lehrwerk ersetzen können oder wollen. 3. Im dritten Teil sollen die Spieler dann Problemstellungen lösen, die sie auf die spätere Arbeit in der Simulation vorbereiten. 4. Im vierten Teil muss innerhalb verschiedener A&S Management Tasks das Erlernte direkt im Planspiel angewandt werden. 5. Dieser Phase schließt sich eine Reflexionsphase zur Besprechung und Analyse der in dieser Einheit gesammelten Erfahrungen an. Beeinflussen kann der Spieler das Spiel durch Entscheidungen über die Produktion (zu produzierende Menge), den Absatzbereich (Preis je Mengeneinheit, Werbeaktivität je Produktart, Vertriebsmitarbeiter je Produktart), die Marktforschung (gegenseitiger Vertriebsvergleich der Werbe- und/ oder Vertriebsaktivitäten, die Größe des Gesamtmarktes und/ oder der Segmente für kommende Periode/n), die Finanzen (Aufnahme von langfristigen Verbindlichkeiten) und den Maschinenpark (Kauf/ Verkauf von Maschinen). 3.2 Rollenspiel Anspruchsgruppen Im Rollenspiel Anspruchsgruppen wird eine konkrete Problemsituation aufgebaut, die von sechs Schülergruppen in der Rolle von Anspruchsgruppen des Modellunternehmens gelöst werden muss. Die einzelnen Gruppen und ihre Abhängigkeiten werden in Abb. 6 veranschaulicht. © LAND/ SIEMON (2006) www.bwpat.de bwp@ Nr. 10; ISSN 1618-8543 8 Abb. 6: Abhängigkeitsstrukturen der Anspruchsgruppen im Modellunternehmen A&S GmbH Die drei methodischen Phasen stellen sich in diesem konkreten Fall wie folgt dar: 1. Motivationsphase: Die Spieler bekommen die Ausgangssituation des Rollenspiels, ein anstehender Großauftrag eines Kunden, der Engpässe hervorruft, präsentiert. Außerdem werden die Rahmenbedingungen und die Abhängigkeiten der einzelnen Rollen vorgestellt, bevor die Spieler mit ihrer konkreten Rolle vertraut gemacht werden und dem Entscheidungsproblem des Unternehmens und dem daraus resultierenden Dilemma. 2. Aktionsphase: Diese Phase teilt sich in vier weitere Phasen auf. In der ersten Phase sollen die Spieler eine klare Zielsetzung und die dazugehörigen Argumente formulieren, um ihr gruppenindividuelles Ziel zu erreichen. Diese Ergebnisse werden in einem ersten Sondierungsgespräch mit allen Gruppen, jeweils vertreten durch einen Sprecher, im Kontext der Argumentation der anderen Gruppen geprüft werden. In der zweiten Phase bekommen die Gruppen die entsprechenden Punkte für die am Ende erreichten Ziele. Das Handlungsziel der Spieler stellt sich in der Erreichung möglichst vieler Punkte dar. Ein Abgleich der vorher festgelegten Ziele soll diese mit dem jetzt gefestigten Handlungsziel abgleichen und gegebenenfalls korrigieren. In der dritten Phase treten die Teams in direkten Kontakt und versuchen so mit den einzelnen verantwortlichen Gruppen einen Konsens zu erreichen. Dies soll durch eine Analyse der möglichen Intentionen der einzelnen Gruppen unterstützt werden. In der vierten Phase gehen die Gruppen nach einer internen Beratung in die finale Verhandlungsphase, um zu einem Ergebnis zu kommen. Auf Basis dieser Entscheidungen werden die Punkte ermittelt und die Teams untereinander verglichen. © LAND/ SIEMON (2006) www.bwpat.de bwp@ Nr. 10; ISSN 1618-8543 9 3. Reflexionsphase: Im Plenum werden nach dem eigentlichen Spiel die Ergebnisse und die Ursachen für die individuellen Entscheidungen besprochen und reflektiert. Darüber hinaus werden auch die entstandenen Konfliktsituationen thematisiert und analysiert. Es sollen dabei auch alternative Wege besprochen bzw. die Konsequenzen anderer Entscheidungen verdeutlicht werden. 3.3 Fallstudie Geschäftsprozessmodellierung Die Modellunternehmen A&S GmbH – Fallstudie Geschäftsprozessmodellierung geht ebenfalls von einem konkreten Fall aus, bei dem ein Beratungsunternehmen die Geschäftsprozesse des Modellunternehmens aufnehmen und analysieren muss. Daraus sollen Verbesserungsvorschläge entwickelt und im Sinne eines Prozessmanagements umgesetzt werden. Die Unterrichtsmaterialien gliedern sich in drei Kapitel, die als Druckvorlage (PDF) von der Modellunternehmen A&S GmbH-Website heruntergeladen werden können. Kapitel 1 stellt den Lernenden eine Einführung in die Situation und die Fallbeschreibungen für den Ablauf der Fallstudie zur Verfügung. Kapitel 2 enthält umfangreiche Erklärungen zur Geschäftsprozessmodellierung mit dem ARIS-Toolset, einem weit verbreiteten Modellierungswerkzeug für Geschäftsprozesse (SCHEER 1998; SCHEER 2002). Aus dem Kapitel 1 heraus werden Querverweise auf die relevanten Anleitungsschritte gegeben. Kapitel 3 stellt die Theorie der Geschäftsprozessmodellierung dar und dient hauptsächlich als Nachschlag- und Lehrwerk. Da der Einsatz des ARIS-Toolsets in schulischen Kontexten durchaus zu Problemen bei der Installation und beim Umgang mit der Software führen kann, gibt es eine umfassende Installationsanleitung, die auch die Voraussetzungen beschreibt, die für den Einsatz der Fallstudie gegeben sein sollten. 4 Ausblick Ein Artikel über die bestehenden Simulationsmethoden sollte nicht nur den Status Quo in Betracht ziehen, sondern den Blick auch auf anstehende Entwicklungen und Neuerungen werfen. So hat SQUIRE den Aspekt des Lernerfolgs durch entertainment simulation untersucht (SQUIRE 2002). Er zieht aus diesen Beobachtungen Schlüsse für den Einsatz von educational simulations und betont, dass Herausforderungen, Phantasie, Spielfreude und Neugierde durch Spiele die intrinsische Motivation fördern (2002). Auch PRENSKY greift diesen Aspekt auf. „First we need to begin by adding some or all if the formal structural elements of games – fun, play, rules, a goal, winning, competition etc.“. Um Simulationen sinnvoll für Lernzwecke zu operationalisieren, müssen entsprechende Anstrengungen bei der Entwicklung von Lernmaterialien unternommen werden. „Long-term, this kind of project requires creative game designers who understand the tools and capabilities of the medium, educators who can help ensure an effective product and visionary thinkers who can design a suite of games that will appeal to a broad market.“ (2001, 5). © LAND/ SIEMON (2006) www.bwpat.de bwp@ Nr. 10; ISSN 1618-8543 10 Mit dem Modellunternehmen A&S GmbH wurde der Versuch unternommen, einen ersten Schritt auf diesem Weg zu gehen. Eine schlüssige Weiterentwicklung dieses Ansatzes versucht das Projekt logistics:challenge (www.logistics-challenge.de), in dem der im Artikel beschriebenen Idee konsequent nachgegangen wird und auch die Effekte großer Online-Rollenspiele und Aufbausimulationen auf die berufliche Bildung übertragen werden. Dieses Projekt befindet sich derzeit in der Entwicklungs- und Erprobungsphase und soll 2007 abgeschlossen werden. Literatur BUDDENSIEK, W. (1979): Pädagogische Simulationsspiele im sozio-ökonomischen Unterricht der Sekundarstufe I: Theoretische Grundlegung und Konsequenzen für die unterrichtliche Realisation. Bad Heilbrunn. EULER, D. (1992): Didaktik des computergestützten Lernens: Praktische Gestaltung und theoretische Grundlagen (3). Nürnberg: BW Bildung und Wissen Verlag und Software GmbH. GETSCH, U./ PREIß, P. (2001): Modellunternehmen A&S GmbH. Grundkurs Rechnungswesen, belegorientiert. Troisdorf. KAISER, F./ KAMINSKI, H. (1999): Methodik des Ökonomie-Unterrichts: Grundlagen eines handlungsorientierten Lernkonzepts. Bad Heilbrunn. LEHMANN, J. (1977): Simulations- und Planspiele in der Schule. Bad Heilbrunn. LEHMANN, J./ PORTELE, G. (1976): Simulationsspiele in der Erziehung. Weinheim, Basel. NIEDERSÄCHSISCHES KULTUSMINISTERIUM (Hrsg.) 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Online: http://de.wikipedia.org/wiki/Simulation Die Autoren: JÖRG LAND Sektion Berufliche Bildung und Lebenslanges Lernen der Universität Hamburg Sedanstraße 19, D-20146 Hamburg E-mail: jland (at) ibw.uni-hamburg.de Homepage: www.ibw.uni-hamburg.de/ Juniorprofessor Dr. JENS SIEMON Sektion Berufliche Bildung und Lebenslanges Lernen der Universität Hamburg Sedanstraße 19, D-20146 Hamburg E-mail: siemon (at) ibw.uni-hamburg.de Homepage: www.ibw.uni-hamburg.de/p/siemon © LAND/ SIEMON (2006) www.bwpat.de bwp@ Nr. 10; ISSN 1618-8543 12