Zinnorganika in Textilien und Babywindeln

Transcription

Zinnorganika in Textilien und Babywindeln
Umweltbeobachtung und -analytik
Zinnorganika in
Textilien und
Babywindeln
Ausgangssituation
TBT (Tributylzinn) gehört zu den giftigsten Stoffen, die durch menschliche
Aktivitäten in die Umwelt gelangen.
Es wird vor allem als Antifouling-Farbe
zum Abtöten von Bewuchs an Unterwasser-Schiffsrümpfen eingesetzt.
Die Anstriche führen zu einer Belastung
mariner Ökosysteme, die nicht nur
durch die hohe Toxizität, sondern auch
durch die hohe Persistenz und Tendenz
zur Akkumulation in Meerestieren
gekennzeichnet ist. Durch die Belastung von Speisefischen und Muscheln
ist auch der Mensch betroffen. Hierbei
werden besonders folgende Wirkungen
von TBT diskutiert:
• Schädigung des Immunsystems
In diesem Zusammenhang war das
IUCT als unabhängige und neutrale
Institution gefragt, zuverlässige
Angaben zum Gehalt an Zinnorganika
in betroffenen Produkten zu liefern.
Proben
Neben Umweltproben wurden im IUCT
aus den Bereichen Textilien und Babywindeln bisher über 800 Proben auf
Organozinnverbindungen analysiert. Da
oftmals die Quelle möglicher Belastungen identifiziert werden sollte,
wurden überwiegend Roh- und Hilfsstoffe und erst in zweiter Linie die
Endprodukte untersucht (siehe Abbildung).
• Teratogene Wirkungen
Verteilung der Probenarten
• Endokrine Wirkungen.
Analysenmethodik
Obwohl TBT unter den organischen
Zinnverbindungen als die kritischste
Substanz angesehen wird, ist die
Toxizität weiterer Zinnorganika dennoch nicht zu vernachlässigen. Beachtung finden vor allem Mono- (MBT)
und Dibutylzinn (DBT), da sie in der
Kunststoffindustrie als Katalysatoren
und Stabilisatoren in großen Mengen
eingesetzt werden.
Nachdem das Vorkommen von Zinnorganika u. a. von Greenpeace in
zahlreichen Produkten des täglichen
Bedarfs nachgewiesen wurde, führte
die öffentliche Diskussion zu vermehrtem Druck auf die Hersteller mit der
Forderung nach zinnorganikafreien
Produkten. Betroffen waren Produkte
wie z. B. Bodenbeläge, Gartenschläuche, Badeartikel, Sportschuhe, Textilien
(z. B. Fußballtrikots), Babywindeln und
neuerdings auch Steppbetten.
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IUCT-Jahresbericht 2000
Da eine Harmonisierung der praxisüblichen Analysenverfahren dringend
notwendig war, hat die European
Disposables and Nonwoven Association
(EDANA) für den Bereich Babywindeln
und Hygieneprodukte eine Bestandsaufnahme der verwendeten Verfahren
durchgeführt. Zusammen mit den
beteiligten Laboratorien wurden zwei
Methoden (Gesamtgehalte und urinextrahierbare Gehalte) erarbeitet, die
anschließend in einem Ringversuch
getestet wurden. Diese sog. EDANAMethoden werden für die Analyse von
Babywindeln und Hygieneprodukten
verbindlich sein.
Ausgangspunkt der Verfahren ist die
DIN 38407-13 (Bestimmung von
Organozinnverbindungen in Wasser).
Die Proben werden mit Ethanol / Natriumdiethyldithiocarbamat extrahiert
und mit Tetraethylborat derivatisiert.
Umweltbeobachtung und -analytik
Nach Cleanup an Kieselgel werden die
Analyten mittels Gaschromatographie
mit Atomemissionsdetektion (GC-AED)
bestimmt.
Infolge ihrer Relevanz (Toxizität und
Exposition) werden im Allgemeinen
folgende Organozinnverbindungen
bestimmt:
• Monobutylzinn (MBT)
• Dibutylzinn (DBT)
• Tributylzinn (TBT)
• Tetrabutylzinn (TTBT)
• Monooctylzinn (MOT)
• Dioctylzinn (DOT)
Weitere Zinnorganika wie Tricyclohexylzinn (TCxT), Monophenylzinn
(MPhT), Diphenylzinn (DPhT) oder
Triphenylzinn (TPhT) können in die
Analyse einbezogen werden.
Die Nachweisgrenzen (nach DIN 32645)
liegen üblicherweise im Bereich um
0,5 µg/kg für TBT und um 1 µg/kg für
MBT and DBT (jeweils bezogen auf
Organozinnkation).
Ergebnisse
Die Ergebnisse zeigen, dass die Proben
überwiegend gering belastet waren.
Die TBT-Gehalte lagen bei 93 % aller
Proben unterhalb der Nachweisgrenze.
Es bestand kein Unterschied zwischen
den Proben aus den Bereichen Textilien
und Windeln. Gefunden wurde TBT
vereinzelt in Klebstoffproben und deren
Rohkomponenten sowie in Farbstoffen
und in Teppichböden.
MBT und DBT wurden – verglichen mit
TBT – in weitaus mehr Proben und in
höheren Konzentrationen gefunden.
Die Gehalte lagen nur in etwa 50 %
der Proben unterhalb der Nachweisgrenze. Während die Mediane in
beiden Probenbereichen (Textilien und
Babywindeln) knapp unter bzw. an der
Nachweisgrenze lagen, bewegten sich
die 90 % Perzentile der Textilproben
einschließlich Roh- und Hilfsstoffen um
10 µg/kg. Die 90 % Perzentile der
Proben aus dem Bereich Babywindeln
lagen bei 14 (MBT) bzw. 26 µg/kg
(DBT).
Das erhöhte Vorkommen von MBT und
DBT geht parallel mit dem weit verbreiteten Einsatz dieser Stoffe in Kunststoffprodukten.
Da sich die Hersteller bemühten, durch
die Analyse von Roh- und Hilfsstoffen
die Quelle möglicher Belastungen ihrer
Produkte zu identifizieren, gelang es in
vielen Fällen, belastete Rohstoffe durch
weniger belastete zu ersetzen. Dadurch
konnten die Zinnorganika-Gehalte der
Produkte weiter gesenkt werden.
Organozinngehalte in Verbraucherprodukten,
Roh- und Hilfsstoffen
Die Interpretation bzw. Bewertung der
gefundenen Gehalte wird dadurch
erschwert, dass für verschiedene
Produkte bzw. Nutzungen noch keine
Richtwerte für tolerierbare Gehalte
vorliegen. Die von zinnorganischen
Verbindungen ausgehenden Gefahren
werden noch zu kontrovers diskutiert.
Auch die Europäische Kommission hat
erst kürzlich die Einführung von Grenzwerten abgelehnt. Demgegenüber hat
die Bundesrepublik Deutschland im
nationalen Alleingang im Januar 2001
eine Verordnung zum TBT-Verbot in
Kraft gesetzt, die jedoch noch der
Zustimmung durch die Europäische
Kommission bedarf.
Danach soll die Abgabe und Verwendung von zinnorganischen Verbindungen z. B. in Schiffsanstrichen oder
Bedarfsgegenständen verboten werden.
Ansprechpartner:
Dr. Josef Müller
Telefon: +49 (0) 2972/302-216
e-mail: josef.mueller@iuct.fhg.de
IUCT-Jahresbericht 2000
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Environmental Contamination and
Analytical Methodology
Organic Tin Compounds
in Textiles and Baby
Diapers
Initial Situation
Tributyl tin (TBT), a biocide and thus a
highly toxic anthropogenic compound,
enters the environment by several pathways. It is primarily used as an antifouling paint for killing growth on underwater ship hulls. The coatings lead to a
contamination of marine ecosystems
which is characterized not only by the
high toxicity but also by the high persistence and tendency for accumulation in
marine animals. Humans are also exposed by the contamination of edible
fish and mussels. In particular, the
following effects of TBT are discussed
hereby:
• immune system damage
• teratogenic effects
• endocrine effects.
Although TBT is considered to be the
most critical organic tin compound, the
toxicity of other organic tin compounds,
however, cannot be disregarded. Monobutyl tin (MBT) and dibutyl tin (DBT) are
mainly taken into account, since they
are used in large amounts as catalysts
and stabilizers in the plastics industry.
After Greenpeace, as well as others,
detected the occurrence of organic tin
compounds in numerous household
consumer products, public discussion
led to increased pressure on the manufacturers with the demand for products
free of organic tin compounds. Affected
were such products as floor coverings,
garden hoses, bath articles, sport shoes,
textiles (e.g. soccer tricots), baby diapers,
and also recently, bed quilts.
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IUCT Annual Report 2000
In this regard, the IUCT, being an
independent and neutral institution,
was asked to supply reliable data on
the content of organic tin compounds
in the concerned products.
Samples
Besides environmental samples, up to
now IUCT has analyzed over 800 samples
of textiles and baby diapers for organic
tin compounds. Because the source of
possible contamination often needed
to be identified, raw materials and
auxiliaries were also examined (see
figure).
Analytic Technique
Because a harmonization of typically
practiced analytical methods was
absolutely necessary, the European
Disposables and Nonwoven Association
(EDANA) inventoried the applied
methods for the field of baby diapers
and hygiene products. Together with
the collaborating laboratories, two
methods (total contents and urineextractable contents) were elaborated,
which were then tested in a ring
experiment. These so-called EDANA
methods will be compulsory for the
analysis of baby diapers and hygiene
products.
The basis of the methods is
DIN 38407-13 (Determination of
Organic Tin Compounds in Water).
The samples are extracted with
ethanol/sodium diethyldithiocarbamate
and derivatized with tetraethylborate.
After clean-up on silica gel, the analytes
are determined by gas chromatography
with atom emission detection (GC-AED).
Environmental Contamination and
Analytical Methodology
Following their relevance (toxicity and
exposure), the following organic tin
compounds are generally determined:
•
•
•
•
•
•
Monobutyl tin (MBT)
Dibutyl tin (DBT)
Tributyl tin (TBT)
Tetrabutyl tin (TTBT)
Monooctyl tin (MOT)
Dioctyl tin (DOT)
Other organic tin compounds such as
tricyclohexyl tin (TCxT), monophenyl tin
(MPhT), diphenyl tin (DPhT) or Triphenyl
tin (TPhT) can be included in the
analyses.
The detection limits (according to
DIN 32645) typically are in the range of
0.5 µg/kg for TBT and of 1 µg/kg for
MBT and DBT, respectively (based on
the organic tin cation).
Results
The results show that most of the
samples were contaminated slightly.
The TBT levels were below the detection
limit for 93 % of all of the samples.
There was no difference between the
samples from the area of textiles and
diapers. TBT was found in single cases
in adhesive samples and their raw
components as well as in dyes and
carpeting.
was 14 and 26 µg/kg for MBT and DBT,
respectively.
These figures again nicely demonstrate
that median values, still frequently used
in environmental analyses, are of little
value for risk assessment.
The increased occurrence of MBT and
DBT is explained with the wide use of
these substances in plastic products.
The sources of contamination could
be identified in many cases, and contaminated raw materials could be
replaced by less contaminated ones.
Consequently, the organic tin levels
of the products could be further
decreased.
The interpretation or evaluation of the
levels found is hampered by the fact that
there are no established threshold levels
for various products or applications. The
risks resulting from organic tin compounds are still discussed controversially.
Moreover, the European Commission
has recently rejected the introduction of
limit values. In contrast, the Federal
Republic of Germany reacted on its own
by enacting a legal regulation prohibiting TBT which is to be effective as of
January 2001 but still needs approval
by the European Commission.
According to the measures foreseen,
the sales and use of organic tin compounds, for example in ship coatings
or household utensils, should be
prohibited.
Distribution of organotin compounds in end
products and raw and auxiliary materials
Contact:
Dr. Josef Müller
Phone: +49 (0) 2972/302-216
E-mail: josef.mueller@iuct.fhg.de
As compared with TBT, the organotins
MBT and DBT were found in considerably more samples and at higher concentrations. The contents were below
the detection limit in only about 50 %
of the samples. Whereas the median
values in both sample types (textiles and
baby diapers) were slightly below or at
the detection limit, the 90 % percentile
of the textile samples, including the raw
materials and auxiliaries, was around
10 µg/kg. The 90 % percentile of the
samples from the area baby diapers
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