Brülhart, S. (2008) DER PLAN
Transcription
Brülhart, S. (2008) DER PLAN
Organisationsentwicklung und Lehrkultur J 2.12 Studiengangsentwicklung „DER PLAN“ – Ein Schaubild als Weiterbildungsangebot der universitären Didaktik Peter Tremp, Stephan Brülhart Zusammenfassung „DER PLAN“ ist ein hochschuldidaktisches Weiterbildungsangebot in der Form eines Schaubildes. Dieses versteht sich als Treffpunkt und Einladung zu Austausch und Diskussion. Es will der gemeinsamen, diskursiven Erarbeitung von Curricula Struktur und Anregung geben. In diesem Beitrag werden die didaktischen Grundsätze dieses selten gewählten Formats erörtert und es wird die konkrete Realisierung vorgestellt. Der PLAN ist in voller Größe auf der beiliegenden CD-ROM enthalten. Gliederung Seite 1. Didaktik als Kunst von Weglassung und Hervorhebung 2 2. Schaubilder in didaktischer Absicht 4 3. „DER PLAN“: Form und Gestaltung 6 4. Modellhaftigkeit 9 5. „DER PLAN“: Lehrmittel der universitären Didaktik NHHL 2 33 08 06 10 1 J 2.12 Organisationsentwicklung und Lehrkultur Studiengangsentwicklung 1. Eine Auswahl treffen Didaktik als Kunst von Weglassung und Hervorhebung Die Fülle der Welt mit der Kürze des Lebens in ein stimmiges Verhältnis zu setzen, ist ein traditionelles Anliegen der Moralistik. Didaktik kennt ein verwandtes Problem: Studienzeit und Bildungsinhalte in eine Passung zu bringen. Die Studienzeit zwingt zur Begrenzung, eine Auswahl muss getroffen, aus einer prinzipiell uneingeschränkten Menge von Inhalten müssen Bildungsinhalte bestimmt werden, die gelehrt und gelernt werden sollen. Diese Begrenzung ist auf allen Stufen des Bildungssystems notwendig, wenn sich auch Auswahlkriterien und Verantwortlichkeiten ändern. Und die Klage über die Stofffülle und die Kürze der zur Verfügung stehenden Lehrzeit ist traditionell. „Ars longa, vita brevis“: Das ganze Leben könnte mit Lernen verbracht werden. „Stofffülle“ kann zum einen mit Beschleunigung bearbeitet werden. Die Didaktik verspricht eine effiziente Problembearbeitung: Zeit wird nicht vertrödelt, sondern gut genutzt. Intensive Nutzung einer als knapp Auf der Homepage der Universität Zürich, auf empfundenen Ressource ist das Ziel. Und den Seiten der Arbeitsstelle für Hochschuldidamit: schnelleres Lernen, um schneller ans daktik kann der PLAN auch herunter geladen Ziel zu kommen. Bereits bei Comenius finwerden: http://www.afh.uzh.ch/. den sich entsprechende Überlegungen und Hinweise. Das 19. (und eines der längsten) Kapitel seiner „Grossen Didaktik“ (1657) heißt entsprechend: „Grundsätze für die Schnelligkeit und Abkürzung beim Lernen“. Als wichtige Ursache der bisherigen Langsamkeit hält er darin fest: „Es waren keine Ziele gesetzt, zu denen die Lernenden in einem bestimmen Jahr, einem Monat, einem Tag hätten geführt werden müssen. Alles plätscherte so dahin.“ Und: „Es waren keine Wege angegeben, die unfehlbar zu diesen Zielen hinführten.“ (Comenius 1954, S. 120). Didaktik und Methode also als Bearbeitung des Problems der knappen Zeit. Methode wird damit zu einer Technik der Beschleunigung. „Verwesentlichung“ Stofffülle lässt sich zum anderen durch geschickte Auswahl bearbeiten. Das Wesentliche muss ausgewählt und richtig geordnet weiter gegeben werden. Die Auswahl reduziert damit den Stoff, „Verwesentlichung“ ist das Ziel. Kodifiziert wird diese Auswahl traditionellerweise in Lehrplänen: Diese strukturieren den Unterricht vor, indem zum einen Inhalte konkret genannt, zum anderen Auswahlprinzipien beschrieben werden. Dies zeigt sich beispielsweise auch in einer strengeren Ausrichtung auf Studienziele. Es wird zuerst geklärt, wohin das Studium hinführen soll, um daran dann die Inhalte zu messen und zu fragen: Was tragen diese zur Erreichung des Zieles bei? 2 NHHL 2 33 08 06 Organisationsentwicklung und Lehrkultur J 2.12 Studiengangsentwicklung Was für einen Studiengang insgesamt gilt, zeigt sich auch bei einzelnen Lehrveranstaltungen und Lektionen – und ist gleichzeitig zentrales Thema der Didaktik als Theorie des arrangierten Lehrens und Lernens. Diese ist damit wesentlich auch die Kunst der Weglassung und gleichzeitig der Hervorhebung. Diese bewusste Auswahl unterscheidet das arrangierte Lernen in Bildungseinrichtungen vom Lernen dank fruchtbarer Zufälle und macht „Schule“ zu einem besonderen Ort: eine Ausgliederung zum Zwecke des Lernens. Kunst der Weglassung und gleichzeitig der Hervorhebung Indem Inhalte auf die Schulbühne gehoben werden, lässt sich ein Vergleich mit einer Theaterinszenierung anstellen: Auch hier wird ein Stoff auf die Bühne gehoben und in Szene gesetzt. Es wird etwas Bedeutungsvolles gezeigt – nicht das Leben, sondern das davon kategorisch getrennte, gespielte (verfremdete) Leben. Auch Schule und Hörsaal sind Orte der Aufführung. Und wie die Bühne nicht „das Leben“ zeigt, sondern eine Ästhetisierung, so ist der Stoff in der Schule didaktisiert – also zum Lernen aufbereitet. Eine klare Auswahl wird getroffen: Vieles wird weggelassen, das, was bleibt, dadurch hervorgehoben und gezeigt. Zum Lernen aufbereitet Dieses Zeigen (und dazu gehört auch das Verbergen) ist nach Prange (Prange 2005) denn auch die Grundoperation von Erziehung und Unterricht, der Zeigefinger und Stecken entsprechend das Utensil von Lehrerinnen und Lehrern. Was für Unterricht als soziales Geschehen gilt, gilt ebenso für Materialien des Lernens. Gute Studienbücher sagen nicht alles, was ihre Autorinnen und Autoren wissen, sondern präsentieren eine bewusste Auswahl daraus, die freilich für den Zweck des Lernens organisiert ist. Bei solchen Lernbüchern gilt dabei im Besonderen, dass Wichtiges betont und damit von weniger Wichtigem unterschieden wird. Im besonderen Maße gilt dies nun auch für Lernbilder: Diese betonen bestimmte Inhalte und Zusammenhänge und vernachlässigen gleichzeitig andere Bezüge. Und: Sie sind anschaulich. Lernbücher und Lernbilder Lernbilder zeigen damit eine Verwandtschaft zu Metaphern als Sprachbilder. Metaphern kommt wesentlich die Funktion zu, einen unbekannten Sachverhalt mit Hilfe einer bekannten Struktur zu erfassen. Sie ermöglichen damit, eine andere Perspektive auf einen bekannten Gegenstand, auf ein bekanntes Phänomen einzunehmen. Sie helfen so, eine Sache zu klären oder eine Sache anders zu sehen und damit auch: neu zu denken. „Metaphern geben eine Sicht frei und lassen etwas auf eine bestimmte Weise sehen.“ (Herzog 2006, S. 15) Wie die Didaktik zeigen Metaphern die Kunst des Weglassens und Hervorhebens. NHHL 2 33 08 06 3 J 2.12 Organisationsentwicklung und Lehrkultur Studiengangsentwicklung 2. Schaubilder in didaktischer Absicht Geordnete Fülle von Informationen Die Didaktik kennt eine lange Tradition von Schaubildern zu Lernzwecken. Vom „Orbis pictus“ von Comenius über die Schulwandbilder der Volksschule bis hin zu Posterpräsentationen im Kontext der Wissenschaft: Solche Schaubilder laden ein, sich in eine Sache zu vertiefen, sich mit einer Sache auseinander zu setzen. Sie zeigen zugleich das Ganze und die Einzelheiten sowie die Beziehungen dazwischen und vermitteln damit eine geordnete Fülle von Informationen. Überblick Die Begründungen für die Verwendung von didaktischen Schaubildern in Unterricht und Lehre sind vielfältig. Die traditionellen Schulwandbilder dienen etwa der Veranschaulichung von Objekten, die sich nicht in die Schule bringen lassen oder aber kaum „anschaulich“ sind. Schneller als Texte können Bilder zu einem Überblick über komplexe Situationen verhelfen. Das zeigt sich auch bei der grafischen Darstellung von Zahlen oder komplexen Schaubildern. Emotionaler Zugang Bilder können zudem umweglos (positive oder negative Gefühle) wecken und damit motivieren. Sie können so als „Medien des Lustgewinns“ verstanden werden, die emotional verbindlicher und – als traditionelle Schulwandbilder – nicht selten mit einem moralischen Zwang verknüpft sind. Memorieren In dieser „direkteren Sprache“ der Anschaulichkeit können Bilder sowohl eine nachhaltige Aufnahme neuer Informationen bewirken als auch Handlungs- oder Verhaltensweisen provozieren bzw. deren Änderung beeinflussen. Und: Bilder unterstützen das Memorieren. Die Gedächtnisleistung bei der Memorierung von Bildern ist erheblich höher als diejenige für abstrakte oder konkrete Begriffe. Diese Überlegenheit des Bildgedächtnisses wird darauf zurückgeführt, dass die Bilder gegenüber wortsprachlichen Einheiten einen größeren sensorischen Reichtum aufweisen. Aufmerksamkeit wecken Bilder wirken als Blickfang und erzeugen auf diese Weise Aufmerksamkeit. Aufmerksamkeit ist jedoch knapp geworden. Informationen, sollen sie rezipiert werden, müssen den Wettstreit um die Aufmerksamkeit gewinnen. Wie sich immer wieder zeigt, sind Bilder besonders gute Mittel, wenn in einer Gruppe Kontakt hergestellt oder gefestigt werden soll. Bilder wecken dann oft effizienter die Aufmerksamkeit, als Worte dies vermögen. Bilder als Inszenierungen können mit „Wahrheit“ spielen, sie können „lügen“ – und damit auch (mehr oder weniger offensichtlich) Diskussionen um Zugänge und Darstellungen initiieren. Gerade traditionelle Schulwandbilder wollen „Wirklichkeit“ abbilden und suggerieren Wahrheit, die über das emotionale Mit-Empfinden gefühlt wird. Entsprechend sind sie einer „realistischen“ Darstellungsweise verpflichtet. Betrachterinnen und Betrachter reagieren oft wenig kritisch auf diese 4 NHHL 2 33 08 06 Organisationsentwicklung und Lehrkultur J 2.12 Studiengangsentwicklung Ungewissheit bezüglich des Wirklichkeits- und Wahrheitscharakters, insbesondere des fotografierten Abbilds. In Anbetracht der perfekten Bildbearbeitungsmöglichkeiten der Digitaltechnik wird offensichtlich, dass ein emanzipatorisch-kritischer Umgang mit dem Bild gefordert ist. Schaubilder in didaktischer Absicht unterscheiden sich von traditionellen „Visualisierungen im Unterricht“ (etwa durch Hellraumprojektor- oder Power-Point-Folien) insbesondere dadurch, dass sie nicht wie diese eine Präsentation begleiten, sondern vielmehr diese in wesentlichen Elementen ersetzen. Zudem präsentieren diese Schaubilder nicht eine Abfolge von einzelnen Illustrationen, sondern stellen ihren Betrachterinnen und Betrachtern Informationen simultan und gleich bleibend vor Augen. Sie gestalten Räume mit, sind präsent und wirken durch ständige Anwesenheit. Eigenständige Schaubilder Solche Schaubilder eignen sich entsprechend dann, wenn ein Sachverhalt darzustellen ist, der gerade in seiner Komplexität und Gesamtheit gezeigt werden soll und in der gleichzeitigen Detailfülle eine längerdauernde Vertiefung verdient. Allerdings zeigt sich auch hier die Notwendigkeit einer Lernaktivität: Es müssen Gelegenheiten und Situationen der Auseinandersetzung mit dem Schaubild geschaffen werden. Ein Sachverhalt in seiner Komplexität und Gesamtheit Schaubilder können sich über bestimmte Regeln hinwegsetzen, wie sie etwa für die Visualisierung eines Referats gelten würden. So dürfen sie beispielsweise überladen und nicht-linear aufgebaut sein – was freilich gleichzeitig mit einem erhöhten Anspruch an die Gestaltung einhergeht. Gleichwohl zeigen sich viele verwandtschaftliche Linien zwischen Schaubild und Hellraum-Projektor- oder Power-Point-Folien. Gemeinsam ist allen diesen Medien, Inhalte abbilden oder illustrieren zu wollen. Didaktisch sind sie darum, weil wir es mit einer bewussten Gestaltung zum Zwecke des Lernens zu tun haben. Schulwandbilder wirken heute altmodisch: Die technologische Bescheidenheit des Unterrichtsmediums scheint kaum mit versierten Verfahren konkurrieren zu können. Indem sie als Lernmedium anders als die flüchtigen Folien auf „Langeweile“ setzen, scheinen sie uns allerdings besser dem zu entsprechen, das „Schule“ meint: Schola, Muße. Zeit zu haben ist Kennzeichen der Schule, in der Schule kann sich vertiefen, wer hier eingetreten ist und – wo Muße ist – sich auch einmal in der Zeit verlieren. Hier wird Gegenwart betont, sich Einlassen können. Eben: Zeit haben – und um die Zukunft kümmern wir uns später. „Müßige Stunden“, so heißt es in Zedlers Universal-Lexicon (1731ff., XXII, S. 663), „heissen diejenigen, da man von seiner ordentlichen Arbeit frey ist. Weswegen man zu sagen pfleget: Man habe dieses oder jenes bey müssigen Stunden gethan. ... Denn, wenn man keine sonderliche Verrichtung oder nicht Gelegenheit zu arbeiten hat, so pfleget man sich mit seinen Gedancken die Zeit zu vertreiben, und dencket bald auf dieses, bald auf jenes.“ NHHL 2 33 08 06 Auf „Langeweile“ setzen 5 J 2.12 Organisationsentwicklung und Lehrkultur Studiengangsentwicklung 3. „DER PLAN“: Form und Gestaltung „DER PLAN“ ist ein Schaubild in Weltformat. Die Vorderseite ist als Bild, die Hinterseite (hauptsächlich) als Wandzeitung gestaltet. Dieses Schaubild lässt sich einfach auf das Format A4 zusammenfalten. Dabei zeigt es ein Titelblatt und eine verkleinerte Version des Schaubildes. Abb. J 2.12-1 6 „DER PLAN“, Vorderseite NHHL 2 33 08 06 Organisationsentwicklung und Lehrkultur J 2.12 Studiengangsentwicklung Abb. J 2.12-2 NHHL 2 33 08 06 „DER PLAN“, Rückseite. Zentrale Begriffe der Studiengangsgestaltung als Wandzeitung präsentiert. 7 J 2.12 Organisationsentwicklung und Lehrkultur Studiengangsentwicklung Abb. J 2.12-3 Ausschnitt der Rückseite des PLANs Gestaltung Die Gestaltung ist so gewählt, dass rasch ersichtlich wird, worum es geht, ohne allerdings das Kind zu benennen. So weisen die Bezeichnungen „Bachelor“, „Master“ und „Doktorat“ ebenso auf die Stufung von Hochschulstudiengängen hin wie die Punktzahlen 0, 180, 270 und 450. Solche „Erkennungsmarken“ sind bereits aus einiger Distanz lesbar und strukturieren das Bild. Die Überladung verstehen wir hier als Einladung, sich mit dem Gegenstand auseinander zu setzen und immer wieder neue Entdeckungen zu machen. Entsprechend sind auch „kleingedruckte Erläuterungen“ auf dem Schaubild festgehalten. Ordnung Die Ordnung ist nicht sofort erkennbar, entsprechend ist auch keine klare Leserichtung festzumachen. Die „Syntax des Bildes“ bleibt vorerst ungeklärt, die Sprache des Schaubildes in seiner Grammatik ungewohnt. Der Blick schweift entsprechend vorerst leicht ratlos über das Bild, bevor er sich an Bekanntem festmacht und von da weg weiteren Boden zu erkunden sucht. Die „Treppe“ Das Schaubild ist in diesem Sinne einer Karte einer nur oberflächlich bekannten Gegend vergleichbar. „DER PLAN“ benutzt im Titel eine Bezeichnung, die – wie „Karte“ – topologische Beziehungen und Verhältnisse ankündigt. Und in der Tat wird hier ein Raum geschaffen, der zwar nicht als Repräsentation, als Abbild einer Gegend verstanden werden kann, aber dennoch mit der Metapher des Wegs und des Er- 8 NHHL 2 33 08 06 Organisationsentwicklung und Lehrkultur J 2.12 Studiengangsentwicklung kundens einer unbekannten Welt spielt. Mit der „Treppe“ von links unten nach rechts oben nutzt das Schaubild in seiner Kodierung das Symbol für den Aufstieg und den damit verbundenen Erfolg. Zudem bedient sich das Schaubild des alten Tricks des „Trompe l’œil“ aus der Malerei, es spielt mit augenzwinkernder Authentizität. So ist es auf den ersten raschen Blick tatsächlich mit einer Wandtafel verwechselbar, die Magnete oder Moderationskarten wirken ebenso echt wie zurück gebliebener Kreidenstaub. Betrachter greifen nach einem vermeintlich aufgeklebten Zettel oder ärgern sich über angeblich ins Schaubild gekritzelte Bemerkungen. Und ein Zeitungsbericht zur Evaluation des abgebildeten Studiengangs lässt die Fragen auftauchen, ob es diesen Studiengang nun gibt oder nicht. 4. Spiel mit Authentizität Modellhaftigkeit Das Schaubild versteht sich als Instrument, das dazu dient, die verschiedenen Entwicklungsbereiche und Diskussionsfelder der Studiengangsentwicklung in einer geordneten Übersicht zu präsentieren. Entsprechend enthält es Hinweise zu den verschiedenen Teilaufgaben bei der Curriculumsentwicklung. Gleichzeitig bietet dieses Schaubild eine gemeinsame Basis für die an diesem Prozess Beteiligten. Es richtet sich damit in erster Linie an Studiengangsverantwortliche und Dozierende, die mit Aufgaben der Curriculumentwicklung betraut sind. Zielgruppe Das Schaubild bietet diesen Personen in ihrem Kommunikationsprozess „visuelle Argumente“, die ihnen die Bildautoren in einem adäquaten visuellen Format zur Verfügung stellen. Bildbetrachterinnen und -betrachter rekonstruieren dieses Argument über erkennende und interpretierende Prozesse. Im Unterschied zur Kunstbetrachtung ist die Kommunikation mit informierenden Bildern durch die Erwartung des Bildnutzers nach optimaler Information (Verständlichkeit, Eindeutigkeit) geprägt. Nutzen für die Zielgruppe Hochschuldidaktische Weiterbildung ist häufig mit dem Anspruch an Modellhaftigkeit konfrontiert. Auch wenn die Differenz zwischen hochschuldidaktischer Weiterbildung und eigentlichem Hochschulunterricht deutlich zu betonen ist, so stellt sich dennoch die Frage nach der Verbindung und Verknüpfung: Wie kann die Weiterbildung gestaltet werden, dass der Transfer auf die eigene Lehrtätigkeit gut gelingt? Wir verstehen unser Schaubild „DER PLAN“ insofern als modellhaft, als wir hier zeigen, wie ein Studiengang gemeinsam entwickelt werden kann. Wir dokumentieren eine Zwischenetappe, die das Handwerkliche der Planung sichtbar lässt. Und wir zeigen auch, wie eine Diskussion gleichzeitig den strukturierenden Rahmen und inhaltliche Aussagen berücksichtigen kann. NHHL 2 33 08 06 Studiengänge gemeinsam entwickeln 9 J 2.12 Organisationsentwicklung und Lehrkultur Studiengangsentwicklung 5. Zentrale Aspekte der Curriculumsentwicklung „DER PLAN“: Lehrmittel der universitären Didaktik Hochschuldidaktik kennt eine breite Palette an Angebotsformaten und Instrumenten. Wir nutzen hier das Schaubild als weiteres Instrument: Anhand eines (fiktiven) Studiengangs werden zentrale Aspekte der Curriculumsentwicklung im Zusammenhang mit Bologna-Studiengängen illustriert. Stufung der Studiengänge, Kompetenzorientierung, Modularisierung und Qualitätssicherung sind nur einige Beispiele von Themen, die anhand unseres Schaubildes aufgenommen werden. „DER PLAN“ lässt sich vielfältig verwenden und insbesondere in der Kombination von Beratung und Selbstlernmaterial nutzen. So lassen sich einige Fragen illustrieren, die unseres Erachtens tatsächlich diskussionswürdig sind. • So ist beispielsweise die „Punktelinie“, die die Studienstufen mit ihren Punktzahlen 180, 360 und 450 verbindet, sowohl nach unten wie auch nach oben weitergezogen. Was aber eigentlich kommt nach 450 ECTS-Punkten? Lassen sich die Kreditpunkte beliebig ergänzen? Ist eine nächste Stufe vorgesehen? • In welchem Verhältnis stehen die Kompetenzen der Bachelor-Stufe zu den Kompetenzen der Master-Stufe? • Was bedeutet es für die Gestaltung der Bachelor-Stufe, wenn der Einstieg in wissenschaftliche Berufsfelder gewährleistet werden soll? • Welche didaktischen Leitlinien bestimmen eigentlich den eigenen Studiengang? In Architektur und Design findet sich der Grundsatz „form follows function“. In der Didaktik würde dies bedeuten, dass die Funktion die Gestaltung des Angebots (mit-)bestimmt. Welche Form bietet die größte Wahrscheinlichkeit, dass etwas gelernt wird? Umwege und Schlaufen 10 Wenn wir hier mit unserem PLAN allerdings Umwege und Schlaufen in diesem Lernprozess in Kauf nehmen und nicht direkt aufs Ziel losstürmen, dann hat dies zum einen mit dem Inhalt zu tun. Es gibt keine „richtigen“ Studiengänge, vielmehr sind Studiengangskonzepte mehr oder weniger stimmige Antworten auf Fragestellungen in einem bestimmten Umfeld. Aber: Die Fragen müssen gestellt werden und in Verbindung mit anderen Fragen beantwortet werden. NHHL 2 33 08 06 Organisationsentwicklung und Lehrkultur J 2.12 Studiengangsentwicklung Und zum anderen zeigt sich hier auch ein bestimmtes Verständnis von Lernen: Lernen braucht Gelegenheiten. Didaktik wäre demnach der Versuch, solche Gelegenheiten systematisch zu schaffen, ohne das Lernen selber bewirken zu können. Das hier beabsichtigte Lernen kennt den Wert von Neugier und Muße, von Entdeckungen und Umwegen. Und: Diese Entdeckungen sollen diskursiv erörtert und konsolidiert werden. „DER PLAN“ ist damit auch Treffpunkt und Einladung zu Austausch und Diskussion. Literatur [1] Comenius, J. A. (1657/1954): Große Didaktik. Düsseldorf, München: Küpper. [2] Herzog, W. (2006): Zeitgemässe Erziehung: Die Konstruktion pädagogischer Wirklichkeit. Weilerswist, Velbrück Wissenschaft. [3] Prange, K. (2005): Die Zeigestruktur der Erziehung. Grundriss der Operativen Pädagogik. Paderborn, München, Wien, Zürich: Schöningh. [4] Vögtli, A. und B. Ernst (2007): Wissenschaftliche Bilder: Eine kitische Betrachtung. Basel: Schwabe. [5] Wagner, W. (2004): Medienkompetenz revisted. München: kopaed. [6] Weidenmann, B. (1994): Wissenserwerb mit Bildern. Bern: Huber. [7] Zedlers Grosses vollständiges Universallexicon aller Wissenschafften und Künste. 1731-1754. http://www.zedler-lexikon.de Informationen zu den Autoren: Peter Tremp, Dr., Universität Zürich, Arbeitsstelle für Hochschuldidaktik. Stephan Brülhart, Professor für Medienbildung, Pädagogische Hochschule Nordwestschweiz. Das Schaubild „DER PLAN“ wurde von Dr. Peter Tremp (Leiter der Arbeitsstelle für Hochschuldidaktik der Universität Zürich) und Dr. Crispin Hugenschmidt (Leiter der Fachstelle Studienreform der Universität Zürich) gemeinsam mit dem Gestalter und Medienpädagogen Prof. Stephan Brülhart (Pädagogische Hochschule Nordwestschweiz) entworfen und realisiert. NHHL 2 33 08 06 11 J 2.12 Organisationsentwicklung und Lehrkultur Studiengangsentwicklung 12 NHHL 2 33 08 06