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TheronSight 01/2012 Rekommunalisierung mit Augenmaß TheronSight 01/2012 Wirtschaftliche und strategische Steuerung von Chancen und Risiken für Kommunen und Stadtwerke 1 „Rekommunalisierung mit Augenmaß“ Der Trend der Rekommunalisierung nimmt spürbar an Fahrt auf. Die Neugründung eines Stadtwerks für Hamburg, der geplante Einstieg Berlins in das Netzgeschäft, aber auch die Vielzahl kleinerer Vorhaben im ganzen Land kommen mit dem Auslaufen vieler kommunaler Konzessionsverträge gut voran. Aber Vorsicht! Fallstricke sowohl auf der strategischen als auch auf der wirtschaftlichen Seite werden leicht in der Euphorie der ersten Stunde übersehen, wie die Beispiele „Gekko“ und Berliner Wasserbetriebe eindrücklich zeigen. So attraktiv die Chancen für Kommunen auch sein mögen, so gefährlich ist blindes Vertrauen auf die Unterstützung des Bürgers und auf einen Leitsatz, der in der Vergangenheit beharrlich Geltung hatte; nämlich dass man mit Energieversorgung immer gutes Geld verdienen kann. Liberalisierung und Globalisierung haben das Spiel grundlegend verändert. Die Risiken vor allem in den vorne liegenden Wertschöpfungsstufen Erzeugung und Verteilnetze nehmen teilweise dramatisch zu. Eine weitgehend risikofreie und renditeträchtige Nische für Stadtwerke und Kommunen findet man allerdings noch im Energievertrieb. Dort genau hinzuschauen, lohnt sich daher umso mehr! 2 Rekommunalisierung mit Augenmaß Wirtschaftliche und strategische Steuerung von Chancen und Risiken für Kommunen und Stadtwerke Präambel: Trendumkehr von der Privatisierung zur Rekommunalisierung Erträge aus Konzessionsverträgen für Energieversorgungsnetze stellen für die meisten deutschen Städte und Gemeinden eine wichtige Einnahmequelle dar. In aller Regel haben in den 80er und 90er Jahren die Kommunen einem der großen Versorgungskonzerne die Aufgaben rund um die Netze übertragen. Auch das Eigentum an den Netzen wurde in diesem Rahmen meist an den Versorger übertragen. Während der Blütezeit der Liberalisierung der Strom- und Gasmärkte in Deutschland, die im letzten Jahrzehnt begann, wurden diese privatwirtschaftlichen Strukturen kaum ernsthaft infrage gestellt. Mit dieser Ruhe ist es seit einiger Zeit allerdings vorbei. Denn Enttäuschung über die Ergebnisse der Privatisierung macht sich breit. Das Pendel schwingt zurück. Der Begriff „Rekommunalisierung“ ist seitdem in aller Munde. Er steht generell für die Rückführung der Kontrolle über Aufgaben oder Vermögen aus der Privatwirtschaft in den öffentlichen Bereich einer Kommune. In der aktuellen Diskussion ist damit in erster Linie der Bereich der Infrastruktur der Ver- und Entsorgung, insbesondere Strom-, Gas-, Fernwärme-, Wasser- und Abwassernetze gemeint. Rekommunalisierung bezieht sich generell aber auch auf die der Infrastrukturebene vor- und nachgelagerten Aufgaben, wie Betrieb und Wartung der Messstellen, Ablesung, Energiebeschaffung, Vertrieb oder Kundenservice. Etwa 80% der Stadtwerke und kommunalen Versorgungsunternehmen denken zurzeit aktiv über eine Rekommunalisierung oder über stärkere interkommunale Zusammenarbeit im Sinne einer horizontalen Integration von Aufgaben nach. Eine Studie der Universität Leipzig nennt einen Anteil von etwa 15% der Kommunen, die ausdrücklich mit ihrem bisherigen privaten Netzbetreiber unzufrieden sind. Da im Laufe der kommenden Jahre viele der mehr als 20.000 bestehenden Konzessionsverträge auslaufen, denken zurzeit auch viele Städte und Gemeinden intensiv über eine Rekommunalisierung nach. Die meisten Konzessionsverträge laufen in den Jahren 2016 und 2017 aus. Gestützt wird dieser Trend durch die öffentliche Meinung, die inzwischen deutlich in Richtung staatlicher Einflussnahme auf die Aufgaben der Ver- und Entsorgung zu tendieren scheint. Nach einer Studie des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU) aus dem Jahr 2008 bevorzugen über 50% der Bürger ein öffentliches Unternehmen als Strom- bzw. Gasversorger; nur 20% bzw. 25% der Befragten bevorzugen ein privates Unternehmen. Jüngster Beleg dafür ist eine Umfrage in Berlin, bei der etwa zwei Drittel der Bürger einen Rückkauf der in früheren Jahren (teil-)privatisierten Versorgungsinfrastruktur mit Mitteln aus dem Landeshaushalt befürworten. Auch der Kauf des EDF-Anteils an der EnBW AG durch das Land BadenWürttemberg ist in diesem Zusammenhang zu sehen. Laut einer Meinungsumfrage des VKU befürworten heute etwa 84% der Befragten „… eine wichtigere Rolle bei der Produktion von Energie …“ und ca. 80% „… bringen Stadtwerken Vertrauen entgegen …“, nur 26% hingegen bestätigen dies auch für Großunternehmen. Die Argumente, die in der öffentlichen Diskussion für die Rekommunalisierung angeführt werden, 3 sind vielfältig. Wirtschaftliche Vorteile, operative Verbesserungen, schlechte Erfahrungen mit Privatisierungen und teilweise emotionale oder auch politisch-ideologisch gefärbte Gründe werden genannt. Die Hauptargumente lauten: ■■ Wirtschaftliche Gestaltungsmacht Die Kommunen wollen durch die Übernahme der Netze unmittelbar (d.h. Gewinne aus dem Netzbetrieb) oder mittelbar (z.B. durch den Aufbau und Ausbau neuer Geschäftsfelder) Erträge erwirtschaften, um diese in andere Tätigkeitsfelder investieren zu können oder um andere kommunale Tätigkeitsfelder (z.B. Sport, Kultur, ÖPNV etc.) zu subventionieren. Dieses Argument wird weniger von Kommunen oder Stadtwerken selbst, aber fast immer von Kommunalpolitikern genannt. ■■ Ausschöpfung von wirtschaftlichen Synergien und Skaleneffekten Viele Gemeinden hoffen, durch ein integriertes Straßen-Tiefbau-Management und NetzManagement in den Bereichen Energie, Wasser und Kommunikation leistungs-, qualitäts-, kostenbezogene und technische Synergien zu heben. Eine besondere Rolle spielt hier der kommunale Ausbau des DSL-Breitbandkommunikationsnetzes. Synergien können zudem in den sog. „Overhead“-Funktionen gehoben werden. Durch eine Vergrößerung des Netzgebiets können zusätzliche Skaleneffekte realisiert werden. Vor allem kleinere Stadtwerke und Gemeinden erhoffen sich aus solch überregionalen Kooperationen wirtschaftliche Vorteile. Im Hochsauerlandkreis haben z.B. die Kommunen Olsberg, Bestwig und Meschede in Kooperation mit den Stadtwerken Lippstadt eine eigene Stromversorgung aufgebaut und planen den Kauf der Stromnetze, sobald die Konzessionsverträge auslaufen. Ein anderes Beispiel: Am Bodensee wurde von sieben Kommunen ein Überlandwerk gegründet. ■■ Steuervorteile Für Unternehmen im steuerlichen Querverbund, d.h. in der gemeinsamen körperschaftssteuerlichen Bewertung mit anderen kommunalen Versorgungsunternehmen, wird durch Verlustverrechnungen die Steuerlast insgesamt gesenkt. ■■ Schaffung/Sicherung von Arbeitsplätzen Durch den Auf-/Ausbau der kommunalen Energieversorgung sollen Arbeitsplätze vor Ort geschaffen bzw. gesichert werden. Dies gilt insbesondere auch für Ausbildungsplätze. So nannten die Befürworter des Bürgerbegehrens in Leipzig im Januar 2008 das Argument „Arbeitsplatzerhalt“ als Hauptgrund für den Erhalt kommunalen Eigentums. ■■ Verbleib der Gewinne in der Region Bei Privatisierungen kann ein Teil der erwirtschafteten Gewinne und Steuern aus der Region abfließen. Bleiben diese in der Region, stärkt dies die Wirtschaft vor Ort. ■■ Standortpolitik Das Risiko, dass Unternehmenssitze bzw. -zentralen aus der eigenen Region abwandern, soll vermieden werden. Die Argumente „Standort, Arbeitsplätze und lokale Wertschöpfung“ waren beispielsweise für die Stadt Dresden ausschlaggebend, um die Energie-Holding GESO zurückzukaufen. ■■ Politische Gestaltungsmacht Viele Kommunen möchten einen stärkeren inhaltlichen und direkten Einfluss auf die kommunale Energieversorgung nehmen, insbesondere hinsichtlich umweltpolitischer 4 Ziele (z.B. Forcierung dezentraler und regenerativer Strom- und Wärmeerzeugung sowie Energieeffizienz in Form eines kommunalen Klimaschutzkonzepts). Dies ist z.B. das Hauptargument in der derzeitigen Diskussion des Berliner Senats über eine Beteiligung an den Strom- und Gasverteilnetzen in der Stadt. In der oben erwähnten Studie der Universität Leipzig nennen mehr als 60% der Kommunen dies als ein wesentliches Motiv. ■■ Öffentliche Daseinsvorsorge Kommunale Gremien sehen die Aufgaben der Energieversorgung als wichtigen Bestandteil der Daseinsvorsorge an, die mit Aufgaben wie Kunst & Kultur oder der Verkehrsinfrastruktur in Bezug auf die Bedeutung für das Leben der Bürger mindestens gleichzusetzen sind. Die Hamburger Volksinitiative „Unser Hamburg – unser Netz“ z.B. nennt die Daseinsvorsorge in öffentlicher Hand als Kernargument für die Rückübereignung der Verteilnetze an die Stadt. ■■ Steigerung der Kundennähe Viele Kommunen hoffen, dass sie durch die Nutzung der Kenntnisse der lokalen Gegebenheiten eine größere Kundennähe erzielen können. Das heißt, dass sie hoffen, hinsichtlich der Produkt- und Servicemerkmale sowie der Preise attraktive Angebote machen zu können, die den lokalen Gegebenheiten und Anforderungen in besonderer Weise entsprechen. Dieses Thema spielt beispielsweise in Berlin in der laufenden Diskussion um die Rekommunalisierung der Berliner Wasserbetriebe die wichtigste Rolle. Ein Aspekt wird allerdings in der öffentlichen Diskussion zumeist übersehen: die erheblichen Risiken, die mit einem Einstieg in das Energieversorgungsgeschäft verbunden sind. Diese Risiken zu steuern und die Chancen dieses Geschäfts bestmöglich zu nutzen, erfordert einen klaren, strategisch und wirtschaftlich durchdachten Ansatz. Dieser Ansatz umfasst vier Elemente: ■■ Strategie Die Strategie spezifiziert Motive und Ziele der Rekommunalisierung und bildet die Grundlage für die wirksame Kommunikation des Vorhabens ■■ Geschäftsmodell Das Geschäftsmodell legt die Eckpunkte des kommunalen Energieversorgungsgeschäfts fest ■■ Funktionskonzept Das Funktionskonzept beschreibt im Detail, wie die einzelnen Geschäftsaktivitäten ausgerichtet und organisiert werden ■■ Umsetzungskonzept Das Umsetzungskonzept beschreibt die Schritte, die zur Umsetzung von Strategie, Geschäftsmodell und Funktionskonzept zu nehmen sind. 1 Strategie der Klarheit Eine weitreichende strategische Entscheidung wie der Kauf oder der Aufbau eines kommunalen Energieversorgers bedarf einer eindeutigen und klaren Benennung der angestrebten Ziele. Nur so kann ein klares Geschäftsmodell und Funktionskonzept erarbeitet sowie die Umsetzung sauber geplant und effektiv gesteuert werden. Oberflächlich formulierte Ziele und bloße politische Absichten reichen dafür nicht aus und bringen das Vorhaben frühzeitig in Gefahr. 5 Die erste und auf Dauer entscheidende Herausforderung einer Kommune mit der Absicht einer Rekommunalisierung besteht darin, eine stichhaltige objektive Begründung auszuarbeiten, die einer breiten politischen und wirtschaftlichen Debatte standhält. Es muss vor allem von vornherein ausgeschlossen werden, dass den politischen Akteuren illegitime Motive (z.B. Ämtervergabe, Stärkung des persönlichen Einflusses etc.) unterstellt werden könnten. Bleiben die Ziele und Motive unscharf, besteht die Gefahr, dass politische Ad-hoc-Entscheidungen einzelner Akteure den ursprünglich verfolgten Absichten entgegenwirken und damit das Vorhaben insgesamt scheitert. Um Ziele und Nutzen des Vorhabens aus Sicht der Bürger verständlich und nachvollziehbar darzustellen, empfehlen sich Klarheit und Einfachheit in der Argumentation. Denn grundsätzlich beschränken sich die Argumente, die als legitime Begründung für eine Rekommunalisierung gelten können, auf drei Kategorien (vgl. Schaubild 1): Kategorien legitimer Motive für Rekommunalisierungsvorhaben Wohlfahrtsgewinn Synergie- und Skaleneffekte Steuervorteile im kommunalen Querverbund Monopolgewinne Legitime Motive Marktversagen Angebot öffentlicher Güter Externe bzw. „Nachbarschaftseffekte“ Preis-Leistungs-Gestaltung (inkl. Kundennähe) Gewinnabschöpfung/-verwendung Energie- und Umweltpolitik Qualitätssicherung (z.B. Trinkwasser) Trifft für Energieversorgung, Wasserversorgung und Entsorgung nicht zu, da privatwirtschaftlich organisiert Schaubild 1 ■■ Wohlfahrtsgewinne für die Bürger Durch die Zusammenlegung der Energieversorgung mit der Leistungserstellung „öffentlicher Güter“ (in erster Linie dem Straßenbau) entstehen ggf. Kostenvorteile, die bei getrennter Organisation verloren gingen und damit die Wohlfahrt mindern würden. Auch Steuervorteile für die Kommune im Querverbund können auf die kommunale Wohlfahrt vorteilhaft wirken. Wenn eine Kommune Wohlfahrtsgewinne als Argument anführt, sollte sie diese konkret darstellen. Ebenso sollte belegt werden, dass entsprechende Vorteile nicht durch gegenläufige Effekte, wie zum Beispiel unterkritische Größe oder reduzierte Fachkompetenz, aufgehoben werden. ■■ Korrektur von Marktversagen Marktversagen liegt dann vor, wenn entweder die Marktmacht des aktuellen Anbieters und mangelnder Wettbewerb zu monopolartigen Gewinnen führen oder wenn negative externe Effekte und Nachbarschaftseffekte auftreten, die zu Lasten der Kunden oder Lieferanten des Versorgers gehen und in dessen Kosten nicht reflektiert sind. 6 Auch mangelhafte Kundennähe kann ein Fall von Marktversagen sein ebenso wie eine verfehlte umwelt- oder energiepolitische Ausrichtung des Anbieters – auch wenn es im Einzelfall schwer fallen wird, solchen Effekten Preise beizumessen. In diesen Fällen kann ein legitimes Interesse der Kommune daran bestehen, auf die Gestaltung von Preisen und Leistungen stark Einfluss zu nehmen. Wenn eine Kommune Argumente der Kategorie Marktversagen anführt, muss sie gleichzeitig überzeugend darlegen, wie durch Rekommunalisierung diese Nachteile für die Kunden oder Lieferanten aufgehoben werden. ■■ Angebot öffentlicher Güter Die Kernaufgabe einer Kommune und ihrer kommunalen Dienstleister ist die Versorgung ihrer Bürger mit „öffentlichen Gütern“. Energieversorgung, Wasserversorgung und Entsorgung gehören nach allgemein gültiger Auffassung in Deutschland nicht in diesen Bereich. Daher kann die Versorgung prinzipiell auch durch privatwirtschaftliche Anbieter geleistet werden, was in vielen Fällen auch geschieht. Die Motivation einer Kommune zur Übernahme von Dienstleistungen in diesen Feldern muss also einen anderen Zweck verfolgen als den der Erfüllung staatlicher Kernaufgaben. Die Chance – oder besser die Notwendigkeit – Marktversagen zu korrigieren und auch die angestrebten Wohlfahrtsgewinne für die Bürger sind in vielen Fällen klar zu erklären. Nachteilige Erfahrungen mit privaten Anbietern, Kostenvergleiche mit anderen Regionen, die Unzufriedenheit mit dem Kundenservice und ähnliche Beobachtungen sind oft sachlich begründbar und von der Öffentlichkeit nachvollziehbar. Vor allem im Bereich der Strom- und Gasverteilnetze müssen die Argumente gut durchdacht und belegt werden. Denn Marktversagen liegt per Definition im regulierten Geschäft nicht vor. Der Druck der Anreizregulierung in Kombination mit den Skalenvorteilen großer Netzbetriebsunternehmen sorgt überdies in aller Regel für eine hohe Kosteneffizienz im bestehenden Zustand. Das heißt, die Wirtschaftlichkeit des Netzgeschäfts kann durch den neuen kommunalen Eigentümer nicht ohne weiteres verbessert werden. Im Gegenteil: durch die Rekommunalisierung droht die Gefahr der Verschlechterung. Als einziges Argument bleibt hier meist nur die günstigere Finanzierung durch Kommunalkredite – ein Argument, das leicht als fadenscheinig entlarvt werden kann und in Zeiten wankender Staatsbanken ohnehin an Belastbarkeit verliert. Zusammenfassend ist zu empfehlen, in einer ersten Projektphase die Ziele des Vorhabens und deren jeweilige Begründungen explizit zu formulieren und mit relevanten Akteuren zu diskutieren. Im breiten Konsens erarbeitete und verabschiedete Ziele der Rekommunalisierung ersparen schwierige Diskussionen im Nachhinein und verhindern mögliche Fehlentwicklungen bei der späteren Konzipierung, Planung und Umsetzung. 7 2 Ein tragfähiges, rentables Geschäftsmodell Die strategischen Ziele bilden die wichtigste Grundlage für das Geschäftsmodell des kommunalen Energieversorgers. Beides muss Hand in Hand entwickelt werden. Da es keine Standardlösung gibt, müssen die Eckpunkte des Geschäftsmodells in einer zweiten Projektphase, der sog. Konzipierungsphase, spezifisch festgelegt werden. Dieser Prozess läuft in aller Regel nicht sequenziell ab, sondern in Schleifen, in denen man sich dem endgültigen Konzept immer weiter annähert. Das Geschäftsmodell besteht aus folgenden drei Elementen: ■■ ■■ ■■ Medien der Energieversorgung – im Wesentlichen Strom, Gas und Wärme –, in denen die Kommune tätig werden will. Stufen der Wertschöpfungskette (d.h. Erzeugung, Netze, Vertrieb), in denen das Unternehmen aktiv werden möchte. Unternehmerische Rollen, die die Kommune übernehmen will (d.h. Anlageneigentum, Anlagenbetrieb). 2.1 Fallstrick „Medien der Energieversorgung“ Die Medien der Energieversorgung sind nicht unabhängig voneinander. In allen drei Stufen der Wertschöpfungskette (d.h. Erzeugung, Übertragung/Verteilung und Vertrieb) bestehen direkte technische und wirtschaftliche Zusammenhänge, die sich in Zukunft durch technische Entwicklungen noch verstärken werden (z.B. Kraft-Wärme-Kopplung, Nutzung von überschüssigem Strom zur Wärmeerzeugung, Methanisierung von CO2 aus der Stromerzeugung etc.). Es muss deshalb klar durchdacht werden, ob andere Medien der Energieversorgung über den naheliegenden Elektrizitätsbereich hinaus in das Rekommunalisierungsvorhaben mit einbezogen werden sollten und welche Chancen und Risiken mit der jeweiligen Variante verbunden sind. 2.2 „Upstream“ bis „Downstream“ – nicht unbedingt! Prinzipiell ist ein kommunales Engagement in allen drei Stufen der Wertschöpfungskette, d.h. von der Erzeugung („Upstream“) über die Übertragung und Verteilung bis hin zum Vertrieb („Downstream“), möglich und denkbar. Es ist von entscheidender Bedeutung, die sehr unterschiedlichen Chancen-Risiken-Profile der einzelnen Wertschöpfungsstufen und der unterschiedlichen Varianten des Engagements innerhalb einer Stufe zu erkennen. Denn jede Wertschöpfungsstufe ist ein grundsätzlich unterschiedliches Geschäft. Erzeugung ist ein langfristig kapitalgebundenes Anlagengeschäft mit hohen Risiken sowohl bei der Anlagengestehung als auch im Betrieb und im Produktverkauf. Das Netzgeschäft ist reguliert und birgt moderate Verlustrisiken. Das Vertriebsgeschäft bindet wenig Kapital, verlangt aber ausgezeichnete funktionale Fachkompetenz und unterliegt dem Risiko des immer intensiver werdenden Wettbewerbs. Aufgrund des Auslaufens vieler Konzessionsverträge wird derzeit vor allem die Rekommunalisierung der Strom- und Gasverteilnetze diskutiert. Doch die kommunale Energieerzeugung rückt mehr und mehr in den Vordergrund. Viele Kommunen errichten derzeit neue Erzeugungsanlagen oder denken daran, ihre Erzeugungskapazitäten zu bündeln. Letzteres wird z.B. durch die Entwicklung sog. „virtueller Kraftwerke“, Verbünde von Anlagen unterschiedlicher Erzeugungsarten und -kapazitäten, interessant. Der Stromvertrieb steht zurzeit zwar weniger im Fokus öffentlicher Debatten, wird aber in den kommenden Jahren gerade für kleinere und mittelgroße Stadtwerke ebenfalls an Bedeutung gewinnen. 8 2.3 Eigentum und Betrieb – oder …? Ist die Wertschöpfungsposition bestimmt, muss entschieden werden, welches Modell für Eigentum und Betrieb der einzelnen Wertschöpfungsstufen am besten geeignet ist. Die Wahl des Modells legt in beträchtlichem Umfang die Mitspracherechte und Möglichkeiten zur Einflussnahme der Kommune fest und bestimmt, welche Risiken sie tragen muss und welche finanziellen Belastungen und Investitionsanforderungen von ihr zu tragen sind. Bestimmend für die Festlegung ist die spezifische Ausgangssituation der jeweiligen Kommune: ■■ ■■ ■■ ■■ ■■ Zustand der heutigen Energieversorgung, insbesondere Status und Struktur des Versorgungsnetzes Rechtliche Rahmenbedingungen (z.B. Energiewirtschaftsgesetz, Integriertes Energie- und Klimaschutzprogramm, Gemeindewirtschaftsrecht, Netzentgeltverordnung etc.) Wirtschaftliche Rahmenbedingungen (z.B. Status und Entwicklung der demographischen und wirtschaftlichen Struktur sowie Kundenstruktur und -potenzial etc.) Kapazitive, ressourcen- und kompetenzmäßige Voraussetzungen der Kommune zur Umsetzung des Vorhabens Position, Ziele und Freiheitsgrade der bisherigen Eigentümer bzw. Betreiber/Konzessionsnehmer. Die unternehmerische Rolle der Kommune muss für jede energiewirtschaftliche Wertschöpfungsstufe festgelegt werden (vgl. Schaubild 2). Exakte Festlegung Umfang des Rekommunalisierungsvorhabens notwendig DIMENSIONEN UMFANG REKOMMUNALISIERUNGSVORHABEN – BEISPIEL ENERGIEWIRTSCHAFT Techn. Entwicklung Einkauf/Beschaffung Produktion Marketing und Vertrieb Erzeugung Techn. Entwicklung Einkauf/Beschaffung Produktion Marketing und Vertrieb Verteilung Techn. Entwicklung Einkauf/Beschaffung Produktion Marketing und Vertrieb Versorgung “et r s s to „A ra e p O Anlagen-Bewirtschaftung Investitionssteuerung Betriebssteuerung Wartung und Instandhaltung r ne “ et s As w -O „ Anlagen-Eigentum Schaubild 2 Vor einer Rekommunalisierung kann eine Kommune sich lediglich auf bestimmte Rahmensetzungsaufgaben für die Energieversorgung konzentrieren, da sie weder Eigentum an den Anlagen besitzt Entwicklung Techn. Entwicklung Techn. Entwicklung noch am BetriebTechn. beteiligt ist. Einkauf/Beschaffung Produktion Marketing und Vertrieb Erzeugung Einkauf/Beschaffung Produktion Marketing und Vertrieb Verteilung Einkauf/Beschaffung Produktion Marketing und Vertrieb Versorgung 9 Im Rahmen einer Rekommunalisierung kann die Kommune dagegen die folgenden grundsätzlichen unternehmerischen Rollen für sich in Anspruch nehmen: ■■ „Integrierter Unternehmer“ – Die Kommune hat das Eigentum an den Anlagen und betreibt diese auch selbst ■■ „Anlagen-Eigentümer“ – Die Kommune hält die Anlagen in ihrem Eigentum und beauftragt Dritte mit Betrieb, Service und Wartung ■■ „Anlagen-Investor“ – Die Kommune ist am Eigentum der Anlagen beteiligt (mit einer Minderheits- oder Mehrheitsbeteiligung) ■■ „Betriebs-Joint Venture“ – Die Kommune ist an dem Betreiber beteiligt (mit einer Minderheits- oder Mehrheitsbeteiligung) ■■ „Betreiber“ – Die Kommune betreibt die Anlagen in eigener Verantwortung, ist am Eigentum aber nicht beteiligt (sog. „Pachtmodell“) Auch bei dieser Entscheidung sollten Chancen-Risiken-Abwägungen im Vordergrund stehen und politische Erwägungen keine Rolle spielen. Die wichtigsten Überlegungen lassen sich wie folgt zusammenfassen: ■■ er Erwerb von Eigentum an Anlagen erfordert hohe Investitionen. Dabei ist vor allem bei D dem Erwerb von Energienetzen zu hinterfragen, welche wirtschaftlichen Verbesserungsmöglichkeiten und welche energiepolitisch gestalterischen Möglichkeiten in diesem sehr stark im Detail regulierten Bereich für die Kommune noch erschlossen werden können. Bei der Energieerzeugung durch erneuerbare Energien bestehen im Vergleich deutlich weniger Risiken, da die Einnahmen durch das EEG relativ verlässlich sind. ■■ Der Betrieb von Anlagen erfordert enormes fachliches Wissen in Technik, Vertrieb und betriebswirtschaftlichem Management. Dies gilt umso mehr, als die zunehmend schärfere Anreizregulierung ein Risiko von Ertragsminderungen oder sogar Verlusten mit sich bringt. Dieses wird noch erhöht durch anfallende Erweiterungs- bzw. Neu-Investitionen ins Netz, die aufgrund dezentraler Energieerzeugung, neuer Nutzungen (z.B. Elektromobilität) oder intelligenter Verbrauchs- und Laststeuerung (sog. „Smart Grids“) notwendig werden können. Fehlt der Kommune dieses Wissen, muss dies aber nicht unbedingt heißen, dass der Betrieb in jedem Fall an Dritte vergeben werden muss. Die Einstellung von Experten oder die Kooperation mit erfahrenen Kommunen können ebenfalls die betriebliche Wissenslücke schließen. ■■ Der Vertrieb von Energie und Energiedienstleistungen erfordert spezifische „Retail“-Kenntnisse. Ein Energievertrieb hat den Vorteil, dass keine großen Anlageinvestitionen im Voraus erforderlich sind. Zudem können in der Kommune bereits bestehende Verkaufskanäle genutzt werden; es können jedoch auch bestehende Vertriebsdienstleister eingebunden oder an ihnen eine Beteiligung erworben werden. Neue Anbieter im Bereich des Strom- und Gasvertriebs in Deutschland haben nachgewiesen, dass extrem schlanke Steuerungsfunktionen eine sorgfältig zusammengestellte Gruppe von externen Dienstleistern sehr erfolgreich und ergebnisorientiert führen können, ohne große Investitionen in den Aufbau eigener Organisationen zu tätigen. 10 Die Vorteile solcher Modelle sind offensichtlich: Das Risiko wird minimiert und die Fachkompetenz wird maximiert. Fast noch wichtiger ist, dass die Unternehmenskultur erfolgreicher Marketing- und Verkaufsdienstleister bereits über Jahre gewachsen und gefestigt ist – wahrscheinlich die beste Voraussetzung für einen schnell wirksamen Einstieg in ein schwieriges Aufgabenfeld. Grundsätzlich unterscheiden sich die Optionen hinsichtlich des notwendigen Finanzierungsaufwands für die Kommune. In Zeiten knapper Kassen kann daher auch ein Einstieg in die Energieversorgung ohne erhebliche Finanzmittel eine sehr attraktive Option eröffnen: der Aufbau eines Strom- und Gasvertriebs vollkommen ohne Besitz, Pacht oder Beteiligung an Anlagen oder Netzen. Denn ein Stadtwerk – ob alteingesessen oder neu gegründet, macht hier kaum einen Unterschied – verfügt über ein sehr wertvolles „Asset“: die Marke mit dem wesentlichen Merkmal der Bürgernähe! Dieser Wert kann auf jeden Fall kapitalisiert werden. Denn die Marke spielt inzwischen bei der Anbieterauswahl für die Endkunden eine größere Rolle als der Preis (vgl. Schaubild 3). Marke gewinnt aufgrund zunehmenden Wettbewerbs in der Energiebranche stark an Bedeutung Bedeutung der Marke in unterschiedlichen Branchen – Entwicklung 2006 bis 2010 Veränderung in Prozent Dienstleistungen Konsumgüter Handel Strom Waschmittel Strom SpieleSoftware Waschmaschinen -15 ExpressZustelldienste Mobiltelefone -16 Krankenversicherung Fernseher -12 Spiele-13 Software -20 Quelle: Die Macht der Marke – Markenrelevanz in der Konsumgüterindustrie, Dienstleistung und Handel – eine Studie von McKinsey & Company in Kooperation mit der Universität Passau, November 2010 Schaubild 3 11 3 Funktionskonzept – der Teufel im Detail Nachdem die Vorentscheidungen im Rahmen der Spezifikation des Geschäftsmodells gefallen sind, erfolgt die Detailplanung. Ihr wichtigster Bestandteil umfasst die Ausgestaltung der Erzeugungs-, Netz- und Vertriebsfunktionen. In dieser Aufgabe steckt der Kern der Analyse von Chancen und Risiken. Sie ist also bei weitem die kritischste Projektphase im gesamten Vorhaben. Erst nachdem diese Arbeit wirklich erledigt wurde, sollte man sich detailliert mit den verbleibenden Fragen, wie z.B. der Aufbauorganisation, der Unternehmensführung und -steuerung (sog. „Governance“), der Rechtsform, dem Personalkonzept, dem Plan für den Erwerb von Anlagen, Netzen und Beteiligungen oder dem Finanzierungskonzept beschäftigen. 3.1 Erzeugungskonzept und Portfoliomanagement Wie die Beispiele der Übernahme der „Steag“ durch ein Stadtwerke-Konsortium oder des Aufbaus einer Erzeugungssparte durch „Trianel“ zeigen, kann auch für kleinere und mittlere Stadtwerke die Überlegung des Aufbaus von Erzeugungskapazitäten sehr sinnvoll sein. Eine Eckpunkte-Entscheidung in diesem Sinne sollte im Rahmen der Erarbeitung des Geschäftsmodells getroffen worden sein. Auf dieser Grundlage muss das Erzeugungskonzept präzise entwickelt werden. Hierin liegt eine enorme Bedeutung. Denn die Beteiligung in einem Konsortium ermöglicht zwar eine günstige Arbeits- und Risikoteilung, sie befreit das Management eines Stadtwerks allerdings auf keinen Fall von der Notwendigkeit, sich über die Chancen und Risiken von Investitionen in unterschiedliche Anlagenklassen eigenverantwortlich ein möglichst präzises Bild zu machen. Das „Gekko“-Projekt unter Leitung der RWE Power AG zeigt, welche Folgen unüberlegtes Handeln von Stadtwerken haben kann. Das Erzeugungskonzept umfasst die folgenden Elemente, die aufgrund ihrer hohen Interdependenzur Entwicklung Erzeugungskonzepts Kernaufgaben zenAufgaben größtenteils parallel erarbeiteteines werden sollten (vgl. Schaubild–4). Abhängigkeit der Aufgaben Marktsicht Bewertung PortfolioEffekte, Zyklen und SzenarioBildung Differenzierte Kapitalflussrechnung auf Basis der Szenarien Verknüpfung Kunden-/Marktperspektive mit technischer/bilanzieller Sicht Modellierung Ist-Analyse Prognose Zieldefinition Umsetzung Betrachtung und Bewertung „Assets“ und Aktivposten „Greenfield“-Ansatz für Zielbeschreibung Bewertung Handlungsoptionen Management-Sicht Setzen von Vorgaben (z.B. Unternehmenszweck, Kerngeschäft, Ziele, Risikoprofil etc.) Abstimmung der Ergebnisse (z.B. Hypothesen zu Branchen-/Marktentwicklung, Szenarien,Umsetzungsstufen etc.) Schaubild 4 12 Die wichtigste Grundlage für ein Erzeugungskonzept ist die Sicht des verantwortlichen Managements und der Anteilseigner auf das Unternehmen in Bezug auf dessen Ziele und Zweck (vgl. Schaubild 5). Ausgangspunkt: Unternehmenszweck und Selbstverständnis des Managements MANAGEMENT-SICHT UNTERNEHMEN – BEISPIELHAFT Ziel und Zweck Begründung Wachstum/Ausbau Unternehmensgröße Anforderung Investoren und Kapitalmarkt Erhalt kritischer Masse in Teilbereichen Ertrag, Cashflow etc. Anforderungen Investoren und Kapitalmarkt Fokus auf Strom, Gas und EDL Nutzung Portfolio-Effekte zur Risikostreuung Nutzung Synergien in „Operations“ Integrierter Energieversorger Kontrolle über Wertschöpfungskette Wesentliche Position in der Erzeugung Ausschöpfung Kernkompetenzen Position in attraktivem Branchensegment Ausgewogener Energiemix Balance gesellschaftlicher, wirtschaftlicher, ökologischer und unternehmerischer Anforderungen Erhalt/Ausbau Kundenbasis in allen Segmenten Politische Relevanz zur Vertretung der Interessen Risikostreuung auf Absatzseite Erhalt/Ausbau AKW-Position Wesentliche Kernkompetenz Gesicherte Attraktivität Etc. Etc. Schaubild 5 Damit einher geht auch die explizite Festlegung von Eckpunkten des angestrebten Risikoprofils für das Erzeugungsgeschäft. Denn darin können erhebliche und langfristig schädliche Risiken für das Geschäftsergebnis des Versorgers und für die Liquiditätssituation der Kommune als Eigentümerin liegen. Selbst wenn nur an den Aufbau dezentraler Anlagen überschaubarer Größe gedacht ist, kann in der Gesamthöhe des Investitionsvolumens solcher Portfolios ein eklatantes Klumpenrisiko verborgen sein. Dieses gilt es zu identifizieren und zu bewerten. Liegt die Position des Managements fest und ist mit den Aufsichtsgremien abgestimmt, beginnt die fachliche Arbeit mit der Beurteilung der Marktentwicklung für die relevanten Erzeugungsprodukte. Die Grundlage dieser Betrachtung bilden Hypothesen über die erwartete Entwicklung der unterschiedlichen Marktsegmente, in denen die jeweiligen Anlagen – ob konventioneller Art oder mit erneuerbarer Energie betrieben – operieren (vgl. Schaubild 6). Entlang der beiden Dimensionen „Assets“ und „Markt“ werden in den nächsten Schritten bereits vorhandene „Assets“ oder Anlagen, auf die das Unternehmen durch Kauf oder im Rahmen eines Joint Ventures, einer Fusion oder einer Kooperation Zugriff erhalten kann, einer genauen Bewertung unterzogen. Dieselbe Analyse sollte auch für neu zu errichtende Anlagen – ob kleine dezentrale oder Großanlagen – durchgeführt werden, um ein vollständiges Bild des geplanten Anlagenportfolios und vor allem der darin enthaltenen Risiken zu erhalten. Die erfolgskritischste und auch schwierigste Aufgabe besteht in der Modellierung der erwarteten Erlösströme aus dem geplanten Anlagenportfolio. Denn dazu muss der Portfolio-Effekt ermittelt werden, der durch die in der Realität zu beobachtenden – teils gegenläufigen und teils sich gegenseitig verstärkenden – Korrelationen zwischen den Anlagen besteht. Sinkt z.B. der Gaspreis, kann dies zu einer Verschiebung der „Merit Order“ am Übergang von Steinkohle- zu GuD- oder KWKGaskraftwerken führen. Die höhere Nachfrage nach Strom aus diesen Kraftwerkstypen hat unter bestimmten Szenario-Annahmen wegen Überproduktion einen schnellen Verfall des Erlöses aus 13 dem Wärmegeschäft zur Folge. Entgegen der landläufigen Erwartung verschlechtert sich dadurch also trotz sinkender Bezugskosten die Rendite aus Gaskraftwerken. Betrachtung der „Assets“ ausgehend von Entwicklung Marktsegmente MARKTSICHT Markt Lastmarkt Strom Wasser „Assets“ GL ML SL Pri Sek Res Lastmarkt Wärme … … … Laufwasser Dampf Braunkohle Steinkohle Öl Vorgehensweise Definition homogener Marktsegmente Identifizierung Portfolio-Effekte für beide Dimensionen Pumpspeicher AKW Thermisch Kapazitätsmarkt Strom Markt-/Kundensicht als Ausgangspunkt der Analysen und Prognosen! Ähnlich auch für Anlagen der Erneuerbaren Energie Beachtung Wechselwirkungen (Korrelation) zwischen beiden Dimensionen* Prognose der Entwicklung, Chancen und Risiken** (kurz-, mittel-, langfristig) Überleitung Erlösprognosen von Markt- auf „Asset“-Dimension Gas Gas *Beispiele: wachsender Primärregelbedarf aufgrund Zunahme „Must Run“-Kapazität; Zunahme variable „Load Service“-Verträge negativ korreliert mit Kraftwerks-Cashflow **Z.B. „Load Pricing“ für Haushaltskunden Schaubild 6 Die Portfolio-Analyse wird dadurch kompliziert, dass sie verschiedene denkbare Szenarien betrachten muss, da die Zukunft unsicher ist. Die Szenarien sollten anhand der wesentlichen Unsicherheitsfaktoren, wie z.B. des Wettbewerberverhaltens oder der Hauptkostentreiber, erstellt werden (vgl. Schaubild 7). Modellierung als Grundlage für Risikoanalyse und Prognose MODELLIERUNG Portfolio-Effekt „Asset“-Korrelationen – Brennstoff – Technologie – Region – Etc. Marktkorrelationen – Mengenverschiebungen – Preiseffekte – Etc. Analysen Risikoanalyse der Ist-Situation Erwartete Wertveränderung Ist-Portfolio (Cashflow) Identifizierung Hauptrisiken Ist-Portfolio Szenario-Bildung Wettbewerberverhalten (z.B. Konzentration auf „Asset“-Klassen, Steigerung Risikobereitschaft etc.) Hauptkostentreiber Politische/regulative Eingriffe Prognose der Entwicklung Übersetzung Erkenntnisse in „Causal Loops“ und Wahrscheinlichkeitsbäume Aufbau Modell für Cashflow-Prognose Kundenverhalten Branchenstrukturveränderungen (z.B. Importe, Netzkapazitäten etc.) Schaubild 7 In den einzelnen Szenarien können die beschriebenen Korrelationen in Bezug auf Richtung und Stärke erheblich variieren. Sind solche Risiken erkennbar, müssen Optionen und Möglichkeiten der Absicherung in Betracht gezogen werden, um zumindest katastrophale Schäden zu vermeiden. Die Prognosen aus Portfolio- und Szenario-Sicht können auf unterschiedliche Art erstellt werden. 14 Eine bewährte Methode ist die Darstellung der fundamentalen Wirkzusammenhänge in graphischer Form (sog. „Causal Loop“-Diagramme), wie beispielhaft in Schaubild 8 dargestellt. Solche Diagramme erlauben es, die Dynamik, die in hochkomplexen Märkten wie der Energieerzeugung entstehen kann, vorwegzunehmen, Frühwarnindikatoren zu benennen und für Extremfälle Sicherungsmechanismen in die Verträge mit Rohstofflieferanten oder größeren Kunden einzubauen. Für ein fundiertes Erzeugungskonzept, das nicht nur bei vereinzelten und kleineren Pilotanlagen stehen bleiben soll, ist diese Analyse absolut unerlässlich. „Causal Loop“-Prognose-Ansatz für fossiles Kraftwerk – Beispiel Durchschnittl. Strompreis Nachfrage/Angebot Strom Wirtschaftliche Kraft D Kapazität Kraftwerke Laststrombedarf D Erwartete Strompreisentwicklung Trend zu Protektionismus Kraftwerksprojekte „Must-run“Kapazität Erwarteter Umsatz Intern. Koordination CO 2-Regime Stilllegung Kraftwerke Reservestrombedarf D Investitionen Wettbewerber Erwartete Betriebskosten Erwartete Brennstoffkosten Erwartete CO 2 -Kosten Erwartete Rendite Wirkung gleichgerichtet Wirkung gegenläufig Schaubild 8 Aus der auf diese Weise erstellten Prognose wird im nächsten Schritt zuerst das grobe Portfoliokonzept abgeleitet. Es gibt für die Betrachtung und Bewertung der Detailoptionen die Stoßrichtung vor (vgl. Schaubild 9) und stellt das wichtigste Element des Risikomanagements im Erzeugungsgeschäft dar. Festlegung Portfoliokonzept („Greenfield“) Markthypothesen Portfoliostrategie (beispielhaft) Kurzfristig Kraftwerkstrend in Richtung „Greener and smarter“ „Cash squeeze“ EVU-Konzerne Starkes „Must-run“-Wachstum Etc. Mittelfristig (5 bis 10 Jahre) Angebotsverknappung in Mittel- und Spitzenlastsegmenten Politisch forcierte Abschöpfung hoher Kernkraft-Renditen Laufzeitverkürzung Kernkraft Höhere Liquidität Gas aufgrund LNG, Überangebot Importmengen Moderation CO 2-Kosten Moderation „Must-run“-Wachstum Weiter zunehmende Markteffizienz (d.h. Im-/Exporte, Börsen etc.) Etc. Langfristig (10 bis 20 Jahre) Starker Preisanstieg Importkohle aufgrund Verkäufermarkt-Situation Definiertes Ende der Laufzeit von Kernkraftwerken Etc. Schaubild 9 Übergreifend Forcierung Kapazitäts- und wärmefähige „Assets“ Forcierung Absatz von Mittel- und Spitzenlastangeboten Etc. Je „Asset-“Klasse Reduzierung Risiken Mikro-KWK Langfristiger Ausbau der Gasposition; Effizienzsteigerung durch Skaleneffekte und Bündelung Fachexpertise; Schaffung Ausbauoptionen Halten Steinkohlepositionen/Kraftwerksscheiben; Schaffung Ausstiegsoptionen Absicherung Interesse an „Renewables“-Großvorhaben Etc. 15 Daraus folgt im letzten Schritt die Detailplanung des zukünftigen Portfolios unter Hinzunahme der im Markt tatsächlich verfügbaren Optionen an vorhandenen, projektierten und potenziellen Anlagen (vgl. Schaubild 10). Mit dem Durchlaufen dieser Arbeitsschritte verfügt das Unternehmen über eine gute Basis für den Aufbau des Geschäfts. Strategie ist allerdings eine Daueraufgabe, ebenso wie das Management des Anlagenportfolios selbst. Neben den operativen Aufgaben der Betriebssteuerung bleibt daher die Beobachtung von Trends in Markt und Wettbewerb der Schlüssel zum langfristigen Erfolg in diesem dynamischen Geschäft. Somit ist dies für das Management die Aufgabe mit eindeutiger Priorität. Umsetzung Portfoliokonzept in aktuelles, konkretes Zielportfolio ZIELDEFINITION 7-Jahres-Zielportfolio Vorgehen Zielportfolio (illustrativ) 2-Jahres-Zielportfolio 30 Betrachtung aller im Markt vorhandenen „Assets“ als Realoptionen (inkl. Standorte und Projekte) unabhängig von heutiger Eigentümerstruktur HStore Rahmensetzung für Startportfolio mittels existierender Absatzstruktur NU Ableitung langfristiger Marktpreisprognosen für Marktszenarien Festlegung Marktszenario mit höchster Eintrittswahrscheinlichkeit („Base Case“) Oil Li 20 10 HC 0 GCC HRun Ermittlung Portfolio-Performance unterschiedlicher Produkt-/Marktkonzepte auf der Zeitschiene WOn WOff Schaubild 10 3.2 Steuerung des Anlagenbetriebs 30 Oil Li Die Steuerung des Anlagenbetriebs und die verwaltungsseitigen Aufgaben, die mit der ErzeuHStore 20 gung verbunden sind, stellen von Jahr zu Jahr das operative Ergebnis sicher. Auch im Anlagen10 betrieb stecken erhebliche Risiken. Die Risiken „schwarmartig“ verteilter Anlagen sind organiHC NU satorischer Art und treten in Form unrentabler 0 Wartungs- und Service-Organisationen zu Tage. Eine stringente und gründliche Struktur- und Prozessplanung gepaart mit gut ausgeprägten, allgemeinen Managementfähigkeiten sind die Haupterfolgsfaktoren in diesem Geschäft. GCC HRun Das Management der Risiken größerer Einzelanlagen WOfferfordert dagegen sehr spezifische FachWOn kenntnisse aus unterschiedlichsten Bereichen – von der Thermodynamik über die Physik bis zur Elektrotechnik. In aller Regel lohnt es sich für kleine bis mittelgroße Kommunalversorger nicht, diese Fachkompetenzen in Eigenregie aufzubauen oder anderweitig zu beschaffen, da sie sehr teuer sind und umfassende spezifische Führungserfahrung verlangen. Es liegt also nahe, sich für solche Anlagen an Konsortien und Joint Ventures zu beteiligen, um zu einer vernünftigen Risikoteilung mit auf dem Gebiet der Energieerzeugung erfahrenen Organisationen zu gelangen. 16 3.3 Nutzen in Netzen Die Anreizregulierung eröffnet Ertragschancen für gut geführte Netzbetreiber. Denn die Anreizregulierung schafft einen künstlichen aber effektiven Wettbewerb zwischen den Netzgebieten bzw. -betreibern. Der Betrieb von Verteilnetzen kann für ein kommunales Unternehmen ein sehr ertragreiches Geschäftsfeld werden – allerdings nur, wenn es gelingt, den Ertragswert des Netzgeschäfts deutlich über die Anschaffungskosten zu heben. Denn nur in diesem Fall können Wohlfahrtsgewinne für die Bürger erzielt werden. Egal ob das Netz in Eigenregie betrieben wird oder ob Betrieb, Service und Wartung im Auftrag durch den Altkonzessionär oder einen Dritten erfolgen, es gilt der Grundsatz: Wohlfahrtsgewinne werden nur dann erreicht, wenn eine „Best Practice“-Funktion geschaffen wird, die in ihrer Leistungsfähigkeit dem Altkonzessionär klar überlegen ist. Diese „Best Practice“-Funktion muss sogar so weit überlegen sein, dass sie den Größennachteil des kommunalen Betreibers überkompensiert. Ein Ansatz könnte die Nutzung von Skaleneffekten durch kommunale Zusammenschlüsse und Kooperationen sein. Aber Vorsicht! „Aus zwei Lahmen wird kein Marathonläufer“. Die Effizienznachteile müssen vor dem Zusammenschluss gelöst werden, sonst droht die Gefahr der Verfestigung und Verkrustung in politischen Konflikten. 3.3.1 Chance zur Verbesserung Strom- und Gasverteilnetzunternehmen, sog. „Distribution System Operators“ (DSO), zeigen meist noch eine von der Monopol-Historie geprägte Unternehmenskultur. Sie spiegelt sich in allen Dimensionen der Organisation wider: ■■ Strategie bedeutet, stets so zu planen, dass das Risiko einer Leistungsunterbrechung vermieden wird. Expansionsmaßnahmen oder die Philosophie kontinuierlicher Verbesserung sind weitgehend unbekannt. ■■ Die Struktur der Organisation ist durch zahlreiche Hierarchiestufen und minimale Kontrollspannen gekennzeichnet. Weder Strukturen noch Prozesse sind kundenorientiert gestaltet, sondern eher bürokratisch. ■■ Alle Systeme – IT, Managementprozesse, Anreize – sind auf Sicherheit und nicht auf Kosteneffizienz oder Rentabilität ausgerichtet. ■■ Der Managementstil ist auf Kontrolle ausgerichtet, nicht auf Unternehmertum und Innovation. ■■ Die Mitarbeiter sind für risikofeindliches Verhalten bekannt. Arbeitsplatzsicherheit hat Priorität. Sie führen Anweisungen aus und sind schlichtweg nicht an Wettbewerb gewöhnt. ■■ Der wichtigste gemeinsame Wert der Organisation ist Sicherheit. Für die Mitarbeiter ist die Einhaltung der ordnungsgemäßen Prozesse oberstes Gebot. Ergebnisse im Sinne von Kundenzufriedenheit, Kosteneffizienz oder gar Umsatz sind für die Organisation ohne Belang. 17 ■■ Fähigkeiten der Statussicherung werden gegenüber Innovation und Gestaltung bevorzugt. Funktionale Fähigkeiten sind auf technische Kernfunktionen beschränkt, Geschäftsfunktionen wie Marketing und Vertrieb sind unterentwickelt. 3.3.2 Mut zur Veränderung Ein Veränderungsprozess dauert meist mehrere Jahre. In einem dynamischen Umfeld läuft er sogar beinahe unbegrenzt fort. Diesen Prozess zu gestalten, ist die schwierige Aufgabe des Managements. Die Kommune muss sich der Tatsache bewusst werden, dass dieser Prozess Mut und Geschick erfordert, konfliktreich ist und ein gehöriges Maß an fachlichen Fähigkeiten verlangt. „Change Management“ greift grundsätzlich auf drei Arten von Werkzeugen zurück – Administrieren, Ankündigen und Agieren (vgl. Schaubild 11). Der balancierte Einsatz dieser Instrumente während des gesamten Veränderungsprozesses, dem jeweiligen Stand der Dinge und dem nächsten Schritt angemessen, ist der Schlüssel zum Erfolg. „Triple A“ – Werkzeuge des „Change Managements“ „Administration“ Überarbeitung Unternehmensvision und -strategie Überarbeitung Managementprozesse, Konzepte und Reporting-Systeme Restrukturierung der Organisation Überarbeitung Kerngeschäftsprozesse Aktualisierung Planungen und Budgets Change Management „Advertising“ Saubere Aufnahme und Analyse der Meinungen, Position, Bedenken aller „Stakeholder“ Erarbeitung und Abarbeitung eines umfassenden Kommunikationskonzepts Klare Kommunikation notwendiger Aussagen Akzeptanz von „Feedback“ „Acting“ Vorleben persönlicher und fachlicher Integrität Entscheidung und Durchführung schmerzhafter Maßnahmen Erfüllung eigener Versprechen Schaubild 11 Der bei weitem wichtigste Teil dieser Aufgabe ist der Umgang mit den Beteiligten und Betroffenen, den sog. „Stakeholdern“. Die „Stakeholder“-Analyse gibt Klarheit über die Personen und Gruppen, die ein formales oder ein informelles Mitspracherecht beanspruchen, die Erwartungen an Führungskräfte und Anteilseigner haben und die Befürchtungen gegenüber der ungewissen Zukunft hegen. Die „Stakeholder“-Analyse bietet damit eine gute Grundlage für die Berechnung der Kosten des Wandels, die Identifikation von Widerständen gegenüber der Veränderung und die Planung der Maßnahmen, um die „Stakeholder“ auf die Seite des neuen Eigentümers zu holen (vgl. Schaubild 12). 18 Klarheit bezüglich der „Stakeholder“ ist wesentlich Hoch „Unterstützer“ Unterstützung von Ziel, Vorgehensweise Keine aktive Unterstützung Maßnahmen: – Aktives Angebot der Zusammenarbeit/Unterstützung – Vertrauensbildung „Verbündeter“ Vollständige Unterstützung des Ziels und der Vorgehensweise Vertrauen in Team-Mitglieder Maßnahmen: – Angebot der Unterstützung – Nachfrage um Rat – Sicherstellung Unterstützung, Vertrauen etc. „Unentschiedener“ Grad der Befürwortung des Wandels Keine klare Position „Abwarten“-Haltung Maßnahme: – Austausch von Meinungen, Ergebnissen etc. „Gegner“ Klare konträre Meinung Konträre Agenda/Ziele Kein Vertrauen in Team-Mitglieder Maßnahmen: – Keine Gegenwehr („Verschwendung von Zeit und Geld“) – Keine Ignorierung – Schaffung voller Transparenz Niedrig Niedrig Konstruktiver „Kritiker“ Konträre Meinung, Agenda/Ziele Keine aktive Gegenwehr Respektiert Team-Mitglieder Positive Kritik an Vorgehensweise und Ergebnissen Maßnahmen: – Schaffung Transparenz über konträre Meinungen, Agenda/Ziele – Schaffung Verständnis der Bedenken – Ernstnehmen der Meinungen und Empfehlungen Hoch Vertrauen in „Change“-Team Schaubild 12 3.3.3 Hebel des Wandels Um mit einem „Change Management“-Prozess durchgreifende und anhaltende Ergebnisse zu erzielen, müssen prinzipiell alle Elemente, die eine Organisation ausmachen, angefasst und verändert werden (vgl. Schaubild 13). Gewichtung und Grad unterscheiden sich dabei je nach Ausgangslage und Anforderung. Veränderungen der Organisationselemente Organisationselemente Werte Strategie Veränderungsspektren Sicherheit Produktivität Kein Risiko Viele Chancen Struktur Monolith Systeme Zuverlässig Funktional Personal Konsistenz Neugierde Stil Fähigkeiten Bürokratisch Konservierung Geschäftseinheiten Ergebnisorientiert Innovation Schaubild 13 ■■ Gemeinsame Werte: Anlagen im öffentlichen Eigentum erzeugen politische Dynamik. Argumente wie besserer Service oder geringere Kosten für den Steuerzahler werden schnell überhört sobald die Arbeitsplatzsicherheit in Frage steht oder Preise angehoben werden. Derartige Bestrebungen werden unter Garantie öffentlichen Widerstand hervorrufen. Das Umfeld eines DSOs verändern zu wollen, ist daher ein äußerst sensibles Unterfangen. Die öffentliche Meinung muss durch positive Überraschungen gewonnen werden. Dazu muss der neue Eigentümer eine Vision entwickeln, die auf klaren und von den Stakeholdern akzeptierten Werten beruht, damit sie sowohl innerhalb als auch außerhalb der Organisation als glaubwürdig wahrgenommen wird. 19 ■■ Strategische Richtung ist ein Synonym für eine klare Sicht bezüglich des Wertversprechens der Organisation. Das Führungsteam des DSOs muss eine umsetzbare Strategie formulieren. Dieser Prozess muss partizipativ, d.h. von oben gesteuert und gleichzeitig von unten durchgeführt werden. Häufige Richtungswechsel werden selbst die loyalsten Anhänger verunsichern. ■■ Eine wichtige Frage in Bezug auf Strategie und ihre Umsetzung betrifft die Struktur und Besetzung des Führungsteams. Auf der einen Seite sind frühere Führungspersonen sehr gute Kenner der Organisation. Sie kennen wichtige Mitarbeiter persönlich, haben einen Überblick über die finanzielle und wirtschaftliche Historie der Organisation und haben enge Kontakte zu Aufsichtsgremien und anderen Stakeholdern. Auf der anderen Seite stehen sie für die Vergangenheit der Organisation und nicht für ihre Zukunft. Neue Leute einzustellen und alte Mitarbeiter zu entlassen, ist nicht die klügste Lösung. Bessere Ergebnisse können erreicht werden, wenn alte und neue Führungskräfte zusammenarbeiten. ■■ Neustrukturierung des Monoliths: Der Grundsatz lautet hier: „Die Struktur folgt der Strategie“. Die Organisation muss auch strukturell auf ihr Wertversprechen ausgerichtet werden. Durch ihre natürliche Monopolstellung mussten sich Netzbetreiber früher keine Gedanken über ihre Kunden und Dienstleistungen machen. Entsprechend ist die Organisationsstruktur häufig rein funktionsorientiert und reflektiert weder Geschäfte, Kunden, Produkte noch Märkte. Effektiver Wandel erfordert, diesen monolithischen Block in strategische Geschäftseinheiten aufzuteilen, um die Organisation auf die Märkte auszurichten. ■■ Systematisierte Steuerung: Um Wert zu generieren, müssen Ingenieure und Techniker zu „Grenzgängern“ werden. Sie müssen sich kontinuierlich um Optimierung, Vertiefung ihres Verständnisses, Detaillierung ihres Aufgabenbereichs und um einen Ausbau ihres Wissens bemühen. Das erfordert geeignete Anreizsysteme und „Feedback“ für den effektiven Lernprozess. Das wiederum heißt, dass „Key Performance Indicator“-Systeme (KPI), Anreizsysteme und Informationssysteme, die auf die Strategieziele der Organisation ausgerichtet sind, aufgebaut werden müssen. ■■ Ausrichtung der Personalbesetzung auf Innovation: Für DSOs gibt es zwei Arten von Märkten: Erstens regulierte Standarddienstleistungen und zweitens Mehrwertdienste (z.B. Messdienstleistung und Messstellenbetrieb, Netzserviceleistungen für angrenzende Gemeinden oder der Betrieb von Erdgastankstellen etc.). Innovation birgt vor allem bei den Mehrwertdiensten Risiken. Technologiegetriebene „Business Cases“ tendieren insbesondere dazu, die Gesamtkosten zu unterschätzen und den Kundennutzen neuer Technologien zu überschätzen (vgl. das Thema „Smart Metering“). Dieses Phänomen ist als „Technologiefalle“ bekannt. Die Befürworter von Technologien hinterfragen neue Technologien selten mit ausreichender Gründlichkeit und Skepsis. Die Personalstrategie muss darauf achten, dass die Besetzung von Stellen und Projekten diesbezüglich ausgewogen erfolgt. ■■ Erfolgsfaktor Stil: Auf den ersten Blick scheint der Managementstil hauptsächlich von der jeweiligen Person, ihren Fähigkeiten und Präferenzen abzuhängen. Doch auch hier macht die korrekte Kombination aus formalem Wandel, Kommunikation und persönlichen Handlungen den Unterschied. Ein KPI-System zum Beispiel muss „leben“, d.h. es muss konkret, konstant und konsistent bei Führung und Management Anwendung finden. Auch der Kommunikationsstil spielt eine große Rolle und ist oft genauso wichtig wie die Botschaft, die transportiert wird. Unüberlegte Kommentare können die Arbeit von Monaten zerstören. In dieser Hinsicht ist „Change Management“ ausschließlich eine Aufgabe für erfahrene, sensible Führungskräfte. 20 ■■ Aufbau funktionaler Fähigkeiten: Kosteneffizienz ist der größte kurz- bis mittelfristige Werttreiber im „Asset Management“ bei Infrastrukturunternehmen. Manager glauben häufig, dass es eine Kultur der zentralisierten Kostenkontrolle und Entscheidungsfindung braucht, um Gewinne zu erzielen. Sie verlassen sich auf die Controlling-Abteilung. In den meisten Fällen ist das kontraproduktiv, da Wertsteigerung fundierte Entscheidungen vor Ort erfordert, die nicht delegiert werden können. Nehmen wir zum Beispiel einen Fahrer, der eine Ladung Teer auf die falsche Baustelle liefert, einen Beschaffungsmanager, der ein falsches Ersatzteil bestellt, einen IT-Experten, der eine Datenbank nach Redundanz und nicht nach Geschwindigkeit konfiguriert, oder einen Leitstand, der einen Großkunden vom Stromnetz abschaltet statt 25 Sekunden teuren Spitzenlaststrom zu nutzen. Es ist unmöglich, diese Entscheidungen komplett aus der Zentrale heraus zu steuern. In allen Beispielen ist das Problem durch ein Fehlen von „operativem Wissen“ vor Ort entstanden. Operatives Wissen besteht aus korrekten Informationen kombiniert mit entsprechenden funktionalen Fähigkeiten. Die Verbesserung dieser funktionalen Fähigkeiten ist daher kurz- bis mittelfristig der wertvollste Ansatz für erfolgreichen Wandel. Insgesamt bedeutet das: Um ein fähiges und kosteneffizientes Unternehmen zu werden, muss eine Organisation auf dem Wege kontinuierlicher Verbesserung „operative Exzellenz“ erreichen: „Operational Excellence is a philosophy of leadership, teamwork and problem solving resulting in continuous improvement throughout the organization by focusing on the needs of the customer, empowering employees, and optimizing existing activities in the process.” Das neue Führungsteam ist die treibende Kraft des Wandels im Hinblick auf operative Exzellenz. Versagt die Führung, wird es teuer! 3.3.4 Teurer „Outsourcing“-Filter Soll der Altkonzessionär oder ein drittes Unternehmen den Betrieb und Service im Auftrag des Neukonzessionärs erledigen, hängt das Ergebnis weitestgehend von der Qualität des DienstleisterManagements ab. Zwei Erkenntnisse aus mehr als 20-jähriger „Outsourcing“-Erfahrung von Servicefunktionen (z.B. IT) entscheiden über Erfolg oder Misserfolg: ■■ Die Führung einer Fachfunktion, die einen Dienstleister effektiv steuert, erfordert mindestens so viel Fachkompetenz wie der Betrieb der Funktion in Eigenregie. ■■ Das Geschäftsrisiko und bestehende Herausforderungen können durch „Outsourcing“ nicht an einen Dienstleister ausgelagert werden. Risiken und Herausforderungen bleiben immer und vollumfänglich beim Auftraggeber. Das bedeutet, dass auch beim „Outsourcing“ die volle Verantwortung für den Veränderungsprozess bei der Kommune liegt. Hierin liegt ein enormes Risiko: ■■ Die Steuerungsaufgaben müssen gedoppelt werden. Sowohl beim Auftraggeber als auch beim Auftragnehmer wird entsprechende Fachkompetenz vorgehalten. Dies kann leicht zu Mehrkosten von über 10% des Gesamtaufwands führen. ■■ Die Steuerungsbefehle werden „gefiltert“. Der Auftragnehmer hat ein starkes wirtschaftliches Interesse daran, den „kleinen Dienstweg“ auszuhebeln und jeden Kleinstauftrag einzeln abzurechnen. Der Auftraggeber hat selten ausreichend Zeit und Wissen, um diese Tendenz zu verhindern. Die Mehrkosten oder auch die Betriebsstörungen, die durch diesen 21 Filter verursacht werden, übersteigen in aller Regel die Mehrkosten der Doppelung der Steuerungsaufgaben. Zusammengefasst bedeutet dies: Ein Einstieg in das Netzgeschäft sollte nur dann erwogen werden, wenn die Kommune in der Lage ist, die nötigen Verbesserungen in Eigenregie zu erreichen und die Mannschaft, die beim Altkonzessionär das Netz betrieben hat, zu übernehmen. Energiebeschaffung und -versorgung 1 Marketing Verkauf und Service 4 5 3 3.4 „Starter Kit“ für den Energievertrieb RisikoRisikoverteiquellen „Downstream“ der lung FachKnowEnergieversorgung, how Fähigkeiten und Erfahrungen 2 - fts hä c s Ge rieb t be Im d.h. im Vertrieb von Strom, Gas oder Wärme, ist das Verhältnis von Chancen zu Risiken der Rekommunalisierung bei weitem am größten. Die“ Chancen n ig ergeben sich aus den Alleinstellungsmerkmalen „lokale Marke“ und „maximale Kundennähe“. es fts RisikomanageRisiken ment Konzept fürVertriebs Risikodes verteilung Besetzung von Positionen mit Die dürfen nicht ignoriert werden, aber sie sind relativ gut zu geeigneten Führungskräften Kern geht es darum, fünf Risiken zu kontrollieren (vgl. Schaubild 14). „D chä s l Ge del o handhaben. m Im Risikomanagement ist wichtigster Erfolgsfaktor für Aufbau und Betrieb ELEMENTE RISIKOMANAGEMENT Energiebeschaffung und -versorgung Risikoquellen Risikomanagement 1 3 Risikoverteilung FachKnowhow Konzept für Risikoverteilung Marketing Verkauf und Service 4 5 2 ts äf b h sc rie Ge bet Fähigkeiten und Erfahrungen Besetzung von Positionen mit geeigneten Führungskräften n“ ig ftss e ä l „D sch del e G mo Schaubild 14 ■■ Gestaltungsrisiko „Energiebeschaffung“ Mengen-, Preis- und Fristenrisiken werden nicht erkannt oder falsch eingeschätzt. In der Folge werden keine geeigneten Maßnahmen des Risikomanagements, wie z.B. die Risikoteilung mit dem Stromerzeuger, getroffen. Als Konsequenz können enorme Ertrags- und Liquiditätsbelastungen entstehen. ■■ Gestaltungsrisiko „Geschäftsmodell“ Durch das Eingehen von Verpflichtungen, wie z.B. Anstellungsverträge von Mitarbeitern oder langfristig angelegte Dienstleisterverträge, entstehen Verbindlichkeiten, die nicht durch angemessene Ertragserwartungen gedeckt sind. 22 ■■ Geschäftsrisiko „Marketing“ Produkt- und Service-Angebote entsprechen in ihrer Gestaltung und Vermarktung nicht den Marktanforderungen. Im Ergebnis bleiben Marktanteil und Verkaufserfolg deutlich hinter den Erwartungen zurück. ■■ Geschäftsrisiko „Kundenmanagement“ Verkaufs- und Kundenserviceprozesse verursachen durch Ausgestaltung und Qualitätslücken Verärgerung auf Kundenseite. Markenwahrnehmung und Geschäftsentwicklung werden dadurch spürbar beeinträchtigt. ■■ Geschäftsrisiko „Energiewirtschaft“ Handwerkliche Fehler in der „Produktion“ – also der Lieferung der Energie – führen zu hohem Aufwand für Nacharbeiten. Ein typisches Beispiel: Energierechtliche Vorgaben werden nicht korrekt bei der Produktentwicklung berücksichtigt. Kostenüberschreitungen und Kundenverluste sind die Folge. Das Gestaltungsrisiko „Energiebeschaffung“ stellt aufgrund der Beschaffungskostenstruktur in Verbindung mit der stark zunehmenden Preisvolatilität der Energiegroßhandelsmärkte die bei weitem größte Ergebnisbedrohung dar. Dennoch ist das Risikomanagement vergleichbar einfach in Form einer präzisen Risikoteilung zwischen Energiegroßhändler und kommunalem Versorger sicherzustellen. Gegen Entrichtung vertretbarer Risikoprämien bei der Energiebeschaffung kann dieses Risiko im Grenzfall sogar vollständig an den Großhandel abgegeben werden. Das Gestaltungsrisiko „Geschäftsmodell“ kann vor allem auf mittlere bis lange Sicht erhebliche Ergebnisprobleme aufwerfen. Mit einem angemessenen Geschäftsmodell und geeigneten Vertragswerken – zum Beispiel unter Einbeziehung von Öffnungsklauseln und Erfolgsvariablen – ist dieses Risiko allerdings auch relativ einfach zu steuern. Die Geschäftsrisiken aus „Marketing“, „Kundenmanagement“ und „Energiewirtschaft“ lassen sich dagegen nicht einmalig zu Beginn auf lange Zeit regeln, sondern müssen laufend während des Geschäftsbetriebs gesteuert werden (vgl. Schaubild 15). Risikomanagement bedeutet hier die Auswahl und Anstellung geeigneter Fachführungskräfte mit entsprechendem Fachwissen und Erfahrungshorizont. Das bedeutet aber nicht, dass hierfür ein umfangreicher Aufbau von Personalkapazitäten, i. Allg. verbunden mit Neu-Einstellungen, notwendig wird. Ein „Starter Kit“ für einen Energievertrieb kann im Minimalfall selbst für Zielkundengrößen von über 100.000 Kunden auf vier bis fünf Führungskräfte mit Assistenz beschränkt bleiben. Ein Stellenund Personalaufbau darüber hinaus ist nicht unbedingt notwendig. Wesentliche Voraussetzungen für diese geringe Dimensionierung sind: ■■ ■■ ■■ Hohe vertriebliche Kompetenz und Erfahrung sowie operative Ausrichtung der Führungskräfte Hohe Effektivität und Effizienz sowie geringe Komplexität aller Geschäftsfunktionen Hoher „Outsourcing“-Grad; lediglich strategisch wichtige Funktionen werden selbst erbracht. Beispiele für einen erfolgreichen Aufbau einer solch schlanken Vertriebsfunktion, sog. „virtuelle Unternehmen“, finden sich in zahlreichen Branchen, z.B. in der Konsumgüterbranche (z.B. „Puma“), der Versicherungswirtschaft (z.B. „Postbank Versicherungen“) oder der Bankenwelt (z.B. „comdirect“). Aber auch in der Strom- und Gaswirtschaft gibt es vergleichbare Fälle, wie etwa „eprimo“, „lekker 23 Strom“ oder „goldgas“. Diese Unternehmen beschäftigen je zwar mehr als 20 Mitarbeiter in der Steuerung von Marketing und Vertrieb; in Anbetracht der enormen Komplexität, die ein deutschlandweites Geschäft im Vergleich zu einem Kommunalversorger jedoch hat, ist dies eine sehr niedrige Stellenzahl. Marketing und Kundenmanagement – Kernfragen Wie viele Marken sind sinnvoll/notwendig? Wie soll das Markenversprechen aussehen? Wie lässt sich der lokale Charakter optimal in das Markenversprechen integrieren? Marke Welche Botschaften sollen den einzelnen Kunden-/ Marktsegmenten vermittelt werden? Welche Medien/Instrumente sollen dazu jeweils genutzt werden? Kundenkommunikation Verkaufskanäle Welche Verkaufskanäle sollen für die einzelnen Verkaufsaktivitäten (d.h. Akquise, Kundenbindung, „Uplifting“, „Upgrading“ etc.) eingesetzt werden? Welche Bedeutung soll dem stationären Verkaufskanal und dem „Online“-Verkaufskanal zukommen? Welche Verkaufskooperationen sind sinnvoll? Kunden-/ Marktsegmente Welche Kundenwerte sollen erzielt werden? Welches Akquisegebiet soll neben dem Stammgebiet bearbeitet werden? Produkte und Services Wie viele Produkt-/Servicelinien sind zur Bearbeitung der spezifizierten Kunden-/Marktsegmente erforderlich? Welche Produkt- und Service-„Features“ mit welchem „Pricing“ sollen in den einzelnen Marktsegmenten angeboten werden? Wie kann mittels des Produktportfolios eine nachhaltige Wettbewerbsdifferenzierung erreicht werden? Schaubild 15 4 Umsetzung – Risiken mit Langfristfolgen Die Erfahrung aus Projekten mit einer vergleichbaren Komplexität lehrt, dass die Risiken aus der Umsetzung unterschätzt und oft nicht erkannt werden. Die dadurch entstehenden Zeitverzögerungen sind das geringste Problem. Die viel schwerwiegenderen Folgen sind die Fehler, die durch mangelhaftes Umsetzungsmanagement mit in das Geschäftssystem eingewoben werden und nicht selten auf lange Zeit die Rentabilität eines Vorhabens beeinträchtigen. Der wesentliche Grund für Umsetzungsversagen liegt in der Komplexität des Prozesses und der einzelnen Aufgaben. Die entscheidenden Erfolgsfaktoren bei der Umsetzung eines solchen Vorhabens umfassen zwei Dimensionen: ■■ Die erste Dimension betrifft das Management der Erwartungen und Befürchtungen aller, die davon in ihrem persönlichen Umfeld – sei es beruflich oder privat – spürbar betroffen sind. Dazu gehören natürlich auch die Kunden. ■■ Die zweite Dimension betrifft die Schlagkraft und Effektivität des Managements des Umsetzungsprojekts selbst. Diese hängt von der seltenen Kombination hervorragender Projektmanagement-Fähigkeiten gepaart mit ausgewiesener fachlicher Expertise für Konzeptentwicklung ab. Die Risiken, die aus der Komplexität entstehen, können in Projektmanagement-bezogene und inhaltliche Hürden unterschieden werden. 24 4.1 Projektmanagement-bezogene Risiken Der Auf-/Ausbau eines Stadtwerks ist ein Großprojekt, das ausgezeichnet geführt und gesteuert werden muss. Typische, vielfach auftretende Hürden von Großprojekten sind: ■■ Mangelnde Projektmanagement-Kompetenzen ■■ Zu ehrgeizige Zeitpläne und Meilensteine ■■ Zu geringes Projektbudget ■■ Mangelnde Verfügbarkeit von Experten in der Projektarbeit ■■ Mangelnde Einbindung und mangelnder Vertrauensaufbau mit den wesentlichen Entscheidungsträgern ■■ Zu späte Eskalation von Problemen, insbesondere Projektverzögerungen. 4.2 Inhaltliche Risiken Inhaltliche Risiken entstehen wie bei jeder unternehmerischen Entscheidung aus der Unsicherheit über die Zukunft: ■■ Rücknahme von gegebenen „Commitments“ wesentlicher Entscheidungsträger ■■ Fehlende oder ungenaue Spezifikation der wirtschaftlichen Ziele für das Rekommunalisierungsvorhaben ■■ Zu ehrgeizige, unrealistische Ziele bzw. gleichzeitige Verfolgung zu vieler Ziele ■■ Herauszögerung von geplanten, wichtigen Entscheidungspunkten ■■ Mangelnde Verfügbarkeit bzw. schleppender Aufbau der notwendigen Kapazitäten und Kompetenzen; dies betrifft sowohl Managementfähigkeiten für das auf-/auszubauende Stadtwerk als auch Fähigkeiten in den wesentlichen Fachfunktionen ■■ Mangelnde Kapitalausstattung bzw. zu hohe, nicht erzielbare Rendite-Ansprüche ■■ Komplexe Vertragswerke und langwierige Verhandlungen oder Verschleppung von Verhandlungen zwischen den Kooperationspartnern ■■ Unterschätzung von Umfang und Komplexität des notwendigen energiewirtschaftlichen und vertrieblichen Fachwissens. 25 4.3 Risikosteuerung durch effektives Projektmanagement Der Haupthebel für ein wirksames Risikomanagement komplexer Großprojekte liegt in einem effektiven Projektmanagement, das die folgenden Komponenten umfasst (vgl. Schaubild 16): Projektplan (inkl. Meilensteine und Endprodukte), Projektorganisation, Projektmanagement-Prozesse, Risikomanagement und Qualitätsmanagement. Erfahrene Projektmanager und -mitglieder sowie das Einbeziehen der Führungskräfte, die später im eingeschwungenen Zustand auch die Verantwortung für das Geschäft übernehmen, stellen die Grundvoraussetzung für den Erfolg des Projektmanagements dar. Fünf Schritte zur erfolgreichen Umsetzung Schritt 1: Detaillierung Projektstruktur und Projektplan Detaillierte, Controllingfähige Beschreibung der Arbeitspakete und Endprodukte Zuordnung notwendiger Ressourcen zu Arbeitspaketen Festlegung Meilensteine/„Releases“ Identifikation inhaltlicher und personeller Abhängigkeiten zwischen Arbeitspaketen Einordnung Arbeitspakete auf Zeitachse Identifikation kritischer Pfade im Projektplan Schritt 2: Aufsetzen Projektorganisation/ -„Governance“ Festlegung optimales Strukturierungskriterium für Projektorganisation (z.B. Arbeitspakete, Projektphasen, Kompetenzgruppen etc.) Festlegung Projektsteuerungsgremien Personenscharfe Zuordnung notwendiger Ressourcen und Kompetenzen Festlegung Projektteams Festlegung ProjektFührungspositionen, Rollen und Verantwortlichkeiten Identifikation externer Unterstützungsnotwendigkeiten Schritt 3: Aufsetzen Projektmanagement Festlegung leistungsfähiger Prozesse zum „Monitoring“ Projektfortschritt und -budget Festlegung „Scope“Management Festlegung wichtigster Projekt-Reports Festlegung wichtigster Projekt-Meetings, z.B. Projektleiter-„Jour fixe“ etc. Schritt 4: Etablierung ProjektRisikomanagement Detaillierte und vollständige Beschreibung aller wesentlichen Projektrisiken Priorisierung Risiken hinsichtlich Eintrittswahrscheinlichkeit und „Impact“ Etablierung effiziente, schnelle RisikoErkennungssensorik Spezifikation Risikobegrenzungsmaßnahmen Schritt 5: Etablierung Qualitätsmanagement Festlegung Qualitätsmanagement-Ansatz, -Methode Festlegung Qualitätsmetriken Benennung Qualitätsmanager Festlegung „Sign Off“-Prozesse Schaubild 16 Theron Advisory Group mit Sitz in Berlin und Büros in mehreren europäischen Ländern unterstützt Klienten bei der substanziellen Verbesserung der Ertragskraft mit Strategien und individuellen Problemlösungen, einschließlich der operativen Umsetzung. Theron agiert meist in kleinen Teams mit sehr erfahrenen Beratern. Theron-Berater arbeiten in Deutschland, Europa und weltweit für große und mittelständische Unternehmen. Sie bringen spezielle Kenntnisse aus zahlreichen Branchen in die Projekte ein und verfügen im Durchschnitt über 15 Jahre Erfahrung in Unternehmensberatung und Linienmanagement. www.theron.com 26 Notizen 27 Notizen 28 BERLIN • FRANKFURT • HAMBURG • COLOGNE • WARSAW • ZURICH info@theron.com www.theron.com