Automatische Bildanalyse unterstützt Metastasenchirurgie
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Automatische Bildanalyse unterstützt Metastasenchirurgie
ELK-INFORMATIONEN FÜR HAUS– UND FACHÄRZTE NUMMER 02 | SEPTEMBER 2008 Automatische Bildanalyse unterstützt Metastasenchirurgie Wie verlässlich sind eigentlich radiologische Befunde? Bei Tumorpatienten spielt die zuverlässige Entdeckung von Metastasen eine große Rolle. Deshalb wird bei der Metastasensuche – gerade bei Lungenmetastasen – oft der teureren, aber viel sensitiveren Computertomographie (CT) der Vorzug gegenüber der Röntgenaufnahme gegeben. Immerhin ist die CT in der Lage, selbst zwei Millimeter kleine Metastasen zuverlässig nachzuweisen, während auf Röntgenaufnahmen häufig auch mehr als einen Zentimeter große Metastasen unsichtbar bleiben. Seit einigen Jahren ist bekannt, dass bei der CT nicht die Gerätetechnik das eigentliche Nadelöhr für den verlässlichen Befund ist, sondern der Radiologe selbst. In Studien fanden Radiologen regelmäßig weniger als 70 Prozent aller kleinen Lungenmetastasen in CT-Bildern. Um die eingeschränkte Sensitivität des Radiologen zu verbessern, wurden in den vergangenen Jahren von der Industrie Computersysteme für die computer-assistierte Diagnose (CAD) entwickelt, die automatisch verdächtige Bildregionen markieren und damit den Radiologen auf ansonsten übersehene Metastasen hinweisen. Diese beginnen sich allmählich in der Praxis zu etablieren. In der Evangelischen Lungenklinik Berlin steht seit November 2007 ein solches System an allen radiologischen Arbeitsplätzen zur Verfügung, und sämtliche CT-Untersuchungen werden von diesem CAD-System analysiert. Das installierte System der französischen Firma Median Technologies gilt als das derzeit verlässlichste. Die Evangelische Lungenklinik Berlin war die erste Klinik in Deutschland, die dieses System nutzen konnte. Mittlerweile ist es auch am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg und an weiteren universitären Standorten installiert. Zwei Patientengruppen profitieren besonders: erstens Patienten in der onkologischen Nachsorge, bei denen Lungenmetastasen jetzt zuverlässiger als vorher ausgeschlossen werden können, zweitens Patienten, bei denen eine chirurgische Resektion ihrer Lungenmetastasen vorgesehen ist. Gerade die letztere Patientengruppe profitiert von der Anwendung des CAD-Systems. Zur Operationsplanung sichten der Thoraxchirurg und der Radiologe gemeinsam die CT-Bilder und die Ergebnisse des CAD-Systems, um möglichst alle Metastasen präoperativ zu erfassen. Für den Chirurgen sind insbesondere zentral in der Lunge befindliche Metastasen oft schwierig intraoperativ zu ertasten, und der Radiologe übersieht ebenfalls am häufigsten Metastasen in den zentralen Anteilen der Lunge, da diese Regionen aufgrund der zahlreichen großen Gefäße im CT sehr unübersichtlich sind. Das CAD-System findet diese recht zuverlässig und weist auf Metastasen hin, die ansonsten sowohl vom Radiologen als auch intraoperativ vom Chirurgen unbemerkt geblieben wären. Aus diesem Grunde ist die Unterstützung des Chirurgen durch den Radiologen mit Hilfe von CAD-Systemen bei der Metastasenchirurgie eine neue Möglichkeit, bei möglichst vielen Patienten eine – zumindest makroskopische – Tumorfreiheit durch die Operation zu erreichen. Die Verlässlichkeit des – für eine erfolgreiche Operation essentiellen – radiologischen CT-Befundes wird deutlich erhöht. Die Erwartung des Patienten, durch den chirurgischen Eingriff geheilt zu werden, kann durch die Zusammenarbeit von Thoraxchirurgen und Radiologen unter Verwendung moderner Informationstechnologien besser erfüllt werden. Gegenwärtig wird untersucht, inwieweit zukünftig das – durch CAD-Systeme messbare – Tumorwachstum die Indikation zur Metastasenchirurgie beeinflusst und möglicherweise parenchymsparendere Operationen möglich sind, bei denen nur noch die Metastasen entfernt werden, die das Leben des Patienten durch ihre hohe Aktivität bedrohen. PD Dr. med. Dag Wormanns Ärztlicher Direktor und Chefarzt der Radiologie Telefon 030 / 9 48 02-160 Mail dag.wormanns@elk-berlin.de Thoraxchirurgisches Symposium Die Notwendigkeit interdisziplinärer Therapiekonzepte wird besonders bei Patienten mit Malignomen deutlich, bei denen sich nach initial kurativem Ansatz im Krankheitsverlauf Lungenmetastasen entwickeln. Das Symposium „Lungenmetastasen – moderne Diagnostik und Therapieoptionen“ informiert über die aktuellen Möglichkeiten der Bildgebung, der chirurgischen Optionen sowie chemotherapeutischen Maßnahmen. Es findet am 03.09.2008 (17-20 Uhr) im Konferenzraum der ELK statt. Anmeldung per Mail: sekr.chirurgie@elk-berlin.de Workshop Rechtsherzinsuffizienz Die Therapie der Rechtsherzinsuffizienz ist ein wichtiges Problem im klinischen Alltag. Am 06.09.2008 (9.30-14 Uhr) werden in der ELK die Bedeutung der nicht invasiven Rechtsherzdiagnostik dargestellt und echokardiographische Untersuchungstechniken vorgestellt. Anmeldung per Mail: sekr.pneumologie@elk-berlin.de Am Start für mehr Gesundheit Fünf Teams der Evangelischen Lungenklinik Berlin gehen am 07.09.2008 an den Start beim 2. Eberswalder Stadtlauf „Partner für Gesundheit“. Die Mediziner und Pflegekräfte werden von jungen Fußballern des Vereins Lok Eberswalde unterstützt. D IE R A D IOF R EQU EN ZA B L ATION (RFA, Synonym: Radiofrequenz-induzierte Thermoablation RITA) ist eine minimal-invasive Methode zur lokalen Zerstörung von Tumorgewebe. Das Prinzip besteht darin, unter CT-Führung eine Elektrode in den Tumor zu bringen, durch die hochfrequenter Strom geleitet wird. Hierdurch erhitzt sich der Tumor – ähnlich wie in einer Mikrowelle, die Tumorzellen werden abgetötet. Die RFA erfolgt entweder in Allgemeinanästhesie oder in Sedierung. Die Patienten weisen üblicherweise nur wenig postinterventionelle Beschwerden auf. Das Verfahren eignet sich als komplementäres Verfahren zur Chirurgie bei Patienten mit Lungenmetastasen, bei denen onkologisch eine vollständige Entfernung der Metastasen sinnvoll ist. Gerade bei Patienten, bei denen bereits Lungenmetastasen reseziert wurden, ist die RFA eine gute Alternative zu einer möglicher- weise schwierigeren erneuten Operation. Sinnvoll ist sie auch bei – beispielsweise funktionell – inoperablen Patienten mit einem eigentlich resektablen kleinen Lungenkarzinom; hierbei konkurriert die RFA als Verfahren mit der Strahlentherapie. Da es sich um eine relativ neue Methode handelt, gibt es bislang noch keinen klaren Indikationskatalog. In der Evangelischen Lungenklinik Berlin wird die Indikation zur RFA immer interdisziplinär im Konsens aller beteiligten Disziplinen gestellt und gemeinsam durch Radiologen und Thoraxchirurgen durchgeführt. PD Dr. med. Dag Wormanns Chefarzt der Radiologie Telefon 030 / 9 48 02-160 Mail dag.wormanns@elk-berlin.de Laserchirurgie bei Lungenmetastasen Ein Fallbeispiel: Vor fünf Jahren wurde bei der mittlerweile 65-jährigen Patientin ein Kolonkarzinom diagnostiziert. Nach kurativer Operation und adjuvanter Chemotherapie wurden acht Monate nach der Erstdiagnose bilaterale Lungenmetastasen nachgewiesen. Interdisziplinär wurde die Indikation zur operativen Therapie gestellt. Mit Lasertechnik wurden rechts fünf und links vier Lungenmetastasen entfernt. Zwei Jahre später waren auf der linken Seite zwei neue Lungenmetastasen nachweisbar. Das ist bei Lungenmetastasen nicht ungewöhnlich, wie die Daten aus großen Patientenkollektiven zeigen. Mehr als 60 Prozent der erfolgreich operierten Patienten erleiden Rezidivmetastasen. Bei der Patientin erfolgte eine Reoperation. Beim erneuten Auftreten von Lungenmetastasen im Frühjahr 2008 wurde rechts ein zweites, links nun ein drittes Mal erfolgreich operiert. Möglich macht dies die Technik der Resektion von Metastasen mit dem Lungenlaser. Neben der kompletten Entfernung aller verdächtigen Herde spielt die Schonung von gesundem Lungengewebe eine entscheidende Rolle, um die Atemkapazität auch nach der Operation zu erhalten. Dieses Ziel wird nur durch die Verwendung eines speziell an das Lungengewebe adaptierten Lasers erreicht. Zum Einsatz kommt ein Nd:YAG Laser (kurz für Neodym-dotierter Yttrium-AluminiumGranat-Laser) mit einer Wellenlänge von 1.318 nm. Mit diesem Laser erfolgen die Koagulation von Blutgefäßen und der Verschluss von Lungengewebe gleichzeitig. Mit der damit erreichten Bluttrockenheit können Lungenmetastasen zielgenau entfernt werden. Der tumorbiologisch wichtige Sicherheitsabstand wird durch die Ausbildung einer Koagulationsnekrose zwischen normalem Lungengewebe und Metastase erzielt. Abb. 1: Rö-Thorax nach je zwei Laseroperationen rechts wie links Abb. 2: CT-Thorax vor der fünften Operation Lungenmetastase (roter Pfeil) und postoperative Narbe (blauer Pfeil) LUNGENBRIEF ELK-Informationen für Haus- und Fachärzte Nummer 02 | September 2008 Durch den Einsatz des Lungenlasers können inzwischen mehrere Metastasen pro Operation entfernt werden, ohne dass es zu gravierenden Einschränkungen der postoperativen Lungenfunktion kommt. Das ist eine wesentliche Voraussetzung für ein langfristiges Konzept, in dem die Zweitoperation eine immer wichtigere Rolle spielt. Neue Ergebnisse der Chirurgie von Lungenmetastasen aus Japan zeigen, dass trotz Rezidivoperation die kurative Option fortbesteht. Unter günstigen Voraussetzungen können die Heilungschancen der jeweiligen Operationen sogar aufsummiert werden. Ein entscheidender Faktor dabei ist die konsequente interdisziplinäre Nachsorge. Mit jedem Eingriff wird die Beurteilung der bildgebenden Diagnostik erschwert, die Abwägung der differentialtherapeutischen Optionen komplexer. Eine Aufgabe, die in spezialisierten Zentren interdisziplinär, aber auch intersektoral, in der Verbindung zwischen Praxis und Klinik, erfolgen sollte. Auch wenn die Laserchirurgie von Lungenmetastasen nicht bei allen Patienten indiziert ist, so sollten doch die interventionellen und systemischen Optionen der Therapie von Lungenmetastasen abgewogen werden. Fatalismus ist, trotz metastasiertem Tumorleiden, nicht angebracht. Das bestätigt auch die Patientin: Fünf Jahre nach der Diagnose eines metastasierten Kolonkarzinoms, behandelt in weiterhin kurativer Intention, ist sie derzeit tumorfrei bei guter Lebensqualität. OA Dr. med. Johannes Merk Thoraxchirurgische Klinik Telefon 030 / 9 48 02-115 Mail Johannes.Merk@elk-berlin.de Abb. 3: Lungenmetastase (weißer Pfeil) im rechten Lungenunterlappen wie intraoperativ sichtbar Herausgeber: Evangelische Lungenklinik Berlin – Krankenhausbetriebs gGmbH Lindenberger Weg 27 13125 Berlin www.elk-berlin.de Telefon 030/9 48 02-0 Abb. 4: Mit dem Operationslaser entfernte Lungenmetastasen Geschäftsführer Jörg Gottschalk Registergericht AG Berlin Charlottenburg Reg.-Nr. 97 HRB 41784 Redaktion: Annett Kosche Mail ako@tbz.info kostenfreier Versand (viermal pro Jahr)