Chronik Keller von Volken, Version Alois Stadler
Transcription
Chronik Keller von Volken, Version Alois Stadler
Chronik einer Familie Keller aus Volken Band 1: Volken und die Keller, von 1314 bis 1888 Inhaltsverzeichnis 3 4 6 7 8 9 10 11 12 14 15 16 18 20 22 25 27 28 32 34 35 36 38 39 40 42 44 50 52 53 54 55 56 58 59 60 62 63 64 65 66 69 70 72 76 Vorwort Das Dorf Volken im Zürcher Weinland Der Name Keller und der Kelhof Der Kelhof in Volken im Jahr 1314 Schenkungs-Urkunde von 1314 Der Grundzins des Kelhofes von Volken Volkener Bauern im mittelalterlichen Lehensystem Der Zehnten Das Tavernenrecht, das „Täfry“ -- Der Streit um das Täfry von 1428 in Flaach Abgabenstreit zwischen Ulrich III von Gachnang und „den Kellern von Volken“ 1446 Die Keller als stärkste Steuerzahler in Volken Ertrag der ausserordentlichen Steuererhebung auf der zürcherischen Landschaft 1467 Hensli Kellers Ehefrau als Tauschobjekt zwischen Vogtei Andelfingen und Frauenkloster Töss 1459 Die Keller-Sippe als Lehensbauern des Klosters St. Katharinenthal im Jahre 1574 Ein Gültenbrief gibt Einblick in das Leben in Volken um 1575 Das Heimwesen der Witwe Anna Keller in Volken, 1602 Schuldspruch-Urkunde der Gebrüder Keller vom 4. Oktober 1608 Wie die Volkemer die Zahlung der Grundzinsen zu vermeiden suchten Der Kelhof in Volken als Erblehen der Gemeinde, 1775 Der Weinbau Vom 16. Jahrhundert in Volken Erste Vorahnen der Keller-Sippe von Volken Auszug aus den noch vorhandenen Pfarrbüchern der Pfarrei Andelfingen, Taufen in Volken Auszug aus den noch vorhandenen Pfarrbüchern der Pfarrei Andelfingen, Liste der Ehen in Volken Stammbaum einer Familie Keller von Volken Die lückenlos nachgewiesenen Vorfahren des Verfassers: Jörg Keller (13.3.1603 - 18.2.1872) Georg Keller (*1645) Eingabe der Gemeindebehörden Volkens an die Zürcher Regierung 19.5.1707 Hans Keller (9.7.1672 - 2.5.1743) Hans Heinrich Keller (22.6.1712 - 21.4.1781) Amtsrecht der Herrschaft Andelfingen Hans Jakob Keller (8.9.1742 - 27.7.1808) Essen und Trinken – Es soll besser werden Hans Konrad Keller (28.2.1779 - 25.6.1821) Ach, diese Steuern – neue Anbaumethoden – Politik Der Wandel der Umwelt Johann Conrad Keller (28.1817 - 7.3.1888) Klima und Katastrophen – die politische Entwicklung Landwirtschaft, Auswanderung J.C.Keller und die Post - Entwicklung der Post im Flaachtal Johann Conrads letzte Jahre Anna Keller-Wiesendanger (28.4.1826 - 25.4.1906) Anhang Liste der Verkäufe 1884-1888 Verkaufsvertrag von 1887 der Liegenschaft Restaurant Post Beistandschaft und Vormundschaft von Susanna Keller und ihren Kindern 2 Vorwort Die erste Fassung dieser Chronik erschien im März 2008. Sie wird in der vorliegenden zweiten, erweiterten Fassung ergänzt mit der Auswertung von Urkunden, welche wichtige geschichtliche Ereignisse in Volken beschreiben und über die frühesten erwähnten Keller in Volken berichten. Die Chronik wurde neu in drei Bände aufgeteilt. Der erste behandelt zuerst allgemein den Kelhof und die Keller in Volken bis ungefähr 1600. Anschliessend folgen die lückenlos nachweisbaren Ahnen des Verfassers bis zum Wegzug aller Nachkommen und zum Tod des letzten in Volken lebenden Vorfahrs in 1888. Der zweite Band ist ihren in der Schweiz niedergelassenen Nachkommen bis zur Gegenwart gewidmet. Der dritte Band schliesslich berichtet über die Familien, welche von einem Enkel abstammen, der 1911 in die Provinz Saskatchewan in Kanada zog und Stammvater eines grossen Clans wurde. Der hier vorliegende erste Band dürfte für alle Keller, die aus Volken stammen, interessant sein, denn auch ihre Ahnen könnten auf die ersten drei bis 1467 urkundlich erwähnten Keller zurückzuführen sein. Für die Auswertung der hier publizierten Urkunden schulde ich einen ganz besonderen Dank dem Historiker Dr. Alois Stadler in Goldingen, ehemals Kantonsbibliothekar in St. Gallen. Er erstellte die buchstabengetreue Abschrift der Urkunden sowie die Übersetzung in die heutige Sprachform. Von ihm stammen die Erklärungen und Anmerkungen zu den Urkunden sowie zahlreiche Hinweise auf geschichtliche Zusammenhänge. Seine umfassenden Erklärungen der den Kelhof betreffenden Urkunden werden in der Schrift: „Der Kelhof zu Volken“ detailliert wiedergegeben. In der vorliegenden Broschüre werden sie zur leichteren Lesbarkeit zusammengefasst. – Der besseren Übersichtlichkeit wegen wurden die Haupttitel mit Farbe unterlegt. Es haben mir sehr viele Menschen mit Hinweisen und Informationen geholfen; allen bin ich sehr dankbar. Und schliesslich danke ich den Mitarbeitern des Staatsarchivs des Kantons Zürich, insbesondere dem stellvertretenden Staatsarchivar Dr. Hans-Ulrich Pfister sowie Thomas Neukom für ihre Unterstützung und Beratung, auf die ich immer zählen durfte. Prof.Dr.h.c. Peter Ziegler, Wädenswil, interpretierte die Urkunde von 1446 und Frau Regula Geiger, Küsnacht, hat den Text auf Fehler durchgelesen und geprüft. Ihnen allen gilt mein herzlichster Dank. Nachdruck ist, auch teilweise, unter Quellenangabe gestattet. Ende März 2008, nachgeführt im Frühjahr 2011. Hans Peter Keller, 8700 Küsnacht Schiedhaldenstrasse 32 kellerhp@ggaweb.ch 3 Das Dorf Volken im Zürcher Weinland 4 Volken liegt im Weinland, dem Zürcher Unterland, abseits von Durchgangsstrassen und Eisenbahnlinien. Volken wird erstmals in einer Urkunde vom 14. April 1044 unter dem Namen „Volhinchovan“ erwähnt, als ein Zibo de Volhinchovan als Zeuge bei einer Land-Vergabung in Erscheinung trat1. Es muss demnach damals einen grösseren Hof eines Alemannen mit Namen Volcho oder ähnlich gegeben haben. Die Gegend war schon früh besiedelt, was sowohl Funde aus der Bronzezeit wie auch aus der Zeit der Völkerwanderung beweisen. Der Gemeindebann umfasst 319 ha, und auf ihm wurden von alters her Ackerbau und Weinbau betrieben. Im Mittelalter war in Volken der Grundbesitz stark zersplittert. Als Grundbesitzer erschienen u.a. die Klöster Rheinau und St. Katharinental in Diessenhofen, die Abtei Allerheiligen in Schaffhausen, die Chorherrenstifte Embrach und Heiligenberg, Winterthur, sowie die Herren von Eschlikon.2 Allerheiligen besass nach dem ältesten Güterbeschrieb (um 1150) in Volken ein Grundstück und eine Schuppose (kleinerer Hof von unbestimmter Grösse).3 – Nach dem Urbar von 1810 existierte bei einem produktiven Gebiet von rund 230 ha folgender Grundbesitz: Kloster Rheinau 8 ha, Kloster Katharinental 35 ha, Kloster Paradies 9 ha, Chorherrenstift Heiligenberg resp. Amt Winterthur 81 ha, Chorherrenstift Embrach 25 ha, Kloster Haslen, total 164 ha. 4 Bis 1610 mussten die Leute von Volken nach Andelfingen zur Kirche gehen. Daran erinnert heute noch ein Wanderweg mit dem Namen „Chileweg“, der über Egg nach Andelfingen führt. Als um 1600 die Kirche Flaach abbrannte und rund zehn Jahre später wieder aufgebaut wurde (die Flaachener mussten bis zu diesem Zeitpunkt nach Berg am Irchel zur Kirche gehen), wollten die Volkemer den kürzeren Weg zur Kirche wählen. Der Andelfinger Pfarrer schrieb in seine Pfarrbücher: „1611 ging die Gmaind gen Flaach“5. Volken selbst besass nie eine eigene Kirche, doch 1360 bestand in Volken eine Kapelle als Filiale von Andelfingen. Sie dürfte zur Reformationszeit verschwunden sein.6 Volken bildete im Jahr 1798 mit Flaach eine Munizipalgemeinde, erhielt aber mit der Wahl eines Gemeinderats am 21. April 1805 wieder die volle Selbständigkeit.7 - Wegen der schlechten Erschliessung durch Strassen siedelte sich in Volken keine Industrie an. Die Zahl der Einwohner erreichte bis heute nie 400. Aus dem Steuerverzeichnis von 14678, als erstmals eine Pro-Kopf-Steuer für über 15-Jährige verlangt wurde, geht hervor, dass in Volken 41 Steuerpflichtige, also Personen älter als 15 Jahre, lebten. Die Einwohnerzahl entwickelte sich wie folgt: Einwohner 1476: 1571 1611: 1612: 1634: 1678: 1685: 1727: 1809: 1850: 1900: 1930: 1986: 2003: 2009: Haushaltungen 1467 gab es 11 Haushaltungen 9 55 110 72 194 305 322 323 282 385 248 267 205 273 309 Der Zollrodel von 1571 verzeichnete 23 Haushaltungen: 9 Ritzmann, 6 Keller, 3 Buri, je eine Gisler, Saler, Christen, Frey und (Werd-)Müller. 1612 starb 1/3 der Bevölkerung Volkens innert weniger Tage an der Pest 1634 gab es 9 Familien Keller, 8 Ritzmann, 5 Gysler, 4 Buri, je 2 Frey, Kündig und Werdmüller sowie je eine Familie Schuler, Bader, Morgen, Peter und Saler 1685: Die 322 Einwohner verteilen sich auf 64 Haushaltungen 1727 gab es in Volken 67 Haushaltungen 10 1 StAZH Dd 10.1 Urkundenbuch Zürich 741-1234, Band 1, Seite 128 Die Gemeinden in Kanton Zürich S.206, Hrsg.Verein Zürcherischer Gemeinderatsschreiber &Verwaltungsbeamter 1981 3 Chronik des Kantons Zürich, Bezirke Winterthur und Andelfingen, 1963, Seite 350, StAZH Dc 155 4 Paul Kläui: Die Gerichtsherrschaft Flaach-Volken, Seite 53 5 StAZH EIII 8.3. S.73 6 Freiburger Diözesanarchiv Bd. V. und Paul Kläui „Gerichtsherrschaft Flaach-Volken“, 1932, StAZH Dc F 40, Seite 83 7 Hans Peter Keller “Volken im 19. Jahrhundert“, Seite 10 8 Steuerbücher von Stadt und Landschaft Zürich, Band 2, StAZH Dg 1 9 Emil Stauber: Geschichte der Kirchgemeinde Andelfingen, Seite 155 und Chronik des Kantons Zürich (siehe auch 3) 10 Paul Kläui: Die Gerichtsherrschaft Flaach-Volken, Seite 157 2 5 Der Name Keller und der Kelhof Im Mittelalter besassen vor allem kirchliche Institutionen (Klöster) und Adlige Grund und Boden. Sie verliehen ihre Güter an Menschen, welche den Boden bearbeiten und nutzen sollten und die als Gegenleistung Zinsen bezahlen mussten. Der Grundherr konnte seinen Grundbesitz im Dorf an mehrere Lehenbauer verpachten. Er wählte den Fähigsten als Beamten, der die Abgaben der Lehenbauern einsammelte und gesamthaft dem Grundherrn überbrachte. Diese Grundzinsen wurden in Form von Naturalien entrichtet. Vom beauftragten Beamten verlangte der Grundbesitzer, dass er einen festen Vorratsraum baue, in welchem die Naturalien gelagert werden konnten, bis der Grundbesitzer sie benötigte respektive bis sie nach dessen Weisung abgegeben wurden. Die gewöhnlichen Bauernhäuser des Mittelalters waren dafür meist zu primitiv und zu ärmlich. Der so beauftragte Beamte musste einen grösseren Hof mit einem soliden Lagerraum bewirtschaften. Lateinisch war damals die Sprache der gehobenen Klassen, des Adels und der Kirche. Ein solcher fester Vorratsraum hiess auf Lateinisch „cella“ oder „cellarium“, sodass der Hof, zu welchem das „cellarium“ gehörte, bald einmal Cella-Hof, ausgesprochen Kellahof, hiess. Diese Bezeichnung schliff sich über die Jahrzehnte ab auf „Kelhof“ oder „Kelnhof“. Der grundherrschaftliche Verwalter und Bewirtschafter dieses Kelhofes hiess auf lateinisch „cellarius“, aus welchem Wort eben der „Keller“ wurde. Er konnte auch andere Höfe für andere Grundbesitzer bewirtschaften, wie auch aus Volkemer Urkunden hervorgeht. Wichtig waren seine Ehrlichkeit, Sachkompetenz und Loyalität. Der Kelhof in Volken im Jahre 1314 Auch Volken hatte seinen Kelhof. Über alle bekannten Einzelheiten wird in der Schrift „Der Kelhof zu Volken“ sehr detailliert berichtet11. Er war im Besitz der Freiherren von Eschlikon (das in der Pfarrei Dinhard liegt), einem Freien-Geschlecht des 13.-14. Jahrhunderts, welches 1250 zu Rheinheim (Baden D) und zu Anfang des 14. Jahrhundert in Schwarzenbach SG, Volken und Flaach Güter besass. Es gab mehrere Burkharts von Eschlikon in diesen Jahrhunderten. Einer von ihnen wurde ab 1282 erwähnt und starb 1331. Er schenkte den Kelhof in Volken 1314 dem Kloster St. Katharinental bei Diessenhofen und diente dem Kloster als Kaplan, wofür er eine lebenslängliche Rente erhielt. Die Urkunde, welche diese Schenkung bezeugt, ist auf der gegenüberliegenden Seite 7 abgebildet. In ihr wird der Kelhof zum ersten Mal erwähnt. Der in der Urkunde aufgeführte Grundzins zeigt, dass der Kelhof ein bedeutender und sehr grosser Hof gewesen sein musste. Es ist zu bedenken, dass die grosse abzuliefernde Menge mit Handarbeit zu erarbeiten war. Das rief nach einer zahlenmässig grossen Familie, welche bei der Bewirtschaftung mithelfen musste. Als 1433 die einzelne Hofstatt, „Hub“ genannt, von nur einem Juchart Umfang, und der Weingarten dem Kelhof zugeteilt wurden, umfasste der ganze Besitz 84 Jucharten Acker, 11 ¾ Mannmad Wiesen, 14 Jucharten Wald mit 3 1/2 Fuder Holzrecht im Gemeindeholz und 2 Jucharten Reben. Alles war damals noch im Besitz des Klosters St. Katharinental. Einiges deutet darauf hin, dass der Freiherr Burkhart von Eschlikon Kredite auf seinen Hof aufnahm. So verpfändete er den Zehnten, also den zehnten Teil des jährlichen Ernte-Ertrags, und das Kloster St. Katharinental konnte ihn erst 1433 zurückkaufen.12 Und als er an einem unbekannten Datum im Jahr 1331 starb, bestätigte am 24. August 1331 Freiherr Peter von Matzingen, dass er vom Kloster St. Katharinental mit 30 Pfund Pfennig Zürcher Münze wegen einer Forderung an den Kelhof in Volken entschädigt worden sei. Das muss unmittelbar nach dem Hinschied Burkharts gewesen sein. Offenbar hatte der Freiherr von Matzingen dem Verstorbenen Geld gegen Verpfändung eines Teils des Kelhofes ausgeliehen, und deshalb bat er die neue Besitzerin des Kelhofs um Rückzahlung13. 11 Verfasser ebenfalls Hans Peter Keller, 8700 Küsnacht Paul Kläui: Die Gerichtsherrschaft Flaach-Volken, Seite 43 13 Urbare und Rödel der Stadt und Landschaft Zürich bis 1336, StAZH DD Band 12,Seite 183 12 6 Schenkungs-Urkunde von 1314 Freiherr Burkhart von Eschlikon schenkt den Kelhof in Volken dem Nonnenkloster St. Katharinental Urkunde besiegelt von Burkhart von Eschlikon, Ritter Heinrich von Randegg, Ritter Johannes Truchsess von Diessenhofen, Huch von Randegg Staatsarchiv des Kantons Thurgau in Frauenfeld, Signatur StATG 7’44’36. Siegel von links nach rechts: 1. O 44 mm, gespaltener Schild, r. 2 Türme, l. steigender Löwe S. BVRCH. DE ESCHELLIKON 2. 44/37 mm, Bären- oder Löwenkopf …DNI HEINRICI DE RANDEG 3. O 44 mm, n.vorn geneigt. Schild m.Truchsessenkessel S’ IOHIS DEPIFERI DE DIESSENHOFEN 4. O 43 mm gespaltener Schild, r. leer, l. Schachbrettmuster SIGILL VM HVGONIS DE RADEGGE 7 Der Grundzins des Kelhofs von Volken Die Grösse des Kelhof Volkens lässt sich aus der Menge des jährlich abzuliefernden Grundzinses erahnen: 12 Mütt Kernen = 1'142 Liter à 0,755 kg 6 Mütt Roggen = 576 Liter à 0.700 kg 4 Malter Haber = 1’536 Liter à 0,445 kg 1 Mütt Gerste = 96 Liter à 0,700 kg l Mütt Bohnen = 96 Liter à 0.755 kg 1 Mütt Erbsen = 96 Liter à 0.755 kg 2 Pfund Pfennige nach Winterthurer Währung (also Bargeld) 4 Hühner im Herbst und 2 Hühner in der Fasnacht zu Ostern 1 Lamm und 100 Eier Die Hube, ein dazugehörender kleinerer Hof, zahlte jährlich 9 ½ Mütt Kernen = 671 Liter à 0,755 kg 6 Mütt Haber = 576 Liter à 0,445 kg 32 Schilling Bargeld Winterthurer Währung 2 Hühner im Herbst und 2 in der Fasnacht 100 Eier = ca. 864 kg Weizen = ca. 403 kg Roggen = ca. 683 kg Hafer = ca. 67 kg Gerste = ca. 72 kg Bohnen = ca. 72 kg Erbsen = ca. 432 kg Weizen = ca. 256 kg Hafer Vergleicht man die Abgaben des Kelhofes zwischen 1314 und 1574, so können wir ersehen, dass sich die Höhe der Abgaben nur wenig veränderte. Hingegen änderte sich die Zusammensetzung der landwirtschaftlichen Produktion. Im Mittelalter, also in unserem Fall 1314, wurden nebst Korn und Haber auch Roggen, Gersten, Erbsen und Bohnen in grösseren Mengen angepflanzt. Diese Nahrungsmittel stehen 1574 nicht mehr auf der Abgabenliste. Auch das Lamm fehlt. Die Geldabgabe hat sich von 2 auf 3 Pfund erhöht, ebenso wuchs die Zahl der abzugebenden Hühner von 6 auf 9 und der Eier von 100 auf 210. Abgaben gemäss Urkunde Kernen Roggen Hafer Gerste Erbsen Bohnen Bargeld Hühner in der Fasnacht Hühner im Herbst Eier Osterlamm In der Währung und Mass von 1314 12 Mütt 6 Mütt 4 Malter 1 Mütt 1 Mütt 1 Mütt 2 Pfund Pfennig 2 4 100 1 von Winterthur von 1574 22 Mütt -4 Malter und 3 Mütt ---3 Pfund Haller Heugeld 3 6 210 -Winterthurer Mass und Schaffhauser Währung Zum weiteren Vergleich: Der Kelhof Oberdinhart zahlte 1430: 10 Mütt Kernen, 3 Malter Hafer, 2 Pfund Pfennig, 100 Eier und 8 Hühner als Zins jährlich, war also deutlich kleiner 14 Getreidemasse Das Getreide wurde nicht nach Gewicht, sondern nach Volumen gemessen. Es gab ein besonderes Mass für „rauhe Frucht“ (ungerelltes Korn, Hafer) und für „glatte“ Frucht (gerelltes Korn, Obst, Bohnen, Erbsen). Beim gerellten Korn (Kernen) waren die Kerne von der Spelze befreit. Nach dem Winterthurer Mass war 1 Mütt „rauhe Frucht“ 111,01 Liter (nach Zürcher Mass: 83,40 Liter) und die „glatte Frucht“ 96,30 Liter resp. 82,80 Liter! Somit wog ein Mütt Kernen „glatte Frucht“ nach Winterthurer Mass 55 bis 60 kg. Ein Malter entsprach 4 Mütt.15 14 15 Zürcher Chronik Nr. 2 1958, Hans Kläui: „das Lehenswesen und seine Mannigfaltigkeit, Seiten 188ff Geschichte des Kantons Zürich, Werd Verlag, Band 2, S. 516 8 Volkener Bauern im mittelalterlichen Lehensystem Das Herrschaftssystem des Mittelalters beruhte auf Besitz von Land und Leuten. Das Land wurde den Bauern als Lehen überlassen, gegen einen jährlichen Grundzins sowie die Abgabe des zehnten Teils der Ernte. Man kann von einem eigentlichen Lehensgebäude, einer „Lehenspyramide“, sprechen. An ihrer Spitze stand der oberste Lehnsherr. Er belehnte aus Reichsgütern die Angehörigen des Hochadels und der Kirche: Herzöge, Grafen und Freiherren sowie Bischöfe und Klöster. Der Adel musste ihm dafür als Vasallen Heerfolge und Beamtendienste leisten. Die edelfreien Geschlechter besassen aber auch Güter, die kein königliches Lehen, sondern freier Eigenbesitz waren, sogenanntes Allodialgut, das aus direkter Erbfolge von den alemannischen und fränkischen Grossen stammte. Im 11. und 12. Jahrhundert erscheint immer deutlicher ein weiterer Stand, der des niedern Adels, der wahrscheinlich zum guten Teil aus einer Mittelschicht von freien Leuten hervorging. Diese nahmen als regionale Grundbesitzer eine bevorzugte Stellung ein. Dieser niedrige Adel stand im Dienste der Herzöge, Grafen, Freiherren oder Reichsabteien, bildete deren berittene Wehrmacht und wird darum auch Dienstadel oder Ministerialadel genannt. Die unterste Stufe der ganzen Lehenspyramide bilden die Bauern, die im Schweisse ihres Angesichts den Boden bebauten, den andere besassen. Sie waren Pächter oder „buwman“, genossen den Ertrag der Äcker sowie den Schutz und die Verwaltungsorganisation ihrer Lehensherren, waren aber von diesen abhängig, also unfrei, und schuldeten ihnen den jährlichen Grundzins und weitere Abgaben. 16 Diese wurden üblicherweise mit Naturalien bezahlt. 16 Zürcher Chronik Nr. 2 1958: Hans Kläui: „Das Lehenswesen und seine Mannigfaltigkeit“, StAZH Dm 32 2, S.190+193 9 Der Zehnten Bauer bringt Abgaben aus Thomas Murner: „Von dem grossen lutherischen Narren“ Strassburg 1522 17 . Die Zehnten waren ursprünglich Abgaben der Bauern von ihrer jährlichen Ernte zum Unterhalt des Pfarrers, der Dorfkirche und der Armen. Da die Grundherren für die kirchliche Organisation (Kirchenbau und – Unterhalt, Armenfürsorge, Gehalt der Geistlichen) auf dem Land zu sorgen hatten, mussten diese Zehnten an die Grundherren abgegeben werden. Später kamen aber solche Zehntenrechte auch in andere Hände. Mancherorts wurden die Naturalabgaben durch einen Geldbetrag ersetzt. In Volken besass das Chorherrenstift Embrach seit 1497 nahezu alle Zehnten. Sehr ungünstig wirkt das psychologische Moment durch die Art, wie der Zehnten bezogen wurde. Der Bauer hatte die Getreidegarben auf dem Acker aufzustellen, desgleichen das Heu auf der Wiese in gleich grossen Haufen (Schöchli) bereitzulegen, worauf der Zehntenherr oder dessen Amtsleute zu einem vereinbarten Zeitpunkt erschienen und den Erntesegen vom Schauplatz wegholten. Diese überaus sichtbare Dezimierung des Jahresertrages erregte leicht den Groll des Bauern, und die ungenaue Art der Eintreibung verleitete zudem zu allerhand Schlichen und Mogeleien. Der Umstand, dass auch nach der Reformation viele Pfarrer einen wesentlichen Teil ihrer Besoldung in Form von Korn- und Heuzehnten persönlich auf Stoppelfeldern und Wiesen zusammensuchen mussten, war für die Betroffenen äusserst mühselig und für das kirchliche Leben nicht gerade förderlich. Nachdem in Flaach-Volken, wo sich die Bauern nach Kräften um die Zehntenpflicht herumdrückten, die Leutpriester der Reformationszeit auf den Einzug des kleinen Zehntens verzichtet hatten, nahmen es die beiden folgenden Pfarrer wieder genauer. Sie machten sich, wie der Geistliche Johannes Jud berichtete, dadurch sehr unbeliebt, und der eine von ihnen erhielt den Spitznamen „Rumst“ (du räumst auf, d.h. mit dem Erntesegen!). Die fortgesetzten Ärgernisse bei dem schwer berechenbaren Heuzehnten führten schon früh dazu, dass er in eine feste Abgabe, das sogenannte „Heugeld“ oder „Heuzehntengeld“ umgewandelt wurde, wobei die Bauern in der Regel viel besser fuhren, als mit der Ablieferung in natura. 18 19 17 Katalog der Ausstellung: “Der Bauernkrieg in Thüringen“, Mühlhäuser Museen Zürcher Chronik Nr. 2 1958: Hans Kläui: „Das Lehenswesen und seine Mannigfaltigkeit“, StAZH Dm 32 2, S. 214 19 Katalog der Ausstellung: “Der Bauernkrieg in Thüringen“, Mühlhäuser Museen 18 10 Das Tavernenrecht, das „Täfry“ Die Bezeichnung „Täfry“ stammt vom Wort „Taverne“ und bezeichnet das Recht, Wein auszuschenken. Das war (und ist bis heute) auch in Volken ein wichtiger Erwerbszweig, so wichtig, dass Mitte des 15. Jahrhunderts in Volken und Flaach mehrere Streitfälle um die Abgaben auf den Ausschank von Wein dokumentiert sind. Für die Verleihung des „Täfry“ zahlte man eine einmalige Gebühr. Auf der ausgeschenkten Menge Wein wurde eine Verbrauchs- und Umsatzsteuer, „Ungeld“ genannt, erhoben. Die Stadt Zürich führte das „Weinungeld“ ab 1403 in ihrem Herrschaftsgebiet ein.20 Der Streit um das Täfry von 1428 in Flaach Im Jahre 1428 kam es zu einem Streit zwischen den Leuten von Flaach und Ritter Ulrich II von Gachnang, damals Inhaber der Gerichtsbarkeit Flaach-Volken, weil dieser eine Abgabe von allem Wein-Ausschank forderte. Er meinte, dass niemand in Flaach Wein ausschenken dürfe, der nicht das Tavernenrecht von ihm empfangen habe. Dies habe er ihnen bei einer Busse von zehn Pfund verboten. Dagegen behaupteten die Leute von Flaach, es sei eine althergebrachte Gewohnheit: wer einen Weingarten besitze und selber bebaue, der dürfe auch ohne Tavernenrecht seinen Wein ausschenken. Ulrich von Gachnang habe ihnen erstmalig den Weinausschank mit einer Abgabe von zehn Pfund belastet. Das sei aber gegen althergebrachtes Recht, denn ein erstmaliges Gebot dürfe nur mit drei Schilling behaftet sein. Sie seien darum nicht der Meinung, dass sie an dieses Gebot gebunden seien, sondern sie seien überzeugt, dass sie den Wein, den sie selber angebaut hätten, ungehindert und ohne Tavernenrecht ausschenken dürften. Am Montag vor St. Albanstag, 14. Juni 1428, fällten Schultheiss und Rat von Winterthur ihr Urteil: „Was das Tavernenrecht und die verlangte Abgabe betrifft, urteilen wir, dass die Leute von Flaach nicht schuldig sind, die zehn Pfund dem Ulrich von Gachnang zu geben. Auch sollen die Leute von Flaach auch in Zukunft das Recht haben, den Wein, den sie selber in diesem Gerichtsbezirk angebaut haben, nach ihrer Möglichkeit auszuschenken, ohne eine Abgabe entrichten zu müssen, sofern Ulrich von Gachnang nicht nachweisen kann, dass sie von diesem Wein bisher eine Tavernensteuer bezahlt haben. Wer jedoch angekauften Wein ausschenken will oder wer seinen Wein nicht selber angebaut hat, der soll die Abgabe für den Ausschank bezahlen“ 21. Weiter entschieden Schultheiss und Rat von Winterthur, die Leute von Flaach sollen jährlich einen Tag mit der Hand und zwei mit dem Pflug (Fron)Dienst tun und einen Karren Mist führen. Für die Benützung der Allmend soll Ulrich von Gachnang denen von Flaach wie früher ein Mütt Kernen geben. Endlich wurde erklärt, er sei nicht berechtigt, zu verlangen, dass die Leute von Flaach in seine Mühle fahren. Gachnang durfte also den von ihm gewünschten Mühlenzwang nicht einführen. Dass der Streit vor Schultheiss und Rat von Winterthur kam, rührt daher, dass die Gachnang wahrscheinlich schon damals, sicher aber 1430, Winterthurer Bürger waren. Das Urteil der Winterthurer Regierung zeigt, wie die Rechte der Edelleute abnahmen, wobei allerdings diese Entwicklung vorwiegend dazu führte, dass die Macht der Städte sowohl zu Lasten der Adligen wie auch der Bauern zunahm. Die Abgabe auf den Weinausschank betrug gemäss diesem Urteil 4 Haller pro Saum. 1 Saum nach Zürcher Mass war 165,05 Liter, nach Winterthurer Mass 161,55 Liter. 20 21 Geschichte des Kantons Zürich, Werd-Verlag, Band 1, Seite 320 StAZH F II a S. 166/77 und FV S, 458-467; Emil Stauber, Geschichte der Kirchgemeinde Andelfingen, S. 78 ff 11 Abgabenstreit zwischen Ulrich III. von Gachnang und „den Kellern von Volcken“ 1446 Urkunde von 1446: das Gerichts-Urteil im Abgabenstreit ausgestellt und mit Siegel von Sigmund von Hohenlandenberg StATG 7’44’36 12 Abgabenstreit zwischen Ulrich III. von Gachnang und „den Kellern von Volcken“, 1446 Von 1351 bis 149322 waren die Herren von Gachnang Inhaber der Gerichtsvogtei Flaach-Volken. Als „Vögte“ und Inhaber der niederen Gerichtsbarkeit hatten sie die Aufgabe, Ruhe und Ordnung in diesem Gebiet aufrecht zu erhalten, Kauf- und andere Verträge zwischen den Einwohnern auszustellen, Streitigkeiten zu schlichten und Fehlbare zu büssen. Als Entgelt mussten ihnen die Bewohner dieses Herrschaftsgebiets pro Jahr einen oder zwei Tage Frondienst leisten, dazu gewisse Abgaben entrichten und schliesslich waren sie dem Vogt zum Gehorsam verpflichtet („mit diensten, täffri, gehorsammi und ändern sachen zu tuend gepunden“). Von ca. 1430 bis 1450 amtete Ulrich IIl. von Gachnang zu Goldenberg als Gerichtsherr in Flaach-Volken. Dies war eine unruhige Zeit, denn die Bauern suchten sich mehr und mehr von ihren Grundlasten zu lösen. Im Jahre 1428 hatte sich darum Ulrich II. von Gachnang bemüht, die alte grundherrliche Abgabe auf dem gesamten Weinausschank („Täfri“, vom Wort Tavernenrecht abgeleitet) sowie weitere Frondienste wieder einzuführen, was ihm aber Schultheiss und Rat von Winterthur als Schiedsgericht nicht zugestanden. Nur auf dem zugekauften Wein mussten Abgaben bezahlt werden, nicht aber auf selbst produziertem. In den vierziger Jahren versuchten die Inhaber der beiden grossen Kelhöfe in Flaach und in Volken, sich sämtlicher vogteilicher Abgaben zu entledigen. Auch die Familie von Hensli Keller, welche damals den Kelhof in Volken als Erblehen vom Kloster St. Katharinenthal bebaute, verweigerte nun dem Gerichtsherrn die grundherrlichen Abgaben mit der Begründung, der Kelhof sei ein freies Landgut des Klosters und dessen Pächter müssten deshalb dem Gerichtsherrn keine Abgaben leisten. Das liess sich jedoch Ulrich III. von Gachnang nicht gefallen. Es kam zu einer heftigen Auseinandersetzung, zu „spenn, zwyung, stoß und wyderpart“. Da beide Parteien auf ihrem Standpunkt beharrten, eskalierte der Streit bis vor den Landesherrn, den habsburgischen Herzog Albrecht VI. von Österreich, der zu dieser Zeit in der Gegend weilte, um die Stadt Zürich im Kampf gegen die Eidgenossen zu unterstützen. Diesmal hatte Ulrich III. von Gachnang mehr Glück als sein Vater, denn der Landesherr war ein Freund der Familie von Gachnang. Er beauftragte seinen getreuen Adeligen Sigmund von Hohenlandenberg mit der Schlichtung dieses Streits. Dieser setzte ein Schiedsgericht ein, dem Schiedsrichter beider Parteien angehörten. Auf Seiten von Gachnang waren dies Eberhard von Boswil und Walter von Münchwilen, seitens der Keller Jörg von Sal zu Winterthur und Hans Loris zu Diessenhofen. Auf einem Gerichtstag machten diese Klage, Anklage, Aussagen und beantworteten Fragen. Alles wurde schriftlich festgehalten. Beide Parteien übergaben besiegelte Urkunden mit ihren Argumenten. Da aber die Schiedsrichter zu keinem gemeinsamen Urteil kamen („und alz die schidlüt jn dem rechten und jn der urtal nit ainß mit jren rechtsprüchen worden sind“), nahm Sigmund von Hohenlandenberg die Sache selbst an die Hand, studierte sämtliche Unterlagen und stimmte den Ansichten der Partei Keller zu. Wortführer war Jörg von Sal. Er stellte fest: Der Hof der Keller liegt in der Grundherrschaft Ulrichs von Gachnang. Nach Ordnung- und Strafrecht (Twing und Bann) untersteht dieser Hof mit Dienstbarkeiten, Abgaben und Gehorsamspflicht dem Grundherrn, so wie die anderen Höfe in diesem Gebiet, es sei denn, das Kloster Sankt Katharinental oder die Keller könnten nachweisen, dass sie von diesen Pflichten entbunden wurden. Die Urkunde von 1314 der Klosterfrauen von Diessenhofen besagt aber nur, dass Freiherr Burkart von Eschlikon dem Kloster den Kelhof Volken als freien Besitz übergeben habe. Darin ist nicht festgehalten, dass die Rechte des Grundherrn aufgehoben seien; es wurde nur Besitz, nicht Rechtsanspruch verschoben. Die Keller bestritten den Anspruch des Grundherren Ulrich III. von Gachnang auf seine grundherrlichen Rechte nicht. Die Keller schulden weiterhin dem Grundherrn Gehorsam, Dienst, Abgaben, wie das im Gerichtsgebiet Kyburg üblich ist. Aus dem Vorfall geht weiter klar hervor, dass der Weinausschank ein bedeutender Bestandteil des bäuerlichen Einkommens gewesen sein muss. Sonst wäre um die Frage, welche Abgabe (Weinungeld genannt) für das Täfri abzuliefern war, nicht so heftig und so oft gestritten worden. 22 Emil Stauber: Geschichte der Kirchgemeinde Andelfingen, S. 180 13 Die Keller als stärkste Steuerzahler in Volken Nebst den Abgaben, welche die Bauern den grundherrlichen Vögten (in Volken die von Gachnang) zu leisten hatten, mussten sie auch eine Landessteuer bezahlen. Diese wurde von der Stadt Zürich eingefordert, welche die Oberherrschaft durch den Obervogt in Andelfingen ausübte. Steuerpflichtig waren in Stadt und Landschaft Zürichs alle Einwohner, welche älter als 15 Jahre waren. Ab dem Jahr 1450 verfügte die Steuerordnung, dass von je 100 Pfund Vermögen 10 Schilling als Steuer zu entrichten sei, was einem Steuerfuss von 5 o/oo entspricht. Für Leute, die weniger als 50 Pfund Vermögen besassen, wurde die Steuer nach deren Lebensaufwand veranlagt. Von Knechten wurde nach der Verordnung von 1442 ein Wochenlohn als Steuer verlangt, Mägde wurden nach der Höhe ihres Lohnes und dem Aufwand besteuert. Das Minimum für Knechte und Mägde auf 2 Schilling angesetzt.23 Dabei ist zu beachten, dass das Vermögen der Bewohner der Landschaft erheblich kleiner war als dasjenige der Städter. Im Jahr 1467 wurde in Stadt und Landschaft Zürich erstmals eine Kopfsteuer (Leibsteuer genannt) erhoben.24 Sie betrug für jeden Steuerpflichtigen fünf Schillinge.25 Die folgende Aufstellung zeigt, dass der Verwalter des Kelhofes der reichste Dorfbewohner war: 1450 Hensly Kellers hus von Volken Hensly Keller, sin wib sin mutter ire kind Clewy Saler 1467 Hennsli Keller, sin wib Cuny, sin Bruder Greth, sin swester Heyni, sin sun Hennsli, sin sun Uly, sin sun Hennsli, sin sun A°lli, sin tochter Anna, sin junckfrow Vermögenssteuer ) ) ) ) Leibsteuer 1 Pfund 5 Schilling 3 Schillling ) ) ) ) ) ) ) ) 7 Mitglieder der Familie Ritzmann 5 Mitglieder der Familie Saler 4 Mitglieder der Familie Weber 7 Mitglieder der Familie Müller 4 Mitglieder der Familie Humlinger 4 Mitglieder der Familie Bury 1 Pfund 15 Schilling 45 Schilling 5 Schilling 10 Schilling 10 Schilling 7 Schilling 10 Schilling 2 Schilling 7 Schilling 35 Schilling 25 Schilling 20 Schilling 35 Schilling 20 Schilling 20 Schilling Ähnliches ist für die Jahre 1468-1470 zu melden: die Familie von Hensly Keller bezahlte in jedem dieser Jahre 1 Pfund 15 Schillinge Vermögenssteuer und 45 Schillinge Leibsteuer, mehr als alle andern. Als Kaufkraftvergleich dienen können folgende Zahlen aus dem Rechnungsbuch Herzog Albrechts VI. von Österreich aus den Jahren l444 bis 1446: 2 Paar Schuhe: 16 Schilling 16 Denare, 1 Mass Malvoisier-Wein: 1 Schilling 16 Denare; 1 Pferd: 24 Pfund. Oder26 für die Jahre 1400 – 1500 : 1 Schwein (1452): 3 Pfund 6 Schilling; 1 Huhn (15. Jahrhundert) ca. 1 Schilling;1 Käse (1458): 8 Schilling; 1 Paar Schuhe (15. Jahrhundert): 6-12 Schilling; 23 StAZH Dg 1 Band 2 Steuerbücher von Stadt und Landschaft Zürich Ulrich Schlüer: Untersuchungen über die soziale Struktur von Stadt und Landschaft Zürich im 15. Jahrh. S.180 und 188 25 do, Seite 228 24 14 27) Das Zürcher Weinland gehörte im 15. Jahrhundert zu den ärmsten Regionen der Zürcher Landschaft28. Durch die Leibsteuer wurden die Armen mit Steuern belastet, nachdem sie bis 1467 zum Teil steuerfrei ausgingen. 26 Paul Kläui: Ortsgeschichte, eine Einführung Geschichte des Kantons Zürich, Werd-Verlag, Band 2, Seite 85 28 Ulrich Schlüer: Untersuchungen über die soziale Struktur von Stadt und Landschaft im 15. Jh., Seite 214 27 15 Hensli Kellers Ehefrau als Tauschobjekt zwischen der Vogtei Andelfingen und dem Frauenkloster zu Töss 1459 Hensli Keller auf dem Kelhof in Volken heiratete um 1450 eine Frau aus Rutschwil bei Winterthur, sie hiess Elli Keller. In Rutschwil besass aber das Nonnenkloster Töss grundherrliche Rechte. Elli Keller unterstand also der Grundherrschaft des Klosters Töss. Solche Zugehörige bezeichnete man im Mittelalter als „Eigenleute“. Als sie nun als Ehefrau des Hensli Keller nach Volken zog, wo die Stadt Zürich nebst der Landesherrschaft auch grundherrliche Rechte beanspruchte, musste ihre Zugehörigkeit zum Kloster Töss gelöst und stattdessen eine neue Bindung mit der zürcherischen Herrschaft eingegangen werden. Aus der .Eigenfrau“ des Klosters wurde jetzt eine „Untertanin“ der Stadt Zürich. Diese Rechtshandlung vollzog der zürcherische Obervogt in Andelfingen im Jahre 1459. Für die Loslösung aus der klösterlichen Grundherrschaft musste nach damaligem Recht ein Geldbetrag bezahlt werden, womit sämtliche Rechtsansprüche des Klosters auf die betreffende Person beglichen wurden. Beim „Auskauf“ der Elli Keller schlug man einen andern Weg ein: Der Obervogt von Andelfingen, Heinrich Sutter, kam mit dem Nonnenkloster in Töss überein, dass diese Auslösung mit einem Tausch geregelt werden solle. Denn der Zufall wollte es, dass zu gleicher Zeit eine Zugehörige der zürcherischen Herrschaft Andelfingen wegzog und im Gebiet der Grundherrschaft des Klosters Töss Wohnsitz nahm. Diese Frau hiess Anna Wartman; sie heiratete den Ullman Keller zu Adlikon, der zur Herrschaft des Klosters Töss gehörte. So tauschten also die zwei verschiedenen Herrschaftsbezirke ihre „Eigenfrauen“ aus: Elli Keller, die „Eigenfrau“ des Klosters Töss, wurde zur zürcherischen „Untertanin“, und die zürcherische „Untertanin“ Anna Wartman wurde „Eigenfrau“ des Nonnenklosters in Töss. Das geschah nach den Regeln des mittelalterlichen Herrschafts- und Niederlassungsrechts. In der Urkunde wurde auch festgehalten, dass mit diesem Vertrag auch die bereits geborenen und die noch zu erwartenden Kinder wie ihre Mutter der neuen Herrschaft zugehören sollen, mit „aller eigenschaffi und lechenschafft, aller gewaltsami, dienst, vällen und gelassen und sust aller ander vorderung und ansprach“. Bemerkenswert ist, dass die Stadt Zürich ihren leibeigenen Untertanen 1525 die Freiheit gewährte und auf ein Bezug von „Fall und Lass“, d.h. auf eine Erbschaftsteuer verzichtete.29 Somit waren auch die „Eigenleute“ Keller in Volken spätestens ab diesem Jahr frei. 29 Geschichte des Kantons Zürich, Werd Verlag , Band 2 Seite 31 16 Urkunde von 1459, Tausch zwischen der Vogtei Andelfingen und dem Kloster Töss StAZH CII 13 Nr. 528 17 Die Keller-Sippe als Lehenbauern des Klosters St. Katharinenthal im Jahre 1574 Im Jahre 1574 erneuerte das Kloster St. Katharinenthal den Lehenvertrag für den Kelhof in Volken. Grund dafür dürfte der Tod Jörg Kellers gewesen sein, der wahrscheinlich das Oberhaupt der Keller-Sippe in Volken war und als eigentlicher Lehenträger die Mitbewirtschafter des grossen Kelhofes vor dem Kloster vertrat. Insgesamt waren damals sieben Männer der Keller-Sippe am Lehen beteiligt. Sie mussten umgehend eine Vertragsbestätigung ins Kloster zurückschicken, damit die Priorin und der Konvent von St. Katharinenthal ein Beweismittel in der Hand hatten und mit Sicherheit annehmen konnten, dass die Keller alle Bestimmungen des Lehenvertrags richtig verstanden hatten und auch gewillt waren, diese einzuhalten. Zu diesem Zweck wurde in der Bestätigung der gesamte Text des Lehenvertrags Wort für Wort wiederholt. Diese handschriftliche Bestätigung der Lehenleute war so wichtig, dass sie in Form einer Urkunde vom zürcherischen Obervogt in Andelfingen, dem Junker Hans Heinrich Holzhalb, ausgestellt und besiegelt wurde. Der Lehenvertrag gibt nicht nur Einblick in die Sippe der Keller in Volken, sondern er zeigt auch, wie im Spätmittelalter ein grosser Lehenhof aussah und wie er bebaut wurde. Der gesamte Kelhof war ein Erblehen. „Lehen“ bedeutet, dass die Keller nicht Eigentümer von Grund und Boden waren, sondern dass der Hof dem Kloster gehörte und dass die Lehenleute für die Nutzung einen Lehenzins entrichteten und den Hof im Sinne des Klosters zu unterhalten hatten. Aber die Bezeichnung „Erblehen“ beinhaltet auch, dass die Keller ein lebenslängliches Anrecht hatten auf diesen Kelhof und ihn sogar auf die Nachkommen „vererben“ konnten, allerdings ohne die Verpflichtungen und die Bindung zum Kloster zu verändern. Diese Möglichkeit zur Vererbung hatte zur Folge, dass der grosse Kelhof nach und nach auf mehrere Nachkommen verteilt wurde, während der „Cellarius“ im Frühmittelalter als Beamter den gesamten Hof für das Kloster mit Knechten und Mägden als einheitlichen Betrieb geführt hatte. Bei der Erneuerung des Lehenvertrags im Jahre 1574 bewirtschafteten folgende Leute der Keller-Sippe je einen Teil des Lehenhofes: die beiden Brüder Heinrich und Hans Keller, ein weiterer Heinrich Keller (= Sohn des verstorbenen Felix Keller), dann Ulrich, Andreas und Konrad Keller (die als „Verwandte“ bezeichnet werden), zudem Hans Keller (als Vormund der Kinder des kürzlich verstorbenen Jörg Keller). Insgesamt war also der Kelhof zur Zeit in sieben Teile gegliedert, vielleicht sogar in acht, da der letztgenannte Hans Keller wahrscheinlich nicht nur Vormund war, sondern selber auch einen Teil bebaute, während das Grundstück der bevormundeten Kinder des Jörg Keller eine eigenständige Bewirtschaftungseinheit blieb. Indirekt zeigt dieser Lehenvertrag auch, dass die Keller-Nachkommenschaft in Volken recht breit war. Gültenbriefe der KellerSippe in Volken deuten daraufhin, dass in Volken auch Familien-Angehörige wohnten, die am Kelhof nicht beteiligt waren. Man darf sogar vermuten, dass im Laufe der Jahrhunderte einzelne Teile des Erblehens auch an Kellerzweige vererbt oder verkauft wurden, die sich früher ausserhalb von Volken niedergelassen hatten. Die Zersplitterung des klösterlichen Grundbesitzes unter zahlreiche Lehenbauern bildete ein Gefahr für den Weiterbestand des Kelhofes. Darum stellte das Kloster St. Katharinenthal im Lehenvertrag eindeutig fest, dass die Keller-Sippe das Lehengut auf höchstens acht Pächter aufteilen dürfe und dies nur mit Wissen und Genehmigung des Klosters, wie es diesmal aus Wohlwollen und auf wiederholte Bitten geschehen sei. Als Eigentümer des Kelhofes war das Kloster bestrebt, die verschiedenen Teile wieder fester miteinander zu verbinden. Es verlangte darum, dass bei Tod oder Wegzug eines Pächters dessen Lehen zu allererst dem Kloster angeboten werden müsse. Zudem waren die verschiedenen Bewirtschafter der Kelhofteile verpflichtet, einen Obmann zu wählen („einen rechtschaffenen und vermöglichen Mann aus ihren Reihen zu ihrem Lehenträger oder Bürgen ernennen“). Dieser war für den gesamten Kelhof dem Kloster verantwortlich und musste jeden Herbst den Lehenzins gesamthaft dem Kloster abliefern. Der Lehenzins bestand noch grösstenteils aus Naturalabgaben, wobei das Quantum immer gleich gross blieb, unabhängig von der jährlich unterschiedlichen Ernte. 18 Lehenvertrag vom 30. März 1574 des Klosters St. Katharinental mit den Keller Reversurkunde der Keller in Volken, ausgestellt vom Obervogt in Andelfingen 1574: die am Kelhof in Volken beteiligten Lehenträger aus der Keller-Sippe bestätigen den erhaltenen Lehenbrief des Klosters Katharinenthal StATG 7’44’36 19 Ein Gültenbrief gibt Einblick in das Leben in Volken um 1575 Aus dem Jahre 1575 ist ein Schuldbrief der Familie Keller erhalten geblieben. Er berichtet von einem Hypothekarvertrag über 600 Gulden zwischen dem Geldgeber Alexander Hönysen in Alten und fünf Männern der Keller-Sippe in Volken, die das Geld als Hypothek auf ihre Anteile am Kelhof aufnehmen. Der Rechtsakt wird wie üblich vor der Verwaltung der zuständigen Herrschaft Andelfingen gefertigt, vor dem so genannten Gericht; es besteht in administrativen zivilen Angelegenheiten aus dem Untervogt und einigen Richtern. Dabei werden die beiden Parteien von gewählten Fürsprechern vertreten. Die Urkunde besitzt staatliche Rechtskraft, denn der Untervogt legitimiert den Vertrag im Namen des zürcherischen Obervogts, Hans Heinrich Holzhalb, und des Rats der Stadt Zürich; zusätzlich bekräftigt er das ausgestellte Dokument mit dem Siegel des Obervogts. Interessant ist, dass die Keller als Geldnehmer „zur grösseren Sicherheit“ auch den vornehmen Gerichtsherrn zu Flaach, Heinrich Peyer, bitten, den Vertrag ebenfalls mit seinem Siegel zu bezeugen. Dieser Junker Heinrich Peyer war damals Besitzer der Gerichtsherrschaft Flaach-Volken und vertrat die niedere Gerichtsbarkeit über Grundbesitz und Lehenleute in Flaach-Volken. So hängt neben dem Siegel des zürcherischen Obervogts Holzhalb auch das Siegel des Gerichtsherrn Peyer – ein sichtbares Neben- und Miteinander der grundherrlichen Vogtei und der obrigkeitlichen Landesherrschaft. In Bezug auf Volken und die Keller-Sippe stellt sich die Frage, welche Familienmitglieder diese Hypothek aufgenommen haben und aus welchen Gründen dies geschah. Als Geldempfänger nennt die Urkunde die drei Brüder Hartmann, Christian und Hans Jaggli Keller. Bei der Verlehnung des Kehlhofes im Jahre 1574, also nur ein Jahr zuvor, wurden diese drei Männer noch nicht genannt. Waren vielleicht Hartmann, Christian und Hans Jaggli Keller die Söhne des verstorbenen Jörg Keller? Hatten sie in der Zwischenzeit ihr Erbe angetreten und brauchten sie jetzt Geld zur Auslösung ihres Besitzes von den Ansprüchen anderer Erben? Der Gültenbrief von 1575 gibt dazu keine genaueren Informationen. Die drei Brüder erhalten die 600 Gulden vom Geschäftsmann Alexander Hönysen in Alten als Hypothek zu 5 Prozent und bezahlen deshalb jährlich an St. Verenentag einen Zins von 30 Gulden. Nach sechs Jahren wollen sie das entlehnte Geld wieder zurückerstatten. Der Geldgeber verlangte für seine 600 Gulden eine Sicherheit, ein Pfand. Deshalb wurden die drei Hauptschuldner unterstützt von zwei weiteren Vertretern der Keller-Sippe, nämlich durch die Gebrüder Heinrich und Hans Keller, die als „Mitgülten“ oder Bürgen für die jährliche Zinsleistung und Rückzahlung der Hypothek nach sechs Jahren mithafteten. Diese beiden Brüder dürften jene zwei Männer gewesen sein, die im Lehenvertrag von 1774 als Mitinhaber des Kelhofes an vorderster Stelle genannt werden. Als weitere Sicherheit setzten die drei Schuldner nach damaliger Gewohnheit ihren ganzen Grundbesitz als Pfand ein – sowohl ihren Anteil am Kelhof, dem gemeinsamen Erblehen, wie auch ihren eigenen Grundbesitz. Bei der Aufzählung dieser Pfandgüter werden auch die Lehenzinse für ihre Anteile am Kelhof genannt. Vergleicht man diesen Zins mit früheren Lehenverträgen des Kelhofes, zeigt es sich, dass nur ein Teil dieses klösterlichen Grundbesitzes in den Händen der drei Schuldner lag. Es müssen also 1575 noch andere – ungenannte – Keller als Inhaber des Kelhofes in Volken gewohnt und gewirtschaftet haben. Die Keller-Sippe in Volken dürfte also mindestens aus sechs bis acht Familien bestanden haben, wie dies auch der Lehenbrief von 1574 darlegt. Aus der Pfandbeschreibung im Gültenbrief 1575 lässt sich auch die Ausdehnung und Bedeutung des Kelhofes erahnen. Obwohl gemäss Lehenzinsangaben nur etwa die Hälfte des Kelhofes als Grundpfand in dieser Urkunde beschrieben wird, weist schon dieser halbe Kelhof erstaunliche Ausmasse auf: 2 Häuser, l Scheune, l Baumgarten, l Krautgarten, 40 Jucharten Ackerland, 4 Mannmad und 3 Jucharten Wiese sowie 3 Jucharten Wald. Als privates Eigentum der Geldnehmer nennt die Urkunde zusätzlich: 9 Ackerparzellen mit insgesamt 10 Jucharten, 5 Mannmad Wiesland, 6 Jucharten Wald und l Juchart Reben. In der heutigen Zeit ungewohnt, aber in spätmittelalterlichen Gültenbriefen üblich, fordert die wortmächtige Absicherung, dass die Schuldner gar kein Recht haben, sich gegen die eingegangene Pflicht zur Verzinsung und Rückzahlung zu wehren. Weder rechtliche noch wirtschaftliche Gründe, weder politische Zwänge noch Unwetter oder gesundheitliche Schäden, weder Teuerung noch Krieg und Hungersnot können sie vor dem Zugriff des Geldgebers schützen. Diese aufwändige Absicherungsformel dürfte wegen der spätmittelalterlichen Rechtsunsicherheit notwendig gewesen sein. 20 In altertümlicher Gewohnheit und Formelhaftigkeit erscheint auch das Vorgehen gegen säumige Schuldner: Wenn Zinsen ausstehen oder wenn das Kapital nicht rechtzeitig zurückerstattet wird, muss der Gläubiger die Schuldner vorerst mahnen. Dies kann durch einen Boten oder einen Brief oder mündlich durch Alexander Hönysen selbst geschehen. Danach müssen die Schuldner innert acht Tagen in aller Öffentlichkeit in einem Wirtshaus zu Andelfingen ihre Schuld begleichen. Andernfalls kann der Gläubiger über das Pfand so weit verfügen, bis sein Guthaben bezahlt ist. Die Urkunde gibt auch Informationen zum bäuerlichen Leben in der Dorfgemeinde Volken. Deutlich sichtbar wird die mittelalterliche Drei-Zelgen-Wirtschaft. Die Keller nutzen in jeder der drei Zelgen je ein grosses Ackerfeld (von 12, 13 und 15 Jucharten). Ursprünglich gehörten die drei Zelgen der ganzen Dorfgemeinde und wurden nach einer bestimmen Anzahl von Jahren den Bauern der Dorfschaft parzellenweise neu zugeteilt. Zur Zeit dieses Gültenbriefs scheinen aber die Felder bereits in festem Besitz der Bauern zu sein. So steht auch der Allmeindwald mindestens zum Teil in Privatbesitz; die Keller nutzen darin ein Gehölz von 3 Jucharten. Erstaunlich ist aber, dass sie nebst diesen Anteilen an der Gemeindeflur auch über einen stark parzellierten eigenen Grundbesitz verfügen. Darunter finden sich auch 6 Jucharten Wald und zwei Weinberge. Nebst der gemischten Produktion für die Selbstversorgung des grossen Haushalts (Kornund Haberfelder, Vieh- und Hühnerhaltung, Gemüse-, Obst- und Weingärten, Wald) nimmt der Ackerbau eine Vorrangstellung ein; das überschüssige Getreide wird auf den Markt gebracht und versorgt die Bauern mit barem Geld. Die „Kanzley Andelfingen“ vermerkte am 22. Juni 1730 auf der Urkunde, die durch sie begründete und besicherte Schuld sei jetzt zurückbezahlt worden. Mithin diente sie 155 Jahre lang als Sicherheit für Kredite, nicht nur 6 Jahre, wie es im Originaltext der Urkunde stipuliert wurde. Die Urkunde liegt im Gemeindearchiv von Volken unter der Signatur I A 7. 21 Das Heimwesen der Witwe Anna Keller in Volken 1602 Die Urkunde hält einen Hypothekarvertrag fest, ähnlich der Urkunde von 1575. Hans Keller und Witwe Anna Keller, wohnhaft in Volken, entlehnen gemeinsam je 100 Gulden, die sie für ihren Landwirtschaftsbetrieb brauchen. Der Text nennt den genauen Grund nicht. Die Bemerkung, man habe das Geld zum „guten Nutzen“ verwendet, um weiterem „Schaden vorzukommen“, lässt vermuten, dass besondere Aufwendungen den Hof aus dem Gleichgewicht gebracht haben. Es macht den Anschein, dass Hans Keller und die Witwe Anna Keller den Betrieb gemeinsam führen. Ist vielleicht Hans Keller der Sohn der Witwe und haben die beiden nach dem Tod des Vaters den Hof übernommen und eventuell andere Miterben ausbezahlt? Ähnliche Gründe könnten schon die frühere Generation um 1575 zur Geldaufnahme gedrängt haben. Der Geldgeber ist Ulrich Hettlinger, ein Bürger der Stadt Winterthur, der als Stadtrat aus angesehenem und auch wohlhabendem Kreis stammt. Mehr lässt die Urkunde nicht verlauten. Das HBLS (HistorischBiographisches Lexikon der Schweiz) führt Ulrich Hettlinger (+1638) als Schultheiss (1618-1634) von Winterthur auf. Interessant ist, dass der Text in der Ich-Form der beiden Gläubiger aufgesetzt ist. Sie lassen die Urkunde ausstellen. Das deutet auf eine gehobene Stellung hin, was durch die Grösse des Bauernhofs erhärtet wird. Die Fertigung des Vertrags geschah in gleicher Weise wie 1575, also vor dem Vogteiamt Andelfingen, mit dem herrschaftlichen Schreiber und dem Siegel des zürcherischen Landvogts, diesmal von Jakob von Schanis, der von 1562 bis 1611 lebte. Wiederum fällt auf, dass die Sicherung des entlehnten Geldes sowie der Zinsleistung mit vielen Worten, beinahe im beschwörenden Ton, festgelegt wird. Da gibt es kein Entrinnen, keine Ausrede. Weder Krankheit noch kriegerische Ereignisse, weder Missernte noch Gerichtsentscheide können das Abgemachte schwächen. Die Gläubiger haften für Kapital und Zins mit all ihrem liegenden und fahrenden Gut. Der Quellenwert dieser Urkunde liegt vor allem in der Beschreibung des gemeinsamen Hofes von Hans und Anna Keller, den die beiden als Versicherungspfand einsetzen. Grund und Boden scheinen aber unter den beiden aufgeteilt zu sein, denn die Parzellen der beiden Eigentümer werden gesondert aufgelistet. Haus und Hofgebäude dürften wohl von beiden gemeinsam genutzt werden, denn sie werden ganz am Schluss des Güterverzeichnisses aufgeführt. Es fällt auf, dass der Landwirtschaftsbetrieb relativ gross und bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht verschuldet ist. Die starke Parzellierung (insgesamt 35 Stück) weist wiederum auf die mittelalterliche Allmeindgenossenschaft hin, in der das Land in den verschiedenen Lagen und in unterschiedlichen Nutzungsbereichen an die einzelnen Genossenhöfe aufgeteilt wurde. Die zahlreichen Flur- und Personennamen machen die Urkunde zum wertvollen Dokument der mittelalterlichen Landwirtschaft und der Familienforschung. Die Bezeichnung „Kelhof“ fehlt in dieser Urkunde. Die Güter von Hans Keller und der Witwe Keller gehörten nicht zum Grundbesitz des Klosters St. Katharinenthal, sondern standen anscheinend grundherrlich in Abhängigkeit von Winterthur und Zürich. Denn die Urkunde hält fest, dass Hans Keller jährlich einen Grundzins von 3 Mütt Kernen, ½ Mütt Haber und l ½ Gulden nach Winterthur zu bezahlen habe, zusätzlich noch 3 Gulden nach Zürich. Auch die Witwe Keller schuldete ihren Grundzins nach Winterthur, nämlich 3 Mütt Kernen, l Mütt Haber und 6 ½ Gulden. Noch mehr weitet sich das Bild des damaligen Dorfes Volken, wenn man den Güterbeschrieb von Hans und Witwe Keller betrachtet. Da werden insgesamt 20 Anstösser genannt, die in Volken wohnten und Grundbesitz bebauten. Davon gehörten nur drei Personen der KellerSippe an, alle andern tragen einen andern Familiennamen. 22 Hypothekar- (Gült-)vertrag für Witwe Anna und Hans Keller in Volken mit Stadtrat Ulrich Hettlinger in Winterthur, 1602 Urkunde liegt im Gemeindearchiv von Volken, Signatur I A 11 23 Güter und Flurnamen im Gültenbrief 1602 Hans Keller Anna Keller Ackerland: 2 Jucharten im „Krützenacher“ ½ J im „Zwyacher“ 1 J. „zwyschent den greben“ ½ J. „zwüschent den greben“ ½ J. im„Loole“ 9 Vierling im „Roßberg’ 2 ½ Vierling in der „Kimhalden“ 2 ½ Vierling im „Frowenächerlin“ 2 ½ J. im „Ebnedacher“ 3 Vierling in der „Breiten“ 2 ½ J. im „Rok“ ½ J. im „Zwinckel“ Ackerland: 5 Vierling im „Bildacher“ 9 Vierling an „Dachlißhalden“ 5 Vierling auf der „Lachen“ 3 J im „Firstacher“ 2 ½ J. im„Kettacber“ l J. im „Langacher“ 2 J. im „Krumb“ 2 ½ J. im „Seewadel“ Wiesen 2 ½ Vierling in „Trogen wysen“ 1 Vierling in „Grubwysen“ , l Mad im „Lotzenbach“ Wiesen: 1 Mannmad in der „ Weid“ ½ Mannmad in der „Nüwyß“ 1 Vierling in „Trogen wys Reben: ½ J. im „Ebned“ ½ J. im „Lotzenbach“ . ½ J. auf „Morenberg“ Reben: ½ J. in der „Halden“ 1 Vierling am „Trüllinger“ Wald: 2 J. im „Bardiser holtz“ Wald: 2 J. am „Kirchweg“ Besitz von Hans Keller Acker: 27 ½ Jucharten Wiesen: 4 ½ Jucharten Reben: l ½ Jucharten Besitz der Witwe Keller Acker: 15 ¾ Jucharten Wiesen: l ¾ Jucharten Reben: ¾ Jucharten Gemeinsamer Besitz (?) im Dorf Volken: Haus und Hof, Baum- und Krautgarten und ½ J. Reben beim Haus Weitere Flurnamen (Anstösser) „Saallenweg“ „Müllibach“ Flächenmasse (Kanton Zürich) Juchart = 4 Vierling Juchart (Acker) = 32,7 Aren Juchart (Reben) = 25,4 Aren Juchart (Wald) = 36,3 Aren 1 Mannmad = l Mad = 4 Vierling I Mannmad (Wiese) = 29,1 Aren 24 Schuldspruch-Urkunde der Gebrüder Keller vom 4. Oktober 1608 Die Urkunde hält einen Streit innerhalb der Dorfgemeinschaft Volken fest, der für mittelalterliche Genossengemeinden typisch und aufschlussreich ist. Es ging darin um das Wegrecht der Schweineherde der Dorfbauern, gegen das sich die beiden Nachbarn Hans und Jörg Keller vergeblich zur Wehr setzten. Der Streit wurde schliesslich durch ein Schiedsurteil des Vogts der zürcherischen Herrschaft Andelfingen, Hans Peter Wolf, geschlichtet, der den Schiedsspruch in der Form einer Urkunde für alle Zeiten festhielt. Der Inhalt bringt also für die Dorf- und Allmeindgeschichte von Volken interessante Details. Zu dieser Zeit bildete das Dorf Volken noch eine gut funktionierende Genossengemeinde, die über gemeinsames Land (= „Allmeind“) verfügte. Dieses Land wurde als Acker, Weide und Wald gemeinsam genutzt. Die Bauern im Dorf besassen zwar je einen eigenen Hof, aber sie hatten zusätzlich Anrecht an der Nutzung des Allmeindlandes, das ausserhalb des Dorfbezirkes lag. Die Versammlung der Dorfgenossen beschloss jeweils demokratisch, wie dieses Land verteilt und genutzt werden durfte. Die Bauern konnten einen bestimmten Teil ihres Viehs auf die gemeinsame Weide treiben und erhielten aus dem Gemeinwald ihren Holzteil. Etwas komplizierter war die Nutzung der Ackerfelder. Vorsteher der Gemeinde teilten das gemeinsame Ackerland (= „Zelg“) in Parzellen ein und übergaben den Genossen je eine Parzelle auf eine bestimmte Anzahl von Jahren zur privaten Nutzung. Manche Gemeinden besassen zwei oder drei grosse Zelgen, so dass die einzelnen Bauern in jeder dieser Zelgen je einen Acker nutzen konnten. Im Jahre 1608 lag eine solche gemeinsame Zelg zu beiden Seiten der Landstrasse, welche zum „Kurtzen Mülliberg“ führte. Sämtliche Hofbesitzer im Dorf nutzten je eine Parzelle in diesem Ackerfeld, auch Hans und Jörg Keller. Im „Kurtzen Mülliberg“ gab es damals aber noch einen Eichen- und Buchenwald, der zur Schweinemast genutzt wurde (Eicheln und Buchennüsse). Damals war es üblich, dass jeder Bauer im Dorf ein oder mehrere Hausschweine hielt, die gemästet und im Herbst geschlachtet wurden. Jeder Bauer konnte nun sein Hausschwein (oder mehrere?) zu einer bestimmten Zeit im Sommerhalbjahr in diesem Wald weiden lassen. Die Hofbesitzer im Dorf stellten einen Hirten an, welcher jeweils am Morgen die Schweine bei den Häusern abholte und gemeinsam auf die Weide führte (= „trib jrer schwyn hërd“) und am Abend wieder ins Dorf brachte. Der Hirt wanderte also mit den Schweinen auf der „fryggen“ (= freien) Landstrasse hinaus, an der Zelg vorbei und am Abend kehrte er mit seiner Herde auf dem gleichen Weg zurück. Anscheinend war es nicht leicht, die Schweine brav beieinander zu halten. Die Ackerparzellen lockten mit saftigem Getreide, mit Rüben und Gemüse. Darum wehrten sich die beiden Keller gegen den aufkommenden Schaden (= „wurde jr saammen von den schwynen übel zertretten unnd gschëndt, allso das sy jres fëlts nit nach notturfft geniessen möchten“). Sie verboten dem Schweinehirten kurzerhand, seine Herde auf der Landstrasse mitten durch die Ackerzelg zu führen, und verlangten, dass er mit den Säuen über die Wiese einen weniger schädlichen Weg suche. Da waren aber die andern Dorfbauern nicht einverstanden, da sie ihre Wiesen schützen wollten, „dann mengklichem bewüst, was schadens die schwyn in den wisen thügind“. In der Gemeindeversammlung beschloss die Mehrheit, dass der Schweinehirt wie seit altersher seine Herde über die Landstrasse zur Weide führe. Da die beiden Keller nicht nachgaben, musste der Streit (= „spann unnd miβhellung“) von der Obrigkeit geschlichtet werden. Vor dem Landvogt traten die Abgeordneten der Gemeinde auf und klagten gegen Hans und Jörg Keller. Die beiden Parteien wurden sich aber einig, dass der Streit nicht in einem Prozess vor dem Gericht, sondern gütlich durch einen Schiedsspruch behoben werden sollte, um grössere Unkosten zu vermeiden. So kam der Landvogt nach Volken, nahm Augenschein, hörte sich die beiden Parteien an und entschied, dass der Auftrieb der Schweine wie früher über die Landstrasse geschehen soll. Der Schiedsspruch weist aber auch darauf hin, dass die Bauern ihre Felder durch Zäune oder Grünhäge zu schützen hatten. Dies tat die Mehrheit der Bauern in Volken, darum wehrten sie sich nicht gegen den Schweinetrieb auf der Landstrasse, die an ihren mit Zäunen geschützten Äckern vorbei führte. Der Landvogt verlangte, dass auch Hans und Jörg Keller zum Schutz ihrer Ackerparzellen an der Landstrasse eine Dornenhecke oder einen andern Zaun erstellen sollten, um den Schweinen den Zugang zu verwehren („mögind sy jre acher unnd vëld mit dornnen ald sonst der straβ nach wie andere mehr vermachen“). 25 Schuldspruch-Urkunde der Gebrüder Keller vom 4. Oktober 1608 Die Urkunde liegt im Gemeinde-Archiv von Volken unter der Signatur I A 12. Halbwilde Hausschweine 26 Wie die Volkemer die Zahlung der Grundzinsen zu vermeiden suchten Schon früh, sicher aber ab dem 16. Jahrhundert, fühlten sich die „Erblehenbauern“ immer mehr als effektive Besitzer der von ihnen bewirtschafteten Höfe. Sie hatten das Recht, ihren Hof zu verkaufen, zur Sicherung von Krediten zu belasten und ihn zu vererben. Formal musste allerdings der Grundherr, beim Kelhof in Volken war die Priorin des Klosters St. Katharinental Grundherrin, ihre Zustimmung geben. Diese wurde von der Person des neuen Erblehenbauers abhängig gemacht. Wie die früheren Urkunden zeigen, war der Kelhof zu Volken sehr gross und bot einer wachsenden Anzahl von Familien ein Auskommen. Somit war es nur logisch, dass über die Jahrhunderte eine Aufsplitterung des Besitzes stattfand. Schon in der Urkunde von 1574 äusserte St. Katharinental die Sorge, dass der Kelhof auf zu viele Pächter aufgeteilt würde und schränkte deshalb deren Anzahl auf höchstens 8 ein. Mit fortschreitender Parzellierung wuchs die Unübersichtlichkeit. Schon 1675 manifestierte sich unter den Bauern die Tendenz, sich der Zinsen zu entziehen. Im erneuerten Urbar des Klosters Rheinau von 1675 z.B. (als Urbar werden Güter- und Einkünfteverzeichnisse bezeichnet, die der Wirtschaftsführung, der Verwaltung, der Rechts- und der Besitzstandssicherung der Grundherrschaft dienten)30 steht, dass die Grundstücke ohne Vorwissen Rheinaus zerstückelt worden seien, indem man hoffte, so allmählich den Zins zu hinterziehen. Der Grundzins wurde nur noch als Steuer empfunden, und so kommt es, dass die Volkemer Bauern sich oft weigerten, ihn zu bezahlen. 31. Auch die Verantwortlichen von Katharinental erkannten, dass wegen der Aufsplitterung des Grundbesitzes und Schlamperei bei der Führung des Urbars eine korrekte Kontrolle des Grundzinses fast unmöglich geworden war. Ihr Urbar war liederlich oder gar falsch nachgeführt worden und musste von Grund auf ersetzt werden. Im „Ersatzurbar und Traglibell für den Grundzins des Klosters St. Katharinental ab 1756-1851“32 wird denn auch beklagt, dass seit 1756 wegen „Verteilungen, Erbfall, das Kaufen und Verkaufen“, hauptsächlich aber „sonderheitlich durch das liederliche und saumselige Betragen des Heinrich Gysslers Urbar und Lagerbrief überall und gänzlich in eine solche Confusion gebracht“ wurden, dass man den Grundzins nicht mehr mit der erforderlichen Sorgfalt einziehen und kontrollieren konnte. Dies löste bei der Priorin von St. Katharinental als Grundherrin und ihren Verwaltern den Entschluss aus, das aufgetretene Problem nachhaltig zu bereinigen. An hand noch vorhandener Zinsenbelege und alter Urbarien wurde 1773 ein neuer Urbar mit detaillierten Aufzeichnungen ab 1756 rekonstruiert. Für das Jahr 1756 wurden nicht weniger als 80 grundzinspflichtige Familien aufgeführt, wovon nur noch 20 den Namen Keller trugen. Das zeigt sehr deutlich, wie nachhaltig sich die Besitzes- und damit Abgabe-Verhältnisse in den 462 Jahren Grundherrschaft des Klosters St. Katharinental geändert hatten. Die Einschränkung der Erblehenträger des Kelhofes auf acht Familien war endgültig Makulatur geworden. Der nun seriös bereinigte Urbar wurde bis zum Loskauf des Grundzinses 1847 - 1851 fortgeführt. Zur Dokumentation der Wichtigkeit und zur Sicherung der Rechtsgültigkeit wurde der Ersatz-Urbar „mit obrigkeitlicher Bewilligung durch die Kanzley Andelfingen im Beysein des Lehensvogtes“ genehmigt. Damit war eine seriöse Grundlage für die Zinszahlungen auf dem St. Katharinental’schen Grundbesitz geschaffen. Weiter wurde bestätigt, dass ein vertrauenswürdiger Mann als „Trager“ bestimmt werden müsse, der die Aufgabe hatte, diese Abgaben einzuziehen und sie gesamthaft dem Kloster abzuliefern. Es ist aufgrund der vorhandenen Urkunden anzunehmen, dass allgemein schon vor im 16. und 17. Jahrhundert die sogenannte „Tragerei“ eingeführt wurde. Normalerweise wurde der Besitzer des Kernstücks des alten Hofes zum Trager bestimmt, der gegen eine bescheidene Entlöhnung von allen Parzellen des ehemaligen Hofes die entsprechenden Zinsanteile einsammeln und abliefern musste.33 Als Konsequenz, und damit ein ähnliches Risiko nicht noch einmal eintreten könne, fällten jetzt die Verantwortlichen des Klosters St. Katharinental einen Grundsatz-Entscheid, der in der nachfolgenden Urkunde auf Seiten 29ff wiedergegeben ist. 30 Historisches Lexikon www.hls-dhs-dss.ch/index.php Paul Kläui: Gerichtsherrschaft Flaach-Volken, Seite 40 32 Signatur IV A 1 im Gemeindearchiv Volken 33 Historisches Lexikon der Schweiz, Andreas Ineichen: http://www.hls-dhs-dss.ch/index.php 31 27 Der Kelhof in Volken als Erblehen der Gemeinde 1775 Aus dem Jahre 1775 stammt ein weiterer Lehenbrief für den Kelhof in Volken. Besitzerin ist immer noch das Kloster St. Katharinenthal in Diessenhofen. 462 Jahre war es nun Eigentümerin dieses grossen Gutshofes, und immer noch wurde der Hof in ähnlicher Weise verlehnt wie im Mittelalter. Äbtissin und Schwesternkonvent beurkunden den Lehenvertrag in althergebrachter Form und in traditionellem Wortlaut. Anderseits bezahlen die Lehenbauern immer noch den gleichen Naturalzins, in gleicher währschafter Qualität, gemessen nach Winterthurer Mass, nämlich 22 Mütt Kernen, 4 Malter und 3 Mütt Haber, 3 Pfund Heugeld, 3 Fasnachtshühner, 6 Herbsthühner, 210 Eier. Der Hof ist immer noch ein Erblehen, und die Verlehnung erfolgt nach wie vor gemäss mittelalterlichem Recht. In eindrücklicher Weise beherrscht der Urkundenschreiber die jahrhundertealten Formulierungen. So lautet die Beschreibung des Kelhofs 1775: „Hof und Gut zu Volken, in der Herrschaft Andelfingen gelegen, mit Häusern, Höfen, Hofstatten, Scheunen, Stallungen, Trotten, Kraut- und Baumgarten, Reben, Wiesen, Hanfpünten, Äckern, Feldern, Holz, Holzboden, Holzrecht, Wunn und Weide, mit Grund, Grat, Steg, Weg, Wasser, Wasserflüssen und Wasserleitungen, mit Zu- und Wegfahrtswegen, auch mit allen Rechten, Freiheiten und Gerechtigkeiten, mit allem was jetzt und von Alterswegen dazugehört und dazu gehören soll, nicht mehr und nicht weniger, nichts ausgenommen.“ Ähnlicher Weise werden auch die Bedingungen der jährlichen Zinszahlung in mittelalterlichen Ausdrücken formuliert, ebenso die Strafandrohungen für die Lehenbauern bei allfälliger Nichteinhaltung des Vertrags. Das Kloster will nach wie vor den Grundbesitz in Volken als einheitliches Erblehen erhalten. Wenn also ein Lehenmann seinen Anteil abgeben möchte, dann muss er ihn zuerst dem Kloster St. Katharinen anbieten, damit dieses einen andern ehrenhaften Bauern als neuen Lehenmann wählen und das Klostergut in Volken als Ganzes reibungslos verwalten und für die Zukunft sicher erhalten kamt. Der Lehenvertrag von 1775 weist aber eine wichtige Änderung auf: Die Männer der Keller-Sippe werden im Vertrag überhaupt nicht mehr als Lehenleute und Vertragspartner des Klosters genannt. Auch der „Lehenträger“, der in früheren Jahrhunderten im Namen der Lehenbauern mit dem Kloster verhandelt und den Jahreszins gesamthaft abgeliefert hatte, stammte jetzt nicht mehr aus einer Keller-Familie. An ihrer Stelle hatten Leute aus anderen Geschlechtern Lehengüter übernommen. Deshalb schloss das Kloster den Vertrag nicht mehr mit der Keller-Sippe ab, sondern mit der „Gemeinde Volken“. Natürlich konnten nicht alle Männer der Gemeinde am Vertragswerk mitwirken, sondern sie delegierten zwei Amtspersonen zum Abschluss des Lehenvertrags, nämlich den Vogt Konrad Werdtmüller und den Vorgesetzten Hans Jakob Arbenz. Diese zwei Männer handelten als „bevollmächtigte Anwälte und Gewalthaber der Gemeinde“. Die beiden Bevollmächtigten waren nun auch gegenüber dem Kloster verantwortlich und sammelten den Lehenzins der beteiligten Bauern und lieferten ihn gesamthaft dem Kloster St. Katharinenthal ab. Die Urkunde verrät weder die Zahl noch die Namen der eigentlichen Lehenbauern, sondern nennt sie nur „Lehenbauern und Mitinteressierte“.Wir wissen aber vom „Ersatzurbar und Traglibell“ von 1773, dass es 80 Familien waren (siehe Seite 27). Der Lehenvertrag lässt verstehen, dass es in letzter Zeit häufige Wechsel bei den Lehenbauern gab, so dass sich Probleme für die Hofverwaltung ergaben und die Klosterfrauen den Zerfall ihrer Güter in Volken anhalten wollten. Darum habe das Kloster mit Genehmigung des Landvogts seine Güter der Gemeinde als Erblehen anvertraut, weil im Gegensatz zu den sterblichen Lehenträgern eine Gemeinde beständiger sei und keinen Tod zu befürchten habe. Das gab den Klosterfrauen die Möglichkeit, diesen Vertrag auf die Dauer von 30 Jahren auszustellen. Wann und wie die Keller ihre Anteile verloren, darüber schweigt diese Urkunde. Sie bezeichnet den klösterlichen Besitz in Volken auch nicht mehr als „Kelhof“ sondern nennt ihn einfach „unser Hof“ oder „Klostergüter“. 28 Erblehensbrief vom 2. Februar 1775 29 30 Deckblatt des Erblehensbriefes vom 2. Februar 1775 Urkunde im Gemeinde-Archiv von Volken unter der Signatur I B 4. 31 Der Weinbau Volken liegt angelehnt an den Worrenberg, ein gutes Gebiet für den Rebbau. Letzterer wird im Tal von Volken erstmals im 14. Jahrhundert erwähnt, und er muss für seine Bauern schon sehr früh ein wichtiger landwirtschaftlicher Erwerbszweig gewesen sein. Seit alter Zeit schenkt man im ganzen Zürcher Weinland dem Weinbau grosse Aufmerksamkeit, da es dafür vorzüglich geeignet ist. Vermutlich geht die Kultur der Reben in ihren Anfängen ins achte Jahrhundert oder noch weiter zurück; die Einführung der Abgabe des Zehntens durch Karl den Großen wird sich jedenfalls auch auf den Wein bezogen haben. Mit der Vermehrung der Bevölkerung nahm der Rebbau zu; die Rebe fand zwischen Thur und Rhein eine so ausgedehnte Pflege, dass dem Gebiet der schöne Name Weinland verliehen wurde. Die im Laufe der Jahrhunderte erfolgte starke Vermehrung der Weinreben lässt die Annahme zu, dass es dem Weinbauer an Absatz nicht fehlte und dass die Rebkultur sich lohnte. Der Verbrauch war früher, da Bier und Most noch als seltene Getränke galten, weit grösser als in der Gegenwart; zudem litt der einheimische Wein nicht durch ausländische Konkurrenz, indem die Einfuhr fremden Weins verboten oder nur in beschränktem Masse gestattet war. So erließ der Rat in Zürich Ende 1562 ein Verbot des Ausschenkens von Veltliner Wein, „wo aber einer einem guten Freund und Nachbar Veltliner schenken wolle, das soll ihm zugelassen werden“. Die Bestrebungen, die Rebgebiete zu vergrössern, erregten im fünfzehnten Jahrhundert das Missfallen der Obrigkeit. In den Waldmannischen Spruchbriefen von 1489 wurde indessen den Bauern das Einlegen von Reben gestattet. Aber schon im folgenden Jahrhundert ergingen neue Verbote. Im Jahre 1572 untersagte der Rat das Einschlagen von Reben in Gütern und Zelgen, „darauf gemeine oder besonderbare Personen mit ihrem Vieh Weidgang und Weidrecht haben“.34 Der Rebbau war für Flaach und Volken von solcher Wichtigkeit, dass er direkten Einfluss auf die Bevölkerungsbewegung hatte. 1467 gab es in Volken 11 Haushaltungen mit 55 Seelen. Im 16. Jahrhundert fällt die erste starke Bevölkerungszunahme in die Zeit, als der Rebbau einen starken Aufschwung nahm. So sagte um 1569 Pfarrer Jud, dass die Bevölkerung seit Mannsdenken sich verdoppelt habe.35 Die Zeit zwischen 1530 und 1565 brachte gute klimatische Bedingungen. Anschliessend fielen im ganzen Weinland die Weinmosterträge fast kontinuierlich bis zur Jahrhundertwende, vorwiegend als Folge nasser und kalter Hochsommer.36 Das Weinland war auf die Zufuhr von Dünger angewiesen, der meistens von der Viehwirtschaft stammte. Die Erträge wurden durch die Hochsommerwitterung beeinflusst: Rekordernten bei hohen Temperaturen und guter Wasserversorgung, Missernten bei anhaltend nasskalter Witterung37. 38 34 Emil Stauber: Geschichte der Kirchgemeinde Andelfingen, Seite 725 Paul Kläui: Die Gerichtsherrschaft Flaach-Volken, Seite 156 36 Chronik der Kantons Zürich, Bezirke Winterthur und Andelfingen, 1963 37 Christian Pfister: Klimageschichte der Schweiz von 1525 bis 1860, Seiten 132 und 134 38 Geschichte des Kantons Zürich, Werd-Verlag, Band 2 Seite 68 35 32 Der Anbau von Reben und der Ausschank von Wein waren während Jahrhunderten ein wichtiger Faktor für das Einkommen der Bauern. Die auf Seite 13 abgebildete Urkunde bezeugt einen Streit wegen der Abgaben auf den Weinausschank, was dokumentiert, dass im Kelhof von Volken schon 1446 Wein verkauft wurde. Die übrigen im Gemeindearchiv Volken liegenden Urkunden erwähnen nur den Besitz von Rebland durch die verschiedenen Bauern, nicht aber den Weinausschank. Interessant ist, dass rund 350 Jahre später in Volken nur eine Person erwähnt wird, die schon vor der Revolution von 1798 mit Bewilligung eine Weinschenke betrieb: Conrad Keller, Beck zu Volken, Unterbeck genannt. Er erhielt von der ab 1804 langsam wieder funktionsfähigen Zürcher Regierung das Patent für den Betrieb einer Weinschenke gratis. Der Ururgrossvater des Verfassers dieser Broschüre, Hans Conrad Keller (der erste Gemeindeammann, auch Oberbeck genannt), war der zweite Inhaber eines Patentes zum Weinausschank. Er erhielt es 1805 auf Grund seiner Bewerbung, musste aber für die Dauer von 10 Jahren Fr. 20.- bezahlen. Allerdings steht in den diesbezüglichen Akten, er habe sein Lokal schon während der Revolution klaglos betrieben… Es ist heute das Restaurant Post. - Auch in den folgenden Jahren, bis 1845, waren nur zwei Keller Patentinhaber. Erst 1845 kam Ulrich Schuler dazu. Details können in der Broschüre „Volken im 19. Jahrhundert, Zukunft braucht Herkunft“ nachgelesen werden. Riesling Traube, sie gedeiht wunderbar am Worrenberg 39 39 Aus Wikipedia: „Riesling Traube“ 33 Vom 16. Jahrhundert in Volken Albrecht Dürer: weinende Bäuerin aus dem Gebetsbuch Kaiser Maximilians I., um 1515 40 Verkehrsverhältnisse um Volken Die verkehrstechnische Erschliessung des Flaachtales war denkbar schlecht. Flaachemer und Volkemer verkauften auf den Märkten von Eglisau, Kaiserstuhl, Schaffhausen und Winterthur hauptsächlich Wein, mussten aber bei allen Brücken und Stadttoren Zoll bezahlen, was immer wieder Anlass zu Streitereien gab. Die wichtigste Verbindungsstrasse für Volken war über Dorf-Hünikon nach Winterthur. Sie wird als „der beschwerliche, marastische Weg durch den Schindlenberg“ beschrieben. Flaach, Volken und Dorf halfen 1644 mit, die Strasse instand zu setzen, nachdem sie vorher völlig verkarrt gewesen war.41 Wohnverhältnisse Im Mittelalter lebte und schlief die Familie meist in einem engen und dunklen strohgedeckten Einfamilienhaus, das abgesehen vom elementarsten Schutz gegen Kälte und Nässe keine Annehmlichkeiten im heutigen Sinn bot. Erst etwa ab dem 15. Jahrhundert entstand die Unterteilung der Häuser in Küche, Wohnstube und Kammern. Wasser wurde täglich vom Dorfbrunnen oder –Bach geholt, das Feuer in Herd und Ofen musste täglich neu angefacht werden. Wöchentlich gab es einen Waschtag am Bach oder Dorfbrunnen, eine Tortur für die geplagte Hausfrau. In der Gegend von Volken wirkte sich der Rebbau auch auf die Art des Hausbaues aus: Scheunen und Ställe blieben klein, natürlich mit gewissen Ausnahmen wie den Kelhof. Das Dorf war eng zusammengebaut. Erst mit dem Rückgang des Weinbaus nach 1900 und dem Aufschwung der Milchwirtschaft wurden Ställe und Scheunen ausgebaut.42 Einschränkungen in der bäuerlichen Produktion Folgende Vorschriften griffen in die Freiheit der bäuerlichen Produktion ein Der Flurzwang = Verpflichtung, sich an die dörfliche Flurverfassung, die Dreizelgenwirtschaft, zu halten, d.h die in den Zelgen jeweils vorgeschriebenen Früchte anzubauen, die Pflug-, Anbau-, Ernte- und anderen Termine einzuhalten sowie sich an den kollektiven Arbeiten, z.B. Unterhalt der Wege und des Etters [die Umzäunung des Dorfes], Auf- und Abbau der Zäune etc. zu beteiligen 43 Die Dreizelgenordnung war die örtliche Flurverfassung, bei der die gesamte Ackerflur eines Dorfes in drei ungefähr gleich grosse Schläge [Zelgen] eingeteilt war, in denen sich im jährlichen Turnus Wintergetreide, Sommergetreide und Brache wechselten. Die Weiderechte: Acker- und Getreidebau waren der wichtigste Erwerbszweig, waren aber streng geregelt. 40 Katalog der Ausstellung „Der Bauernkrieg in Thüringen“, Mühlhauser Museen P.Kläui: Gerichtsherrschaft Flaach-Volken S.15; M.Brugger: Geschichte einer kleinen Zürcher Gemeinde Volken, S.37 42 Martin Brugger: Geschichte einer kleinen Zürcher Gemeinde Volken, Seite 47 43 Geschichte des Kantons Zürich, Werd-Verlag, Band 2, Seite 517 41 34 Erste Vorahnen der Keller-Sippe in Volken Seit der Reformation wurden verbreitet Pfarrbücher geführt, in welchen Taufen, Besuch des kirchlichen Unterrichts, Konfirmationen, Heiraten und Todesfälle festzuhalten waren. Diese Bücher sind die Grundlagen für die Familienforschung. Es ist eine glückliche Fügung, dass ausgerechnet von Volken, der kleinsten Gemeinde Zürichs, einige Urkunden erhalten geblieben sind, welche Keller in Volken seit 1305 dokumentieren. Später wurden auf Veranlassung von Antistes Johann Jakob Breitinger (1575 - 1645) Bevölkerungsverzeichnisse angelegt. Zur strafferen Erfassung der Kirchgenossen zu Stadt und Land forderte erstmals die „Ordnung der Dieneren der Kilchen in der Statt u. uff der Landtschafft Zürich“ vom 3. Mai 1628 jeden der Zürcher Synode unterstellten Pfarrer auf, „alle Jahre und eines jeden besonder, in ein ordentliche Verzeichnuss (zu) bringen die Namen aller Hussvätteren, Kinden und Diensten, damit er wüsse die Zahl aller vertrauwten Seelen“.44 - Nachdem bis im Frühjahr 1634 nur ganz wenige Pfarrer dem Aufruf gefolgt waren, sahen sich Bürgermeister und Rat erneut gezwungen - diesmal im Zusammenhang mit der Bekämpfung des „leichtfertigen Fluchens, Schwörens und Gotteslästerns“ zu Stadt und Land - die saumseligen Geistlichen ernsthaft zur Ablieferung ihrer Verzeichnisse auf die Mai-Synode 1634 anzuhalten.45 Burkhart der Keller oder Kelner Er war der erste in Urkunden aufgeführte Keller in Volken, Bewirtschafter des dortigen Kelhofes. In einer Urkunde vom 6. Mai 1305, ausgestellt in Bülach,46 dokumentierte Freiherr Jakob von Wart den Verkauf seiner Schuppose (kleineres Bauerngut) in Volken an die Leutpriester von Buch und Embrach. Burchart der Kelner wird als derjenige erwähnt, der das Gut „buwet“ und Zins zahlt. Im selben Urkundenbuch47 wird eine Urkunde beschrieben, in welcher Burkhart von Eschlikon (eben der Besitzer des Kelhofes von Volken) mit den Pfründern von Heiligenberg bei Winterthur Güter in Volken tauschte. Die Urkunde datiert vom 9. Februar 1313, ausgestellt in Volken. Das aussergewöhnliche an dieser Urkunde ist die Tatsache, dass in dieser Urkunde nicht wie in allen andern nur Edelleute, sondern Burchart der Keller von Volken, zusammen mit Bauern anderer Dörfer, als Zeugen erwähnt werden. Das zeigt deutlich, dass Burkhart der Keller von Volken ein angesehener und vertrauenswürdiger Mann gewesen sein musste, der zusätzlich zum grossen Kelhof auch mehrere andere Bauerngüter verwaltete. Cunrat der Keller Ein Cunrat der Keller zu Volken wird bezeugt in den „Urbaren und Rödel der Stadt und Landschaft Zürich bis 1336“. Am 31. Mai 1332 liess Kaplan Heinrich ein Verzeichnis der Zinseinkünfte des KlarissinnenKlosters Paradies erstellen. Darin wird ein Gut „ze Volchikon“ erwähnt „dis buwet Cunrat der Keller“. Festgehalten wird allerdings, dass diese letzte Bemerkung als Nachtrag von einer anderen Hand angefügt wurde. Daraus kann geschlossen werden, dass nach dem 31. Mai 1332, zu einer nicht mehr feststellbaren Zeit, ein Konrad der Keller dieses Gut bewirtschaftete. Es darf angenommen werden, dass Cunrat der Keller zu Volken der erste dokumentierte Keller in Volken mit dem Vornamen Konrad ist (dem noch sehr viele gleichen Namens folgen sollten…), dass er ebenfalls den Kelhof „buwet“, d.h. bewirtschaftete und dass er ein Sohn des Burkhart der Kellers sein könnte. Hensly Keller Hensly Keller ist wahrscheinlich der „Keller“, der im Streit mit Junker Ulrich III von Gachnang erwähnt wird (siehe Seiten 12 und 13). In den Steuerbüchern von Stadt und Landschaft Zürich wird er als grösster Steuerzahler 1450 von Flaach und Volken aufgeführt; ebenfalls wird er in den Jahren 1467 – 1470 erwähnt. Die Urkunde von 1459 berichtet vom Tausch der Zugehörigkeit seiner Frau vom Kloster Töss nach Zürich. 44 StAZH Mandsate III AA b 1 Seite 503 StAZH E II 2 Seite 75, 2. Abschnitt = Zitat aus StAZH E II 700 Seite 2 46 StAZH Urkundenbuch Band 8, Seite 67 47 StAZH Urkundenbuch Band 9, Seite 66 45 35 Auszug aus den noch vorhandenen Pfarrbüchern der Pfarrei Andelfingen Liste der Taufen in Volken, Familienname Keller SignaturStAZH EIII 8.1 S.53 EIII 8.1. S12 EIII 8.2. S.159 do Datum 1537 19.Okt.1542 24. Jan 1542 Kind-Name Ursula Anali Christen Vater Antoni Kleinhensli Hans 10. Juli 1542 Felix Thomann do 24. Sept.1542 Fronick Hans EIII 8.2 S.145 do EIII 8.2 S.146 11. Juni 1565 7. Okt 1565 9. Febr. 1567 15. Mai 1567 25.Jan 1568 19. April 1568 8. Aug 1568 9. Aug.1568 8. Mai 1569 7. Aug 1569 Verena Joseph Junghans Heini Madlen Adelheid Christen Felix Junghans Felix Christen Felix Regula Mag Fronali Fritschi Margrit ? Margret Kramer Regula Mag Margret Kramer Hans Heini Jakob Elsy Ulrich Hans Jakob Heinrich Felix Anna Saler Dorothe Gisler Aglin Bury Margret Kramer 30. Okt. 1569 20. Aug. 1570 31. Aug. 1570 25. Nov 1570 28. Jan 1571 1. April 1571 Elsy Heinrich Christen Christen Adelheit Mag Barbel Saler Hans Heinrich Anna Agnes Andreas Hans Jakob Dorothe Gisler Felix Christen Heinrich MargretKramer Regula Koster Aglin Bury 5.Aug. 1571 27. Nov 1571 17. Febr. 1572 9. März 1572 2. Juni 1572 Elsy Felix Agnes Andreas Christen Heinrich Verena Bucher Barbel Saler Aglin Bury Verena Verena Felix Hans Jakob MargretKramer Dorothe Gisler Joseph Georg Agnes Hans Kunrad Felix Peter Felix Andreas Ulrich Georg Christen Christen Anna Saler Trina Pur Regula Mag Barbara Saler do do do do 8. Juni 1572 9. Sept 1572 2. Nov. 1572 23. Nov. 1572 1. Febr.1573 5. April 1573 23.Aug. 1573 11. Okt. 1573 Heini Andreas Felix Hans Jacob Margret Saler Verena Bürgin MargretKramer Dorothe Gisler do S. 150 do 26. Jan.1574 1. Aug. 1574 Heinrich Heiny Agnes Bury Margret Saler do 16. Jan. 1575 Christen Barbel Saler do 6. März 1575 Dorothea Hans Cünradt Hans Cünradt Rosa Heinrich Agly Bury do do 28. Aug 1575 25.Sept.1575 Ulrich Hans Cünrad Ulrich Heiny Anna Saler Margret Saler do do EIII.8.2S. 147 do do do do do EIII 8.2 S.148 do do do do o EIII8.2.S. 149 do do do do do Mutter Pate Cunrat Saler Christe Bury Christen Bury Kleinfelix Ritzmann Hans Saler 36 Joseph Gysler Joseph Gisler Georg Bury Heini Frei Heinrich Bury Hans Ritzmann Andreas Bury Heini Bury Jakob Christen Ulrich Schmidlin Hans Bender Hans Schmidlin Hans Ritzmann Felix Bury Joseph Gisler Andreas Ritzmann Georg Bury Felix Bury Georg Ritzmann Heinrich Saler Hans Werthmüller Joseph Gisler Georg Bury Hans Saler Hans Benker Felix Bury Heinrich Bury Felix Bury Andreas Ritzmann HansRitzmann Hans Conrad Ritzmann Rüdly Schweizer Mathias Bollinger Joseph Gisler Hans Cünradt Ritzmann Patin Ursel Gyssler Andli Saler Dorothe Ritzmann Anneli Saler Fronick von Fulach Verena Kim Regula Mag Bärbel Saler Bärbel Bury Madlen Gysler Adelheid Ritzmann Margret Frey Verena Bucher Margret Frey Elsy Gechlingerin Anna Saler Margret Frey Salome Werthmüller Anna Gisler Agnes Frey Dorothea Visler Elsy Schnider Margret Frey Agnes Frey Verena Gisler Verena Gisler Regula Mag Verena Chim Agnes Bury MargretBinder Aglin Saler Margrit Frey Barbel Bury Verena Chim DorotheaGisler Dorothea Kräpf Margret Frey Rosa Ritzmann Anna Frey Dorothea Knöpfli Signatur Datum Name des Vater Kindes Mutter Pate Patin EIII.8.2 150 EIII.8.2.S151 do do do 30. Okt 1575 23. 04 1576 29. 04.1576 17. 03.1577 31. 03.1577 Rosa Felix Anna Hartmann Anna Andreas Hans Jacob Heinrich Heiny Christen Verena Bucher Dorothe Gisler Aglin Bury Margret Saler Bärbel Saler Jacob Christen Felix Bury Ulrich Schmid Joseph Gisler Hans Bürgy do 4. Aug. 1577 Mathias Heinrich Aglin Bury do S. 152 do 20. Dez. 1577 15.Febr. 1578 Margreth Fridolin Hans Jacob Ulrich Dorothe Gisler Anna Saler Mathias Bullinger Hans Frey Joseph Gisler Rosa Bury Margret Saler AnnaRitzmann Margret Frey Anna Werdmüller Verena Bucher do Agnes Christen Bärbel Saler do do do S. 153 23. Febr. 1578 27.04.1578 26. Okt 1578 25. Juni 1579 Margret Margret Hartmann Andreas Heiny Hans Jacob Verena Bucher Margret Saler Dorothe Gisler do do do do 14. 02. 1580 17. 04.1580 21. 08. 1580 2. Okt. 1580 Elsy Margret Margret Elsy Heiny Heinrich Andreas Ulrich Margret Saler Aglin Bury Verena Bucher Anna Saler do S. 154 do do do S.155 do do 7. Febr. 1581 31. Okt. 1581 25. 11. 1581 25. Sept 1582 24. 02. 1583 24. Mai 1584 Elsy Hans Andreas Agli Hans Hans Hans Jacob Heinrich Heinrich Andreas Heinrich Georg do 4. Okt. 1584 Waldtpurg Andreas Dorothe Visler Margret Saler Agli Bury Verena Bucher Margret Saler Anna Werdmüller Verena Bucher do 22.Aug.1585 Gret Heinrich Margret Saler EIII 8.3 S.71 28.Jan. 1610 Madalena Matthis Elsy Müller do Ursula Dorothea Ursel Felix do 16. April 1610 5. Aug. 1610 do 19. Aug 1610 Georg Hans Euphrosina Nüssli Margareth Schaubin Anna Frey do 10. Okt. 1610 Elsi Hans Madalena Bury do S.73 14. Nov.1610 Martinus Hartmann Verena Meyer StAZH Heinrich Andreas Ritzmann Felix Bury Hans Frey Hartmann Keller Joseph Gisler Andreas Frey Felix Bury Hans Werdmüller Dies Fuchs Hans Frey Andreas Frey Hans Bury Hans Frey Grosshans Ritzmann Andreas Frey Christen Ritzmann Diethelm Wieser Georg Bury Heinrich Saler Grosshans Ritzmann Georg Ritzmann Georg Ritzmann Hans Ritzmann Margreth Frey Bärbel Flachsmann Anna Werdmüller Margret Frey Margret Frey Elsy Gisler Margret Frey Margret Frey Margret Frey Elsy Wolfer Elsy Gisler Margret Frey Regula Mag Agli Bury Margret Frey Elsy Wolfen Waldtpurg Kern Gret Ritzmann Analy Ritzmann Ursel Fehr Margret Buri Ursula Fehrin Verena Bucher Verena Freyin Anna mann Ritz- Die Leute von Volken mussten bis 1610 nach Andelfingen zur Kirche und sind in den dortigen Pfarrbüchern registriert. In den Jahren von 1600 bis 1610 wurden teilweise aber auch vom Pfarrer von Flaach entsprechende Eintragungen gemacht. Erst ab 1610 war allein die Kirchgemeinde Flaach-Volken für Volken zuständig. 37 Liste der Ehen in Volken, bis 1610 in der Pfarrei Andelfingen Signatur StAZH und Datum Ehemann Keller Ehefrau Herkunftsort EIII 8.7. S.61: 19.5.1566 Felix Margret Kramer Gräslikon do 26.5.1565 Ulrich Anna Saler Volken do 25.8.1566 Heinrich Aglin (=Agatha) Bury Volken do 27.4.1567 Hans Jacob Dorothea Fisler Berg am Irchel EIII 8.7. S.62 29.8.1568 Georg Catharina Süsstrunkin Hüniken do 6.11.1569 Christen Bärbel Saler Volken do 6.11.1569 Cünradt Margret Fehr Gütickusen (Gütighausen) do 5.11.1570 Andreas Verena Bucher Dorf do 22.4.1572 Heini Margret Koller Buch am Irchel do 4.2.1582 Georg Anna Werdmüllerin Volken do 13.5.1582 Ulrich Elly (=Elisabeth) Meyer Gräslikon 38 Stammbaum einer Familie Keller von Volken rot: Vorfahren aller Keller aus Volken Burkhard der Keller erwähnt 1305, 1313, 1314 .. Kunrat der Keller erwähnt 31.1.1332 .. Hensly Keller erwähnt 1446, 1450 - 1470 .. blau: lückenlos nachgewiesene Vorfahren der Familie des Verfassers .. Jörg Keller *13.3.1603 18.2.1672 oo 1.2.1632 Magdalena Fehr v. Flaach *25.4.1613, 1681 Georg Keller *Nov.1645 ? oo Nov. 1670 Anna Gisler *1646 22.1685 oo 9.2.1686 Barbara Peyer *25.2.1644 4.1696 Hans Keller *9.7.1672 2.5.1743 oo 30.1.1703 Küngold Steffen v. Dorf, *1680 17.7.1724 Hans Heinrich Keller *21.6.1712 21.4.1781 oo 15.2.1742 Anna Barbara Erb v. Zinzikon, *15.2.1722 ? Hans Jakob Keller *8.9.1742 27.7.1808 oo 12.7.1773 Katharina Kündig*15.8.1749 31.10.1808 Hans Konrad Keller *28.2.1779 25.6.1821 oo 23.8.1813 Susanna Gisler v. Flaach*17.2.1789 1.11.1857 Johann Conrad Keller *28.1.1817 7.3.1888 oo 23.3.1847 Anna Wiesendanger v. Eschlikon *28.4.1826 25.4.1906 Nachkommen siehe Band 2 Anna Susanna Bertha Johann Con- Johann Hermann Heirat in Heirat in Starb im 1. rad Weinhändler in Zollikon und Winterthur Lebensjahr Metzger in Genua, Neuchâtel Volken Schaffhausen und Siders 39 Gustav Bäcker in Winterthur und Zürich Die lückenlos nachgewiesenen Vorfahren des Verfassers 1603, möglicherweise am 13. März (die vorhandenen Unterlagen lassen kein sicheres Datum zu), wurde der älteste lückenlos nachgewiesene Vorfahr des Verfassers, Jörg (oder Georg) Keller, geboren. Er war Tischmacher- (Schreiner-)meister gemäss Bevölkerungsverzeichnis 1634 S. 406. Im gleichen Bevölkerungsverzeichnis steht, dass sein Bruder Heinrich bei ihm wohnte. Er heiratete am 1. Februar 1632 Madalena Fehr von Flaach (1614-1681), mit welcher er 6 Kinder hatte. Er scheint relativ wohlhabend gewesen zu sein, denn gemäss Bevölkerungsverzeichnis von 1640 lebten bei ihnen ein Lehrbub namens Eberhard Gnehm und zwei Mägde, Elsbeth Fehr(in) und Lisbeth Fehr(in). Im Bevölkerungsverzeichnis vom 1649 wird erwähnt, dass eine Magd, Verena Bürgy und ein „Bub“, d.h. Knecht, namens Hans Joggli, in ihrem Haushalt wohnten. Zu seinem Tod am 18. Februar 1672 schrieb der Pfarrer von Flaach ins Totenregister von Volken: „ein alter und übelzeitiger (=elender, schwacher) Mann starb gächling (sofort)“. Gleichzeitig mit dem erwähnten Jörg oder Georg Keller lebte in Volken ein zweiter Georg Keller, geboren 1601. Er wurde Schuhmacher, heiratete am 24. Februar 1624 eine Verena Brandenberger von Flaach, die aber bereits nach einem Monat, am 23. März 1624, verstarb. Hierauf ehelichte er am 5. Oktober desselben Jahres eine Elsbeth Silber von Neftenbach, mit der er fünfzehn Kinder hatte. Als er am 12. März 1669 verstarb, schrieb derselbe Pfarrer: „Jörg Keller, das Schuhmächerli zu Volken, ein alter übelzeitiger Mann“! Wie und ob die beiden Jörgen oder Georgen miteinander verwandt sind, kann wegen des Fehlens der entsprechenden Pfarrbücher nicht mehr festgestellt werden. Wie waren die Lebensbedingungen zu ihren Lebzeiten? Klima und Seuchen Die klimatischen Widrigkeiten der ersten Jahrzehnte des 17. Jahrhunderts wurden verstärkt durch Pestzüge. Die Seuche traf auf Menschen, die bereits geschwächt waren durch schlechte Ernten und die daraus resultierende mangelhafte Ernährung. So waren 1611/12, 1629/30 und 1635/36 Pestjahre48. Im Januar und Februar 1612 starben in Volken innert vier Wochen 38 Menschen, das sind rund 1/3 aller Einwohner, an der Pest.49 1611 hatte Volken 110 Einwohner, ein Jahr später, 1612, noch 72! Und 1616 war ein Dürresommer, in welchem die nur mit Regenwasser gespiesene Thur völlig austrocknete.50 Ob der rasche Tod des erstgeborenen Hans Keller, getauft 15. September 1635, gestorben im gleichen Jahr, auf die Pest zurückzuführen ist? Wir wissen es nicht. 48 Geschichte des Kantons Zürich, Werd-Verlag, Band 2, Seite 513 Martin Brugger: Geschichte einer kleinen Zürcher Gemeinde Volken, Seite 28 50 Die Bauernhäuser des Kantons Zürich, Band 3 Weinland, Zürcher Unterland und Limmattal, Seite 15 49 40 Die „kleine Eiszeit“ führte 1600 zu einer Seegfrörni, welche 10 Wochen dauerte und die Ernten dieses Jahres negativ beeinflusste!51 1603 dauerte die „alte Thüre“ (Teuerung) unvermindert an, und durch das ganze Jahr herrschte gar „Kriegsgefahr“, so dass man Tag und Nacht Wache hielt.52 Für 1636 meldete der Pfarrer von Stammheim, Christoph Tubenmann, das Auftreten von Wölfen, die Pferde und Kühe rissen; zur selben Zeit richteten „Feldmäuse und Ratten“ grossen Schaden in Feld und Häusern an. In jenem Jahr zog der letzte grosse Pestzug durch das Zürcher Weinland, denn an der Wurzel der Pest sassen von pestkranken Ratten angesteckte Rattenflöhe. Die ohne Zweifel mit dem ausländischen Kriegsgeschehen in Zusammenhang stehende Pest kann als wohl schmerzhafteste Auswirkung gelten.53 Am 28. März 1653 beschwerten sich einige Gemeinden über die harte Praxis der Schuldeneintreiber. Es unterschrieben auch Leute von Volken. Im selben Frühjahr hatte sich das städtische Regime mit den Landständen in Verbindung gesetzt, um “Beschwerden“ der ländlichen Untertanen entgegenzunehmen. Die Petitionäre hatten Erfolg: Am 21. April 1653 wurden Abgeordnete auf Schloss Andelfingen empfangen, und man stellte ihnen unter anderem verschiedene Kostenmilderungen im Gerichtsbetrieb und im Betreibungs- und Gantwesen in Aussicht.54 Unterschriften unter der Beschwerdeschrift der Gemeinden und Gerichte Ossingen, Flaach, Volken, Dörflingen, Guntalingen und Waltalingen an den Landvogt zu Andelfingen vom 28. März 1653. 51 Geschichte des Kantons Zürich, Werd-Verlag, Band 2, Seite 513 do, Seite 285 53 do, Seite 287 54 do, Seite 317 52 41 Georg, Sohn des Jörg, war auch Tischmacher-Meister, Ehgaumer und Kirchenpfleger. Nach dem Tod des Vaters nahm er seine Mutter zu sich. Er heiratete Anna Gisler (1646 – 22. Januar 1685), mit welcher er 4 Kinder hatte. Nach ihrem Tod heiratete er am 9. Februar 1686 Barbara Peyer (25.2.1644 – April 1698). Ihre Ehe blieb kinderlos. Wie vorhin festgestellt, fiel sein Erwachsenen-Leben in eine zunehmende wirtschaftliche Krisenzeit. Er scheint eine wichtige Stellung in Volken gehabt zu haben, denn 1707 war er, zusammen mit Furier Heinrich Gyssler geschworener Dorfmeier. Im selben Jahr lebte auch ein „Bub“, Ulrich Gantz aus Embrach, in seinem Haushalt. Kleine Gemeinden hatten häufig zwei Dorfmeier als Gemeindevorsteher, die zwei Jahre lang im Amt waren. Abwechselnd leitete einer von ihnen ein Jahr lang die Gemeindeversammlung und war im anderen Jahr als Seckelmeister tätig. Die Gemeindevorgesetzten vertraten die Gemeinde nach aussen, etwa bei Güterkäufen oder in Prozessen der Gemeinde gegen einzelne Dorfgenossen oder gegen die Nachbargemeinde. Sie wurden grösstenteils von den Bürgern ihrer Gemeinde gewählt.55 Die beiden geschworenen Dorfmeier Volkens mussten schon damals ein Problem lösen, das offenbar durch alle Jahrhunderte fast weltweit die Leiter von Kommunen heimsuchte: leere Kassen. Wie kam es dazu? Bäuerliches ArbeitsGerät56 55 56 Haken Pflug56 Geschichte des Kantons Zürich, Werd-Verlag, Band 2, Seite 49 Katalog der Ausstellung „Der Bauernkrieg in Thüringen“, Mühlhäuser Museen 42 Das Weinland, und mit ihm Volken, erfreute sich vom 16. bis zu Beginn des 17. Jahrhundert einer wirtschaftlichen Blüte speziell im Zusammenhang mit dem Weinbau. Die Bevölkerung Volkens stieg deswegen im 17. Jahrhundert massiv an. 1634 zählte man 194 Einwohner, 1671 296 Einwohner, davon 202 Kinder, 1685 322 Einwohner, 1690 306 Einwohner („darunter die 3 Personen in der Frömbde, von denen man nicht weiss ob sie lebendig – oder tod“) wie es so schön im Bevölkerungsverzeichnis dieses Jahres geschrieben steht. Ab 1670 gab es Missjahre und zunehmenden Konkurrenzdruck, insbesondere in Flaach, aber auch in Volken. Typisch dafür ist, dass 1572 in Volken niemand armengenössig war, 1681 aber bereits 15 Haushalte, in Flaach gar 50.57 Das Bevölkerungsverzeichnis von Volken des Jahres 1671 weist 61 Haushaltungen auf, dasjenige von 1685 bezeugt 64 Haushaltungen. Das heisst im Klartext, dass knapp ein Viertel aller Haushaltungen unterstützt werden musste, was zwangsläufig zu einer nachhaltigen Finanzknappheit führte. Denn auch die nicht unterstützungsbedürftigen Einwohner litten unter den Missernten. Generell herrschte auf dem Land Ende des 17. Jahrhunderts Arbeitslosigkeit.58 Diese Not kommt in folgender Bemerkung des Pfarrers im Pfarrbuch zum Ausdruck: „Viele sind in die Pfalz gezogen.“ Als verantwortliche Leiter der Gemeinde mussten die beiden geschworenen Meier handeln, als die Finanzen der Gemeinde Volken offenbar erschöpft waren. Sie wollten Neuzuzüge nur zulassen, wenn diese sich in die Gemeinde einkauften, so wie es das benachbarte Flaach schon lange tat. Flaach bot seinen Bürgern einen attraktiven „Bürgernutzen“ (Anteil am Wald- und Allmend-Ertrag). Um diesen gegen Verringerung durch Zuzug von Fremden zu schützen, erhielt Flaach schon 1545 einen Einzugsbrief, d.h. die Ermächtigung, von Fremden Geld für den Zuzug zu verlangen (sog. „Einzugsgeld). Entsprechend dem immer grösseren Zudrang wurde das Einzugsgeld immer wieder erhöht, und zwar in 130 Jahren um das 17fache für Zürcher Bürger und um das 12fache für Eidgenossen. Nach 1677 zahlten die Zürcher 50 Gulden, die Eidgenossen 60 Gulden.59 Nun wollten die Verantwortlichen von Volken ein Ähnliches für ihre Gemeinde. Georg Keller, Tischmachermeister, und Heinrich Gisler, Furier, wandten sich an den zuständigen Landvogt in Andelfingen, Rudolf Hess, mit der Bitte, er möchte für sie ein Bittschreiben an die Gnädigen Herren von Zürich aufsetzen, sie zu ermächtigen, von auswärtigen Jungfrauen und Witwen, welche nach Volken einheiraten wollten, „ein Stückli Geld“ als Einkauf zu verlangen. Am 19. Mai 1707 ging dieses Schreiben in Zürich ein und wurde an der Sitzung vom 23. Mai 1707 abschlägig entschieden. Die Volkemer wurden auf die bisherige Praxis verwiesen, dass sie gemäss alter Gewohnheit und Satzung keine Weibsperson in die Gemeinde einziehen lassen sollten, welche nicht 200 Gulden Vermögen mit sich bringen könne. Nur auf diese traditionelle Art dürfe verhindert werden, dass Auswärtige ohne Eigenleistung der Armenkasse zu Lasten fallen. Diese beiden Originaldokumente von 1707 (Eingabe und Protokollausschnitt) sind auf den folgenden Seiten originalgetreu wiedergegeben, samt einer Transkription in unsere heutige Schrift. Allerdings waren nach der französischen Revolution und deren Auswirkungen auch auf das Flaachtal die Gemeindegüter wieder einmal erschöpft und die Kassen leer. Zum Wiederauffüllen des Kirchen- und Armenguts wurde nach 1810 für auswärtige Bräute doch noch eine Gebühr erhoben. So wurde das Einzugsgeld für Bräute aus anderen Gemeinden zuerst auf 8 Franken, später auf 24 Franken festsetzt. Für landesfremde Bräute mussten die heiratswilligen Bauernsöhne zuerst 16 Franken, hierauf 40 Franken bezahlen.60 Das Geld, das meistens den Gemeinden fehlt 57 Martin Brugger: Geschichte der kleinen Zürcher Gemeinde Volken, Seite 156 Geschichte des Kantons Zürich, Werd-Verlag, Band 2, Seite 166 59 Paul Kläui: Gerichtsherrschaft Flaach-Volken, Seiten 142/143 60 Martin Brugger: Geschichte der kleinen Zürcher Gemeinde Volken, Seiten 35 und 45 58 43 Eingabe der Gemeindebehörden Volkens an die Zürcher Regierung 44 Gnädiger Herr Burgermeister Hochgeachtete, woledelgebohrne und gestrenge, fromme, ehren – nothveste, fürnämme. fürsichtige und wolwysse Gnädige Herren und Oberen. Vor mir sind erschinnen forier Heinrich Gyssler und mr[Meister] Geörg Keller der tischmacher, beid geschwornne dorffmeyer und abgeordnete einer ehrsammen gemeind Volcken, myne ambtsangehörigen, und habend mir der lenge nach mit mehrerem zu vernämmen gegeben, wass maassen die zyth und jahr haro, bei jhnen inn jhrer gemeind freche junge ledige – und theils blutarme gsellen, understanden sich mit ledigen töchteren so theils ussert jhrer gmeind Volcken, auch gahr ussert eüwer mynne Gnäd. Herren grichten und gebiethen gesässen, zu ver heürathen, und in die gmeind kei ynzenämmen, wordurch dann sie hefftig beschwerth werdind, jnn ansehung sie bei ihnen kein gmeind guth habind: und wann etwann der eint ald andere zu armuth gerathen, sie solche uss ihnen selbsten erhalten müssend, dero wegen dann sie die geschwornnen und abgeordneten jnnammen ernanter jhrer gmeind Volcken, bedacht und willens, für eüwer gnaden und wyssheit zekehren, und alda inn aller underthänigkeit anzehalten und zebitten, dass man jhnen :glych wie es in anderen benachbahrten gmeinden auch geüebt werde: die gnädige bewilligung ertheilen möchte, dass wann einer in ihrer gmeind, er möchte syn wer er wolle, rych oder arm, sich mit einer ledigen tochter oder witib, die ussert jhrer gmeind sässhaft, ver heürathen thätte, ernanter gmeind auch ein stückli gelt zu einem gebührenden ynzug, vor – und ehe er sich copulieren lassen, erlegen solte, damit sie daruss ihre armmen desto lychter erhalten und der gmeine mann und ganze burgerschafft, umb so die minder beschwerth werdind, mit deemüethigem bitten, jch wolte sie mit gegenwirtigem dahin begleitten etc. Wann dann nun ich uff geschähene nachfrag, anders nichts vernommen, dann dass jhr der abgeordneten fürgäben, inn wahrheit also bewandt, dass sie die gmeind 45 zweite Seite der Eingabe 46 durch jhre burger mit ynhin nämmung frömbden wyberen, hefftig beschwerth, und dass sie biss dahin kein eigen gmeindguth einmahlen gehabt: sonderen jhre Armen, mit höchster beschwerd selbsten erhalten habind; es werdend aber vor wyssere diss die abgeordneten, jhre angelegenheit mit mehrem selbst mündtlich erzehlen; als habe solche inn jhrem anligen eüwer gnaden und wyssheit. bester maassen recommandieren, mich aber auch selbe nebend erlassung dess machtschirm gewaltigen Gottes zu beharlichen gnaaden und gunsten zu befehlen, nit under lassen sollen. Andelfingen, den 19. May 1707 Eüwer gnäd. und wyssheit unterthäniger burger und vogt jhrer herschaft Andelfingen Rudolf Hess 47 Deckblatt der Eingabe 2. der gmeind Volken verlangendes einzug-gellt von denen, weliche mit frömbden weiberen sich verhürathen. 1707 denen hochgeacht. woledelgebohrnen und gestrengen, frommen, vesten, ehren- und nothvesten, fürnäm-fürsichtig-und wyssen herren / herren Burgermeistern und Rath, hochloblicher Stadt Zürich, mynen Gnädigen Herren und Oberen. Hess 48 Die Antwort der „Gnädigen Herren“ von Zürich auf die Eingabe Volkens Auszug aus dem Ratsmanual (Manuale Natale des Unterschreibers) Protokoll der Beschlüsse der Sitzung vom Montag, 23. Mai 1707 61 Dem Ausschuss der Gemeind Volkhen ist sein Begehren, dass jhro von frömden ausser jhrer Gemeind gebohrenen und in jhre selbige heyrathenden Weibspersohnen einiches Einzugsemolumentum zubeziehen gnädig bewilliget werden möchte, in consideration besorglicher Consequenz abgeschlagen und erkennet dass es bey alter Gewohnheit und der Satzung sein Verbleiben haben, einfolglich keine Weibspersohn in die Gemeind gelassen werden solle welche nicht 200 Gulden Mitel mit sich bringen kan. 61 StAZH B II 697 S.238 49 Die Familie von Hans war schon sehr gebildet, merkte der Pfarrer doch im nebenstehend abgebildeten Bevölkerungsverzeichnis von 1727 an, dass in der Familie eine Bibel und ein Betbuch vorhanden seien. Die pfarrherrliche Eintragung lässt auf eine ungewöhnlich gute Ausbildung der ganzen Familie schliessen. Hans war Ehgaumer in Volken und ab 1725 sogar Richter im Bezirk Andelfingen (siehe nebenstehende Kopie des Bevölkerungsverzeichnissesund 62). Der Pfarrer notierte dort ebenfalls, Hans sei nun auch Kirchenpfleger. Er war sicherlich eine Respektsperson in Volken. Es schien ihm gut zu gehen, denn es lebte auch ein „Bub (Knecht) Ulrich Benz von Embrach“ in seinem Haushalt. - Der Sohn Hans, geboren 1707, „dienet in Bern“, und war Schreiner von Beruf. – Die ersten drei Kinder von Hans und Küngold, Georg (früh gestorben), Hans Conrad und Hans, hatten bemerkenswerterweise die gleichen Paten: als Götti Conrad Keller, als Gotte Barbara Flaachmüller. Kleophea, Hans Heinrich und Hans Jacob (früh gestorben) hatten ebenfalls dieselben Paten: Götti war Hans G(e)isler, Gotte Kleophea Mülleri. Schliesslich bekamen Anna und Barbara mit Götti Hans Keller, Gotte A. Barbara Frey ihre identischen Taufpaten. Die „kleine Eiszeit“ erreichte 1688, 16 Jahre nach der Geburt von Hans, einen ersten Höhepunkt, dann 1701 einen zweiten, letzten. Generell herrschte grosse Armut und Arbeitslosigkeit. So machten z.B. in Thalheim an der Thur zwischen 1649 und 1726 alle Höfe Konkurs! 1692 war ein absolutes Hungerjahr im Zürichbiet.63 Um die wirtschaftliche Lage zu verbessern, begann man im Bezirk Andelfingen mit dem Anbau von Hanf und betrieb die Hanfverarbeitung als Nebenerwerb. Siehe nebenstehendes Bild unten. Ab 1694 wurden Söldnerdienste in auswärtigen Armeen wieder gestattet. 1702 taten 2000 Soldaten aus Zürich Solddienste in fremden Diensten. 62 63 Emil Stauber: Geschichte der Kirchgemeinde Andelfingen, Band 2, Seiten 1097 ff Geschichte des Kantons Zürich, Werd-Verlag, Band 2, Seiten 87, 239 163, 361 50 Eintrag im Bevölkerungsverzeichnis Flaach-Volken von 1727: Haushaltungen Taufe Hans Keller 1672 Küngold Steffen 1680 von Dorf Kinder Hans Conrad 21 höherer KateHans 19 chismus Kleophea 17 „ Hans Heinrich 15 „ Annali 10 Schule: kleiner Barbeli 6 Katechismus (=Religions-Unterricht) 208 209 210 211 212 Bücher Verdienst Bibel:hat Betbuch Ehgaumer Richter lehret das TischmacherHandwerk zu Rafz Das Bild rechts zeigt zwei Sorten Flachs: einen hochstengligen Sommerflachs und eine überwinternde, verzweigte Form. Das Bild links zeigt Hanf. Dieser lieferte zwar eine weniger feine Leinenqualität als Flachs, dafür war das Gewebe langlebiger und strapazierfähiger. 64 64 Geschichte des Kantons Zürich, Werd-Verlag, Band 2, Seite 115 51 Hans Heinrich wurde in eine Zeit geboren, in der die Not der vergangenen Jahrzehnte noch in Erinnerung war. 1716 gab es einen kalten Winter mit Seegfrörni, ebenfalls 1740 und 1763. – 1731 und 1732 wütete die Maul- und Klauenseuche. 1756, 1776 und 1792 vernichteten schreckliche Hagelwetter die Ernten. – 17701772 brachten Missernten eine allgemeine Teuerung. Zur Bekämpfung der Hungerkrise von 1771/1772 wurde eine obrigkeitliche „Ehrencommission“ eingesetzt, die ca. 15-20 Prozent des gesamten offenen Gemeindelands an arme Bürger zur Nutzung überwies.65 Zur Verhütung künftiger Hungersnöte wurde neu die Kartoffel eingeführt und erstmals 1709 in der Schweiz angebaut. Es ging aber dennoch langsam aufwärts. Hans Heinrich war Bauer von Beruf und wurde Kirchenpfleger in der Kirchgemeinde Flaach-Volken. Die Tochter Küngold war offenbar intelligent und relativ gut ausgebildet, denn im Familienrodel der Kirchgemeinde Flaach/Volken schrieb der Pfarrer „dienet in Zürich, dort gestorben. Bibel und gute Bücher“. Das heisst, dass Küngold lesen konnte, eine Bibel und andere „gute Bücher“ besass, was keineswegs üblich war damals und einer Erwähnung durch den Pfarrer würdig schien. Der Sohn Heinrich, geboren 20. April 1746, „befindet sich seit 1774 mutmasslich in Ostindien“, wurde in einem Haushaltrodel von Flaach-Volken vermerkt. Offenbar hörte man nichts mehr von ihm. Sicherlich hatte er genug von den hiesigen Krisen und suchte Besseres. In der zahlreicheren Familie seines Sohnes Hans Konrad wird dessen Tochter Kleophea als Besitzerin einer Bibel aufgeführt. Offenbar waren die Töchter wissensdurstiger als ihre Brüder. Barbara aber wanderte aus und wurde wie folgt kommentiert: „dienet in Zürich“, Katarina „dienet in Andelfingen“, Anna „dienet in Chapf bei Neftenbach“ und Elisabeth, genannt Lisebeth „zog dahin ano 1813 mit Heinrich Baumann“. 65 Geschichte des Kantons Zürich, Werd-Verlag, Band 3, Seite 54 52 Amtsrecht der Herrschaft Andelfingen Das Amtsrecht der Herrschaft Andelfingen, zu der Volken gehörte. Unter dem Reichsadler sind die Wappen der Stadt Zürich sowie der Herrschaft Andelfingen abgebildet. Die Herrschaft Andelfingen erhielt 1534 eigene Amtsrechte. Zwölf von der ganzen Amtsgemeinde Verordnete gaben im Beisein des Stadtschreibers sowie des alten und des neuen Landvogts „ihr Amtsrecht, ihre alten Bräuche und Gewohnheiten, wie sie vermeinen, diese bisher gebraucht zu haben“ an, worauf sie der Stadtschreiber aufzeichnete.66 Volkens eigenes Erb- und eheliches Güterrecht Die Dörfer Flaach und Volken verfügten bis 1856 über ein eigenes Erb- und eheliches Güterrecht! Unter Ehegatten herrschte Gütergemeinschaft. Wenn die Ehe kinderlos blieb, erbte die Witwe das ganze Vermögen ihres Mannes, und bei Erbfällen durften auch die Mädchen Grundstücke erben (was im übrigen Kanton Zürich nicht der Fall war). Selbständige Bauern Zu Zeiten der Gerichtsherrschaft zogen Flaach und Volken auf eigene Kosten in den Krieg, besassen somit ihre eigene Militärhoheit! 67 Ursprünglich übte sie der Gerichtsherr von Flaach-Volken im Namen des Klosters Rheinau aus. Nach dem obigen Andelfinger Amtsrecht von 1534 musste Flaach-Volken jeden vierten Mann bei Auszügen stellen, trug aber seine Kosten immer selber und musste an Herrschaft und Herrschaftsfähnlein nichts beisteuern, bis 1621 dieses Vorrecht teilweise verschwand. 66 67 Geschichte des Kantons Zürich, Werd-Verlag, Band 2, Seite 54 Kläui: Gerichtsherrschaft Flaach-Volken, Seite 108; M. Brugger: Geschichte der kleinen Gemeinde Volken, S. 27, 30 53 Auch bei Hans Jakob notierte der Pfarrer, dass er „Bibel und gute Bücher“ besass. Offenbar war hier auch der väterliche Einfluss zu spüren, dass Bildung wünschenswert sei. Von seiner Ehefrau, Katharina Kündig: ist gemäss Eintrag im Totenverzeichnis STAZ EIII 42 4 nur folgendes bekannt: „Sie starb am 31.10.1808 im Alter von 59 J, 8 Mt, 16 Tage als ehelich geborene Hausfrau des Hans Jakob Keller v. Volken“. 1777 zählte Volken 58 Haushalte. “In diesem Jahr waren abwesend 20 Mannspersonen und 25 Weibspersonen, viele in fremden Diensten“ steht im entsprechenden Bevölkerungsverzeichnis. 1792 und 1793 scheinen Jahre mit schlechtem Wetter gewesen zu sein. Jedenfalls steht im Bericht „Specification des Nachlasses des Schlosses Andelfingen Zinsleuthen welche ano 1792 und 1793 vom Wetter beschädigt worden“, dass den Leuten von Flaach und Volken „1. wegen Hochgewitter in ano 1792 ¼ vom Zins“ und 2. „wegen der Gfrörne in ano 1793 1/3 vom Zins“ nachgelassen wurde. Als Begründung wurde angeführt: „wegen dieser Gemeind grossem Schaden ward ihnen nach dem Beispiel des lobl. Amtes Embrach die Helfte nachgelassen, und zwar den Gemeindsvorgesetzten zu Flaach als Haupttragern von 22 Untertragern… und den 12 Tragereyen zu Volken“. Trager waren Gruppenvertreter, welche namens einer Mehrzahl von Betroffenen handelten. Nachgelassen wurden „besag meinen Gnädigen Herren Erkanntnussen“ die Ablieferung von Kernen, Haber, Roggen und Geld 68 68 StAZH CIII 3 Nr. 256 54 Essen und Trinken Wein war, nebst Wasser und Most, das einzige Getränk, das sich über längere Zeit halten konnte. Der Wein hatte einen niedrigeren Alkoholgehalt als heute und scheint sehr sauer gewesen zu sein. Im 18. Jahrhundert erhielt ein Taglöhner nebst Kost und Logis täglich 3 ½ Liter Wein.69 Andere Quellen sprechen von 1½ Litern pro Tag für Gesellen und Bauernknechte.70 Nun darf die Qualität des damaligen Weins nicht mit der heutigen verglichen werden. Geerntet wurde, was immer ein Rebstock hergab. Nach einer ersten Kelterung wurde der populäre „aagsetzte Wy“ produziert, ein Armeleutetrank. Man übergoss den frischen Traubentrester mit Wasser und liess ihn mit viel Zucker im Fass gären.71 Der „bessere“ Wein wurde grösstenteils verkauft, der zweite Durchgang selbst getrunken oder an Taglöhner und Knechte verteilt. Dies war aber, ungewollt und unbeabsichtigt, offenbar der Gesundheit zuträglich, denn „das Beste… ist nicht der Saft, sondern was übrig bleibt. Statt den Saft zu trinken, sollte man also besser den Trester essen – meinen zumindest Ernährungsphysiologen – denn dieser enthält mehr gesundheitsfördernde Stoffe. Dazu gehören beispielsweise Polyphenole, deren Wirkung zwar noch nicht systematisch erforscht ist, die aber unter anderem Krebs vorbeugen sollen“72. – Bier galt bis zum frühen 20. Jahrhundert mit dem Niedergang des Weinbaus als Luxusgetränk. - Zu allen Zeiten trank man als Heiltrunk Kräutertee, oft mit Wein vermischt. Kaffee hielt erst ab Mitte des 18. Jahrhunderts Einzug und musste sich gegen allerlei Verbote durchsetzen (wie der Tabak). Das Alltagsessen bestand vor der Kartoffel vorwiegend aus Brot, Hafer- und Hirsebrei, ergänzt durch Rüben, Obst, Beeren, Gemüse aus dem Garten, Pilzen und Nüssen. Fleisch, vor allem Schweinefleisch, gab es nur an Sonn- und Festtagen. Zum Süssen der Speisen verwendete man Honig und eingedickten Birnensaft. Das teure Salz wurde vorwiegend für die Haltbarmachung der Lebensmittel verwendet.73 Es soll besser werden Die Zürcher Obrigkeit beschloss, dass die Ernteerträge durch Auflösung der traditionellen, rechtlich geregelten (und mit Strafandrohungen durchgesetzten) Dreizelgenwirtschaft gesteigert werden sollten. Bessere Düngung = mehr Vieh = mehr Grünfutter, Stickstoffanreicherung mit Kunstgrasarten (Klee, Esparsette). Im Klartext: das seit Jahrhunderten starre Festhalten an den traditionellen Produktionsformen wurde massiv umgestellt. Aber immer noch verlangten die Ackerarbeiten eine enorme Marschleistung, bis um 1840 „neuartige“ Pflüge die Arbeit erleichterten.74 Für den meist sehr traditionsbewussten Bauer bedeutete diese Abkehr von einem jahrhundertealten Arbeitsablauf eine grosse innere und äussere Überwindung. Luzerne Esparsette 69 Rotklee Martin Brugger: Geschichte einer kleinen Zürcher Gemeinde Volken, Seite 40 „Weinlese“ der Zürcher Kantonalbank, Seiten 82 und 89 71 Geschichte des Kantons Zürich, Werd-Verlag, Band 3, Seite 54 72 NZZ vom 12.12.2007 Nr, 289 Seite B 1 „neue Zutaten für Lebensmittel aus Resten der Ernährungsindustrie“ 73 Martin Brugger: Geschichte einer kleinen Zürcher Gemeinde Volken, Seiten 37 und 38 74 Geschichte des Kantons Zürich, Werd-Verlag, Band 3, Seiten 25-29 70 55 Ab 1798 bildete Volken mit Flaach eine Munizipalgemeinde. Unter der Mediationsverfassung vom 14. März 1803 (bis 1815) erhielt es wieder seine volle Selbständigkeit. Hans Konrad Keller wurde zum ersten Gemeinde-Ammann Volkens gewählt und führte am 21. April 1805 die erste Wahl eines Gemeinderates durch, der erste Schritt zur formellen Selbständigkeit. Er war von Gesetzes wegen ebenfalls Mitglied dieser Behörde. Seine Amtszeit dauerte bis 1814 oder 181575. Der Gemeindeammann war zu dieser Zeit der wichtigste Mann in einer Gemeinde. Dem ersten Verzeichnis der Patentgesuche für die Führung einer Weinschenke im Kanton Zürich seit der Revolution von 1798 kann entnommen werden, dass er bereits um 1798, also im Alter von 19 oder 20 Jahren, eine Weinschenke führte, mangels zuständiger Ämter ohne Bewilligung. Angemerkt wurde in diesem Verzeichnis, dass es seitens der Bevölkerung keine Klagen gab. 1808 verstarben seine beiden Eltern. Sie konnten noch erleben, dass er eine wichtige Funktion in der nun neu selbständigen Gemeinde wahrnahm. Fünf Jahre nach ihrem Tod heiratete er Susanna Gisler. Sein Bruder Heinrich wurde zum ersten Friedensrichter ernannt. Somit bekleideten die beiden Brüder zu Beginn des 19. Jahrhunderts die wichtigsten Posten in der Gemeinde Volken. In den Büchern und Verzeichnissen wird er als „Oberbeck“ aufgeführt, im Unterschied zum gleichnamigen „Unterbeck“ (Hans) Konrad Keller. Daneben war er natürlich Bauer. Er wurde nur 42 Jahre alt und starb 5 Tage nach der Geburt seines dritten Kindes Susanna. Der Pfarrer schrieb im Totenbuch der Gemeinde Volken: „er starb an einem Steckfluss“, also Bronchitis oder tuberkulöse Lungenentzündung. Das bedeutet, dass seinem Tod eine längere Krankheitszeit vorangegangen sein musste. Wie damals üblich, wurden für die Witwe ein Beistand und für die unmündigen Kinder ein „Vogt“, ein Vormund, eingesetzt. Beistand war ihr Bruder aus Flaach, Vormund der Kinder der Bruder des Verstorbenen, Friedensrichter Heinrich Keller. Es spricht für die Familie ganz allgemein und für Mutter Susanne im Speziellen, dass die Kinder nicht, wie damals durchaus üblich, als Verdingkinder fremdplatziert wurden. Die Familiensolidarität spielte, aber auch die Vertrauenswürdigkeit, die Belastbarkeit und der unbedingte Wille der Mutter, die Familie weiterzuführen, waren ausschlaggebend. Sie akzeptierte das schwere Amt uneingeschränkt, war bereit, Vater und Mutter gleichzeitig zu sein. Ihr, wie allen anderen Witwen in ähnlicher Lage, gebührt heute noch unsere volle Anerkennung und Hochachtung. 75 Regierungs- und Adress-Calender des Cantons Zürich StAZH Aaf 1 100 LS ff. Siehe auch „Volken im 19 Jahrhundert“ 56 Die Vormundschaftsakten berichten über eine klaglose Führung der Familie. Die alle zwei Jahre durchgeführten Vermögensprüfungen zeigen, dass die Familie mit einem durchschnittlichen Vermögen von rund 10'000 Franken zu den eher Begüterten zählte. In dieser Zahl inbegriffen war der elterliche Bauernbetrieb samt Wohnhaus mit Weinschenke, dem heutigen Restaurant Post. Bedenkt man, dass zu Beginn des 19. Jahrhunderts die Frauen keine politischen und kaum wirtschaftliche Rechte hatten und sie ihre Stellung ausschliesslich über ihren Mann definierten, so kann ohne weiteres verstanden werden, dass Susanna Keller einer grossen inneren Kraft bedurfte, um diese fast automatische Herabsetzung im Ansehen ihrer Umgebung zu akzeptieren und nicht daran zu verzweifeln. Sie war jetzt AlleinBäuerin, Allein-Bäckerin, Allein-Wirtin, Allein-Erzieherin. Ihre Mutter, welche ebenfalls mit einem frühen Schicksalsschlag fertig werden musste - nach einer frühen Heirat verstarb ihr erster Mann nach wenigen Monaten an Schwindsucht -, sie schenkte ihrer Tochter ein Gebetbuch, das gottseidank heute noch erhalten ist. Es sollte ihr Mut, Glauben und Zuversicht geben und ihr Durchhaltevermögen stärken. Susanna Keller schrieb folgenden Text vorne in ihr Gebetbuch und lässt uns damit auch einen Blick in ihr Inneres tun: Der gewählte Text spricht für sich. Dieses Gebet Buch gehört jezo mir Witwe Keller in Volken meine liebe Mutter slg. Anna geb. Fritschi hat es mir als ihrem Kind verehrt. Dass ich darin solle fleissig lesen und bätten Nun so Habe deine Lust an deinem Jesus lass in sein dein höchstes Gutt Er ist nah und nicht so fehrn ein zu sprechen Trost und Muht Seine Gnad und starke Hand gehet durch das ganze Land Amen Im Anhang (Seiten 76ff.) werden die Vormundschaftsrechnungen für die Familie von Susanna Keller-Gisler für die Jahre 1821 bis 1842 wiedergegeben. 57 Ach diese Steuern und Abgaben Bis am Ende des 18. Jahrhunderts galten Zehnten und Grundzinsen als unablösbare Belastung des Bodens. 1/8 bis 1/12 der Ernte musste als Zehnten abgeliefert werden. Die Grundzinsen waren eine zusätzliche feste Abgabe an die ursprünglichen Eigentümer des Bodens (der Staat, Spitäler, Schulen, Armenanstalten, die Kirche). Die Gesamtbelastung lag im Zürcher Unterland zwischen 16 und 20 Prozent des Ernte-Ertrags.76 Ein Gesetz vom November 1798 sah die Ablösung dieser Abgaben vor, doch dauerte es bis in die 1830er Jahre, bis dies auch durchgesetzt und der Zehnten nach und nach von den Gemeinden ausgekauft werden konnte . Neue Anbaumethoden Von 1760 an begann man im bisherigen Dreizelgengebiet auf den Brachflächen neue Kulturpflanzen, wie Kunstfutterarten und Kartoffeln, anzupflanzen. Der öffentliche Weidgang wurde eingeschränkt. Der nördliche Kantonsteil war eher zurückhaltend, was die Aufteilung der Allmenden zur privaten Nutzung betraf. Die über Generationen hinweg überlieferte Zelgordnung, die die Betroffenen in ein Netz von Rechten und Pflichten einband, stand einer Strukturveränderung im Weg. Die Produktivitätssteigerung beruhte wesentlich auf neuen Kulturpflanzen. Ins Zentrum ist als wichtigstes Nahrungsmittel die Kartoffel gerückt. Links die gelbe Rübe, rechts der kaum verbreitete Mais. Dazwischen Korn, Weizen, Roggen und Hafer. Oben Flachs und Hanf; in der Mitte die weisse Rübe als wichtige Futterpflanze.77 Politik Das 19. Jahrhundert war ein Jahrhundert des Umbruchs. Die bisher regierenden Familien in der Stadt kämpften um ihre bisherige Vormachtstellung, denn die französische Revolution veränderte auch die Schweiz und damit das Leben der Bauern. Die Leibeigenschaft war bereits abgeschafft. Der alte Zürcher Stadtstaat ging unter, der darauf folgende Umbruch erfasste die Verfassung, die Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Das Bürgertum war die neue Führungsschicht. Volkssouveränität und Gleichberechtigung der (vorerst nur männlichen) Bürger von Stadt und Land waren revolutionär neue Vorstellungen.78 76 Geschichte des Kantons Zürich, Werd-Verlag, Band 3, Seite 30 Geschichte des Kantons Zürich, Werd-Verlag, Band 3, Seiten 25 - 29 78 Geschichte des Kantons Zürich, Werd-Verlag, Band 3, Seite 14 77 58 Der Wandel der Umwelt Im Buch „Geschichte des Kantons Zürich“ 79 wird der Wandel der bäuerlichen Arbeitswelt wie folgt beschrieben: „Um 1800 versorgten sich die Bauernhaushalte noch weitgehend selbst, und nur mit harter körperlicher Arbeit liessen sich Äcker und Reben bestellen… Die landwirtschaftliche Arbeit beanspruchte die ganze Familie von frühmorgens bis oft spät in die Nacht. Der Getreideschnitt erfolgte mit der Sichel; in der Erntezeit wurde täglich bis zu 18 Stunden gearbeitet. …. Als Folge der industriellen Entwicklung und weil die Arbeitskräfte teurer wurden, kamen beim Getreideanbau ab 1850 der Sensenschnitt und die erste Göpeldreschmaschine auf; im Futterbau wurden um 1880 die ersten Mähmaschinen eingesetzt.“ Nach der Hungerkrise von 1816/1817 liess die Regierung zu, dass Allmendflächen privatisiert wurden. Dadurch sollten weitere ähnliche Krisen verhütet werden. Der Weidgang auf der Brache und im Wald hörte auf. Alle Ackerarbeiten, wie Pflügen, Eggen, Ansäen und allenfalls noch Walzen, verlangten eine enorme Marschleistung. Für eine Hektare (10'000 m2) mussten je nach Arbeitsgängen 50 bis 70 Kilometer zurückgelegt werden.80 Trotz dieser behördlichen Massnahmen kam es l846/47 zu einer schweren Teuerungskrise. 1840 bis 1842 waren Jahre des Konjunkturaufschwungs. 1845 im September wütete die Kartoffelkrankheit. Im Sonderbundskrieg von 1847 trugen Zürcher Truppen wesentlich zum Erfolg im kurzen Feldzug gegen die Sonderbundskantone bei.81 Die Schweiz erhielt 1848 ihre erste Bundesverfassung, welche 1874 erneuert wurde. 1855 wurde die erste Eisenbahnlinie von Zürich über Winterthur nach St. Gallen und Romanshorn gebaut, gefolgt 1857 von der Strecke Winterthur-Schaffhausen, der sog. Rheinfallbahn. Die Städte Winterthur, Schaffhausen und Zürich, bisher Tagreisen entfernt, rückten immer näher. 82 79 Geschichte des Kantons Zürich, Werd-Verlag, Band 3, Seite 29 dito, Seiten 25 und 27 81 dito Seite 142 82 dito Seite 113 und „Volken im 19. Jahrhundert“ 80 59 Lebensdaten von Johann Conrad Keller Geboren 28. Januar 1817 Vater verstarb 25. Juni 1821, Onkel Heinrich Keller, Friedensrichter, wurde Vormund Heirat 23. März 1847 in Uster Gemeindepolitik 1839 1841 – 1844 1847 – 1850 1853 – 1855/56 1863/64 - 1864/65 Wahl zum Gemeinderats-Schreiber (immer noch unter Vormundschaft) Wahl zum Gemeinderat, Seckelmeister (Verantwortlich für die Finanzen ) Gemeinderats-Präsident und Seckelmeister Gemeindeammann Gemeindeammann Wirtschaftliches 1. August 1867 – 7. März 1888 Postverwalter (formal bis zu seinem Tod) 1845 – 1856 Patentinhaber für den Betrieb einer Weinschenke (nach seiner Mutter) 7.6.1865–1882 dito 1884 – 1887 Verkauf seiner Güter 1849 bis 1853 ? Kommandant der Feuerwehr 60 Mit 4 ½ Jahren verlor Johann Conrad seinen Vater, und seine Mutter musste mit Unterstützung durch ihren Bruder als Beistand und den Bruder ihres verstorbenen Mannes als „Vogt“, d.h. Vormund die Familie mit ihren beiden überlebenden Kinder durchbringen. Wie die im Anhang aufgeführten Vormundschaftsrechnungen zeigen, war die Familie relativ wohlhabend, und seiner Mutter wurde attestiert, dass sie ihre Kinder gut erziehe und das Vermögen mit Umsicht verwalte. Was indirekt aus den vorliegenden Dokumenten hervorgeht, ist die Tatsache, dass sie den Bauernbetrieb, die Weinschenke und das Backen weiterführte. Das war zweifelsohne eine riesige Belastung für eine Witwe, die ja auch zwei Kleinkinder zu erziehen hatte. Sie scheint das mit Unterstützung durch Bruder und Schwager klaglos bewerkstelligt zu haben. Es kann davon ausgegangen werden, dass die beiden Kinder sehr rasch im Haushalt, auf dem Feld und im Restaurant mit anpacken mussten. Trotzdem durften die Kinder die Schule besuchen, was damals alles andere als üblich war in Bauernfamilien. So war Johann Conrad gut ausgebildet, als er mit 22 Jahren zum Gemeinderats-Schreiber und kurz danach in den Gemeinderat gewählt wurde und dort das Amt des Seckelmeisters übernahm. Bemerkenswert ist, dass damals das Mündigkeitsalter 25 war, Johann Conrad also noch als „Vogtknab“, d.h. bevormundet, galt, als er schon Funktionen in der Verwaltung der Gemeinde übernommen hatte. Mit 28 Jahren, 1845, übertrug ihm seine Mutter die formelle Verantwortung für die „Weinschenke“, das heutige Restaurant Post. Bereits 1841 wurde dieses umgebaut, was in diesem Jahr zu einer Erhöhung der Brandassekuranz-Prämie und 1845 zu einer Neueinschätzung führte. Um all das zu bewältigen, trat er 1844 aus dem Gemeinderat aus, wurde aber 3 Jahre später, 1847, zum Gemeindepräsidenten gewählt, ein Amt, das er bis 1850 innehatte. Daneben bekleidete er in diesen Jahren die Funktion des Feuerwehr-Kommandanten. In den Jahren 1847 – 1856 wurden ihnen 6 Kinder geschenkt, zuerst 3 Mädchen (wovon eines leider mit knapp einjährig starb), hierauf 3 Buben, die allesamt eine gute Schulbildung erhielten. Eine Frage mag erlaubt sein: warum heiratete er in Uster, das doch sowohl von Volken wie auch von Eschlikon, Pfarrei Dinhart, woher seine Frau stammte, recht weit entfernt ist? War es wohl die Besorgnis um seinen guten Ruf, da die erste Tochter schon 4 Monate nach der Hochzeit zur Welt kam? Solche „Frühgeburten“ waren damals allerdings nicht unüblich, wenn auch vielleicht doch mit einem gewissen Stigma versehen. Über seine Zeit als Gemeinderat und - Präsident kann im „Volken im 19. Jahrhundert“ sehr viel nachgelesen werden. Hier nur einige Highlights: In seiner Sitzung vom 5. Februar 1850 entschied der Gemeinderat, dass der Sitzungsort weiterhin bei seinem Präsidenten Johann Conrad Keller sein sollte. Und da es gerade Winter und kalt war, wurde diesem Entschluss beigefügt, falls die Sitzung nicht in der unteren Stube (in der jetzigen Gaststube des Restaurants Post) stattfinden könne, also in die Stube im ersten Stock ausgewichen werden müsse und diese nicht geheizt sei, dann dürfe Präsident Keller das zum Feuern des Ofens benötigte Holz gratis von der Gemeinde beziehen. So war allen gedient: J.C. Keller konnte kostenlos die obere Kammer beheizen und seinen Ratskollegen vielleicht schon während, sicher aber nach der Sitzung, bei der Bekämpfung des Durstes helfen, und den andern Gemeinderäten wurde der Gang in die winterlichen Gefilde zur nächsten Beiz erspart. Als er 1853 als Kandidat für das Friedensrichteramt vorgeschlagen wurde, gleichzeitig aber auch Gemeindeammann war, da pfiff ihn das Statthalteramt Andelfingen zurück. Diese Ämterkumulation war nicht mehr möglich. Er entschied sich für das Amt des Gemeindeammanns. Allerdings verabschiedete die Kantonsregierung am 20. Juni 1855 ein Gesetz, das folgendes bestimmte: „Die Gemeindeammänner, die Präsidenten und die Schreiber der Gemeinderäthe dürfen weder selbst eine Wirtschaft betreiben noch in einem Haus wohnen, in welchem eine solche betrieben wird“. Eine harte Massnahme. Johann Conrad Keller überlegte, rechnete und entschied sich schliesslich für seine Weinschenke. Er trat als Gemeindeammann zurück. J.C. Keller diente auch in der lokalen Feuerwehr als Kommandant. 61 Klima und Katastrophen Die Jahre 1850 sowie 1851/1852 und 1854/1855 brachten kalte Frühjahre und nasse Hochsommer und damit eine Rezession, und von 1865 bis 1867 gab es nochmals schlechte Ernten mit sinkenden Roherträgen83. 1867 suchte eine Cholera-Epidemie Zürich und Umgebung heim. Es kamen auch Naturkatastrophen. So zog am Abend des 21. Juli 1881 ein ungemein heftiges Gewitter über das Gebiet zwischen Aaretal und Kaiserstuhl. In Flaach teilte es sich, der südliche Arm zog über Volken, Dorf, Humlikon gegen Adlikon. Es richtete schreckliche Verheerungen an. Obst- und Waldbäume wurden in grosser Zahl vom Sturme umgeworfen. Was stehen blieb, wurde vom Hagel nahezu vollständig entlaubt, das Getreide lag entkörnt und zerhackt, die Reben wurden furchtbar mitgenommen und mussten zu einem grossen Teil neu angepflanzt werden. In Volken erlitten 59 Einwohner oder rund 1/5 der Volkemer Schäden im Ausmass von 49’000 Franken. Zehn Jahre später wurden Dorf und Volken neben anderen Gemeinden wiederum von einem schrecklichen Hagelwetter heimgesucht. In Volken erlitten 51 Landbesitzer einen Schaden von 45’000 Franken, der durch Spenden aus dem Kanton in Höhe von 9’900 Franken etwas gemildert wurde. Um einen Kaufkraft-Vergleich zu haben: in seinem letzten Jahr als Posthalter, 1888, verdiente J.C. Keller 280 Franken jährlich. Der Franzosenkrieg von 1870/71 erforderte eine Grenzbesetzung. Die Zeit nach diesem Krieg führte 1876 – 1888 zur „grossen Depression des 19. Jahrhunderts“.84 Nach 1878 begannen die Agrarpreise, die seit 1840 kontinuierlich angestiegen waren, langsam zu sinken. Als Folge mehrerer schlechter Wetterlagen und der Verluste durch Schäden (falscher Mehltau, ab 1886 Reblaus) gingen die Ernten auf einen Viertel jener Mengen zurück, die in den goldenen Weinjahren von 1874 bis 1876 erzielt worden waren. Die Liegenschaftenpreise, welche um die Mitte der siebziger Jahre ihren Höhepunkt erreicht hatten, fielen bis Mitte der Achtzigerjahre um einen Drittel bis um die Hälfte. Viele Bauern konnten ihre Hypothekarschulden, die sie vor 1875 in Anbetracht der guten Ertragslage eingegangen waren, nicht mehr verzinsen. Auf der Landschaft nahmen die Zwangsversteigerungen stark zu: von 1879 bis 1891 gingen 6 - 8% aller Betriebe in Konkurs. In den ländlich-bäuerlichen Gemeinden herrschten Zukunftsangst und Unzufriedenheit; angesichts des Aufschwungs der nach 1883 wieder prosperierenden Industrie fühlten sich die Bauern benachteiligt.85 Die landwirtschaftlich geprägten Bezirke Andelfingen etc. erlebten zwischen 1880 und 1888 eine Bevölkerungsabnahme, die sich in vielen Gemeinden bis ins 20. Jahrhundert fortsetzte. Die Auswanderung nach Übersee erreichte einen neuen Höhepunkt. Die politische Entwicklung Die neue Kantonsverfassung vom 18. April 1869 sah die Unentgeltlichkeit des Volksschul-Unterrichts, der militärischen Ausrüstung (die früher selbst gekauft werden musste), eine Progressiv- und Erbschaftssteuer und die Gründung der Kantonalbank vor. Die neue Demokratie förderte die Integration des gewerblichen Mittelstandes, der Bauern und z.T. auch der Arbeiter in den bürgerlichen Staat.86 Die Höchstarbeitszeit für Kinder wurde erstmals festgelegt, und zwar 13 Stunden täglich. Für Erwachsene gab es keine Höchstgrenze.87 83 Geschichte des Kantons Zürich, Werd-Verlag, Band 3, Seite 147 Geschichte des Kantons Zürich, Werd-Verlag, Band 3, Seite 158 85 Geschichte des Kantons Zürich, Werd-Verlag, Band 3, Seiten 207 - 209 86 Geschichte des Kantons Zürich, Werd-Verlag, Band 3, Seite 149 87 dito, Seite144 84 62 Landwirtschaft Ab ca. 1840 ist die Kartoffel das wichtigste Volksnahrungsmittel, doch schon wenige Jahre später wütete die Kartoffelkrankheit, weshalb die Preise für Getreide haussierten. Die Obst- und Getreideernten fielen ihrerseits mittelmässig aus, was die Mortalität (Sterblichkeit) im Kanton Zürich ansteigen liess. – Die Getreideproduktion wurde kontinuierlich durch Futter, Wein- und Obstbau ersetzt. Seit Beginn des 19. Jahrhunderts zogen die Bauern auch des nordzürcherischen Weinlandes „aus den Reben ihren meisten und beträchtlichsten Nutzen“. Daraus musste „der gemeine Mann seine Geldzinsen abtragen“. Die Bauern begannen ihre Rebflächen weiter auszudehnen. Speziell nach 1850 erhöhte die Industrialisierung und ein steigendes Volkseinkommen die Nachfrage nach Wein. Im Zürcher Weinland und Unterland dominierten Acker- und Rebbau in Verbindung mit der Viehmast.88 Veredelung und Verjüngung der Reben, wie sie schon 1661 in einem Pflanzbuch erklärt wurde.89 Die Auswanderung Im 19. Jahrhundert setzte eine zunehmende Landflucht ein, bedingt durch Ernteausfälle, Teuerung, politische und religiöse Umbrüche sowie die beginnende Industrialisierung. Überseeische „Paradiese“ wie Nord- und Südamerika, aber auch Russland, warben um Einwanderer. Die Auswanderung aus der Schweiz erreichte in den Jahren 1882/83 Rekorde, so dass der Bundesrat am 22. März 1888 das „Bundesgesetz betreffend den Geschäftsbetrieb von Auswanderungsagenturen“ erliess, um die Auswanderung in den Griff zu bekommen. Ärmere Gemeinden, so auch Volken, waren froh, wenn sie potentiell armengenössige Mitbewohner zur Auswanderung bewegen konnten. Ihnen wurden oft die Kosten einer Auswanderung bezahlt. Beflügelt durch die Industrialisierung wurden die Städte, insbesondere die Stadt Zürich, eine attraktive Wirtschaftsregion, in die Arbeitsuchende aus der übrigen Schweiz und dem Ausland strömten.90 Der in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts auch in Volken und Umgebung einsetzende Bevölkerungsverlust wurde erst im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts mit der Ansiedlung von Zuzügern aus den Agglomerationen Winterthur und Zürich aufgefangen. 88 dito, Seite 36 Geschichte des Kantons Zürich, Werd-Verlag, Band 2, Seite 101 90 dito, Seiten 18 und 19 89 63 Johann Conrad Keller und die Post Am 1. August 1867 übernahm Johann Conrad Keller das Amt eines Posthalters und Briefträgers und war nun noch mehr Mittelpunkt in Volken, denn damals war die Dorfbeiz, noch mehr als heute, Zentrum für Informationen und Meinungsbildung. Schon bevor die Generaldirektion PTT verlangte, dass ein Posthalter seinen Kunden einen Raum zur Verfügung halten müssen, richtete Johann Conrad in seiner Weinschenke das Postbüro ein, den Raum rechts vom Eingang, heute noch sichtbar. Mit Postablage, Sitzungszimmer des Gemeinderats und Weinschenke in einem kann seine Bedeutung ermessen werden. Mit dem Aufkommen der Reisepost wurde dieses Amt immer wichtiger, sodass auch seine Entschädigung für dieses Amt grösser wurde: Sein erster Jahreslohn betrug stolze 80 Franken, und als er 1888 im Amt starb, verdiente er immerhin 280 Franken im Jahr. Das Stammhaus der Familie Keller, das Johann Conrad Keller bis zu seinem Tode bewohnte. Postkarte von ca. 1939. Man beachte die noch ungeteerte, landwirtschaftlich genutzte Strasse. Entwicklung der Post im Flaachtal 1610 wurde in Zürich die erste kantonale Poststation durch einen wohlhabenden Stadtbürger, Caspar Hess, errichtet. 1662 wurde das Postregal dem Kaufmännischen Direktorium übertragen. Die Post wurde durch die Bundesverfassung von 1874 eine selbständige Verwaltung des Bundes, nachdem sie seit 1848 auf Rechnung der Kantone durch den Bund betrieben worden war. – Im Flaachtal bestanden zuerst regelmässige Botenverbindungen, bevor die ersten Poststellen der kantonalen Post errichtet wurden. Ein privater Bote begab sich fünfmal die Woche in die Gemeinden des Flaachtales, vorerst zu Fuss, mit einer Chrätze auf dem Rücken, ab etwa 1830 mit Pferd und Wagen. Der Botenweg führte über Flaach und die Strasse um den Irchel herum nach Zürich. – Durch den Eisenbahnbau wurde auch die Postverteilung beschleunigt. 1830 errichtete die kantonale Post in Andelfingen ein Postbüro, wahrscheinlich 1842 folgte eine Ablage in Volken. 1873 wurde die Reisepost durchs Flaachtal eingerichtet und zuerst mit Pferden, dann motorisiert betrieben. Damit wurde auch im verkehrstechnisch abgelegenen Volken der Einfluss der städtischen Kultur und der Industrialisierung immer stärker. Die Postkurse beförderten nicht nur Passagiere, sondern in erster Linie Briefe, Pakete, Zeitungen und Geldsendungen. Als Verteiler im Kommunikationssystem nahmen sie deshalb eine zentrale Stellung ein.91 91 „Volken im 19. Jahrhundert“, Seiten 34 – 37 64 Johann Conrads letzte Jahre Es muss Johann Conrad Keller sehr getroffen haben, dass zwischen 1865 und 1875 alle Kinder Volken verliessen. Sein Lebenswerk war in Frage gestellt, die Wurzeln seiner Familie in Volken, die bis ins 14. Jahrhundert reichten, waren gerissen. Aber noch in der 3. Generation nach ihm wird berichtet, er sei autoritär und hart gewesen. Das sei der Grund, warum alle Nachkommen Volken verliessen, motiviert natürlich auch durch die Verlockungen der Städte und der überseeischen „Paradiese“. Es zogen weg: Anna Susanna Luise Johann Conrad Johann Hermann Gustav 23.5.1870 nach Schaffhausen, Heirat am 9.5.1875 in Zollikon, Scheidung 22.9.1877, Rückkehr nach Volken, Heirat am 29.8.1878 in Dorf Witwer Conrad Gisler aus Volken am 26. 6. 1865 nach Winterthur am 17. 1. 1870 nach Schaffhausen am 3. 4. 1870 „ausserhalb des Kantons“ am 30. 6. 1875, kehrt zurück, verliess Volken definitiv am 17.8.1879 Dass von seinen Nachkommen seine beiden Töchter wegzogen und heirateten, das war zu erwarten gewesen. Dass aber die beiden älteren Söhne fast gleichzeitlich im Jahr 1870 wegzogen, gefolgt vom Jüngsten, Gustav, 5 Jahre später (erst 19-jährig), das war kaum zu ertragen. Seine Mutter soll noch verzweifelt versucht haben, ihn in Volken zurückzuhalten, wie von seinen Nachkommen berichtet wurde, doch es half nichts. Die Söhne machten Karriere, Johann Conrad wurde erfolgreicher Metzger in Schaffhausen, Johann Hermann hatte eine gute Stelle in Winterthur, zog später nach Neuenburg. Gustav ging auf die Walz als Bäckergeselle und verheiratete sich in Winterthur. Somit bestand keinerlei Hoffnung auf einen Fortbestand des Familienbetriebes. Eine Familientradition, welche über 500 Jahre gedauert hatte, ging zu Ende. Angesichts seines Alters, seiner abnehmenden Kraft und der sinkenden Landpreise entschloss sich Johann Conrad Keller, den landwirtschaftlichen Erwerb aufzugeben und vorerst nur noch die Weinschenke und die Postablage weiterzubetreiben. Deshalb wurden der grösste Teil seiner Ländereien und die zur Landwirtschaft gehörenden Geräte verkauft. Am Freitag 15. Februar 1884 fand die Versteigerung der Äcker, Wiesen, Reben und des Hanflandes statt, gefolgt von einer in der Andelfinger Zeitung annoncierten Gant von Fahrhabe und Hausrat am Dienstag, 19. Februar 1884. Am 9. Mai 1887 verkaufte er sein Haus samt Umschwung und Inhalt. Der Verkaufsvertrag ist im Anhang wiedergegeben. Weiter berichtet die Andelfinger Zeitung in ihrer Ausgabe vom 21. Februar 1888, für die Poststelle Volken werde ein neuer Stellen-Inhaber (Postablagehalter und Briefträger) von der Kreispostdirektion Zürich gesucht. Dann folgt ein weiteres Inserat in den Ausgaben vom 2. und 7. März 1888 (seinem Todestag): „Zum Verkauf wegen baldigem Wegzug eine eiserne Weinschenks-Taverne neu und stark, sehr billig, und zwei eiserne Weinzuber bei Keller zur Post in Volken“. 65 Anna Keller geborene Wiesendanger, 28.4.1826 – 25.4.1906 Anna Keller - Wiesendanger musste als Bäuerin und Wirtin ihrem Mann bei allen seinen Arbeiten zur Hand gehen. Dazu kam die Erziehung ihrer fünf Kinder, welche offenbar, glaubt man den noch in dritter Generation zirkulierenden Gerüchten, sich immer mehr gegen die autoritäre und fordernde Art ihres Vaters auflehnten. Doch auf Familiensolidarität war Verlass, und das untenstehende Urteil zeigt, dass Frau Anna auch Zähne zeigen konnte: Anna Keller-Wiesendanger Urtheil des Kreisgerichts Flaach: In Sachen des Johs Schuler, Viehandler, von Volken, Kläger, gegen Anna Keller, Ehfrau des Herrn Gemeindeammann Keller von Volken, 39 Jahr alt Mutter von 5 Kindern betreffend Beschimpfung, mit Einmuth gefunden Frau Anna Keller sei der Beschimpfung schuldig, hierauf erkannt 1. seien die beschimpfenden Äusserungen der Beklagten folgenlos erklärt und die Ehre der klagerschen Partei unbeschadet 2. sei Frau Keller in eine Buss v. 10 fr verfällt 3. trage sie die erlaufenen Prozesskosten 4. habe sie den Kläger mit 3 fr zu entschädigen 5. Mitteilung dieses Urteils den Partheien mündlich, dem Statthalteramt schriftlich Aktum d. 1. Juli 1865 das Kreisgericht Flaach Peier Schreiber 66 1865 muss ein ereignisreiches Jahr gewesen sein. Die Übernahme der Poststelle zeichnete sich ab, ein Umund Ausbau der Liegenschaft wurde in Angriff genommen und zog eine Erhöhung des Gebäudeversicherungswertes nach sich92. Johann Conrad löste wieder sein Wirtepatent und wurde als Gemeindeammann gewählt. Das schien bösen, bissigen und neidischen Kommentaren zu rufen. Wie das nebenstehende Urteil zeigt, setzte sich Frau Anna aber gegen solche Provokationen „aktenkundig und erfolgreich“ zur Wehr. Dem Zwischenfall vorangegangen war eine Beleidigung durch die Ehefrau des Klägers, Johannes Schuler. Anlässlich der Heimkehr der Familie von Johann Conrad Keller über einen Feldweg rief diese: „Das ist kein Weg, und wenn schon, nur für rechte Leute und nicht für schlechte“. Nach weiteren Wortwechseln schloss Frau Schuler den Streit: „du bist der schlechteste Mensch, wo auf Erden lebt, geh nur du schlechte Person, sonst schlage ich dir die Beine ab“, wobei sie diese Drohung mit zwei Steinen in der Hand unterstrich. Die Keller klagten, Johann Conrad nahm einen Anwalt und beharrte auf einer Verurteilung. – Die Retourkutsche folgte auf dem Fuss. Anna Keller-Wiesendanger beschimpfte Johannes Schuler mit ähnlichen Worten.93. Die Gegenklage folgte und zeitigte das nebenstehende Urteil. Dann begann der Auszug des Nachwuchses. Die zweitälteste Tochter zog im gleichen Jahr 1865 nach Winterthur. Als fünf Jahre später auch ihre beiden älteren Söhne den väterlichen Hof verlassen hatten, wollte sie wenigstens ihren Jüngsten, Gustav, unbedingt zurückhalten. Um ihn zum Bleiben zu überreden, soll sie ihm Wein in grossen Mengen zu seiner Feldarbeit gebracht haben, aber ohne Erfolg (es war ja üblich, z.B. Tagelöhnern täglich 3½ Liter Wein zu geben). So kam es, dass mit Gustav auch das letzte ihrer Kinder Volken verliess. Die älteste Tochter Anna kehrte nach ihrer Scheidung zurück und heiratete den Witwer Conrad Gisler, der zwei Tage älter war als ihre Mutter. Conrad Gisler brachte einen Sohn in die Ehe, der zum Stammvater der Familien Blapp wurde, die heute in Volken leben oder noch nicht lange aus Volken weggezogen sind. Erstaunlich ist, dass auch zu Beginn des 21. Jahrhunderts immer noch in hohen Tönen von ihrer Warmherzigkeit und Gastfreundschaft gesprochen wird. Sie hat ohne Zweifel das Fundament gelegt, dass heute noch Blapps mit den Keller-Familien freundschaftlich verkehren. Leider kann nicht festgestellt werden, wohin sie nach dem Tod ihres Mannes zog. Der Hof war ja schon verkauft. Sie musste aber noch ihre restlichen Sachen liquidieren, wie die Inserate aufzeigen, die auf den vergangenen Seiten aufgeführt sind. Es ist am ehesten anzunehmen, dass ihre Tochter Anna Gisler-Keller sie zu sich nahm. Am 18. September 1904 schlug der Tod nochmals zu. Ihre Tochter Anna verstarb und kurz darauf auch deren Mann Conrad Gisler. Anna Keller-Wiesendanger musste somit zwei ihrer drei Töchter zu ihren Lebzeiten hergeben. In Volken war sie nun allein. Kein direktes Familienmitglied lebte mehr dort. Ihr lediger Sohn Johann Hermann holte sie deshalb zu sich nach Neuenburg. Wie hat es eine Bauernfrau aus dem verkehrsmässig abgelegenen Volken wohl ertragen, nun in einer grösseren Stadt zu leben, wo darüber hinaus noch eine ganz andere Mentalität herrschte, eine fremde Sprache gesprochen und eine fast achtzigjährige Frau aus der Deutschschweiz wohl nicht mit grossem Enthusiasmus willkommen geheissen wurde? Es darf wohl angenommen werden, dass sie sich recht entwurzelt fühlte, obwohl sie bei ihrem Sohn leben konnte. Das ganze soziale Netz aus Volken, wo sie immerhin rund 50 Jahre gelebt hatte, musste sie zurücklassen. Und Eschlikon, woher sie stammte und wo ihre Familie wohnte, war noch weiter weg. - Alles ausser ihr Sohn muss ihr sehr fremd gewesen sein. In Neuenburg verstarb sie am Abend des 25. April 1906 um 21.50 Uhr an Grippe und wurde im Cimetière de Beauregard begraben94. Johann Hermann setzte ein Legat aus, dass ihr Grab während der ganzen Liegedauer bepflanzt und unterhalten werde. In Volken wohnte ja niemand mehr, der ihr Grab hätte pflegen können, wie es Brauch war. Man kann dieser Frau, wie auch ihren Vorgängerinnen an der Seite unserer Ahnen, nur die grösste Hochachtung und Wertschätzung entgegenbringen. Mit ihr starb die letzte in Volken lebende Vertreterin des Familienstammes des Verfassers. 92 Siehe Seiten 88 – 90 im Anhang StAZH Z 411.245 Seiten 337-340 94 Brief des Office des Archives de l’Etat de Neuchâtel vom 13.2.2007 bei H.P.Keller 93 67 Die Arbeit einer Bäuerin Über die Rolle der Bäuerin wird im bereits früher zitierten Abschnitt über den Wandel der bäuerlichen Arbeitswelt folgendes geschrieben: „Im Rahmen der Selbstversorgung musste die ganze Familie als Arbeits- und Produktionsgemeinschaft vielfältige Arbeiten ausführen, die heute von der Nahrungsmittelindustrie besorgt werden. So war das Fleisch zu räuchern, man musste Hanfsamen und Baumnüsse für die Ölproduktion vorbereiten, Erbsen für Suppen und Breie ausschoten, Äpfel zum Dörren „stückeln“ usw. Bei diesen Arbeiten leisteten die Bäuerinnen einen entscheidenden Beitrag zur Existenzsicherung, sie litten aber auch unter harter Belastung. Eine teilweise Freistellung der Frau aus dem Arbeitsprozess zur Pflege bürgerlicher Häuslichkeit war in Bauernfamilien unvorstellbar.“ Soweit zur Lebensaufgabe auch von Anna Keller-Wiesendanger. Beispiele der veränderten Produktionsweise. Oben Pfluggespann mit drei Ochsen, um 1800 Unten Grasmähmaschine mit Pferdezug, die seit 1870 die bäuerliche Arbeit erleichterte.95 95 Geschichte des Kantons Zürich, Werd-Verlag, Band 3, Seite 29 68 Anhang Zusammenstellung der Verkäufe (Seiten 70 – 71) und der Verkaufsvertrag des Stammhauses (Seiten 72 – 75) Der Besitz von Johann Conrad Keller kann auf insgesamt 8,5 Hektaren veranschlagt werden. Er war also kein Kleinbauer (Landbesitz bis 5 Hektaren), sondern höchstens ein mittelgrosser Bauer, bezogen auf den Grundbesitz. Sein Besitz teilte sich auf 54 Parzellen, was eine zweckmässige Betriebsführung äusserst erschwerte. Der Notar bestätigte im Verkaufsvertrag vom 9. Mai 1887, dass wegen des niedrigeren Verkaufspreises der Assekuranzwert „eine Reduktion erleiden werde“. Beistandschaft und Vormundschaft von Susanne Keller-Gisler (Seiten 76 – 87) Am 24. Juni 1821 verstarb Hans Konrad Keller. Er hinterliess eine Frau und drei unmündige Kinder. Die kurz vorher geborene Tochter Susanna starb drei Tage nach ihrer Geburt, einen Tag vor dem Tod ihres Vaters. Witwen wurde immer ein Beistand zur Seite gestellt. Beistand für Frau Susanna war ihr Bruder Hans Jakob Gisler, Gemeindeamman in Flaach; Vormund für ihre Kinder wurde deren Onkel Heinrich Keller, Bruder des Verstorbenen, Friedensrichter. Der Vormund verzichtete jeweils auf sein Honorar, ebenso der Beistand der Mutter. Ein schönes Beispiel gelebter Familiensolidarität. Zu Lasten der Vormundschaftsrechnungen mussten allerdings die Kosten für das Unterwaisenamt (Vormundschaftsbehörde), den Weibel, den Schreiber und gegebenenfalls den Bezirksrat bezahlt werden. Ein Vergleich der Vermögensrechnungen mit denjenigen anderer Vormundschaften in der Zeit von 1821 – 1841 zeigt, dass die Familie mit Aktiven von rund 10‘000 Gulden relativ wohlhabend war. Auf die Liegenschaft entfielen 5‘115 Gulden, der Rest war liquides Vermögen. Die übrigen Mündelvermögen in den Volkemer Vormundschaftsrechnungen schwankten zwischen Überschuldung und 3‘500 Gulden Vermögen. Am 30. März 1842 wurde die Schlussabrechnung angenommen. Die bisher bevormundeten Kinder wurden nun definitiv aus der Vormundschaft entlassen. Die Tochter Anna Barbara war bereits verheiratet mit Jakob Wipf von Trüllikon. Ihr Bruder Johann Conrad war bekanntlich schon einige Zeit Gemeindeschreiber und Gemeinderat. Liste der von der Kantonalen Gebäudeversicherung versicherten Gebäude von J.C. Keller (Seiten 88 – 90) 69 Liste der Verkäufe 1884 – 1888 70 71 Verkaufsvertrag von 1887 der Liegenschaft des jetzigen Restaurants Post mit Scheune und Stallung, Waschhaus, Schweineställen, Weintrotte und Hofstatt Transkript des Original-Kaufvertrags in unsere Schrift Kaufbrief per 13 000 Frk. für Herrn Gemeinderath KONRAD ERB, Abrahamen sel. Sohn, von und in Volken -------------------- Dat. 9. Mai 1887 Protokoll Flaach-Volken Bd. 4 p. 70 72 Kaufbrief per 13000 Frk. Hr. a. Gemeindeammann J. Konrad Keller, Konraden sel. Sohn in Volken überträgt anmit dem Herrn Gemeinderat Konrad Erb, Abrahamen sel. Sohn von und in Volken Pfr. [=Pfarrei] Flaach ohne Nachwährschaft kaufsweise zu Eigenthum: Eine Behausung, Scheune und Stallung, Waschhaus, Schweineställe und eine Weintrotte sammt Hofstatt und ca. sieben Aren ( 1 Vrlg.) Kraut- und Baumgarten; grenzend: 1. und 2. an Strassen, 3. an Käufers Hofstatt, 4. an Ulrich Hagmanns und Gebrüder Gislers Häuser und Gärten. Assekuranz: Diese Gebäulichkeiten sind wie folgt assekurirt: sub No 40 a. 1 Wohnhaus, Scheune und Stall, laut Tabelle vom Jahre 1865 für Fr. 10 000.-. 1 Schopfanbau mit Keller laut Tabelle vom Jahr 1871 „ „ 800.-. sub No 40b. 1 Waschhaus mit Schweine= ställen laut Tabelle vom Jahre 1865 „ „. 500.-. sub No. 41. 1 Trotthaus, laut gleicher Tabelle „ „ 200.-. 1 Trottwerk, laut Tabelle vom nämlichen Jahre „ „ 600.-. -------------------(dreizehntausend und einhundert Franken) Sa. Fr. 13.100.-. welche Assekuranzanschläge zufolge niedrigen Kaufswerthes eine Reduktion erleiden werden. A. ca. zehn Aren (ca 1 ½ Vierlinge weniger 844 Fuss2’) Wiesen in Hofwiesen oder Baumgarten; grenzend: 1. an die Strasse, 2. an Konrad Keller, Rafzers Wiesen, 3. an Konrad Kellers Wiese, 4. ebenso und an Konrad Ritzmanns Garten. Ca. 1 Are 80 m2 hievon Zinsen jährlich: ) 2 Mässli Kernen vier und einen halben Heller Geld ) 73 dem Kloster Allerheiligen in Schaffhausen. den Restzinse jährlich: 2 Vierlinge Kernen dem Amte Embrach Servitut: Konrad Ritzmann, als Eigenthümer von ca 75,9 Quadratmeter (844 Fuss2) Krautgarten bei seinen mit No 56 bezeichneten Gebäulichkeiten ist verpflichtet, auf eigenem Lande obigen Grundstücke des Käufers auch einen dürren Haag zu machen und jederzeit zu unterhalten; dagegen ist er berechtigt, bis auf einen Meter fünf Dezimeter (5 Fuss.) an die Marke zu bauen. Zum Kauf gehören ferner und sind in der Kaufsumme inbegriffen: das Sechtkessi mit Brenngeschirr im Waschhaus, zehn diverse Weinstanden in der Trotte und zwei Weinfässer im Keller ca 39 Hektoliter haltend. Der Käufer erklärt, diese Gegenstände bereits in Besitz genommen und sich davon überzeugt zu haben, dass dieselben nicht verpfändet sind. Alles zusammen für Frk. 13 000.-. (Dreizehntausend Franken), wovon: A. Fr. 250.- (zweihundert und fünfzig Franken) an einen Fr. 6000.--. haltenden Schuldbrief dat. 18. September 1880 der tit. Zürcher Kantonalbank in Zürich. Ablösungstermin: Martini 1889. Trager wird nun der Käufer. dem Käufer von Martini 1886 (sechsundachtzig) an, bis wohin laut vorgewiesenem Zinsheft gezinset ist, nach Briefsinhalt zu verzinsen und sr. Zt. zu bezahlen überbunden wurden, und Fr. 3000.-. (dreitausend Franken) laut Erklärung der Kontrahenten bezalt sind, und Fr. 3 250.-. Transport: 74 Fr. 3 250.- Transport. Fr. 9 750.-. (Neuntausend, siebenhundert und fünfzig Franken) als Rest mittelst eigentlichen Schuldbriefes auf die in Liegenschaften bestehenden Kaufobjekte zu versichern, von Maitag 1887 (sieben und achtzig) an alljährlich auf Maitag zu vier Prozent zu verzinsen und wie folgt zu bezalen sind Fr. 250.-. (zweihundert und fünfzig Franken) mit Maitag 1888 (achtund achtzig), „ 1500.-. (eintausendundfünfhundert Franken) in sechs gleichen, aufeinanderfolgenden Jahreszalungen, daran erste mit Maitag 1890 (neunzig) verfällt, und „ 8000.-. (achttausend Franken) auf eine beiden Theilen von Maitag 1895 (fünf und neunzig) an, bis wohin diese Summe unaufkündbar stehen bleibt, je auf Maitag oder Martini freistehende, halbjährliche Kündigung hin. Sollte der Käufer mit der Bezalung des Zinses oder einer bedungenen KapitalabZalung länger als einen Monat im Rückstand sein, so ist der Verkäufer berechtigt, den ganzen noch ausstehenden Kaufrest ohne weiteres täglich auf ein halbes Jahr zu künden. Fr. 13000.-. Summa. Der Kaufantritt hat stattgefunden. Gefertigt, Andelfingen, den 9. Mai 1887 Notariatskanzlei Andelfingen: Jakob Siegfried, Landschreiber BESIEGELT Andelfingen, den 15. Juni 1887 75 Vormundschaftsrechnungen für die Erben von Hans Conrad Keller, 28.2.1779 – 25.6.1821 Actum Volken, den 10. Jullj 1821 Prtbhs [presentibus = anwesend] Gemeindammann Hatt und Seckelmeister Schuler, in Abwartung des Gemeinderaths-Waibel Wegmann Beschreibung des verstorbenen Conrad Keller, Bek und alt Gemeindammann sel. Verlassenschaft Hierzu sind rechtmässige Erben: Die Wittwe Kinder: Susanna Gyssler, alt. 32 Jahre in Zustand ihres Bruders Jakob Gyssler von Volken Joh. Conrad Keller, alt 4 ½ Jahr Anna Barbara Keller, alt 3 Jahr die Kinder sind verbeystandet mit Heinrich Keller alt Friedensrichter von Volken da dann vorhanden an liegenden Gütern lt. Schatzung „ Fahrniss „ eingehenden Schulden 4805 fl. 0 s 1506 „ 14 „ 4727 „ --_______ _____ 11038 fl. 14 s 1903 „ 6 „ _______ _____ Summa aller Activa Hierauf haften Passiva So verbleiben liquide Mittel 9135 fl. 8 s ====== ====== Beyliegdr. Beschluss des E. Unter-Waisenamts wegen Reparatur der Kellerschen alt. Gmd.Ammann seel. Behausung vom Lob. Oberwaysenamt ratificiert [Anmerkung des Transkribenten: fl = Florin oder Gulden, s = Schilling; 50 Schilling = 1 fl; Batzen = 10 Rappen]] 76 Abschied Den 20. Jullj 1821 ward vorstehende Beschreibung vor dem Unterwaisenamt in Gegenwart der Wittwe Susanna Gyssler in Zustand des Hans Jacob Gyssler von Volken dessgleichen der Kinder Beystand Heinrich Keller alt Friedensrichter von da und Hr. Gemeindammann Gyssler von Flaach verlesen und auf ihres Bezeugen, dass alles richtig angegeben worden sey, erstinstanzlich abgenohmen, anbey erkennt dass 1. diese Verlassenschaft nach Inhalt der Inventur, der Wittwe Susanna Gyssler nach Erbrecht, ohne Schwinnung des Hauptguth, zur Nutzniessung überlassen, selbiges in gutem Stand bestens zu unterhalten, wobey sie die Kinder nach ihrer mütterlichen Pflicht auferziehen und zu besorgen hat. 2. da die Kinder noch ganz minderjährig, findet das Unter Waysenamt für zweckmässig, dass die Kleider das des Erblassers verkauft werden sollen. 3. solle die Wittwe ihrem Schwehervatter Jakob Keller die Lejbding [Altersunterstützung, -Beitrag] alljährlich auf Martini beförig entrichten 4. wird zu einem vögtlichen Aufseher bestimmt: Hs Jacob Gyssler von Volken 5. solle mit Martini 1822 Rechnung gegeben werden 6. Gebührt dem Unterwaysenenamt an Sitzgeld 14 Franken 6 Batzen dem Schreiber 2 Frk, dem Weybel 4 Batzen – für Aufnahme der Beschreibung 5 Frk und für ins Reineschreiben der Inventur u. Prot. 3 Frk. Nom. des Unterwaisenamts der Präsident Hatt 77 Haushaltungs Rechnung Alt Gemeindammann Konrad Keller selg. Wittwe und Kinder zu Volken, unter vogtlicher Aufsicht Jakob Gisler daselbsten De July 1821 und Martini 1822 Namen und Alter der Wittwe und Kinder Wittwe Susanna Gisler alt 34 Jahr Kinder 1. Hs. Conrad Keller “ 6 “ 2. Anna Barbara Keller “ 5 “ - Gegenwärtige Activa 5110 Gulden 31 Schilling an Liegenschaften 1185 Gulden 27 Schilling an Fahrnissen 5040 Gulden 33 Schilling an eingehenden Schulden. 11337 Gulden 11 Schilling Summa aller Activa. 1704 Gulden 26 Schilling Summa aller Passiva 9632 Gulden 25 Schilling Liquides Mithin Vorschlag 497 Gulden 16 Schilling 78 Abschied Den 19ten Merz 1823 ward vorstehende Rechnung vom Unterwaysenamt, in Anwesenheit des vogtlichen Aufsehers Und der Wittwe und Friedensrichter Heinrich Keller als der Kinder Beystand verlesen – nach aritmetischem richtig befinden zu Dank abgenohmen – anbey erkannt. – 1. Ist der Wittwe diese Anwartschaft nach Inhalt der Inventur fehrner überlassen 2. Ist der vögtliche Aufseher in seiner Stelle bestätiget, und soll mit Martini 1824 Haushaltungs-Rechnung ablegen. 3. Solle die künftige Rechnung in Betreff der Fahrhabe besser formularisiert werden. 4. Bezieht das Unterwaisenamt pr. Sitzgeld 12 Frk. der Schreiber 2 Frk. Waybel 4 Batzen. Vom lobl. Ob.W.amt ratificiert Nom. des Unterwaysenamts Gemeinderathschreiber Kramer 79 Haushaltungs Rechnung Alt Gemeindammann Conrad Keller sel. Wittwe und Kinder zu Volken unter vogtlicher Aufsicht Hans Jacob Gislers von daselbsten De Mart. 1823 ad 1824.___________________________________________ Namen und Alter der Wittwe und Kinder Wittwe: Susanna Gisler alt 36 Jahr Kinder: 1. Hs Conrad Keller alt 8 Jahr 2. Anna Barbara 7 Jahr _______________________________________________________________ Gegenwärtige Aktiva Passiva Liquides 11799 fl 34 s 1679 fl 24 s 10120 fl 10 s 487 fl 25 s Vorschlag seit letzter Rechnung. Abschied Den 25ten Merz 1825 ward vorstehende Rechnung vor Unterwaisenamt in Anwesenheit des vögtlichen Aufseher und der Wittwe und Hr Richter Heinrich Keller von Volken als der Kinder Beystand verlesen nach richtig befinden dem vögtlichen Aufseher zu Dank abgenohmen anbey erkennt: 1. Gebührt dem vogtlichen Aufseher als Vogtlohn 64 Frk 7 Bz allwo aber nach des vogtlichen Aufsehers Äusserung dieser ganze Betrag nicht verlangt wird. 2. Ist der vogtliche Aufseher in seiner Stelle bestähtiget und der Wittwe dieses Wesen ferner überlassen, worauf sie die Kinder mit allem Nöthigen zu besorgen sich ferner verpflichtet. 3. Solle auf Genehmigung des lobl. Oberwaisenamtes mit Mart(ini) 1828 HausHaltungs-Rechnung abgelegt werden. 4. Bezieht das Unterwaisenamt pr. Sitzgeld 12 Frk, der Schreiber 2 Frk. und der Weibel 4 Bz. Nom. des U.W.Amtes Gemdammann Kramer Vom lobl. Oberwaisenamt ratificiert. 80 Haushaltungs-Rechnung für Conrad Keller alt Gemeindammann Conrad Keller sel. Wittwe und Kinder unter vögtlicher Aufsicht Hans Jakob Gislers von Volken de Martini 1825 ad dito 1826___________________________________________ Namen und Alter der Wittwe und Kinder Wittwe: Susana Gisler Kinder: 1. Hs Conrad Keller 2. Anna Barbara Keller alt 38 Jahr alt 10 Jahr 9 Jahr Gegenwärtige Aktiva An eingehenden Schulden an Liegenschaften an Fahrnissen Tottal An Passiva gegenwärtig Liquides 5594 fl 5115 fl 1260 fl 11970 fl 1669 fl 10301 fl 12 s 31 s 27 s 30 s 24 s 6 s Vorschlag 135 fl 36 s. Abschied Den 10ten Aprill 1827 ward vorstehende Rechnung vor U. W. Amt in Gegenwart des vögtlich Aufsehers und der Wittwe und Hr. Richter Keller von Volken als nächst Verwandter verlesen, nach arritmetischem richtig befinden zu Dank abgenohmen anbey erkennt. — 1. ist der vogtliche Aufseher in seiner Stelle bestehtiget und solle mit Martini 1828 Rechnung ablegen. 2. Ist der Wittwe dieses Wesen zur Benutzung ferner überlassen alles lt. Inhalt dieser Rechnung 3. Hätte diese Rechnung laut Erkanntnis des Lobl. Oberwaisenamtes vom 20ten Juny 1825 nach dem Formular Litr. A. gestellt werden sollen, sowie auch dass die kleineren Activ-Posten hätten eingezogen und unter annähmbarer Versicherung in grössere verwandelt und die grossern Posten, welche nicht versichert, ebenfalls als wirklich versichert in dieser Rechnung hätten compartieren sollen. 4. bezieht das U.W.Amt pro Sitzgeld 12 Frk, der Schreiber 2 Fr. der Wajbel 4 Bz. Nom. des U.W.Amtes Gmdamman Kramer Vorstehend Rechnung vom Lobl. Oberwaysenamt mit der Bemerkung ratificiert, dass dieselbe nach früherer Vorschrift hätte gestellt und begründet werden sollen. 81 Haushaltungs Rechnung Alt Gemeindeammann Conrad Keller slg. Wittwe und Kinder zu Volken unter vögtlicher Aufsicht Jakob Gisslers von daselbsten de Martini 1827 u. dito 1828 ________________________________________ Wittwe Kinder Namen und Alter der Wittwe u. Kinder Susanna Gisler alt 40 Jahr. 1. Joh. Konrad Keller alt 12 Jahr. 2. Anna Barbara Keller alt 11 dito. ________________________________________________ Gegenwärtige Activa An eingehenden Schulden 6240 fr 36 B an Liegenschaften 5115 fr 31 B an Fahrnissen 1089 fr 27 B Tottal 12446 fr 14 B An Passiva gegenwärtig 1664 fr 32 B Liquides 10781 fr 22 B Vorschlag 480 Fr. 16 B Abschied Den 13tn Merz 1829 ward vorstehende Rechnung vor Unterwaisenamt in Anwesenheit des vögtlichen Aufsehers und der Wittwe, und Hr. Richter Heinrich Keller als nächst Verwandter verlesen, nach richtig befinden zu Dank abgenohmen – anbey erkannt. 1. gebühret dem vögtlichen Aufseher als Vogtlohn 68 Fr. 9 Btz 6 Rap. (welcher Betrag zwar von dem vögtlichen Aufseher nicht vollständig verlangt wird). 2. ist der vögtliche Aufseher in seiner Stelle bestätiget. 3. Da das lobl. Ob.W.amt laut Erkanntnuss vom 20.ten Junj 1825 und 15.ten August 1827 diessfälllige Rechnung nach dem Formular Litr. A zu stellen befahl, sowie auch dass die kleineren ActivPosten eingezogen und gegen annehmbare Versicherung in grössre verwandelt werden, welche Erkanntniss das U.W.Amt bey Abnahm letzerer Rechnung pflichtgemäss nicht unbeachtet gelassen, so findet das U.W.amt bey gegenwärtigem Anlass für zweckmässig. a) dass, da auch in andern Gemeinden unseres Oberamts nach gesetzlicher Anleitung HaushaltungsRechnungen geben werden – auch dieser Vermögensbesitzstand (welcher bis dahin unverkennbar haushälterisch besorgt worden) sich dahin qualificiere, dass hierüber Haushaltungs- Rechnungen nach dem Formular Litr. B. gegeben werden können. b) in betreff der lfd. grösseren und kleineren Activposten bey welchen für den Bevogteten Schaden oder Verlust zu besorgen wäre, wird dem vögtlichen Aufseher aufgetragen, dieselben ungesäumt einzuziehen und wo immer möglich auf versichertem Fuss zinstragend zu machen. 4. Soll mit Mart. 1830 Haushaltungs-Rechung abgelegt werden. 5. bezieht das Unterwaisenammt 14 Frk. --- dem Schreiber 2 Frk. und dem Waibel 4 Batzen. Nom. des Unterwaisenamts Gemeindrathschreiber H. Kündig Vom lobl. Ob.W.amt mit besondern Bemerkungen ratificirt. Vide Bemerkung laut Rechnung dem Ob.W.amtlichem Beschluss Welche aber nachher geändert wurden 82 Haushaltungs-Rechnung Conrad Keller alt Gmdammans sgl. W. u. Kinder unter vogtlicher Aufsicht Jakob Gisler von Volken De M. 1829 bis M. 1833 Wittwe: Kinder: Namen u. Alter der W. u. Kinder Susanna née Gisler alt 45 Jahr 1. Conrad Keller alt 17 Jahr 2. Ana Barbara alt 16 Jahr Gegenwärtig Activa Dito Passiva Liquides 10751 fl 18 s 1571 fl 10 s 9180 fl 8 s Abscheid 1. 2. 3. 4. Den 9ten Junj 1834 ward vorstehend Rechnung von dem Gmdrath in Gegenwart des vögtlichen Aufseher der Wittwe und Frd.richter Keller zu Volken verlesen, nach richtig befinden dem vögtlichen Aufseher mit Dank und Zufriedenheit abgenohmen, anbey anerkennt. hat der vögtliche Aufseher den Vogtlon nicht bezogen ist derselbe vögtliche Aufseher in seiner Vogtstelle bestetiget und solle mit Martini 1835 Rechnung ablegen. Seye dem Vogt aufgetragen die laufende Posten per 800 fl versicheren zu lasen. Gebührt Gmdrath für jede Rechnungabnahme per Sitzgeld 14 Fr. 6 Bz 8 Rap., dem Schreiber 2 Fr. per Abschied und Protokol, dem Weibel 4 Bz Nom. des Gemeindraths Schuler Gmdrathschreiber Erkantnis des Bezirksrathes 1. 2. 3. 4. 5. Vorstehende Rechnung wurde in hütiger Sitzung mit folgenden Bemerkungen von dem Bezirsrath ratifiziert: ist die Bilanz unregelmässig gezogen worden Da die Schuldbriefe auf Rudolf Peyer, Konrad Fehr, Ulrich Morgen und Johanes Kramer weder von dem Erblasser herstammen noch mit waisenamtlicher Bewilligung angelegt wurden, so werden solche nur unter der geleisteten Bürgschaft der Wittwe, des Herrn Untergerichts Präsident Gisler in Flaach und Frd.richter Keller in Volken anerkant und hat der Gmdrath den diessfälligen, vom 14ten April 1834 datierten Bürgschaftschein in Archiv zu verwahren. Sollen in heutiger Rechnung auf pag. 2 die zu der Güterschatzung berechneten 305 fl 34 s wegen einer neuer Stokmauer wider abgezogen und diese Baukosten von der Wittwe getragen werden zumahl es natürlich ist, dass sie als Nutzniesserin der ganzen Verlassenschaft ihres Ehemannes slg. auch das Haus in gehörigen Stand unterhalten und überdiess zur Erbauung jener Maur die Consenz der Waisenbehörden nicht eingeholt wurden. Soll künftighin zu jeder Geltanlegung die Bewilligung der Waisenbehörden eingeholt werden. Ist für die 800 fl haltende laufende Post mit Beforderung ein Versicherungspro? inzu geben. Kanzleygebühr 2 Fr. Weibel 2 Bz Actum Donnerstags den 24. Julj 1834 Vor dem Bezirksrath Andelfingen Der Actuar J.J. Hablützel 83 Haushaltungs-Rechnung von Jacob Gisler als vögtlicher Aufseher des Alt Gemeindeammans Konrad Keller Wittwe und Kinder, allerseits von Volken De Mart(ini) 1834 und 1835 Namen und Alter der Befogteten Wittwe Susanna Gisler alt 47 Jahre Kinder Hs Conrad Keller Ana Barbara Keller alt 19 Jahre alt 18 Jahre Gegenwärtige Activa An eingehend Schulden Schatzung der Liegenschaften Fahrnissen An Passiva 4565 fl 5115 fl 1069 fl 10750 fl 1570 31 27 18 s 10 9180 fl 8s Abscheid Volken d. 16ten April 1836 war vorstehende Rechnung vor dem Gem.Rath in Gegenwart des Vogt, der Wittwe und Friedensrichter Keller von da zu Volken verlesen nach richtig befinden dem Vogt mit Dank abgenohmen, anbey erkent. 1. Gebührt dem Vogt per Vogtlohn 58 Frk 6 Bz. 2. Ist derselbe in seiner Vogtstelle bestetiget und soll derselbe mit Martinj 1837 wiederum Haushaltungs Rechnung ablegen 3. Da laut Erkantnis des lobl. Bz.rathes hette sollen 305 fl 31 s an der Güterschatzung abgezogen werden, selbiges aber nicht geschähen ist, wil der Bau von Lobl. Oberwaisenamt bewilliget worden ist den 17. April und 11. May 1822. 4. Gebührt dem Gmdrath per Sitzgeld 14 Frk 6 Bz 8 Rap, dem Schreiber 8 Frk Abschied u. Prot., dem Weibel 11 Bz Botenlon Bescheint im Nam. des Gmdraths Bz.rathlich ratificiert Präsident Schuler 84 Haushaltungs Rechnung für Alt Gemeindammanns selg. Wittwe u. Kinder zu Volken unter vögtlicher Aufsich Jakob Gisler von da De: Marti 1836 ad dito 1837 Nahmen und Alter der Wittwe und Kinder Wittwe Susana geb. Gisler geb. 1789 Kinder 1. Conrad Keller geb. 1817 2. Barbara Keller geb. 1818 Gegenwärtige Activa a. an Capital b. Schatzung der Liegenschaft c. dito an Fahrnissen 4565 fl --5115 fl 31 1072 fl 27 Total An Passiva Liquides 10753 fl 18 S 1579 fl 10 9180 fl 8 S Abscheid Volken den 31ten Merz 1838 ward vorstehende Rechnung vor dem Gmeindrath in Gegenwart des vögtlichen Aufseher die Wittwe u. ihren Beystand Frd:richter Keller u. der Vogtknab Conrad Keller zu Volken verlesen nach richtig befinden. dem Vogt mit Dank u. Zufriedenheit abgenohmen anbey erkent. 1. Gebührt dem vögtlichen Aufseher nach gesetzlich Anleitung per Vogtlon 58 fr. 6 bz. 2. Ist der selbe in seiner Vogtstelle bestetiget. 3. Da lut Bericht des vögtlichen Aufseher die Wittwe nebst ihren bereits erwachsene Sohn u. Tochter der Gutergewerb in einem sehr guten Zustand behalten hatt, so hat der Gmd.rath nebst dem Vogt auf diesen Bericht hin dieser Gutergewerb der Wittwe, dem Sohn und Tochter wieder überlassen mit bestem Zutrauen. 4. Gebührt dem Gmdrath nach gesetzlicher Anleitung per Sitzgeld 14 Frk 6 Bz. 8 Rap, dem Schreiber 2 Frk u. dem Weibel 4 Bz Im Namen des Gemeind.raths Präs. Schuler Bz.rathliche Ratifiziert ohne Bemerkung d 3. März 1838 Kanzleygebür 2 Fr., Weibel 2 Bz. Bz.rathschreiber Hablützel 85 Haushaltungs Rechnung für Alt Gemeindammanns Conrad Keller slg Wittwe und Kinder zu Volken unter vögtlicher Aufsicht Hs Jakob Gisler daselbsten De Martini 1837 und Martini 1839 Familien Witwe Kinder Susana Gisler geboren 1789 Conrad Keller geboren 1817 Barbara Keller geboren 1818 Gegenwärtige Activa A B C an Capital Schatzung der Liegenschaft dito der Fahrnissen Total An Passiva Liquides 4565 fl -- s 5115 fl 31 1078 fl 27 10759 fl 18 s 1579 fl 10 9180 fl 8 s Abschied Den 11 August 1840 ward vorstehende Rechnung vor dem Gmdrath in Gegenwart des vögtlichen Aufsehers und der Witwe nebst ihrem Beistand Hr. Richter Keller und der Sohn Gemeindrathschreiber Conrad Keller verlesen, nach richtig befinden zu Dank abgenohmen, anbei erkent: 1. Gebühret dem vögtlichen Aufseher nach gesetzlicher Anleitung Vorschrift als Vogtlohn 58 Frk 6 Bz. 2. Da die Witwe nebst ihrem Sohn (Gmdrthschrbr Keller) mit gegenwärtiger Rechnungsabnahme angelegentlich um die Entlassung von der Vormundschaft angesucht hat der Gmdrath – in Berücksichtigung, a) dass zwar wohl das gesetzliche majorene Alter betreffend die Vogtkinder noch nicht völlig eingetreten ist – dass aber – b) sowohl der Witwe als auch den Vogtkindern, ein, in jeder Hinsicht haushälterisches – Betragen nirgends abgeht, so dass für die Zukunft für dieselben, weder in öconomisch- noch moralischer Hinsicht auf ihre Existenz auch ohne weitere Bevogtegung gar keine Besorgniss obwalte, und dass – c) der Sohn Conrad Keller seit mehr als einem Jahr eine öffentliche Stelle als Gemeindrthschreiber bekleidet und dass – d) der vögtliche Aufseher in Übereinstimmung mit den Bevogteten selbst um ihre diesfällige Entlassung angesucht – kein Bedenken gefunden, die Betreffenden auf Rattification, des Lobl. Bz:rathes, anmit der Vormundschaft zu entlassen und zwar mit dem Zusatz, dass der vögtliche Aufseher bis zu erfolgter Ratification dieses Antrages an seiner Stelle werd bleiben. 3. bezieht der Gemmdrath pr. Sitzgeld 5 Frken, der Schreiber 2 Frk 5 Btz., Weibel 4 Btz. Namens des Gmdrathes Präsident Kramer In gegenwärtig eintreffender Verhinderung – für den Gmdrathschreiber Gmdrath Conrad Erb 86 Schluss-Haushaltungs-Rechnung Alt Gemeindammanns Conrad Keller slg. Wittwe und Kinder zu Volken unter vögtlicher Aufsicht des Hs Jakob Gissler von daselbsten Mart. 1840 u. 1841 Nahmen u. Alter der Wittwe u. Kinder Wittwe Kinder Susana Gisler Hs. Conrad Keller Anna Barbara Keller geb. 1789 geb. 1817 geb. 1818 Activa An Capital An Liegenschaften An Fahrnussen Summa Passiva Liquides 4565 fl 5115 fl 31 s 1090 fl 27 s 10771 fl 18 s 1591 fl 10 9180 fl 8 s Den 30ten Merz 1842 wurde vorstehende Schlusssrechnung vor dem Gmdrth in Anwesenheit des Vogts, der Wittwe nebst ihren Beystand Frd. Richter Keller u. dem Sohn Hr Seckelmeister Conrad Keller, mit Zustimmung nahmens der Tochter, ihr Eheman Hr. Hs Jakob Wipf von Trüllikon verlesen u. nach richtig befinden mit Dank abgenohmen, anbey erkannt. 1. Gebührt dem vögtlicher Aufseher, Vogtlohn 58 Frk 2. Da die Bevogteten ihre Majorenitet erreicht u. um Entlassung der Vormundschaft angesucht, so wird hierseits erstinstanzlich ihrem Gesuch entsprochen. 3. Nach eingegangener Rativication des Löbl. Bez:Rathes sollen die gesetzlichen Empfangsbescheinigungen von den Vögtlingen ausgestellt werden. 4. bezieht der Gmdrth pr Sitzgeld 5 Frk., der Schreiber 2 Frk. 5 Bz. und der Weibel 4 Bz. Im Namen des Gmdrths Der Schreiber Hatt Vom löbl Bez:Rath rativiciert den 30ten Merz 1842. 87 Kantonale Gebäudeversicherung Liste der versicherten Gebäude von J.C. Keller 88 89 Häuserliste der Kantonalen Gebäudeversicherung Weintrotte 90