Väterchen Frost fährt Zug
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Väterchen Frost fährt Zug
RUSSLAND I TRANSSIBIRISCHE EISENBAHN Väterchen Frost fährt Zug Na zdarowje, Genossen! Ein Husarenritt auf der Transsib im tiefsten sibirischen Winter: Mehr als 7000 Kilometer rollt man auf der stählernen Lebensader von Moskau nach Peking. Wodka ist ein ständiger Begleiter. T E X T U N D F OTO S R O B E RT K R O P F A m ersten Tag hamma aussegschaut aus’m Fenster – Steppe. Am zweiten Tag hamma aussegschaut aus’m Fenster – Steppe. Am dritten Tag hamma se angsoffen.“ Das Ehepaar am Nachbartisch, grob geschätzt um die 70 Jahre alt, muss Qualtingers „Travnicek in Russland“ inhaliert haben. Jetzt schicken sich die beiden an, sich bei der obligatorischen Wodkaverkostung in der Transsib zu vernichten, als würde die Sonne über dem russischen Birkenwald nicht mehr aufgehen. Drei Flaschen Wodka stehen vor ihnen auf dem Tisch im Speisewaggon. Drei Mal ein halber Liter russisches Lebenselixier. „Wodka trinkt man im Takt des Kollektivs“, bringt Reiseleiterin Ludmilla einen Trinkspruch an. „Na zdarowje“, johlen die zwei mit 40 anderen im Speisewagen des Zugs. Ein Mitreisender aus Hamburg sprintet in sein Abteil, holt die Ziehharmonika und stimmt Seemannslieder an. Das alles irgendwo 2000 Kilometer hinter Moskau. Nach zwei Tagen Fahrt, auf der ausschließlich Birkenwald am Fenster vorbeizieht. „Wodka überstand die Revolution, Kriege und Perestroika“, doziert Ludmilla und hebt ihr Glas. „Spasiba, Ludmilla. Na zdarowje“, lallt das alte Ehepaar. Es 58 I REISEMAGAZIN TRANSSIBIRISCHE EISENBAHN I RUSSLAND TRANSSIBIRISCHE EISENBAHN I RUSSLAND die Schaffnerin schaudernd zu bedenken. Drinnen hat es trockene 28 Grad im Abteil. Das lässt nicht viel körperliche und geistige Regsamkeit zu. Auszug aus dem Gehirnstromprotokoll dieser Tage: „Verzweifelter probiert beim Roman ‚Lenins Hirn‘ über die Seite 20 hinwegzukommen. Geht nicht. Augen fallen zu, Buch knallt konsequent gegen Kopf.“ Tagsüber rollt man an sibirischen Dörfern vorbei, ohne sie gesehen zu haben, weil man während der knappen Zeit zwischen Frühstück, Mittag- und Abendessen im überheizten Abteil meist einschläft. Ähnlich ergeht es einem bei den Vorträgen, die zweimal am Tag über den Bordfunk gesendet werden. Kaum setzt Chefreiseleiter Bernd Klaube an über Gulags, Bau der Transsib sowie Land und Leute zu referieren, entschlummert man sanft und träumt von Kaviar und Wodka. Wovon es übrigens reichlich an Bord gibt Zugchef Georgi Georgewitsch läuft mit Kappe und Funkgerät durch sein Reich aus zwölf Waggons. Bei einem Glas Tee aus dem dampfenden Samowar gewährt er uns einen kleinen Einblick in Bist du satt und betrunken, dann sei Gott dankbar. sollte ihnen noch leidtun. Nach zwei Stunden sind die drei Flaschen leer, die beiden dafür komplett voll. Die Sonne ist am nächsten Tag über dem Birkenwald tatsächlich nicht aufgegangen. Zumindest nicht für die Eheleute. Sie machen das, was hunderttausende Russen zur selben Stunde tun: Sie schlafen ihren Rausch aus. Draußen bläst ein eisiger Wind, es zieht eine verfallene Kolchose vorüber, der Dachstuhl wurde längst von zarten Birkenstämmen erobert. Nur der Schriftzug „Ruhm der KPdSU“ trotzt an der Hauswand Wind und Wetter. Mit dem Uhustick im Luxuszug Seltsame Menschen sind es, die mit dem „Zarengold“ verreisen. Erstmals rollt der Sonderzug im Februar von Moskau nach Peking, ein Husarenritt mit der Transsibirischen Eisenbahn, 7865 Kilometer im tiefsten Winter auf der stählernen Lebensader Richtung Sibirien, durch die Mongolei und die Wüste Gobi nach China. Zwei Wochen in Waggons, die aussehen wie mittelalterliche Rittersäle mit Eisenlustern, Holzbänken und Plüschvorhängen. Drinnen wird noch mit Holz geheizt, draußen fällt das Thermometer unter minus 30 Grad Celsius. Väterchen Frost lässt grüßen. Bettlänge: 185 cm. Bettbreite: 80 cm. Gangbreite zwischen den Betten: 60 cm. Abstand vom Bett bis zur Abteildecke: 190 cm. Gepäckablage über der Tür: 30 cm hoch, 160 cm breit, 90 cm tief. Das sind sie also, die tückischen kleinen Transsib-Fallen für ver- 60 I REISEMAGAZIN wöhnte Körper. In der dritten (besten) Klasse wollten wir immer fahren, dann ist es sogar die erste Sonderzugklasse geworden, mit Zusatzbeleuchtung, weicheren Pölstern und einer Ziervase am Tisch samt roter Nelke. Nichts mit offenem Liegewagen, Uringestank und heiser hustenden Nachbarn. Unnötig deshalb auch der ganze Rucksack voller Utensilien, die mir ein Freund, der vor Jahren in Böckstein in Salzburg in den Zug ein- und in Hongkong wieder ausgestiegen ist, dringend empfohlen hat: Klopapier, ein Mittel gegen Husten, Heiserkeit und Blasenentzündung, ein Pülverchen gegen Übelkeit und eines gegen übersäuerten Magen, Augentropfen, Antibiotika, Zwischenstecker, Filzstifte und Uhustick für die russischen Briefmarken, die nicht kleben. Die KnorrFertigsuppen hätte ich beim Spar lassen können, Eiskratzer und Scheibenenteiser war auch zu viel des Guten. Der Grund dafür ist einfach. Wir sind eben nicht im Regelzug, sondern im „Zarengold“. Alles, was man mitgebracht oder zu Hause vergessen hat, wartet bereits in den Regierungswaggons. Abends, wenn man speist, richtet der Schaffner die Betten her, morgens, während des Frühstücks, überzieht er sie neu. Die Kälte braucht man nicht zu fürchten. Die zwei Wagenchefs heizen pro Waggon einen riesigen Metallofen, als ginge es darum, die Passagiere zu garen. Die Waggonfenster sind aus Sicherheitsgründen verschlossen. „Stellen Sie sich vor, man lüftet am Abend ein bisschen durch und schläft dann bei minus 30 Grad ein!“, gibt Blini, Borschtsch und kein Barrique Der Rechtspopulist Schirinowski tourte acht Wochen mit diesem Zug durch Russland. „Da wurde mehr Wodka für die Leute als Diesel für die Lok verbraucht“, grinst Georgi Georgewitsch. Einem scheint es besonders gefallen zu haben: Waleri, der Kellner, trägt heute noch das T-Shirt der LDPR-Partei. Etwa 30 der roten Waggons gibt es noch, erzählt Georgi. Man spürt, dass er jetzt schon den „guten alten Zeiten“ nachtrauert. Zwei Jahre dürfen sie noch fahren, dann läuft das Pickerl ab, übersetzt Chefreiseleiter Klaube. Jawohl, so was gäb’s auch in Russland. Der Essensplan bestimmt den Tagesrhythmus an Bord. Aha, nicht auf Toast, sondern auf hauchdünnen Palatschinken, Blinis genannt, isst der Russe seinen Kaviar. Herrlich, die Rote-RübenSuppe Borschtsch. Dazu wird georgischer und moldawischer Wein serviert. „Kein Barrique“, sagt die Schweizerin am Tisch LAIF/TESAREK (2) (Russisches Sprichwort) seine Seele. Stolz sei er, dass er den „Zarengold“ lenken darf. „Der Zug läuft als Regierungszug, er hat in allen Bahnhöfen Vorfahrt und genießt große Aufmerksamkeit.“ Anfang der Sechzigerjahre wurden die Waggons von der KP in Auftrag gegeben. Alle Größen der Partei sind damit gefahren. Georgi schwelgt in Nostalgie: „Solschenizyn war bei mir auf dem Zug, als er aus dem Amerika-Exil zurückkehrte. Von Wladiwostok nach Moskau ist er gefahren, er wurde empfangen wie ein Volksheld, mit Brot, Salz und Wodka, wie es in Russland üblich ist.“ REISEMAGAZIN I 61 RUSSLAND I TRANSSIBIRISCHE EISENBAHN gegenüber. „Nicht einmal Wein“, sagen wir. Nach jedem Essen und vor dem Sprachkurs (interessant, Gummiknüppel heißt Demokratisator) wird Wodka ausgeschenkt. „100 Gramm sind genau das Richtige“, rechnet Ludmilla vor. Sie selbst kann es kaum fassen, wie sich das Wodkaangebot nach der Öffnung des Ostens verbreitert hat. Der beste Beweis dafür ist ein kleines, schäbiges Geschäft am Bahnhof von Krasnojarsk. In den Regalen stehen dutzende Sorten: Weißer Russ, Silberner Fürst, Stern des Nordens, Smolensker Festung. Seid gegrüßt, Russland und Wahrheit. Nicht zu vergessen die Prominenz: Gorbatschow, Rasputin, Puschkin, Tolstoi. Ganz neu ist die 100-Gramm-Dosis im durchsichtigen Plastikbecher, als „russisches Joghurt“ verspottet. Der Zug als rollende Goldquelle In der Mittagspause bei – wie könnt’ es anders sein – einigen Wodkas kommt der Koch nur sehr langsam ins Reden. „Eisenbahn ist wie Militär. Je weniger du sprichst, desto länger bist du dabei“, meint er zurückhaltend. Die Zeiten sind nicht einfach für ihn. „Wir sind an den Zug gebunden. Steht er im Depot in Moskau, haben wir keine Arbeit und verdienen auch nichts. Dann drehen wir Däumchen“, sagt er lakonisch. „In diesen Zeiten sind wir zur Arbeitslosigkeit verdammt.“ Deswegen blüht die Korruption in der Russischen Eisenbahngesellschaft. Jeder besticht jeden, um auf dem „Zarengold“ arbeiten zu können. Die Rechnung ist einfach: „Wir kriegen kein schlechtes Trinkgeld hier. Vom Kartoffelschäler bis zum Chef, jeder der 40 Leute bekommt seinen Anteil“, sagt der Koch. „Was wir in einer Woche hier im Zug verdienen, entspricht einem durchschnittlichen Monatsgehalt.“ Lange Zeit ist er auch mit den Regelzügen gefahren. „Das ist Russland live“, erzählt er. Die Heizung ständig kaputt, es sei egal, ob „die Idioten“ (gemeint sind die Gäste) Wasser haben, der Abfluss ist verstopft und der Speisewagen leer. Der dient nämlich nur dazu, so viel Wodka, Chips und Milchpulver wie möglich hinter den Ural zu schaffen. Der Zug ist ein fahrendes Geschäft. „In den Stationen fahren zwei Lkws vor, dann wird abgeladen und Geld kassiert, erst dann fahren wir weiter.“ Je langsamer du fährst, desto weiter wirst du kommen. LAIF/TESAREK (Russisches Sprichwort) 62 I REISEMAGAZIN Je weiter man sich von Moskau entfernt, umso fahler wird die Gesichtsfarbe der Menschen, umso schiefer werden die Häuser und umso funzliger das Licht in ihnen. Bald werden auch die Häuser seltener. Sibirien naht. Was schwingt da nicht alles mit: sibirische Kälte, Dauerfrostboden, Straflager. Nach Sibirien ging man nicht freiwillig, man wurde dorthin verbannt. Wir stoppen in Irkutsk, dem „Paris des Ostens“. Unsere Verbannung hat einen klingenden Namen: Intourist, das größte Hotel in der Stadt, einen Tag Anreise vom Baikalsee entfernt. Die Stimmung ist leicht dunkel gefärbt, es ist saukalt. Die Etagenfrau gibt uns den Zimmerschlüssel. Der positive Eindruck des Zimmers ist enden wollend: brauner Teppichboden, braune Decken, braune Kästen, braune Betten, braune Vorhänge. Draußen alles grau in grau. Es setzt eine unmittelbare Sibirien-Depression ein. Straflager-Blues. Da hilft, was tausenden Russen in dieser Situation auch hilft: ein großer Schluck Wodka. Und noch einer. Doch die Sehnsucht ist groß nach dem „Zarengold“, den roten Plüschvorhängen, dem warmen Abteil, Waleri, dem Kellner, und sogar Herrn Klaube, dem Chefreiseleiter. Das nächste Mal schlaf ich beim Vortrag extra nicht ein, schwör ich mir. Morgen, wenn ich Gott sei Dank wieder im Zug sitze, auf dem Weg in die Mongolei. a RUSSLAND I TRANSSIBIRISCHE EISENBAHN Wer kurz aussteigt, um seine Kälteschutzcreme auf ihre Wirksamkeit zu testen, und dann die Abfahrt verpasst, wird so schnell nicht mehr auftauen. INFO REISEN MIT DER TRANSSIBIRISCHEN EISENBAHN Und zwar die Variante für die ganz Harten – im Winter. VERANSTALTER Hans Engberding sorgt dafür, dass es auf dem „Zarengold“ mit rechten Dingen zugeht. Der deutsche Mittelschulprofessor veranstaltete schon in den Achtzigerjahren Russischkurse in der Transsib. Nach der Ostöffnung nutzte er seine guten Kontakte in Politik und Wirtschaft und mietete die Regierungszüge. Seit einigen Jahren ist er mit seiner „Lernidee“ der größte Transsib-Veranstalter im deutschsprachigen Raum. Im Sommer fährt er unter anderem die Strecken Moskau–Irkutsk und Ulan-Bator–Moskau. Engberding organisiert auch Fahrten auf den so genannten Regelzügen der Transsib, also den Linienzügen abseits von Luxus, Kaviar und Plüschpolstern. Info: 0049/30/786 00 00, www.lernidee.de TERMIN „WINTERMÄRCHEN“ Vom 13. bis 21. Februar 2005 rollt der Regierungszug wieder auf der eisigen Strecke von Moskau nach Irkutsk. Wirkliche Fanatiker beenden die Route stilecht am 24. Februar in Ulan-Bator, der Hauptstadt der Mongolei. Und wem das immer noch nicht genug ist, der rollt mit der chinesischen Transsib weiter bis Peking. unter minus 30 Grad Celsius. Das ist für unsereins schon sehr heftig. Ohne dicke Haube mit Ohrenklappen, Daunenjacke, Thermo-Unterwäsche, dicke Handschuhe, ordentlichen Wollschal und vor allem gut isoliertes Schuhwerk wird es relativ rasch ungemütlich. Auch die gute alte lange Unterhose sollte im Gepäck nicht fehlen. Unbedingt Kälteschutzcreme auftragen! TÜR AUF, TÜR ZU TEMPERATUR Der Eisbär lässt grüßen. Während die Februar-Temperaturen in Moskau noch einigermaßen erträglich sein können, fällt das Thermometer in Sibirien nicht selten Transsib fahren heißt viele Türen auf- und zumachen. Ein Rechenbeispiel: Wohnt man in Waggon 2 und geht in den Speisewaggon 8, muss man 24 Türen öffnen Russland/Strecken der Transsibirischen Eisenbahn KATEGORISCH RUSSISCH In der Kategorie I des „Zarengold“ wohnen jeweils vier Gäste in einem Abteil. Je zwei Betten mit 70 mal 190 cm sind übereinander angeordnet, in der Mitte unter dem Fenster gibt es einen Tisch. Der Waggon hat neun Abteile. An beiden Waggonenden befinden sich kombinierte Wasch- und Toilettenräume. Mehr Bequemlichkeit bietet die Kategorie II. Man teilt sich ein Abteil zu zweit, geschlafen wird in gegenüberliegenden Betten. Die Toiletten und Waschgelegenheiten befinden sich an beiden Waggonenden. In zwei bis vier Waggons dieser Kategorie steht ein Duschabteil zur Verfügung. Nostalgie-Komfort nennt sich die Kategorie III. Hier reist man wie der „rote Zar“: zwei übereinander liegende Betten (80 cm breit, 185 cm lang), ein Sessel. Je zwei benachbarte Räume teilen sich einen eigenen Waschraum mit einfacher Dusche. Aufpassen, dass nichts Wichtiges ins Waschbecken fällt, denn der Abfluss führt direkt auf die Gleise. Minsk Moskau Ukraine Nowosibirsk Irkutsk Transsib (Hauptlinie) Transsib (neue Linie) Transsib (Südural-Linie) BAM (Baikal-Amur-Magistrale) 64 I REISEMAGAZIN Komsomolsk Teischet Wladiwostok Kasachstan China nach Ulan-Bator und Peking Mongolei China RUSSLAND I TRANSSIBIRISCHE EISENBAHN Botschaft der Russischen Föderation, Reisnerstr. 45–47, 1030 Wien, 01/712 12 29 Botschaft der Mongolei, Teinfaltstr. 3/6, 1010 Wien, 01/535 28 07 Botschaft der VR China, Metternichgasse 4, 1030 Wien, 01/714 31 49-0 INTERNETADRESSEN www.russland.net Gut aufbereitete Details über Reisen mit der Transsib, geführt oder individuell. Wer sich für einen Sprachkurs an der bekannten Lomonossow-Universität interessiert, kann gleich auf der Homepage buchen. www.marco-bertram.de Der Reisebuchautor stellt auf seiner Webseite Fotos der Transsib aus Russland und der Mongolei aus. Erstaunlich: tolle Bilder, aber wenig Infos. www.transsib.de Umfassende Informationen über Visa, Hotels, Flüge, Transfers, Literatur, Preise etc. Zwischen den Mahlzeiten kann man sich bilden oder büseln. Die Entscheidung fällt meist eindeutig aus. www.transsib.net/transsib.net/start Forum zur Transsibirischen Eisenbahn. Prima für den Erfahrungsaustausch und Antworten auf offene Fragen. BUCHEN IN ÖSTERREICH Ruefa Reisen (89 Reisebüros in ganz Österreich) bietet das Programm der „Lernidee“ in Österreich an. Dazu zählen die „Wintermärchen“-Reise im „Zarengold“ (siehe Seite 64) sowie mehr als ein Dutzend Routen der Transsib von Ost nach West und West nach Ost. Info: 01/525 55-0, www.ruefa.at; alle Routen im Überblick auf www.ruefa.at (unter „Wir veranstalten“) – one-way. Das macht man etwa zehnmal am Tag. Also sind das 240 Türen. Praktischerweise führt man auf diesem Weg feuchte Reinigungstücher mit, denn den Speisewagen erreicht man meist mit recht schmutzigen Händen. Gefahr lauert auch im Freien: Die Verbindungstüren zwischen den einzelnen Waggons sind der sibirischen Kälte ausgesetzt. Handschuhe verhindern, dass man an den Eisengriffen der Türen anfriert. ZUM EIN- UND WEITERLESEN Pia Thauwald: Transsib. Von Moskau nach Peking. Reise-Know-How-Verlag, 178 Seiten, € 9,20 Der ideale kleine Begleiter mit professionellen Tipps von Sicherheit, Ausrüstung, Unterbringung, Verpflegung bis hin zu Geldfragen, Klima und Kleidung. DURCHAUS NÜTZLICH Sinnvoll ist eine zweite Armbanduhr oder ein Reise- wecker. Denn einerseits durchquert man sechs Zeitzonen, andererseits gilt für Zug und Fahrplan Moskauer Zeit. Da verliert man schnell den Überblick. Plastikmüllsäcke nehmen wenig Platz weg und sind für Abfälle von kleinen Wodka-Orgien, unterwegs gekaufte Getränke und vieles mehr sehr praktisch. Wer aus dem Zug steigt, sollte immer seinen Pass, Geld und vor allem genügend Kleidung dabeihaben. Erstaunlicherweise passiert es bei jeder Reise wieder, dass Passagiere die Abfahrt des Zuges versäumen. Ohne Geld und Dokumente – und vor allem ohne Winterjacke – ist das ein ziemliches Horrorszenario. Ein Arzt fährt übrigens die ganze Strecke von Moskau bis Ulan-Bator mit. STROM IM WAGGON Eine wichtige Frage. Pro Waggon gibt es ein bis zwei Steckdosen mit 220 und 110 Volt. Für Föhn und andere verbrauchsintensive Geräte gibt es nur im Speisewagen Kapazität sowie jeweils eine Steckdose im Gang der Waggons. Ersatzakkus gehören unbedingt ins Gepäck, da die Stromanschlüsse erfahrungsgemäß nicht immer ausreichen. FÜR ZU HAUSE, ZUM ANGEBEN Die Transsib ist die längste Eisenbahnstrecke der Welt. Den Startschuss für ihren Bau gab Zar Alexander III. im Jahr 1891. Die Gesamtstrecke wurde bis 1916 fertig gestellt. Die insgesamt 9288 Kilometer lange Strecke (nach Wladiwostok) ist heute doppelspurig und elektrifiziert. 7865 Kilometer sind es von Moskau bis Peking, die der Sonderzug „Zarengold“ zurücklegt. 1777 davon fährt er in Europa, den Rest in Asien. Den größten Bahnhof hat Nowosibirsk, der wie eine riesige Lokomotive gebaut ist. Täglich 70.000 Reisende. Ein Juwel ist der Bahnhof Sludjanka am Baikalsee: Er ist als einziger der Welt komplett aus Marmor gebaut. 66 I REISEMAGAZIN DIE STRECKE Man benötigt gutes Sitzfleisch: Die Kurzversion des „Zarengold“ führt von Moskau über Kazan nach Nowosibirsk und Irkutsk und dauert neun Tage. Wem das zu wenig ist, der fährt vom Baikalsee nach Ulan-Bator, der Hauptstadt der Mongolei. Danach rollt der Zug 36 Stunden lang durch die Wüste Gobi und bleibt schließlich am Hauptbahnhof von Peking stehen. Wer übrigens glaubt, es führe nur eine Route in den Osten, irrt: Die Fernost-Route von Moskau nach Wladiwostok ist 9288 Kilometer lang. Die Transmandschurische Bahn von Moskau nach Peking: 9025 Kilometer. Die Transmongolische Bahn, die Route des „Zarengold“ (Moskau–Peking): 7865 Kilometer. Die Baikal-Amur-Magistrale (BAM) biegt nach Krasnojarsk bei Teischet von der Transsib-Route ab und endet in Komsomolsk: 3500 Kilometer, unglaubliche 2300 Brücken! PREISE Skolko eto stoit? Was kostet eine Reise im Zarengold? Moskau–Irkutsk je nach Kategorie von € 2390,– bis 3470,–, Moskau–Ulan-Bator je nach Kategorie von € 2950,– bis 3990,–. Sämtliche Flüge ab/bis Frankfurt sowie die Übernachtungen in Moskau und Irkutsk bzw. Ulan-Bator sind inkludiert. VISUM Für alle drei Staaten (Russland, Mongolei und China) besteht Visumpflicht; Gesamtkosten ca. € 250,–. Andreas Wenderoth: Mit Ach und Krach nach Wladiwostok. Eine transsibirische Reise. Picus-Verlag, 140 Seiten, € 14,90 Der „Geo“-Journalist reiste drei Wochen mit der Transsib. Seine Aufzeichnungen sind beeindruckend und wahrlich nicht immer nur positiv. Kleinformat, sehr praktisch für die Reise. Hans Engberding, Bodo Thöns: Transsib-Handbuch. Trescher-Reihe Reisen, 460 Seiten, € 20,50 Das umfangreichste Werk zur Transsib. Wer die Reise bucht, findet dieses Werk in den Reiseunterlagen. Doris Knop: Reisen mit der Transsib. Reise-Know-How-Verlag, € 18,– Laut „Spiegel“ der meistgelesene Reiseführer über die Transsib. Seit 2003 in der völlig überarbeiteten 11. Auflage erhältlich.