Das Böse in der deutschen Fantasyliteratur am Beispiel zweier

Transcription

Das Böse in der deutschen Fantasyliteratur am Beispiel zweier
Das Böse im Wandel der Zeit
am Beispiel von Wolfgang und Heike
Hohlbeins:
Der Greif und Anders. Die tote Stadt
1
Masterarbeit
eingereicht von:
Johanna Verweij, geb. Sangl
Studiennr. 0627208
hannaverweij@yahoo.com
0031-6-24292028
eingereicht am:
30.06.2010
Universiteit van Amsterdam
Master: Duitse Taal en Cultuur
Dozentin:
Dr.
C.M.H.H.
Knippenberg
Zweitkorrektur: Drs. E. Meyer
Dauven-van
2
Inhaltsverzeichnis
Deckblatt
i
Daten
ii
1. Einleitung
5
2. Was ist das
Böse?
7
3. Darstellungen des Bösen
in den Religionen
8
3.1 Theologische Ansätze
8
3.1.1 Das Judentum: 6./5.
Jahrhundert vor Christus
8
3.1.2 Buddhismus: ca. 590 vor Christus 9
3.1.3 Zoroastrismus: ca. 630-550 vor
unserer Zeit
10
3.1.4 Christentum: Jahr 0
12
3.1.5 Manchäismus: 3. Jahrhundert
nach Christus
14
3.1.6 Islam: ca. 611 nach Christus
15
3.2 Vergleich der Religionen
16
4. Darstellungen philosophischer
Ansätze
17
4.1 Philosophische Ansätze
17
4.1.1 Platon (428-348 vor Christus)
17
3
4.1.2 Aristoteles (384-322 vor Christus) 18
4.1.3 Epikur (341 vor Christus)
18
4.1.4 Thomas von Aquin (1225-1274) 19
4.1.5 Gottfried Wilhelm Leibniz
(1646-1716)
19
4.1.6 Immanuel Kant (1724-1804)
20
4.1.7 Johann Gottlieb Fichte
(1762-1814)
22
4.1.8 Friedrich Nietzsche (1844-1900) 23
4.1.9 Sigmund Freud (1856-1939)
24
4.1.10 Hannah Arendt
(1906-1975)
26
4.2 Vergleich der
philosophischen Auffassungen
27
5. Das Böse in der
deutschen Fantasyliteratur
28
5.1 Inhaltsangabe des Buchs Der Greif
(1989) – Wolfgang und Heike Hohlbein 28
5.2 Der Greif - Elemente des Bösen
30
5.3 Inhaltsangabe des Buchs: Anders.
Die tote Stadt (2004)– Wolfgang und
Heike Hohlbein
44
5.4 Anders. Die tote Stadt –
Elemente des Bösen
46
6. Verändert sich die Darstellung des
Bösen in Hohlbeins Werken?
61
7. Schluss
64
8. Literaturliste
68
4
1. Einleitung
Viele erschreckt es, dass ein jeder eine Anlage zum
Bösen hat. Auch Menschen, die versuchen immer gut zu
handeln und keinen zu verletzen, indem sie sich an die
allgemeingegenwärtigen
Moralvorstellungen
halten,
werden in den Augen mancher, zum Beispiel bei
Nietzsche, gerade deshalb als Böse dargestellt. Befolgt
man die allgemeinen, von Kirche und Staat auferlegten
Moralvorstellungen nicht, so gilt man auch als böse. Es
scheint, dass obwohl es etliche Definitionen und
Erklärungsansätze des Bösen gibt, man trotzdem keine
allgemeingültige Definition von Gut und Böse festlegen
kann. Die Gründe für diese Unschlüssigkeit stelle ich in
dieser Arbeit fest, indem ich auf die Entwicklung des
Bösen in theologischen und philosophischen Ansätzen
eingehe. Da das Böse immer schon in den Religionen
verwurzelt ist, interessieren mich die verschiedenen
Definitionen
des
Bösen.
Die
philosophischen
Erklärungsansätze des Bösen sind ebenfalls wichtig, um
einen ganz anderen Blickwinkel auf dieses Thema zu
richten. Die von mir ausgewählten Religionen sind:
Judentum,
Christentum,
Islam,
Buddhismus,
Zoroastrismus und Manchäismus. Die Auswahl der
Religionen rechtfertige ich folgendermaßen: Neben den
drei Weltreligionen, deren Auflistung ich aufgrund ihres
Status nicht auslassen kann, beschäftige ich mich mit
dem Buddhismus und Zoroastrismus, da in diesen beiden
Religionen die Beschreibung und vor allem Darstellung
des Bösen, der Darstellung in den von mir ausgewählten
Werken von Wolfgang und Heike Hohlbein entspricht.
Auch die in der Religion des Manchäismus andere
5
Ansatzform der Gut–Böse-Unterscheidung, die in einem
Hell–Dunkel-Kontrast zum Ausdruck kommt, ist für die
spätere Analyse der Hohlbeinschen Werke wichtig. Denn
auch dieser Ansatz zieht sich zumindest bei Der Greif
durch das gesamte Werk. Um einen ganz anderen
Blickwinkel auf die Materie des Bösen bieten zu können,
habe ich mich neben den theologischen Ansätzen auch
auf
philosophische
Ansätze
konzentriert.
Selbstverständlich musste auch hier eine Auswahl
getroffen werden, da eine ausführliche Ausarbeitung aller
philosophischen
Ansätze
den
Rahmen
dieser
Masterarbeit sprengen würde. Um dennoch einen
möglichst breiten Überblick zu gewährleisten, habe ich
die Ansätze von Philosophen aus verschiedenen Epochen
in meine Arbeit aufgenommen. Die von mir erörterten
philosophischen Ansätze stammen unter anderem von
Aristoteles,
Platon,
dem
griechischen
Philosophen
Epikur, Thomas von Aquin, Leibniz, Kant, Fichte und
Nietzsche, sowie von Arendt und den psychologischen
Ansatz Freuds. Bei der Betrachtung der philosophischen
Ansätze, werde ich auch auf Aristoteles eingehen. Seine
Definition des Begriffs `das Böse` gilt heutzutage als
veraltert, dennoch erscheint es mir wichtig, diese
Erklärung zu nennen, da es eine der frühesten
Definitionen des Bösen ist und diese auch in der
modernen Phantastik-Literatur eine Rolle spielt, wie sich
am Beispiel von Hohlbeins Der Greif zeigen wird. Die
theologischen und philosophischen Ansätze sind in
chronologischer Reihenfolge aufgelistet um so die
Veränderung des Bösen im Laufe der Jahrhunderte besser
nachvollziehen zu können. Nicht jeder Ansatz der von
mir zitierten Philosophen ist jedoch in den Büchern
6
zurück zu finden. Nach der Darlegung der theologischen
und philosophischen Erklärungsansätze des Bösen,
wende ich diese Ansätze auf die Bücher von Wolfgang
und Heike Hohlbein an, um meine Untersuchung „Das
Böse im Wandel der Zeit am Beispiel von Wolfgang und
Heike Hohlbeins: Der Greif (1979) und Anders. Die tote
Stadt (2004)“ abzurunden. Es gibt Übereinstimmungen
zwischen den theologischen und philosophischen und der
Darstellung des Bösen in den Werken von Hohlbein. Die
Frage ist nur, inwieweit die Darstellung des Bösen in der
Phantastik mit der Darstellung des Bösen in Realität
übereinstimmt.
2. Was ist das Böse?
Im normalen Sprachgebrauch hat der
Ausdruck
„böse“
einen
weiten
Bedeutungsspielraum. Neben dem Ausdruck
„schlecht“ bezieht er sich [im Englischen]
am häufigsten auf: moralisch falsche
Absichten, Entscheidungen und Handlungen
einer Person (moralisch böse), nicht
menschliche Wirkungen wie Krankheit,
Erdbeben,
Vulkanausbrüche
und
Wirbelstürme (natürlich böse) und Schmerz
und Leid bei Mensch und Tier
(psychologisch böse), die moralische und
natürliche Übel verursachen können. Im
mehr technischen und philosophischen Sinn
bezieht es sich auch auf von Natur aus
menschliche Beschränkungen und Mängel
(metaphysisch
böse).
(http://hltwahrheit.org/Boese.html,
27.05.2010).
Auf den ersten Blick sollte man meinen, dass die oben
zitierte Definition den Begriff des Bösen klar abgrenzt
und dass diese Definition allgemeingültig ist.
Dies entspricht allerdings nicht der Realität, da bei der
Recherche schnell deutlich wurde, dass es keine
7
universell gebräuchliche Definition des Bösen gibt. Es
fällt auf, dass verschiedene Erklärungsansätze des
Begriffes in verschiedenen Bereichen bestehen. So
beschäftigt sich beispielsweise neben der Theologie auch
die Philosophie mit der Begriffsklärung des Bösen.
3. Darstellungen des Bösen in den Religionen
Wie aber kam das Böse in die Welt? Fest verwurzelt ist
der Begriff in den Religionen, wobei dort neben dem
Bösen immer auch das Gute besteht. Die Begriffe
Gut und Böse erfahren als ethische Begriffe
in den einzelnen Religionen verschiedene
Auslegung [...]. Trotzdem wird in allen
Religionen Gut und Böse unterschieden und
nach ihrer Entstehung und Vergeltung
gefragt. (Lurker, 1991, S. 270).
Folgt
man
theologischem
der
chronologischen
Gebiet,
dann
muss
Reihenfolge
man
mit
auf
der
Begriffserörterung im Judentum beginnen.
3.1 Theologische Ansätze
3.1.1 Das Judentum: 6./5. Jahrhundert vor Christus
Die
Wurzeln
der
jüdischen
Entstehungsgeschichte
reichen weit. 1 Im Judentum, das oftmals als „die
Mutterreligion des Christentums und des Islams“ 2
bezeichnet wird, steht der Begriff des Bösen im Fokus.
1
So geht aus der Forschung hervor, dass schon um ungefähr 1800 vor Christus Abraham, der
jüdische Urvater, der Führer eines jemenitischen Nomadenstammes in der Gegend des
Mittelmeers war und dort den jüdischen Glauben praktizierte. Der Stifter der jüdischen Religion
war jedoch Moses (um 5. Jahrhundert vor Christus). Dieser bezog das Judentum allerdings auf
Grundaussagen, die schon seit 1200 vor Christus im Umlauf waren. „Als Begründer des
eigentlichen Judentums“ gilt Esra (um 6./5. Jahrhundert vor Christus).
(http://www.philolex.de/judentum.htm, 13.05.2010.)
2
http://www.philolex.de/judentum.htm, 13.05.2010.
8
Die Polarität zwischen Gut und Böse sei vor allem
„durch
Einfluß
des
persischen
Zoroastrismus“ 3
entstanden. Demnach werden das Gute mit Gott und das
Böse mit dem Teufel gleichgesetzt. Es gibt nur dieses
eine Kriterium um Gut und Böse im Judentum zu
unterscheiden: „Gut ist was Gott will. Böse, also Sünde,
ist, was Gott nicht will.“ 4 Da der jüdische Gott als
allmächtig gilt konnten Gläubige bis heute nicht
verstehen, warum er den Teufel und somit das Böse in
der Welt zulässt. Diese Frage beschäftigte neben den
Gläubigen
auch
viele
Philosophen
auf
deren
Erklärungsversuche ich zu einem späteren Zeitpunkt
eingehen werde. Ein weiterer wichtiger Aspekt des
jüdischen Glaubens ist der Glaube an Vergeltung. Denn
der bestrafende oder belohnende Gott erteilt dem
Menschen nicht nur die Freiheit über gutes und böses
Handeln selbst zu entscheiden, sondern vergibt dem
Sünder auch seine böse Tat oder bestraft sie. 5
3.1.2 Buddhismus: ca. 590 vor Christus
Vor ca. 2600 Jahren entwickelte sich der Buddhismus aus
dem hinduistischen Kulturraum. 6 Es ist eine indische
Religion, in der das Böse als ein kosmisches Prinzip
dargestellt wird. Die Verkörperung des Bösen wird in der
Drachengestalt Ahi dargestellt. Das kosmische Prinzip
umfasst den Mythus der Tötung des Wasserdrachens Ahi
durch den Gott Indra. Dem Mythus zu Folge beherrschte
Ahi den gesamten Wasservorrat. Erst als Indra, auch
3
http://www.philolex.de/judentum.htm, 13.05.2010.
http://www.philolex.de/judentum.htm, 13.05.2010.
5
Carl-Friedrich Geyer: Leid und Böses in philosophischen Deutungen.
Freiburg. München 1983, S. 36f.
6
www.experto.de/f/religionen/hinduismus/was-ist-der-unterschiedzwischen-hinduismus-und-buddhismus, 25.05.2010.
4
9
Vŗtra – Drachentöter – genannt,
den Drachen tötete,
kehrte das Wasser zurück zu den Menschen und die
durch Ahi herbeigeführte Dürre nahm ein Ende. 7 ` 8
Dennoch kann man nach Widengren den Wasserdrachen
Ahi nicht als ein „radikal böses Element des Daseins
betrachten“ 9 ,
da
ihm
das
„moralische
Übel
als
entscheidende Qualität fehlt“ 10 . Letztere ist ihm nicht
zugestanden, da er einen notwendigen Platz im Kosmos
einnimmt. Das Böse muss vorhanden sein, um von Indra
bekämpft und besiegt werden zu können, denn ohne das
Böse
würde
das
kosmische
Geschehen
nicht
funktionieren. Neben dem Drachen gibt es noch drei
weitere Aspekte, die das Böse definieren: Lüge, Trug und
Sünde. Dennoch verkörpert der Drachen keinen dieser
drei Aspekte sondern eher eine dämonische Macht. 11 ` 12
3.1.3 Zoroastrismus: ca. 630-550 vor unserer Zeit
Diese Religion hat sich im Osten Irans zwischen 630 bis
550 vor unserer Zeit verbreitet. Der Gründer des
7
Geo Widengren, Das Prinzip des Bösen in den östlichen
Religionen. In: M.-L. von Franz, L. Frey-Rohn, K. Kerenyi, K.
Löwith, V. Maag, M Schlappner, K. Schmid, G. Widengren (Hrsg.):
Das Böse. Zürich und Stuttgart 1961, S. 28 f.
8
Dieser Sieg über das Böse wurde von den Indern auf einer persönlichen und einer
unpersönlichen Ebene interpretiert: Der Herrschaft des Drachen auf der persönlichen Ebene steht
die Dürre auf der unpersönlichen Ebene gegenüber, genauso wie die Besiegung des Drachens,
der Überwindung des Wehrs gegenübersteht und der Befreiung der Frauen, dem Strömenlassen
des Wassers und der Vermählung, dem Regen gegenübersteht. (Widengren, S. 29).
9
Widengren, S. 30.
10
Widengren, S. 30.
11
Widengren, S. 30 f.
12
Es erscheinen neben Vŗtra und Ahi noch weitere göttliche Wesen, wie zum Beispiel Nirŗti, das
Verderben und Māra, eine ausschließlich persönliche böse Macht. Besonders im Buddhismus
spielt Māra eine wichtige Rolle. Er ist „der Herr der Welt, ein Herrscher über Lebende und Tote,
über Götter und Menschen. Er ist auch Kāma, die Lust, besonders die sexuelle.“12 Er ist so
gefährlich, weil er die Menschen mit der Lust verführt und sie dadurch wiedergeboren werden.
Nach der Wiedergeburt, so glaubte man, werde man an „das Rad des Daseins gekettet“12. Der
größte Gegner Māras ist Buddha, der die Menschen vor der Lust bewahren und somit vor der
Wiedergeburt zu befreien versucht. Māra wiederum versucht Buddha zu verführen, indem er ihm
die Weltherrschaft verspricht. (Widengren, S. 32)
10
Zoroastrismus war der Priester Zarathustra. Das Böse
wird im Zoroastrismus, wie auch im Buddhismus, mit
dem Bildnis eines Drachens namens Azi Dahāka
dargestellt. Übersetzt bedeutet der Name des Drachens so
viel wie „die dahische Schlange“ 13 , wobei „dahisch“ auf
einen ostiransichen Stamm verweist. Azi Dahāka
verkörpert im Zoroastrismus einen bösen Weltherrscher,
„der den Urmenschen und Urkönig Yim(a) vertreibt und
dann durch seine Henker zersägen läßt“ 14 . Der Sieger
über den Drachen ist im iranischen Glauben entweder ein
Gott, ein Hochgott, oder sogar ein göttlicher Heros. 15
Wichtig ist jedoch, dass im Zoroastrismus der Drache
selbst „ein Vertreter des radikal Bösen bleibt“ 16 . Im
Gegensatz zu Indien, wird dieser Gedanke im Iran auch
konsequent verwirklicht. 17 ` 18 Die Farbe des Bösen und
Dämonischen ist unter den Zoroastriern die Farbe
schwarz, denn „schwarz und aschenfarbig und finster ist
das Kleid der bösen Macht“ 19 .
Auffallend ist, dass es sich bei Gut und Böse hier um
zwei göttliche Gestalten handelt, die einander bekämpfen
und nicht um eine göttliche und eine dämonenhafte
Gestalt niedrigen Ranges. Interessant sind neben der
Symbolik des Drachens und des Drachentöters noch zwei
andere Vertreter des Bösen in der iranischen Religion. Es
handelt sich hierbei um Ahriman bzw. Ahra Mainyu, den
bösen Geist und Spenta Mainyu, den guten Geist. Der
Überlieferung nach sind diese beiden Geister Zwillinge.
13
Widengren, S. 34.
Widengren, S. 35.
15
Widengren, S. 35.
16
Widengren, S. 35.
17
Widengren, S. 35.
18
Die böse Macht faszinierte allerdings kriegerische Truppen, die sich das Symbol des Drachens
auf ihre Rüstung malten, um so ihre negative Ausstrahlung zu steigern. (Widengren, S. 35.)
19
Widengren, S. 36.
14
11
Die Zwillinge haben zusammen das Weltall erschaffen,
wobei sie mit bestimmten Aufgaben betraut waren.
Spenta Ainyu war für das Leben verantwortlich und Ahra
Mainyu für das Nichtleben.
20
Über diesen Zwillingen
steht nur noch ein Gott, nämlich ihr Vater, der Ahura
Mazdā. Er hat die beiden Gegensätze die die Zwillinge
charakterisieren in sich vereint. 21
3.1.4 Christentum: Jahr 0
Das Christentum findet seinen Ursprung im Leben und
Wirken von Jesus Christus, dem Sohn Gottes. Es gibt in
dieser Religion einen ebenfalls allwissenden Gott, der
zusammen mit seinem Sohn Jesus Christus und dem
Heiligen Geist die Dreieinigkeit bildet. Die Christen
glauben an einen guten, liebenden Gott, der einem in
schweren Zeiten hilft, wenn man sich an seine Gebote
hält. Hält man sich nicht an Gottes Gesetze, so kommt
man in die Hölle, zum Teufel. 22
Der Ursprung des Bösen im Christentum liege nach
Meinung der Autoren Görres und Rahner im Verkennen
und Missverstehen Gottes. Der „Widerstand gegen den
Willen Gottes“ 23 , sei eine aus dem Missverstand
resultierende
Sünde.
Darüber
hinaus
zeigt
das
Evangelium einen Vergleich auf, indem es das Böse mit
dem Mittelmäßigen gleichsetzt.
24
Mit anderen Worten
wird das Vollkommene mit dem Guten und der Verlust
des Vollkommenseins mit dem Bösen assoziiert. Dieses
20
Widengren, S. 38 f.
Martin Buber: Bilder von Gut und Böse. 2. Auflage. Köln und Olten 1953, S.105f.
22
www.philolex.de/christen.htm#anm1a, 18.05.2010.
23
Albert Görres und Karl Rahner (Hrsg.): Das Böse. Wege zu seiner
Bewältigung in Psychotherapie und Christentum. Freiburg, Basel,
Wien 1982, S. 37.
24
Görres, Rahner, S. 38.
21
12
Gleichnis bezieht sich nicht nur auf moralisches
Fehlverhalten, sondern auch auf „das Zurückbleiben des
Menschen hinter den ihm angebotenen Möglichkeiten“ 25 .
Da der Ursatz des christlichen Glaubens heißt: „Gott ist
gut“ 26 . Wenn es also einen Gott gibt, so müsse er
demzufolge „das unendlich Gute in Person sein“ 27 .
Hieraus entsteht die Schlussfolgerung, dass das Böse nur
„Ansatz und Raum in mangelhaften, entbehrenden,
machtarmen endlichen Wesen, die nahe am Nichts
gebaut sind“ 28 finden kann. Erliegt man dem Bösen, so
kommt man, entsprechend der Lehre des christlichen
Glaubens, nach dem Ableben in die Hölle, in der der
Teufel herrscht. Die Darstellung des Bösen, also des
Teufels ist im christlichen Glauben anders als im
indischen oder iranischen Glauben. Das Böse wird im
Christentum nicht als Drachengestalt, sondern als etwas,
das
meistens schwarz und behaart mit Bocksoder Pferdefüßen Krallen Hörnern einem
Kuhschwanz hässlichem Gesicht und langer
Habichtsnase
dargestellt
(www.uniprotokolle.de/Lexikon/Teufel.html#Darstell
ung_im_(christlichen)_Volksglauben,
16.05.2010).
wird. Da die Bibel den Teufel nur in Tiergestalten
darstellte und sein Äußerliches nicht detailliert darlegte,
können die verschiedenen Teufelsgestalten abweichen.
So kann das Böse auch auf eine sehr verführerische
Weise dargestellt werden, wie zum Beispiel in der Person
von Frau Welt. Von vorne lockt Frau Welt mit ihrem
Äußeren und wenn man ihre Rückseite sieht, so erkennt
25
26
27
28
Görres, Rahner, S. 38.
Görres, Rahner, S. 39.
Görres, Rahner, S. 39.
Görres, Rahner, S. 39.
13
man, dass der ganze Rücken mit Kröten und Schlangen
bedeckt ist. Die Verlockung die sie ausstrahlt soll die
Lust und Begierde, die den Menschen blenden und ins
Verderben führt. 29
3.1.5 Manchäismus: 3. Jahrhundert nach Christus
Die Anhänger des Manchäismus` waren in Persien,
Spanien und China ansässig. Die wesentliche Grundlage
dieser Religion ist „der Lichtmythos, der sich in
zahlreichen
Metaphern,
Bildern
und
Symbolen
ausdrückt“ 30 . Der Gegensatz Gut und Böse wird in den
Lichtmythos auf folgende Art miteingebunden: Finsternis
symbolisiert das Böse (die Materie) und das Licht steht
für das Gute. Im „Buch der Giganten“ 31 wird das Gute
auch als Baum des Lebens definiert; der den Osten,
Westen und Norden einnimmt. Das Böse wird durch den
Baum des Todes verkörpert, der sich auf den Süden
beschränkt.
Im Manchäismus werden abstrakte Ideen
oftmals
räumliche
in
Anschauung
umgesetzt.
So
entwickelte sich die Vorstellung zweier Reiche. Man
stellte sich die beiden Reiche des Guten und des Bösen
als Land des Lichts oder als Lichtfläche vor. Der
Vorstellung nach, drängt sich das Böse im Süden wie ein
dunkler Keil in das Reich des Guten, um sich mit dem
Licht zu vermischen. 32
29
www.beyars.com/kunstlexikon/lexikon_3192.html, 15.06.2010.
Manfred Lurker: Wörterbuch der Symbolik. 5. Auflage. Stuttgart
1991, S. 456.
31
Lurker, Manfred, S. 456.
32
Sonne und Mond haben eine besondere Funktion. Dem Glauben
nach dienen sie als Hilfsmittel, die von der Erde abkömmlichen
Lichtpartikel zum Lichtparadies zu bringen. Dieses gelingt ihnen mit
Hilfe einer anderen abstrakten Idee: der des kosmischen Rads. Es
„schöpft wie ein Wasserrad die Lichtpartikel von der Erde durch die
Lichtsäule zu den Lichtschiffen“ (Sonne und Mond) empor. Weitere
Räder, wie die des Windes, Wassers und Feuers sollen das verloren
30
14
3.1.6 Islam: ca. 611 nach Christus
Mohammed, ein Kaufmann aus Mekka, gründete den
Islam um ungefähr 611 nach Christus. Diese Religion
breitete sich in Nordafrika und dem Nahen Osten aus. 33
Im Islam gibt es zwei Gestalten, die das Böse verkörpern.
Die vornehmlichste Gestalt ist die des Iblis. Die andere
Gestalt ist al-Dadjdjal, der Lügner. 34 Iblis wird am
Anfang der Schöpfung größere Bedeutung zugemessen.
Er repräsentiert das Böse, da er sich Ungehorsam wider
den Geboten Allahs zeigt und die Menschen zu
schlechten Taten zu verführen versucht. 35
Neben der Verführung kennzeichnet sich das Böse im
Islam auch durch den Hochmut. Wichtig ist jedoch, dass
Iblis nicht als eine zweite Macht neben Gott gesehen
wird. Da Allah allmächtig ist, kann er auch der Ursprung
des Bösen sein, da er es in seiner Allmacht nicht
verhindert hat. 36
gegangene Licht in der Welt befreien. (Lurker, 1991, S. 456.)
33
http://www.bbc.co.uk/religion/religions/islam/history/muhammad_
1.shtml, 25.05.2010.
34
Die andere Gestalt al-Dadjdjal, der Lügner tritt vor allem in der
islamischen Eschatologie als eine Art Antichrist auf. Er selbst wird
im Koran nicht genannt, da die Herrschaft al- Dadjdjals nur 40 Tage
dauerte, bevor er von Mahdi getötet wurde. Mahdi ist nach
traditionell islamischer Glaubensauffassung der von Gott gesandte
Messias, der in der Endzeit das Unrecht auf der Welt beseitigen
(http://sphinx-suche.de/religionen-a-g/boeses-im-islam.htm,
wird.
24.05.2010)
35
Als Strafe verflucht Gott ihn bis zum Tag des Gerichts. Iblis bittet Gott, seine Strafe bis zu
dem Tag auf zu schieben, an dem die Verstorbenen zum Gericht versammelt werden. Grund
hierfür ist, dass Iblis die Menschen vor dem Gericht zum Ungehorsam gegenüber Gott verführt.
Er flüstert den Menschen böse Gedanken in ihre Herzen und wenn diese den Eingebungen
nachgehen, werden sie zusammen mit Iblis in das Höllenfeuer geworfen. (http://sphinxsuche.de/religionen-a-g/boeses-im-islam.htm, 24.05.2010)
36
http://sphinx-suche.de/religionen-a-g/boeses-im-islam.htm,
24.05.2010.
15
3.2 Vergleich der Religionen
Obwohl es viele Unterschiede in der Darstellung des
Bösen innerhalb der verschiedenen Religionen gibt,
bleibt der Hauptaussagepunkt bestehen: Es gibt das Gute
und auch das Böse in allen von mir behandelten
Religionen. Die Religionen, die sich in ihrer Darstellung
und Definition des Bösen gleichen sind das Judentum,
das Christentum und der Islam. Diese Ähnlichkeit
stammt aller Wahrscheinlichkeit nach daher, dass sie
einander beeinflussten. In diesen drei Weltreligionen
wird das Böse als etwas dargestellt, das den Menschen
dazu verführen soll, Gott ungehorsam zu sein und sich
somit von ihm zu entfernen. Das Böse ist nicht als
göttliches Wesen dargestellt, sondern als Wesen der
Unterwelt. Das Judentum wiederum übernahm die
Polarität zwischen Gut und Böse aus dem Zoroastrismus.
Ansonsten weisen der Zoroastrismus und das Judentum
keine weiteren Übereinstimmungen auf. Diese sind eher
beim Buddhismus und dem Zoroastrismus zu finden.
Diese zwei Religionen stimmen in der Darstellung des
Bösen überein. Das Böse ist ein Drache, der letztendlich
besiegt wird. Im Buddhismus wird das Böse allerdings
nicht als radikal böse angesehen ist, da er einen
wichtigen Platz im kosmischen Geschehen einnimmt. Im
Zoroastrismus hingegen ist der Drache radikal böse, da
das Böse eigentlich gar nicht bestehen dürfte. In beiden
Religionen gibt es noch weitere böse Verkörperungen,
wie zum Beispiel Nirŗti und Māra im Buddhismus oder
die Geister Zwillinge im Zoroastrismus. Im Gegensatz zu
den drei Weltreligionen wird im Buddhismus und
Zoroastrismus das Böse durch göttliche Gestalten
dargestellt. Den größten Unterschied in der Darstellung
16
zwischen Gut und Böse findet man allerdings im
Manchäismus. Diese Religion definiert den Gut-BöseGegensatz
mit
Hilfe
von
Lichtgegensätzen
oder
räumlichen Anschauungen. So verkörpern das Licht und
der Baum des Lebens das Gute und die Dunkelheit und
der Baum des Todes das Böse.
Es gibt keine Leitlinie, die eine Veränderung der
Beschreibung des Bösen in den Religionen erkennen
lässt. Die Religionen ähneln einander entweder, da sie
voneinander beeinflusst wurden, oder aber es gibt einen
ganz
anderen
Erklärungsansatz,
wie
den
im
Manchäismus.
4. Darstellungen philosophischer Ansätze:
Mit der Frage wie das Böse in die Welt kam,
beschäftigen sich die Philosophen schon seit frühester
Zeit. Voraussetzung dieser philosophischen Debatte war,
dass das Böse besteht. Da die Philosophen im Gegensatz
zu den Theologen nicht vom Glauben aus gehen, werden
hier andere Ansatzpunkte bezüglich der Definition des
Bösen verwendet.
4.1 Philosophische Ansätze
4.1.1 Platon (428-348 vor Christus)
Platon stellt das Problem des Bösen „durch den
Dualismus des Vollkommenen – Unvollkommenen,
Guten – Bösen als ein metaphysisches Problem dar.“ 37
Seiner Meinung nach ist das Böse das Endprodukt aus
der Unbestimmtheit, aus der Unordnung des Materiellen
und aus der Natur des Körperlichen. Es widerstrebt dem
37
Nina Strehle: Das Böse bei Johann Gottlieb Fichte und Immanuel Kant. Münster 2001, S. 1.
17
Ordnungsprinzip der Welt und ist nicht göttlich. Hieraus
schlussfolgert Platon, dass eine gute Gottheit das Böse
nicht erschaffen haben kann. 38
4.1.2 Aristoteles (384-322 vor Christus)
Aristoteles definierte den „Gedanken der Doppelheit des
Bösen“ 39 . Das Gute, also die Tugend, ist nach Aristoteles
immer von Irrwegen umgeben. Denkt man zum Beispiel
an eine Gefahrensituation, so liegt das Gute zwischen
Tollkühnheit und Feigheit. Im Umgang mit Geld, liegt
die Tugend zwischen Verschwendung und Geiz. Diese
schlechten Wege stellen Gegensätze dar. Das eine
Extrem will den Menschen dazu verlocken über seine
Grenzen hinauszutreten (Verschwendung, Tollkühnheit)
und das andere Extrem soll bewirken, dass man sich in
sich kehrt und verstarrt (Geiz, Feigheit). Beide Extreme
gelten als schlechte Eigenschaften und machen den
Menschen letztendlich Böse.
4.1.3 Epikur (341 vor Christus)
Epikur beschäftigte sich mit der Frage, warum ein
allwissender und allmächtiger guter Gott das Böse
überhaupt existieren lässt. Epikur fand auf dieses
Dilemma keine Antwort, aber er stellte fest, dass Gott
entweder unwillens sei, das Böse aus der Welt zu
verbannen, oder das er unfähig sei, das Böse zu
beiseitigen. Wenn er allerdings unfähig wäre, so wäre er
nicht allmächtig. Falls er unwillens sei, so wäre er nicht
vollkommen
38
39
gut
–
was
auch
dem
Gottesbild
Annemarie Pieper: Gut und Böse. München 1997, S. 58 f.
Benjamin Kober: Das Böse in der Literatur. Karlsruhe 2006, S. 5.
18
widerspräche. 40 Das Böse bei Epikur ist an sich jedoch
nicht weiter definiert worden. Es ist nach seiner
Definition eine allgemeine Bezeichnung für alles
Schlechte in der Welt.
4.1.4 Thomas von Aquin (1225-1274)
Thomas von Aquin, ein zu seiner Zeit einflussreicher
Theologe und Philosoph, beschäftigte sich weniger damit
wie das Böse in die Welt gekommen ist, sondern eher
damit, was genau das Böse eigentlich ist. Seiner Meinung
nach ist das Böse eine Beleidigung Gottes. Gott wird
seiner Definition nach durch nichts beleidigt als durch
die Handlungen die der Mensch gegen sein eigenes Wohl
durchführt. Das heißt also, dass das Böse gegen das
eigene sowie gegen das Wohl der anderen und somit
gegen die Gesellschaft und gegen „den das Wohl des
Menschen wollenden Gott“ 41 richtet.
4.1.5 Gottfried Wilhelm Leibniz (1646-1716)
Leibniz
prägte
den
Begriff
der
Theodizee,
den
„theologischen bzw. philosophischen Versuch einer
Antwort auf die Frage wie Gottes Allmacht und Güte mit
der Existenz des Bösen in der Welt vereinbar sei.“ 42 Er
kam zu dem Schluss, dass Gott das Böse (das Übel) als
ein Mittel der Erziehung und Strafe in der Welt zulasse.43
Da es auch Übel gab, das nicht der Strafe oder der
Erziehung diente, unterschied Leibniz zwischen drei
Arten:
40
http://hltwahrheit.org/Boese.html, 27.05.2010.
Görres, Rahner, S. 40.
42
Bernhard Pollmann und Jochen Dilling: Harenberg Kursbuch Bildung. Das erste interaktive
Lexikon. Das eigene Wissen überprüfen und neue Netzwerke entdecken. Dortmund 2003, S.
416.
43
Geyer, S. 100.
41
19
Erstens: Dem metaphysischen Übel, wie zum Beispiel
dem Tod. Dieses Übel resultiert aus der Tatsache, das
auch „die beste aller möglichen Welten“ 44 nur aus
endlichen Wesen bestehen kann.
Zweitens:
Dem
Schmerzempfinden,
physischen
das
aus
der
Übel,
dem
Leiblichkeit
des
menschlichen Wesens hervorkommt. Alles Leid, das aus
natürlichen Prozessen entsteht, fällt unter diese Kategorie
wie zum Beispiel Krankheiten oder Naturkatastrophen.
Drittens: Dem moralischen Übel, welches sich durch
sündhaftes Verhalten charakterisiert. Dieses Verhalten
kommt, wie auch das Gute, aus der Freiheit des
Menschen hervor. 45 Dies ist der Fall, wenn ein Mensch
dem anderen absichtlich physischen oder psychischen
Schmerz zufügt. 46
4.1.6 Immanuel Kant (1724-1804)
Auch aus dem Blickwinkel der Moral betrachtet ein
weiterer wichtiger Teilnehmer der Debatte des Bösen
dieses Thema. In Kants Augen galt man dann als radikal
böse, wenn man „die Negation des moralischen Gesetzes
zum Prinzip seiner Haltungen macht. Nur wer das
moralische Gesetz will, ist, laut Kant, frei. Andernfalls
wendet er sich aus Freiheit gegen die Freiheit.“ 47 . Unter
Freiheit
versteht
Kausalität,
dem
Kant
die
„Unabhängigkeit
von
Ursache-Wirkungs-Prinzip“ 48 ,
dem
Prinzip, das die Naturgesetze charakterisiert. Als
moralisches
Gesetz
wird
ein
objektiver
44
Geyer, S. 100 f.
Geyer, S. 101.
46
Kober, S. 6.
47
Prof. Dr. Helmut Holzey: Kritik der Moral – Moral der Kritik. Untersuchungen zum Problem
der Freiheit bei Kant und zur „Politik“ bei Aristoteles. Zürich 1988, S. 8.
48
Holzey, S. 9.
45
20
Bestimmungsgrund des Willens festgelegt. 49 Dadurch,
dass das moralische Gesetz objektiv ist, ist es für alle
Menschen
gleichermaßen
zutreffend.
Es
ist
allgemeingültig und unterliegt keiner Bedingung. Im
Gegensatz zum moralischen Gesetz steht die Maxime:
ein subjektives Gesetz, das nur für einzelne Menschen
gilt. Nach Kant ist das moralische Gesetz sehr abstrakt,
da es auch als „reine Form, eine rein formale Bedingung
des Willens“ 50 aufzufassen ist. Das moralische Gesetz
bestimmt sich durch sich selbst. 51 Ein freier Wille ist
demnach nur einer, der sich durch moralische Gesetze
definiert, da diese allgemeingültig und abstrakt sind. Es
ist hierbei gleichgültig ob das Gesetz ausgeführt wird
oder nicht. Man muss nur entscheiden ob der
Bestimmungsgrund eine Maxime oder ein moralisches
Gesetz ist.
Vernunft
Das moralische Bewusstsein, das unsere
erkennt,
wird
vom
moralischen
Gesetz
hergeleitet. Das heißt also, dass das moralische Gesetz
die Moral bestimmt. Was nicht dem moralischen Gesetz
entspricht und somit eine Maxime ist, ist in Kants Augen
auch nicht mehr moralisch vertretbar.
Betrachtet man nun wieder Kants Definition des radikal
bösen Menschen, zeigt sich folgendes: Ein Mensch der
„die Negation des moralischen Gesetzes zum Prinzip“ 52
seines Handelns macht, ist also einer, der Gesetze
befolgt, die nicht allgemeingültig sind und sich
sozusagen mehr oder weniger einen Vorteil durch die
Auslegung verschiedener Maxime schaffen will. Denn
nur ein ausschließlich rein moralisches Gesetz gilt als
49
Holzey, S. 10.
Geyer, S. 109.
51
Geyer, S. 109.
52
Geyer, S. 110.
50
21
gut.
4.1.7 Johann Gottlieb Fichte (1762-1814)
Fichte setzt das Böse mit einer Rechtsverletzung gleich.
Schließlich weiß ein jeder Mensch, was Böse ist, wenn
ihm oder ihr selbst Unrecht geschieht. Denn jeder
„empfindet sich als Inhaber von Rechten, die kein
anderer verletzen darf. Er findet sich rechtswürdig.“ 53
Wenn zum Beispiel ein Mitgefangener einem anderen
das Essen klaut oder ihn grundlos schlägt, so empfindet
das Opfer die Verletzung seiner Rechte. Auch dann,
wenn der Schwächere genauso handelt. Dieses Wissen
einer Rechtsverletzung, gehört nach Görres und Rahner
“zu der eisernen Ration von Wahrheiten, die keinem
Menschen gänzlich verloren gehen.“ 54 Dieses bezieht
sich auf Fichtes Aussprache das Böse betreffend: „Es
gibt Ideen, denen mit Vernunft nicht widersprochen
werden kann [...]. Eine davon heißt: Personen haben
Rechte.“ 55 Wenn also eine Person die Rechte einer
anderen Person freiwillig und wissentlich Unrecht tut,
oder bereit ist es zu tun, handelt er der Definition nach
böse. Dass Unrecht, das auch im Unterlassen von
Handlungen bestehen kann, spricht für sich. Diese Rechte
und Pflichten, zum Beispiel einem verunglückten
Fahrradfahrer zu helfen, die ein jeder in sich selbst hat,
werden als das Gewissen verstanden. Die Missachtung
von Rechten und Pflichten ist böse und macht Fichte zu
Folge böse 56 .
53
Görres, Rahner, S. 21.
Görres, Rahner, S. 21.
55
Görres, Rahner, S. 21.
56
Görres, Rahner, S. 21.
54
22
4.1.8 Friedrich Nietzsche (1844-1900)
Nietzsche eröffnete einen zu seiner Zeit vollkommen
neuen Ansatz im Diskurs über das Böse. In seiner Lehre
wertet er die Werte um, indem er den Kulturkanon –
bestehend
aus
den
christlichen
Forderungen
der
Wahrheitsliebe, Nächstenliebe oder des Streben nach
Vollkommenheit, sowie auch Hass, Egoismus und
Intoleranz - für die moralische Dekadenz verantwortlich
macht. Er betont, dass Moral nur durch eine subjektive
Einfüllung Gut sein könne. 57 Denn der
Mensch ist sein eigener Wertmaßstab, es ist
der emotionale Mensch, der sieht und
wertet. Und er ist nur dann echt und
schöpferisch, wenn seine Wertungen von
seiner Affektivität und seinem Lebensdrang
her bestimmt sind. Gut ist also was den
Menschen stärkt, und böse ist alles, was ihn
schwächlich macht und sein Leben
verkümmern läßt. (Frey-Rohn, 165).
Das von Kant definierte Moralgesetz, nämlich, das alles
Gute
als
Handlungsprinzip
für
alle
Menschen
gleichermaßen gelten kann, wird von Nietzsche gerade
als Böse definiert. Denn in einer Moralvorstellung, die
auf jeden gemünzt werden kann, geht die Subjektivität
des Einzelnen verloren. Deshalb fordert Nietzsche eine
Befreiung von der Moral, um moralisch leben und sich
somit selbst erfinden zu können. 58 Seiner Meinung nach
wird die Moral zur Unmoral wenn sie zu „der Wahrheit
und dem Ideal erhoben wird“. 59
Das Böse, also die Festlegung der moralischen Werte,
57
Frey-Rohn: Das Prinzip des Bösen in den östlichen Religionen. In: M.-L. von Franz, L. FreyRohn, K. Kerenyi, K. Löwith, V. Maag, M Schlappner, K. Schmid, G. Widengren (Hrsg.): Das
Böse. Zürich und Stuttgart 1961, S. 165.
58
Paul von Tongeren: Die Moral von Nietzsches Moralkritik. Bonn 1989, S. 21.
59
Frey-Rohn, S. 165 f.
23
findet man, Nietzsches Ansicht, nach vor allem bei den
Schwachen und Unterlegenen. Denn mit der Anwendung
des Bösen versuchen sie aufgrund von aufgehäuften
Ressentiments
die
Handlungen
der
Starken
einzuschränken und zu verurteilen. 60
4.1.9 Sigmund Freud (1856-1939)
Freud, ein bekannter Philosoph und Psychologe, teilte
Nietzsches Auffassung, da auch er die Auswirkungen der
kollektiven Moralvorstellungen auf den Einzelnen als
höchst negativ einstufte. Der Ansatz, auf den ich mich im
Folgenden beziehen werde, ist nicht rein philosophischer
sondern vor allem psychologischer Natur. Trotzdem
erscheint mir seine Theorie in der Auflistung der
Philosophen wichtig, weil auch er sich philosophischer
Ansätze bedient. Freud unterscheidet sich in seinem
Erklärungsansatz von Nietzsche insofern, als dass er das
Individuum in drei Bereiche aufteilt: in das Es, das Ich
und das Über-Ich. Das Es umfasst die menschlichen
Triebe (Sexualtrieb, Hunger) Affekte (Liebe oder Neid)
und Bedürfnisse. Das Ich definiert sich durch eigene, also
subjektive,
Normen
und
Werte,
die
sich
durch
vernünftiges und selbstkritisches Denken herausbilden.
Mit Über-Ich meint Freund die von der Gesellschaft
aufgezwungenen Moralvorstellungen und Gebote aus
denen sich dann das Gewissen des Einzelnen bildet. Das
Über-Ich wird oftmals als kategorischer Imperativ
verinnerlicht, also als einer Regel der man Folge zu
leisten hat. Tut man dies nicht, so manifestieren sich
Gewissensängste und Schuldgefühle, die letztendlich zu
der Zerstörung der gesunden Spontaneität des Ichs
60
Friedrich Nietzsche: Werke. 2. Teil. Jenseits von Gut und Böse. Vorspiel einer Philosophie in
der Zukunft. München, Wien 1967, S. 11f.
24
führen. 61 Nach Freuds Auffassung ist ein zu stark
ausgeprägtes Über-Ich das Böse. Das Gute ist das Ich,
das ab und zu dem Verlangen des Es nachgibt aber
dennoch nach seinen eigenen Moralvorstellungen und
Werten lebt.
Das Böse selbst ist nach Meinung Freuds aus dem Es
entstanden. Die einzige Möglichkeit, das angeborene
Böse im Menschen zu unterdrücken sieht Freud „in einer
auf
Vernunft
und
Wissenschaft
gegründeten
Gesellschaft“ 62 . Denn nur eine solche Gesellschaft könne
die destruktiven Instinkte des menschlichen Wesens
wirkungsvoll regulieren. Man muss eine innere Balance
zwischen dem Es, dem Ich und dem Über-Ich finden,
wobei das Über-Ich die Aufgabe hat, die Triebe des Es zu
regulieren und somit die eigenen vernünftigen Gedanken
des Ich zum Ausdruck bringen zu können.
Darüber hinaus unterscheidet Freud zwischen zwei Arten
der Bosheit: „ eine, mit der der sich böse Verhaltende in
Konflikt liegt.“ 63 Diese Art der Bosheit ist nicht gewollt
und der Betroffene leidet darunter. Sie überfällt
denjenigen und beherrscht ihn gegen seinen eigenen
Willen. Diese Art der Bosheit gehört dem Es oder dem
Über-Ich an und wird vom Ich abgelehnt. Die zweite Art
der Bosheit ist die, mit der sich das Ich vollkommen
identifiziert. Die Person leidet nicht darunter, sondern
allenfalls unter den Auswirkungen des Bösen. Das Ich
erkennt
die
Unrechtstendenz
und
ist
mit
ihr
einverstanden.
61
Frey-Rohn, S. 167.
Arno Plack: Die Gesellschaft und das Böse. Eine Kritik der herrschenden Moral. Frankfurt /
M, Berlin, Wien 1977, S. 266.
63
Görres, Rahner, S. 77.
62
25
4.1.10 Hannah Arendt (1906-1975)
Die Maßstäbe eines selbstverständlichen
Wissens über das, was gerecht und was
ungerecht ist, von standardisierten Redeund Verhaltensweisen überlagert waren,
deren Gewalt man sich nur entziehen
konnte, wenn man bewusst aus diesem
System austrat. (Arendt, 2003, S. 727).
Arendts
Äußerung
muss
im
Hinblick
auf
den
geschichtlichen Hintergrund erörtert werden. Arendt war
Jüdin und floh im 2. Weltkrieg nach Amerika. Sie
verabscheute das Böse und das totalitäre System. In ihrer
Äußerung
stellt
sie
Moralvorstellungen
fest,
dass
eines
die
Einzelnen
subjektiven
hinter
aufgezwungenen Moralvorstellung des Nazi-Regimes
verloren gingen. Der Mensch versteckte sich hinter der
Propaganda und redete sich ein, dass das Handeln der
Nazis schon richtig sei, da es ja ein `Befehl von oben`
sei.
Das
durch
die
falschen
Moralvorstellungen
indoktrinierte Unrecht verselbstständigt sich zum Bösen,
das der Mensch hinunterspielt, indem er sich hinter den
Autoritäten versteckt und sagt, dass es schon nicht so
schlimm ist, was mit den Juden geschieht. Erst viel später
überkommt den Einzelnen ein Schuldgefühl, da man die
Einsicht erlangt, dass man doch etwas hätte tun können,
wie zum Beispiel bewusst aus dem System aus zu treten
und zu protestieren. Das Böse ist nach Arendts Meinung
banal, da es sich hinter Befehlen und Autoritäten
versteckt und unter dem Deckmantel der Normalität als
ehrenhafte Werte und Normen dargestellt wird und meist
viele Anhänger findet. 64
64
Hannah Arendt: Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft.
Antisemitismus, Imperialismus, totale Herrschaft. 9. Auflage.
München 2003, S. 726 f.
26
4.2 Vergleich der philosophischen Auffassungen
Vergleicht man die verschiedenen Auffassungen der
Philosophen, so fällt auf, dass sich die zeitlich gesehen
aktuellsten
Ansätze
deutlich
von
den
ersten
unterscheiden. Bis hin zu Leibniz versuchte man zu
erklären, wie das Böse in die Welt kam. Auch wenn man
keine eindeutige Antwort auf dieses Dilemma fand, so
wird schnell deutlich, dass Gott es entweder absichtlich
erschaffen hat, als ein Mittel der Erziehung und
Bestrafung oder dass das Böse ganz einfach ein
Endprodukt aus der Unbestimmtheit und der Unordnung
des Materiellen entstanden ist. Es fällt auf, dass in fast
jedem philosophischen Ansatz Gott mit einbezogen wird.
Erst ab Kant verschiebt sich dieser Ansatz und es wird
versucht mit Hilfe der Moral das Böse zu definieren. Was
bei Kant als unmoralisch gesehen wird ist Böse.
Nietzsche widerspricht Kant, indem er gerade die Moral
als das Böse definiert. Auch Freud definierte ein zu stark
ausgeprägtes Über-Ich (Moralvorstellungen) als Böse,
genauso wie ein zu stark ausgeprägtes Ich. Seine
Vorstellung des Guten ist genau wie bei Aristoteles der
Mittelweg, nämlich das Ich und eine Balance zwischen
den schlechten Eigenschaften. Fichtes Umschreibung des
Bösen ist wieder anders, da er das Böse als eine
Verletzung des Persönlichkeitsrechts definiert. Arendt
prägte den Begriff: „die Banalität des Bösen“ 65 . Das
Böse wird in ihren Augen zu einer indoktrinierten
Normalität,
die
man
annimmt
ohne
kritisch
nachzudenken. Wenn man dann erfährt, dass die
verrichteten Handlungen böse waren, werden sie
65
Arendt, S. 726 f.
27
heruntergespielt und als etwas Banales abgetan.
Man kann also deutlich erkennen, dass sich im Laufe der
Jahrhunderte die Auffassungen über das Böse mehrfach
geändert und sich widersprochen haben. Einen `richtigen`
Lösungsansatz gibt es bis heute nicht und wird es auch
nie geben. Daher ist es immer noch unmöglich eine klar
abgegrenzte Definition des Bösen zu erstellen. Daher
sind fast alle Ansätze im Einzelnen in der anschließenden
Analyse der Bücher wieder zu finden, während die
Verwendung einer zusammengefassten Definition aller
Ansätze zu ungenau wäre.
5. Das Böse in der deutschen Fantasyliteratur
Die von mir ausgewählten Werke sind aus dem Genre der
Phantastik-Literatur. Diese hat das Kennzeichen, das sich
die Geschehnisse sowohl in der realen Welt, als auch in
einer Fantasy-Welt stattfinden. Hierbei hängt es vom
Inhalt des Buches ab, ob die Charaktere nur einmal in die
jeweils andere Welt treten oder, ob dieser Übergang
zwischen den Welten öfter stattfindet, wie bei dem zuerst
von mir vorgestellten Werk Der Greif.
5.1 Inhaltsangabe des Buchs Der Greif (1989) Wolfgang und Heike Hohlbein:
Thomas und Mark sind zwei Brüder, die zusammen mit
ihrer Mutter in einem alten Haus in der Stadt
aufwachsen. Die Mutter erzählt den Kindern, dass ihr
Vater die Familie verlassen und sich nie wieder bei ihnen
gemeldet hat. Eines Tages begleitet Mark seinen Bruder
Thomas mit auf das Dach des Hauses und in den
Dachboden. Thomas erzählt seinem jüngeren Bruder von
28
der Hinterlassenschaft seines Vaters: einem alten
Tagebuch, geschrieben in Geheimschrift und einem Lot,
das Marks Vater als Werkzeug zur Bestimmung
vertikaler Linien verwendete. Das Tagebuch enthält eine
verschlüsselte Wegbeschreibung zu einer anderen Welt,
nämlich der Welt des „Schwarzen Turms“. Diese Welt
wird, wie der Leser nach und nach erfährt, vom Greif
beherrscht. Der Greif herrscht über alle Ebenen des
„Schwarzen Turms“ und über alle Kreaturen. Seit seiner
Herrschaft sind im Schwarzen Turm Krieg, Sklaverei und
Angst ausgebrochen. Das Lot hat zwei Funktionen. Wenn
man es zum einen im Kreis schwingt, dann öffnet man
die Tür für die Geschöpfe des „Schwarzen Turms“ zur
Realität. Zum anderen ist das Lot eine Waffe mit der der
Greif und andere Geschöpfe besiegt werden können.
Marks Vater verfügte über das Tagebuch und das Lot, da
er und seine Kinder Nachfahren Martens sind. Marten
war der Gründer des „Schwarzen Turms“ und des Greifs.
Der Greif weiß, dass er nur von einem Nachkommen
Martens besiegt und seine Herrschaft somit beendet
werden kann. Deshalb schickt er seine Untertanen die
auch in der Welt außerhalb des „Schwarzen Turms“
bestehen zu Thomas und Mark, um sie zu vernichten und
ihnen das Lot abzunehmen. Als die Mutter erfährt, das
der Fluch auch ihre beiden Söhne erreicht hat, beichtet
sie ihnen, das ihr Vater die Familie nicht verlassen hat,
sondern vor dem Greif schützen wollte, indem er probiert
ihn zu vernichten und wieder Frieden in den „Schwarzen
Turm“ zu bringen. 66
66
Wolfgang und Heike Hohlbein: Der Greif. Eine phantastische Geschichte. Wien 1989, S. 281.
29
5.2 Der Greif - Elemente des Bösen
In dem Buch Der Greif arbeitet Hohlbein mit vielen
verschiedenen Elementen, die unter Punkt 3 und 4 als
Böse definiert werden. Schon in den ersten beiden Sätzen
des ersten Kapitels „Es war dunkel hier oben. Dunkel,
kalt und feucht.“ 67 wird auf den Lichtmythos der
Manchiäer eingegangen. Die im Manchäismus vertretene
Auffassung, dass die Finsternis das Böse und das Licht
das Gute symbolisiert, hat Hohlbein übernommen. „Das
Gefühl sich in der Nähe eines gleißenden Lichtes zu
befinden“ 68 wenn der Cherub, sein Schutzengel, bei
Mark ist, verdeutlicht, dass auch hier das Licht etwas
Positives symbolisiert. Denn Licht bedeutet für Mark
Sicherheit und Wärme. 69 Im Gegensatz zum Licht steht
die Dunkelheit. Denn beinahe alles im „Schwarzen
Turm“ ist schwarz und dunkel: „[...] und die Wände
trugen nicht nur die Farbe schwarz, sie strömten
Schwärze aus wie einen düsteren Hauch, der etwas in der
Seeleberührte und erstarren ließ.“ 70 Eine andere Farbe,
die ebenfalls das Böse repräsentiert ist rot. Denn rot ist
im „Schwarzen Turm“ die Farbe des Hasses.71 Hohlbein
unterscheidet die von ihm beschriebene Realität von der
phantastischen Welt im „Schwarzen Turm“ mit der
abstrakten
Idee
der
Manchiäer.
Die
Manchiäer
unterschieden Gut und Böse auch als Länder des Lichts
oder
als
Lichtflächen.
Hohlbein
macht
diese
Unterscheidung auch, denn der „Schwarze Turm“ wird
67
Hohlbein, Der Greif, S. 9.
Hohlbein, Der Greif, S. 50.
69
Hohlbein, Der Greif, S. 9, S. 264.
70
Hohlbein, Der Greif, S. 91.
71
Hohlbein, Der Greif, S. 418.
68
30
als „Reich der Schatten, Schattenland“ 72 und die Realität
als „sonnenbeschienene Ebene“ 73 dargestellt. Es gibt
gleich zu Anfang noch einen Hinweis darauf, dass das
Böse in Hohlbeins Werk einen zentralen Platz einnimmt.
Denn schon im ersten Kapitel wird eine Verfolgung
beschrieben, in der Mark vor einem schwarzen Schatten
flieht, der ihn über die Dächer der Stadt jagt.
Etwas Riesiges, Graues schob sich aus
der gewaltsam geschaffenen Öffnung,
griff nach dem gezackten Rand aus
zerborstenen Dachpfannen und Holz
und fiel mit einem gewaltigen Poltern
und Krachen zurück [..]. Mark wartete
nicht, bis der Verfolger wieder in der
Öffnung auftauchte [...] – und rannte
los. (Hohlbein, 1989, S. 10 f.).
Das Zitat beschreibt auch den Verfolger als etwas
„Riesige, Graues“ 74 . Dies ist noch eine der harmlosesten
Beschreibungen die zu finden sind, denn Hohlbein stellt
seine Dämonen auf vielfältige Art und Weise dar. So
werden Mark und Thomas nicht nur von Schatten
sondern auch von einer Schattenkreatur mit Krallen und
Zähnen angegriffen. 75 Im „Schwarzen Turm“ begegnen
die beiden Brüder Gehörnten, deren Aussehen sehr genau
beschrieben wird:
Sein Körper hatte ungefähr menschliche
Formen: Das hieß, er hatte zwei Arme, zwei
Beine und einen Kopf – aber damit hörte die
Ähnlichkeit auch schon auf.
Wie alles hier war die Haut des Wesens
schwarz, so vollkommen schwarz, dass sie
selbst das Licht aufzusaugen schien, und sah
72
Hohlbein, Der Greif, S. 84.
Hohlbein, Der Greif, S. 178.
74
Hohlbein, Der Greif, S. 10.
75
Hohlbein, Der Greif, S. 47.
73
31
hart aus wie Stein. Es war ein gutes Stück
kleiner als Mark, und es wirkte noch kleiner
dadurch, dass es weit nach vorne gebeugt
ging, als trugen die krummen Schultern eine
unsichtbare Zentnerlast. Seine Arme waren
lang wie die eines Affen, so dass die Hände
– nein, keine Hände, Klauen, vierfingrige
Pranken mit spitzen Krallen – fast über den
Boden schleiften, und statt Füßen hatte es
gespaltene Ziegenhufe und passend dazu
einen lange, schuppigen Schwanz, der in
einer pfeilförmigen Quaste endete. Das
Gesicht war schmal und von tiefen, wie mit
einem Messer eingeschnittenen Furchen
überzogen. Ein dürrer Kinnbart wackelte
unter
einem
spitzen
Mund
mit
aufgeworfenen Lippen, die Nase war scharf
und ähnelte einem Raubvogelschnabel, und
die Augen glühten in einem düsteren Rot,
wie kleine glimmende Kohlestückchen.
Dieses Gesicht wurde von einem Paar
spitzer, aufeinander zu gekrümmter Hörner
gekrönt, die aus den Schläfen des Schädels
hervorwuchsen. (Hohlbein, 1989, S. 93 f.).
Diese Wesen, die Hohlbein Gehörnte oder auch
Teufelsgestalten nennt, machen einen großen Teil der
Bevölkerung des Schwarzen Turms aus. Es gibt eine
auffallende Ähnlichkeit zu einer der Beschreibungen der
Verkörperung des Bösen im Christentum. Dort wird der
Teufel ebenfalls als ein Wesen beschrieben, das Krallen,
Bocksfüße, einen Kuhschwanz und ein hässliches
Gesicht mit langer Habichtsnase hat. Das Hohlbein diese
Ähnlichkeit zum Christentum beabsichtigt hat wird an
folgendem Zitat deutlich:
... gewisse parallelen zur Dämonologie des
christlichen Glaubens fallen mir immer
stärker ins Auge, je länger ich an diesem
sonderbaren Ort weile. Es kann kein Zufall
sein, dass die Wesen, die vor Marten und
seinen Nachfolgern hier lebten, Hörner,
einen Schweif und Hufe an de Füßen tragen
– die Parallelität zum biblischen Teufel ist
unübersehbar. (Hohlbein, 1989, S. 525).
32
Es erweckt den Anschein, dass je nach Kraft und Stärke
des Bösen jeweils andere Gestalten eingesetzt werden. So
wurde der Schatten für die Verfolgung eingesetzt und die
Gehörnten als Sklaventreiber im „Schwarzen Turm“. Um
Mark und Thomas jedoch wirklichen Schaden zufügen zu
können, beauftragt der Greif entweder den schwarzen
Cherub, einen steinernen Engel, oder den lebendig
gewordenen Amor, der ihn Mark mit seinen Pfeilen
versucht zu töten 76 . Auf dem Haus, in dem Thomas und
Mark aufwachsen, stehen schon seit hunderten von
Jahren zwei Engelsfiguren aus Stein, den Cherubinen.
Diese Figuren können zu Leben erwachen. Da sie
einander sehr ähnlich sehen, begeht Mark beinahe einen
fatalen Fehler, indem er dem falschen steinernen Engel
vertraut.
„Cherub! [...] Gott sei Dank, du bist es! Sie
waren hier! Der Greif hat mich gefunden!
Ich konnte gerade noch-“ [...] Das war nicht
der Cherub. Es war ein Cherub, aber es war
nicht jener, der ihn und Thomas vor dem
Greif gerettet hatte. Sein Gesicht
war...anders. Wo bei dem Cherub in Stein
nachgeahmten menschlichen Züge etwas
Strenges, aber Gütiges hatten, da schien ihm
unter der Oberfläche dieses Antlitzes eine
hämische Teufelsfratze entgegenzugrinsen.
Alle Linien und Formen wirkten irgendwie
verschoben und falsch. Es wat ein Cherub,
aber ein schwarzer Cherub, ein gefallener
Engel, der im Dienste des Greif stand, nicht
in dem der Mächte, für die der andere
Cherub eintrat. (Hohlbein, 1989, S. 166 f.).
Diese
Darstellung
zweier
Engel,
also
göttlicher
Gestalten, die einander nur vom Äußerlichen her
gleichen,
lässt
einen
an
die
Darstellung
der
Zwillingsgeister im Zoroastrismus denken. Es sind zwei
76
Hohlbein, Der Greif, S. 206.
33
Geister, wovon der Eine gut ist, wie hier der Cherub und
der Andere Zwillinge das Böse verkörpert, wie der
schwarze Cherub. Die Zwillinge stellen das Leben und
das Nicht-Leben dar, was auch auf den Cherub und den
schwarzen Cherub zutrifft. Der erste hilft und beschützt
und der zweite andere jagt und vernichtet. Es gibt noch
ein weiteres Geschöpf, das vom zoroastristischen oder
auch vom buddhistischen Glauben inspiriert worden sein
könnte. Hierbei handelt es sich um Hohlbeins am
stärksten ausgeprägte Darstellung des Bösen, nämlich um
den Greif.
Er bildet sich aus einer riesigen brodelnden Schwärze zu
einem Geschöpf mit glatter, goldbrauner Haut. Sein
Körper ist der eines Löwens und sein Kopf der eines
Adlers. Er hat große gebogene Krallen und riesige
Schwingen. In seinen rot glühenden Augen schimmert
Intelligenz und Hass auf alles Lebende und Fühlende. 77
Der Greif wird als eine Art Drachen in Löwengestalt
dargestellt. Dies entspricht nicht ganz der Darstellung des
Buddhismus oder der Zoroastrismus, aber dennoch denke
ich,
ist
eine
Übereinstimmung
zwischen
der
Verkörperung des Bösen in den Religionen und in
Hohlbeins Werk zu erkennen. Meiner Meinung nach
wird der Greif als etwas radikal Böses verstanden, wie
auch der Drache im zoroastristischen Glauben, da er
bekämpft wird und ihm das „moralische Übel als
entscheidende Qualität fehlt“ 78 . Er nimmt also in
Hohlbeins Werk keinen notwendigen Platz im Kosmos
ein, da hier das kosmische Geschehen anscheinend auch
ohne das Böse funktioniert.
77
78
Hohlbein, Der Greif, S. 128.
Widengren, S. 30.
34
Dass der Greif jedoch die wichtigste Verkörperung des
Bösen im gleichnamigen Buch darstellt, macht unter
anderem der Titel deutlich. Der Greif stellt für Hohlbein
nicht nur ein böses Wesen des „Schwarzen Turms“ dar,
sondern als etwas viel Schrecklicheres. In seinen Augen
ist der Greif
Kein Ungeheuer, kein Monster, durch eine
Laune
des
Zufalls
und
einen
unbeschreiblichen Fehler eines sterblichen
Menschen erschaffen, sondern ein finsteres,
böses Ding, vielleicht das Prinzip des Bösen
an sich, das einen Körper gefunden hatte.
(Hohlbein, 1989, S. 424).
Um dieses Prinzip besser verstehen zu können, geht
Hohlbein sehr ausführlich auf die Entstehungsgeschichte
des Greifs ein: Thomas erzählt seinem Bruder von ihren
gemeinsamen Vorfahren Marten, der ein Steinmetz war
und von einem Adligen den Auftrag erhielt eine
prachtvolle Kapelle zu bauen. Er baute ein Meisterwerk,
das von jedem bewundert wurde. Als er jedoch seinen
Lohn bei dem Adligen einforderte, bekam er nichts für
seine Arbeit.
„Du meinst, dieser Graf hat ihn darum
betrogen?“ „ Nicht nur das“, antwortete
Thomas. „ Unser Vorfahre war ein reicher
Mann, zumindest für damalige Verhältnisse.
Aber er war auch ein gerechter Mann, der
Lüge und Betrug hasste, und er kämpfte um
sein Recht. Zuerst versuchte er es mit
Ausflüchten: Er behauptete die Kapelle wäre
schlecht gebaut, nicht nach seinen Plänen
und nicht nach der Handwerkskunst. Aber
als all dies nichts nützte und unser Urahn
drohte, sich beim König selbst zu
beschweren und sein Recht einzuklagen, da
zeigte der Graf sein wahres Gesicht. Er
bezichtigte ihn als Zauberer, als Mann, der
mit dem Teufel im Bunde sei, und er brachte
falsche Zeugen und gefälschte Beweise für
35
diese Behauptung. Der Steinmetz verlor
alles – sein Vermögen, seinen Ruhm, sein
Haus, seine Frau, sein Kind. Am Schluss
warfen sie ihn ins Gefängnis und klagten ihn
der Hexerei an. Aber nicht genug. Der Graf
selbst behauptete, er hätte den Teufel
gesehen, der nachts auf dem Altar getanzt
hatte, und natürlich hatte er ein halbes
Dutzend Zeugen, die diese Aussage bei
ihrem Leben beschworen. Es kam zum
Prozess, und der Steinmetz wurde der
Hexerei für schuldig befunden und bei
lebendigem Leibe verbrannt.“ (Hohlbein,
1989, S.141 f.).
In diesem Zitat werden auch zwei der drei Aspekte des
Bösen des Buddhismus wörtlich genannt, denn der
Steinmetz wird belogen und betrogen um ihn um seinen
Lohn zu bringen. Die Freunde des Steinmetzes
versuchten ihm zu helfen und der Prozess verzögerte sich
um zehn Jahre. Um den Steinmetz zu verhöhnen ließ der
Graf ihm einen Marmorblock und ein Lot in seine Zelle
bringen. Mit Hilfe dieses Lots, seinen bloßen Händen und
dem Marmor erschuf Marten in zehn Jahren den Greif.
„Zehn Jahre Hass, Mark“, sagte er. „Zehn
Jahre in einem engen fensterlosen Loch
eingesperrt mit nichts anderem als diesem
Marmorblock und den Erinnerungen an
seine Frau und seinen Sohn, die er verloren
hatte. Es war Hass, der in ihm eine Macht
wachrief, die außerhalb des Menschlichen
lag und mit der er den Greif schließlich zum
Leben erweckte. An dem Tag, an dem er auf
dem Scheiterhaufen verbrannt wurde,
verschwand der Greif aus dem Kerker, und
man fand die Wachen zu Stein erstarrt. Kurz
darauf verschwanden oder starben eine
Menge Menschen, die mit der Sache zu tun
gehabt hatten – die Zeugen, die ihn mit ihren
falschen Aussagen ins Gefängnis gebracht
hatten, jene, die die Wahrheit wussten und
zu feige gewesen waren, sie auszusprechen,
die Folterknechte, die vergeblich versucht
hatten,
ein
Geständnis
aus
ihm
herauszupressen. Und am Schluss fand man
36
den Grafen und seine ganze Familie
versteinert an dem Tisch sitzen, an dem sie
gerade gegessen hatten. Niemand hat den
Greif seit diesem Tag wieder gesehen, aber
du und ich, wir wissen, wo er ist.“ - „Der
Schwarze Turm“ flüsterte Mark [...] „Es ist
die Kapelle, die er erbaute“, bestätigte
Thomas. „Ihr Gegenstück in der Welt des
Greif“. (Hohlbein, 1989, S. 142 f.).
Die Umgebung in der das Böse hauptsächlich stattfindet,
dem „Schwarzen Turm“, nimmt auch einen wichtigen
Platz in Hohlbeins Werk ein. Der „Schwarze Turm“,
dessen Landschaft nicht nur als „schattenhafte Welt“ 79
bezeichnet, sondern auch als die Hölle 80 . Einen Eingang
in diese Hölle gibt es immer. So wird zum Beispiel ein
Besuch in einem Einkaufszentrum fast zum Verhängnis
für Mark:
Das mattleuchtende K über der Fahrstuhltür
erlosch, aber die Kabine hielt keineswegs
an, sondern wurde immer schneller.
Gleichzeitig begann sie sich zu verändern.
Es begann mit den Wänden. Der matte
Schimmer des Edelstahls flackerte, wurde
blind und erlosch dann ganz, und plötzlich
waren sie nicht mehr von Metall umgeben,
sondern von grobem Stein, und aus dem
gellen Surren des Elektromotors wurde das
schwere, metallische Klirren und Rasseln
einer Kette an der sich der Aufzugskorb
rasend schnell in die Tiefe bewegte! [...] Die
Fahrt schien endlos zu dauern. Es wurde
wärmer,
und
ein
beißender,
übelkeiterregender Schwefelgestank begann
sich nach und nach in die Luft zu mengen,
während sich die Kabine quietschend und
schaukelnd weiter nach unten bewegte.
(Hohlbein, 1989, S. 326 f.).
Hohlbein beschreibt die Hölle, wie man sie sich im
Allgemeinen vorstellt: gehauen aus grobem Stein, das
79
80
Hohlbein, Der Greif, S. 87.
Hohlbein, Der Greif, S. 319.
37
Rasseln vieler Ketten, entweder für die Sklaven oder um
Gegenstände
herumzuschleifen,
eine
beinahe
unerträgliche Hitze und ein furchtbarer Gestank. In der
von mir zitierten Stelle, ist die Hitze noch nicht
übermäßig groß, da Mark sich noch immer in dem
Fahrstuhl nach unten befindet. Und wieder zieht
Hohlbein selbst den Vergleich zum Christentum, indem
er schreibt: „[...] auch das Bergwerk erinnert mich bei näherer
Betrachtung immer mehr an das biblische Fegefeuer, die
Vorhölle, die dem Leben folgt und dem eigentlichen Ende
vorausgeht.“ 81 Der „Schwarze Turm“ hat aber nicht nur
eine abschreckende, sondern auch eine verlockende
Eigenschaft, von der Mark fasziniert ist.
Er hatte so etwas noch nie zuvor erlebt: Der
dunkle Umriss dort drüben schien
gleichzeitig das Schönste wie das
Abstoßendste zu sein, das er jemals erblickt
hatte, er strahlte etwas unbeschreiblich
Verlockendes, aber auch eine eindeutige
Warnung aus, nicht näher zu kommen.
(Hohlbein, 1989, S. 589).
Diese Beschreibung weist Ähnlichkeit auf mit der
Beschreibung des Teufels im Christentum. Denn der
Teufel konnte nicht nur mit einer spitzen Nase,
Kuhfüßen, einem Schwanz und Hörnern dargestellt
werden, sondern auch auf eine sehr verlockende Art und
Weise wie Frau von Welt, die von vorne ein äußerst
verlockendes Antlitz hat und von hinten mit Kröten
übersät ist. Die Kapelle lockt Mark mit ihrer Schönheit
und stößt ihn gleichzeitig ab, da er weiß, dass dort viele
Gefahren und endlose Dunkelheit auf ihn warten.
81
Hohlbein, Der Greif, S. 525.
38
Es sind neben den Elementen des Bösen, die in den
Religionen beschrieben werden, auch einige Elemente
des Bösen zu erkennen, die in der Philosophie festgelegt
wurden. So zum Beispiel der Ansatz von Aristoteles, der
von der „Doppelheit des Bösen“ 82 ausgeht. Ihm zufolge
ist man von Irrwegen umgeben und muss sich für den
goldenen Mittelweg entscheiden. Thomas und Mark sind
ständig von Irrwegen umgeben. So zum Beispiel als die
Tür zum „Schwarzen Turm“ nochmals geöffnet wird und
der Greif ihnen einen Pakt anbietet. Er verspricht ihnen
das Leben, wenn sie ihm das Lot überhändigen. Im ersten
Moment weigern sich beide Brüder und beschließen die
Tür zum „Schwarzen Turm“ nicht mehr zu öffnen.
Thomas allerdings hält sich nicht an dieses Versprechen.
Der erste Irrweg besteht darin, dass er den Greif besiegen
und die Herrschaft über den Turm und seine Bewohner
an sich reißen will. Als ihm dies nicht gelingt, begeht er
den zweiten Irrweg, nämlich den, auf das Angebot des
Greifs einzugehen und sich mit ihm zu verbünden, auch
wenn er ihm das Lot nicht übergibt. Dieser zweite Irrweg
ist der Versuch den Greif zu täuschen und ihn mit einem
Hinterhalt in eine Falle zu locken, anstatt den offenen
Kampf anzugehen. Aber auch dieser Weg nimmt kein
gutes Ende, da Thomas verliert und sein Körper und sein
Geist später in der Gestalt des Greifs gefangen
genommen werden. 83
Hilf mir, Mark. Du bist der einzige, der es
noch kann. Die Dunkelheit wich. Und Mark
schrie gellend auf. Er stand seinem Bruder
gegenüber. Aber auch dem Greif. Was er
sah, das sah wie eine Kreuzung zwischen
82
83
Kober, S. 5.
Hohlbein, Der Greif, 601.
39
einem Menschen und einem gigantischen,
geflügelten Lebewesen aus, ein furchtbares
Etwas mit dem Gesicht seines Bruders, dem
Körper eines Löwen und mit einem langen,
peitschenden Schweif und schmalen,
verkrümmten Händen, die sich in einer
flehenden Geste nach ihm ausstreckten...Hilf
mir, Mark, flehte Thomas` Stimme in seinen
Gedanken. Sein Gesicht war eine Grimasse
der Qual, und in seinen Augen loderte
unbeschreibliches Leid. Er hat mich
überlistet! Er hat nur mit mir gespielt, wie
ich mit dir! Hilf mir! (Hohlbein, 1989, 601
f.).
Auch der Ansatz von Thomas von Aquin, nämlich das
das Böse sich gegen das Wohl der eigenen Person und
gegen das der anderen richtet, wird in obigen Zitat
deutlich. Aber nicht nur Thomas Handeln richtet sich
selbst, sondern auch gegen alle Sklaven und Bewohner
im Schwarzen Turm, denn unter Thomas Herrschaft sind
die Lebensbedingungen „noch schrecklicher als zuvor“ 84 .
Auch die drei Übel, die in der von Leibniz eingeführten
Theodizee vorkommen, sind in Hohlbeins Werk zurück
zu finden. Das metaphysische Übel, der Tod, tritt in Form
des Siegs über den Greif auf: „Keln hatte getan, wozu der
Greif Mark hatte verleiten wollen – er hatte Gewalt
angewendet und den Tod ins Land jenseits der Träume
getragen [...].“ 85 Das physische Übel, zum Beispiel eine
Krankheit, kann man bei Yezariel sehen. Er begleitet
Mark in die Welt der Menschen und wird krank, da er die
Umgebung im „Schwarzen Turm“ zum Überleben
braucht. 86 Das dritte Übel, auch das moralische Übel
genannt, wird durch Thomas verdeutlicht. Thomas
versucht seinen Bruder vom Turm weg zu halten,
84
Hohlbein, Der Greif, S. 597.
Hohlbein, Der Greif, S. 609.
86
Hohlbein, Der Greif, S. 556.
85
40
zumindest so lange, bis er der alleinige Herrscher dort ist.
Deswegen hetzt er Mark seine Untertanen auf den Hals
die ihn, wenn er nicht gehorcht, verprügeln und in einem
Heim einsperren. 87 Da es in der Welt des „Schwarzen
Turms“ und auch in der Welt der Menschen kein Gesetz
gibt, das für jeden Menschen oder jedes Wesen
gleichermaßen gilt, ist das moralische Gesetz von Kant
nicht erfüllt. Seiner Auffassung nach sind alle böse, selbst
Mark, der seinem Gewissen nach immer das Beste zu tun
versucht und sich nicht von den Irrwegen abbringen lässt.
Aber auch die Handlungen die Mark unternimmt, um die
Untertanen und Sklaven im „Schwarzen Turm“ zu retten,
sind keine Handlungen, die jeder unternehmen sollte, wie
zum Beispiel einen Aufstand der Sklaven hervorzurufen
und zu führen. 88 Dass nach Fichtes Definition das Böse
im „Schwarzen Turm“ herrscht, ist nicht zu übersehen.
Schon die Sklaverei oder die Tötungsversuche des Greifs
bezüglich
Mark
und
Rechtsverletzungen. 89
Thomas
Nach
sind
Nietzsche,
eindeutige
der
die
Wertvorstellungen ganz anders deutet als Kant, müsste
eigentlich jedes Wesen in Hohlbeins Werk gut sein. Dies
ist allerdings auch nicht der Fall, da Nietzsche festlegt,
dass Moral gut sei, wenn sie subjektiv eingefüllt werde.
Das heißt, ein jeder muss nach seinem eigenen
Wertmaßstab handeln. Verstößt derjenige jedoch gegen
seine eigenen Werte, so ist er auch trotz subjektiver
Einfüllung böse. Thomas weiß, dass er seinen Bruder
nicht hätte betrügen und belügen dürfen. Aber seine
eigene Habgier war größer als seine selbst gesetzten
Moralvorstellungen. Als Thomas seinen Bruder anfleht
87
Hohlbein, Der Greif, S. 488.
Hohlbein, Der Greif, S. 582.
89
Hohlbein, Der Greif, S. 213.
88
41
ihm zu helfen: „Er hat mich überlistet! Er hat nur mit mir
gespielt, wie ich mit dir! Hilf mir!“ 90 bereut er seine
Taten. Sein Handeln hat ihn schwächlich gemacht und
sein Leben verkümmern lassen. Mark hingegen hält sich
an seine eigenen Moralvorstellungen. Auch er handelt
einige
Male
entgegengesetzt
dem
festgelegten
Kulturkanon, zum Beispiel wenn er das Büro des
Heimleiters aufbricht in dem sein Bruder ihn hatte
einsperren
lassen. 91
Ein
Einbruch
ist
der
Moralvorstellung nach eine Straftat und somit etwas
Böses. Da Mark allerdings einbricht, um die Polizei über
seine Situation zu informieren und nicht um etwas zu
stehlen, ist seine Handlung in Nietzsches Sinne gut.
Wendet man Freuds Definition auf Mark und Thomas an,
so kommt man zu der gleichen Schlussfolgerung wie
Nietzsche. Mark ist gut, da bei ihm das Es, das Ich und
das Über-Ich in Balance stehen. Er lässt sich nicht nur
von seinen Trieben steuern und auch sicher nicht von der
allgemeinen Moralvorstellung. Das Ich, das sich durch
subjektive Normen und Werte und durch vernünftiges
und selbstkritisches Denken heraus bilden, ist bei ihm am
stärksten ausgeprägt, steht aber immer noch in Balance
zum Es und Über-Ich. Bei Thomas wiederum stehen das
Es, das Ich und das Über-Ich nicht in Balance. Er
identifiziert sich mit dem Ich, was nach Freuds Definition
die zweite Art der Bosheit darstellt. Er leidet nicht unter
der Bosheit, sondern nur unter ihren Auswirkungen. Dies
ist sehr deutlich daran zu erkennen, als Thomas Mark
anfleht, ihn aus dem Körper des Greifs zu befreien. 92
Denn dass er Mark hintergangen und
in ein Heim
90
Hohlbein, Der Greif, S. 601 f.
Hohlbein, Der Greif, S. 475.
92
Hohlbein, Der Greif, S. 601, 602.
91
42
bringen hat lassen, tut ihm erst leid, als er vom Greif
besiegt wird. Der letzte von mir behandelte Ansatz von
Arendt, nämlich dass das Böse banal sei, ist jedoch in
diesem Werk von Hohlbein nicht behandelt worden.
Abschließend kann man feststellen, dass sich in
Hohlbeins Werk: Der Greif, viele theologische aber auch
philosophische Ansätze des Bösen finden lassen.
Hohlbein bedient sich aller von mir aufgelisteten
Religionen,
um
das
Böse
mit
den
jeweiligen
Verkörperungen oder Licht - Dunkel –Verhältnissen
darzustellen.
Wie
philosophische
beschrieben,
Ansätze
sind
sind
in
auch
etliche
seinem
Werk
zurückzufinden.
Nun stellt sich die Frage ob, Hohlbein in auch in seinen
anderen Werken auf die gleichen theologischen und
philosophischen Ansätze eingeht. Um einen Vergleich
erstellen zu können, habe ich auch das Buch: Anders. Die
Tote Stadt (Teil 1), ebenfalls geschrieben von Wolfgang
und Heike Hohlbein gelesen und analysiert. Anders
erschien
2004,
also
15
Jahre
nach
der
Erstveröffentlichung des Buchs Der Greif. Diese
Zeitspanne habe ich willentlich so gewählt, da deutlich zu
erkennen ist, dass sich innerhalb einer Zeitspanne von 15
Jahren, die Darstellungsweise des Bösen in Hohlbeins
Werken geändert hat.
43
5.3 Inhaltsangabe des Buchs: Anders. Die tote Stadt
(2004) – Wolfgang und Heike Hohlbein
In dem von mit behandelten ersten Teil des Buches
Anders. Die tote Stadt ist Anders, ein sechzehnjähriger
Junge, der schon seit sieben Jahren das Internat von
Drachenthal besucht, die Hauptfigur.
Er hat keine
Freunde, da seine Mitschüler neidisch auf seine
Hochbegabung sind und die Tatsache, dass er eines
Tages das größte Firmenimperium des Landes erben
wird. Da sein Vater, Ottmar Beron, keine Zeit hat um
seinen Sohn selbst vom Internat abzuholen, schickt er
seinen Fahrer Jannik, der zugleich Anders` einziger
Freund ist. 93 Jannik soll Anders abholen und dann in
einem Privatflugzeug zu der Yacht seines Vaters bringen,
auf der Vater und Sohn Urlaub machen wollen. Schon
während der Fahrt zum Flugzeug fällt Jannik auf, dass sie
verfolgt werden. Um den Wagen abzuhängen nimmt er
eine andere Route zum Flugplatz. Dort angekommen
steigen Jannik und Anders in die Cessna ein. Was die
zwei nicht wissen, ist, dass der Verfolger namens
Narbenhand und sein Komplize schon auf der Rückbank
der Cessna warten. Narbenhand zwingt Jannik zum Start
und entführt das Flugzeug. 94 Auch herbeigerufene Hilfe
kann die Entführung nicht stoppen. Um die Verfolger los
zu werden zwingt Narbenhand Jannik in eine riesige
Gewitterwolke zu fliegen. Die Cessna stürzt auf einem
dunklen Platz ab und es kommt dort zu einem Kampf
zwischen den Entführern und den Entführten. Plötzlich
erscheint ein Helikopter, der von drei Männern in
schwarzen Anzügen geflogen wird. Als sie Narbenhand
93
94
Wolfgang und Heike Hohlbein: Anders. Die tote Stadt. Wien 2004, S. 5 f.
Hohlbein, Anders, S. 29.
44
entdecken, schießen sie ihn und seinen Komplizen ohne
zu zögern nieder. 95 Die Männer in ihren schwarzen
Schutzanzügen steigen aus und verfolgen auch Jannik
und Anders. Jannik entkommt ihrem Feuer nicht und
stirbt. Anders kann sich verstecken und wird letztendlich
von Katt, einem Mädchen in Katzengestalt, einem so
genannten Tiermenschen, gerettet. Katt bringt Anders zu
ihrer
Sippe,
die
ihn
widerwillig
aufnimmt
und
durchfüttert. In dieser Sippe, in der beinahe alle
Tiergestalten vorkommen, erfährt Anders alles über die
Gebräuche der Tiermenschen, so auch, dass man
einander normalerweise nicht hilft. Anders erkennt auch,
dass die Stadt, in der sie leben, tot ist. Es ist eine Stadt,
die von Atombomben verwüstet wurde und in der es
neben Dunkelheit, kaltem Stahl und rostigem Metall
nicht mehr viel gibt. Nahrungsmittel werden von einer
anderen Sippe, den Eldern angeliefert. Die Tiermenschen
erhalten Lebensmittel, indem sie es gegen Metall
eintauschen. Eine weitere Sippe, die sich vornehmlich in
der Luft aufhält, wird von den Tiermenschen als Drachen
bezeichnet. Anders erkennt in ihnen allerdings eher
Helikopter. Gegen Ende des Buchs flieht Anders von der
Sippe, da einer der Ältesten der Sippe, Bull der Minotaur,
Anders an die Elder ausliefern will, um so an mehr
Lebensmittel zu kommen. Katt folgt Anders, da sie nach
einem Streit mit den Eldern nicht mehr bei ihrer Sippe
bleiben darf. Würde sie trotzdem bleiben, dann wäre das
ihr sicherer Tod. Sie erreichen nach einer langen Flucht
durch die Berge einen Maschinenraum, von dem sie nicht
wissen, wozu er gut ist. Dort herrschen allerdings auch
95
Hohlbein, Anders, S. 62.
45
Elder, denen sie direkt in die Arme laufen. 96
5.4 Anders. Die tote Stadt – Elemente des Bösen
In der toten Stadt, in der die Tiermenschen leben, besteht,
wie auch im buddhistischen Glauben, eine kosmische
Ordnung. Diese Ordnung basiert jedoch auf einem
totalitären System, angeführt von den Eldern. Anders, der
durch sein Auftauchen die Sippe in Unruhe versetzt hat,
bringt diese Ordnung durcheinander:
„Ich kann dich nicht gehen lassen“,
unterbrach ihn Bull. „Wieso nicht?“ - „Du
hast Recht, Anders“, sagte Bull. „Die Dinge
haben sich geändert, seit du hier bist. Ich
weiß nicht, ob es an dir liegt oder an etwas,
was du getan hast, oder vielleicht an dem,
was du bist. Aber ich weiß auch nicht, ob es
aufhört, wenn du gehst. Vielleicht wird es
schlimmer. Vielleicht wäre es falsch, dich
gehen zu lassen.“ – „Und was genau heißt
das?“, fragte Anders. „Bin ich jetzt euer
Gefangener?“ – „Ich bitte dich nur zu
bleiben, bis wir entschieden haben, wer du
eigentlich bist. Und warum das Schicksal
dich zu uns geschickt hat.“ (Hohlbein, 2004,
S. 342).
Bull, einer der drei Ältesten, ist sich unsicher, ob Anders
gut oder böse ist. Da Anders bisher der Gruppe nicht
geschadet hat, ging er davon aus, dass Anders gut ist.
Allerdings sind seit Anders Ankunft viel mehr Drachen
in der Luft und auch die Elder verhalten sich
merkwürdig. 97 So bringen die Elder beispielsweise die
Lebensmittelnahrung
früher
als
erwartet
zu
den
Tiermenschen, was noch nie zuvor vorgekommen ist. 98
Diese
unerwarteten
Wendungen
im
Leben
der
96
Hohlbein, Anders, S. 431 f.
Hohlbein, Anders, S. 223.
98
Hohlbein, Anders, S. 193.
97
46
Tiermenschen erschrecken diese und bringen das
Gleichgewicht im Kosmos ins Wanken. Die so genannten
Drachen, die von der Sippe immer wieder genannt
werden, sind keine echten Drachen, sondern Helikopter.
Dennoch betrachtet die Sippe die metallenen, feuerspuckenden Gebilde als Wesen, vor denen sie sich
fürchten und an deren Gesetzen sie sich zu halten haben.
„Katt erzählte auch, die Drachen hätten dich
gejagt“, sagte er. Stimmt das?“ Drachen?
Im ersten Moment wusste Anders nicht,
wovon Bull überhaupt sprach, aber dann
begriff er: Furcht einflößende fliegende
Ungeheuer, die Feuer spuckten. Drachen.
Natürlich. „Ja.“ (Hohlbein, 2004, S. 167).
Die Drachen sind die Herrscher über die Sippen, sie
stehen sogar über der Sippe der Elder, da diese Angst vor
ihnen haben. 99 Die Drachen legen Gesetze fest, an die
sich jeder zu halten hat. So müssen zum Beispiel
Mitglieder der Tiermenschen ein Feuer anzünden, wenn
sie ein Kind bekommen haben. Die Drachen kommen
dann und begutachten das Baby. Wenn es nicht ihren
Ansprüchen entspricht, so nehmen sie das Kind mit.
Weigert sich die Mutter jedoch das Kind herzugeben, so
bringen sie die Mutter um und entführen das Kind.
Dieses Schicksal ereilt auch Bat, einer Fledermaus-Frau,
und ihrem Kind.
Dann begriff er und holte japsend Luft. „Du
meinst die Drachen haben sie getötet, weil
ihr Kind Flügel hatte?“ – Die Luft gehört
den Drachen“, bestätigte Katt und machte
gleichzeitig eine entsprechende Geste mit
der unverletzten Hand. „Flügel sind
verboten“. (Hohlbein, 2004, S. 259).
99
Hohlbein, Anders, S. 225.
47
Dass diese Drachen nicht mit der Beschreibung des
Drachen Azi aus dem zoroastristischen Glauben oder mit
dem Wasserdrachen Ahi aus dem buddhistischen
Glauben übereinstimmen ist deutlich. Dennoch denke
ich, dass die Drachen der Tiermenschen den gleichen
Stellenwert
in
ihrem
Kosmos
einnehmen,
wie
beispielsweise die Drachen im Buddhismus oder
Zoroastrismus. Die Drachen stellen überall das Böse dar.
Im Buddhismus nimmt der Drache einen notwendigen
Platz im Kosmos ein, da das Böse vorhanden sein muss
um besiegt werden zu können. Im Zoroastrismus ist,
genau wie bei den Tiermenschen, das Gegenteil der Fall.
Da die Tiermenschen die Anwesenheit der Drachen und
ihre Handlungen fürchten, und diese das Leben der Sippe
negativ beeinträchtigen, gelten sie als radikal Böse, denn
sie nehmen keinen notwendigen Platz im Kosmos ein;
auch
wenn
ihre
Handlungen
ohne
Hinterfragung
hingenommen werden. 100
„Und deshalb haben sie sie umgebracht?“
fragte Anders ungläubig. Katt schüttelte
heftig den Kopf. Sie wollten das Kind
mitnehmen, wie immer. Bat hat sich
gewehrt. Da haben sie sie erschossen.“ So,
wie sie es sagte, dachte Anders erschüttert,
klangen
die
Worte
wie
das
Selbstverständlichste
von
der
Welt.
(Hohlbein, 2004, S. 259 f.).
Auch sind die drei Aspekte des Bösen, die in der
buddhistischen Religion festgelegt sind, im Werk
Hohlbeins zu erkennen: Lüge, Trug und Sünde. Bull
betrügt Anders, da er ihn an die Elder ausliefern will im
Tausch gegen Lebensmittel, obwohl er ihm zuvor
100
Hohlbein, Anders, S. 259 f.
48
Gastfreundschaft versprochen hatte. 101 Die Drachen
begehen unter anderem eine Sünde, indem sie Bat töten,
nur weil sie sich nicht von ihrem Kind trennen will.
Zudem wird oft innerhalb der Sippe gelogen. Die größte
Lüge denkt sich allerdings Ratt aus. Sie hat Anders die
Brücke gezeigt und ihm auch erklärt wie sie funktioniert.
Auf ihrem Rückweg sahen sie, wie Drachen die Brücke
zerstörten. Als Bull sie danach fragt, lügt Ratt ihn an und
sagt, dass sie die Brücke nicht angerührt, sondern nur
angesehen hätten. 102
Die Licht – Dunkel – Elemente des Manchäismus` sind
ebenfalls in Hohlbeins Werk aufgelistet. Allerdings
überwiegt hier deutlich die Dunkelheit. Nur wenige Male
wird Sonnenlicht erwähnt und wenn, dann ist es nur ein
schmaler Streifen zwischen den Ruinen der toten
Stadt. 103 Die anderen Lichttöne, die in der toten Stadt
vorkommen sind entweder graues Zwielicht, das
Tageslicht für die Tiermenschen, oder Dunkelheit.104 So
überrascht es auch nicht, dass Katt selbst ihre Heimat als
das „dunkle Land“ 105 betitelt. Dass Dunkelheit auch hier
wieder mit dem Bösen gleichgesetzt wird ist deutlich,
wenn man erfährt, dass die Sippe von den Eldern
unterdrückt und den Drachen beherrscht wird. Auch die
Umgebung
läßt
auf
alles
andere
als
an
einen
sonnenbeschienenen, glücklichen Ort schließen:
Rings um ihn herum waren nur Stein und
totes Metall. An einem Ort wie diesem hätte
es Schimmel geben müssen, Moder und
brodelnde
Fäulnis,
Ungeziefer
und
101
Hohlbein, Anders, S. 365.
Hohlbein, Anders, S. 222.
103
Hohlbein, Anders, S. 185.
104
Hohlbein, Anders, S. 146.
105
Hohlbein, Anders, S. 129.
102
49
Spinnweben, irgendetwas eben. Aber es gab
nichts von alledem. Der Gang – und auch
die gesamte Stadt hoch über ihren Köpfen –
war vollkommen tot. Hier gab es nicht
einmal mehr eine Spur von Leben. [...]
Irgendetwas hatte diese Stadt nicht nur
verbrannt, sondern regelrecht sterilisiert,
und vielleicht war dieses Etwas ja noch da.
(Hohlbein, 2004, S. 99 f.).
Das dunkle Land wird also nicht nur mit Unterdrückung,
sondern auch mit dem Tod assoziiert. Darüber hinaus
gibt es auch eine Todesebene. Sie liegt zwischen der
Stadt der Elder und der der Sippe und es ist bisher mit
Ausnahme der Elder keinem gelungen diese Ebene des
Todes zu überqueren. 106 Die Stadt, in der die Elder
wohnen ist groß. „Ihre Häuser reichen bis in den Himmel
und es gibt dort immer genug zu essen.“ 107 Dieser
Reichtum an Lebensmitteln ist zugleich das Druckmittel,
mit dem die Elder die Tiermenschen unterdrücken. Die
Sippe
muss
altes
Metall
sammeln
und
gegen
Lebensmittel tauschen. Tun sie dies nicht, bekommen sie
auch nichts zu Essen und müssen hungern. Die Elder
bringen jedoch immer zu wenig Lebensmittel mit, so dass
die Sippe des öfteren Hunger erleiden muss. 108 Ein Elder
ist
eine riesige [...] Gestalt. [...] Sie musste an
die zwei Meter groß sein und war
mindestens ebenso massig wie Bull; aber
anders als alle anderen Bewohner dieser
verbrannten Welt, die er bisher zu Gesicht
bekommen hatte, war sie nicht in Lumpen
gehüllt oder ganz nackt, sondern trug eine
Art barbarische Rüstung. In der rechten
Hand hielt sie einen langen Speer, fast schon
eine Hellebarde, und in der anderen
106
Hohlbein, Anders, S. 314 f.
Hohlbein, Anders, S. 314.
108
Hohlbein, Anders, S. 194.
107
50
schwenkte sie eine Fackel. (Hohlbein, 2004,
S. 301).
Nachdem einer der Elder nach einem Kampf mit einer
Spinne schwer verletzt wird, nimmt er seinen Helm ab
und Anders kann zum ersten Mal das Gesicht des Elders
sehen:
Aber Anders erkannte trotzdem, dass er
nicht in das Gesicht eines Menschen blickte.
Es war ein Schwein. Winzige Augen starrten
ihn unter von dichtem, borstigem Fell
bedeckten Knochenwülsten hervor an. Die
Nase war nicht rosa, sondern schwarz, und
aus dem breitlippigen, sabbernden Maul
wuchsen zwei gewaltige Hauer. (Hohlbein,
2004, S. 303).
Die restliche Beschreibung der Elder flößt Anders Angst
ein, denn die Schweinekreaturen mussten
drei, wenn nicht vier Zentner wiegen. Dass
ihre Körper nicht nur aus Muskeln zu
bestehen schienen, ließ sie nicht gerade
harmloser wirken, genauso wenig wie die
anderen Details, die er ausmachen konnte.
Sie hatten keine richtigen Füße, sondern
gespaltene breite Hufe, und ihre Hände
bestanden aus zwei hornigen Klauen und
einem plumpen Daumen. Ihre Gesichter
waren ein Albtraum. Es waren eindeutig die
Gesichter von Schweinen, gepaart mit etwas
schwer
in
Worte
zu
fassendem
Menschlichen, das in dieser Kombination zu
etwas unglaublich Abstoßendem wurde, das
Furcht erzeugte wie etwas fast körperlich
Greifbares. (Hohlbein, 2004, S. 313).
Hohlbein beschreibt das Äußerliche der Elder sehr
ausführlich und einige ihrer Merkmale, Hufe und hornige
Klauen, gleichen denen der Teufelsbeschreibung im
Christentum. Auch die Tatsache, dass sie Furcht
erzeugen, stimmt mit der Beschreibung des Christentums
überein, da das Christentum, den schrecklichen Teufel
51
kennt, der Angst und Schrecken verbreitet, aber auch
Frau von Welt, die mit ihrem Äußerlichen die Menschen
zu täuschen versucht. Bei Hohlbeins Werk handelt es
sich, wenn überhaupt, um erstgenannte Version des
Teufels, da die Elder nichts Verführerisches oder
Lockendes
an
sich
haben.
Man
könnte
jedoch
argumentieren, dass ein Elder eine Art moderner Teufel
ist, so wie der Helikopter eine moderne Version des
Drachens darstellt. Dennoch denke ich nicht, dass man
die christliche Darstellung des Teufels auf die Elder
übertragen kann. Es sind zu wenige Merkmale, in denen
beide Beschreibungen übereinstimmen. Dass es sich
jedoch bei den Eldern um Wesen handelt, die das Böse
repräsentieren, steht jedoch außer Frage.
Neben den Elementen des Bösen, die in den Religionen
beschrieben werden, sind auch in diesem Werk von
Hohlbein einige Elemente des Bösen beschrieben, die in
der Philosophie festgelegt wurden. Da das Böse, nach der
Theorie von Thomas von Aquin, Handlungen sind, die
der Mensch gegen sich oder andere durchführt, können
fast alle Tiermenschen als böse bezeichnet werden. Ihren
Gesetzen nach hilft man keinem anderen, wenn man
selbst keinen Vorteil davon hat.109 So gilt vor allem Katt,
die Anders das Leben gerettet hat als böse, da sie ihn
hätte sterben lassen müssen:
Anscheinend war es bei diesen Leuten nicht
üblich, Fremden zu helfen, und es schien
Katt irgendwie peinlich zu sein, gegen diese
unausgesprochene Regel verstoßen zu
haben. (Hohlbein, 2004, S. 177).
109
Hohlbein, Anders, S. 167.
52
Aber auch eine andere Regel richtet sich gegen das Wohl
der Sippenbewohner. Sie haben untereinander den
Wasserdienst aufgeteilt, was bedeutet, dass jeden Tag ein
anderer Tiermensch für die ganze Sippe Trinkwasser
beschaffen muss. Ist derjenige krank und kann deshalb
seine Arbeit nicht machen, bekommt er auch nichts zu
essen. 110 Die Sippenbewohner folgen den Regeln
blindlings und lassen lieber einen der ihrigen verhungern
als ihm zu helfen. Auch die von Leibniz beschriebenen
drei Übel sind nur teilweise in Hohlbeins Buch
eingearbeitet. Das erste Übel, nämlich das metaphysische
Übel, beispielsweise dargestellt durch den Tod, wird in
die
Sippe
der
Tiermenschen
eingearbeitet.
Das
Durchschnittsalter liegt bei ungefähr sieben Jahren. 111
Das zweite von Leibniz definierte physische Übel, wird
hier nicht beschrieben, da keine Epidemien oder
Naturkatastrophen erwähnt werden. Dass die Stadt von
Atombomben vernichtet wurde und dass deshalb Nichts
mehr wächst, hat kein physisches Übel zur Grundlage, da
die Bombardierung keine von der Natur herbeigerufene
Katastrophe ist. Das dritte Übel, das sogenannte
moralische
Übel
wird
in
mehreren
Beispielen
thematisiert. Unter anderem wenn die Elder wildern und
den Spinnenmann angreifen:
Zu einem zweiten Schlag kam die Spinne
nicht, denn in diesem Moment traten die
beiden anderen Gepanzerten heran. Einer
von ihnen stieß ihr die Hellebarde tief in den
Leib, der zweite versengte ihre Beine mit
seiner
Fackel.
Es
stank
plötzlich
durchdringend nach verbranntem Fell, und
die Spinne bäumte sich auf, ließ von ihrem
Opfer ab und kroch rückwärts davon. Die
110
111
Hohlbein, Anders, S. 345.
Hohlbein, Anders, S. 347.
53
beiden Gepanzerten setzten ihr sofort nach –
aber Anders sah nicht einmal hin. Er starrte
aus fassungslos aufgerissenen Augen auf die
dritte Gestalt hinab, die stöhnend auf dem
Rücken lag. (Hohlbein, 2004, S. 303).
Wildern ist sündhaftes Verhalten und es kommt aus der
Freiheit der Elder hervor. Sie werden nicht unterdrückt
und können frei über ihre Handlungen entscheiden. Aber
auch
die
Unterdrückung
Tiermenschen
durch
die
und
Elder
Ausbeutung
stellt
der
moralisch
verwerfliche Handlungen dar. Erörtert man Hohlbeins
Buch aus Kants Sicht, so gibt es sicherlich kein einziges
gutes Wesen, da es kein allgemeingültiges Gesetz gibt.
Es gibt kein Gesetz, an das sich die Tiermenschen, Elder,
Drachen und noch andere Sippen gemeinsam halten.
Auch Anders kann das Gute nicht verkörpern, da er von
den Tiermenschen aufgenommen wurde und sich an
deren Gesetze zu halten hat. Wohl gibt es Gesetze
innerhalb der einzelnen Sippen, wie zum Beispiel das
Gesetz bei den Tiermenschen: Hilf keinem, wenn es dir
selber keinen Vorteil verschafft. 112 Da Katt und Bull
gegen dieses Gesetz verstoßen, gibt es innerhalb dieser
Sippe das moralische Gesetz nur in Theorie, denn es
halten sich nicht alle. Innerhalb der Sippe der Elder
hingegen könnte man so etwas wie ein moralisches
Gesetz feststellen. Die Elder, die beim Wildern den
Spinnenmann umgebracht hatten, werden bestraft. Nach
einer Folter wird ihnen der Kopf abgeschlagen, da sie
gegen das Gesetz gehandelt haben. Auch wenn die
Tiermenschen von ihnen beherrscht werden, so verbietet
das Gesetz der Elder jedoch grundloses Jagen auf
112
Hohlbein, Anders, S. 177
54
ebendiese. 113 Dieses Gesetz ist innerhalb der Gruppe der
Elder allgemeingültig und wird ohne Rücksicht auf Rang
oder Ausrede ausgeführt. Nach Kants Definition handelt
es sich demnach um ein moralisches Gesetz, und somit
ist diese Bestrafung eine gute Tat. Das von Fichte
definierte Böse, nämlich die Rechtsverletzungen, sind
sowohl innerhalb der Sippe der Tiermenschen als auch
zwischen den Sippen zu erkennen. Eine Rechtsverletzung
innerhalb der Sippe wird deutlich, wenn die Sippe
jemanden verhungern lässt, nur weil er zu krank zum
Wasserholen ist. 114 Eine andere Rechtsverletzung zeigt
sich
in
der
Verweigerung
gegenseitiger
Hilfe. 115
Rechtsverletzungen zwischen den Sippen kommen
ebenfalls vor. So zum Beispiel der Überfall der Elder, die
den Spinnenmann töten oder auch die Schläge, die der
Elder austeilt, als er hört, dass Anders entkommen ist:
„Katt streifte ihr Kleid wieder über und die Bewegung
lenkte Anders` Blick noch einmal auf den gewaltigen
Bluterguss, wo der Elder sie geschlagen hatte.“ 116
Ebenfalls als Rechtsverletzung kann man die Tötung Bats
durch die Drachen ansehen. 117 Die Drachen gelten bei
allen Sippen als unbesiegbar. Sogar die Elder haben
Angst vor ihnen. 118 Demnach ist die Sippe der Drachen
die
einzige
widerfahren
Sippe,
kann.
Rechtsverletzungen
der
Diese
keine
von
innerhalb
Rechtsverletzung
mir
der
beschriebenen
Sippe
der
Tiermenschen sind zugleich deren Gesetze. Dennoch
handelt es sich um eine Rechtsverletzung, da es nach
113
Hohlbein, Anders, S. 363 f.
Hohlbein, Anders, S. 345.
115
Hohlbein, Anders, S. 177.
116
Hohlbein, Anders, S. 381.
117
Hohlbein, Anders, S. 259.
118
Hohlbein, Anders, S. 225.
114
55
Fichtes Definition heißt: “ein jeder Mensch weiß was
Böse ist, wenn ihm oder ihr selbst Unrecht geschieht.“119
Obwohl
die
Tiermenschen
das
Unrecht
ohne
nachzudenken ertragen, fällt es Anders sofort auf. Die
von Nietzsche beschriebene Umwertung der Werte, kann
man in diesem Buch einige Male finden. Diese
Umwertung der Gesetze der Tiermenschen führt letzten
Endes zu gutem Handeln. Als Katt Anders rettet, verstößt
sie gegen die Regel der Sippe. Ihr selbst verschafft sie
durch ihr Handeln keinen Vorteil – im Gegenteil, sie
bringt sich selbst in Gefahr und ist auf der Flucht vor den
Männern in den schwarzen Anzügen langsamer als wenn
sie alleine gewesen wäre. 120 Aber auch Bull hält sich
nicht immer an dieses Gesetz:
Er wandte sich um und wollte gehen, aber
Anders hielt ihn mit einer raschen Geste
zurück. „Eine Frage noch, Bull.“ – „Ja.“ –
„Gestern Nacht, als der Drache hier war“,
sagte Anders. Bulls Augen wurden schmal.
Er sagte nichts, aber in seinem Blick
erschien ein warnendes Funkeln, das Anders
klar
machte,
dass
der
Minotaur
offensichtlich an etwas anderes dachte als
er. „Ratt wäre um ein Haar ums Leben
gekommen“, fuhr Anders fort. „Genau wie
ich. Wir wären jetzt wahrscheinlich beide
tot, wenn du uns nicht gerettet hättest.“ –
„Bring mich nicht dazu, es zu bedauern“,
grollte Bull. „Aber ich dachte, es wäre bei
euch nicht üblich, euch gegenseitig zu
helfen“, sagte Anders ungerührt. „Also,
warum hast du es getan? Du hättest ganz gut
selbst dabei umkommen können.“ Bull
starrte ihn nur an und schwieg. „Irgendwie
habe ich das Gefühl, du hast in der letzten
Nacht gegen deine eigenen Regeln
verstoßen“, fuhr Anders fort. „Nicht dass ich
böse darüber wäre – aber kann es sein, dass
du es mit euren Gesetzen nicht allzu ernst
119
120
Görres, Rahner, S. 21.
Hohlbein, Anders, S. 85 f.
56
nimmst?“ Bull starrte ihn noch eine weitere
Sekunde lang ausdruckslos und schweigend
an, dann fuhr er auf der Stelle herum und
stürmte mit leicht gesenktem Kopf davon.
(Hohlbein, 2004, S. 255 f.).
Die Handlung, die Bull Katt vorgeworfen hat, als sie
Anders mit zur Sippe gebracht hat, begeht er praktisch
selbst. Auch er nimmt seine eigene Person und sein
emotionales Denken als Wertmaßstab und füllt die
Moralvorstellungen subjektiv an. Er befreit sich von der
vermeintlichen Moral (den Gesetzen) der Sippe und
entscheidet rein subjektiv. Als Anders ihn darauf
anspricht, kann er seine Handlung nicht begründen und
läuft weg. Dennoch ändert er sein Verhalten nicht, denn
als die Elder Bull befehlen, Katt und Ratt umzubringen,
da sie Anders zur Flucht verholfen haben, hält er sich
wieder nicht an den Befehl, sondern lässt die beiden
fliehen. Diese Handlung verschafft Bull wiederum keinen
Vorteil, sondern eher einen Nachteil. Denn wenn die
Elder herausfinden, dass Bull ihren Befehl nicht
ausgeführt
bekommen.
hat,
121
kann
er
selbst
große
Probleme
Übernimmt man Freuds Ansatz, so kommt
man zu der Schlussfolgerung, dass bei Anders eine
Balance zwischen Es, Ich und Über-Ich zu finden ist. Bei
den Tiermenschen, mit Ausnahme von Bull und Katt,
gibt es diese Balance nicht. Sie folgen ihren Gesetzen,
ohne über die Konsequenzen nachzudenken:
Warum lasst ihr euch diese grausamen Regeln
gefallen?“ fragte er. „Was meinst du damit?“
[fragte Ratt] - „Wer nicht arbeitet, bekommt
nichts zu essen“, antwortete Anders. „Wer
krank ist, hat eben Pech gehabt. Und wer sich
in Gefahr begibt, kommt darin um, wie?“ Er
121
Hohlbein, Anders, S. 383.
57
drehte sich zu Ratt um und sah auf sie hinab.
Seine Stimme wurde ätzend. „Habe ich noch
etwas vergessen? O ja, natürlich. Wissen ist
gefährlich, und wir machen alles so, wie wir
es schon immer gemacht haben, nicht wahr?“
(Hohlbein, 2004, S. 346).
Dieses aus Gewohnheit starre Befolgen von Regeln und
Gesetzen, zeigt nach Freuds Definition eine deutliche
Ausprägung des Über-Ichs. Um gut Handeln zu können,
bedarf es nach Freud einer Gesellschaft, die auf Vernunft
und Wissenschaft gegründet wurde. Vernunft kann sich
bei den aufgezwungenen Moralvorstellungen nicht
entwickeln
und
Wissenschaft
oder
auch
Wissen
allgemein, gilt in der Sippe als gefährlich. Bei Bull und
Katt ist die Balance zwischen Es, Ich und Über-Ich auch
nicht
hergestellt.
Allerdings
sind
diese
beiden
Tiermenschen die einzigen, bei denen nicht nur das ÜberIch ausgeprägt ist, sondern auch das Ich, da sie ihr
Handeln durch eigene, subjektive Werte und Normen
beeinflussen lassen. Dennoch können sie diese eigene
Handlungsweise nicht rechtfertigen, sobald sie damit
konfrontiert werden. Sie schämen sich eher für ihre
Eigeninitiative, da sie sich nicht an die Gesetze der Sippe
gehalten haben. 122 Sogar Arendts Ansatz das Böse zu
definieren, ist bei Hohlbeins Buch Anders. Die tote Stadt,
möglich. Wie bereits erläutert, muss man ihren Ansatz im
Hintergrund eines totalitären Systems deuten. Dieses
System ist hier meiner Meinung nach vorhanden. Die
Tiermenschen werden von den Drachen und Eldern
unterdrückt.
Tiermenschen
Diese
jedoch
Unterdrückung,
ohne
jegliche
lassen
die
Hinterfragung
geschehen. Selbst wenn sie nach Gründen fragen, geben
122
Hohlbein, Anders, S. 266.
58
sie sich mit einfachen Erklärungen ab. Als Anders zum
Beispiel fragt, warum das Kind von Bat mitgenommen
wurde, antwortet Katt schlicht: „Die Luft gehört den
Drachen“ 123 Auf die Frage, warum sie sich diese
grausamen Regeln gefallen lassen, antworten Ratt, Katt
und Bull gleichermaßen, dass es schon immer so
gewesen sei. 124 Denn schließlich weiß niemand, „was die
Elder tun oder warum sie tun, was sie tun.“ 125 Die Sippe
probiert zudem nicht die Handlungen der Elder zu
verstehen, da sie sagen, dass das Leben gut so sei, wie es
ist. 126 Auf die wütende Reaktion von Anders: „Wollt ihr
wirklich ewig so weiterleben? Wollt ihr gar nicht wissen,
wer euch all das hier angetan hat? Und warum?“ 127
erklärt Bull ihm Folgendes:
„Wissen [...] ist gefährlich. Und nutzlos.
Dies ist unsere Welt und sie gefällt uns so
wie sie ist. Wieso glaubst du uns sagen zu
können, was gut für uns ist und was nicht?“
– „Weil das hier für niemanden gut ist“
antwortete Anders. „Für uns schon“,
widersprach
Bull.
„Wissen
nutzt
niemandem, und Veränderungen sind
gefährlich. Wissen tötet.“ (Hohlbein, 2004,
254 f.).
Diese selbstverständliche Hinnahme der Regeln und
Gesetze, die teilweise auch gegen die einzelnen
Sippenmitglieder gerichtet sind, lässt einen an ein
totalitäres System denken. Die Strafe, die die Elder Bull
auferlegen, weil er Katt und Ratt entkommen lies, ist
brutal: „Der Elder hat gedroht dann Bull umzubringen.
123
Hohlbein, Anders, S. 259.
Hohlbein, Anders, S. 346.
125
Hohlbein, Anders, S. 385.
126
Hohlbein, Anders, S. 254.
127
Hohlbein, Anders, S. 254.
124
59
Aber das glaube ich nicht. Sie brauchen Bull für die Jagd.
Sie werden ein paar andere hinrichten, das ist alles.“ 128
Als Anders fassungslos fragt: „Das ist alles?!“, erhält er
wiederum nur eine gleichmütige Antwort von Katt: „So
war es immer. Sie werden ein paar von uns töten, aber
der Rest wird weiterleben.“ 129 Auch hier verstecken sich
die Tiermenschen hinter den aufgestellten Regeln der
Autoritäten, der Elder. Die Gleichgültigkeit, die in Katts
Stimme mitschwingt macht deutlich, dass sie die Strafen
der Elder nicht als wirklich schlimm empfindet, solange
es sie nicht selbst betrifft. Man kann also feststellen, dass
das Böse in diesem Buch von Hohlbein als banal
dargestellt wird. Das Böse wird hingenommen und
versteckt sich hinter den Regeln. Man versucht nicht aus
dem System auszutreten und zu protestieren, denn wie
Bull bereits erklärte, ist die tote Stadt die Welt, die den
Tiermenschen so gefällt wie sie ist und in der Wissen und
vor allem Veränderungen im System nur Gefahr
bedeuten können. 130 Denn wer so handelt, wie die
Gesetze der Tiersippe und vor allem die Gesetze der
Elder und Drachen es vorschreiben, dem ist ein ruhiges,
besonnenes Dasein beschieden.
Wie bereits in Hohlbeins älterem Werk Der Greif (1989)
beschrieben, lassen sich auch bei Anders. Die tote Stadt
(2004) viele theologische und philosophische Ansätze
des Bösen wiederfinden. Es fällt jedoch auf, dass
Hohlbein die Darstellung des Drachens mit der Zeit
verändert hat. Im Werk aus dem Jahr 2004 wird dieser
sehr modern, fast schon futuristisch beschrieben. Der
128
129
130
Hohlbein, Anders, S. 383.
Hohlbein, Anders, S. 384.
Hohlbein, Anders, S. 255.
60
wichtigste Ansatz in dem zuletzt analysierten Werk ist
jedoch der von Arendt, der die Banalität des Bösen sehr
genau darstellt.
6. Verändert sich die Darstellung des Bösen in
Hohlbeins Werken?
Nach der Analyse beider Werke im Hinblick auf das
Böse, stellt sich nun die Frage, ob sich die Darstellung
des Bösen in Hohlbeins Werken verändert oder ob sie
gleich bleibt. Im theologischen Teil unterscheiden sich
die beiden Werke in einem Punkt erheblich. Im Buch Der
Greif
wird
der
Aspekt
des
Bösen
anhand
der
Teufelsdarstellungen des Christentums sehr deutlich
hervorgehoben. Zum einen besteht dort der Teufel in
seiner verführerischen Form und zum anderen der Teufel
in der angsteinjagenden Form, in Gestalt der Gehörnten.
Hohlbein selbst verweist auf die christliche Dämonologie
und stellt somit einen Zusammenhang zwischen dem
Buch Der Greif und der Religion des Christentums dar.
Im Buch Anders. Die tote Stadt gibt es keinen wörtlichen
Verweis zu einer Religion und auch keine detaillierte
Teufelsdarstellung.
Das
buddhistische
Prinzip
der
kosmischen Ordnung, die nicht gestört werden darf,
wenn man das Böse nicht wecken will, wird wiederum
nur bei Anders. Die Tote Stadt aufgegriffen. Die
buddhistische und zoroastristische Darstellung des
Drachens ist jedoch in beiden Werken eingearbeitet. In
Hohlbeins
älterem
Werk
wird
der
Drache
fast
originalgetreu wiedergegeben, wohingegen der Drache
bei Anders. Die tote Stadt eine Beschreibung für
Helikopter ist. Dennoch denke ich, dass diese moderne
Darstellung eines Drachens in einem Phantastikroman
61
vom Leser
angenommen
werden
sollte,
da
alle
Eigenschaften des Drachen (Feuer spuckend, fliegend
und gefährlich) auf die Tiermenschen so wirken, als sei
es
ein
lebendiges
Zoroastrismus
Wesen.
übernommene
Auch
die
aus
dem
Zwillingsgatha
hat
Hohlbein in seinem älteren Werk in der Darstellung der
beiden Cherubs originalgetreu wiedergegeben. In seinem
jüngeren Werk geht er auf die Zwillingsgatha gar nicht
mehr ein. Die dunklen Farben, mit denen die
manchäisitsche Religion das Böse darstellt sind in beiden
Werken zu finden. Wobei die Tendenz mit Hilfe von hell
und dunkel zwischen gut und böse zu unterscheiden im
Buch Der Greif wesentlich ausgeprägter ist als bei
Anders. Die tote Stadt.
Auch innerhalb der philosophischen Darstellung des
Bösen kann man einige Unterschiede erkennen. So wird
die von Aristoteles definierte „Doppelheit des Bösen“ nur
bei dem Buch Der Greif dargestellt. Anders kann nicht
zwischen Irrwegen wählen, da er nur dem Weg folgen
kann, den Katt ihm vorgibt, um am Leben zu bleiben.
Der Ansatz von Aquin wiederum wird in beiden Büchern
verwendet. Thomas entscheidet sich, indem er einen Pakt
mit dem Greif eingeht selbst gegen sein eigenes Wohl
und die Sippe schadet sich durch die Befolgung der
Gesetze. Die von Leibniz beschriebenen drei Übel
werden entweder vollständig (Der Greif) oder teilweise
(Anders. Die tote Stadt) aufgenommen. Dem `Kantschen
Ansatz`, nach der Forderung des moralischen Gesetzes
werden die Bücher nicht gerecht. Es gibt in beiden
Büchern kein von allen Menschen oder Wesen befolgtes
Gesetz. Die einzige Ausnahme stellt die Sippe der Elder
dar, da diese innerhalb ihrer Gruppe die Gesetze
62
genauestens befolgen. Auch die von Fichte definierten
Rechtsverletzungen werden in beiden Büchern mehrfach
behandelt. Die von Nietzsche geforderte Umwertung der
Werte, um moralisch leben zu können, wird nur von Bull
und Katt erfüllt, die beide die Moralvorstellungen der
Sippe subjektiv einfüllen und so gegen die Gesetze
verstoßen, nicht aber gegen die eigenen unterbewussten
Moralvorstellungen. Freud würde diese Entwicklung als
ein Schritt in die richtige Richtung deuten, da das zu
stark
ausgeprägte
Über-Ich
der
Sippenbewohner
zumindest bei Katt und Bull weniger zu werden scheint.
Durch und durch Böse ist Thomas nach Freuds
Definition, da dieser sich mit dem Ich zu sehr
identifiziert. Der letzte und vielleicht sogar wichtigste
Unterschied zwischen den beiden Hohlbein Büchern ist
die Anwendung des philosophischen Ansatzes von
Arendt. Hohlbein geht in seinem älteren Werk nicht
einmal ansatzweise auf Arendt ein, während er bei
seinem jüngeren Werk die Arendtsche Philosophie fast
eins zu eins übernimmt. Das totalitäre System von dem
Arendt spricht ist auch bei Anders. Die tote Stadt
vorhanden und die Banalität des Bösen, das Verstecken
hinter Autoritäten und Regeln, sowie die Akzeptanz von
Morden ist bei diesem Werk von Hohlbein deutlich
herauszulesen.
Man kann feststellen, dass beide Werke zahlreiche
Elemente des Bösen beinhalten und das Hohlbein auf die
meisten philosophischen Theorien in Ansatzpunkten oder
in voller Ausführung verwiesen hat. Dennoch verarbeitet
das
Buch
Der
Greif
die
theologischen
und
philosophischen Ansätze eher im klassischen Sinne. Das
heißt, dass die Beschreibungen der Darstellungsweisen
63
des Bösen, wie der Drachen oder die Zwillinge der
Zwillingsgatha eher getreu den Religionen übernommen
worden sind.
In dem Buch Anders. Die tote Stadt werden die
Darstellungen des Bösen eher im modernen Sinne
dargestellt. So gibt es beispielsweise keine eindeutige
Teufelsfigur, wohl aber moderne Drachen. Weiterhin
fällt auf, dass bei Der Greif stärker auf die Darstellungen
eingegangen wird, die in den Religionen festgesetzt
wurden. Bei Anders. Die tote Stadt wird vermehrt auf die
philosophischen Ansätze eingegangen, wie zum Beispiel
auf den Ansatz von Arendt, der sich durch das gesamte
Buch zieht. Abschließend kann ich feststellen, dass sich
die Darstellung des Bösen in Hohlbeins Werken
verändert
hat.
Aus
einem
mehr
theologischen
Schwerpunkt hat sich die Darstellung zu einem mehr
philosophischen Schwerpunkt entwickelt.
7. Schluss
Abschließend kann man sagen, dass die Definition des
Bösen im Laufe der Jahrhunderte einen Wandel
durchgemacht hat. Zu Anfang beschäftigte man sich
damit, ob Gott überhaupt gut sein könne, da er das Böse
zulasse. Später entwickelte man Erklärungsversuche in
denen das Böse als Mittel zur Strafe gerechtfertigt wurde.
Erst ab Kant verschob sich der Ansatz der sich anstatt auf
die Entstehungsgeschichte und Rechtfertigung des
Bösen, auf die eigentlichen Definitionsversuche richtete.
Ab Kant nahm man das Böse als eine Gegebenheit hin
und versuchte mit Hilfe genauer Definitionen zwischen
Gut und Böse zu unterscheiden. Kants radikaler Ansatz
des moralischen Gesetzes wurde von einer Umwertung
64
der Werte durch Nietzsche und Freud abgelöst, indem
nun das von Kant als Gut definierte allgemeingültige
Gesetz als das Böse in Nietzsches und Freuds Ansätzen
dargestellt wurde. Der Ansatz von Fichte ist wiederum
ein ganz anderer, da er das Böse über Rechtsverletzungen
definiert. Arendt vertritt die Auffassung, dass das Böse
banal sei und stellt damit einen neuen Ansatz vor. Das
Böse hat sich also von der Frage warum es überhaupt
besteht, über widersprüchliche Definitionen, ob das Böse
nun die Moral oder gerade nicht die Moral sei, bis hin zu
der Frage nach Rechtsverletzungen des Einzelnen und
zur letztendlichen Banalität nicht eindeutig definieren
lassen. Die theologischen Definitionen des Bösen haben
einander – wie bereits festgestellt – entweder beeinflusst
oder
sind
gänzlich
verschieden.
Die
geläufigste
Darstellung des Bösen ist jedoch, es in Form eines
Wesens
oder
einer
Person
und
nicht
wie
im
Manchäismus mit hell und dunkel Schattierungen
darzustellen.
Was aber wird nun unter der Bezeichnung des Bösen in
der Phantastik verstanden?
Was nach dem Lesen der Werke von Hohlbein auffällt,
ist, dass in beiden Werken die Frage nach der Güte
Gottes und dessen Existenz nicht gestellt wird. Das
bedeutet, dass die philosophischen Ansätze von Platon
und Epikur für die Analyse der Hohlbeinschen Werke
nicht relevant sind. Ansonsten verweist Hohlbein vor
allem in Anders. Die tote Stadt auf alle anderen von mir
herausgearbeiteten philosophischen Ansätze, wobei er
den Ansatz von Arendt fast eins zu eins übernimmt.
Auch in Hohlbeins älterem Werk Der Greif, sind fast alle
65
philosophischen Ansätze zurück zu finden mit Ausnahme
des Ansatzes von Arendt. Im Buch Der Greif verweist
Hohlbein verstärkt auf die Darstellungen des Bösen, die
in den verschiedenen Religionen dargestellt werden. Man
kann feststellen, dass Hohlbein in seinem älteren Werk
stärker auf die in den Religionen festgesetzten älteren
Darstellungen des Bösen eingeht, als er dies bei seinem
jüngeren Werk vornimmt. Bei Anders. Die tote Stadt,
geht Hohlbein im Gegensatz zu Der Greif auf alle
philosophischen Darstellungen ein und macht diese zum
Schwerpunkt des Buches. Die Entwicklungen, die in der
Darstellung und Definition des Bösen, die in der Religion
und Philosophie zu finden sind, sind auch in Hohlbeins
Werken festzustellen: Das ältere Werk bezieht sich
schwerpunktmäßig auf die alten religiösen Darstellungen
und verweist ebenfalls auf einige philosophische
Darstellungen. Das jüngere Werk verweist auf die alten
in den Religionen festgelegten Darstellungen und richtet
sich schwerpunktmäßig auf die neueren philosophischen
Ansätze und gleicht zudem dem jüngsten Ansatz von
Arendt stark. Demnach kann man die Entwicklungen der
Erklärungsansätze und Definitionsmodelle in Hohlbeins
Buch wieder zurückfinden. Abschließend stelle ich fest,
dass die Darstellungen des Bösen in der Phantastik mit
den Darstellungen in der Realität übereinstimmen. Dass
die
Vorstellungen
des
Bösen
in
der
Phantastik
übertriebener dargestellt werden als in den Religionen ist
verständlich, da sich die Phantastik mit utopischen
Themen beschäftigt und versucht mit Hilfe von
übertriebener Darstellung die Gefahren des Bösen
wiederzugeben.
Dennoch,
die
eigentlichen
Grunddarstellungen der Religionen und Philosophie sind
66
in Hohlbeins Werken deutlich zurück zu finden.
67
10 Literaturliste
Primärliteratur:
Hohlbein, Wolfgang und Heike: Anders. Die tote Stadt.
Wien 2004.
Hohlbein, Wolfgang und Heike: Der Greif. Eine
phantastische Geschichte. Wien 1989.
Sekundärliteratur:
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Lurker, Manfred: Wörterbuch der Symbolik. 5. Auflage.
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Nietzsche, Friedrich: Werke. 2. Teil. Jenseits von Gut und Böse. Vorspiel einer
68
Philosophie in der Zukunft. München, Wien 1967.
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Moral. Frankfurt / M, Berlin, Wien 1977.
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eigene Wissen überprüfen und neue Netzwerke
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