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Dummys.QXD 18.05.2005 12:35Uhr Seite 1 fälschen innen 18.05.2005 12:35Uhr Seite 2 Inhalt Das Spiel der Banknoten-Fälscher Fühlen, sehen, kippen, prüfen – Sicherheitsmerkmale bei Euro-Banknoten Der EC-Betrug: Wie sicher sind Scheckkarten? Geklaute Marken: Produktpiraten machen Kasse Kopiert, frisiert, erfunden – die größten Fälschungen Echt oder falsch? Dokumente unter der Lupe Meisterhaft gefälscht: Schwindel in der Kunst Digitale Wasserzeichen Gefälschte Medikamente: Schwindel kostet Menschenleben Lesetipps Linktipps Impressum Vorsicht Fälschung Text: Katrin Buchwalsky, Timo Kellmann, Martin Rosenberg, Mike Schaefer, Nicola Wettmarshausen, Tilman Wolff Redaktion und Koordination: Claudia Heiss Copyright: WDR Februar 2005 Weitere Informationen erhalten sie unter: www.quarks.de Gestaltung: Designbureau Kremer & Mahler, Köln Diese Broschüre wurde auf 100 % chlorfrei gebleichtem Papier gedruckt. Bildnachweise: Alle Abbildungen wdr ausser: S. 16 Fresko: Rechte: akg S. 16 Töplitzsee: Rechte: dpa S. 17 Heidemann: Rechte: Tagesschau S. 19 Schnabel: Rechte: dpa 2 3 4 6 9 12 16 20 24 27 29 32 34 fälschen innen 18.05.2005 12:35Uhr Seite 4 Das Spiel der Banknoten-Fälscher Die größte Währungsumstellung aller Zeiten Geldfälscher rüsten auf Anfang 2002 ist es endlich soweit – nach Jahren der Vorbereitung kommt die größte Währungsumstellung aller Zeiten. 12 Zentralbanken in Europa stellen um auf den Euro. Die Macher des neuen Geldes haben viel versprochen: die Euro-Banknoten sollen absolut fälschungssicher sein. Dafür wurden die neuen Geldscheine mit vielen Sicherheitsmerkmalen ausgestattet. Jedes für sich soll Fälscher vom Nachmachen der Währung abhalten. Ein quantitativer und qualitativer Sprung gelang den Fälschern im ersten Halbjahr 2003. Damals nahm die Menge der sichergestellten Falschgeldscheine sprunghaft um 30 Prozent gegenüber dem Vorjahr zu. Die Werkstätten der Betrüger hatten Fahndungsbehörden und Zentralbanken bereits zuvor im Osten Europas ausgemacht. In Bulgarien etwa, wo im vergangenen Jahr eine hervorragend eingerichtete Fälscherwerkstatt hochgenommen werden konnte. Dort wurden falsche 50-, 100- und 200- Euroscheine hergestellt, bei denen selbst Experten zweimal hinsehen mussten, um die Fälschung zu erkennen – so gut war den Fälschern das Druckbild und das Papier gelungen. Dreiste Fälschungen von Anfang an Eine „echte“ Blüte: Einen 300 EuroSchein hat die Europäische Zentralbank nie herausgegeben So sieht der echte Hologrammstreifen auf der 20 Euro-Banknote aus Der falsche Hologrammstreifen stammt hier von der Wertmarke Zu Anfang sind es eher plumpe Fälschungen die in Umlauf gebracht werden, nachgemachte Euroscheine oder Centmünzen, die nicht auffallen, weil das neue Geld noch ungewohnt ist. Aber auch Scheine mit frei erfundenen Werten, Größen und Aussehen tauchen auf, von Fachleuten als „Blüten“ bezeichnet. Darunter sind viel zu kleine 20-Euro-Banknoten ebenso wie der von einem Erotikunternehmen als Werbegag gedruckte falsche 300-EuroSchein – ein Wert, den es nicht gibt. Solche und andere Kuriositäten werden in der Falschgeldstelle der Deutschen Bundesbank in Mainz gesammelt. Hier landet alles Falschgeld, das in Deutschland auffällt – also auch falsche Dollars, Rubel oder Pfund-Noten. Dabei macht die optische Qualität gefälschter EuroScheine den Geldwächtern immer mehr zu schaffen, denn Tintenstrahldrucker und Farbkopiergeräte haben den Fälschern die Arbeit erleichtert. Beispiel Hologramm auf der Sicherheitsfolie: Hier tricksen die Fälscher, indem sie einfach ein Hologramm von einem anderen Produkt ablösen und auf ihr Falschgeld kleben. So wurden bereits falsche Zwanziger aufgegriffen, auf deren Hologrammstreifen das Logo einer Mineralölgesellschaft prangte. Bei oberflächlichem Hinsehen – so hoffen die Betrüger – fällt das keinem auf. Noch – so sagen die Experten der Falschgeldstelle in Mainz – ist es nicht gelungen, wirklich alle Sicherheitszeichen des Euros gleich gut nachzumachen. Ein Fall aus Brandenburg lässt die Fachleute derzeit aber stumm werden: Neben einer Cannabis-Plantage fand die Polizei im Herbst 2004 eher zufällig Utensilien zum Druck von Falschgeld und einige Probedrucke. Noch hatten die Fälscher nur eine Seite der falschen Banknoten hergestellt, doch die Imitate übertreffen selbst nach Meinung der Experten von der Deutschen Bundesbank alle bisherigen Fälschungen deutlich. Warnung vor falschen Fünfzigern Besonders beliebt bei Fälschern ist der 50-Euro-Schein. Es lohnt sich, bei diesen Scheinen besonders aufzupassen. Bei Werten von 100 oder mehr schauen Besitzer und Empfänger schon eher zweimal hin, doch der Fünfziger wird weniger oft betrachtet. Deshalb führt der Fünziger in der Statistik der Europäischen Zentralbanken: fast die Hälfte aller in Umlauf gebrachten falschen Scheine trägt diesen Wert. einer Mineralölgesellschaft 4 Fälscherwerkstatt in Bulgarien 5 Oben falsch, unten echt: Besonders schwierig nachzumachen sind die erhobenen und tastbaren Buchstaben auf den Euro-Banknoten fälschen innen 18.05.2005 12:35Uhr Seite 6 Sicherheitsmerkmale bei Euro-Banknoten Wasserzeichen Experten raten: Scheine genau prüfen Sehen: Um sich vor Falschgeld zu schützen, sollte man möglichst viele Sicherheitsmerkmale kennen. Denn wer nur ein Kennzeichen beachtet, wie es meist in Supermärkten oder an der Kasse der Kaufhäuser geschieht, hat bald verloren. In der Regel wird hierzulande nur geprüft, ob der Schein fluoresziert, doch gerade dieses Merkmal können die Fälscher inzwischen relativ gut nachmachen. Die neuen Fälschungen leuchten unter dem Lesegerät/UV-Licht fast wie die echten Scheine und sehen beim schnellen Zahlungsverkehr an der Kasse täuschend echt aus. Sieht man sich eine Euro-Banknote im Gegenlicht an, erscheinen verschiedene Wasserzeichen. Betrachtet man die Vorderseite, zeigt sich zum Beispiel links im weißen Streifen das Architekturmotiv und der Wert. Beim 10-Euroschein sind das der romanische Torbogen und die 10. Der Wert scheint hell durch und ist deutlich zu erkennen. i Der Tipp von Experten lautet: Fühlen, Sehen, Kippen, Prüfen. Damit sollen – so sagen sie – fast alle Fälschungen zu erkennen sein. Einen Leitfaden, wie das geht, haben die Zentralbanken wie beispielsweise die Deutsche Bundesbank auf ihren Internetseiten veröffentlicht (siehe Linktipps). Auch beim Erkennen des sogenannten Durchsichtsregisters spielt Gegenlicht die Hauptrolle. Unregelmäßige Zeichen, die auf die Vorder- und die Rückseite der EuroBanknoten gedruckt sind, ergänzen sich im Gegenlicht passgenau zur vollständigen Zahl des Wertes. Durchsichtsregister Beispiel: die 10 auf dem 10-Euro-Schein. Sie steht auf der Vorderseite oben links neben der blauen Europa-Flagge. Bei Fälschungen fällt die Vervollständigung oft ungenau aus. Die beiden Teile passen nicht zueinander, die 10 ist nicht passgenau aufgedruckt. Original oder Fälschung? Die wichtigsten Erkennungsmerkmale Ertastbares Relief Fühlen: Die Abbildungen der Fenster und Tore, die Wertzahlen und die Abkürzungen der Europäischen Zentralbank auf der Vorderseite der Banknoten sind etwas erhoben. Sie können mit den Fingerspitzen als Relief ertastet werden. Diese Reliefstruktur entsteht durch ein besonderes Druckverfahren, den Stichtiefdruck. Darüber hinaus werden die Euro-Banknoten auf Spezialpapier gedruckt, das eine griffige Oberflächenstruktur aufweist. Doch Vorsicht, bei echten Scheinen, die schon länger im Gebrauch sind, kann sich das Relief abnutzen. Deshalb kann man mit Tasten allein nicht sicher herausfinden, ob der Schein echt ist – es kann sich ebenso gut um eine schlechte Fälschung wie um einen alten Schein halten. 6 Durch die Euro-Banknoten läuft senkrecht in der Mitte der Sicherheitsfaden. Er ist in das Papier eingebettet, und wenn man den Euroschein im Gegenlicht betrachtet sieht man die dunkle Linie, die über die gesamte Breite der Banknote verläuft. Schaut man dann noch genauer hin, erscheinen das Wort „EURO“ und die Zahl des Wertes, und zwar auch spiegelverkehrt, so dass sie auch von der Rückseite aus zu lesen sind. Sicherheitsfaden Kippen: Hologramm Bei den Banknoten mit niedrigem Nennwert (5 Euro, 10 Euro und 20 Euro) ist ein silbern glänzender Hologrammstreifen auf der Vorderseite rechts angebracht. Kippt man die Banknote, werden, je nach Betrachtungswinkel, das Euro-Symbol oder die Wertzahl in wechselnden Farben als Hologramm sichtbar. 7 fälschen innen 18.05.2005 12:36Uhr Seite 8 Der EC-Betrug: Wie sicher sind Scheckkarten? Betrug am Bankautomat? Bei Scheinen mit hohem Nennwert (50 Euro, 100 Euro, 200 Euro und 500 Euro) befindet sich auf der Vorderseite rechts kein Streifen, sondern ein einzelnes Hologrammelement auf glänzender Spezialfolie. Kippt man die Banknote, so erscheinen, je nach Betrachtungswinkel, die Zahl des Wertes oder das Architekturmotiv in wechselnden Farben als Hologramm. Iriodinstreifen Bei den Banknoten mit niedrigem Nennwert (5 Euro, 10 Euro und 20 Euro) ist auf der Rückseite ein dezenter Glanzstreifen aufgebracht, der so genannte Iriodinstreifen. Er liegt etwas links von der Mitte neben dem Sicherheitsstreifen und ist 8 Millimeter breit. Beim Kippen schimmert er leicht gelb bis goldfarben. Dabei erkennt man die Wertzahl und das Euro-Symbol. Bargeld holen am EC-Automat gehört für den modernen Menschen schon zum Alltag. Das geht schnell, funktioniert (meistens), und dank aufwändiger Computertechnik bei den Banken stimmen auch die Kontoauszüge. Doch Ende 2004 trauten viele Bankkunden ihren Augen nicht: auf ihren Kontoauszügen entdeckten sie plötzlich Abbuchungen an EC-Automaten im Ausland, die sie gar nicht vorgenommen hatten – bis zu mehreren Tausend Euro. Und das, obwohl die Kunden ihre EC-Karten nie aus der Hand gegeben hatten. Jemand musste ihre EC-Karten kopiert haben – nur wie? Die Antwort: Es gibt tatsächlich Sicherheitslücken, obwohl die deutschen EC-Automaten die sichersten in ganz Europa sind. Und Verbrecherbanden aus Osteuropa nutzen diese Lücken aus. Bargeld am EC-Automaten abheben – nicht immer eine sichere Sache Wie die Fälscher arbeiteten Optisch variable Farbe UV-Eigenschaft und fluoreszierende Farbe Banknoten mit hohem Nennwert (50 Euro, 100 Euro, 200 Euro und 500 Euro) besitzen ein optisch variables Farbelement: Die Wertzahl auf der Rückseite wechselt beim Kippen deutlich die Farbe von Purpurrot zu Olivgrün oder Braun. Bei Fälschungen wird häufig gewöhnliche Farbe benutzt, die sich beim Kippen nicht verändert. Prüfen: Unter UV Licht leuchten bei echten Banknoten verschiedene Merkmale. Im Papier sind willkürlich Fasern verstreut, die bei UV-Bestrahlung blau, rot und grün leuchten. Die blaue Europaflagge und Unterschrift des Präsidenten der EZB leuchten grün. Die Sterne in der Europaflagge sind unter UVLicht orange. Die im Halbkreis angeordneten Sterne leuchten in unterschiedlichen Farben, die Brückenmotive und die Europakarte (auf der Rückseite) in Grün. Das Banknotenpapier als Ganzes bleibt dunkel. Wurde die Banknote versehentlich mitgewaschen, dann strahlt das gesamte Papier unter UV-Licht. Die Banknote muss dann nicht falsch sein. 8 Die Betrüger gingen äußerst dreist vor und fügten den deutschen Banken Schaden in Millionenhöhe zu: Sie hatten Vorschaltgeräte für die Eingabeschlitze konstruiert, in die die Karten geschoben werden. So spionierten sie beim ganz normalen Geldabheben die Magnetstreifen der ECKarten aus. Mit doppelseitigem Klebeband befestigten die Täter diese Vorschaltgeräte ganz simpel an den Eingabestellen. Außerdem montierten sie Minikameras über den Tastenfeldern der Automaten, um die Eingabe der PINNummern abzufilmen. Das Perfide: Die Geräte wurden so gestaltet, dass sie perfekt zum Design der Automaten passten. Die Kunden konnten die falschen Geräte also nicht erkennen. Und: Die Daten wurden per Funk an die Täter weitergegeben. Daten kopieren und Konten plündern Per Internet mussten die Täter nun nur noch die Daten an Komplizen ins Ausland schicken. Die kopierten die Daten auf Kartenrohlinge und konnten dann in aller Ruhe die Konten der ahnungslosen Opfer plündern. Der Umweg über das Ausland war deshalb notwendig, da deutsche ECAutomaten dank eines besonderen Sicherungssystems Kartenrohlinge nicht akzeptieren. 9 Mit solchen Kartenrohlingen plünderten die Fälscher die Konten ahnungsloser Kunden fälschen innen 18.05.2005 12:36Uhr Seite 10 ... und Gegenwehr: der neue EC-Karten-Chip Die dreisten Fälscher wurden übrigens von den Überwachungskameras der Banken sogar gefilmt, während sie ihre illegalen Lesegeräte anbrachten. Doch von wenigen Ausnahmen abgesehen (die tatsächlich zu Verhaftungen führten), waren die Gesichter der ausländischen Täter der Polizei unbekannt. Sie operieren offenbar in großen Gruppen und tauschen ständig ihre Akteure aus. Erste Gegenmaßnahmen... Neue Tricks der Fälscher: ein Karten-Lesegerät und ein illegales Tastenfeld Natürlich reagierten die Banken umgehend, nachdem sie das Verfahren entdeckt hatten. Die Stadtsparkassen etwa brachten nun selbst Vorschaltgeräte an, seitdem können dort keine illegalen Lesegeräte mehr Platz finden. Außerdem entschädigten die Banken die Kunden für die illegal abgebuchten Beträge, der Schaden also blieb bei den Geldinstituten hängen. Darüber hinaus informierten sie die Kunden und gaben einen Tipp: beim Eingeben der Pin-Nummer mit der anderen Hand das Tastenfeld abdecken. Dann kann die PIN-Nummer nicht mehr abgefilmt werden. Und ohne die PIN-Nummer können die Täter nicht operieren. Die „Erste-Hilfe-Tipps“ der Banken für die Kunden klingen nun nicht mehr so überzeugend: So soll man nun darauf achten, ob das Tastenfeld vielleicht einige Millimeter über die Konsole ragt, auch sei das Eingeben der PIN-Nummern bei den illegalen Tastenfeldern „spürbar“ schwerer. Überzeugender ist das Konzept der neuen EC-Karte, die seit 2003 von immer mehr Banken ausgegeben wird. Diese EC-Karten enthalten einen neuen Sicherheitschip, einen Minicomputer, der dafür sorgt, dass beim Geldabheben Automat und Karte gewissermaßen kommunizieren. Bei jeder Transaktion vereinbaren der Chip und der Automat einen neuen Sicherheitscode, unabhängig von den Daten auf dem Magnetstreifen. Das Kopieren des Magnetstreifens wird den Tätern also nichts mehr nützen. Und selbst wenn es den Tätern gelingen sollte, die Kommunikation zwischen Chip und Automaten auszuspionieren: Diese Informationen reichen nicht aus, um den Chip mit seinen weiteren Sicherheitsmerkmalen zu kopieren. Dann werden es die Fälscherbanden schwer haben. ... neue Tricks ... Von Betrügern angebrachte Vorschaltgeräte sind für Laien kaum zu erkennen... ... ebensowenig, wie die nur wenige Doch auch die Täter blieben erfinderisch! Sie konstruierten ein nur wenige Millimeter hohes Tastenfeld zum Eingeben der PIN-Nummern, das sie einfach auf das Originaltastenfeld aufklebten. Es speichert die eingegebene Zahlenfolge, leitet aber auch die Tastenimpulse des Kunden an den Automaten weiter, so dass der Kunde wie gehabt sein Geld abheben kann. Er bleibt also wieder ahnungslos, und auch das Abdecken des Tastenfeldes per Hand kann nun das Ausspionieren der PIN-Nummer nicht mehr verhindern. Auch die Vorschaltgeräte zum Ausspionieren der Magnetstreifen auf den EC-Karten sind inzwischen raffinierter: sie sind nun auch nur noch wenige Millimeter dick. So etwas können nur noch illegal operierende Hightech-Spezialisten konstruieren. Millimeter dicken Tastenfelder 10 11 fälschen innen 18.05.2005 12:36Uhr Seite 12 Geklaute Marken: Produktpiraten machen Kasse Defekte Rauchmelder – kein Alarm, wenn’s brennt Rauchmelder sollen vor Feuer warnen - doch wenn das gute Stück nicht funktioniert, sind die Folgen unabsehbar. Daher war Ende 2004 die Aufregung groß, als einige Baumärkte in einer spektakulären Rückrufaktion ihre Kunden aufforderten, Rauchmelder zurückzubringen. Bis dahin waren die Geräte meist als Schnäppchenangebot über den Ladentisch gegangen. Doch bei einer Routineprüfung des Geräte-Sicherheits-Testlabors VdS in Köln stellte sich heraus, dass einige der Melder nur verspätet und andere gar keinen Alarm schlugen. Jahr 2003 insgesamt 100 Millionen gefälschter Produkte im Gesamtwert von schätzungsweise einer Milliarde Euro. Hauptproduktionsort der Plagiate ist Asien, insbesondere China. Die Internationale Handelskammer schätzt, dass die gefälschten Produkte einen Anteil von 5 – 8 Prozent am gesamten Welthandel haben. Das entspricht einer Summe von mindestens 250-300 Milliarden Euro. Fälschen ist damit zu einem riesigen, profitablen Industriezweig geworden. Das Fatale dabei: Die Fälschungen erkennt der Verbraucher kaum, es sei denn, er ist technisch versiert und öffnet das Gehäuse. Die Original-Rauchmelder werden in China hergestellt, über Importeure und verschiedene Zwischenhändler gelangen sie nach Deutschland. Normalerweise werden die Geräte stichprobenhaft auf ihre Funktion geprüft, bevor sie in Deutschland verkauft werden dürfen. Daher gehen die Einzelhändler davon aus, dass die fehlerhaften Melder Fälschungen sind, die an einem Punkt der Lieferkette mit echten Exemplaren gemischt wurden. Schließlich erstattete der Hersteller selbst Anzeige, die Staatsanwaltschaft ermittelt. Software-Piraten Super-Schnäppchen; Ladenpreis: mehrere tausend Euro Straßenpreis: 45 Euro – Funktioniert er oder nicht? Der Laie kann das nicht beurteilen Immer mehr gefälschte Alltags-Produkte Fälschungen gerade von Alltagsprodukten sind kein Einzelfall, und sie kommen immer öfter vor. Wurden noch vor wenigen Jahren vor allem teure Luxusartikel wie RolexUhren und Designer-Handtaschen kopiert, sind es heute Massenprodukte wie Kleidung, Handys oder Software. Auch die Zahl gefälschter Medikamente und Nahrungsmittel steigt stetig, im Zeitraum 2002 bis 2003 hat sie um mehr als 70 % zugenommen. Gerade in diesem Bereich könnten sich Fälschungen lebensgefährlich auswirken Der Markenklau macht enormen Umsatz: Wie die EUKommission mitteilte, beschlagnahmten EU-Zöllner im 12 eine gefälschte Markenuhr Besonders betroffen ist die Software-Industrie, weil Computer-Programme einfach zu kopieren sind. Verpackungen und Inhalt von nachgemachten Computerprogrammen können sogar Experten kaum von echten unterscheiden. Und selbst die Sicherheitszeichen sind perfekt imitiert. Mehr als ein Drittel der 2003 weltweit verkauften Software ist gefälscht. In Europa bedeutet dies einen wirtschaftlichen Verlust von acht Milliarden Euro, für Deutschland immerhin 1,5 Milliarden Euro. Außerdem machen nicht nur die Hersteller Verlust, der Betrug kostet auch Arbeitsplätze: 70.000 Stellen gehen allein in Deutschland nach Angaben des deutschen Markenverbandes jährlich verloren. Doch gerade den Käufer juckt das oft wenig. Die Geiz-istGeil-Kunden berappen nicht gerne mehrere hundert Euro für die legale Version, wenn sie die Raubkopie für einen Bruchteil bekommen. Den Schaden haben die seriös arbeitenden Unternehmen: Im Kaufpreis der Software steckt das Honorar für die Forschungsarbeit, für das technische Know-How oder für Lizenzen an Patentrechten. Der Hersteller hat viele Jahre mühevoller Arbeit und enorme finanzielle Mittel aufgewendet, um seine Produkte zu entwickeln. Außerdem investieren die Firmen Unsummen an Werbekosten, um sich überhaupt auf dem Markt zu etablieren und eine Marke zu kreieren. 13 fälschen innen 18.05.2005 12:36Uhr Seite 14 Schnäppchen aus dem Urlaub – kein Kavaliersdelikt Ökosandalen – Wer hat nicht schon einmal ein Super-Schnäppchen aus dem Urlaub mitgebracht, zum Beispiel ein Polo-Hemd, das eigentlich viel teurer hätte sein müssen? Oder eine RolexUhr, die normalerweise Tausende von Euro kostet und die der Dealer auf der Straße für 45 Euro anbietet? Den normalen Ladenpreis können oder wollen viele für diese Luxusartikel einfach nicht zahlen. Die Dealer-Ware im Ausland scheint da eine preiswerte Alternative zu sein, und gerade im Urlaub ist die Verlockung groß. Doch die Jagd nach billigen „Markenprodukten“ birgt Risiken, denn rein rechtlich gesehen begeht der Käufer damit eine Straftat. Laut EG-Markengesetz ist der Zoll berechtigt, Gefälschtes bei der Einfuhr zu beschlagnahmen und sogar ein Strafverfahren in Gang zu setzen. Es drohen Geldbußen oder im schlimmsten Fall Gefängnis – da werden die billigen Fälschungen zum teuren Spaß. made in Germany? Markenjeans oder Imitat? Nicht einmal die teure Auslandsreise ist nötig, wenn man auf gefälschte Markenkleidung aus ist: man kann sie auch bequem im Internet ersteigern. Hier agieren Profiseller, die sich durch die Anonymität des Internethandels sicher fühlen. Doch das kann auch schief gehen: Im Juli 2004 fasste die Polizei Duisburg einen Händler und beschlagnahmte über 400 gefälschte Hosen. 4.000 weitere war der Mann bereits über diesen Weg losgeworden. Die getürkten Hosen kommen nicht nur aus China oder Hongkong. Seit den 1990er Jahren wird die heiße Ware auch in Europa hergestellt, offenere Grenzen innerhalb der EU begünstigen den Schwarzmarkthandel. Zum Beispiel in Serbien: hier kaufen Zwischenhändler im großen Stil ein und bringen die Hosen nach Griechenland, wo sie als „EU-Ware“ über Italien nach Deutschland gelangen. Für die Drahtzieher ein lukratives Geschäft, mit Gewinnmargen wie im Drogenhandel. Was tun gegen die Fälschungsflut? In Produkte eingebaute elektronische Daten-Chips könnten die Lösung der Zukunft sein. Sie wirken wie ein elektronischer Fingerabdruck. Die millimetergroßen Computerchips senden ihre Daten per Funk an Handscanner, Terminals oder Registrierkassen. Fachleute nennen sie RFIDs (RFID steht für Radio Frequency Identification). Diese Chips könnten in Zukunft in den Produkten versteckt werden. Sie sind schwer zu fälschen und gelten als gutes Sicherheitsmerkmal. Doch noch sind die Miniplättchen für den Verkäufer sehr teuer, denn man braucht dazu auch die passenden Lesegeräte. Für manche Produkte wie Kleidung oder Lebensmittel sind sie zu teuer und daher noch unrentabel. In den USA sind jedoch Arzneimittelpackungen zum Schutz vor Fälschern bereits mit RFIDs ausgestattet. Echt oder gefälscht: Die Jeans-Knöpfe können ein Indiz sein Ist die günstig ersteigerte Levis nun echt oder falsch? Sicher kann man erst sein, wenn man die Hose in der Hand hält. Ein Blick auf die Knöpfe kann schon einiges verraten: der Aufdruck ist oft völlig falsch, und auch das Material ist nicht dasselbe. Die Fälscher verarbeiten billiges Kupfer und Messing, was zu Allergien führen kann. Oft haben nachgemachte Knöpfe auch scharfe Kanten, die den Träger verletzen können. Es gibt noch weitere Anzeichen für die Plagiate. Weil gerade ihre Kult-Hosen so oft gefälscht werden, hat die Firma Levis ein Buch herausgegeben, mit dessen Hilfe Kunden, aber auch Polizei und Zoll die Jeans prüfen können. 14 15 RFID-Chip, wie er schon heute in Pilotprojekten verwendet wird fälschen innen 18.05.2005 12:36Uhr Seite 16 Kopiert, frisiert, erfunden – die größten Fälschungen Die Konstantinische Schenkung (Constitutum Constantini) Kaiser Konstantin überreicht die legendäre Urkunde an Papst Silvester I – das Fresko zeigt, was nie geschehen ist Jahrhunderte lang sicherte eine Urkunde die Macht der Päpste: Der römische Kaiser Konstantin der Große (280 – 337) soll als Dank für seine Heilung von der Lepra die Herrschaft über Rom und das gesamte Weströmische Reich an Papst Silvester I. übertragen haben. Außerdem stand in dem Dokument, der Kaiser habe seinen Regierungssitz im Jahr 330 von Rom nach Konstantinopel verlegt, weil er dem Papst keine Konkurrenz machen wollte. Die römischchristliche Kirche stieg durch diese angebliche Schenkung zu einer Weltmacht auf: Aus einer kleinen verfolgten Sekte wird eine Staatskirche, deren Macht größer ist als die der Kaiser. Erst im 15. Jahrhundert konnte nachgewiesen werden, dass diese Urkunde gefälscht war: Die lateinische Sprache, in der sie geschrieben ist, wurde zur Zeit Konstantins, im 4. Jahrhundert, gar nicht verwendet. Vermutlich ist die Urkunde erst im 8. Jahrhundert entstanden. „Unternehmen Bernhard“ – Der Nazischatz im Toplitzsee Jede Menge gefälschte Pfundnoten fanden Taucher im österreichischen Toplitzsee auf der Suche nach dem berüchtigten Goldschatz der Nazis. Gold fanden sie keines – aber Blüten im Wert von über 200 Millionen Mark. Die Nazis wollten damit die britische Wirtschaft schädigen und gleichzeitig die eigene Kriegskasse füllen. Taucher bergen die gefälschten Pfundnoten aus dem Toplitzsee Die Blüten stammten aus dem Konzentrationslager Sachsenhausen bei Berlin. Hier sind Häftlinge gezwungen worden mit ihrer Fachkenntnis die englischen Blüten herzustellen. Unter dem Codenamen „Unternehmen Bernhard“ waren die Nazis an der größten Geldfälschung der Geschichte beteiligt. Bei Kriegsende wurde das Falschgeld in aller Eile versenkt: 72,8 Millionen Pfund verschwanden 16 im Toplitzsee im Salzburger Land. Die Fälschungen waren so perfekt, dass die Bank of England nach dem Krieg alle 50-Pfund-Noten zurückrufen und eine neue Serie auflegen musste. Schatzsucher sind bis heute auf der Suche nach weiteren Hinterlassenschaften der Nazis im Toplitzsee. Die Hitlertagebücher 1983 die Sensation beim Stern: Angeblich hatte der Reporter Gerd Heidemann Hitlers Tagbücher gefunden – geheime Aufzeichnungen, von denen bis dahin niemand etwas wusste. Heidemann hatte sie einem gewissen Konrad Kujau abgekauft, der mit Nazi-Fundstücken handelte. Der wollte die Tagebücher aus einem Flugzeug zusammengesammelt haben, das bei Kriegsende private Unterlagen aus dem Führerbunker in Sicherheit bringen sollte und dabei abgestürzt war. Gerd Heidemann präsentiert die gefälschten Hitlertagebücher Zehn Tage nach Erscheinen des „Stern“ mit der spektakulären Meldung entlarvte das Bundesamt für Materialprüfung die Fälschung: Das Papier der Kladden war erst nach dem Krieg hergestellt worden. Und falsche Buchstaben zierten den Einband: „FH“ statt „AH“ als Abkürzung für Adolf Hitler. Redakteur Gerd Heidemann wurde zu vier Jahren und acht Monaten Haft verurteilt, Konrad Kujau, der die Bücher eigenhändig gefälscht hatte, bekam viereinhalb Jahre Haft. Fälschung in der Wissenschaft: Friedhelm Hermann und Marion Brach Die beiden Medizin-Professoren Friedhelm Hermann und Marion Brach galten Anfang der 90er Jahre als die führenden Krebsforscher in Deutschland. Bis ein junger Mitarbeiter, der Molekularbiologe Dr. Eberhard Hildt, 1997 in ihren Veröffentlichungen Manipulationen entdeckte: Mit der Bildbearbeitungs-Software „Photoshop“ waren Teile von Abbildungen kopiert und an anderer Stelle eingesetzt worden – obwohl sie dort ganz andere Substanzen nachweisen sollten. 17 fälschen innen 18.05.2005 12:36Uhr Seite 18 Geschädigt wurden durch die Fälschereien vor allem die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und die Deutsche Krebshilfe (Dr. Mildred-Scheel-Stiftung), die mehrere hunderttausend Mark an Forschungsgeldern in die manipulierten Projekte gesteckt hatten. Sie gründeten deshalb eine Untersuchungskommission, die „Task Force F.H.“, die feststellte, dass Herrmann und Brach mindestens von 1988 bis 1996 Ergebnisse und Aussagen in ihren wissenschaftlichen Arbeiten „in erheblichem Umfang gefälscht“ hatten: Von insgesamt 347 untersuchten Veröffentlichungen blieben nur 132 unbeanstandet. Bei insgesamt 94 Artikeln ergaben sich „konkrete Hinweise auf Datenmanipulationen“. Friedhelm Herrmann – wusste er wirklich nichts von Manipulationen in seinen Veröffentlichungen? Weitere Untersuchungen ergaben ein gigantisches Ausmaß der Fälscher-Affäre: Art und Zahl der aufgedeckten Manipulationen nahmen von Tag zu Tag zu. Mehr als 100 Koautoren waren in die Affäre verstrickt. Ihre Entschuldigung lautete meist: Sie seien bloß als „Ehrenautoren“ auf der Publikation angeführt worden, ohne die Untersuchung zu kennen. Auch Herrmann selbst wies den Vorwurf der Fälschung immer zurück. Er behauptete, seine Koautoren hätten ihm die gefälschten Daten untergeschoben. Zwei Strafverfahren gegen Herrmann wurden eingestellt – zuletzt 2004 gegen die Zahlung einer „Auflage“ von 8000 Euro. Er praktiziert heute als Arzt in München. Auch der Freiburger Klinikdirektor Roland Mertelsmann, Mitautor von 170 Veröffentlichungen der Arbeitsgruppe um Herrmann, der rund ein Drittel seines wissenschaftlichen Gesamtwerks gemeinsam mit Friedhelm Hermann verfasst hatte, geriet ins Zwielicht. In einem zweiten Untersuchungsbericht wurden ihm gravierende Mängel bei Erhebung, Dokumentation und Publikation von Daten vorgeworfen. Er habe seine Aufsichtspflicht vernachlässigt und sei seiner Verantwortung als Wissenschaftler in leitender Position nicht gerecht geworden. Mertelsmann wurde deshalb für drei Jahre von einer Tätigkeit als Gutachter und in Gremien der DFG sowie von der Antragstellung bei der DFG ausgeschlossen. Doch er blieb ärzt- 18 licher Direktor der Universitätsklinik Freiburg. Nur Marion Brach hat Fälschungen zugegeben und ist jetzt in New York untergetaucht, wo sie angeblich weiter in der Krebsforschung tätig ist. Bilanzfälschung bei Comroad Comroad war eines der Unternehmen am Neuen Markt, die im Zuge des Aktienbooms Ende der neunziger Jahre aufgestiegen waren. Im November 1999 wurden die Aktien der Comroad AG erstmals am Neuen Markt gehandelt. Wahrscheinlich wusste kaum ein Anleger, womit das Unternehmen genau handelte. Es war von „Verkehrstelematik-Netzwerken“ die Rede, und vor allem von einer Firma in Hongkong, mit der der größte Teil der Umsätze getätigt wurde. Die Anleger wussten aber eines: die Geschäftsentwicklung war phänomenal, wie bei so vielen dieser junge Startup-Unternehmen am Neuen Markt. Beim Börsengang 1999 blickte Comroad auf eine Umsatzsteigerung von sagenhaften 756 Prozent gegenüber dem Vorjahr zurück. Die Journalistin Renate Daum von der Zeitschrift „Börse Online“ glaubte nicht so recht an diese Erfolgsgeschichte. Sie flog nach Hongkong und fand heraus: Die Partnerfirma von Comroad existierte gar nicht. Auch eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft fand keine Hinweise darauf, dass es das Unternehmen gab, noch dass es je existiert hätte. Die Bilanz war schlicht gefälscht – statt der Mitte Januar 2002 gemeldeten 93,6 Millionen Euro Umsatz waren lediglich ein paar hunderttausend Mark umgesetzt worden, einen Großteil der in den Bilanzen für 1998 und 1999 genannten Umsätze hatte es nicht gegeben. Firmengründer Bodo Schnabel hatte die Bilanzen frei erfunden und sich persönlich an den Aktien bereichert. Mit dem Untergang von Comroad erschütterte eine der ersten großen Pleiten den Neuen Markt – es war der Anfang vom Ende des Aktienbooms. Den Neuen Markt gibt es inzwischen nicht mehr. 19 Bodo Schnabel: 7 Jahre Haft für gefälschte Bilanzen fälschen innen 18.05.2005 12:36Uhr Seite 20 Echt oder falsch? Dokumente unter der Lupe Testamente, Schecks, Universitätsdiplome, wissenschaftliche Manuskripte und persönliche Briefe – alles wird gefälscht. Vom Papier über die Tinte bis zur Unterschrift müssen Fälscher vieles beachten, und wer sie entlarven will, auch. Deshalb haben Kriminologen und Gutachter ein ganzes Arsenal an Methoden, um Dokumente zu überprüfen. Immerhin war Uwe Barschels Unterschrift recht komplex, was sie gut identifizierbar machte. Schwerer ist das bei sehr knappen Unterschriften, etwa solchen, die nur aus einem Häkchen bestehen. Hier ist eine Echtheitsbestimmung nicht möglich. Die Unterschrift mag im Alltag praktisch sein, aber sie kann leicht gefälscht werden. Je ausführlicher und individueller die eigene Unterschrift daher ist, desto sicherer ist sie. Handschriften sind einzigartig Ein echtes oder gefälschtes Dokument? Besonders charakteristisch ist die persönliche Handschrift. Sie ist immer ein Unikat – jeder Mensch bildet beim Schreiben sein eigenes Bewegungsmuster aus. Der Körper entwickelt dabei möglichst energiesparende Handbewegungen, die sich mit der Zeit automatisieren. So hat zum Beispiel ein „g“ immer einen ähnlichen Schwung, und man setzt den Stift immer an der gleichen Stelle ab. Diese wiederkehrenden Buchstaben-Formen und Bewegungsmuster machen die Handschrift individuell und identifizierbar. Zwei Unterschriften sind nie genau gleich Unterschrift unter der Lupe Trotzdem variiert die Handschrift innerhalb einer gewissen Bandbreite – eine Unterschrift ist zum Beispiel nie identisch mit einer anderen, selbst wenn der Schreiber die zweite nur Sekunden später aufs Papier gebracht hat. Daher stellt sich für einen Gutachter immer die Frage, wie verschieden Schriften sein können, um trotzdem noch von derselben Person zu stammen. Er muss innerhalb der Breite von typischen Merkmalen und natürlichen Abweichungen entscheiden, wann eine Unterschrift noch zuzuordnen ist. Im Fall eines Briefes, der angeblich vom schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Uwe Barschel stammte, galt die Unterschrift so lange als echt, bis Gutachter zeigten: Sie war einer Vergleichsunterschrift nicht nur täuschend ähnlich, sondern mit ihr sogar deckungsgleich! Und das gibt es im realen Leben nie – also war die Unterschrift kopiert und damit gefälscht. Der Brief war eine Montage im Auftrag der Stasi. 20 Wenn Kriminaltechniker sich daran machen, ein Dokument auf Echtheit zu überprüfen, analysieren sie zunächst die individuellen Merkmale der Handschrift. Diese lassen sich auf sieben grafische Grundkomponenten reduzieren. Diese sind: 1 Strichbeschaffenheit (Strichspannung und Strichsicherheit) 2 Druckstärke und Druckrhythmus der Schrift 3 Bewegungsfluss und Verbundenheit innerhalb und zwischen den Buchstaben 4 Buchstabenform, graphische Vereinfachungen oder Verschnörkelungen 5 Bewegungsrichtung der Schrift und ihr Neigungswinkel 6 vertikale oder horizontale Ausdehnung und Größenproportionen der Buchstaben, Buchstabenbreite, Wort- und Zeilenabstände 7 sonstige Merkmale wie beispielsweise Besonderheiten der Orthographie Vergleich von zwei Schriften Nach ihrer Analyse vergleichen die Gutachter das fragliche Dokument mit anderen Schriftproben des Urhebers aus Briefen oder Bankdokumenten. Danach werden Tinte und Papier physikalisch untersucht. Vieles können die Gutachter dabei mit bloßem Auge oder mit der Lupe beurteilen, in 80 Prozent der Fälle gelangen sie so schon zu einem eindeutigen Ergebnis. Wenn die Lupe nicht weiterhilft, kommen die Dokumente unter das Mikroskop: Mit 21 fälschen innen 18.05.2005 12:36Uhr Seite 22 Stereo- oder Raumbildmikroskopen sehen die Experten, ob eine Unterschrift vorgezeichnet wurde, oder ob Zahlen wegradiert oder mit dem Messer weggeschabt wurden. Sogar das Rasterelektronenmikroskop kann zum Einsatz kommen, etwa wenn sich zwei Striche kreuzen, weil auf der Papiervorlage ein Strich war und die Unterschrift darauf gesetzt wurde. Dann stellt sich die Frage, welche Linie zuerst da war – der Strich der Unterschrift, oder der der gedruckten Vorlage. Liegt die Unterschrift unter dem Formularvordruck, könnte es sich um eine Fälschung handeln. Schrifterkennung per Computer Auch mit dem Computer rücken Spezialisten falschen Schriften zu Leibe: „FISH“ (Forensisches Informationssystem Handschriften) ist ein elektronisches Schriftbilderkennungsprogramm, das vom Schriftgutachter Dr. Manfred Hecker zusammen mit dem Bundeskriminalamt entwickelt wurde. Das Programm erfasst und analysiert die Merkmale von Handschriften. Dazu wird die Schrift eingescannt und durch FISH auf die messfähigen Größen untersucht. Ein Vergleich mit gespeicherten Fällen aus der Datenbank kann den Fälscher innerhalb von Sekunden überführen, wenn seine Schrift schon gespeichert war. Das einzigartige Farbgemisch in jeder Kulimine ist auch entscheidend, wenn es darum geht, ob zwei Schriftstücke mit demselben Stift geschrieben wurden. Im Labor trennen Fachleute die Schreibflüssigkeiten in ihre einzelnen Bestandteile auf und vergleichen dann, ob sie zweimal dieselbe Mischung vor sich haben. Ihre Analysemethode heißt Dünnschicht-Chromatographie, ein gängiges Verfahren aus der Chemie, mit dem Stoffgemische untersucht werden. Aus der Trickkiste der Kriminologen In einer Wohnung beschlagnahmt die Polizei Papiere und Schreibblöcke. Der Hausherr soll einen Erpresserbrief geschrieben haben – möglicherweise auf einem Stapel von Papier oder auf einem Schreibblock. Der Gutachter soll jetzt herausfinden, ob sich irgendwo die Schrift durchgedrückt hat. Mit dem bloßen Auge sind keine Spuren zu erkennen, auch unter schrägem Licht nicht. In einem solchem Fall kann ein System helfen, das ESDA genannt wird. ESDA steht für „Electrostatic Detection Apparatus“, auf Deutsch etwa: Apparat zur elektrostatischen Ermittlung. Das Gerät kann durchgedrückte Schreibspuren auf einem Papier sichtbar machen. Dazu wird das Papier befeuchtet, mit einer Folie versehen, elektrostatisch aufgeladen und mit Toner bestreut. Der Toner lagert sich in den Furchen ab und zeigt, was sich beim Schreiben durchgedrückt hat. Verräterisches Licht Wie alt ist das Papier? Scheckbetrug lässt sich mit Infrarotlicht sichtbar machen Es klingt verführerisch: aus einem Verrechnungsscheck ein kleines Sümmchen mehr herauszuholen, indem man die Stiftfarbe des Ausstellers imitiert und einfach vor die 1000 Euro noch eine Eins schreibt. Doch was im normalen Licht wie blauer Kugelschreiber aussieht, kann unter Infrarotlicht sehr unterschiedlich wirken: Jede Kulimine hat eine eigene Farbstoffzusammensetzung, und die leuchtet unter Infrarotlicht anders. Unter diesem Licht kann der Gutachter feststellen, ob auf dem Scheck Zahlen oder Worte hinzugefügt wurden. 22 Weißes Papier leuchtet unter UV-Licht, weil es mit optischen Aufhellern versetzt wird. Das kann entscheidend sein, wenn das Alter von Papier eine Rolle spielt, etwa um festzustellen, ob ein Testament gefälscht ist. Im Fall der Hitlertagebücher leistete die Papieranalyse wertvolle Dienste: auch die Seiten der angeblichen Tagebücher leuchteten bei der Untersuchung im UV-Licht. Doch im Krieg, als Hitler die Bücher geschrieben haben soll, waren Papieraufheller noch unbekannt. Sie werden erst seit den 1950er Jahren eingesetzt, und das war der Hauptbeweis: die Tagebücher waren gefälscht. 23 Weißes Papier leuchtet unter UV-Licht fälschen innen 18.05.2005 12:36Uhr Seite 24 Meisterhaft gefälscht: Schwindel in der Kunst Geniale Fälscher am Werk Ein Fall für Experten: ist dieses „antike“ Gemälde eine Kopie? Manchmal müssen selbst Experten zugeben: geniale Fälschungen verlangen ihnen – zumindest in handwerklicher Hinsicht – Respekt ab, so gut sind sie gemacht. Doch Kunstfälschung ist kein Kavaliersdelikt, schließlich geht es gerade im Kunstbereich um viel Geld. Und dabei haben es Fälscher auf betuchte Touristen, Kunstliebhaber oder Antiquitätenkäufer abgesehen. Wer also in Kunst oder Antiquitäten Geld investieren will, sollte sich vor Augen halten: Die Nachfrage nach echter Ware ist enorm, aber der Bestand an Originalen ist begrenzt und nicht beliebig vermehrbar. Und da echte Kunst meist teuer ist, wirken Schnäppchen sehr verführerisch. Genau in dieser Marktlücke werden die Fälscher aktiv. Ein spannendes Bündnis: Kunstexperten und Wissenschaftler Noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde meist nur Kunstexperten die Frage gestellt: Original oder Fälschung? Doch mit dem Fortschritt in der Wissenschaft werden immer mehr naturwissenschaftliche Methoden zum Entlarven von Fälschungen eingesetzt. Die Arbeitsteilung ist heute vergleichbar mit der bei Kriminalfällen: Der Kunstexperte – der Ermittler – hat nach seiner Expertise einen Verdacht. Der Wissenschaftler – etwa vergleichbar mit der Spurensicherung – sucht nach Methoden, um den Verdacht zu erhärten. sich Infrarot-Reflektografie: Das Gemälde wird mit infrarotem Licht bestrahlt, dieses langwellige Licht durchdringt die oberen Farbschichten des Gemäldes. Infrarotkameras können dann für das menschliche Auge sichtbar machen, was darunter liegt – in diesem Fall das mit einem Bleistift gezeichnete Raster. Kann man dem bloßen Auge nicht mehr trauen? ...und im Sucher der Infrarot-Kamera wird das Bleistiftraster sichtbar! Auch das Urteil mit dem bloßen Auge kann für eine erste Einschätzung noch ausreichen. Aber dafür sollte man Kunstexperte sein. Die kennen sich aus: was zeichnet den Malstil der Originalkünstler aus, was sind typische Nachlässigkeiten von Fälschern? Denn auch in deren Metier ist Zeit Geld, daher pfuscht man gerne bei Details, die Laien nicht so schnell auffallen. Andere Beobachtungen verlangen keine Stil-, sondern Materialkenntnisse: Bei einem alten Ölgemälde zum Beispiel trocknet das Bindemittel Öl über die Jahre immer stärker ein. Die Folge: die eingetrockneten Farbschichten platzen und zeigen immer stärkere Altersrisse. An diesen typischen Altersrissen kann man erkennen, ob es sich um ein antikes Gemälde handelt oder um eine neuzeitliche Fälschung. Diesen Unterschied kann selbst ein Laie erkennen. Allerdings: die Fälscher haben Methoden erfunden, die Risse künstlich herzustellen. Sie unterscheiden sich zwar im Detail von echten – aber das zu erkennen, ist wiederum eine Sache für Experten. Detail eines echten antiken Gemäldes mit den typischen Altersrissen. Der gleichgroße Bildausschnitt einer Infrarotlicht geht der Fälschung auf den Grund neuzeitlichen Kopie, die Alterrisse Viele Methoden – aber streng geheim! Das Gemälde wird mit infrarotem Licht bestrahlt… Ein Beispiel: Kunstexperten wissen, dass Fälscher oft mit einem Zeichenstift ein quadratisches Raster auf dem Maluntergrund anlegen, um die Proportionen eines Originals möglichst detailgetreu zu übertragen. Das Raster wird schließlich übermalt, ist also für einen potentiellen Kunden mit dem bloßen Auge nicht sichtbar. Kann man es mit wissenschaftlichen Methoden nachträglich trotzdem sichtbar machen? Es geht! Das Verfahren nennt 24 fehlen. Das Wissen der Kunstexperten und vor allem die Fortschritte in der wissenschaftlichen Analytik machen es also den Kunstfälschern immer schwerer. Wenn denn ein verdächtiges Kunstwerk ins Labor gelangt! Grundsätzlich gilt: Viele moderne Analyseverfahren sind inzwischen geeignet, eine Fälschung zu entlarven, wenn der Kunstexperte seinen Verdacht für das Verfahren konkretisieren 25 fälschen innen 18.05.2005 12:36Uhr Seite 26 Digitale Wasserzeichen Fälschen im Pixel-Zeitalter kann. Besteht etwa eine künstlerisch nicht zu beanstandende, angeblich antike Münze vielleicht aus einer modernen Kupferlegierung, die es vor vierhundert Jahren gar nicht geben konnte? In der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung kann man das herausfinden. Dort werden die Münzen mit ultraschnellen Lichtteilchen durchschossen, mit denen man die Bestandteile des Metallgemischs genau aufspüren kann. Allerdings braucht man dazu riesige Geräte, nämlich Teilchenbeschleuniger, und die Kosten einer solchen Untersuchung sind enorm hoch. Daher kommt sie nur in Frage, wenn es um Kunst- oder Kulturschätze von sehr hohem Wert geht, etwa um Funde, die in ein Museum kommen sollen. Fast alles kann inzwischen untersucht werden: bei Gemälden etwa nicht nur der Maluntergrund (Holz, Leinwand, Papier), sondern auch die Farbpigmente oder die Farbbindemittel. Interessant ist hierbei: Die Experten wollten selbst Quarks & Co nicht ihre geheimsten Tricks verraten. Denn den Vorteil, den Fälschern eine Nasenlänge voraus zu sein, wollen sie nicht verspielen. Bei digitalen Bildern fällt das Fälschen besonders leicht. Es gibt viele Grafikprogramme mit denen man Teile eines Bildes punktgenau austauschen kann, so dass Manipulationen kaum zu erkennen sind. Inzwischen werden sogar Kino-Filme wie „Toy-Story“ oder „Final Fantasy“ rein auf dem Computer erstellt – bei vielen Spezialeffekten ist das bereits seit den 80er Jahren der Fall. Um zu garantieren, dass digitale Bilder (Fotos oder bewegte Bilder) nicht verfälscht werden können, haben Forscher am Fraunhofer-Institut in Darmstadt ein Computer-Programm entwickelt. Mit Hilfe dieses Programms lassen sich digitalisierte Bilder kennzeichnen. Dazu baut der Computer ein unsichtbares Wasserzeichen in das Bild ein. Wird ein so geschütztes Bild nachträglich manipuliert, können die Änderungen sichtbar gemacht werden. Jedes digitale Bild ist aus Pixeln zusammengesetzt Schritt für Schritt verschlüsselt – so kommt das Wasserzeichen ins Bild Jedes digitale Bild ist „gerastert“: Es besteht aus vielen kleinen Punkten, so genannten Pixeln, mit unterschiedlichen Farben. Diesen Farben kann man eine Zahl zuordnen. Vielleicht haben Sie als Kind einmal nach Zahlen gemalt? Es ist genau dasselbe Prinzip. So bekommt zum Beispiel: · Schwarz die Zahl 0 · Braun die Zahl 1 · Blau die Zahl 3 · Grau die Zahl 5 usw. Das digitale Wasserzeichen wird nun nach folgendem vereinfachten Prinzip eingebaut: Über das Bild wird eine Art digitale Lochschablone gelegt, das heißt mit Hilfe des Computerprogramms werden einzelne Farbpixel bzw. Farbwerte in bestimmten Gruppen zusammen gefasst (in unserem Beispiel ist eine Gruppe durch rote Quadrate dargestellt). Innerhalb jeder Gruppe werden nun die einzelnen Farbwerte, also die zugeordneten Zahlen, zusammen addiert, in unserem Beispiel ergibt das die Summe 16. Solche Gruppen werden über das gesamte Bild verteilt gebildet. Die zusammen addierten Zahlen der Farbwerte dienen als Code: Das gesamte Original-Bild ist damit verschlüsselt. 26 Unsere digitale Vorlage 27 Wie beim Malen nach Zahlen werden den einzelnen Farben Zahlenwerte zugeordnet Das Computerprogramm addiert die Zahlenwerte einer Gruppe und berechnet die Kontrollzahl Unsere digitale Fälschung fälschen innen 18.05.2005 12:36Uhr Seite 28 Gefälschte Medikamente: Schwindel kostet Menschenleben Ist das Bild wie hier manipuliert worden, stimmt die Summe der Farbwerte einer Gruppe nicht mehr mit dem voreingestellten Was passiert bei Manipulation des Bildes? Tödliches Geschäft Wird das Originalbild manipuliert (und, wie bei diesem Bild, das Gesicht verändert), kann ein entsprechendes Computerprogramm die Abweichung der Farbwerte erkennen. Der Zugang zu einem Labor, ein bisschen chemischer Grundverstand und jede Menge kriminelle Energie – das sind die Zutaten für ein tödliches Geschäft: die Fälschung von Medikamenten. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist Arzneimittelfälschung gang und gäbe. Rund zehn Prozent aller Medikamente weltweit sind Mogelpackungen: bestenfalls Imitate, schlimmstenfalls wirkungslose Attrappen oder sogar Gift. Am häufigsten betroffen sind die Entwicklungsländer, hier wird rund ein Viertel der Medikamente illegal produziert. In manchen Ländern – wie in Nigeria – ist sogar jedes zweite Mittel falsche Ware. Denn das Programm vergleicht die Summen der Farbwerte der einzelnen Gruppen und stellt fest, dass diese nicht mehr mit der Original-Summe übereinstimmen. In unserem Beispiel ergibt sich, durch die Veränderung des Bildes folgendes: die Summe der Gruppe ist nicht mehr 16, sondern 11. Wert überein Das Programm erkennt auf diese Weise die Abweichung und markiert die gesamte Gruppe. Über das Bild verteilt werden so Abweichungen verschiedener Gruppen festgestellt und markiert. Da die Veränderung der Gruppe entscheidend ist, werden auf diese Art auch einzelne Pixel markiert, die gar nicht verändert wurden. Da die Prüfsumme nicht mehr mit der Originalsumme übereinstimmt, werden alle Pixel dieser Gruppe markiert Die markierten Pixel verteilen sich nahezu zufällig über das gesamte Bild. Aber im tatsächlich geänderten Bereich häufen sich die hier rot markierten Pixel und es lässt sich mit bloßem Auge schon erkennen, an welcher Stelle des Bildes gefälscht wurde. Das Programm kann noch mehr: Es erkennt, wo sich die Änderungen häufen und kann daher die zufällig verteilten und nicht manipulierten Pixel einer Gruppe korrigieren. allem in Entwicklungsländern Hunderte von Todesopfern Die Opfer der Medikamentenfälscher zählt niemand. Häufig ist nicht einmal klar, ob Menschen an ihrer Krankheit oder an den gefälschten Medikamenten sterben. Nur spektakuläre Fälle werden international bekannt: In Nigeria starben im Jahr 1990 hundert Kinder an einem gefälschten Hustensaft. In Haiti bekamen Kinder einen mit Frostschutzmittel gestreckten Fiebersirup, für 59 von ihnen mit tödlichen Folgen. In Kambodscha starben im Jahr 2000 dreißig Menschen an Malaria. Der Grund auch hier: gefälschte und damit wirkungslose Medikamente. „Backpulver“ gegen Malaria? Diese „Therapie“ kostet im Jahr 2000 in Kambodscha Eine Häufung der markierten Pixel tritt in dem gefälschten Bereich auf Gefälscht wird im großen Stil, vor 30 Menschen das Leben Ein geschickter Fälscher würde vielleicht versuchen, das Wasserzeichen nach seiner Fälschung wiederherzustellen. Das wird ihm jedoch durch die Bildung der über das gesamte Bild verteilten Gruppen schwer gemacht. Die sind nämlich selbst mit einem Passwort geschützt. Wer das Passwort nicht kennt, kann die Muster nicht erkennen. 28 Großes Geschäft – kleines Risiko Gefälscht wird alles, was der Markt hergibt. Und das sind in den Entwicklungsländern hauptsächlich Medikamente gegen Infektionskrankheiten wie Malaria, Tuberkulose und AIDS. Die Produktionsweise der Fälscher ist dabei so vielfältig wie ihre Produktpalette. In mancher Hinterhofküche werden Kapseln mit Stärke abgefüllt. Doch auch in tagsüber seriösen Fabriken pressen die Fälscher nachts ihre Pillen und verpacken sie in perfekt kopierte Kartons. 29 fälschen innen 18.05.2005 12:36Uhr Seite 30 Seriöse Fabrik? Auch hier könnten gefälschte Pillen gepresst werden Von den Originalen sind solche Nachbildungen mit bloßem Auge kaum noch zu unterscheiden. Dabei geht es den meisten Fälschern nur um das perfekte Äußere, sie machen sich nicht die Mühe, auch die Inhaltsstoffe nachzubilden. Nach einer Studie der WHO enthalten gerade einmal 7 Prozent der Fälschungen tatsächlich den richtigen Wirkstoff in der korrekten Dosierung. 17 Prozent enthalten zwar den richtigen Wirkstoff, allerdings viel zu wenig, um wirklich heilen zu können. 16 Prozent enthalten den falschen Wirkstoff oder sind sogar mit giftigen Substanzen verunreinigt. Und mehr als die Hälfte, nämlich 60 Prozent der gefälschten Medikamente sind komplett wirkungslos. Das tödliche Geschäft ist für die Fälscher lukrativ und ihr Risiko ist gering, denn in den meisten Entwicklungsländern gibt es keine Kontrollsysteme für Arzneimittelsicherheit. Fälschungen werden nur selten erkannt, und der Weg zu den Machern verläuft häufig im Sande. Mit dem Mini-Lab auf Fälscher-Jagd Untersuchungen mit Die Ärzte in Entwicklungsländern stehen vor einem Dilemma, denn sie wissen nie, ob das Medikament, das sie gerade verabreichen, wirklich echt ist. Meistens bleibt nichts übrig, als es einfach auszuprobieren – und das häufig mit schlimmen Folgen. Denn die Pillen-Mafia schmuggelt ihre Ware über korrupte Großhändler auch in Krankenhäuser und Apotheken. Am Ende der Kette stehen Arzt und Patient – und die Ungewissheit, ob und wie das Mittel wirkt. weit im Einsatz. Leider viel zu wenige, um überall die gefälschten Medikamente zu entlarven. In Deutschland greift die Kontrolle In Deutschland muss man sich übrigens kaum Sorgen vor Arzneimittelfälschungen machen. In den Jahren 1996 bis 2002 sind gerade mal 26 Fälle gefälschter Medikamente bekannt geworden, wobei in den meisten Fällen nur der Beipackzettel gefälscht war. Bei rund 1,6 Milliarden verkauften Arzneimitteln pro Jahr in Deutschland ist das nicht viel. Den Verbraucher haben die gefälschten Medikamente jedoch gar nicht erst erreicht, dafür sorgte das dichte Kontrollsystem: Jeder Apotheker ist gesetzlich dazu verpflichtet, regelmäßig in Stichproben Arzneimittel zu überprüfen. Jeden Tag werden so in deutschen Apotheken 120.000 Arzneimittelpackungen kontrolliert, insgesamt sind das mehr als 5 Millionen Überprüfungen im Jahr. Medikamente, an denen Fehler festgestellt werden, werden sofort durch die Kontrollbehörden – wie etwa das Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) – vom Markt genommen. Wer hingegen Anabolika über dunkle Kanäle aus dem Fitnessstudio bezieht, oder auf unseriöse E-MailAngebote wie „Viagra rezeptfrei für 10 Cent die Kapsel“ hereinfällt, muss auch hierzulande damit rechnen, eine wirkungslose Pille zu bekommen – oder Schlimmeres. dem MiniLab – Schutz vor Arzneimittelfälschungen Einzige Möglichkeit für die Ärzte vor Ort: selbst testen. Seit 1996 gibt es das so genannte MiniLab des German Pharma Health Fund (GPHF). In zwei Koffern ist ein kleines Labor zum Testen von Arzneimitteln untergebracht. So können Ärzte und Apotheker auch in Entwicklungsländern nachweisen, ob eine Tablette den richtigen Wirkstoff in der richtigen Dosierung enthält. 150 solcher Koffer sind welt- 30 31 fälschen innen 18.05.2005 12:36Uhr Seite 32 Lesetipps Broschüre der Bundesbank über die Sicherheitsmerkmale des Euro Kann angefordert werden bei: Deutsche Bundesbank | Hauptverwaltung Düsseldorf | Postfach 10 11 48 40002 Düsseldorf Oder als PDF-Datei unter: http://www.bundesbank.de/download/bargeld/pdf/ euro_leaflet_sicherheitsmerkmale.pdf Jahrbuch Markentechnik Autor: Klaus Brandmeyer und Alexander Deichsel (Hrsg.) Verlagsangaben: Deutscher Fachverlag., Frankfurt/M, erscheint jedes Jahr neu ISBN-Nummer: 3-87150-653-2 Das Buch informiert über Fallbeispiele, theoretische Hintergründe und Management-Techniken, mit Beiträgen von über 20 internationalen Fachautoren. Was ist falsch am falschen Rembrandt? Und wie hart ist Damaszener Stahl? Wie man mit Technik Kunst erforscht, prüft und erhält. Autor: Prof. Dr. Dr. h. c. Horst Czichos, seit 1992 Präsident der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) in Berlin. Verlagsangaben: Nicolaische Verlagsbuchhandlung GmbH, Berlin 191 S., mehr als 140 meist farbige Abb. EAN-Nummer: 9783875842050 ISBN-Nummer: 3-87584-205-7 Sonstiges: Preis EUR 19,90 Die BAM (Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung) ist, was wissenschaftliche Materialanalytik angeht, die führende Institution in Deutschland. Mit ihrem umfangreichen Instrumentarium und ihren zahlreichen Experten hat die BAM auch immer wieder spektakuläre Fälschungen untersucht. Einige der spannendsten Fälle zwischen Kulturgeschichte, Naturwissenschaften und Technik, die die BAM in den letzten vier Jahrzehnten bearbeitet hat, werden in dem Buch beschrieben. Deutsche Standards Autor: Verlagsangaben: ISBN-Nummer: Jörg Krichbaum Köln 1995, Arcum-Verlag 3-930912-04-X Marken von Aspirin bis Zeiss werden vorgestellt und historisch betrachtet. Das Buch gibt einen Einblick in Deutschlands Waren- und Markenwelt. Persil bleibt Persil. Aus dem langen Leben einer großen Marke Autor: Leopold Springinsfeld Verlagsangaben: Wien 1996, Verlag Ueberreuter ISBN-Nummer: 3-7064-0275-0 Autor Prof. Leopold Springinsfeld, der als Praktiker unter anderem fast 30 Jahre lang für die Waschmittelmarke gearbeitet hat, erläutert, wie die Marke sich ständig wandelnden Umweltbedingungen angepasst hat. Forensische Handschriftenuntersuchung Autor: Manfred Hecker Verlagsangaben: Kriminalistik-Verlag Heidelberg, 1993 ISBN-Nummer: 3-7832-0792-4 Ein Buch für Fachleute mit vielen Schriftbeispielen. Außer Kontrolle. Wie Comroad & Co. durch das Finanzsystem in Deutschland schlüpfen Autor: Renate Daum Verlagsangaben: FinanzBuch Verlag 2003 ISBN-Nummer: 3898790312 Die Journalistin Renate Daum beschreibt in diesem Buch, wie sie den Skandal um die gefälschten Bilanzen von Comroad aufdeckte. Der Fund. Die Skandale des STERN. Gerd Heidemann und die Hitler-Tagebücher. Autor: Peter-Ferdinand Koch Verlagsangaben: Facta Oblita GmbH, erschienen 1990 ISBN-Nummer: 3926827246 Die Geschichte um die gefälschten Hitler-Tagebücher und den Prozess gegen Gerd Heidemann und Konrad Kujau. 32 33 fälschen innen 18.05.2005 12:36Uhr Seite 34 Linktipps Auf der Seite der Bundesbank gibt es unter dem Stichwort „Bargeld“ alles, was man zu Falschgeld und Sicherheitsmerkmalen wissen muss. Dazu viele Informationen, zum Beispiel darüber, wann die Bundesbank für Falschgeld Ersatz leistet, oder über das Geldmuseum in Frankfurt am Main. http://www.bundesbank.de/bargeld/bargeld.php Private Userseite auf dem Server der Freien Universität mit vielen Infos rund um die EU und den Euro und internationalen Links. Dort erfährt man auch Einzelheiten über die Gestaltung, die historischen Architekturmotive und den Designer der Euroscheine. http://userpage.fu-berlin.de/~tmuehle/europa/euro/euroindex.htm Broschüre der Bundesbank über die Sicherheitsmerkmale des Euro als PDF-Datei http://www.bundesbank.de/download/bargeld/pdf/ euro_leaflet_sicherheitsmerkmale.pdf Kann auch in Printversion angefordert werden bei: Deutsche Bundesbank Hauptverwaltung Düsseldorf Postfach 10 11 48 40002 Düsseldorf Preisträger für die dreisteste Fälschung: http://www.plagiarius.com/d_index.html Institutionen, die Kunstgegenstände wissenschaftlich analysieren: http://www.doerneristitut.de http://www. bam.de/index4.htm http://www. smb.spk-berlin.de/fw/rf/ http://www.bfafh.de/inst4/42/index.htm http://www. museodelcollezionista.com/ Normalbürger, die Kunstgegenstände begutachten lassen wollen, sollten sich zunächst an ihr örtliches Museum wenden. Das hat entweder selber Sprechstunden, zu denen Museumsmitarbeiter Kunstwerke von Mitbürgern in Augenschein nehmen, oder es kann verlässliche/seriöse Gutachter in der Region empfehlen Mehr zuSchriftuntersuchungen und Sachverständigen: http://www.gfs2000.de http://www.isu-mannheim.de Mehr zum Bundeskriminalamt, den Landeskriminalämtern und zur Kriminalstatistik: http://www.bka.de Informationsseite der Banken und Sparkassen zu EC-Kartensicherheit: www.kartensicherheit.de/ww/de/pub/index.php Mehr zur American Academy of Forensic Sciences (englisch): http://www.aafs.org Mehr zur Bekämpfung von Markenpiraten: http://www.markenpiraterie-apm.de/apmframe.htm Der lateinische Originaltext der Konstantinischen Schenkung im Netz: http://12koerbe.de/hanumans/const.htm Zahlen zur Markenpiraterie: http://europa.eu.int/comm/taxation_customs/customs/customs_controls/coun terfeit_piracy/combating/index_en.htm Informationen zum Mini-Lab des GPHF www.gphf.org Mehr zur RFIDs und Sicherheit in der Informationstechnik: http://www.bsi.bund.de/bsi/index.htm Mehr zur Technologiebewertung: http://www.izt.de Kritische Stimme zu IT-Technologien/RFID: http://www.heise.de Studie zu Risiken und Chancen von RFID-Systemen: http://www.bsi.bund.de/fachthem/rfid/RIKCHA.pdf 34 Positionspapier des Verbands forschender Arzneimittelhersteller (VFA) zum Thema Arzneimittelfälschungen mit Zahlen und Fakten www.vfa.de/de/politik/positionen/arzneimittelfaelschungen.html Informationen des Bernhard-Nocht-Instituts in Hamburg mit Tipps zum Schutz vor Arzneimittelfälschungen im Ausland www.gesundes-reisen.de/redaktion/reiseabc/Arztneimittelfaelschungen.htm Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte ist für die Zulassung, Registrierung und Kontrolle von Arzneimitteln in Deutschland zuständig. www.bfarm.de 35