Gisbert Heinrich Fanselow Zur Behandlung der Anaphora in der

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Gisbert Heinrich Fanselow Zur Behandlung der Anaphora in der
Gisbert Heinrich Fanselow
Zur Behandlung der Anaphora in der Generativen Grammatik. Ein überblick
Universität Konstanz
Sonderforschungsbereich 99
Juni 1983
Inhalt
Inhalt
Vorwort
0.
Prolog
Abgrenzung des Untersuchungsbereiches
0.1.
0.2.
Allgemeines
Die Scheidung Reflexiv- vs. Personalpronomina
1.
1.0.
1.1.
Die Konstitution anaphorischer Bezüge in der Generativen Grammatik
Vorbemerkung
Die Pronominalisierungstheorie
1.2.
Pronomina als gebundene Variable in der Syntax
1.3.
2.
2.1.
2.2.
2.3.
Interpretative Theorien
Die Deutung anaphorischer Bezüge in der Generativen Grammatik
Was heißt Koreferenz?
Einige Probleme des strikten Koreferenzbegriffes
Vorschläge für die Semantik der Koreferenz
3.
Satzinterne Beschränkungen für anaphorisehe Bezüge
3.0.
Allgemeines
3.1.
3.2.
Vom Kommando zum c-Kommando
Sonderregeln für Indefinita
3.3.
4.
Die Natur der anaphorischen Bezüge, kleine Beschränkungen, Crossover
und der Ort der Beschränkungsanwendung
Zur Konstitution intersententieller anaphorischer Bezüge
4.1.
4.2.
Wie beschreibt man intersententielle Anaphora?
Beschränkungen über intersententielle anaphorische Bezüge
4.3.
5.
5.1.
Exkurs: weitere Anapherntypen
Die Spezialprobleme
MiG-Sätze
5.2.
5.3.
Eselssätze
Lohnstreifen- und Geschenksätze
Hinweis
Literaturverzeichnis
Prolog
In Lees (1959) wird festgestellt, daß Ratten und Hunde höchstens viermal
so weit springen können, wie ihre Körperlänge beträgt. Klima (1962) beob­
achtet, daß es sich dabei jeweils um Arten handelt, die nicht fliegen
können und postuliert als Universal, daß jede Art, die nicht fliegen kann,
höchstens viermal ihre Körperlänge weit springen kann. Labov (1964) weist
dies zurück, wie auch die Ergebnisse von Lees (1959), da ihm nur die indi­
viduellen Sprungleistungen interessant erscheinen.
Postal (1964) entdeckt, daß Katzen 4 Meter weit springen können.
Lakoff (1968) postuliert eine zugrundeliegende Katzenlänge von 1,20 Meter,
die durch die Operation 'Cat-Reduction1 auf 40 cm an der Katzenoberfläche
reduziert wird. Bach (1969) gibt ihm im wesentlichen recht, doch ist für
ihn auf einer noch tieferen Ebene die Katze in Wahrheit ein 1,40 m langer
Dackel. Chomsky (1969) hält den 4-Meter-Sprung für ein reines Perfomanzphänomen, während die Kompetenz der Katze höchstens einen 1,20-Meter-Sprung
erlaube. Dem schließt sich später Jackendoff (1977) an.
McCawley/Postal (1969) sehen im weiten Katzensprung eine wesentliche Wider­
legung der zu restriktiven Standardsprungtheorie. Das Verhältnis von Körper­
länge zu Sprungweite ist für sie ein stark speziesvariabler Faktor. Die
Gleichung Sprungweite = ^species ma^ Körperlänge, mit c variabel, postulieren
sie als formales Universal. Miller (1970) erweist die psychologische Realität
dieses Uni Versals.
Bresnan (1970) argumentiert gegen all dies und schlägt vor, die Katze suk­
zessiv» zykl isch jeweils 1,20 m springen zu lassen. Chomsky (1974) übernimmt
diesen Gedanken, bleibt aber bei Lakoff’
s Tiefenkatzenlange und postuliert
als Universal Sprungweite=Körperlänge, da dies eine wesentlich restriktivere
Theorie über den Phänomenbereich darstellte. Die zugrundeliegende Katzen­
länge könne aber wegen unabhängig motivierbarer speciesspezifischer Filter
nicht an der Oberfläche realisiert werden. Dieser Filter ist lt. Chomsky (1976)
angeboren, lt. Putnam (1976) jedoch in der Sozialisation der Katze erworben.
Der Streit scheint dadurch entschieden, daß es Geschwind (1979) gelingt, den
Filter im 3. Gyrus des Seitenlappens links des Katzenhirns zu lokalisieren.
Seit Chomsky (1976) wird ferner davon ausgegangen, daß die Katze beim Sprung
eine Spur hinterläßt in der Ausgangsposition. Diese setzt auch Koster (1982)
an, nur ist für ihn die Spur bereits in der Basis ohne Sprung erzeugt, die
Katze also schon von vornherein in der 4 Meter entfernten Position. Es wird
allmählich klar, wie sich das Problem auflöst.
Sternefeld (1983) endlich beweist, daß die Korrelation zwischen hypo­
thetischer Katzenlänge und Entfernung Katze-Spur aus unabhängigen Prin­
zipien folgt, vor allem aber, daß eigentlich nie eine Katze dagewesen ist.
Die Lage der Sprachwissenschaft ist hoffnungslos, aber nicht ernst.
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1
-
0. Abgrenzung des Untersuchungsbereichs
0.1. Allgemeines
Eine der wesentlichen Einsichten über das Funktionieren menschlicher
Sprachsysteme scheint mir in der Erkenntnis zu liegen, daß die menschliche
Sprachfähigkeit im wesentlichen aus zwei voneinander unabhängigen Kompe­
tenzen komponiert ist, aus einer formalen oder grammatischen Kompetenz
auf der einen Seite und einer konzeptuellen oder semantischen auf der
anderen. Für die Position läßt sich aus verschiedenen Erkenntisbereichen
argumentieren, aus grammatischer Forschung (etwa Chomsky (1980)) oder der
KI-Theorie (etwa Marcus (1982)) ebenso wie aus neurolinguistischen Erkennt­
nissen, wo im groben davon ausgegangen werden kann, daß das Broca-Gebiet in
enger Beziehung zur formalen Kompetenz, das Wernicke-Gebiet dagegen in einer
solchen zur konzeptuellen Kompetenz steht (so z.B. Schnitzer (1982)).
Für den Versuch nun, das Funktionieren des Sprachsystems als ganzes zu er­
fassen, sind jene Elemente von Sprache von hervorragender Bedeutung, die die
Verbindung zwischen den beiden Kompetenzen herstellen. Dazu gehören vor
allem jene semantischen Entitäten, die nur in einer engen Beziehung zum
grammatischen System zu erklären sind. Dies sind etwa die sog. Funktions­
wörter (gegenüber den sog. Inhaltswörtern) wie the> be, aber auch Inflektionsmorpheme o.a., die einen wichtigen Beitrag zur Interpretation unserer Äuße­
rungen liefern, aber gleichzeitig auch wesentlich für die Zuweisung syntak­
tischer Repräsentationen sind (z.B. Kean (1980) (1982)), typischerweise bei
Broca-Aphatikern ausfallen und insofern wesentlich zu beiden Teilsystemen
der menschlichen Sprachfähigkeit gehören. Folgt man Kean (1982) weiter dahin­
gehend, daß ein wesentliches Kriterium für die Zuordnung zur Klasse der
Funktionswörter deren Status als "phonological clitics" ist, dann ist zu
erwarten, daß auch die Pronomina zu der Kategorie von Ausdrücken gehören,
bei denen grammatisches und konzeptuelles System stark interagieren. Ein
weiteres Argument hierfür ist natürlich die Tatsache, daß anaphorische Be­
ziehungen, insbesondere solche die satzübergreifend sind (und damit i.e.S.
von einer generativen Grammatik prinzipiell nicht erfaßbar sind), eindeutig
konzeptuell-semantischer Art sind, andererseits aber die Möglichkeit zur
Etablierung anaphorischer Beziehungen, ähnlich wie der Bereich von Quantoren
oder Negation, stark vom grammatischen System eingeschränkt ist. Von dieser
Beziehung zwischen Grammatik und Anaphorik soll im folgenden die Rede sein.
Dies heißt nicht, daß ich hier von der Grammatik der Pronomina im um­
fassenden Sinne berichten werde. Ein wesentliches Problem, das hier
offengelassen wird, ist die Syntax der Pronomina. Prinzipiell sind Pro­
nomina mit nicht-pronominalen Nominalphrasen (im folgenden: Nicht-Pronomina) gleich verteilt, die Auftretensbeschränkungen, die unten diskutiert
werden sollen, beziehen sich auf Pronomina unter einer bestimmten anaphorischen Interpretation. Ein Satz wie (1) ist natürlich nicht ungrammatisch
als solcher und verdient seinen Stern nur dann, wenn sie sich anaphorisch
auf Anna beziehen soll, die Abweichung ist eine semantische, keine syn­
taktische. Aber in dem für (1) angedeuteten Sinne sollen im folgenden die
'Sterne' verstanden werden.
(1) *Sie glaubt , daß Anna verheiratet ist
Die Aussage, Pronomina und Nicht-Pronomina seien gleichverteilt, bezieht
sich dabei zunächst nur auf die Ebenen abstrakterer thematischer oder subkategorieller Gegebenheiten, wo sie ihren Ausdruck darin findet, daß beide
zur Klasse der Nominalphrasen zusammengefaßt sind. Bezieht man weitere Be­
reiche, so ist sie zu modifizieren. Pronomina haben z.B. in gewissen Sprachen
(Englisch) ein eigenes Flektionsparadigma, und sie werden in manchen Positionen,
so etwa pränominal, von Adjektiven abgelöst, die Genitivform seiner/ihrer des
deutschen Personalpronomens kann anders als andere Genitivnominalphrasen kein
NP-Subjekt sein.
(2)
Annas Vortrag/*ihrer Vortrag/ihr Vortrag
Bezüglich der (Oberflächen-)Position stimmen nur Ton tragende Pronomina mit
Nicht-Pronomina überein. Die Positionssyntax tonloser Pronomina, die sich en­
klitisch an Verben, Konjunktionen usw. anlehnen können, ist dagegen von der
der Nicht-Pronomina unterschieden. Für das Deutsche etwa ergeben sich eigene
Stellungsregeln für Pronomina im Mittelfeld, evt. ist die Normalabfolge bezüg­
lich der Kasus bei den Pronomina nämlich eine andere (Akkusativ vor Dativ)
als die der Nicht-Pronomina (Dativ vor Akkusativ), so zumindest Lenerz (1977),
dagegen argumentiert Hoberg (1981).
(3a) iah gebe es ihm
(3b) ?? ich gebe ihm es
Ein besonders interessantes Studiengebiet ist hier die Syntax der klitischen
Pronomina in den romanischen Sprachen, für die man etwa Jaeggli (1982) ver­
gleiche. Insbesondere das Phänomen des Klitikumsanstiegs (Klitikum steht nicht
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bei dem Verb, auf das es bezogen ist, cf. (4)) ist zwar theoretisch be­
deutsam, führt aber, da es mit einer Reihe von Phänomenen in verschiedenen
Sprachen verknüpft zu sein scheint, zu weit in die Details der Analyse
nicht direkt pronomenbezogener Syntax, als daß es sinnvoll sein könnte,
diese Fragen hier anzusprechen, obendrein scheint eine allgemein akzep­
tierte Lösung nicht in Sicht zu sein.
(4)
Jean lui a fait tomber une pierre dessus
Wenn man eine Klasse von Eigenschaften entdeckt hat, die Pronomina im üb­
lichen Sinne charakterisieren, kann man sich fragen, ob nicht andere Elemente
der Syntax, die eben diese Eigenschaften teilen, auch zu den Pronomina ge­
rechnet werden sollten. Ich habe mich dagegen entschieden, auf solche Elemente
in dieser Arbeit näher einzugehen, da sie jeweils nur unter bestimmten theo­
retischen Voraussetzungen postulierbar sind. Hierzu gehört die Frage, z.B.
des Elements 'PRO' als Infinitivsubjekt oder des Elements 'pro1 für die
anscheinend subjektslosen Sätze (5) bzw. (6), die etwa Chomsky (1981) postu­
liert, aber von Bresnan (1982) für die Satzrepräsentationen abgelehnt werden.
(5)
Hans glaubt PRO Husten zu haben
(6 ) pro amat Cleopatram
Eigenschaften, die Personalpronomina auszeichnen, wie etwa Referenzfixierbarkeit durch einen quantifizierten Ausdruck im übergeordneten Satz, die Mög­
lichkeit gespaltener Antezedentien oder kontextuell gesteuerte Referenzfixierung
sind so für PRO nachweisbar (cf. (7) - (9), aber auch für pro.
(7a) Jeder glaubt, daß er bei Renate keine Chancen hat
(7b) Jeder glaubt, PRO bei Renate keine Chancen zu haben
(8a) Renate schlägt Annette vor, daß sie gemeinsam zur Party gehen
(8b) Renate schlägt Annette vor, PRO gemeinsam zur Party zu gehen
(9a) Sie hat die Schweiz als Mitglied akzeptiert (in einem Gespräch)
über die UNO, mit sie-die UNO)
(9b) Die DDR beantragt> PRO die Schweiz als Mitglied aufzunehmen (im
selben Kontext, mit PRO=die UNO)
Ob aber (7)-(9) dazu zwingen, leere pronominale Elemente für die Syntax anzu­
nehmen, deren Verhalten dann zu untersuchen wäre, kann nicht von vornherein
ausgemacht sein, und es ist offen, ob sich nicht eine interessantere Theorie
für die natürlichen Sprachen ergäbe, wenn in einer interpretativen Komponente
solche Gesetzmäßigkeiten formuliert werden könnten, die die Parallelität
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der Referenzzuweisung an Pronomina und der Rekonstruktion nicht (auch nicht
"leer") ausgedrückter PrädikatsSubjekte erklärte. Das evt. entscheidende
Kriterium, nämlich ob syntaktische Argumente für die Annahme leerer Positi­
onen vorliegen, führt entschieden über den in dieser Arbeit abdeckbaren Bereich
hinaus, weswegen PRO und pro im folgenden vernachlässigt werden.
Eher zur phrasalen Syntax scheint mir auch die Frage der expletiven Pronomina
wie es in (10) zu gehören.
(10a) es regnet
(10b) es rettet uns kein höheres Wesen
(10c) es sitzt sich gut auf diesem Sessel
Interessant ist, daß das Auftreten von expletiven Pronomina strikt mit der
Tolerierung 'subjektsloser1 Sätze korreliert ist (Pesetzky (1982)), was zeigt,
daß das Auftreten von es, it, there wesentlich durch den Zwang bedingt ist,
in gewissen Sätzen Subjekte zu stehen haben oder (10b), die Verbzweitstellungsregel nicht zu verletzen. Erneut führte eine Diskussion der Phänomene all­
zuweit in satzsyntaktische Diskussionen, zu es vgl, vor allem Pütz (1975).
Auf der ‘
'gegenüberliegenden" Seite des Bereichs der grammatischen Untersuchung
der anaphorisehen Bezüge für Pronomina stehen Textlinguistik, KI-Forschung
und Spracherwerbstheorien. Textlinguistische Diskussionen für die Pronomina
sind für den Grammatiker spätestens seit Jackendoff (1971) interessant, wo
gezeigt wird, daß zwischensätzlich anaphorische Relationen nur dann etabliert
werden können, wenn der Textgehalt gewissen Anforderungen genügt (siehe unten).
Idealerweise umfaßt eine ’
Grammatik' im nichttheoretischen Sinne für anapho­
rische Bezüge auch den Begriff der Textkohärenz oder Sinnbezüge o.ä. als
Parameter, die für die Deutung der Anaphora wesentlich sind, nur sie erklären,
wieso in (11a) der Bezug von sie auf die Bauern natürlich ist, in (11b) da­
gegen nicht.
(11a) Die Bauern verkauften ihre Kühe, denn sie brauchten Geld
(iib) Die Bauern verkauften ihre Kühe , denn die EG zahlte für sie
keine Abschlaahtprämien mehr
Daß ich mich hier an Jackendoff (1971) anschließend auf modale Kriterien be­
schränkt habe, liegt im wesentlichen daran, daß diese für die satzorientierte
generative Grammatik noch am ehesten faßbar sind. Da die wesentlichen neueren
Arbeiten zur Anaphernproblematik (Hintikka/Kulas (1982), Heim (1982), Kamp
(1982), Cooper (1979)) alle die Unmöglichkeit aufzeigen, eine korrekte Ana­
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phernsemantik ohne Diskurs- bzw. Textrepräsentationen i.w.S. im engen
Satzbezug zu formulieren, wird die Pronominaforschung um eine Auseinander­
setzung mit textlinguistischen Fragestellungen nicht herumkommen.
Um etwas ähnliches geht es auch in der Frage des Verhältnisses zur Spracherwerbsforschung. Man steht vor der relativ positiven Situation, daß - wie
z.B. in Tavakolian (1981) dokumentiert - hier von der Spracherwerbsforschung
eine gute Aufarbeitung des Problemfeldes 'Pronominaverarbeitung1 vorliegt*
deren Ergebnisse sich aber nur partiell mit den Postulaten der Satzgrammatik
decken. Die sich z.B. beim Bezug für eaoh other auftuende Lücke zwischen
Erwerbsablauf und den als angeboren postulierten Eigenschaften dieses Pro­
nomens zu schließen, wäre eine wichtige Aufgabe im Hinblick auf die zu Anfang
eingeführte Einordnung grammatischer Forschung in ein weiteres biologisch­
psychologisches Umfeld, aber hier (und von mir) kann sie nicht geleistet
werden (vgl. Klein (1982) für einen Ansatz), überhaupt wäre abzuprüfen, in­
wieweit die bei der Diskussion des Englischen gewonnenen Eigenschaften der
pronominalen Anaphorik überhaupt universalen Charakter haben, Tatsachen wie
z.B. das Fehlen des Phänomens des 'schwachen Crossover' im Ungarischen (cf.
Szabolcsi (1983)) sollten diesbezüglich vorsichtig stimmen.
Untersuchungen zur Anaphorik aus dem Gebiet der Künstlichen Intelligenz­
forschung sollen in einer expandierten Version dieses Papiers berücksichtigt
werden, ebenso die Sprachenerwerbsdiskussion.
0.2. Die Scheidung Reflexiv- vs. Personalpronomina
Ich habe bis jetzt den Begriff 'Pronomen' bzw. 'anaphorisehe Relation' in
einem vortheoretischen Sinne verwendet. In jeder traditionellen oder des­
kriptiven Grammatik kann man eine Auflistung der verschiedenen Arten von
Pronomina finden, dazu gehören etwa Personal-, Reflexiv-, Reziprok-, Relativ-,
Demonstrativ-, Interrrogativpronomina. Außer morphologischen Eigenschaften
(etwa: Vorliegen einer Akkusativform im Englischen) oder dem Status als
‘
phonological clitic' haben sie insbesondere bezüglich der uns interessierenden
Fragestellungen wenig miteinander gemein, Relativ- oder Interrogativpronomina
sind in ihrem Verhalten viel mehr durch Frage- bzw. Relativsatzsyntax bestimmt
als durch die allgemeinen Gesetze der Anaphorik. Eine wesentlich engere Be­
ziehung zur Anaphorik haben natürlich die Demonstrativpronomina. Sie können
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6
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zwar kein quantifiziertes Antezedens haben (12), sind aber häufig das
Ausdrucksmittel für anaphorische Bezüge in Kontexten, in denen die Pro­
nominagrammatik die Verwendung des Personalpronomens verbietet (13),
darüberhinaus können Sie als einzige anaphorisch die linguistische Struktur
selbst aufgreifen (14), worauf Ross (1970) freilich nur hingewiesen hat.
(12a)
(12b)
(13a)
(13b)
Jeder Mann hofft, daß er Renate heiraten darf
*Jeder Mann hofft, daß *das/*der Renate heiraten darf
*Wenn jemand vor der Tür steht, dann ist er der Bundeskanzler
Wenn jemand vor der Tür steht, dann ist das der Bundeskanzler
(13c) ?Wenn jemand vor der Tür steht, dann ist es der Bundeskanzler
(14) the rules A and B apply, in that order
Da keine interessante einschlägige Literatur vorzuliegen scheint, schweige
ich zu diesem Thema»
Personal- und Reflexivpronomina bilden dagegen zusammengenommen eine inter­
essante Klasse. Personalpronomina und Reflexivpronomina sind nämlich im
wesentlichen syntaktisch komplementär und semantisch gleichverteilt, d.h.,
bei gleichem semantischen Bezug findet sich in der Position eines Reflexiv­
pronomens nie ein Personalpronomen und umgekehrt.
(15)
(16)
Kommissar Sehimanski^ sieht s i c h ^ i h n ^
Inspektor Tanner verspricht Kommissar Sehimanski^ *s i c h i h n ^
zu waschen
Die Unterscheidung eines Reflexiv- von einem Personalpronomenparadigma ist
dabei kein Universal, es gibt Sprachen (cf. Keenan (1976), die mit einer
Pronomenklasse auskommen.
Nur für wenige Bereiche kann man Abweichungen von der Aussage ’
Personalpro­
nomina und Reflexivpronomina sind semantisch gleichverteilt' feststellen Reflexivpronomina dienen in gewissen Sprachen (Englisch z.B., cf. 17) dazu,
emphatische Funktionen auszudrücken. In anderen (z.B. Deutsch, Italienisch,
Französisch) stehen sie in der Mittelkonstruktion (18). Beidesmal ist es kein
alle Sprachen auszeichnendes Prinzip, Reflexivpronomina in diesen Funktionen
zu verwenden, Emphase drückt sich im Deutschen z.B. durch selber , selbst aus,
das Medium ist in den skandinavischen Sprachen in eine spezielle Verbform
gepackt.
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(17a) this car sells itself
(17b) John kimself has managed to kiss Zelda
(18a) solche Mädchen umschwärmt es sich einfach
(18b) les porrmes se mangent
(18c) le mele si mangiano
Wenngleich sicherlich Gründe dafür vorliegen, weshalb Reflexivpronomina
gerade diese Funktionen annehmen können, so scheinen sie nicht in un­
mittelbarem Bezug zur anaphorischen Verwendung der Reflexivpronomina zu
stehen und können daher bei dem Versuch,die semantische Parallelität von
Reflexiv- und Personalpronomina aufrechtzuerhalten, vernachlässigt werden.
Reflexivpronomina können des weiteren im Deutschen oder Italienischen auch
reziproke Interpretation erhalten, wenn sie nur pluralisch sind (cf. 19),
auch dies scheint kein Universal zu sein; eine strikt reziproke Interpre­
tation findet sich mW nicht für Personalpronomina, doch scheint mir der
Versuch erfolgversprechend, die distributive Lesart der Personalpronomina
zur reziproken der Reflexiva in Beziehung zu setzen (cf. Fanseiow (1983b))
(19) Die Männer trafen sich am Hauptbahnhof
(20) Die Männer glauben , daß Hans sie am Hauptbahnhof treffen wird
Auch gegen die syntaktische Komplementärverteilungshypothese lassen sich
Randbeispiele anführen, etwa (21) aus Postal (1971)(pl88)
(21)
that description of him/himself annoyed de Gaulle more than you know
Komplementärverteilung ist aber für den Kernbereich reflexiver Bezüge anzu­
setzen, der mehr oder minder sprachinvariant ist (Faltz (1977)), es handelt
sich dabei im wesentlichen um den anaphorisehen Bezug eines Objektes auf sein
Subjekt in einem Satz. Zu klären ist, unter welchen Bedingungen Reflexiv­
pronomina auftreten, und welche Teiltheorie der Grammatik in solchen Positionen
Personalpronomina ausschließt. Die prinzipielle Antwort auf Frage 1 ist eben,
daß Reflexivpronomina sich in der Regel auf das nächstliegende Subjekt be­
ziehen, wobei 'nächstliegend' sich auf syntaktische Bäume, nicht auf Ober­
flächenpositionen bezieht. (22) . Ist in einem Satz, nicht so aber in eine NP,
kein Subjekt vorhanden, so ist der Bezug auf das Subjekt des nächstliegenden
Satzes nicht möglich.
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(22a)
Hans^ glaubt, daß Fritz^ sich^/*sich^ beschreiben will
(22b)
Ko HI q liest Hans Heigerts^ Bericht über sich^/*sich^ und seine Kumpane
(23a) *Ko HI q glaubt, daß s i c h g e h o l f e n wird
(23b) Kohl q liest alle Berichte über sich^ und seine Kumpane
Nicht alle Sprachen, darunter aber anders als Faltz (1977) behauptet auch
das Deutsche lassen unter gewissen Bedingungen auch Reflexivbezug auf ein
Objekt zu, cf. (24)
(24)
Wir sollten den Psychoanalytiker^ vor sich^ schützen
Aus diesem allgemeinen Bild fallen drei Phänomene heraus, die sog. picturenouns, die lassen/let/faire-Oruppe , und die sog. innere Abhängigkeit. In (25)
scheint sich ein Reflexivpronomen, das in einer Subjektsnominaphrase einge­
bettet ist, auf ein Objekt zu beziehen
(25a)
(25b)
a picture of himself would please John
Ein Bild von sich würde John erfreuen
Lebeaux (1983) weist allerdings darauf hin, daß die ’
picture-Anaphern' insofern
aus dem allgemeinen Rahmen fallen, als sie anders als 'normale' Reflexiv­
pronomina aufgespaltene Antezedentien zulassen, cf. (26)
(26)
John ^ told Mary 2 that there were some pictures of themselves ^
(27)
*Die USA q möchten die Sowjetunion? vor sich ^
lying on the floor
^ schützen
Da die ‘
split-antecedent'-Eigenschaft Personalpronomina und leere Argumente
(PRO, pro, s.o.) auszuzeichnen scheint, ist es plausibler, die Referenzher­
stellung für himself bzw .-themselves in den o.a. Beispielen als einen inner­
halb der NP ablaufenden lokalen Prozess anzusehen, wohingegen sich die weitere
Identifikation des 'unterschlagenen Arguments' der picture-Nomina in der
Kontrolltheorie für PRO o.a. ergäbe, und es somit aufrechterhalten werden
könnte, daß Reflexiva selbst weder gespaltene Vorgänger noch nicht-lokalen
Bezug haben dürfen. Im wesentlichen wäre diese Behandlung parallel zur Er­
klärung des nur scheinbar gespaltenen und nicht-lokalen Bezugs für sich in
(28)
(28)
Zelda ^ glaubt Maria^ nicht, daß sie ^
melden müssen .
4} sich ^ d ^ beim Dekan
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(29) ist ein englisches Beispiel mit reziprokem eaah other, das zeigt,
daß das Phänomen, einem Nicht-Personalpronomen in lassen-Komplementen
einen Matrixsatzbezug zu geben nicht auf das Deutsche beschränkt ist,
eine ähnlich Datendistribution weist das Holländische auf (Everaets (1981)).
(29)
why are they letting honey drip on each other's laps
(aus: Chomsky (1973))
(30)
Sie lassen den Honig einander auf die Füße tropfen
Karl läßt sich einen Stein auf die Füße fallen
Wie von Reis (1974) Chomsky (1973) erstmals formuliert,scheint hier das
Phänomen der Ergativität, d.h. hier der nicht-agentivische Charakter der
Subjekte gewisser intransitiver Verben eine wesentliche Rolle zu spielen,
für eine ausführliche Diskussion cf. Burzio (1980).
Ein anders gelagerter Sonderfall liegt im Phänomen der sogenannten 'inneren
Abhängigkeit' vor, wo in gewissen Sprachen, so im Latein, ein Reflexivpronomen
sich in Komplementsätzen von Verben des Sagens oder Denkens auf das Matrixsatzsubjekt beziehen darf (cf. (31), aus Manickham (1974), vgl. jede Grammatik
für das Latein), oder aber, wie etwa im Ungarischen, Reflexivpronomina in
attributiven Adjektivphrasen einen Bezug aus der NP hinaus aufweisen können,
wenn das Kopfnomen ebenso aus dem Bereich des Sagens oder Denkens kommt
(Szabolcsi (p.M.)), cf. Fanselow 1983a
(31)
Fompeius a me petivit ut secum et apud se esse cotidie
(32)
Petert untattäk az önmagät dioserö szarai /* nök
Peter-aao bored the himself praising words/*women
Man macht es sich hier wesentlich zu einfach, wie Manickham (1974) dem se
in (31) einfach den Charakter eines Reflexivpronomens abzusprechen, zumal
die Konstruktion anaphorischer Bezüge im Verhältnis innerer Abhängigkeit
zumindest für die Reziprokpronomina auch im englischen Spracherwerb eine
natürliche ist (Solan (1978)), die Unmöglichkeit von Äquivalenten zu (31)
im Englischen evt. also von englischen Kindern erst erlernt werden muß,
aber cf. Klein (1982).
Diese Spezialfälle einmal alle beiseitegelassen, scheint zu gelten, daß
Reflexiva ihren Bezug in der kleinsten S/NP-Konstituente mit einem Subjekt
haben müssen (nennen wir dies ''Prinzip A") und in eben dieser Umgebung
Personalpronomina keinen anaphorischen Bezug haben dürfen. Wenn man die
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Reflexivdaten in Form einer Beschränkung (wie z.B. in Chomsky (1981))
in die Grammatik integriert, die im wesentlichen das in Prinzip A gesagte
impliziert ist, ist es noch offen, wie das Auftreten des Personalpronomens
in (33) blockiert werden kann.
(33)
*Polizeimajor Adolf Kottan vom Wiener Sicherheitsbüro7 lobt ihn7
In der Chomsky-Tradition wird ein zur Reflexivpronominabeschränkung komple­
mentäres Constraint wie etwa (34) in die Grammatik aufgenommen, um in (33)
die Verwendung des Reflexivs zu erzwingen
(34)
Personalpronomen^ .... ) falls NP und das Pronomen
dasselbe nächst liegende Subjekt haben oder falls NP das Subjekt
für das Personalpronomen
Selbst wenn die Formulierung der Koreferenzbeschränkung für Reflexiv- und
Personalpronomina so gehalten werden kann, daß eine komplementäre Verteilung
resultiert, ist damit nicht der Anspruch eingelöst, eben diese Verteilung
auch zu erklären. Unter der von Chomsky gewählten Beschreibung erscheint
es nämlich als ein reiner Zufall, daß die Koreferenzbeschränkungen so for­
muliert sind in den Einzelgrammatiken oder in der UG, daß sie komplementäre
Verteilung ergeben; da das Refl-exiv-Constraint als solches vom Personalpronomen-Constraint unabhängig ist, wäre auch denkbar, daß Überlappungen im
Verwendungsbereich auftreten oder bestimmte syntaktische Konfigurationen
überhaupt den anaphorisehen Bezug zweier NPn ausschließen, was beides so
nicht der Fall zu sein scheint.
Hinzu kommt noch, daß nicht alle Sprachen, die Reflexivpronomina haben, diese
auch für alle grammatischen Subkategorien definieren. Das Englische besitzt
Objekts-Reflexiva für alle Personen und Numeri, im Deutschen ist dagegen das
Reflexiv nur für die dritte Person, und hier auch nur für Dativ und Akkusativ
definiert. Im Mittelhochdeutschen besaß das Deutsche sogar keine Dativform
des Reflexivpronomens; anders als das Deutsche und Englische besitzt hingegen
das Schwedische Genitivreflexiva. Wenn es richtig wäre, daß die komplementäre
Verteilung aus zwei unabhängigen Prinzipien für Personal- und Reflexivpronomina
resultierte, und nun für einen der lt. dieser Prinzipien abdeckbaren Bereiche
gewisse Formen morphologisch nicht vertreten sind, sollte in diesen Fällen
jeder anaphorisehe Bezug ungrammatisch sein. Tatsächlich tritt aber überall
dort, wo das Reflexivpronomen morphologisch fehlt,das Personalpronomen ein.
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(35a) we love ourselves
(35b)
love us
(35c) wir lieben *sich/ sicher
(35d) wir lieben uns
(36a) Peter glaubt, daß seine Rede zu kurz war
(36b) Peter liest seine Rede
(37a) *er gedenkt sich/sicher
(37b) er gedenkt seiner
Die einzige Lösung wäre es, jeweils für uns/his/seiner/ihrer eine kategoriale
Ambiguität anzusetzen, also sie einmal als Reflexivpronomina, das andere mal
als Personalpronomina zu betrachten, was anderweitig nicht begründet werden
kann und auch historisch falsch ist. Das Problem verschärft sich sogar insoweit,
als -cf. Chomsky (1981)- es eine Scheidung zwischen 'starken' und 'schwachen'
Reflexiva zu geben scheint (sich selbst, himself> zichzelf, se stesso vs.
sich, zieh , si, se) . In charakteristischen Umgebungen, etwa in lokalen Präpo-
sitionalphrasen oder im o.a, nichtlokalen Bezug bei lassen/faire können die
starken Formen nicht auftreten. Wo eine Sprache wie das Englische nur über
die starke Form verfügt, sind reflexive Bezüge in diesen Phrasen generell
ausgeschlossen, gleichwohl ergeben sie sich im Deutschen mit seinen schwachen
Reflexivformen recht natürlich.
(38a)
(38b)
(39)
Er sah eine Schlange neben sich /?*neben sich selbst
*he saw a snake near himself
he saw a snake near him
Da die starken Formen einer über Prinzip A hinausgehenden zusätzlichen Be­
dingung unterworfen sind, sollten im Englischen in den Positionen, die zwar
A nicht aber der zusätzlichen Bedingung genügen,keine anaphorisehen Bezüge
denkbar sein, da das Pronomenprinzip ja wegen den deutschen Daten im wesent­
lichen die Komplementarität zu A sicherzustellen hat. Aber wie (39) zeigt,
ist diese Vorhersage erneut inkorrekt, auch hier springt das Personalpronomen
bereitwilligst in die Bresche. Dies würde dann entweder bedeuten, daß jede
Sprache für sich die Reflexiv- und Personalpronomenbeschränkung festlegte,
und zwar jeweils so, daß die Komplementarität jeweils Sprache für Sprache
einzeln folgte, was den Zufälligkeitscharakter derselben ins extrem Unplausible
steigerte und obendrein nicht der Tatsache gerecht würde, daß die relevante
Unterscheidung zwischen starken und schwachen Reflexiva nicht Sprache für
- 12 -
Sprache, sondern auch innerhalb von Sprachen (Deutsch, Holländisch,
Italienisch) getroffen wird. Ober aber man müßte davon ausgehen, daß
him in (39) ein Reflexivpronomen ist, was einen aufwendigen Beschreibungs-
apparat insoweit erforderte, als die reflexive Verwendung von him in
den für himself zulässigen Kontexten noch einmal blockiert werden müßte,
was also auch eine unattraktive Lösung ist.
Wesentlich einfacher erscheint es daher, für die Personalpronomina gar keine
Koreferenzbeschränkung bezüglich der Abgrenzung zu den Reflexiva in die
Grammatik aufzunehmen, sondern Bach/Partee (1980) folgend eine Grice'sche
Erklärung für das Nichtauftreten der Personalpronomina in gewissen Kontexten
zu geben. Personalpronomina können damit in jeder syntaktischen Konfiguration
zum Ausdruck anaphorischer Bezüge auch auf Satzgenossen NPn herangezogen
werden. Sie sind aber polyfunktional, da sie auch kontextuell ihre Referenz
zugewiesen bekommen können. Die Bedeutung eines Satzes, in dem ein Personal­
pronomen vorhanden ist, ist somit nicht voll von der Grammatik determiniert.
Demgegenüber ist die Referenz von Reflexiva stets eindeutig grammatisch
bestimmt. Soll also ein anaphorischer Bezug wiedergegeben werden, der einen
reflexiven Ausdruck zuläßt, wird der Sprecher diesen seiner Eindeutigkeit
wegen wählen. Andererseits kann der Hörer davon ausgehen, daß, wenn der
Sprecher in solchen Kontexten ein Personal- und nicht ein eindeutiges Reflexiv­
pronomen wählte, dieser einen Grund dafür hatte, nicht den reflexiven Ausdruck
zu wählen, und der besteht eben plausiblerweise darin, daß das Personalpronomen
eben nicht den lokalen Bezug haben soll, der sich eindeutig mit dem Reflexiv
ausdrücken läßt. Dann aber folgt automatisch, daß das ’
Personalpronominaverbot'
wie oben demonstriert genau für diejenigen Positionen besteht, für die auch
reflexive Fügungen syntaktisch unter den allgemeinen Beschränkungen, morpho­
logisch und nach der stark-schwach-Parametrisierung auch möglich ist, da nur
dort die Grice'sche Argumentation durchführbar ist. Wenn dies alles richtig
ist, dann sind Personalpronomina von der Grammatik her in ihrer anaphorisehen
Option bezüglich der Reflexiva auszeichnenden Parameter gerade nicht einge­
schränkt, und wir können in der nachfolgenden Diskussion diesen Problembereich
voll und ganz ausblenden. Vergleiche hierzu auch die luzide Diskussion in
Reinhart (1983). Das Wegfallen des PersonalpronominaVerbots in der Grammatik
ist dabei selbst im Rektions- und Bindungsrahmen von Chomsky (1981) angelegt.
Aus unabhängigen Beobachtungen vermag nämlich Chomsky (1981) ein Prinzip
zu rechtfertigen, nach dem die Verwendung phonetisch spezifizierter Personal-
- 13 -
pronomina wo möglich vermieden werden sollte, nämlich das berühmte
'Avoid Pronoun'. In ganz offensichtlicherweise ergibt dies mit dem
Anaphernverbot A über Reflexiva bei einer entsprechenden Ausweitung
das erwünschte Resultat. Für den Hinweis hierauf bin ich Hubert
Haider verpflichtet.
Personalpronomina stellen also den allgemeinen Fall des Ausdrucks
anaphorischer Bezüge dar, von denen eine Subklasse auch reflexiven
Ausdruck zuläßt; als Standardfall bezeichne ich die Personalpronomina
im folgenden daher einfach als Pronomina bzw. Pna.
Es wird mithin unsere Aufgabe nur sein, das Verhalten der Pronomina
nach 'außen1, zu den Nicht-Pronomina hin, abzugrenzen. Und zwar, das
ist die letzte zu treffende Klärung, handelt es sich dabei nur um die
Pronomina der 3. Person, da ich, du, wiv, ihr einerseits keinerlei
Beschränkungen in ihrer Verwendung unterworfen sind, da wie sich herausstellen wird, die Beschränkungen über den anaphorisehen Gebrauch der
Pronomina sich nur auf deren Interaktion mit anaphorischen Nicht-Pro­
nomina beziehen und das Antezedens für ich natürlich nur ein Pronomen,
nämlich ich /mir,/mich/meiner selbst sein kann, andererseits sind sie
anders als er nicht bindbar (40), denn sie haben nur deiktischen situa­
tiven Bezug und sind damit für unser Thema von geringem Belang
(40)
*Jeder Manng hofft ichg kenne KohlQ
1. Die Konstituierung anaphorischer Bezüge in der generativen Grammatik
1.0. Vorbemerkung
Vielleicht hätte uns die generative Syntaxforschung gar nicht die reich­
haltige Diskussion über Fragen der Pronomina geschenkt, wenn sie nicht
in den frühen sechziger Jahren die Semantik in das generative Syntaxmodell hineingezogen hätte. Ausgehend von einige empirischen Beobachtungen
(die sich nachträglich allerdings als falsch erwiesen) postulierten nämlich
Jerrold Katz und Paul Postal, daß Transformationsregeln keine bedeutungs­
verschiebende Wirkung besäßen, woraus sich (1) ergibt. (1) ist aber vielfach
implizit, und offiziell dann in der Generativen Semantik, zu (2) umge­
deutet worden
- 14 -
(1) Wenn A und B die gleiche Tiefenstruktur haben, dann haben
sie die gleiche Bedeutung
(2) Wenn A und B die gleiche Bedeutung haben, dann haben A und B
auch die gleiche Tiefenstruktur
Wenn Bedeutung aber für die Etablierung der Tiefenstrukturen eine Rolle
spielt, dann sollte diese auch dem Ausdruck geben können, daß (3a) (3b)
und (3c) dasselbe bedeuten, und sich in (4) sie auf Renate bezieht bzw.
beziehen kann.
(3a) Die, die Nixon kennen, hassen Nixon
(3b) Die, die ihn kennen , hassen Nixon
(3c) Die, die Nixon kennen, hassen ihn
(4)
Renate befürchtet, daß sie den Bürgermeister ohrfeigen muß
Warum also nicht annehmen, daß so etwas wie (3a) auch den Sätzen (3b,c)
als Tiefenstruktur zugrundeliegt, daß die Tiefenstruktur von (4) (5) ist,
also,daß sich der anaphorisehe Gebrauch von Pronomina genauso ergibt durch
Ersetzung einer referentiellen Phrase durch eine nominale Proform wie die
Deutung von Gapping - oder Konjunktionsreduktionsstrukturen in (6), (7)
eben daraus resultiert, daß 'referentielle' VP-Teile dort durch 'leere'
Elemente ersetzt werden, genauso wie bei Extraposition die zurückgelassene
leere Position durch it aufgefüllt werden muß?
(5) Renate befürchtet, daß Renate den Bürgermeister ohrfeigen muß
(6) Bill ate beans and Harry 0 rice
(7) We love Zelda, and Bill does
> too
(8) it pleased me that Zelda came to the party
Die Ableitung von (4) aus der Tiefenstruktur (5) ist eine der Möglichkeiten,
die sich auftut, wenn man die Koreferenz zweier Phrasen durch ihre buch­
stäbliche Identität auf einer gewissen syntaktischen Ebene ausdrücken will.
Sie war kurze Zeit dominierend und wird 'Pronominalisierungstransformations
(theorie)' genannt. Genausogut kann man aber natürlich annehmen, daß diese
buchstäbliche Identität auf zugrundeliegenderen Ebenen darin besteht, daß
beide Kategorien dort Pronomina sind. Wenn diese mit referentiellen Indices
versehen sind, mag man sie als Variablen verstehen und kommt dann der
zweiten Möglichkeit des Ausdrucks anaphorischer Beziehungen nahe, der
1Gebundene-Variablen-Theorie1. Die dritte Option besteht endlich darin, Auto­
nomist zu sein, also abzulehnen, semantische Beziehungen wie Koreferenz syn­
taktisch auszudrücken. Es bedarf dann aber einer 'interpretierenden Theorie1
für Pronomina.
- 15 -
1.1. Die Pronominalisierungstheorie
Die Diskussion der Pronomina, in Arbeiten wie Langacker (1969) oder Ross
(1967), begann mit der syntaktisch-transformationellen Deutung anaphorischer Bezüge. Sie postuliert, wie gesagt, daß Pronomina in Sätzen
transformationell entstehen, und zwar ersetzen sie eine volle nicht­
pronominale NP, falls eine referentiell und phonetisch identische Kopie
davon im Satze noch einmal vorkommt. Es betrifft uns nicht, ob diese
Operation, wie Ross (1967) vorschlägt, gleichzeitig die Reflexivpronomina
einführt, oder nicht. Die Operation kann vorwärts wie rückwärts operieren,
wie (9) zeigt.
(9a)
Because John was famous, John always wore dark glasses
(9b)
(9c)
Beoause John was famous, he always wore dark glasses
Beoause he was famous, John always wore dark glasses
Das Interessanteste an dieser Theorie, das sei gleich gesagt, ist eigentlich,
wieviel gegen sie spricht. Ein Argument freilich zieht nicht. Es besagt,
Pronominalisierung sei keine syntaktische Transformation, weil sie über
Referenzgleichheit semantische Begriffe involviere, die in der Syntax
der Autonomiehypothese wegen nichts zu suchen hätten. Dieser Gedanke über­
sieht, wie Lasnik (1976) betont, daß die Pronominalisierung den Tilgungs­
transformationen parallel gesetzt ist, und wie diese dann der allgemeinen
Beschränkung der recoverability (Wiederauffindbarkeit) zu genügen hat.
Das heißt, prinzipiell dürfte die Syntax auch (10b) aus (10a) ableiten, doch
ist dieser Weg deswegen verboten, weil die Form Annette in (10b) nicht
wiederauffindbar ist, wohl aber in (10d), aus (10c) abgeleitet. Freilich
muß angemerkt werden, daß nun offen bleibt, was eine Pronominalisierungstransformation eigentlich zu leisten hat, wenn über recoverability-Bedingungen die semantische Interpretation partiell in die S-Struktur verlagert
ist.
(10a)
(10b)
(10c)
Annette weiß, daß Annette verführerisch ist
(10d)
Annette weiß, daß sie verführerisch ist
Renate glaubt, daß Annette verführerisch ist
*Renate glaubt, daß sie verführerisch ist
Aber es gibt viel gewichtigere Argumente gegen die Pronominalisierungstheorie.
Zunächst einmal scheint es schlechterdings unmöglich, die Transformation
- 16 -
1Pronominalisierung' in die Transformationsfolge einzuordnen, da sich
beweisen läßt, daß sie sowohl vorzyklisch,nicht vorzyklisch, nicht
letztzyklisch, nicht zyklisch zugleich sein muß, was unerfüllbar ist,
siehe hierzu u.a. Jackendoff (1972).
Werfen wir zunächst einen Blick auf (11)
(11)
Harry was claimed by the police to be a thiefy but his wife
didn't believe it
Offenbar bezieht sich it in (11) auf die Proposition, daß Harry ein Dieb
ist. (11) hat aber die Struktur (12); wenn Pronominalisierung zyklisch
wäre, könnte diese die Proposition im Komplement von claim bzw. believe
erst dann involvieren, wenn der letzte Zyklus, der des gesamten Matrixsatzes,
erreicht ist, da nur dieser Antezedens und Consequens enthält. Aber diese
letztere Aussage ist nicht wahr, das Antezedens Harry to be a thief im
ersten Teilsatz ist durch die Operationen Raising to Object und subsequente Passivierung im letzten Zyklus bereits zerrissen.
S^^
NP"^
Harry
S21
^^but
^VP
NP^*^
was claimed by
the police
his wife
^VP
didn't believe $2^
Sq*>
^
.■
to be a thief
^t
Also muß die Pronominalisierungstransformation zu einem Zeitpunkt in der
Derivation angewendet werden, wo Harry to be a thief noch eine Konstituente
ist, d.h. vor dem Erreichen des S^-Zyklusses. Im Rahmen der generativen
Theorien damaliger Form ist dies freilich nur dann zu erreichen, wenn Pro­
nominal isierung überhaupt vor dem Abarbeiten der zyklischen Regeln, also
vorzyklisch, angewendet wird. Man kann dieser Konsequenz nur auf zwei Weisen
entgehen. In der Spuren-Theorie (Chomsky (1976)) wird bei der passivischen
Wegbewegung von Harry aus der zu to be a thief adjazenten Position in die
Subjektstelle des Matrixsatzes S ^ eine Spur hinterlassen, sodaß S ^ er­
halten bleibt als (t to be a thief), was als Antezedens für it eine im
letzten Zyklus operierende Pronominalisierung genommen werden könnte. Da
in S2 2 die Subjektposition nicht Spur sein kann (dort is ja nichts bewegt
worden), hätte hierbei S22 vor Pronominalisierung die Form (Harry to be thief)
- 17 -
sodaß die Identitätsforderung bezüglich Harry und der koreferenten Spur
gelockert werden müßten. Aber eine Spurentheorie, die konsequent sein
will, muß eine interpretative Theorie über Anaphern, keine generative
voraussetzen und ist daher mit einer Pronominalisierungstransformation
nicht vereinbar. Alternativ kann man, wie z.B. Bach (1974) p. 126 vor­
schlägt einfach (11) nicht durch die Pronominalisierungsregel erzeugt
denken, sondern durch eine gesonderte vorzyklische Transformation, nennen
wir sie S-it-Ersetzung. Daß diese Lösung nicht sonderlich attraktiv ist,
muß nicht erst begründet werden.
Darf aber Pronominalisierung nicht vorzyklisch sein? Nun, wie Ross (1967)
zeigt, verändern Passivierung und ähnliche Regeln gerade die Optionen für
Pronomina. Also darf die Pronominalisierung nicht vorzyklisch, das wäre
vor dem nachgewiesenermaßen zyklischen Passiv, angewendet werden.
(13a)
(13b)
the men who know Nixon like him
*He is liked by the men who know Nixon
(13b), davon ging man in der sog. Standardtheorie, dem Aspects-Model1, aus,
ist von einer Tiefenstruktur abgeleitet, die (13a) weitgehend entspricht.
Da (13a) akzeptabel ist, muß die Pronominalisierung des Vorkommens von
Nixon an der Objektstelle von H k e bezüglich dieser Struktur offenbar
erlaubt sein. Der abweichende Charakter von (13b) wäre dann aber nicht zu
erklären, wenn him schon vor der Bewegung des Objekts zur Subjektstelle
vorhanden wäre, denn die Tiefenstruktur ist ja korrekt. Offensichtlich bewegt
vielmehr die Passivierung Nixon in eine Position, in die des Subjekts, in
der sie, wie (13b) zeigt, dann nicht pronominalisiert werden darf. Also
muß Passiv vor Pronominalisierung angewendet werden, Passiv aber ist zyklisch,
also ist auch Pronominalisierung mindestens zyklisch.
Wiederum ist das Argument nur dann in Ordnung, wenn die Beschränkungen über
anaphorische Bezüge Bestandteil der Regel der Pronominalisierung selbst sind,
und nicht als Wohlgeformtheitsbedingungen für zum Beispiel die S-Struktur
gezählt werden. Dann nämlich könnte ja vorzyklisch beliebig pronominalisiert
werden, die Constraints filterten die unwillkommenen Pronomina heraus. Aber
die Interpretation der Beschränkungen als Wohlgeformtheitsbedingungen setzt
gerade voraus, auf der S-Struktur über Koreferenz reden zu können, setzt
also eine Theorie voraus, die S-Strukturen selbst interpretieren kann, die
eigentlich dann aber nicht konsistent zusammen mit einer Pronominalisierungs­
transformation vertreten werden kann, weil die Arbeit, die diese Transformation
- 18 -
leistet, dann genausogut von der interpretiven Theorie erledigt wird.
Nimmt man die Aspekte-Theorie also ernst, muß eine Pronominalisierung
sowohl nicht vorzyklisch als auch vorzyklisch angewendet werden, ein
Widerspruch, dem man nur
Operation in zwei Regeln
Ross (1967), der für die
Daten wie (14) als Beleg
dann entkommt, wie gesagt, wenn man die
aufspaltet.
generelle Zyklizität der Regel argumentiert, führt
dafür an, daß Pronominalisierung nicht letzt-
oder postzyklisch sein darf.
(14)
^Realizing that Oscar was unpopular didn't disturb him
Die Vorwärtspronominalisierung wie sie in (14) vorgenommen wurde, ist
nämlich, wie wir noch unten sehen werden, praktisch unbeschränkt, in keinem
Fall aber betrifft ein Constraint die Oberflächenstruktur von (14), aus
dem die Ungrammatikalität der Struktur vorhergesagt werden könnte. Ross
(1967) sieht nun (14) als im wesentlichen zu (15) parallel an.
(15)
(16)
*that he realized that Oscar was unpopular didn't disturb him
That Oscar realized that Oscar was unpopular didn ft disturb Oscar
Ist Pronominalisierung der strikten Zyklusbedingung unterworfen, so muß sie
in der D-Struktur, die (16) entspricht zunächst den Teilsatz Oscar realized
that Oscar was unpopular bearbeiten. Sie muß hier wegen der noch zu disku­
tierenden Beschränkungen eine der beiden identischen Vorkommen von Oscar
durch ein Pronomen ersetzen, und zwar das tiefer eingebettete. Wir erhalten
also Oscar realized that he was unpopular , nicht aber den ungrammatischen Teilsatz
aus (15). Aus unserem Ergebnis Oscar realized that he was unpopular
kann
aber die Nominalisierungstransformation höchstens Oscar's realizing that
he was unpopular machen, das über Equi-Regeln zu realizing that he was
unpopular wird, aber keinesfalls realizing that Oscar was unpopular, weshalb
(14) nicht ableitbar ist, ein willkommenes Ergebnis.
Dieses erreicht man aber nicht, so Ross, wenn Pronominalisierung post^ oder
letztzyklisch ist. Dann nämlich ist nach der Nominalisierung des Komplement­
satzes zum Gerund durch die Anwendung der Equi-Regel das Subjekts-Vorkommen
von Oscar, das für die Etablierung des ungrammatischen Status von (14) sich
als wesentlich erwiesen hatte, bereits beseitigt. Also sollte Pronominalisierung
nicht letzt- oder postzyklisch sein.
- 19 -
Verfügt man über leere Elemente wie PRO, oder über entsprechende inter­
pretative Theorien, ist dies Argument wieder nicht zwingend, da (14)
dann etwa (17) als Oberflächenstruktur besitzt, und hier auf der SStruktur eben die Beziehung zwischen PRO und Oscar eine wohl fundierte
Beschränkung über Anaphora verletzt
(17)
PRO 2 realizing that Oscar^ was unpopular disturbed hirrtj
Ross zeigt nun aber in seinem (1967a), daß Relativsatzextraposition letzt­
zyklisch sein muß. Ein Satz wie (18) ergäbe nun, wie Lakoff (1968) argu­
mentiert, zunächst bei zyklischer Pronominalisierung als output (19).
(18)
Mary said that a woman who tried to kill the judge appeared
(19)
Mary said that a woman who tried to kill the judge appeared
before the judge
before him .
Relativsatzextraposition liefert danach aber das ungrammatische (20). Also
darf, so Lakoff (1968), Pronominalisierung nicht vor Relativsatzextraposition
angewendet werden; da Relativsatzextraposition letztzyklisch ist, muß auch
Pronominalisierung zumindest letztzyklisch sein, was mit den Ergebnissen
aus Ross (1967) wiederum einen schönen Widerspruch in der Theorie abzuleiten
gestattet, vgl. auch Jackendoff (1972).
(20)
(21)
*A women appeared before him who tried to kill the judge
A woman appeared before the judge who tried to kill him .
Anders als in den vorangegangenen Fällen hat dies Argument Bedeutung für die
Bewertung aller Theorien der Konstituierung anaphorischer Relationen. Ob
Lakoff1s Folgerung allerdings richtig ist, ist angesichts der sogenannten
Crossover-Daten fraglich, da hier offenbar wfr-Bewegung, eine im Rahmen der
Standardtheorie extrinsisch zyklisch angeordnete Theorie, der Pronominalisierung
folgen muß.
(22a)
*whoseg student does she^ love - ?
(22b)
*She 2 ^oves Tanias 2 student
Wie im Crossoverfall (22a) haben bei der Derivation von (20), wie der Vergleich
mit der 'zugrundeliegenden Form1 (19) zeigt, Pronomen und Antezedens ihre
lineare Abfolge gewechselt, sodaß (20) parallel zu (22) mit irgendeiner
Version der Crossover-Verbots erschlagen werden könnte, allerdings sind Daten
- 20 -
wie (20) in der Literatur diesbezüglich nicht diskutiert worden, generell
kann festgestellt werden, daß die Fülle von Beobachtungen in Lakoff (1968)
nicht die ihr gemäße Wirkung in der Folgeliteratur gefunden hat. Wer sich
über Pronomina promovieren will, findet in dieser Arbeit genug Stoff zum
Nachdenken. Insgesamt ist festzuhalten, daß einander widersprechende
Ordnungsargumente für die Theorie einer transformationellen Derivation
von Pronomina gefunden worden sind, was für sich genommen schon Grund
genug ist, diese Theorie aufzugeben.
Bresnan (1970) gibt ein verwandtes weiteres Argument gegen die Pronominalisierung. Sie geht von der Transformation there-E insetzung bzw.- there- In­
version aus, die Sätze wie (23) miteinander zu verbinden hat
(23a)
(23b)
some pretty girls are sitting in the classroom
there are some pretty girls sitting in the classroom
Wegen der Interaktion mit PASSIV und RAISING kann gezeigt werden, daß thereEinsetzung zyklisch operiert. Im Komplementsatzzyklus von (24) kann nun,
wie Bresnan argumentiert, zunächst there-E insetzung problemlos applizieren,
was (25) ergibt.
(24)
some student believe that some students are running the show
(25)
some students believe that there are some students running the show
Sind nun aber die beiden Vorkommen von some students referenzidentisch, dann
wird zyklische Pronominal isierung im Matrixsatzzyklus das eingebettete Vor­
kommen davon ersetzen, was zum ungrammatischen (26) führt
(26)
*Some student believe that there are they running the show
Ein wesentliches Problem ergibt sich daraus freilich nur, wenn Pronominalisierung nicht vorzyklisch applizieren darf, aber gerade dies scheint erwiesen.
Also zeigt auch die Interaktion mit there-E insetzung, daß die Pronominalisierungsransformation nicht in den technischen Apparat einer Transformations­
grammatik integriert werden kann. Das Argument ist dann nicht gültig, wenn
there-E insetzung/Inversion wie in Chomsky (1981) frei operiert und auf der
Ebene der S-Struktur dann ein Constraint diejenigen Strukturen herausfiltert,
für die das invertierte Subjekt gewisse semantische Beschränkungen nicht
erfüllt, wobei mir unentschieden scheint, ob es sich dabei um Indefinitheit
(Milsark) oder 'Präsentationalität' (Einführung eines neuen Referenten
- 21 -
(Wcisetschlaeger (1983)) handelt, wobei sich letztere Begriff nicht nur
für das Studium der Anaphorik in letzter Zeit als fruchtbar erwiesen hat
(Gueron (1980) (1981)). Unter keiner der beiden Beschränkungsoptionen
erfüllt die Oberflächenstruktur (26) die Wohlgeformtheitsbedingung. Aber
wiederum gilt, daß das Konzept einer semantische Begriffe involvierenden
Oberflächenstrukturbearbeitung einem Vertreter der Transformationellen
Pronominalisierung eigentlich nicht offensteht. Ähnliche Argumente, die
für Dativ-Bewegung und Partikel-Verschiebung konstruierbar sind, sollen
hier nicht ausgeführt werden, ich verweise auf Jackendoff (1972), Wasow (1975).
Ein anders gelagertes aber vielleicht bedeutsameres Problem für die Prono­
minal isierungstheorie wurde m.W. zuerst in Stockwell et al (1970) bemerkt,
nämlich das Vorliegen von gespaltenen Antezedentien für gewisse Pronomina.
(27)
(28)
Karlj sagt zu Bruno ^
daß s i e ^
(^en Bürgermeister ohrfeigen müssen
Karl ^ sagt zu Bruno ^
daß Karlj und Bruno^ den Bürgermeister
ohrfeigen müssen
(27) müßte als zugrundeliegende Form etwas wie (28) haben, wir wollen nicht
diskutieren, ob (28) eine noch abstraktere Struktur mit sententieller statt
phrasaler Koordination zugrundeliegt. Für (28) selbst ist es aber unklar,
wie die Pronominalisierungstheorie überhaupt formuliert werden soll, das
Antezedens ist ja hier gar keine Konstituente, es gibt keine Phrase, zu der
Karl und Bruno referenz- und formal identisch wäre. Und zur Zwischenstufe (29),
verbunden mit einer Transformationsregelmenge wie "er und er wird zu sie "
oder "sie und es wird zu sie " wird wohl niemand außer dem allerverbohrtesten
Transformationalisten Zuflucht nehmen wollen.
(29) *Karlj sagt zu Bruno ^
daß er^ und er^ den Bürgermeister ohrfeigen
müssen
Hinzu kommen zwei Schwierigkeiten. Erstens gibt es intersententielle Bezüge,
die eindeutig identisch oder ähnlich sind zu den anaphorischen Relationen,
die in Sätzen bestehen. (30) ist ein Beispiel dafür. Sicher sind diese Bei­
spiele nicht für jede interpretierende Theorie einfach zu lösen, aber sie
sollten der Transformationstheorie für Pronomina prinzipiell unzugänglich sein,
da diese Bestandteil der Satzgrammatik ist, und insofern die größte Einheit,
die sie involvieren darf, nur ein einzelner Satz ist, nicht aber ein (zweisätziger Mini-)Text wie in (30)
- 22 -
(30) Eine hübsche Linguisten hielt einen Vortrag Uber Pronomina .
Sie kam aus Düsseldorf
Abortiv sind daneben zumindest für eine Version der Pronominalisierungs­
theorie die sogenannten Bach-Peters-Sätze (31), die man aus offensicht­
lichen Gründen auch als MiG-Sätze oder 1crossing-coreference sentences'
in der Literatur bezeichnet findet.
(31) the pilot who shot at it hit the MiG that chased him
Bach (1970) wies darauf hin, daß unter Standardannahmen (31) eine unendlich
lange Tiefenstruktur besitzen muß, kaum jemand wird sich dafür erwärmen,
die generative Kraft von Grammatiken in dieser Hinsicht zu erweitern. Auch
die verschiedenen Lösungsversuche scheinen mit Problemen verbunden zu sein,
etwa damit, daß bei der Lösung von Kartunnen (1971) unendlich viele wenn
auch semantisch äquivalente Tiefenstrukturen resultieren. Ich habe dem
Problem der Bach-Peters-Sätze allerdings eine eigene Sektion eingeräumt
und werde die Diskussion bis dahin aufschieben. Bei all diesen Schwierig­
keiten sollte man nun erwarten, daß die Pronominalisierungstheorie wenigstens
auf dem Gebiet, das zu erklären sie eingeführt wurde, gut abschneidet. Doch
auch hier werden wir enttäuscht.
Für kontextuell interpretierte Pronomina wie in (31), oder aber für den
intersententieilen Bezug in (30), muß basisgenerierung der entsprechenden
Pronomina angenommen werden.
(31) Sie kommt aus Nijmegen .
Also muß es offenbar irgendeine nicht-syntaktische Möglichkeit des Ausdrucks
anaphorischer Bezüge geben. Zweitens gibt es anaphorische Bezüge auch für
Morpheme wie fellowy co3 mate , respectively y und es ist kaum denkbar, daß
diese Relationen, ähnlich wie die anaphorische Kraft von Ausdrücken wie
the bastard transformationel1 hergeleitet sein könnte (wie sollte die
despektierliche Komponente von (32) in der D-Struktur repräsentiert werden,
wenn dort statt the bastard Ronald Reagan stünde?)
(32) I told Ronald Reagan that he had lost the elections3 but the
bastard wouldn't believe it .
Und, wesentlich kritischer noch, es kann praktische jede definite Deskription,
nicht nur Schimpfwörter, in anaphorischem Bezug zu anderen NPn stehen, ganz
- 23 -
offensichtlich ist hier eine transformationelle Lösung undenkbar. (33)
ist ein dies belegender Fall, bzw. (34), wenn der Leser, einer Bemerkung
in Lakoff (1968) entsprechend, den Ausdruck Republikaner auch für ein
Schimpfwort hält.
(33) I told RR that he had lost the elections , but the old
Republican wouldn't believe it
(34) I told RR that he had lost the elections, but the President
wouldn't believe it
Wenn also die Grammatik eine nicht-transformationelle Komponente zur Inter­
pretation anaphorischer Bezüge in jedem Fall enthalten muß, ist unklar,
wieso dann eine separate Pronominalisierungsregel überhaupt angesetzt
zu werden braucht.
Endlich ist es leider mehrfach so, daß die korrekte Interpretation eines
Pronomens eben gerade nicht dann resultiert, wenn es durch sein syntaktisches
Antezedens gedeutet wird. Es gehören dazu die in 2.2. noch zu diskutierenden
Fälle, die problematisch für den Koreferenzbegriff überhaupt sind, welchem
Kapitel vorgreifend ich nur zwei Beispiele für solche Probleme nennen will,
einmal ist in (35) nur lips that touch liquor und liquor referentiel1, d.h.
mine sollte nur wie in (36a,b) expandierbar sein, tatsächlich hat man aber
auch (und zwar ist dies die normale Lesart) die Interpretation (37), das
Beispiel ist aus Dougherty (1969).
(35)
(36a)
lips that touch liquor shall never touch mine
(36b)
lips that touch liquor shall never touch my lips that touch liquor
(37)
lips that touch liquor shall never touch my lips
lips that touch liquor shall never touch my liquor
Ganz analog liegt das Beispiel (38), das Wasow (1972) nachkonstruiert ist,
auch hier darf man zur einzig vernünftigen Interpretation nicht den gesamten
Satz als Antezedens nehmen, sondern nur gangsters robbed3 dies aber ist
freilich keine Konstituente und daher der Pronominalisierungstransformation
nicht zugänglich
(38)
Gangsters robbed Bill in New York yesterdayy and it had happened
to John in Constance last yeary too .
Die weitaus unangenehmeren Fehl Vorhersagen bezüglich der Satzinterpretation
entstehen aber, wie u.a. Wasow (1972) betont, eben in gerade den Fällen, wo
- 24 -
die Pronomina keine 'laziness-Interpretation* (cf. 2.2.2.3. und 5.3.)
haben können, also bei quantifizierten Antezedens wie in (39)
(39a) Jeder Hund bellt3 wenn man ihn reizt
(39b) Manche Männer wissen , wer sie beleidigt
(39c)
(40a)
(40b)
(40c)
Viele Männer hoffen, daß sie Bürgermeister werden
Jeder Hund bellt, wenn man jeden Hund reizt
?Manche Männer wissen, wer manche Männer beleidigt
Viele Männer hoffen , daß viele Männer Bürgermeister werden
(40), die angebliche Tiefenstruktur zu (39) hat jeweils ganz offensichtlich
eine andere Bedeutung, sodaß festgehalten werden kann, daß die Transformationa1isierungsoperation weder syntaktisch noch semantisch vernünftige Resultate
zu bringen im Stande ist.
1.2. Pronomina als gebundene Variablen der Syntax
Die Dillemata mit der Pronominalisierung waren nicht die einzigen, die für
das System der Aspects schon kurz nach seiner Formulierung in Chomsky (1965)
entdeckt wurden, aber sie zeigen wie die anderen (etwa bezüglich der Nomi­
nal isierungen) auf die wesentliche Entscheidung, die zu treffen war. Ent­
weder man behält die semantische Fundierung der Syntax über (1) und (2) bei,
und wird dann gezwungen, wesentlich abstraktere Strukturen zugrundezulegen
als die syntaktischen Tiefenbäume der Standardtheorie, oder aber man hat
(1) und (2) aufzugeben und muß dann eine interpretative Theorie für die
Sprache entwerfen. Heute, 15 Jahre nach dem Bruch zwischen generativ-semantischer und interpretativ-semantischer Theorie, redet es sich leicht über die
Mängel der generativen Semantik. Niemand vertritt sie mehr in einer eine
linguistische Schule konstituierenden Form. Sie hat aber, nicht zuletzt im
Bereich der Pronominaforschung das Bewußtsein auf eine Reihe interessanter
Probleme gelenkt und Lösungsansätze formuliert, wenngleich sie letztendlich
zu einer uninteressanten Gesamttheorie führt. Doch auch hier ist wohl zu
sagen, daß ohne das Gegenmodell Generative Semantik die Erweiterte Standard­
theorie (Chomsky (1973) und folgende) nicht ihre klare und scharfe Formu­
lierung erhalten hätte, vgl. hierzu v.a. Newmeyer (1979).
- 25 -
Man kann Sätze wie (39) durchaus als grundlegend für die Theorieformulierung in der Generativen Semantik ansehen. Wenn die Tiefen­
struktur eine korrekte semantische Repräsentation abgeben soll, und
wenn die korrekte logische Struktur von (39a) etwa (40) ist, dann steht
das Pronomen in (39a) offenbar stellvertretend für eine gebunde Variable.
(40) Für alle x,x ein Hund, wenn man x reizt, dann bellt x
Der wesentliche Gedankenschritt der Generativen Semantik ist es nun,
anzunehmen, daß wie in (40) angedeutet auch in der Position, wo in (39a)
die quantifizierte NP steht sich in der D-Struktur eine Variable befindet.
Diese Variable ist wie die dem Pronomen Korrespondierende von einer an S
adjun gierten quantifizierenden Phrase gebunden, die auch den deskriptiven
Gehalt der NP umfaßt. So eine Tiefenstruktur wird also etwa wie (41) aussehen.
(41)
every x,x a dog
bark
x
PRED
make-angry
ARG
x,y
Eine Transformation hat dann jeweils das lexikalische Material des Quantors
in die Position der Variable einzusetzen, kommt die Variable mehrfach vor,
so wird das lexikalische Material nach gewissen Regeln in eine einzige Po­
sition eingesetzt (z.B. für die am weitesten links stehende Vorkommen der
Variable) und die restlichen Variablen werden durch Pronomina ersetzt. Die
fragliche Regel wird Quantorensenkung genannt. Aus der D-Struktur (42a) würde
also mit ihr (und weiteren Transformationen) die S-Struktur (42b) abgeleitet.
(42a)
ARG
x
PRED
schön ist
- 26 -
(42b)
Anna
V
weiß
ARG
SIE
PRED
ist schön
Ich habe die Bäume (42) heutigen Gewohnheiten angepaßt, sie sollen nur
den Geist, nicht den Formalismus des Ansatzes wiedergeben, vgl. McCawley
(1970) (1973) Harman (1974) dazu.
Wie ist die Theorie, Pronomina seien gebundene Variablen in der Syntax
(die 1bound-variable-theory*, BVT, cf. Wasow (1979) für den Terminus) nun
zu bewerten?
Zunächst einmal gelingt es ihr natürlich, die für die Pronominalisierungstheorie problematischen Daten (39) vs. (40) mühelos zu erklären. Generell
sieht es nicht so aus, als ob sie bestimmte Pronomina nicht korrekt inter­
pretieren könnte, oder, genauer gesagt* als hätte sie dabei nur die Probleme,
die sich auch für die interpretativen Theorien ergeben und unten in den
Sektionen 2-5 diskutiert werden sollen. Diese Behauptung ist sogar recht
gut fundierbar. Die Regeln, die Montague (1973) für ein Fragment für das
Englische vorschlägt, entsprechen nämlich bezüglich der Pronomina dem
Ansatz der generativen Semantik; der Regel ‘
Quantorensenkung1 korrespondiert
genau die Operation 'Hineinquantifizieren1, die sich syntaktisch im wesent­
lichen wie (43a) verhält, und semantisch wie in (43b) zu interpretieren ist.
(43a)
Wenn A eine NP ist, und B ein Satz, in dem Pronomina des
Typs
Vorkommen, dann ist auch F^(A,B) ein Satz, wobei
F.j(A,B) aus B dadurch hervorgeht, daß das erste Vorkommen
von he^ durch A ersetzt wird* und jedes weitere Vorkommen von
he. durch he/him/his/she/her/it/its je nach den grammatischen
Erfordernissen
(43b)
Wenn sich A als a ‘übersetzt, und B als b 1, dann ist die Über­
setzung von F^(A,B) = a'(x_j b 1)
Es entsteht also (44a) durch die Anwendung der Operation F_j auf (44b,c), und
wir erhalten die (korrekte) semantische Analyse (45)
- 27 -
(44a) Hej believes that hej should marry Annette
(44b) every man
(44c) every man believes that he should marry Annette
(45)
\FV(manf(x) — >P{x}) (y^ (believe r (~should-marry
(PP{*annette)) (y^))(y^)))
Vx(man f(x)--- >y^(believe r(~3 hould-marry (PP{~annette*}) (yJ)(yJ){x))
Vx(manr( x ) ---►
believer (^should-marry (PP{ ^armette '}) (x)) (x))
Cooper (1975) und Cooper/Parsons (1978) haben nun aber verdienstvollerweise
gezeigt, daß sich zu diesem generativ-semantischen Vorgehen eine voll
äquivalente interpretative Grammatik schreiben läßt, also eine, die Ober­
flächenstrukturen wie (44c) direkt als Eingabe nimmt und ihr in mehreren
Schritten dann die Logikformel (45) zuweist, Insofern läßt sich also seman­
tisch nicht unbedingt zwischen interpretativen und generativen Theorien
unterscheiden.
Es muß allerdings hinzugefügt werden, daß sich die Laziness-Pronomina evt.
anders als gebundene Variablen übersetzen müssen (so Partee (1975), z.B.)»
sodaß die BVT hier um einen Mechanismus der Erzeugung oder Deutung von
Laziness-Pronomina nicht herumkommen wird. So eine Ergänzung ist aber schon
deshalb notwendig, weil der kontextuell gebundene Gebrauch von Pronomina
(cf. (31)) natürlich ebenfalls nicht als gebundene Variable darstellbar ist.
Unter diesen Typ von Pronomen müßten dann aber auch die Satzanaphern ge­
rechnet werden, da man sonst in der BVT zu der absurden Konsequenz käme, daß
alles ein Quantor ist. Wollte man nämlich (46) analog zu (39) ableiten,
wäre es notwendig, die Struktur (47) anzusetzen, also den ganzen Vorgänger­
satz als Quantor anzusehen. Da dann Sätze wohl stets als Quantoren anzusehen
sind, wenn sie es in einem Kontext sein müßten, hätte dies eben die Konsequenz,
daß sich die gesamte syntaktische Struktur zunächst in der Quantorposition
zu befinden hätte, eine offenbar absurde Beschreibung.
(46)
(47)
Harry has kissed Anniey but Bill w o n ’
t believe it
Harry has kissed Annie
ARG(?)
X
b ut
ARG
£
Bill w o n ’
t believe X
- 34 -
(13) the man who gave his paycheck to his wife was wiser than
the man who gave it to his mistress
(14) the man who gave his paycheck to his wife was wiser than
the man who gave his paycheck to his mistress
Unter einer strikten Koreferenzinterpretation für it bezöge sich nämlich
dies auf den Referenten von his paycheck , und dies ist ja gerade der des
ersten Mannes, wir erhielten eine falsche Deutung des Satzes. Wir kommen
auf die Frage im eigens eingerichteten Abschnitt 5.3. zurück.
Ein weiteres Beispiel für Faulheitspronomina, die nur durch Rekonstruktion
des linguistischen Gehalts des Antezedens, nicht aber durch dessen Bezug auf
den Referenten des Antezedens zu deuten sind, findet sich in Partee (1975).
Hier wird beobachtet, daß der Satz (15) zwei Lesarten hat, nämlich (16a)
und (16b).
(15) only John expected that he would win
(16a) John ist der einzige, für den der Satz fx erwartet von
sichy zu gewinnen* wahr ist
(16b) John ist der einzigey der erwartety daß John gewinnt
(17a) John-Johny Bill-Francisy Dr. Jekyll-Julius Caesary RolandLance loty Jack-John
(17b) John-John ♦Bill-Bi11 . Francis-Francis . Kohl-Kohl
Wenn die Paare in (17) jeweils in der Relation des 'erwartens, daß___ gewinnt'
stehen, ist (16a) nur in der Situation (17a) wahr, in (17b) dagegen falsch.
Analog ist (16b) nur in (17b) wahr, nicht aber in (17a). Problematisch daran
ist zunächst, daß diese Lesartendifferen zw. (16a,b) in einer nur gebundene
Pronomina enthaltenden Theorie nicht so einfach ausdrückbar ist, da ja
beidesmal für das Pronomen he in der LF (18) letztendlich John eingesetzt
wird.
(18) Nur für x=John: x erwartet3 daß x gewinnt
Nur für x=John: x erwartet3 daß John gewinnt .
Der Unterschied zwischen (18a,b) besteht eben nur solange x nicht interpretiert
ist, m.a.W. nur dann, wenn das Vorkommen von John im Komplementsatz in (18b)
eine andere Quelle hat als die Substitution von x für den Quantorenwert.
Letztendlich kann man wohl auch versuchen, die Ambiguität von (15) als durch
Glaubensoperatoren wie expect ausgelöst zu beschreiben. Dagegen muß man aber
- 28 -
Man mag nun in dieser Unterscheidung zwischen gebundenen VariablenPronomina und den irgendwie zu erzeugenden Laziness-Pronomina auch
einen Weg sehen, die Ordnungsproblerne die für die Pronominalisierungstheorie zu bestehen scheinen, umgehen zu können. Bei den Satz-Pronomina,
für die Bach's Beispiel (11) die Notwendigkeit der vorzyklischen Ein­
setzung demonstriert, kann man eben die Laziness-Erzeugung ansetzen und
davon ausgehen, daß die Positionen für Pronomina, für die es die Argumente
für eine zyklische Regel gibt, durch die Quantorensenkungsregel ihre
Pronomina erhalten. Dies funktioniert freilich nicht, da die Pronomina,
die für Bresnan's Beispiele (24)-(26) einschlägig sind, keine LazinessPronomina sind, man also auch für die gebundene Pronomina Argumente für
eine vorzyklische Erzeugung besitzt, m.a.W. es gibt zyklische Regeln, die
für ihr Operieren wesentlich über die Information verfügen müssen, ob die
Kategorien die von ihnen involviert sind pronominal sind oder nicht. Ist
man deswegen nun bereit, die Quantorensenkung vorzyklisch ablaufen zu lassen,
so entsteht eine Theorie, die sich empirisch nicht von interpretativen
Ansätzen unterscheiden läßt, da kein anderes Beispiel für eine vorzyklische
Regel als eben die Pronominalisierung/Quantorensenkung existiert und mithin
kein Argument für oder gegen diese Regel konstruiert werden kann (denn
wie sollte sich ein deskriptiver Unterschied zu einer Tiefenstruktur mit
Pronomina ergeben?) und andererseits es zur Erklärung der Interaktion von
Pronomina mit Prozessen wie Passiv oder Relativsatzextraposition wie in den
interpretiven Theorien notwendig wäre, Oberflächenbeschränkungen semantischer
Art anzunehmen (diese Lösung - ohne die Bemerkung zum fehlenden Unterschied
zur interpretativen Theorie - zieht John Ross vor, wie Wasow (1975) berichtet,
zur Frage der Etablierbarkeit und Interpretation von Oberflächenbeschränkungen
in der Generativen Semantik vgl. man die Harman-Wasow-Debatte (Harmann (1976),
Wasow (1975) (1979)). Unter dieser Interpretation ist der Streit zwischen
Interpretativer Theorie und Generativer Semantik bezüglich der Pronomina ein
rein terminologischer, insbesondere dann, wenn die interpretative Theorie
wie der GB-Ansatz (May (1977), Chomsky (1981)) auf der Ebene der logischen
Form genau das Spiegelbild zur Quantorensenkung, die Quantorenanhebung be­
sitzt. Eine Entscheidung laßt sich dann nur über allgemeine Erwägungen zur
Form der Grammatik treffen.
Ist Quantorensenkung aber zyklisch oder nachzyklisch, können wir über die
Erwägungen zu (24)-(26) etwa klar der interpretierenden Theorie den Vorzug
geben.
- 29 -
Aber es gibt noch einen Punkt, an dem eine Entscheidung aufgezogen werden
könnte. Die semantische Äquivalenz bezieht sich natürlich nur auf solche
interpretierende Theorien, die Pronomina als gebundene Variablen inter­
pretieren. In dem Ausmaße, wie unten gezeigt werden kann, daß eine solche
ersetzt werden muß durch alternative Ansätze, in diesem Maße ist auch die
BVT widerlegt.
1.3. Interpretative Theorien
Im Grunde genommen sind alle nachfolgenden Sektionen Unterkapitel von 1.3.,
so, wie die Probleme heute gestellt werden, formulieren sie sich als Fragen
an interpretative Theorien, allerdings nur als solche bezüglich deren For­
mulierung, kaum als Zweifel an dem Ansatz, interpretativ zu arbeiten.
Eine interpretative Theorie der pronominalen Koreferenz ist eine, die davon
ausgeht, daß die Repräsentation anaphorischer Bezüge nicht Aufgabengebiet
der Syntax ist, sondern in einer speziellen semantischen Komponente zu
etablieren wäre. Wie diese aussehen könnte, und welche Probleme sich dabei
stellen, wird Gegenstand der Sektionen 2.4 und 5 sein. Wirklich kritisch
für die Allgemeingültigkeit des interpretativen Ansatzes sind dabei eigent­
lich nur die Daten, die Paul ine Jacobson bezüglich der Bach-Peters-Sätze
diskutiert und die ihrer Meinung nach zeigen, daß das erste Pronomen in (48)
von der Form the MiG that dhased him abgeleitet sein sollte.
(48)
the pilot who shot at it hit the MiG that ahased him
Siehe 5.1. für eine ausführliche Diskussion.
Eine Bemerkung sollte noch gemacht werden zum Status der refernetiellen
Indizes, die interpretative Theorien verwenden, um in den syntaktischen
Strukturen anaphorische Bezüge auszudrücken. Man könnte Vorbringen, daß diese
das Prinzip der Autonomie der Syntax verletzten, und somit den interpretierenden
Theorien den theoretischen Boden unter den Füßen wegzögen, da sich die Inter­
pretati vi sten ja gerade gegen (1) bzw. (2) aussprächen.
- 30 -
Die Einführung referentieller Indizes verletzt aber natürlich ebensowenig
das Prinzip der Autonomie der Syntax wie die Verwendung von phonologisehen
Repräsentationen oder den Standardbuchstaben der deutschen Orthographie in den
syntaktischen Interpretationen dies tut, solange nämlich wie keine syntaktische
Regel oder Beschränkung auf diese Indizes (oder die phonologisehe:graphemisehe
Form) Bezug nimmt. Die Bindungsprinzipien nun, die z.B. Chomsky (1981) ansetzt,
sind aber, wie ihr Name schon sagt, Bestandteil der interpretativen Theorie und
verletzen mithin die hehre Autonomie nicht, wiewohl sie-willkommene- Auswirkungen
auf die generative Kraft der Syntax haben.
2. Die Deutung anaphorischer Bezüge in der generativen Grammatik
2.1. Was heißt Koreferenz?
Es ist ganz hilfreich und zur Vermeidung von Mißverständnissen auch not­
wendig, der Diskussion der Koreferenzbeschränkungen und anaphorisehen Regeln,
die den Kern der generativen Arbeiten über Pronomina ausmachen, einige
Bemerkungen dazu voranzustellen, was mit dem Begriff 'Koreferenz' überhaupt
gemeint ist. Koreferenz zwischen Phrasen, das ist die eine Interpretation,
kann sich auf die aktuale Referenz dieser Phrasen ihren tatsächlichen Welt­
bezug, interpretieren. In diesem Sinne stünden die Ausdrücke der Leiter des
Projektes B am SFB 99, der älteste männliche Bewohner des Hauses Eichhomstraße 2c in Kreuzlingen, der Auftraggeber dieser Arbeit und Urs Egli
eben
in dieser Koreferenzbeziehung. Genau diese Interpretation des Begriffes scheint
auch in den frühen Arbeiten von Chomsky zum Thema nahegelegt. Man kommt damit
aber sofort in ein Dilemma. Wie wir unten sehen werden, gibt es eine Beschrän­
kung, die Koreferenz zwischen dem Subjekt des Matrixsatzes und dem des Komple­
mentsatzes ausschließt, falls letzteres ein Nicht-Pronomen ist. Also sollte
(1) nicht möglich sein.
(1) Sie glaubt, daß Anna die interessanteste Linguistin ist.
Ein anderer Aspekt derselben Beschränkung verbietet es, Koreferenz zwischen
Subjekt und Objekt zu haben, falls das Objekt ein Nicht-Pronomen ist. Also
sollte (2) nicht möglich sein.
(2) Sie sieht Anna ähnlich .
- 32 -
(seiner) und der dieses enthaltenden NP (der Erbauer seines Hauses)
ausschließt. Tatsächlich handelt es sich bei den Koreferenzen in (3)
jedoch um solche des aktualen Typs, die Koreferenz zwischen der Mann
dort drüben und Arnim von Stechow ist eben, wie Lakoff (1968:323) betont,
keine beim Hörer präsupponierte (dann wäre die Äußerung von (3a) ohne
jeden Gehalt), sondern eine behauptete, erst durch die Äußerung von (3a)
für den Diskursstand etablierte, eine präsupponierte Koreferenz, die die
Constraints verletzen könnte, liegt in (3a,b) gerade nicht vor. Analog
ist für (3c) intendierte Koreferenz zwar zwischen Karl und seines , nicht
aber zwischen seines und der Erbauer seines Hauses anzusetzen, sodaß die
Containment Condition nicht verletzt wird, obwohl der Satz selbst die
aktuale Koreferenz dieser Phrasen behauptet.
Handelt es sich tatsächlich um präsupponierte Koreferenz, so folgt auch
unmittelbar die zuerst wohl von Akmajian/Jackendoff (1970) beobachtete
Tatsache, daß es keine (grammatisch fundierten) Koreferenzbezüge für Akzent
tragende Pronomina gibt, da deren Gehalt wegen der Korrelation von Akzent
und Fokus nicht zur Präsupposition des Satzes gehört. Analog würde sich (4)
(mit Fokus und Akzent auf Bill) auch ausschließen, für das z.B. Chomsky
(1981) eine Crossover-Erklärung (siehe dort) vorsieht, da wiederum Bill
nicht zum präsupponierten Teil der Aussage gehört.
(4) In his apartmentj I saw BILL washing the dishes
Ganz analog sind auch "logische“Koreferenzbeschränkungsverletzungen wie
(5) aus Evans (1980:356) zu erklären.
(5) if everyone loves Oscar1s mother3 then certainly Oscar must
love Oscar1s mother
(6 ) what do you mean: John loves noone? he loves John
Für (6) hingegen mag ein anderer Phänomenbereich einschlägig sein, nämlich
daß sich Individuen im Diskurs in 'Scheiben' zerlegen lassen. (7) etwa ist
ein akzeptabler Satz, obwohl die beiden Subjekte aktual koreferent sind, da
sich die NPn auf verschiedene Funktionen einer Person beziehen, man mag auch
der CVU-Vorsitzende hier eher attributiv verwendet sehen.
(7) Der Bundeskanzler g l a u b t d a ß der CDU-Vorsitzende keine
Weisungen von Strauß entgegennehmen muß .
- 33 -
Analog auch (8)
(8a) Dr. Jekyll mißbilligt die Morde von Mr. Hy de
(8b) Gisbert möchte den verschlagensten Linguisten nicht
kennenlemen .
Eine andere Frage ist, wie sich denn der Koreferenzbegriff für Phrasen
deutet, die gar keine Referenz haben, also quantifizierte Nominalphrasen
wie jede Optikerin o.a.. Eine klare Ausführung hierzu findet sich etwa
in Evans (1980). Einem Satz wie (9) sei danach die 'logische Form' (10)
zuzuweisen. (10) läßt sich dahingehend interpretieren oder verifizieren,
daß für den Wert von x verschiedene Substitutionsinstanzen gewählt werden,
und für jeden dieser Werte die Wahrheit von (10) unter Weglassung der
Quantorphrase abgeprüft wird.
(9) Every man loves his mother
(10) every x3x am man ( x loves his mother)
Koreferenz besteht dann zwischen his und der jeweiligen Substitutionsinstanz
von x. Genau dies ist der Grundgedanke der Deutung von Koreferenz für quan­
tifizierte NPn in allen Ansätzen, genau so etwa bei Hintikka. Auch semantisch
explizite BVT-Ansätze wie Montague (1973) funktionieren so, in der dem Satz
(11) entsprechende logischen Form (12) wird sowohl das Pronomen als auch
die quantifizierte NP in der Argumentsstelle des Prädikats durch eine Variable
vertreten, wobei deren gemeinsamer Index besagt, daß sie bezogen auf jede
Variablenbelegung denselben Referenten zugewiesen bekommen. Je nach Art des
Quantors wird dann die Wahrheit vom unquantifizierten Teil von (12) für
mindestens eine, jede, keine Belegung usw. gefordert.
(11) Every man believes that he is incompetent
(12) VXjimanfXj) — ^believe
incompetent (x^))(xj))
Analog wären auch Ansätze wie Potts (1979) oder KnÖpfler (1979) zu sehen, die
Pronomina bzw. Reflexiva als Prädikatsfunktoren ansetzen.
Herauszudenken sind aus all diesen Betrachtungen natürlich die sog. Faulheits­
pronomina (pronouns of 1aziness, FP), sofern diese existieren. Für die soge­
nannten paycheck-Sätze (13) ist es etwa herrschende Meinung, daß it nicht
durch irgendeine Form der anaphorischen Referenz zu deuten sei, sondern durch
Rekonstruktion des linguistischen Gehalts der Antezedensphrase, also als
(14) zu deuten sei.
- 34 -
(13) the man who gave his paycheck to his wife was wiser than
the man who gave it to his mistress
(14) the man who gave his paycheck to his wife was wiser than
the man who gave his paycheck to his mistress
Unter einer strikten Koreferenzinterpretation für it bezöge sich nämlich
dies auf den Referenten von his paycheck , und dies ist ja gerade der des
ersten Mannes, wir erhielten eine falsche Deutung des Satzes. Wir kommen
auf die Frage im eigens eingerichteten Abschnitt 5.3. zurück.
Ein weiteres Beispiel für Faulheitspronomina, die nur durch Rekonstruktion
des linguistischen Gehalts des Antezedens, nicht aber durch dessen Bezug auf
den Referenten des Antezedens zu deuten sind, findet sich in Partee (1975).
Hier wird beobachtet, daß der Satz (15) zwei Lesarten hat, nämlich (16a)
und (16b).
(15) only John expected that he would win
(16a) John ist der einzige, für den der Satz fx erwartet von
sich, zu gewinnen ' währ ist
(16b) John ist der einzige, der erwartet, daß John gewinnt
(17a) John-John, Bill-Francis, Dr. Jekyll-Julius Caesar, RolandLance lot, Jack-John
(17b) John-John ♦Bill-Bi11 . Francis-Francis . Kohl-Kohl
Wenn die Paare in (17) jeweils in der Relation des ‘
erwartens, daß___ gewinnt1
stehen, ist (16a) nur in der Situation (17a) wahr, in (17b) dagegen falsch.
Analog ist (16b) nur in (17b) wahr, nicht aber in (17a). Problematisch daran
ist zunächst, daß diese Lesartendifferen zw. (16a,b) in einer nur gebundene
Pronomina enthaltenden Theorie nicht so einfach ausdrückbar ist, da ja
beidesmal für das Pronomen he in der LF (18) letztendlich John eingesetzt
wird.
(18) Nur für x=John: x erwartet, daß x gewinnt
Nur für x=John: x erwartet, daß John gewinnt .
Der Unterschied zwischen (18a,b) besteht eben nur solange x nicht interpretiert
ist, m.a.W. nur dann, wenn das Vorkommen von John im Komplementsatz in (18b)
eine andere Quelle hat als die Substitution von x für den Quantorenwert.
Letztendlich kann man wohl auch versuchen, die Ambiguität von (15) als durch
Glaubensoperatoren wie expect ausgelöst zu beschreiben. Dagegen muß man aber
- 35 -
einwenden, daß auch (19) dieselbe Ambiguität aufweist. (Das Beispiel ist
von Paul ine Jacobson.)
(19)
Nur Lancelot verwundete den Drachen, der ihn jagte,
(20a) Lancelot verwundet Fafnir, Parziväl verwundet Fafnir,
Fafnir jagt Lancelot, Drogumil jagt Parzival, Parzival ver­
wundet Drogumil nicht
(20b) Lancelot verwundet Fafnir, Varzival verwundet Drogumil,
Fafnir jagt Lancelot, Drogumil jagt Parzival
In der gebundene-Variable-Lesart ist (19) nur in der Situation (20a), nicht
aber in (20b) wahr, in der FP-Lesart dagegen in (20b), nicht aber in (20a),
Das Phänomen der FP scheint also ein reales zu sein, was zusätzlich gestützt
ist durch obige Überlegungen zu den Satz-Anaphern und syntaktische Evidenzen
aus dem Bereich der Bach-Peters-Sätze auf die in 5.1. zu kommen sein wird.
Ein zweites Problem für die angedeutete Wegerklärung der FP in (15) liegt
darin, daß das FP-Phänomen im wesentlichen auf definite NPn beschränkt zu
sein scheint. (21) etwa sind eindeutig, sie besitzen nur die gebundeneVariable-Lesart.
(21a) Only some man believes that he would win
(21b) Nur ein Ritter verwundete den Drachen, der ihn jagte.
(22), ein weiteres Beispiel aus Jacobson (1977), zeigt dabei, daß sich die
Definitsheitsüberprüfung auf das jeweilige unmittelbare syntaktische Antezedens
beziehen muß, die Referenz von he ist zwar qua Bindung an someone 'indefinit'
doch ist he syntaktisch definit.
(22) someone thinks that only he attacked the dragon that
chased him (ambig)
Bis zu welchem Grade man die Behauptung 'pronoun of laziness nur für Definita1
aufrechterhalten will, hängt natürlich davon ab, welchen Phänomenbereich man
mit den FP erklären will. Rechnet man dazu wie Cooper (1979) alle intersententiellen anaphorisehen Bezüge, dann gilt die Aussage nicht für a fh
(23) A man cajne in. Re wore a grey cap.
(24) A man came in, A man wore a grey cap .
- 36 -
Cooper erreicht das Zusamnenclustern von definiten NPn mit singulär
indefiniten auf der einen und echt quantifizierten wie every N auf
der anderen Seite dadurch, daß er FP nicht als wortwörtliche Rekonstruk­
tion des linguistischen Gehalts des Antezedens interpretiert, was ohne­
hin inkorrekt äwre, da (23) und (24) nicht synonym sind, sondern die FP
sich als definite Deskriptionen übersetzen läßt, wobei das deskriptive
Prädikat sich aus dem deskriptiven Inhalt des Antezedens errechnet. Für
(23) würde also he als the man oder the man who aame in interpretiert, was
korrekt erscheint. Für einen Satz wie (25) gilt dann, daß die definite
Deskription, die he ausdrücken muß, sich, da sie singulär ist, nie auf
etwas beziehen kann, was annähernd mit der Interpretation von every man
in Beziehung gebracht werden könnte. Also existiert für mit every o.ä.
quantifizierten NPn keine FP-MÖglichkeit.
(25) *Every man loves Renate. He wants to marry her
(26) *Every man wants to marry Renate . The man who loves Renate
wants to marry her
Allerdings muß dann noch geklärt werden, wieso,wie man an Beispiel (21)
sieht, unter only sich keine Ambiguität für a/so/ne-Antezedenten ergibt,
wenn diese doch sowohl FP als auch gebundene Variablen auf sich beziehen
lassen können. Ganz analog scheint mir das Problem gelagert zu sein, daß
die Evans'sehen E-Typ Pronomina wie in (27) auch dann nicht auftreten können,
wenn das Pronomen Subjekt eines Komplementsatzes ist und das Antezedens
sich im Matrixsatz befindet.
(27)
Wenig Leute kamen zur Party. Sie hatten aber viel Spaß
(28a) Wenig Leute kamen zur Party und hatten viel Spaß .
(28b) Wenig Leute kamen zur Party . Diese Leute hatten viel Spaß
(29) Wenig Männer glaubeny daß Renate sie liebt
(30a) Für wenig xyx ein Manny gilt: x glaubty daß Renate x liebt
(30b) ?Wenig Männer glaubeny daß Renate diese Männer liebt
(27) ist nur wie (28b) korrekt interpretiert, (28a), die Lesart mit 'gebun­
denen Variablen' ist inkorrekt. Im oben angesprochenen syntaktischen Kontext
Matrixsatz Komplementsatz dagegen ist die gebundene Lesart (30a) die einzig
sinnvolle, es ist nicht einmal klar, ob die FP-Lesart (30b) überhaupt gramma­
tisch ist. Was also verhindert in Kontexten wie (29) oder (21) die FP Lesart,
die für (15) (19) möglich und für (27) aber erzwungen ist? Die Antwort scheint
- 37 -
mir diese zu sein. (29) etwa hat eine logische Struktur wie (31). Würde
sie als FP rekonstruiert, so würde die Phrase diese im Skopus des Quantors
stehen, von dem sie letztendlich ihren referentiellen Gehalt ableitet.
Dies verletzte aber offensichtlich die Containment-Condition oder ist
ebenso offensichtlich zirkulär: um festzustellen, auf welche definite
Deskription sich das FP bei der Referenzherstellung beziehen soll, müßte ein
Satz ausgewertet werden, von dem die fragliche noch nicht erstellte definite
Deskription ein Teil ist
.(31) Für wenig x: x ist ein Mann und x glaubt, daß Renate SIE liebt
Eigennamen wie in (15) oder (19) induzieren dagegen logische Formen wie
(32). Hier ist es ohne Zirkularität möglich, für das FP die fragliche Des­
kription zu finden, da der Eigenname nicht mit Skopus über den ganzen Satz
interpretiert werden muß - sinngemäß gilt dies auch für indefinita wie a
man in (23), dessen ’
logische’Repräsentation ebensowenig zirkulär ist wie
(32).
(32) Verwundet (Lancelot, das x,x ein drache, der IHN jagt)
(33) Vx (Mann(x) & kam herein (x)). Trägt-eine-graue-Kappe (ER)
(21) ist dann aus den angegebenen Erwägungen wegen resultierender Zirkulari­
tät bzw. Verletzung der Containment-Condition ausgeschlossen. Man beachte
schon jetzt, daß dies nahelegt, auch a/some als Quantor anzusehen, anders,
als dies z.B. Heim (1982) vorsieht.
Wenn es richtig ist wie Cooper (1979) postuliert, daß FP sich als definite
Deskriptionen gewissen Typs übersetzen, sollte man unter gewissen Umständen
auch FP für Antezendetien mit every erwarten, nämlich dann, wenn sich das
(pluralische) FP auch als ‘
all die P' übersetzen darf. Tatsächlich gibt
LePore (1981) solche Daten, die m.E. allerdings - wie es auch er vorsieht doch ihr Fragezeichen verdient haben.
(34) ?either every american athlete goes to Moscow or they
stay at home
Interessant ist hier, daß (34) als Disjunktion dem Eselssatzphänomen
mit wenn-dann recht nahe kommt. Eine reine Satzkonjunktion wie in (35)
führt zu ungrammatischen Resultaten.
- 38 -
(35) Every athlete had gone to Moscow . *They won a lot of medals
Wesentlich besser als (34) erscheint mir (36) aus Lappin (1982). them
kann hier, da es pluralisch ist, nicht durch every gebunden sein, des
weiteren gibt es unabhängige Evidenz aus Jacobson (1977), daß es sich
bei dem ersten Pronomen in den Bach-Peters-Sätzen,von denen (36) eine
Instanz ist, um ein FP handelt. Weder Lappin noch LePore diskutieren aller­
dings, welche Prinzipien die unterschiedliche Bewertung von (34)-(36)
erfassen könnten.
(36) the art historian who was looking for them finally located
every Rembrandt he was writing about
Lappin (1982) akzeptiert wie der Autor dieses Papiers eine laziness-pronounRelation zwischen no man und he in (37), die von vielen Informanten abge­
lehnt wird, ja nicht einmal konstruiert werden kann (es handelt sich um
(38)), weswegen man sich fragen kann, ob überhaupt (37) wie auch (34)-(36)
FP-Fälle repräsentieren, die von der Grammatik lizensiert sind, oder ob
es sich nicht hier doch um Sätze handelt, die von barmherzigen Sprechern
nur deshalb akzeptiert werden, weil sie sich ungefähr vorstellen können,
was mit ihnen gemeint sein könnte.
(37) if no man in Constance is as happy as the mayor claims3 it is
because he is faithful to his wife
(38) für jeden beliebigen Konstanzer gilt: erj ist nicht so glücklich
wie der Bürgermeister behauptet , und zwar weil erj seiner
Frau treu ist .
2.2. Einige Probleme des strikten Koreferenzbegriffes
Auch diese Sektion wird sich vor allem mit ungelösten Problemen beschäftigen.
Selbst wenn man die FP außer acht läßt, ist es nicht so ganz einfach, an dem
doch schon sehr theoretischen Koreferenzbegriff der in der ersten Hälfte
von 2.1. entwickelt wurde, festzuhalten. Es gibt mindestens vier Daten­
bereiche, in denen man zumindest die Rede von Koreferenz qualifizieren muß.
- 39 -
Beginnen wir mit den einfachsten Daten. Zunächst einmal hat man Sätze
wie (39), auf die wiederum Lakoff (1968) hingewiesen hat, siehe auch
Peterson (1982).
(39a) the ehameleon lost its tail in January, but it grew back in March
(39b) John ate his lunch on Möndayy but on Tuesday he didn't eat it.
Es ist klar, daß man nicht denselben Schwanz, den man verloren hat, nach­
wachsen lassen kann oder dasselbe Essen, das man schon verspeist hat, noch
einmal zu sich nehmen kann. Offensichtlich ist es so, daß es sich bei den
Phrasen its tail oder his lunch jeweils um Funktionalbegriffe (cf. Löbner
(1979)) handelt, die man sich hier als Funktionen von Tripeln aus Welten,
Zeiten und Chameleontieren bzw. Menschen in Schwänze bzw. Mittagessen vor­
stellen kann, und unter dieser Interpretation wäre it natürlich koreferent
zum Funktionalbegriff tail. Das Problem dabei ist aber, daß man natürlich
weder Funktionalbegriffe zu sich nehmen kann, noch Funktionalbegriffe wachsen
lassen kann, sondern nur Objekte. Aber vielleicht ist dieser Einwand etwas
kleinlich, da ja auch in Montague (1973) lieben als eine Relation zu Eigen­
schaftsmengen von Individuen gedeutet wird, obwohl man üblicherweise eher
Individuen liebt. Zu diesem Individuenbezug gelangt Montague (1973) durch ein
Bedeutungspostulat, und man kann sich das Operieren eines solchen auch für
die intuitive Deutung von (39) verantwortlich denken.
Recht ähnlich gelagert sind die Fälle, wo das Pronomen mit einem Denotat
konstruiert werden muß, das von einem wesentlich anderen logischen Typ als
sein Antezedens ist. So hat man in (40) z.B. als Antezedens für sie eine
Kollektion von individuellen Ratten anzusetzen, die den Käse gestohlen haben,
das Pronomen selbst kann freilich nicht so konstruiert werden, da der Be­
gründungssatz nicht eine Aussage über die vorerwähnte Rattenkollektion dar­
stellt, sondern eine generelle Aussage über die Art Ratten abgeben soll. Ande­
rerseits kann so Ratten nicht im Vordersatz verstanden werden, weil Arten
keinen Käse stehlen können, nur Individuen können das.
(40) Ratten müssen meinen Käse gestohlen habeny denn sie sind
gefvä&ig
Carlson (1977) verwendet Daten wie (40) um dafür zu argumentieren, daß die
Arten-Lesart nicht von der Individuenkollektionslesart verschieden ist, bleibt
bei der konkreten Ausführung der Idee doch recht im Vagen, und Kratzer (1981)
gibt eine Reihe von Punkten, wo sein Ansatz versagt. Daneben zeigen Arbeiten wie
Goldsmith/Woisetschläger (1982) doch, daß eine Art-Individuen-Scheidung eine
- 40 -
die ganze Sprache durchziehende Dichotomie darstellt.
Lehnt man also Carlson's Koreferenzdeutung für (40) ab, bleibt zunächst
die FP-Deutung. Dies scheint in dem Maße unplausibel, wie man unter­
schiedliche kind-individual-Festlegungen für Pronomen und Antezedens in
den Fällen akzeptiert, für die wir oben sahen, daß FP-Relationen ausge­
schlossen sind.
(41) Sozialdemokraten selbst würden nie zugeben, daß sie vater­
landslose Gesellen sind
Es scheint recht eindeutig hier möglich, Sozialdemokraten als Individuen­
menge und sie als Art denotierenden Ausdruck aufzufassen. Daneben muß man
auch beachten, daß man die kind-Lesart für das Pronomen auch für ein singu­
läres Antezedens mit individueller Interpretation bekommen kann, was De
Carrico (1980) bemerkt
(42) those who have been attacked by a rhino say that it is/they
are dangerous
Angegriffen werden kann man nur von individuellen Rhinozerustieren, die Matrix­
satzaussage scheint sich jedoch in (42) ungeachtet der Frage ob singulär oder
pluralisch pronominalisiert ist auf die Art Rhinozerus zu beziehen. Nun kann
man noch heranziehen, daß wie Tasmowski/Verluyten (1982) beobachtet haben,
Art-Anaphern auch kontextuell kontrolliert sein können und hier auch durch
individuelle Instanzen der Art eingeführt sind. Wenn Arnim mit Rainer auf
den Mont Blanc steigt und dabei sie einer Kreuzotter begegnen, kann Arnim
Rainer mit (43) vor dem Untier warnen.
(43) Paß auf! Sie sind gefährlichy denn sie beißen und sind giftig
Der Punkt scheint also der zu sein, daß jedes Individuum,das entweder kontextuell
prominent wird oder phrasal durch ein Nicht-Pronomen eingeführt wird, nicht
nur die Möglichkeit eröffent bekommt, selbst für ein Pronomen den Bezug abzu­
geben, sondern es scheint sogar ermöglicht zu sein, daß das Individuum auto­
matisch noch die Arten, denen es angehört, mit einführt in die Menge der
möglichen Anaphernantezedentien, wobei je nach Kontext die vom Individuum
eingeführten kinds variieren (vgl. z.B. Szabolszi (1983a) für ein Modell,
das solche Variationen beschreiben könnte). Dies ließe sich in Ansätze wie
Cooper (1979) oder Heim (1982) problemlos integrieren, und würde zumindest
das Argument, das Carlson (1977) aus (40)-Typ-Sätzen macht, entwerten.
- 41 -
Für Satzanaphem ergibt sich genau dieselbe Lage, wenn man mit Peterson
(1982) tentativ annimmt, Sätze könnten Propositionen, Ereignisse und
Fakten denotieren. Satzanaphem wird man dann z.B. mit Bezug auf eine
Proposition finden, obwohl sie selbst in einer syntaktischen Konfigu­
ration stehen, wo sie nur als Ereignis gedeutet werden können (44a), oder
in einer Faktenposition mit Propositionsbezug (44b) usw..
(44a) John feared that he would be fired, even though it never happened
(44b) though he didn't predict it, that John wrecked his car was no
surprise to Harry .
Zunächst einmal ist dabei natürlich offen, ob die syntaktisch-semantischfen
Argumente einen dazu bringen, den Satzergänzungstyp bei fear (Proposition)
von dem bei happen (Ereignis) und dem bei surprise (Faktum) zu unterscheiden,
unbedingt in der semantischen Analyse oder aber auf der syntaktischen Reprä­
sentation, wo für Koreferenz abgeprüft wird, bereits eine Differenzierung
induzieren müssen.
Es bieten sich ja ziemlich elegante Möglichkeiten an, einen der drei Satz­
denotats typen als Grundbegriff anzusetzen und die andere Typen erfordernden
Prädikate entweder überhaupt (Montague (1969), Cresswell (1979)) oder aber
für die Ebene der linguistischen Bedeutungsanalyse (Peterson (1982)) auf eben
diesen Grundtyp zu reduzieren.
Problematischer sind da schon die Daten in (45)
(45a) John d idn’
t Marry Zelda, even though the fortune teller
had predicted it
(45b) Willard may have cooked dinner, but I doubt it
Die Sätze in (45) sind systematisch mehrdeutig. (45a) kann so interpretiert
werden, daß sich it auf John d idn’
t marry Zelda bezieht und dürfte dann von
jemand geäußert sein, der nicht viel auf die Fähigkeit von Wahrsagern gibt.
it kann aber eben auch die Proposition, daß John Zelda heiratet zum Denotat
haben und drückt dann mehr Vertrauen zu Wahrsagern aus - ebenso mag (45b)
von etwas wirren Leuten mit it als 'Willard könnte Essen gekocht haben1
verstanden werden, natürlicher ist es hier, sich mit it auf die Proposition,
daß W. Abendessen gekocht hat, zu beziehen. Beide Sätze in (45) haben also
gemein, daß die Satzanapher sich auch auf nur einen Teil des Vorgängersatzes
beziehen kann.
- 42 -
Man könnte auf die Idee kommen, daß etwa (45a) bzw. sein erster Satz
die logische Repräsentation (46) hat, und sich das Pronomen it dann
jeweils auf jeden der 'logisch* vorhandenen Sätze S. beziehen könnte.
Sieht man jedoch weitere Daten an, die Wasow (1972)(1979) vorbringt, so
erkennt man, daß dies nicht weit führte. Wegen (47) müßte dann nämlich
auch das Lokal adverb als Satzoperator konstruiert werden und wegen (48)
sogar das Subjekt und das Temporal adverb, was kaum plausibel scheint.
(46) (S1 it is not the ease that (^ John marry Zelda))
(47) Strauß gewinnt die Wahlen in Bayern 3 aber in Hamburg ist
es kaum wahrscheinlich
(48) John has been approached by strange women in New York, and
it also has happened to Bill last year in Baltimore
(49) zeigt, daß sich dasselbe Phänomen auch für nichtrestriktive Relativ­
sätze zeigt, analog können die Pro-Nomina one (50) und 0 (51) als Bezug,
wie die b/c Sätze zeigen, ein Denotat haben, daß aus weniger deskriptivem
Gehalt herzuleiten ist als ihr Antezedens besitzt.
(49) er repariert die Schuhe mit Leimy was mit Kaugummi nicht
möglich ist
(50a) John has a big brown car* but Bill doesn't have one (airbig zw..5i
(50b) John has a big brown car, but Bill doesn't haue a big brown car
(50c) John has a big brown car , but Bill doesn't have a car
(51a) lips that touch liquor shall never touch mine (ambig zw. 50b und
(51b) lips that touch liquor shall never touch my liquor
(51b1) lips that touch liquor shall never touch my lips that touch liquc
(51c) lips that touch liquor shall never touch my lips
(50) nach Wasow (1972)(1979), (51) nach Dougherty (1969).
- 43 -
2.3. Vorschläge für die Semantik der Koreferenz
Vor einer Betrachtung der Beschränkungen über anaphorisehe Bezüge, die das
Kernstück generativer Pronominaforschung ausmachen, ist es sinnvoll, etwas
darüber zu sagen, wie denn Koreferenz überhaupt in Theorien, die im Umkreis
der GG.geschrieben worden sind, ausgedrückt ist. Dies ist auch deswegen
erforderlich, als noch zu zeigen ist, daß interpretative Theorien überhaupt
eine Alternative zu den in 1 diskutierten Vorschlägen, Anaphorik syntaktisch
auszudrücken, darstellen. Für eine Bewertung des Erfolgs solcher interpretativer Theorien scheint es mir zu beachten zu sein, daß sich das Diktum von
Häuptling Sitting Bull "In den Augen des Großen Geistes ist jeder Mensch gut,
aber er verlangt nicht von den Krähen, Adler zu sein" sinngemäß auf die
Grammatiktheorien überträgt, m.a.W., daß man also eine Theorie über die formalgrammatischen Aspekte der Koreferenz wie Chomskys nicht deswegen von vorneherein
ablehnen sollte, weil sie nichts Über den Weltbezug der Koreferenz, die Natur
von Referenz, die semantisch-logische Interpretation von Quantoren o.ä. sagt,
solche Ansätze haben Begriffe oder Fakten dieser Art einfach nicht zum Inhalt.
Die magerste aber eben nicht unbedingt uninteressanteste Theorie über Koreferenz
spricht im wesentlichen nur über sog. referentielle Indices, die als Ausdruck
von Referenzbeziehungen wohl in den Aspects in die Grammatik eingeführt worden
(so Jackendoff (1972)). In der ältesten Version dieses Ansatzes sind die Nomi­
nalphrasen in der D-Struktur ohne diese Indices erzeugt, welche ihnen auf
der S-Struktur oder einer anderen oberflächennahen Ebene dann mittels einer
Regel der Koreferenz zugewiesen werden, die etwa für Personalpronomina optional,
für Reflexiva dagegen obligat zu applizieren hat und im wesentlichen in den
syntaktischen Kontexten anwendbar ist, die wir in 3. im Zusammenhang der Be­
schränkungen über anaphorische Bezüge kennenlernen werden. Aus (52) würde
mithin optional (53) vermöge der Koreferenzregel hergestellt; man kann sich
vorstellen, daß ein Satz wie (54) dann dadurch entsteht, daß nicht von der
Koreferenzregel erfaßte Pronomina anschließend frei einen bislang nicht ver­
wendeten Index annehmen.
(52) Lancelot glaubt > daß die Ehre dev Königin nur von ihm
verteidigt werden kann
(53) Lancelot 2 glaubt, daß die Ifhre der Königin nur von ihm^
verteidigt werden kann
(54) Lancelot^ g l a u b t d a ß die Ehre ^ der Königin^ nur von ihm^
verteidigt werden kann
- 44 -
Man kann sich vorstellen, daß solche Koreferenzregeln auch für Ausdrücke
wie the bastard oder the other3 oder respectively in geeigneter Weise
geschrieben werden können, weswegen sich das in 1.1. diskutierte Argument
gegen die transformationelle Anapherntheorie, das diese Ausdrücke betrifft,
hier nicht überträgt. Auch zeigen die oben angesprochenen Klärungen zur
Deutung des Koreferenzbegriffes bei quantifizierten Antezedentien, daß sich
das zweite wesentliche Argument gegen die syntaktische Behandlung der Pro­
nomina auf den Index-Ansatz nicht übertragen wird. Aber der Koreferenzregelansatz hat einen wesentlichen Schönheitsfehler, der in Chomsky (1978)
diskutiert und ausgewertet wird.
Der Erfolg der neueren Syntaxtheorien leitet sich ja im wesentlichen daraus
ab, daß syntaktische Prozesse nicht regelspezifischen Beschränkungen unter­
worfen werden, die in geeigneter parametrisierter Form unversale Gültigkeit
beanspruchen können,und es erlauben, die Formulierung generativer Aspekte der
Grammatik extrem einfach zu halten. In dem Stadium der Grammatiktheorie, auf
das sich Chomskys Argumentation gegen die Koreferenzregel bezieht, waren
diese Beschränkungen etwa die Spezifizierte Subjektsbedingung oder die Propositional Island Condition, die in (55) bzw. (56) bezüglich der Reflexivierungsdaten exemplifiziert sind. Die für Reflexiva einschlägige Koreferenz­
regel, bzw. der hier relevante Aspekt einer generelleren Anaphernregel, kann
in (55) (56) das Reflexivum und das vermeintliche Antezedens nicht involvieren,
da zwischen diesen beiden Positionen ein Subjekt (55) bzw. die S-Grenze eines
finiten Satzes interveniert (56).
(55) *John^ believes Bill^ to love himself^
(56 ) *Johnj believes that heselfj should marry Zelda
Das Problem ist nun, daß die vermeintlich anzusetzende Koreferenzregel für
Personalpronomina diese Beschränkungen systematisch verletzt, was man daran
sieht, daß die Referenzzuweisungen in (55')(56') vollkommen unproblematisch
sind.
(55 1)
John 2 believes Bill to love him^
(56 1) Johnj believes that he 2 should marry Zelda
Wenig attraktiv scheint es, durch irgendeinen Taschenspielertrick die Personalpronominakoreferenzregel von den universalen Beschränkungen auszunehmen.
Eleganter ist es, die Daten (551)(561) als Indiz dafür zu nehmen, daß eine
Regel, die zu ihrer Erzeugung die Beschränkungen verletzen muß, falsch formuliert
- 45 -
sein muß; eben weil sie die Beschränkungen» die stark empirisch ge­
stützt sind, verletzen würde. Eben diesen Weg beschreitet Chomsky, indem
er davon ausgeht, daß im wesentlichen die referentiellen Indizes frei
gewählt sind und eine Regel der Nicht-Koreferenz dann gewissen unakzeptablen
Indizeskombinationen wie (57) den Status der Ungrammatikalität zuschreibt.
Diese ist ohnehin erforderlich, als Sätze wie (58) ja auch auszuschließen sind
und hier die über anaphorisehe Relationen definierte Koreferenzregelmenge
nichts dazu zu sagen hat.
(57a) *Annaj mag sie
(57b)
glaubt, daß Anna^ intelligenter ist als Bruno meint
(58a) *Anna j glaubty daß Anrux^ verführerisch ist
(58b)
*Anna j glaubty daß Grete 2 verführerisch ist
Des weiteren ist an der Koreferenzregel natürlich problematisch, daß sie
nur satzintern operieren kann, und also ein weiterer Mechanismus zu finden
wäre, der die Koreferenzbeziehung im 'Text1 (59) auszudrücken erlaubt.
(59) Ein Mann 2 mit einem Hut kam herein . Ortcutt erkannte soforty
daß er 2 ein Spion ist
Lasniks (1976) Argument hingegen, daß wegen zufälliger Koreferenz (cf. 2.1.)
die Nichtkoreferenzregel ohnehin anzusetzen wäre, ist ihm wegen der in 2.1.
angeführten Überlegungen, was der Koreferenzbegriff der generativen Grammatik
eigentlich denotiert, leicht aus der Schreibmaschine zu ziehen.
Ebenso unklar ist die Relevanz seiner Aussage, für eine Koreferenzregel seien
die gespaltenen Antezedenten genauso problematisch wie für die Pronominalisierungstransformationen, da die Formulierungsprobleme, die der Koreferenz­
regel hier entstünden, sicherlich bei der Nichtkoreferenzregel ebenso vorhanden
sind. Wesentlich ist hingegen seine Bemerkung, daß der einschlägige Begriff
nicht Koreferenz, sondern
da (60) unakzeptabel ist,
wohingegen die Menge, die
aus den Referenten von we
'leerer Durchschnitt der Referenzmenge1 sein muß,
obwohl natürlich we und me nicht koreferent sind,
aus dem Referenten von me gebildet ist, mit der, die
besteht, einen nichtleeren Durchschnitt bildet.
Die Beobachtung geht wohl auf Chomsky (1973)(1978) zurück.
(60)
love me
- 46 -
Die klarste Ausformulierung dessen, was eine Nichtkoreferenzregel leistet,
findet sich in Chomsky (1980a). Hier werden referentielle Indices selbst
von den NPn frei gewählt, es ist unwesentlich, ob dies bereits in der
D-Struktur oder später geschieht. Zusätzlich zum referentiellen Index
trägt jede NP einen 'anaphorisehen Index' (ein ziemlicher misnomer,
denke ich), in dem zu vermerken ist, zu welchen NPn im Satz die fragliche
Position nicht in anaphorische Relationen treten darf. Eine Nicht-KoreferenzRegel 'kontraindiziert1 nun gewisse NPn so, daß sie in genau definierten
syntaktischen Konfigurationen den referentiellen Index der einen NP in den
anaphorischen Index der anderen NP schreibt. Aus (60a), der referentielle
Index geht dem anaphorischen jeweils voran, entstünde somit (60b).
(60a)
(60b)
John 2 ^ likes him ^ ^
John 2
0
likes him^
Wenn nun der anaphorische Index definiert, welchen Referenten die NP nicht
nehmen darf, und der referentielle bestimmt, welchen sie nimmt, so ist (60b)
ausgeschlossen, weil die für him gegebene Anweisung, den dem Index 1 zuge­
ordneten Referenten sowohl zu denotierten als auch nicht zu denotierten wider­
sprüchlich und damit nicht ausführbar ist. Man muß Reflexivpronomina explizit
von der Nichtkoreferenzregel ausnehmen. Chomsky (1980a) sieht konkret noch
vor, daß aus (61a) vermöge der Nichtkoreferenzregel (61b) hergestellt würde,
und eine weitere grammatische Regel dann den Index 1 aus dem anaphorischen
Index von he tilgen dürfe, schließlich ist (16) ja grammatisch.
(61a) John 2 believes that he 2 ^ loves Zelda ^ ^
(61b) John 2
(61c) John 2
0
believes that
0
believes that he 2 ^ loves Zelda ^ ^
^oves Zelda ^
Es ist mir nicht ganz klar, ob diese weitere Komplikation der Grammatik er­
forderlich ist, als man sich das Wirken der Nichtkoreferenzregel, die Ein­
tragung gewisser Indices in den anaphorischen Index einer NP, eben wie
Chomsky (1978) das vorschlägt, als durch Bedingungen wie die Propositional
Island Condition eingeschränkt vorstellen kann und somit das problematische,
weil inkorrekte Vorhersagen machende (61b) gar nicht erzeugt. Man muß aber sehen,
daß neben der Uneleganz der Verwendung zweier Indizestypen die wesentliche
Arbeit eben nicht von der Nichtkoreferenzregel geleistet wird, sondern durch
das Abprüfen von NP-Eigenschaften auf der Oberflächenstruktur, die im ana-
- 47 -
phorischen Index ohne daß etwas neues hinzukäme, nur wiederholt sind.
Es ist daher der Schritt, der auf Vorschläge von Lakoff (1968) wohl
zurückgeht, naheliegend, die Nichtkoreferenzregel durch ein Abprüfen
von Oberflächenstruktureigenschaften abzulösen, was erstmals in Chomsky
(1981) in einem umfassenden theoretischen Rahmen, aufbauend auf Vorar­
beiten von Reinhart (1976) und Culicover (1976), formuliert wurde. Wir
kommen darauf in Abschnitt 3 ausführlich zu sprechen.
Nicht uninteressant ist die Variante der Indizestheorie, die Jackendoff
(1972) formuliert hat, weil man sie als Vorläufer von Theorien wie Heim
(1982), Bartsch (1979) oder Hintikka/Kulas (1982) ansehen kann. Jackendoff
redet auch nur über NPn, nicht über Referenten, aber Indizes sind für ihn
höchstens ein Mittel, die Vorkommen von Nominalphrasen zu identifizieren.
Hinzu kommt als wesentlicher Bestandteil der Theorie eine 'table of coreference1. Für jedes Paar von NPn, das in einem Satz vorkommt (einer Aus­
weitung auf Texte steht nichts entgegen) wird vermerkt, ob die NPn koreferieren oder nicht. Es gibt einerseits Koreferenzregeln, die für Reflexiva
obligatorisch, für Personalpronomina optional operieren, hinzu kommen Nichtkoreferenzregeln. Für alle Positionen, über die weder durch die Koreferenz­
regeln noch durch die Nichtkoreferenzregeln eine Aussage in die Tafel der
Koreferenz geschrieben wurde, wird in diese aufgenommen, daß das fragliche
NP-Paar nichtkoreferent ist.
Die Argumente Chomskys und Lasniks gegen die Koreferenzregeln übertragen sich
nun nicht auf Jackendoffs Theorie. Es ist nämlich nicht erforderlich, in die
optionale Pronominakoreferenzrege1, die in 3. diskutierten Beschränkungen
zusätzlich zur Aufnahme in die obligatorischen Nichtkoreferenzregeln hinein­
zuschreiben, wenn man wie Jackendoff (1972) eben vernünftigerweise davon
ausgeht, daß die Tafel der Koreferenz einer Konsistenzbedingung unterliegt,
die etwa als Korrolar hat, daß keine widersprüchlichen Eintragungen dieser
Art 'NPl ist koreferent mit NP2 und NP1 ist nichtkoreferent mit NP2* in der
Tafel aufscheinen dürfen. Die optionale Koreferenzregel kann dann zwar durchaus
in (62) she und Rosa erfassen, da die Nichtkoreferenzregel ebenfalls für die
beiden Positionen einen Eintrag in die Tafel vornimmt,und wir so zur kontra­
diktorischen Spezifikation der Referenz von she bzw. Rosa gelangen.
(62)
She believes that Rosa is pretty
- 48 -
Konsistenz bedeutet für Jackendoff weiter, daß keine widersprüchlichen
Genußspezifikationen vorliegen dürfen, was (63) ausschließt, es ist leicht
zu sehen, wie sich dies auf textuelle anaphorische Relationen bzw. deren
Nichtvorliegen in (64) überträgt.
(63) Rosaj weiß, daß er^ intelligent ist
(64a) Ein Mann, der klug ist ^ kam herein . Der Mann , der dumm ist^
setze sich
(64b) Eine Frauj kam herein . Erj war so schön, daß alle sich sofort
verliebten
Angeglichen an den Stand der Grammatik in Chomsky (1981) bestünde die Koreferenzregel nur in der Übertragung aller NP-Paare in die Koreferenztafel, die
frei denselben Index zugewiesen bekommen haben, und die Nichtkoreferenzregel
im Eintrag aller NP-Paare als nichtkoreferent, die in den von der Bindungs­
theorie definierten Beziehungen stehen.
Da sich nun aufbauend auf solche Koreferenztafeln den NPn Referenten Indizes
zuweisen lassen und darauf aufbauend eine semantische Interpretation geleistet
werden kann (cf. z.B. Heim (1982)) sollte unbedingt festgehalten werden,
daß Jackendoff (1972) einen der wesentlichen Beiträge zur semantischen Deutung
der Anaphorik in der generativen Grammatik geleistet hat, auf dem dann ver­
schiedene Arbeiten aufbauen konnten.
Geht man weiter hinein in die Semantik der Pronomina als dies in den 'Standard­
versionen ’der generativen Syntax geschieht, so hat man aufbauend auf die
Überlegungen in 2.2. zunächst die pronouns of laziness herauszunehmen. Ob
man diese z.B. in Koreferenztafeln gesondert aufnehmen sollte, ist nicht
geklärt worden. Es scheint frei lieh,wie in 2.2. argumentiert wurde, besser,
pronouns of laziness (FP) nicht durch syntaktische Rekonstruktion ihres
Inhalts zu deuten, sondern für sie die Rekonstruktion ihrer Referenz in der
Übersetzung vorzunehmen. Als Standardvorschlag wäre hier Cooper (1979) zu
werten, der Pronomina wie he sich übersetzen läßt in eine Formel wie (65)
(65)
xQ(VxAy(Pi(y} ^
y=x)A
Q{x})
wobei P.j zunächst als ein kontextuell erschließbares Prädikat anzusehen ist.
Ein FP übersetzt sich also als eine definite Deskription, für das man sagen
kann, daß sein deskriptiver Gehalte identisch ist mit dem des Antezedens.
In ganz offensichtlicher WEise könnte man Koreferenztafeln zur Bestimmung des
Wertes Pi benutzen. Einen ganz ähnlichen Vorschlag macht Hausser (1979), der
- 49 -
das Pronomen zu (65) ähnlich übersetzen würde und zusätzlich ein Kontext­
modell einführt, das neben den Denotata für Konstanten der Logiksprache
eine 'stage description' spezifiziert, in der vermerkt würde, welche
Eigenschaften im jeweiligen Diskursstand prominent sind für die Rekon­
struktion des deskriptiven Gehalts von FP. Hinzuzurechnen zu diesem Typ
von Pronominalsemantik sind die Evans'sehen E-Typ Pronomina, über die wir
oben schon gesprochen haben. Entscheidend für die weitere Pronominaldeutung
ist natürlich, wie weit man den Bereich der unter das Etikett FP fallenden
Pronomina rechnen will, ein extremes Beispiel ist etwa Cooper (1979), für
den alle der in 5. zu diskutierenden Spezialprobleme und intersententielle
anaphorische Bezüge hinzuzurechnen wären zu den FP. Einen Text wie (66)
übersetzte man also als (67), natürlichsprächlich als (68)
(66) A woman came in. She was pretty
(67) Vx(woman(x) & came in (x)) & Vx(Vy(woman(y) <5 came-in(y))
x=y))
S pretty
(x)
(68) A woman came in. The woman (who oame in) was pretty
Alternativ zu dem Vorgehen, den 'Referenten' des Pronomens in Texten wie (66)
über eine definite Deskription zu bestimmen, die Teil der Interpretation
des Satzes ist, kann man auch den Weg wählen, das Pronomen she durch ein
Individuum zu interpretieren, wobei dessen Auswahl über ein kontextuell
erschließbares Prädikat geleistet würde. So ein Ansatz ist z.B. Bartsch
(1979). Läßt man gewisse technische Eigenheiten des Ansatzes weg, so würde
Bartsch Eigennamen oder andere NPn standardmäßig wie in der Montague-Grammatik
übersetzen. Eigennamen, definite Deskriptionen und indefinite Ausdrücke in
ihrer spezifischen Lesart führen darüber hinaus 'Referenten' in ein aufzu­
bauendes Diskursuniversum ein. und zusätzlich für diese Referenten die mit
ihnen verbundenen Deskriptionen und weitere präsupponierbare Prädikate.
Ein zu interpretierendes Pronomen übersetzt sich dann in die Eigenschafts­
menge eines der Referenten des Diskursuniversums unter Konsistenz- und
gewissen Lokalitätsbedingungen. Für (66) würde man also a woman z.B. das
Individuum Greta Garbo einführen in das Diskursuniversum und she dann z.B.
die Eigenschaftsmenge von Greta Garbo denotieren lassen. Dabei ist zu be­
achten, daß 'Referent' hier nicht wörtlich zu nehmen ist, da etwa indefinite
Deskriptionen in Wahrheit auf gar kein Individuum zutreffen könnten oder auf
sehr viele, es handelt sich vielmehr, ganz in Übereinstimmung zu den Überlegungen
in 2.1., um so etwas wie Kripke's "speakers referent" oder um Kartunnens
- 50 -
"Diskursreferent", also um im Diskurs angenommene Elemente. Es braucht
für diese etwa gar nicht genau festgelegt sein, was ihre semantische
Referenz ist, so kann man in Beispiel (69) durchaus das Pronomen he ver­
wenden mit Bezug auf den eingeführten Diskursreferenten, obwohl explizit
dessen tatsächliche Referenz offengelassen ist. (Beispiel nach Kartunnen)
(69) The man who murdered Zelda must be either Bill or Jack
and he must be insane .
Es ist unklar, welchen ontologischen Status Diskursreferenten genau haben,
ob man sie mit referentiellen Indices gleichsetzen kann oder nicht usw..
Wiederum ist aber die Nützlichkeit der Jackendoff1sehen Koreferenztafeln
für diesen Ansatz unmittelbar einleuchtend. Ganz ähnlich würden auch die
Ansätze von Heim (1982) oder Hintikka/Kulas (1982) funktionieren.
Der fragliche Punkt ist nun noch, wie denn die gebundene Pronomina zu inter­
pretieren sind. Evans (1980) oder Cooper (1979) würden davon ausgehen, daß
es sich hier um einen anders zu übersetzenden Typ von Pronomen handelt, den
man ganz analog zu Montague (1973) durch einen Ausdruck wie (70) übersetzen
kann, wo x' eine Variable der Logiksprache ist
(70)
XPPix^}
x.j kann nun durch einen Quantor gebunden werden oder aber als freie Variable
stehen bleiben und dann durch die Belegung einen Referenten zugewiesen bekom­
men, was Cooper mit der kontextuellen Deutung von Pronomina gleichsetzt.
In ihr sieht er auch eine alternative Möglichkeit, einen Text wie (66) zu
deuten, nämlich ergäbe auch die Übersetzung des Pronomens analog zu (70)
eine anaphorische Beziehung, wenn die Variablenbelegung zufällig dem Wert i
eine Frau, die hereinkam, zuordnet. Man ist hier also wiederum sehr nahe
am Bartsch1sehen Ansatz.
Dort kann man den gebundenen und den textreferentiellen Bezug von Pronomina
insofern gemeinsam ausdrücken, als man durchaus das Pronomen wie (70) sich
übersetzen lassen kann und dann entweder die Variable bindet oder aber ihr
aus dem Diskursuniversum heraus einen Referenten zuweist. Dennoch kann man
nicht davon ausgehen, daß Bartsch's Ansatz dem von Cooper überlegen wäre,
weil nur ein Pronomentyp benötigt ist, da man eben mit (70) wie oben gezeigt
FP nicht behandeln kann, alles ist, wie gesagt, nur eine Frage des Bereichs,
den man den beiden übersetzungsalternativen zuweist, wobei nicht alle Theorien,
so Bartsch (1979) oder Montague (1973) eben etwas zu den FP sagen.
- 52 -
stets möglich, ja vorgeschrieben bei der ersten Erwähnung eines Indi­
viduums, unakzeptabel ist. Es wäre genau zu sehen, was für Pronomina
und was für definite Deskriptionen hier die exakten Bedingungen sind,
vgl. Heim (1982) für einige Diskussion. Will man aber (73)(74) schon
in die grammatische Beschreibung integrieren, so wäre die syntaktisch
fundierte Koreferenztafel eindeutig durch eine semantisch fundierte
Diskursrepräsentation zu ersetzen, wie dies Heim (1982) vorsieht. Aller­
dings scheint mir dieser Schritt nicht zwingend, da man pronominale Refe­
renz und Diskurspragmatik durchaus getrennt halten können sollte.
Zwei interessante Versuche, eine einheitliche Semantik für den ’
Textge­
brauch * von Pronomina wie in (66) und den gebundenen Gebrauch zu finden,
stellen die Arbeiten von Hintikka und Mitarbeitern auf der einen Seite
und von Heim (1982) auf der anderen Seite dar.
Für Hintikka beziehen sich alle Pronomina, auch die “
gebundenen" auf ein
bereits eingeführtes Individuum. Ein Individuum würde natürlich etwa durch
Eigennamen eingeführt sein. Hintikka geht dann von den stadard-modelltheo­
retischen Deutungen von Quantoren ab. Angelehnt an Ideen aus der analy­
tischen oder dialogischen Logik gibt Hintikka nicht unmittelbar für seine
Sätze Wahrheitsbedingungen an, sondern seine Sätze werden gedeutet durch
die Angabe eines Verfahrens, wie man sie im Dialog mit einem überwollenden
Gegenspieler (der Natur, lt. Hintikka, realiter ist wohl eher der Mensch,
der Natur übelwollend) verteidigen kann. So verifiziert man einen Satz wie
Ein Hund bellt dadurch, daß man einen Hund, z.B. Fido, auswählt und für
ihn zeigt, daß er bellt. Ein Satz wie ein X pi-t wird also bei Hintikka durch
die Anweisung gedeutet, daß ich, der Verifizierer, ein Individuum a wähle
und nun die Sätze x(ä) und <p(a)_ in den Dialog zwischen mir und der Natur eingehen. Wenn ich einen Satz wie Jedes Mädchen ist hübsch äußere, bin ich
analog dialogisch verpflichtet, für jedes Mädchen, sei es Anna, Marianna,
Ornella oder Zelda, das mein Gegenspieler mir vorgibt, die Wahrheit des
Satzes Anna ist hübsch bzw. O m e l l a ist hübsch
usw. nachzuweisen. Folglich
wird ein Satz jedes X tf-t mit der Anweisung gedeutet, daß die Natur ein
Individuum a auswählt,und ich für dieses a die Wahrheit des Satzes a }i-t3
falls a X ist nachzuweisen habe. Ein Satz ist wahr, falls ich eine Strategie
der Auswahl von Individuen habe, sodaß ich mit diesen Individuen die (rele­
vanten) am Ende erreichten Atomsätze verifizieren kann, falsch, falls es
keine solche Strategie für mich gibt.
- 53 -
Es führen also beim Abarbeiten eines Textes meine Wahlen und die der
Natur laufend Individuen ein, die nach Hintikka/Kulas (1982) dann als
Referenten für Pronomina zur Verfügung stehen. Bei dem Abbau eines
Satzes wie (75) wird also die Bedeutung des Pronomens es nicht relativ
zum Quantor jedes selbst bestimmt, sondern nach dem Abbau des Quantors
durch eine vorgegebene Wahl der Natur erst zum von der Natur wie in (76)
gewählten Individuum eine Koreferenzbeziehung hergestellt, was (77) ergibt.
(75) Jedes Mädchen weiß, daß es verführerisch ist
(76) O m e l l a weiß, daß es verführerisch ist
(77) O m e l l a weiß, daß O m e l l a verführerisch ist
Die 'Gebundenheit1 von es in (75) ergibt sich aber natürlich daraus, daß
für jede beliebige Ersetzung von O m e l l a in (76)/(77) ich die entsprechen­
den atomaren Satze wahr machen können muß, damit der Satz (75) verifiziert
ist. Man kann mit diesem Ansatz das Dilemma lösen, daß dem ein in (78)
quantifikationeller Status zugeschrieben werden sollte, andererseits aber
die MP ein Hund einen Referenten einführen sollte, da sich ein koreferentes
Pronomen im selben Satz befindet,
(78) Ein Hund bellt und dann beißt ihn der Briefträger
Heim (1982) versucht dagegen den quantifikationellen Aspekt von ein gegen­
über dem Referenzeinführenden ganz zu verdrängen. Sätze werden gedeutet
relativ zu einer Menge von Individuensequenzen. Daneben wird eine Jackendoffs
Koreferenztafeln nahekommende Kartei aufgebaut, dergestalt
daß für jeden
referentiellen Index, den eine NP trägt, eine Karte in dieser Kartei angelegt
wird, in der alles im Text über dies Individuum Ausgesagte vermerkt wird.
Eine Kartei gibt etwas wahres wieder gdw. es mindestens eine Individuensequenz
gibt, dergestalt daß dem n-ten Individuum dieser Sequenz die Eigenschaften
zukommen, die die n-te Karteikarte vermerkt. Die Bedeutung eines Satzes ent­
spricht seiner Fähigkeit, die Bedingungen der Wahrheit für eine Kartei
durch seine Hinzufügung zu dieser Kartei zu verändern. Der Gebrauch von inde­
finiten NPn ist nur dann angemessen, wenn ihr referentieller Index sich noch
nicht in der Kartei befindet. Pronomina und definite NPn sind angemessen
verwendet, wenn ihr referentieller Index bereits in der Kartei vermerkt ist.
Dies alles verbindet Heim mit dem Abarbeiten von Sätzen relativ zu einer
'logischen Form1, die man sich durch verschiedene Regeln wie Quantorenanhebung
im Sinne von May (1977) erzeugt denken kann. Während definite NPn, singuläre
- 54 -
indefinite NPn wie ein Hund in ihrer S-Struktur-Position bleiben,
ihre Deutung einem übertragen ihres deskriptiven Gehalts und ihrer
Prädikation in die Kartei entspricht, koreferente Anaphern sich auf
die ihnen entsprechenden Karteikarten beziehen, werden solche Sätze
wie (79) in eine LF wie (80) umgeformt. Es gibt dann Interpretations­
regeln, die Strukturen der Art QUANTOR (FORMEL)(FORMEL) relativ zu den
Individuensequenzen deuten, der anaphorische Bezug wird hier wie von
Lasnik oder Evans intendiert auf die zurückgelassene Variable hin kon­
struiert, sodaß auch bei Heim (1982) man mit einem einzigen, nicht
als 'gebundene Variable' unmittelbar übersetzten Pronomentyp auskommt.
(79) Jeder Mann weiß, daß er kommen darf
(80) Jedes x ((Mann (x)) (x weiß, daß er kommen darf)
3. Satzinterne Beschränkungen für Anaphorische Bezüge
3.0. Allgemeines
Die Darstellung der verschiedenen Vorschläge zur Semantik der Pronomina
ist bewußt knapp ausgefallen, weil das Hauptgewicht dieser Darstellung
auf die generative Forschung v.a. interessierenden Fragen der Beschrän­
kungen und Konstruktionsprobleme für anaphorische Bezüge fällt,und diese
sich meist unabhängig von der gewählten Semantik als Problem stellen. In
den Abschnitten 4. und 5. sollen die Fragen diskutiert werden, für deren
Lösung man tatsächlich Bezug nehmen muß auf den jeweiligen DeutungsVorschlag
für die Pronomina. Hier soll nun diskutiert werden, in welchen Konfigu­
rationen ein Pronomen zu einer anderen NP in eine anaphorische Relation
treten kann und in welchen nicht. Wie oben schon angemerkt, beziehen sich
die in der Literatur dabei diskutierten Beschränkungen über das Auftretens­
vermögen der Pronomina auf das Verhalten der Gesamtklasse der Pronomina
im weiteren Sinne nach außen hin, nicht aber auf die Abgrenzung von Personalund Reflexivpronomina. Es geht also um das Verhalten jeglicher anaphorischer
Nominalphrase den selbständig referenztragenden NPn gegenüber. Gerne ist
betont worden, daß die Beschäftigung mit Auftretensbeschränkungen für Pro­
nomina erst mit der generativen Grammatik begonnen habe. Ironischerweise
- 55 -
kann man freilich als Ergebnis von mittlerweile fast 20 Jahren derartiger
Untersuchungen festhalten, daß es streng genommen für Pronomina gar keine
Auftretensbeschränkungen bei definitem Bezug zu geben scheint, sondern mit so etwas wie Chomsky's Bindungsprinzip C - eher ein restringiertes
Auftreten von selbstreferentiellen NPn. Freilich ist dennoch dieses gramma­
tische Prinzip von Bedeutung für die Regeln der Anaphorik, da es besagt,
daß bei Vorliegen gewisser Konfigurationen in logischen oder syntaktischen
Strukturen bei Koreferenz zweier NPn an einer festgelegten Position eine
Anapher gewählt werden muß bzw. eine selbständig referentielle NP im frag­
lichen Bereich stets als einen von den anderen NPn unterschiedlichen Refe­
renten einführend gedacht werden muß.
Die allgemeinen Beschränkungen über das Zusammenwirken von Pronomina und
Nicht-Pronomina sind gültig für jede Wahl einer referentiellen NP, sie
werden in 3.1. besprochen. Ist das Antezedens aber nicht
noch zu explizierenden Sinne, dann ist seine Interaktion
weiter eingeschränkt, was in 3.2. behandelt werden soll.
Beschränkungen, deren Status nicht ganz klar ist und das
definit in einem
mit Pronomina noch
Hinzu kommen kleinere
sog. Crossover-
Verbot, was in 3.3. besprochen werden soll. Abschnitt 3.4. widmet sich der
m.E. interessantesten Frage, ob die erarbeiteten Beschränkungen nun am besten
auf syntaktische oder auf eher logische Strukturen angewendet werden sollen.
3.1. Vom Kommando zum c-Kommando
Das Studium der Gesetzmäßigkeiten anaphorischer Koreferenz begann wie gesagt
in der frühen Transformationsgrammatik in transformationellen Termini. Die
Pronominalisierungstransformation wurde als alternativ vorwärts, d.h. in
Schreibrichtung oder rückwärts wirkend gedacht, wobei das Rückwärtswirken,
der kataphorische Prozeß also, sich als restringierter erwies. Dies bestä­
tigte sich etwa auch in der Spracherwerbsforschung, die Rückwärtspronominalisierung scheint viel später erworben zu werden als die vorwärtsgerichtete,
vgl. die einschlägigen Aufsätze in Tavakolian (1981). Als repräsentativ für
den gesamten Bereich der Beschränkungen über die Pronominalisierungstransformation erschien der frühen Forschung die Datenanlage (1) (2).
- 56 -
(la) Rosa denied that she had met with the Shah
(lb) *She denied that Rosa had met with the Shah
(lc) The man who travelled with Rosa denied that she had met
with the Shah
(Id) The man who travelled with her denied
that Rosa had met
with the Shah
(2a) John always wove dark glasses because he was famous
(2b) *He always wore dark glasses because John was famous
(2c) Because John was famous, he always wore dark glasses
(2d) Because he was famous, John always wore dark glasses
Vorwärtspronominalisierung erscheint unbeschränkt möglich, wohingegen in
den b-Beispielen Rückwärtspronominalisierung zu ungraranatisehen Resultaten
führt. Die Pronominalisierungsbeschrankung sollte also von der Form (3)
sein:
(3) Pronomen a und NP b können nicht koreferent sein/ a kann nicht
von b pronominalisiert werden, falls
a der Position b vorangeht u n d ....
Aufschluß über der Natur der .... gewinnt man durch Betrachtung der unter­
schiedlichen strukturellen Position der Pronomina in z.B. (2b,c), die etwa
wie in (4) aufgebaut gedacht sein können.
(4a) (entspricht (2b)
wore dark glasses
because John was famous
(4b) (entspricht (2c)
because he was famous
John
wore dark glasses
Im ungrammatischen (4a) ist das Pronomen unmittelbar von dem S-Knoten domi­
niert, der dies Pronomen und die koreferente Position John enthält. In (4b)
dagegen wird he nur von einem S dominiert, das die koreferente Position
John nicht enthält. Nach Langacker (1966)(1969) kann diese in (4a) zwischen
- 57 -
he und John vorliegende Beziehung 'kommandieren' (oommand ) genannt werden
und weiterhin nach Langacker, wie in (5) definiert werden.
(5) A kommandiert B> wenn weder A B noch B A dominiert und das
nächstliegende S, das A dominiert/enthält , auch B dominiert/
enthält .
Unabhängig voneinander haben Langaeker (1966)(1969) Postal (1971) und
Ross (1967) in den Jahren 1966/7 die den Kontrast in (4a,b) erfassende Be­
schränkung über den Kommandobegriff formuliert, in (6) als Koreferenzbeschränkung ausgedrückt:
(6) Das 'Pronomen A kann mit den NP B nicht koreferent sein, wenn
A B vorangeht und A B kommandiert
In (4a) kommandiert he John und geht ihm voran, deshalb ist (4a) von (6)
ausgeschlossen und (6) ist daher auf (4b) nicht anwendbar.
Nach Jackendoff (1972) und Wasow (1972)(1979) sind es jedoch nicht allein
intervenierende S-Knoten, die Rückwärtspronominalisierung wie in (4b) er­
möglichen. Akzeptabel sind nämlich auch Daten wie (7)
(7a) The portrait of hi3 mother atways depressed John
(7b) the story about him cost John many friends
his bzw. him in (7) kommandieren John , demnach sollten die Beispiele in (7)
nach (6) ungraranatisch sein, eine inkorrekte Vorhersage. Offenbar ist es
die Tatsache, daß das Pronomen hier noch in eine NP eingebettet ist, die (7)
akzeptabel macht. S und NP sind aber die zyklischen Knoten der englischen
Grammatik, sodaß (1), (2), (4) und (7) vorhergesagt werden können, falls
in (6) ‘
kommandieren1 durch den Begriff ‘
z-kommandieren' (Kormand) wie in
(8) definiert, abgelöst wird.
(8) A z-kommandiert B, falls A B nicht enthält und B A nicht
enthält und der kleinste zyklische Knoten , der A enthält,
auch B enthält
Selbst unter dieser Reformulierung erschien (6) noch problematisch. Unerwünscht mußte es z.B. sein, daß in (6) für B der Charakter 'Nicht-Pronomen'
gefordert werden muß, weil (9),parallel zum ungrammatischen (2b), ja akzep­
tabel ist.
- 58 -
(9) he always wore dark glasses because he was famous
Und, wie schon Lakoff (1968) bemerkte, ist entsprechend zu (10), das
von (6) blockierte wird, auch ungrammatisch, wo das Vorkommen von he
in (10) durch John ersetzt ist.
(10) *he thinks that John is 'important
(11) *John thinks that John is important
Auch für die Adverbialsätze scheint die 'precede and z-command'-Beschränkung
selbst dann zu gelten, wenn das vorangehende koreferente Element kein
Pronomen ist, wie Lasnik (1976) bemerkte.
(12a) whenever Ben comes to town, Ben gets arrested (= 2d)
(12b) *Ben gets arrested , whenever Ben comes to town (= 2b)
In (12b) ist das vorangehende Vorkommen von Ben Subjekt des Matrixsatzes, es
z-kommandiert also das zweite Vorkommen, und der Satz ist ungranmatisch. In
(12a) hingegen ist das vorangehende Ben im Adverbialsatz eingebettet, es
z-kommandiert das Matrixsatzsubjekt Ben nicht, und,wie im pronominalen Fall,
ist der Satz in Ordnung. Arbeitet man wie Lakoff (1968), der die entsprechen­
den Beobachtungen wohl als erster gemacht hat, in einem Rahmen, der Koreferenz
von Pronomina über eine Transformation, andere Koreferenz ohne eine solche
ausdrückt, kann freilich diese Parallelität nur sehr schwer erfaßt werden.
Die Schwierigkeit ergibt sich nicht für eine interpretative Theorie wie die
von Lasnik (1976). Nach ihm ist die fragliche allgemeine Beschränkung als
(13) auszudrücken.
(13) Wenn NP1 und NP2 koreferentiell, und NP1 der Position von NP2
vorangeht, und NP1 die Position von NP2 z-kommandiert, dann
muß NP2 ein Pronomen sein
(9)-(12) und (1),(2) sind offenbar mit (13) erfaßt. Wie oben schon angedeutet,
liegt jetzt natürlich in (13) keine Beschränkung über das Auftreten von Pro­
nomina vor, sondern für das Auftreten von Nicht-Pronominal
Vor allem Lakoff (1968) ist ein reicher Schatz von Gegenbeispielen zu (6>
bzw. (13) zu verdanken, die im zweiten Stadium der Pronominaforschung im
Jahre 1976 unabhängig voneinander von Peter Culicover und Tanya Reinhart
in einer neuen Theorie dann erklärt wurden.
- 59 -
Die Beispiele (14) verletzen (6)/(13), da him/her die nicht-pronominale
NP Dan/Zelda z-konmandiert. Dennoch ist (14) akzeptabel.
(14a) Near hims Dan saw a snake
(14b) in her bed , Zelda spent her sweetest hours
Dagegen ist hier Vorwärtspronominalisierung ausgeschlossen, was (13) nicht
vorhersagt
(15a) *Near Dan, he saw a snake
(15b) *In Zeldas bed* she spent her sweetest hours
Man mag (6)/(13) dadurch zu retten versuchen, daß man davon ausgeht, die
Beschränkung kontrolliere den Stand der Pronominalisierung vor dem An­
wenden der Operationen Topikalisierung oder Adverb-Voranstellung (cf.
Lakoff (1968)), und so (14)(15) auf die von (6)(13) vorhergesagte Daten­
lage in (16)(17) reduzieren wollen,
9
(16a) Dan saw a snake near him
(16b) Zelda spent her sweetest hours in her bed
(17a) *he saw a snake near Dan
(17b) *she spent her sweetest hours in Zeldas bed
Diese Ordnungslösung kann aber nicht all gemeingültig sein, wie Reinhart (1976)
demonstriert. So haben wir den Kontrast in (18a,b), von Jackendoff (1972) beob
achtet, der in der vermutlichen Ausgangsstruktur (19) gerade nicht vorliegt.
Prüft (6)/(13) vor der (18) erzeugenden Transformation die Strukturen ab,
so würde inkorrekt wie (19b) auch (18b) als ungrammatisch ausgezeichnet.
(18a) *In John 's picture of Maryy she found a scratch
(18b) In John's picture of Mary, she looks sick
(19a) *She found a scratch in John’
s picture of Mary
(19b) *She looks sick in John rs picture of Mary
Ein ähnlicher Kontrast taucht in (20)(21) auf, (21), ein sogenannter Anti crossover-fall ist freilich für jede Theorie problematisch, siehe unten.
(20) *She spent her sweetest hours in the bed that Zelda stole from
the Salvation Army
(21) In the bed that Zelda stole from Salvation Army> she spent
her sweetest hours
- 60 -
Eine Ordnungslösung bietet sich ohnehin nicht für (22) an, wo wieder
das Pronomen die referentielle NP präzediert und z-kommandiert.
(22a) the chaiiman hit him on the head, before the lecturer
had a chance to say anything
(22b) we'll just fire him, whether McIntosh likes it or not
Alle diskutierten Beispieltypen zeigen darüber hinaus eine bei der Verwen­
dung des z-Kommandobegriffes nicht erwartbare Subjekts-Objekts-Asymmetrie.
Rückwärtspronominalisierung in Kontexten wie (22) ist nicht möglich, wenn
das Pronomen Satzsubjekt ist.
(23a) *he was hit on the head before the lecturer had a chance
to say anything
(23b) *hefll just get fired, whether McIntosh likes or not
Entgegen der Datenlage in (15) ist vorwärtsgerichtete Pronominalisierung
bei Topikalisierung dann erlaubt, wenn das Pronomen kein Subjekt ist.
(24a) Near Dan, I saw his snake
(24b) In Dan's bed, Zelda showed him her new tricks
(25a) *Dan's problems, he won't talk about
(25b) Dan's problems, you can't talk to him about
Subjekte unterscheiden sich von Objekten in den standardmäßig angenommenen
konfigurationell arbeitenden generativen Theorien v.a. durch die Höhe ihrer
Position im Baum. Während Objekte in der VP eingebettet sind, hängen die
Subjekte als Schwester von VP direkt unter S.
(26)
(subject)
r
lip
(object)
Zwischen (22) und (23) besteht nun in Begriffen von (26) der Unterschied,
daß die kleinste Kategorie, die das Pronomen enthält, nur in (23) auch die
referentiell selbständige NP umfaßt, der Adverbialsatz ist nach herrschen­
der Meinung nicht Schwesterkonstituent des Objektes. Diese Beobachtung
läßt sich aus drücken mit Hilfe eines Begriffes, den Klima (1964) eingeführt
hat: 'in Konstruktion mit' (bliebe man bei der Verwandtschaftsterminologie,
würde man von Tanten oder Großtantenknoten reden).
- 61 -
(27) A ist in Konstruktion mit B fall3 B dominiert wird vom
vom ersten verzweigenden Knoten , der A dominiert
Offensichtlich ist the lecturer nicht in Konstruktion mit dem Pronomen
in (22a), da der erste verzweigende Knoten über him nicht den Adverbial­
satz enthält. Aber in (23a) ist the leoturer gerade in der fraglichen
Relation zu he stehend, da der erste über dem Pronomen verzweigende Knoten
ohnehin schon der maximale S-Knoten ist, in dem jede Phrase des Satzes
enthalten ist. An (4) und (7) läßt sich zeigen, daß die Relation 'In
Konstruktion mit' die z-Kommando-Fälle abdeckt. In (4a) ist der erste
verzweigende Knoten über he das maximale S, und dies enthält JoJm3 was
allem Anschein nach nicht erlaubt ist. Dagegen ist in (4b)_der erste
verzweifelnde Knoten über he nur das Adverbialsatz-S, und das enthält das
Matrixsatzsubjekt John gerade nicht. Auch in (7) kann das Pronomen nicht
in Konstruktion mit John sein, da es in jedem Falle in einer PP enthalten
ist, die verzweigt. In (14a) ist him auch in PP eingebettet, also nur mit
near in Konstruktion, der Satz ist akzeptabel. Setzt man mit Reinhart (1976)
tentativ (aber siehe unten) für (15a) die Struktur (28) an, so ist der erste
verzweigende Knoten über he das alles dominierende S, he ist dann in Kon­
struktion mit Dany was zu einem ungrammatischen Resultate führt.
near Dan
he
saw a snake
(16) und (17) erklären sich analog. Für (24) gilt, daß Dan nur dann nach
(28) in Konstruktion mit dem Pronomen sein könnte, wäre dieses Subjekt, was
nicht der Fall ist. Nach Culicover ist also die Pronomina-Beschränkung
(Culicover (1976)):
(29) PRONOMEN 1 .... N P 2 .... : 1 und 2 sind koreferent nur,
wenn beide ohne Hauptakzent und 2 nicht in Konstruktion
mit (1) sind .
Tanya Reinharts Beispiele (15) zeigen allerdings, daß auch Vorwärtspronominalisierung von der Konstruktion-Beschränkung betroffen sind, (29) in
dieser Hinsicht also zu schwach ist. Und durchgesetzt hat sich auch ihre
Redeweise, statt 'in Konstruktion mit' den konversen Begriff c-command (30)
zu verwenden, der in deutschen Linguistenkreisen mit c-kommando (Konstanz)
k-kommando (Wien, Tillman Höhle) oder k-beherrschen (Angelika Kratzer)
- 62 -
übertragen wird. Die einschlägige Beschränkung ist dann (31).
(30) A c-kommandiert B, wenn keine Enthaltensrelation zwischen
beiden vorliegt und der erste verzweigende Knoten, der A
enthält9 auch B enthält .
(31) Keine NP darf koreferentiell sein mit einem Nicht-Pronomen,
das sie c-kormtandiert
Zu (30) ist zu sagen, daß in jeder Dreiergruppe von Generativisten mindestens
vier verschiedene c-kommandobegriffe für einzig gültig gehalten werden.
Ein Teil der sich auftuenden Möglichkeiten ist in Chomsky (1981) diskutiert.
(30) stellt das Grundgerüst des c-Kommandobegriffes dar, das übrig bleibt,
wenn man von den jeweiligen Sonderbedingungen oder Erweiterungen abstrahiert
und ist für unsere Zwecke ausreichend. Es sei aber gesagt, daß Reinhart selbst
einen weiteren Begriff als (30) verwendet. Aus Koreferenz interpretiert als
Koindizierung und der c^kommando-Relation läßt sich der Begriff der Bindung
definieren,
(32) NP^ bindet N P ^ falls NPa und NP^ koreferent bzw. koindiziert
und NP
a
NP, c~korrmmdiert.
D
Dann ist die Pronominabeschränkung genau das Bindungsprinzip c aus Chomsky
(1981), das den Begriff Pronomen nicht einmal mehr erwähnt.
(33) Ein selbständig referentieller Ausdruck darf nicht gebunden sein .
Es ist noch ganz wichtig zu bemerken, daß eine Pronominatheorie mit dem
c-Kommandobegriff einer Kommando oder z-Kommando-Theorie auch aus grammatik­
theoretischen Gründen überlegen ist.
Die neuere generative Literatur hat ergeben, daß so verschiedene Dinge wie
Negation (Klima (1964)) Quantorenskopus (Reinhart (1976), May (1977)), Rektion
Kasuszuweisung, Kongruenz, die meisten Bewegungsabhängigkeiten wie Passiv,
Frage, Anhebung, Topikalisierung (Chomsky (1981), Koster (1982)) und abge­
leitet auch die deutsche Wortstellung mit dem c-Komnandobegriff beschrieben
werden können, sodaß sich gegen die früheren Vorschläge das aus der antiken
Rhetorik bekannte argumentum ad ommissam generalisationem, Vorbringen läßt,
da der kommando-Begriff keine wesentliche, der z-Kommandobegriff höchstens
für wh-Verschiebung bezüglich Subjazenz eine Rolle spielt, die selbst in
der neueren Literatur entweder völlig aufgegeben wird (Koster (1982)) oder in
ihrer Bedeutung wesentlich eingeschränkt wird (Fanseiow (1983)).
- 63 -
Aus eben diesen Gründen scheinen auch die weiter unten noch zu bewer­
tenden Versuche von Keenan und Bach (33) Uber logische Strukturen zu
definieren so lange als zweifelhaft, wie nicht die Behandelbarkeit
eines Großteils der von c-Kommando erfaßbaren Probleme in logischen
Strukturen gezeigt ist.
llnangemerkt darf auch nicht bleiben, daß Langacker (1966)(1969) selbst
(p. 175) den Ansatz mit c-kommando bzw. 'in Konstruktion mit' erwägt
und dann verwirft (34), da unter (34) wie unter (33) der Satz (35) nicht
erklärt sei.
(34)
NI? may be uaed to pronomalize NlP unless NI? botk follows
and is in construction with N T
I knew Harvey when he was a little boy
*J knew him when Harvey was a little boy
Der Vergleich mit (22) mag freilich nahelegen, daß es wohl die Position des
jeweiligen Adverbialsatzes ist, die für die Datenlage in (35) verantwort­
lich ist. Anders als (22) kann wohl (35) z.B. nicht mit eine Pause vor der
Konjunktion gelesen werden, der when- Satz mag also zwar höher als him ,
aber sicher noch in der VP hängen. Dann ist es ein Kinderspiel, c-Kommando
auf Enthaltensein in derselben maximalen Projektion einer lexikalischen
Kategorie zu beziehen, was für den bislang diskutierten Phänomenbereich
ohne fatale Konsequenzen zu sein scheint. Dann ist (35) als Gegenbeispiel
ausgeräumt.
(36)
VP
Reinhart's c-kommando-Beschränkung hat sich wohl neben der Tatsache, daß die
Arbeit am MIT selbst entstanden ist v.a. deshalb gegenüber Culicovers For­
mulierung durchgesetzt, weil sie wesentlich mehr Datenmaterial in ihrer
Arbeit diskutiert als Culicover dies in seinem kurzen Foundations-ofLanguage-Aufsatz tut. Es seien einige weitere Daten von ihr wiedergegeben:
(37)
* I fm witting to give him £ 200 for Ben's oar
(38)
*1 sent the book's owner it
- 64 (37) und (38) folgen unter (33), da das Pronomen jeweils sein referen­
tielles Antezedens bindet.
Es gibt Evidenz dafür, daß 1Subjektssätze1 bei Extraposition an VP adjungiert sind bzw. dort als ergative Subjekte basisgeneriert sind. Beim
erweiterten c-Kommandobegriff folgt der Kontrast in (39), da der Subjekts­
satz in VP von him c-kommandiert wird und mithin auch das Subjekt Roea ,
wohingegen her natürlich als VP-Bestandteil weder das Subjekt des einge­
betteten Satzes noch die TOPIC-Position, in der sich dieser Satz nach
Koster (1978) in (39a) befindet, c-kommandieren kann.
(39a)
that Rosa has failed should have bothered her
(39b)
*it should have bothered her that Rosa failed
Dagegen werden Relativsätze und Konsekutivsätze bei Extraposition an S
adjungiert, sodaß nur das Satzsubjekt den extraponierten Satz c-kommandiert.
Pronominaler Bezug zum Objekt ist also auch aus dem extraponierten Satz
heraus möglich.
(40a)
Nobody would ever call her before nocm who knows anything
about Rosa's weird sleeping habits
(40b)
*She wouldn't be called by anybody before noon who knew
anything about Rosa's weird sleeping habits
(41a)
So many people wrote to him that Marlon Brando couldn't
answer them all
(41b)
*He was addressed by so many people that Marlon Brando
couldn't answer them all
PPn mit in order to und ähnliche hängen unter S, da sie von VP involvie­
renden Prozessen nicht betroffen sind. PPn mit with/by hingegen werden etwa
von VP-Verschiebung oder though-Movement mitbewegt, sind also in VP. Aus
diesen Strukturverschiedenheiten folgt aber die Datenlage in (42)
(42a) we sent him to the MIT in order to please Ben's mother
(42b) *Zelda ticked him with Dan's feather
Lokal- und Direktionaladverbien können unter S oder VP hängen. Hängen äsie
unter VP, dann werden sie bei Voranstellung nach COMP geschoben, dies zeigt
sich dadurch, daß ein Fragewort nicht in solchen Strukturen verwendet
werden darf.
(43)
*In Ben's picture of Rosa3 what did she find?
Satz-PPn lokaler oder direktionaler Natur, die anders als der VP-Typ semantisch
einen Kontext für die Bewertung der Restproposition zu etablieren scheinen,
sind offenbar auch als freies Adjunkt vor S erzeugbar, denn hier ist Frage­
satzbildung möglich.
- 65 -
(44) In Ben's picture of Rosa , hew does she look?
Die Strukturen sind also lt. Reinhart (1976) (45) bzw. (46)
(45)
PP
(46)
S
COMP
NP
VP
PP
Nur in (46) c-kommandiert das Subjekt die vorangestel1te PP, Also ist
Koreferenzbeschränkung nur in den Fällen (43)(46) zu erwarten, nicht
aber für (44)(45), eine korrekte Vorhersage.
(47) In B e n 's picture of Rosa, she is riding a horse
(48)
*In Ben's picture of Rosa, she found a scratch
Lakoff (1968) war es wieder, der auf den Kontrast zwischen (49) und (50)
aufmerksam machte.
(49)
*In John's apartment, he smokes pot
(50) In John's newly furnished apartment near the railroad tracks
in Buffalo N.C., he smokes pot
Wasow (1972)(1979) diskutiert, die Datenlage über die Länge der PP zu be­
schreiben. Unter (33) ist dies so nicht ausreichend, da unabhängig von der
Länge der PP diese in COMP vom Subjekt he c-kommandiert wird. Tanya Reinhart
greift hier ihre Idee von der Unterscheidung zwischen COMP und der neuen
EXP-Formel wieder auf und geht davon aus, daß, je länger eine NP/PP sei,
desto eher sie aus semantischen Gründen sich unter EXP zu stellen habe.
Dann c-kommandierte wieder das Subjekt in (50) die PP nicht. Wenngleich dies
auch eine Erklärung für die sogenannten Anticrossoverfalle (s.u.) darstellte,
zu denen auch (50) gehören mag, so deckt es nicht die Fülle der von Lakoff
(1968) aufgedeckten Datenlage ab. Während sich für Fälle wie (51) durchaus
die EXP-Lösung anbieten mag, da nichts dazu zwingt, die vorangestellte NP
in den Satzverband selbst zu integrieren, ist diese Lösung für den parallel
liegenden Fall in (52) nicht zugänglich, da das Objekt des Cleft-Satzes
eindeutig im Satzverband sein muß.
- 66 -
(51a)
^Bills' apartment, he always talks to Mary about it
(51b)
Bill'8 apartment in that sleazy neighboorhood of the
Bronx, he always talks to Mary about it
(52a)
*it was John's dog that he bit
(52b)
it was John's dog with the large fangs and the unspeakably
terrifying growl that he bit
Ebenso ergibt sich ein gewisser Kontrast bei Temporalsätzen, wie Lakoff
(1968) beobachtet, vgl. dazu dann wieder Langackers Bedenken zu (35),
(53a)
*Mary hit him before John got up
(53b4) Mary hit him before John had a chance to get up
Nun haben Akmajian und Jackendoff (1970) auf den Zusammenhang zwischen
Akzent und Koreferenz hingewiesen, den man in Beziehung bringen kann zur
Korrelation von Funktionswörtern mit ihrem Status als 'phonological clitics1,
die Bedeutung hat für Sprachpathologieforschung (Kean 1982) und Spracherwerbsgesetzmäßigkeiten (Gleitman/Wanner (1982)). Je länger nun in einem
Beispiel wie (53) die VP ist, desto besser ist nach Lakoff der resultie­
rende Satz, da - so Lakoff - Akzent dann durch phonetische Regeln redu­
ziert wird. Er geht daher davon aus, daß all die diskutierten Beispiele
von phonetischen Akzent-Regeln partiell determiniert sind, nämlich etwa
dann, wenn man eine Akzentklausel in die Koreferenzbeschränkung aufnirmit
wie sie etwa Culicover (1976) ja vorgeschlagen hat oder aber im Sinne von
Bindungsprinzip C, ab einem gewissen Akzentniveau den Pronomina den Status
als phonetisches Wort im Sinne von Kean (1982) zuschreibt und sie damit
zu den Inhaltswörtem und mithin zu den referierenden Ausdrücken schlägt,
die dann unter Chomsky's Bindungsprinzip C fallen. Culicover selbst ver­
sucht auch, in seinem 1976-iger Aufsatz eine solche Akzentklausel zur Er­
klärung der für Reinhart (1976) problematischen Tatsache zu verwenden, daß
(54) nicht möglich ist
(54)
*1 gave to him Bill's book
to ist bei give semantisch leer und trägt daher anders als Präpositionen
wie behind, near keinen Akzent, und der PP-Akzent geht daher in (54) auf
him, was eine anaphorische Beziehung zu Bill ausschließen könnte. Anders
als Reinhart (1976)'s Stipulation, to zähle für die Relation des c-Kommando
nicht, ist Culicover's Vorschlag eine Erklärung, keine Beschreibung von (54).
- 67 -
Darüber hinaus ist es fraglich, ob Reinhart's Stipulation verträglich
mit der Datenlage in (55) ist. (55a) ist ungrammatisch, da the slave von
himself c-kommandiert, damit gebunden ist, was Prinzip C verletzt,
(55b) dagegen ist akzeptabel, was nur dann erklärt ist, falls das Vorkommen von to tatsächlich eine PP kreiert; die den alleinigen c-kommandoBereich für himself in (55b) konstituiert, weshalb dann the slave nicht
mehr unter Verletzung von C gebunden ist.
(55a)
(55b)
*J sold the slave himself
I sold the slave to himself
Wenn dies nun alles richtig ist, bedeutet dies freilich nicht den Zusammen­
bruch des Reinhartschen Erklärungssatzes. Ihre Positionierung von COMP
als S-Tochter ist etwas ungewöhnlich, gebräuchlicher ist die Positionierung
von COMP in eine Schwesterposition von S wie in (56), und hier c-kommandiert das Subjekt keine Position in COMP
(56)
Die sich unter der Strukturierung (56) ergebenden unerwünschten Koreferenzmöglichkeiten wie (49), (51) würden dann durch die Lakoff-Culicover'sehe
Akzentbeschränkung wegerklärt. Eventuell lösen sich damit auch die Reinhart
(1980) als problematisch erkannten SternVerteilungen in Kontexten wie (57)
auf.
(57)
*in Ben's box, he put his cigars
(57a)
(58c)
in some of Ben's boxes , he put his cigars
in which of B e n rs boxes did he put his cigars?
Analog liegen Daten wie (58).
(58a)
*After day3 of search, they finally found him in Dr, Levins
hotel room
(58b)
After days of search , they finally found him in that sleazy
hotel room that Dr . Levin had rented under a false name .
Des weiteren setzt Reinhart's System die Existenz von abstrakten Subjekten
voraus. Dies sieht man an dem oben bereits diskutierten Beispiel (59) aus
Wasow (1972)(1979).
- 68 -
(59)
^Realizing that John had cancer bothered him
John ist hier natürlich nicht von him c-kommandiert, eine unmittelbare
Erklärung führ den ungrammatischen Charakter von (59) ergibt sich im
syntaktischen Rahmen nur dann, wenn man annimmt, für realizing läge auf
der S-Struktur ein von him kontrolliertes phonetisch leeres Subjekt vor,
das dann John inkorrekt c-kommandierte. Dies ist zunächst plausibel, da
(60a) mit einem anders spezifizierten Subjekt für die Nominalisierung
ja akzeptabel ist, aber fraglich wegen des ungrammatischen Charakters
von (60b), da seit Chomsky (1972) für Aktionsnomina wie realization keine
leeren Tiefensubjekte angenommen werden, die etwa John wiederum unter
Verletzung von C c-kommandieren könnten.
(60a) Mary 's realization that John had cancer bothered him
(60b) *the realization that John had cancer bothered him
3.2. Sonderregeln für Indefinita
Die Pronominalisierungen, die wir bislang untersucht hatten, bezogen sich
auf die Interaktion direkt referentieller NPn, Eigennamen, mit Pronomina.
Sie stellen das Maximum anaphorischer Möglichkeiten dar, für andere NPKlassen als Antezedentien, die evt. nicht referierend gedeutet werden,
ist jeweils nur eine Teilklasse dieser anaphorischen Optionen gegeben.
Demonstrativphrasen wie this man, that woman und definite Deskriptionen
wie the spider dbove you sind den Eigennamen gegenüber dabei nur unwesent­
lich eingeschränkt. Selbst daraus mag schon ein Problem für gewisse Theorien
resultieren, die definite Deskriptionen als Quantorenausdrücke - etwa im
Sinne v. Russell für (1) die Repräsentation (2) - deuten, da quantifizierte
NPn i.e.S. wie nobody, every girl in my course9 für die keine Referenz
gefunden werden kann, wesentlich weniger an anaphorischen Bezügen aufweisen.
(1)
the Spider runs
(2)
VxVy(spider(y)
x=y )a run(x))
In vielen Positionen, wo Bezug auf Eigennamen möglich ist, sind Indefinita
nicht möglich.
- 69 -
(3a) In his apartment, I saw Bill washing the dishes
(3b) *Jn his apartment, I saw nobody washing the dishes
(4a) those who have met him say that Bill is dangerous
(4b) *those who have met him say that nobody is dangerous
(5a) After Quirin kissed her, Grete blushed repeatedly
(5b) *After Quirin kissed her, no charming young lady blushed repeatedly
Daß die b-Sätze in (3)-(5) grammatisch und nicht semantisch ausgeschlossen
sind, kann man daran ablesen, daß ihnen eine sinnvolle semantische Repräsen­
tation zugeordnet werden kann
(3b1) there is no x such that, in x*s apartment, I saw x washing
the dishes
(4b1) there is no x such that, those who have met x, say that x is
dangerous
(5b 1) there is no x, x a charming young lady, such that after Quirin
kissed x, x blushed repeatedly
Grundsätzlich verhalten sich wie nobody alle mit every oder each quantifi­
zierten NPn, sowie anscheinend auch a/some in der nicht-spezifischen Lesart
(6)
(7)
*those who have met him say that every man is dangerous
(7b)
*the man who lost it needs to find something
(7c)
*this realization that the world was flat worried someone
*those who have met him say that a guy is dangerous
(oK für Bill, nach Postal (1970))
Wie Indefinita verhalten sich auch Focus-NPn, nach Chomsky (1976)
(8)
*in his apartment, I saw BILL washing the dishes
Und es gehören hinzu nach Chomsky (1976), Reinhart (1976) u.a. auch ^ - A u s ­
drücke
(9a)
*who did those who have met him say was dangerous?
(9b)
*who did he say was brave
Die Beschränkung gilt auch für Relativpronomina (10-, sodaß man an den FocusNPn wie an den w£-Ausdrücken erkennen kann, daß es nicht 1Indéfinitheit1
ist, wie Postal (1970) oder Lakoff (1968) vermuten, was die zusätzliche
Beschränkung auslöst, sondern, wie Chomsky (1976) betont, die Tatsache, daß
jeweils eine gebundene Variable involviert ist, cf. die Repräsentationen (11)
- 70 -
(10)
*the man^whojhe 2 said was dangerous
(11)
For no x, (in x 's apartment, I saw x washing the dishes)
(lib) For every x3 (those who have met x say that x is dangerous)
(11c)
(lid)
(lie)
(Ilf)
For some y (the man who lost y needs to find y)
For x = Bill, (in x's apartment, I saw x washing the dishes)
for which x,x a person (those who met x say x is dangerous)
the man (\x (x said3 x was brave)
Nach Wasow (1972)(1979) komnen noch die definiten NPn hinzu, die im Sinne
von Donnelan (1978) attributiv verwendet werden. Die attributive Verwendung
einer definiten Deskription verhielte sich wie ein Variablen bindender
Ausdruck, er hält anaphorischen Bezug in (12) nur unter der referentiellen
Interpretation möglich.
Ich kann seine Intuitionen nicht teilen, scheint mir doch (14), wo die attri­
butive Verwendung durch egal wer das sein m a g , erzwungen ist, voll akzeptabel.
(12) if he 2 ends the war3 the winner ^ of the elections will be popular
(14)
wenn er die Arbeitslosigkeit beseitigt, dann wird der Gewinner
der Wahlen - wer immer das sein mag - in die Geschichte als Arbeitslosigkeitsbeseitiger eingehen
Auch für den Gebrauch des unbestimmten Artikels ist für eine der Scheidung
referentiell vs. attributiv korrespondierende Mehrdeutigkeit argumentiert
worden, nämlich bezüglich einer spezifischen und einer nicht-spezifischen
Lesart, auch hier kann durch Hinzufügen gewisser Phrasen 1desambiguiert’
werden, durch egal mit welchem in (15b) zur unspezifischen und durch ge­
wissem in (15c) zur spezifischen.
(15a) iah muß das Problem mit einem Analytiker besprechen
(15b) ich muß das Problem mit einem Analytiker, egal mit welchem,
besprechen
(15c) ich muß das Problem mit einem gewissen Analytiker besprechen
Spezifisch indefinite NPn verhalten sich, wie z.B. Wasow (1972)(1979) betont,
wie Definita, vgl. (16)
(16a) After Bill kissed her, a certain young lady (*no young lady)
blushed repeatedly
(16b) the woman he loved betrayed a man I knew (*a guy)
- 71 -
Dieselben anaphorischen Optionen ergeben sich für generische Indefinita
vgl. (17) wieder nach Wasow (1972){1979)
(17) if he has an ugly wife9 a man should find a mistress
Nach Bartsch (1979) ergibt sich eine solche Erweiterung anaphorischer
Optionen auch für jeder , sie schlägt wie Wasow (1979) auch vor, dies Ver­
halten für die Deutung der Eselssätze (siehe dort) zu verwenden.
(18) Früher hatte jeder Seemann einen Bart . Er hatte oft Skorbut .
Er bekam nur 20 Taler Lohn - Er hatte in jedem Hafen eine
Freundin . Er starb an Krätze .
Als Problem ergibt sich (s.o.), etwa v. Carlson (1977) beobachtet, daß
Pronomina und Antezedentien nicht bezüglich der Frage ihrer Generizität
übereinstimmen brauchen.
Es kommt nun natürlich darauf an, zu untersuchen, welcher zusätzlichen Be­
schränkung die indefiniten bzw. Variablen bindenden NPn unterworfen sind
und ob sie überhaupt eine einheitliche Klasse bilden.
Ruft man sich die Daten (3)-(5) ins Gedächtnis, so mag man davon ausgehen
wollen, die wesentliche Beschränkung sei, daß Indefinita nicht koreferenten
Phrasen nachfolgen dürfen. Dies wird tatsächlich so vorgeschlagen von
Kuroda (1972), entsprechend für die BVT von Harman (1972)(1976), daß eine
quantifizierende Phrase nur für das am weitesten links stehende Vorkommen
der gebundenen Variable eingesetzt werden darf, was sich auch aus Montague's
Hineinquantifizierungsregel in Montague (1973) ergibt. Jacobson (1977)
fordert, daß jede Regel, die sich auf eine gebundene Variable bezieht, nur
das am weitesten links stehende Vorkommen betrifft, damit ist etwa (19)
erfaßt
(19)
*the dragon that chased him attacked a knight
s
Kuno (1972) (1975) fordert analog, daß rückwärtsgerichtete Pronominalisierung
im Englischen nur dann möglich ist, wenn die rechte Nominalphrase (je das
Pronomen) 'alte' Information darstellt, m.a.W. keine Quantorphrase, keine
nichtspezifisch indefinite NP ist,cf.
(20) if you see him , stop the/*a policeman
In der Spurentheorie wird nach Chomsky bei wft-Verschiebung eine Variable
zurückgelassen. Auch die Interpretation von Quantoren involviert Bewegung
der NP, allerdings erst auf der Ebene der logischen Form, cf. May (1977).
- 72 -
Für (26) erhält man also die Repräsentation (27), die 'links1«Beschrän­
kung formuliert sich also in der REST wie (28) aus Gueron (1981)
(26a) *wkc>2 did he^ say that Mary loves e
(26b) *Tn his apartment, I sau nobody washing the dishes
(27a) for which x,x a person, he said that Mary loves x
(27b) For no x,x a person, in his apartment, I saw x washing the dishes
(28) A variable, cannot be the antecedent for a pronoun to its left
Auch Heim (1982) formuliert für Indefinita eine ähnliche Bedingung - die
Novelty Condition (29)-, die sich bei links-rechts-Prozessierung aus (30)
ergibt, wobei Dom (0) die ’
gemerkten' referentiellen Indizes des bisher abge­
bauten Textteiles umfaßt.
(29)
An indefinite NP must not have the same referential index as
any NP to its left
(30) For all NP., i €Dom(0) iff N P . is definite
Alle 'Linksbeschränkungstheorien' erklären das sog. schwache Crossover,
also den Kontrast in den Daten in (31)
(31) his mother spoils
Bill/a certain young politieian/*someone/
*a guy/*no leading linguist/*URS
Dazu und zum starken Crossover, s.u.. Problematisch ist bei all dem eben nur,
daß die Linksbeschränkung sowohl zu stark als auch zu schwach ist, wie
wiederum Reinhart (1976) bemerkte. Sie ist zu stark, da (32a)(32c) im GGs. zu
(32b) akzeptabel sind.
(32a) in his apartment, nobody would ever put out cigarettes on
the floor
(32b) *in his apartment, you'll see nobody putting out cigarettes
on the floor
(32c) if you order it now, an amazing magic kit will be yours for
only
$2.98
Der wesentliche Unterschied ist hier, daß in (32a) im Gegensatz zu (32b)
nobody nach Reinharts Strukturierung das Pronomen c-kommandiert, bzw. daß
in der Standardpositionierung für COMP in der Struktur vor wft-Verschiebung
die PP (und damit das Pronomen) von nobody c-kommandiert ist. Analog liegt
in den schwachen Crossoverdaten in (31) kein c-Kommando-Verhältnis zwischen
Pronomen und Quantor vor.
- 73 -
Zu schwach ist die Linksbeschränkung, da (33) unakzeptable Sätze
verstellt.
(33a)
*the fact that somebody in the crowd lost amused him
(33b)
(33c)
*since somebody never wakes up before 5 pm.y we never
*those who have met a guy say h e fs dangerous
see him in A m i m ' s lectures
Aber obwohl sie dem Pronomen in (33) vorangeht, c-kommandiert die NP
dieses in den Beispielen nicht. Die wesentliche Beschränkung scheint
damit aber (34) zu sein, von Reinhart (1976) erstmals vorgeschlagen.
(34)
Indefinite NPn können nur anaphorischen Bezug zu denjenigen
NPn haben, die von ihnen c-kommandiert werden .
Wie die Diskussion von Repräsentationen wie (27) zeigt, ist der anaphorische Skopus einer indefiniten NP also rein syntaktisch auf der Ober­
flächenstruktur oder auf einer etwas tieferen Struktur festgelegt und
steht nicht in einer unmittelbaren Beziehung zum logischen Skopus, wo
vermöge von Quantorenanhebung (May (1977)), Quantorensenkung (generative
Semantik) oder Hineinquantifizieren (Montague (1973) NPn einer weiteren
Skopus als ihren syntaktischen Bereich erhalten können.
3.3. Die Natur der anaphorischen Bezüge, kleine Beschränkungen, Crossover
und der Ort der Beschränkungsanwendung
Wir haben uns nun zunächst zu fragen, welche Konsequenzen aus den in 3.1.
und 3.2. gewonnenen Ergebnisse für die Natur der anaphorischen Bezüge zu
ziehen haben. Wie wir anfangs schon in 3.2. gesagt hatten, ist es möglich,
auch definite Artikel als Quantoren zu deuten, woraus sich die Frage ergibt,
wieso mit diesen konstruierte NPn nicht dieselben weiteren Einschränkungen
über anaphorische Bezüge ausweisen wie indefinit oder pluralisch konstruierte
Bezüge. Auch hatten wir gesehen, daß die c-Kommando-Restriktion nur für die
nicht-spezifische Lesart von singulär indefinit quantifizierten Ausdrücken
gilt. Man kann zwar extensional angeben, in welchen Lesarten welche Ausdrücke
unter die verschärften Anforderungen fallen, doch erhält man dabei, wie
Reinhart (1983) betont, keine natürlichen Klassen, als nur die Anaphoraregeln,
die fraglichen NP-Mengen zu involvieren scheinen. Reinhart beobachtet nun weiter,
- 74 -
daß ’
sloppy identity readings' bei VP-Tilgung oder Gapping nur dann
auftritt, wenn im Mustersatz1 ein c-kommando-Verhältnis zwischen
Pronomen und Antezedens besteht. So ist (35a) dreifach ambig, its
im ersten Halbsatz kann freie Referenz nehmen und sich z.B. auf Cam­
bridge, Mass. beziehen, oder, in der zweiten Lesart, syntaktisch seinen
Bezug auf Los Angeles nehmen. Den Halbsatz and so is New York kann man
weiter deuten als ‘
auch New York vergöttern die Einwohner von L.A.'
aber auch als 'auch New York wird von den Einwohnern von New York be­
wundert' , wobei letztere Lesart die mit 'sloppy identity’ist, da sich
für das rekonstruierbare its residents it nicht wie im Vorgängersatzmodell
auf I.A., sondern auf N.Y. bezieht.
(35a)
Los Angeles is admired by its residents, and so is New York
(35b)
The people who were borne in L.A . admire its beaches, but
(35c)
we paid the professor his expenses, but not the assistant
the people who were borne in N.Y. do not
In (35b) hingegen c-kommandiert L.4. nicht it und analog ist eine sloppyidentity Lesart fur do not nicht erhältlich. Beispiel (35c), für das eine
sloppy-identity-Lesart möglich ist, zeigt, daß es nicht der Subjektcharakter
sein kann, der hier einschlägig ist, da the professor kein Subjekt ist,
sehr wohl aber his expenses c-kommandiert. Die Relevanz des c-Kommandobegriffes wird in Reinhart (1983) durch eine ganze Latte von Beispielen
belegt. Wir können daraus mit Reinhart die Konsequenz ziehen, daß offenbar
auch für definite Antezedentien sich unterschiedliche Verhältnisse zu den
Pronomina etablieren, je nachdem, ob diese von ihnen c-kommandiert werden
oder nicht, nur wenn die c-kommando-Beziehung vorliegt, scheint man wie in
(35a) das Pronomen als eine an das Subjekt gebundene Variable übersetzen
zu können, was eine prädikative Struktur etwa wie (36) ergibt, für die man
nach Wahl des Wertes New York für die Variable die sloppy-identity-Lesart
bekommt.
(36)
x is admired by x rs residents
Ganz analog bekommt man im Dialekt des Autors die durch die laziness-Strategie
ausgelösten oben diskutierten Ambiguitäten nur dann, wenn zw. nur+NP und dem
Pronomen ein c-KommandierungsVerhältnis vorliegt, (37a) ist im GGs zu (37b)
nicht ambig.
- 75 -
(37a)
Nur in dem Brief an Hans stand, daß er intelligent ist
(37b)
Nur Hans verkündet, daß er intelligent ist
Dies bedeutet nach Reinhart (1983), daß die wesentliche Partition zwischen
Pronomina mit c-kommandierendem Antezedens und solche ohne c-kommandierendem Antezedens besteht. Nur ein Pronomen, das von seinem Antezedens
c-kommandiert wird, kann als eine gebundene Variable übersetzt werden.
Dies sei die einzige wesentliche Beschränkung für Pronomina. Die Beziehung
zwischen Pronomen und nichtc-kommandierendem Antezedens, entspricht dagegen
der zwischen Pronomen und kontextuell gegebenen Referenten, und sie ist
keinen syntaktischen Restriktionen unterworfen. Für einen Satz wie (38a)
ist zu sagen, daß keinen Sultan auf nichts referiert und somit auch kein
Äquivalent dazu unter den vielen möglichen Referenten für er besteht, eine
'anaphorische Beziehung wie in (38a) kann sich also gar nicht etablieren.
Zu (38c) ist dagegen zu sagen, daß zwar er freie Referenz wählen kann, jedoch
wegen Prinzip C der Bindungstheorie Salah Ed Din nicht im Skopus eines
referenzgleichen er sein darf.
(38a)
Im Brief an Salah Ed Din stand, daß er Jerusalem herausgeben
müsse
(38b)
*Im Brief an keinen Sultan stand, daß er Jerusalem heraus­
geben müsse
(38c)
*Er streitet ab, daß Salah Ed Din Richard Löwenherz getötet hat
Alternativ könnte man wie Heim (1982) versuchen, daß Problem einer natür­
lichen Bezugsklasse für die c-Kommandorestriktion dahingehend zu lösen, alle
freiere
anaphorische
Möglichkeiten zulassenden Ausdrücke wie Renate, the
spider an your head, a aertain young lady als referierende Ausdrücke zu über­
setzen und somit zu einer natürlichen Klassenbildung zu gelangen. Neben den
Problemen, die dies für intersententielle Bezüge hat (cf. dazu 4.1.) ist
hiergegen einzuwenden, daß sich, wie wir sahen, die relevante Scheidung
bezüglich c-Kommando eben auch für definite Antezedentien festmachen läßt
und somit natürlich die 'Übersetzung 1 von a certain young lady als Prinzessin
Finicella nicht die Probleme mit sloppy identity und nur-Ambiguitäten lösen
wird, andererseits die Reinhart'sche Lösung dieses Problems auch Heims Daten
ergeben wird, wenn man einen Ausdruck für den anscheinende referentiellen
Gebrauch von a aertain young lady bei intersententieilen Pronominalisierungen
finden kann. So eine Theorie scheint mir etwa mit Cooper (1979) aber vorzu­
liegen, worauf wir in 4.1. zurückkommen werden.
- 76 -
Wenn wir Reinharts (1983) Ergebnisse zu akzeptieren bereit sind, werden wir gegen­
überweiteren 'kleinen' Beschränkungen über Pronominalisierung, die die
links-rechts-Abfolge betreffen, eine sehr kritische Position einzunehmen
haben.
(39)
*Penelope cursed him and slandered Peter
Offenbar kann man in (39) him nicht als mit Peter koreferent interpretieren.
Es ist aber fraglich, ob dies ausreicht, wie Langacker (1966)(1969) eine
Beschränkung in die Grammatik aufzunehmen, die es verbietet (p. 162, a.a.O.),
in einer Konjunktsequenz ein Pronomen a mit einer nicht-pronominalen NP b
koreferenz zu haben, wenn a im j-ten Konjunkt und b im j+i-ten Konjunkt
steht. Denn nach dem Stand der Debatte besteht zwischen diesen beiden Posi­
tionen wegen des Nicht-Vorliegens einer c-kommando-Beziehung gar keine
anaphorische Relation.
Eine wesentliche Beobachtung, wiederum Lakoff (1968) zu verdanken, ist es
hier, daß es anscheinend eine Hierarchie zwischen NPn-Typen gibt, dergestalt,
daß höher in dieser Hierarchie angesiedelte NPn dazu tendieren, im Text eher
'links' zu erscheinen. Man sieht dies exemplifiziert an den Beispielen in
(40), die eine Hierarchisierung wie (41) nahelegen, wobei die Subjekte jeweils
koreferent seien.
(40a)
Napoleon came in and Napoleon imnediately sentenced the
girl to death
(40b)
*Napolean came in and Bonaparte immediately sentence! the girl
to death
(40c)
Napoleon came in and the emperor immediately sentenced the girl
to death
(40d)
Napoleon came in and the bastard immediately sentenced the girl
(40e)
Napoleon came in and he immediately sentenced the girl to death
to death
(40f)
*The Emperor came in and Napoleon imnediately sentenced the
girl to death
(40g)
The Emperor came in and the emperor immediately sentenced the
girl to death
(40h)
*the Emperor came in and the man with the strange hat immediately
sentenced the girl to death
(40i)
the emperor came in and the bastard imnediately sentenced the
girl to death
- 77 -
(40j)
the emperor came in and he immediately sentenced the girl
to death
(40k)
*the bastard came in arid Napoleon immediately sentenced
(401)
*the bastard came in and the emperor imnediately sentenced
the girl to death
the girl to death
(40m)
the bastard came in and the bastard imnediately sentenced the
girl to death
(40n)
*the bastard came in and the dirty pig imnediately sentenced
the girl to death
(40o)
the bastard came in and he immediately sentenced the girl to death
(40p)
*He came in and Napoleon imnediately sentenced the girl to death
(40q)
*He came in and the emperor imnediately sentenced the girl to death
(40r)
*Se came in and the bastard immediately sentenced the girl to death
(40s)
(41)
He came in and he immediately sentenced the girl to death
Eigennamen vor definiten Deskriptionen vor 'pronominalenr
Epiteta vor ’
P ronomina
Generell scheint es so zu sein, daß man bei Satzkonjunktionen akzeptable Texte
nur dann erhält, wenn eine wiederaufgenommene Referenz bezüglich (41) niedriger
oder gleich ausgedrückt wird, wobei im letzteren Falle, cf. (40b,h,n) syntak­
tische Gleichheit des weiteren erforderlich scheint. In einer Sprache wie dem
Deutschen kann man m.E. die Gleichheitsforderung auch für Pronomina beweisen.
Einen Text wie (42) kann man mit (43a) oder (43b), Koreferenz vorausgesetzt,
natürlich fortsetzen, nicht abennit (43c), wo wir einen Wechsel im granmatisehen Geschlecht der Pronomina vorfinden.
(42)
Ein hübsches Mädchen kam in das Zirrmer
(43a)
(43b)
Sie trug ein blaues Kleid . Sie fragte, wie spät es sei
(43c)
Es trug ein blaues Kleid , und es fragte, wie spät es sei
*Es trug ein blaues Kleid, und sie fragte, wie spät es sei
Die Mädchen scheinen mir nebenbei linguistisch insofern eben auch inter­
essant zu sein und Reinharts Thesen zu belegen, als in meinem Dialekt die
Pronominalisierung von das Mädchen mit sie (i.e. semantische, nicht syn­
taktische Obe re ins ti mniung) nur bei Nicht-c- Kommandierung möglich ist, cf.
- 78 -
(44a)
Das Mädchen neben dev Tafel weiß, daß es/*sie schön ist
(44b)
(44c)
Ich sagte dem Mädchen , daß es/*sie schön sei
- (42) + (43a)
Man wird also die Beschränkung, die sich in (39) ausdrückt wohl eher
als ein pragmatisches Prinzip der Textgestaltung wegen (40) anzusehen
haben als eine Beschränkung über das Auftreten von Pronomina im gramma­
tischen Sinne. Dies gilt v.a. auch deshalb, als wir das in (39) exem­
plifizierte Verbot bei geschickter Textgestaltung sehr wohl verletzen
können, cf.(45)
(45a)
she has the whole city at her disposal and Rosa just sits
at home
(45b)
(nach Reinhart (1976))
Er ist der mächtigste Mann der Stadt, aber trotzdem tut der
Bürgermeister nichts gegen die Umweltverschmutzung
Eine zweite 'kleine Beschränkung', die für das GB-Rahmenwerk einige Bedeutung
erlangt hat, besteht in der von Langendoen aufgedeckten 'Containment
Condition' (cf. Chomsky (1981)). Nach Langendoen1s Formulierung sind Indi­
zierungen wie (46) verboten, was Chomsky zu (47) verallgemeinert, cf.
hierzu die Daten (48)
(46)
*(--- Proi ..... )
*NP . of (.... p r o .... )
(47)
*( ....a , ..... )., falls a. nicht der Kopf der Konstruktion
(48a)
*the wife of her ohildhood's friend
(48b)
(48c)
*the friends of each other
%
U
%
*the builder of his house
An den Beispielen wie (48) kann man sich überlegen, ob es überhaupt erfor­
derlich ist, etwas wie (47) in die Grammatik aufzunehmen, da doch die
Referenzbestimmung der NP (48c) etwa offensichtlich zirkulär ist. Um festzu­
stellen, um welchen Freund genau es sich handelt, muß man die Referenz
von each other kennen, diese jedoch erfährt man nur, wenn man die NP bereits
gedeutet hat, ein unmöglich auszuführendes Programm. Andererseits bedarf man
der Beschränkung (47) auch zum Ausschluß gewisser nicht-interpretierter
Indizierungen in neueren syntaktischen Theorien. Die Argumentation übersieht
auch, daß Pronomina sich als gebundene Variablen übersetzen lassen. Einer
Phrase wie (48b) kann man danach die semantische Repräsentation 'the x such
that x builds x's house' zuweisen, an der ich nichts zirkuläres finden kann.
- 79 -
Drittens gibt es gerade Daten, die (47) verletzen und bei einer seman­
tischen Fundierung von (47) uninterpretierbar sein müßten, was sie
nicht sind; Indizierungen wie (47) sind nämlich möglich, falls a^ in
einem Relativsatz oder Adjektiv eingebettet ist.
(49a)
(49b)
(der Mann, der sein^ Haus gebaut hat) ^
die sich treuen Verbuchungsdamen
Ob man APn und Relativsätze explizit als Kontext für (47) ausschließen
muß, ist mir nicht klar, da man Verletzungen von wohl fundierten Constraints
in eben diesen Kontexten auch anderswo findet, sodaß man wohl ein allge­
meineres Phänomen vorliegen hat.
Intervenierende Satzgrenzen führen nämlich z.B. zum sogenannten Anticrossovereffekt, einer Verletzung der Crossover-Beschränkung.
Unter Crossover versteht man die Tatsache, daß gewisse Sätze allein deshalb
ungrammatisch zu sein scheinen, weil in ihrer Derivation - in der Bewegungs­
metaphorik der TG gesprochen - zwei koreferente Phrasen einander gekreuzt
haben. Man findet es, wie Postal (1971) zeigt, für jede Art von Bewegungs­
transformation, cf. (50) für Passiv, (51) für tough-Movement, (52) für
Raising-tOT Subject, (53) für about- Movement, (54) für ufc-Verschiebung.
(50)
*1 was seen by myself
(51)
*J was difficult for me to shave
(52)
*1 seem to myself to be clever
(53)
*1 talked about himself to Tirmty
(54)
*who did he say loved Zelda?
Hinzu kommen die oben schon angesprochenen schwachen Crossoverdaten (schwach,
da die Intuitionen weniger klar sind) der Art (55), die als ‘
Oberkreuzung’
nur zu deuten sind, wenn man eine Regel wie Quantorensenkung oder Quantoren­
anhebung annimmt
(55)
*His mother loves everyone
Zu (55) haben wir oben bereits gesehen, daß die beste Beschreibung die ist,
daß everyone his nicht c-kommandiert und daher his nicht als von every
gebundene Variable übersetzt werden darf.
(50)-(54) haben weniger miteinander gemein als es die Präsentation so weit
vermuten läßt. Bei den sogenannten NP-Verschiebungen (50)-(53) ergibt sich,
wie Postal (1971) beobachtet, das Crossover-Phänomen, nur dann, wenn die
- 80 gesamte bewegte Phrase selbst das koreferente Element darstellt. Ist das
koreferente Element in der bewegten Phrase dagegen echt enthalten,
bleiben die Sätze gut.
(56)
the boy who annoyed Charley was critized by him
(57)
John's father was tough for him to visit
(58)
Bill's mother seems to him to be clever
Dagegen erhält man in der geschilderten Situation bei ufc-Verschiebung
weiterhin eine Crossover-Ungrammatikalität.
(59)
*whose mother did he say was clever?
Die Scheidung zwischen NP-Verschiebungsabhangigkeiten wie Passiv, Raising
und tfÄ-Verschiebungsabhängigkeiten ist in der generativen Grammatik eine
wohletablierte, sodaß nichts dagegen steht, die Daten (50)-(59) in eben
dieser Begrifflichkeit zu erklären. Allerdings wird tough-Movement gele­
gentlich der Status wft-Verschiebung zugeschrieben (so Chomsky (1982), vgl.
dazu im GGs. Nanni (1978)).
Das NP-Crossover-Verbot ist vielfach beobachtet worden (Postal (1971),
Radford (1978)) ohne eine wirklich befriedigende Erklärung gefunden zu
haben. Postal (1971) schlägt vor, NP-Verschiebung zu verbieten, falls sich
durch sie zwei clause-mate NPn, die koreferent sind, kreuzten, was zwar
wahr ist, aber nichts anderes als eine Reformulierung der Datenlage dar­
stellt. Mir scheint es nicht ausgeschlossen (cf. FAnselow (1983)), das
NP-Crossover natürlich über Argumentskettenkonstitutionen zu beschreiben,
nämlich zu fordern, daß eine leere NP-Position sich der A-Kette der sie
am nächsten bindenden Position anschließt, was in den NP-Crossoverfallen
jeweils zu einer verdoppelten Verletzung des Theta-Kriteriums aus Chomsky
(1981) führte. Es ist hier jedoch nicht der Platz, diese Lösung zu ver­
teidigen.
Auch für den w/i-Crossover existiert der Vorschlag, ihn als eine Beschränkung
über w/i-Verschiebungen so zu formulieren, dergestalt daß diese eben dann ver­
boten werden, wenn bei der Bewegung eine koreferente NP gekreuzt würde (so
Postal (1971)). Wiederum ist dies eine bloße Reformulierung der Daten, weswegen
es lohnend ist, sich nach einer anderen Lösung umzusehen.
Chomsky (1976) versucht, den
wä-
Crossover, wie oben bereits gesagt, auf eine
links-Beschränkung für Variablen zu reduzieren, nach der eine Variable nicht
das Antezedens für ein Pronomen zu seiner Linken sein dürfe, was offensichtlich
(60) und den schwachen Crossover erfaßte.
(60) who did he say e^ (=vbl.) kissed Mary
Hiergegen ist nur einzuwenden, daß sich oben die Links-Beschränkung für die
Konstitution anaphorischer Bezüge von quantifizierten Ausdrücken eben als
- 81 -
nicht einschlägig erwiesen hatte, und die Aufrechterhaltung der Be­
schränkung nur für Sätze wie (60) der Postal'schen Stipulation insoweit
nahekommt, als wh- Verschiebungen im Englischen eben nach links orien­
tiert sind.
Interessanter ist schon Higginbotham‘
s Vorschlag (Higginbotham (1980)) das
uA-Crossover dahingehend zu beschreiben, daß in den verletzenden Fällen
das Pronomen nicht als Variable übersetzt werden kann. Er setzt dabei
das Operieren einer Quantoren- bzw.-NP-Anhebungsrege1 auf der Ebene der
logischen Form bzw. während der Abbildung der Oberflächenstruktur in
die logische Form, voraus. Wenn ein Satz wie (61a) also die logische Struktur
(61b) hat, kann gefordert werden, daß sich ein Pronomen nur dann in eine
Variable übersetzen kann, wenn es von einer (durch Quantoren- oder ^ - B e ­
wegung entstandenen) leeren Position c-kommandiert wird, mit der es koindiziert ist.
(61a) Ein Mädchen sagt, daß es intelligent ist
(61b) Es gibt ein x3x Mädchen Ce sagt , daß es intelligent ist)
In (60) hingegen ist nun offensichtlich, daß Pronomen nicht von der leeren
Position c-kommandiert, kann also nicht als Variable gedeutet und damit
auch nicht als von wh- Gebundene verstanden werden.
Higginbothom (1980) selbst formuliert diesen Ansatz in Begriffen einer
weiterer Indizierungsoperation zwischen syntaktischer Struktur und logischer
Form. Dagegen kann natürlich zu recht wie von Reinhart (1983) der Einwand
erhoben werden, daß die Hinzufügung einer weiteren Koindizierungsprozedur
in die Grammatik ad hoc erfolgt und damit ohne Erklärungswert ist.
Auch bei meiner Interpretation der Higginbotham1sehen Idee bleibt natürlich
offen, warum Pronomina die merkwürdige Eigenschaft haben sollten, sich bei
dem c-Kommandiertwerden von einer leeren NP-Position in eine Variable über­
setzen zu können. Was enkodiert wird, ist offenbar, daß vor Bewegung die
quantifizierende Phrase (und damit nach Bewegung die leere Position) das
Pronomen c-kommandiert hat.
Von Peter Culicover stammt der,in den auf Chomsky (1976) folgenden Schriften,
v. Chomsky ausgewertete Ansatz, eher für die leere Position die bei whVerschiebung angenommen wird, Eigenschaften anzunehmen, die einen anaphorischen
Bezug zum Pronomen ausschließen. Chomsky (1981) nimmt im Sinne der Spuren­
theorie an, daß die in (60) durch ^-Verschiebung kreierte leere Position
- 82 -
eine phonetisch nicht spezifizierte NP enthalte, eine syntaktische
Variable, die dem Bindungsprinzip C für selbständig referierende Aus­
drücke unterliege. Ist e^ dann mit he koindiziert, so ist es in (60)
von he gebunden, was nach Prinzip C für selbständig referierende Aus­
drücke gerade verboten ist. (60) ist unter dieser Interpretation also
ungrammatisch, weil die zurückgelassene Spur nur anaphorische Bezüge zu
von ihr c-kommandierten Pronomina eingehen kann, cf- (62)
(62)
e^ said that he^ loved the girl near the blackboard?
Es ist sicherlich unschön, für syntaktische Variablen Eigenschaften zu
fordern, die nur über Crossoverdaten rechtfertigbar sind und diese dann
zur Erklärung des Crossover zu verwenden, diese Kritik kann man aus
Chomsky (1982) Koster (1982) herauslesen. Chomsky (1982) greift daher
Gedanken aus dem Schlußkapitel von Chomsky (1981) auf, nach denen sich
die Eigenschaften leerer Positionen aus der Struktur ihrer lokalen Umge­
bung konstituierten und nicht ad hoc stipuliert werden müßten, Oer we­
sentliche Punkt ist, daß Chomsky für die Eigenschaft, Variable zu sein,
das Vorliegen einer lokalen Bindung durch einen Operator fordert. Diese
ist nun gerade in (60) nicht gegeben. Es folgt daraus im Rahmen der
Chomsky'schen Prinzipien, daß e. eine Anapher im Sinne seiner Bindungs­
theorie, m.a.W. in der regierenden Kategorie (das ist hier der Komplement­
satz) gebunden sein muß. Andererseits ist e^ von he gebunden, woraus sich
im erweiterten GB-Rahmen ergibt, daß e^ ein Pronomen im Sinne der Bindungs­
theorie Chomsky's ist, m.a.W. in der regierenden Kategorie nicht gebunden
sein darf. Also wird für e.. sowohl Bindung als auch Nicht-Bindung in der
regierenden Kategorie gefordert, was offenbar nicht erfüllt werden kann,
weshalb der Satz (60) nun in der GB-Theorie ohne die Stipulation, daß
e^ eine Variable ist, ausgeschlossen werden kann.
Das Problem an dieser Erklärung ist nur, daß sie ebenso wie die Argumentation
in Chomsky (1981) nicht auf Fälle wie (63) ausweitbar ist.
(63)
*uho^ does his^ mother spoil e
e.j ist hier natürlich nicht von his mothev gebunden, sondern frei, die Koindizierung mit his reicht wegen des Nicht-Vorliegens der c-KommandobeZiehung
zur Etablierung der Bindungsrelation nicht aus. Es scheint also, daß der
Lösungsweg Culicover-Chomsky, der wesentlich Bindung involviert, prinzipiell
einen großen Bereich von ^ft-Crossover nicht beschreiben kann.
- 83 -
Wenngleich das Scheitern aller bisherigen Vorschläge die Behauptung im
strengen Sinne nicht belegt, da Mangel an Imaginationsgabe nie einen
Beweis darstellt, scheint mit doch aus der Diskussion ablesbar, daß eine
Beschränkung des Crossoverphanomens in Begriffen der Oberflächenstruktur
nicht möglich ist. Wir sahen ja schon an Higginbotham's Vorschlag, daß
dieser eigentlich auf die Eigenschaften einer Struktur von wh-Verschiebung
bezug nimmt. Sieht man sich den Satz (60) vor whrBewegung an, d.h. be­
trachtet man (64), dann schließen die Reinhart/CulicovervBeschränkungen die
unerwünschte Bindung aus.
(46)
he. said that who . hiaoed Mary
he ist nicht von who c-kommandiert und kann daher nicht als von who gebundene
Variable gedeutet werden. Daneben ist who ein 'selbständig referentieller
Ausdruck' (im Sinne der Chomsky^chen Bindungstheorie), der in (64) in­
kor rekte rweise von he gebunden wird, wenn die Bindungstheorie auf dieser
Ableitungsebene bereits applizieren dürfte.
Man kann die Struktur, die nach NP-Bewegung entstanden ist, aber ufc-Verschiebung noch nicht unterworfen wurde, NP-Struktur nennen, wie dies Riemsdijk/
Williams (1981) vornehmen und dann die Bindungstheorie auf die NP-Struktur
anwenden lassen. Dann sind tatsächlich alle Crossoververfälle erklärt. Es
scheint mir kein wesentliches Argument gegen den Vorschlag von Henk v.
Riemsdijk und Edwin Williams zu sein, daß eine weitere syntaktische Ebene
postuliert wird, da sie diese durch eine eindrucksvolle Datenmenge unab­
hängig motivieren können. Es muß allerdings ein Analogon zum Projektions­
prinzip gefordert werden, daß verhindert, daß auf die NP-Struktur folgende
Verschiebungen die Bindungstheorie verletzen und das etwa besagte, daß die
Bindungstheorie metaphorisch geredet 'ab
der NP-Struktur' gilt. Es scheint
mir (und auch Riemsdijk/Williams) etwas problematisch, daß man die Inter­
pretation der Pronomina dennoch auf der NP-Struktur vornehmen muß (nur
hier liegen die relevanten c-Kommandierungsbezüge vor), doch ist dies
denke ich in Kauf zu nehmen.
Wegen der syntaktischen Motivation der NP-Struktur scheint mir dieser Vor­
schlag auch Koster (1982) überlegen zu sein, der den Bezug auf vor afc-Verschiebungsstrukturen dadurch herzustellen versucht, daß er (über die Ar­
guments- und Nicht-Argumentsketten) sich die lokalen Eigenschaften einer NP
in der Ausgangsposition auf die NP in der Endposition übertragen läßt.
- 84 -
Dadurch würde sich die Eigenschaft, in (64) von he c-kommandiert
zu sein
auf who in (60) übertragen, was zu einer Verletzung der Bindungs­
theorie für R-Ausdrücke z.B. führt. Zunächst einmal ist es aber so,
daß, worauf Ede Zimmermann hingewiesen hat, sich nicht jede lokale Eigen­
schaft vererben darf. So hat ja who in (64) die Eigenschaft, he nicht
zu kommandieren als auch (aus der neuen Position heraus) zu c-kommandieren.
Diese Situation wäre intolerabel. Man muß also für die zu übertragenden
Eigenschaften eine Vorauswahl treffen, was viel von der ursprünglichen
Eleganz des Ansatzes wegninwit. Hinzu kommt, daß sich für Sätze wie (63)
das Problem ergibt, daß unter den Reinhart'sehen Bedingungen eigentlich
Bewegung who gerade in eine Position bringt, wo es die Variablenlesung
für his gerade triggern könnte, nimmt man nicht weitere Prinzipien an.
Sind diese aber nicht universell rechtfertigbar, dann müßte man wegen (63)
die target-Eigenschaften bei der Oberprüfung einer S-Struktur auf die
Bindungsdaten hin gerade vergessen, und dies wäre äquivalent zu einem
NP-Struktur-Ansatz.
In noch größere Schwierigkeiten kommt der Ansatz aber durch tough-Daten
wie (58), Raising-Daten wie (58) oder Passiva wie (65)
(65)
der von Peter ausgeschriebene Preis wurde ihm selbst verliehen
(66) Renate verleiht ihm selbst den von Arnim ^ ausgeschriebenen Preis
Es ist so, daß in der D-Struktur von (57) John’
s father von him c-kommandiert wird, was die Bindungstheorie verletzte, würde sie bereits auf der
D-Struktur angewendet. Analoges gilt für (58). (65) ist akzeptabel mit
der Lesart ihm-- Peter,aber nur deswegen, weil ihm als Dativobjekt das Peter
enthaltende Subjekt nicht c-kommandiert und daher Peter nicht inkorrekt
gebunden ist. Auch dies ist keine Eigenschaft, die bereits auf der DStruktur vorliegt, in (66), wo wegen Nichtvorliegens von Passiv die PreisNP noch in der Objektposition steht, schließt die Bindungstheorie die ange­
gebene Koindizierung aus. Es ist also jeweils für (57)(58)(65) so, daß erst
Bewegung einen zu Ungrammatikalität führenden Kontext für Peter/John oder
Bill beseitigt. Aber Kosters Theorie sagt gerade voraus, daß diese Eigenschaften
den bewegten Phrasen vererbt werden, wenn in (57)(59)(65) die bewegten Phrasen
noch ihre D-Struktureigenschaften hätten, wie Koster es vorhersagt, sollten
die Sätze ungrammatisch sein. Koster1s Vorschlag greift also zu kurz.
- 85 -
Das schöne Bild, daß sich etwa im Sinne der Ansätze von Riemsdijk und
Williams abzeichnete, trübt sichfreilich durch die sog. Anticrossover­
daten. NebenLakoff's (1968) Beispiel (67a,b) ist das Phänomen wohl
eingehend zunächst von Wasow (1972) beschrieben worden, anders als in
den bislang diskutierten Fällen wird eine Koindizierung durch Bewegung
in (68b) nicht schlechter als die Ausgangsstruktur (68a), sondern besser.
(67a)
(67b)
*In John's apartment, he smokes pot
In the apartment that John rented from the Salvation Army,
he smokes pot
(68a) *he^ finally married one of the women Billy had been dating
(68b) which of the women Billy had been dating did he finally marry?
Es ist ganz richtig, wie Riemsdijk/Williams (1981) betonen, daß die Daten
(67)(68) für jede der vorgeschlagenen Theorien problematisch sind. Der
Chomsky-Culicover-Ansatz sagt zwar korrekt für (67b)(68b) keine Sterne
voraus, aber nur unter dem nicht tolerierbaren Preis, (63) nicht mit einem
Stern zu versehen. Jede Theorie, die (63) ungrammatisch macht, tut dies ohne
Zusatzannahmen aber auch für (67b)(68b). Es scheint tatsächlich vielleicht
nichts mehr dazu zu sagen zu sein, daß gewisse Beschränkungen ausgesetzt
sind, wenn die fraglichen Positionen durch einen S-Knoten o.a. getrennt
sind, was ja auch schon für die Containment-Bedingung eine erforderliche
Ergänzung war.
Dagegen mag aber sprechen, daß bei Crossover in weiteren Kontexten die Be­
dingungen gelockert sind. So scheinen (69), beides Crossover-Verietzungen,
durchaus akzeptabel
(69a) which of his parties do Bill's friends like best?
(69b) which of Bill's parties do his friends like best?
Mir scheint es so zu sein, daß zu einer Konstituierung eine Crossoververletzung dazugehört, daß zumindest eine der beiden Positionen ein Argument
des Matrixverbs ist, sind dies beide nicht wie in (69)»scheinen keine
Probleme zu resultieren. Ist eine der Positionen dann nicht im Prädikationsrahmen des Verbs, darf sie nur eine gewisse Entfernung von diesem haben,
einfache Einbettung in NP scheint nahe genug, Einbettung in einen Relativ­
satz zu weit, um eine Crossoververletzung zu ergeben. Dies mag dann darauf
hindeuten, daß Crossover wesentlich eine Eigenschaft der funktionalen Struktur
eines Satzes im Sinne von Bresnan (1982) darstellt, was mit zwei Fakten
- 86 -
zusammengin<p. Einmal spiegelt die funktionale Struktur wohl NP-Verschiebungen, nicht aber afc-Verschiebungen wider. Zum anderen, cf.
Huang (1981) oder Jacobson (1977), weisen auch Sprachen ohne aft-Verschiebung wie Chinesisch, Koreanisch oder Japanisch,Crossover-Verletzung
auf, was zeigt, daß diese zumindest nichts mit syntaktischer uA-Verschiebung als solcher zu tun haben können.
Ob es sich nun um eine funktionale Struktur, die NP-Struktur, eine um
Tiefeninformationen erweiterte S-Struktur handelt, was der Forschungs­
bericht in Abschnitt 3. bislang ergeben hat, ist, daß sich die Pronominal­
semantik ohne Bezug auf syntaktische Informationen im strengen Sinne,
c-kommando ist ein syntaktischer Begriff, kein semantischer, nicht formu­
lieren läßt. Ich halte dies für ein aufregendes und unerwartetes Resultat,
Es gibt aber einen wesentlichen Versuch, vorgestellt von Barbara Partee
und Emnon Bach in mehreren in den letzten drei Jahren präsentierten
Papieren, die anaphorisehen Restriktionen doch in der Semantik zu formu­
lieren. Man kann sich das Funktionieren dieses Ansatzes an einem sehr ein­
fachen Beispiel klarmachen. Einem Vorschlag von Cooper (1975) folgend, wird
der Übersetzung eines jeden Ausdruckes ein oder mehrere Speicher zugeordnet,
der bzw. die noch nicht abgearbeitete Quantoren enthalten können, aber auch
Indices von Pronomina. Jedes Pronomen (das selbst unindiziert ist), hat als
Übersetzung neben der Formel xPPtx^} (mit i jeweils verschieden) in seinem
lokalen Pronomenspeicher eben diesen Index i. Bei syntaktischen Funktionalapplikationsregeln werden die Pronominaspeicher der beiden von der syntak­
tischen Regel erfaßten Elemente vereinigt. Hat gives it z.B. den Index 4
im Speicher und to him den Index 6, dann hat gives it to him 4 und 6 im
Speicher. Eine allgemeine Beschränkung fordert nun, daß nur solche übersetzungsSpeicherpaare qua Funktionalapplikation verbunden werden dürfen, deren
Speicher disjunkt sind. He loves him kann damit aber nicht so übersetzt werden,
daß beide Pronomina durch die Variable x^ repräsentiert sind, da in diesem
Falle he und loves him den Wert 3 gespeichert haben müßten. Zur Erklärung von
he says that he is clever wird weiter angenommen, daß bei der Erreichung des
t-levels, eines Satzknotens also, jeweils der gesamte Speicherinhalt gelöscht
wird, that he is clever ist also ein leerer Speicher zugeordnet. Es scheint
keine Gründe zu geben, weshalb sich irgendeines der Reinhart-Constraints
nicht so formulieren lassen können sollte. Nur ist der Knackpunkt eben der,
- 87 -
auf den Landmann/Moerdijk (1983) hingewiesen haben, nämlich daß der
Einbau von Speichern, mit dem man auf Eigenschaften der Logiksprache,
in die übersetzt wird, Bezug nimmt, das Kompositionalitätsprinzip verletzt,
das es ja verbietet, bei der Interpretation auf etwas anderes als die
Bedeutung der Teilausdrücke, eben z.B. eine bestimmte Repräsentation
dieser Bedeutung in einer bestimmten Logiksprache, Bezug zu nehmen.
Das heißt dann aber nichts anderes,als daß Bach-Partee's Vorschlag
eben auch kein semantischer ist, sondern einer, der syntaktische Eigen­
schaften umkodiert, und es ist mehr als fraglich, ob dies einem Ansatz,
der syntaktische Beschränkungen auch tatsächlich in der Syntax ausdrückt,
überlegen sein kann.
4. Zur Konstitution intersententieller anaphorischer Bezüge
4.1. Wie beschreibt man intersententieile Anaphora?
Für intra-sententielle Anaphorabezüge definiter wie indefiniter Nominal­
phrasen scheint Reinhart's Beschränkung - von den Eselskontexten vielleicht
einmal abgesehen - nur korrekte Vorhersagen zu machen. Ein nicht unerheb­
liches Problem entsteht nun dadurch, daß eine Teilklasse der indefiniten,
also quantifizierten, NPn nämlich a/some/ein N, nicht aber every/no N,
anaphorisehe Bezüge im weiteren Sinne zu nachfolgenden Sätzen entstehen
lassen können, obwohl sie, in Reinhart's Position, nicht referieren, cf. (1).
(1) A man came in. He dreh) a gun
Gegen die erwägbare Lösung, für a die Skopusbeschränkung und/oder die
c-Kommando-Bedingung zu lockern, also (1) die logische Repräsentation (2)
zuzuweisen, spricht einiges.
(2)
Vx(man(x) <£ oame in(x) & dreiö a gun(x))
Evans (1980) zeigt nämlich, daß für von a verschiedene Quantoren Repräsen­
tationen wie (2) stets inkorrekt sind, nämlich für die intrasententiellen
Bezüge pluralisch indefinit quantifizierter NPn, die zur Existenz der sog.
E-Typ-Pronomina führen. (3) besagt nicht, wie die logische Formel (4), daß
es einige Schafe gibt, die H. besitzt,und Bill impft, sondern ist nur dann
wahr, wie (5) notiert, wenn Bill alle Schafe die Hans besitzt auch impft.
- 88 -
(3) Harry owns some sheep and Bill vaccinated them
(4) V at least two x (sheep(x) & own (harry,x)
vaccinate (bill,x))
(5) V at least two x (sheep(x) & own (harry,x) <SAy (sheep(y)
<S own (harry,y) ----- ►vaccinate (bill,y)))
Das Argument läßt sich für jede pluralische NP genau so formulieren. Lizen­
siert man für (1) einen extrem weiten Skopus, so erhält man jedoch auch
inkorrekte Lesarten für singuläre NPn, wie Jacobson (1977) bemerkt, nämlich
existieren gewisse 'Zwischenskopi' nicht. Man betrachte Satz (6)- Syntak­
tischem Bereich entspricht der semantische Skopus, der in (7a) angedeutet
ist. Gibt man a Skopus über den Matrixsatz und the weiter Skopus über a,
so erhält man die 'anaphorisehe* Lesart (7b). Aber bei Skopus!iberalisierung
muß es auch möglich sein, nur a weiten Skopus zu geben, d.h. (7c) als eine
Lesart für (6) zu postulieren. (7c) gibt aber keine Bedeutung von (6) wieder,
da (7c) im Gegensatz zu (6) mit der Existenz mehrerer männlicher Löwenseher
vereinbar ist.
(6)
the man who saw a lion shot it
(7a)
The x (Vy (y a lion <S saw(x,y)) & shot (x,it))
(7b)
The x (Vy (y a lion & saw(x,y) & shot (x,y )))
(7c)
Vy (the x (y a lion & saw(x3y) & shot (x,y)))
Analog geht das Argument von Fodor/Sag (1980)(1982). (8) zeigt, daß Skopus
von Indefinita das Complex-NP-Constraint von Ross (1967a) beachtet, d.h.
(8) ist nicht im Sinne von (9) verstehbar.
(8)
John overheard the rumor that each of my students had been
(9)
Vx(student of mine (y) -* John overheard the rumor that y had
called before the dean
been called before the dean))
(10) scheint nun neben (11) auch die Lesart (12) zu haben, mit weitem Skopus
für a. Aber unter einer Skopuslösung ist unklar, wieso die Zwischenskopusdeutung (14) nicht existiert.
(10) each teacher overheard the rumor that a student of mine had
been called before the dean
(11) Vx(x a teacher -+ x overheard the rumor (Vy,y a student & y
had been called before the dean)
- 89 -
(12)
Vy(y a student <S Vr(x a teacher -* x overheard the rumor
that y had been called before the dean}
Vx(x a teacher -►Vy(y a student (x overheard the rumor that
(14)
y had been called before the dean))
Hinzu kommen grammatiktheoretische Überlegungen, das Skopusverbal ten von
Quantoren möglichst allgemein und einheitlich als einen satzgrammatischen
Prozeß behandeln zu können.
Dabei sollte betont werden, daß aus den präsentierten Daten nicht folgen
kann, daß Quantorenanhebung in der einen oder anderen Deutung des Terms
keinen Platz in der Grammatik habe. Es scheint nämlich wie Farkas (1982)
oder Landman/Moerdijk (1983) aufzeigen, nicht in jedem Fall von Skopusambiguität möglich, die eine Lesart pragmatisch als stärkere aus der anderen
abzuleiten, einschlägige Beispiele sind (15) und (16)
(15)
Many arrows didn't hit the target
(16)
Every schoolboy believes that a mathematician wrote rThrough
the locking Glass1
Dies stellt wiederum ein Problem für eine semantische Theorie der Anaphora­
bezüge dar, da hier der Quantor einen weiteren Bereich bekommt als seinen
syntaktischen Skopus, der allein für Koreferenzfragen verantwortlich ist.
Es gibt eine ganze Reihe von Vorschlägen (wir haben sie oben schon kurz
kennengelernt), mit dem Problem intersententieller ‘
anaphorischer' Bezüge
zwischen Pronomina und quantifizierten Phrasen fertigzuwerden.
Cooper (1979) hält es für eine Erklärungsmöglichkeit, (17) analog zu den
deiktischen Pronomina zu erklären, ein Vorschlag, der also ganz auf der
Linie von Reinhart (1983) liegt.
(17)
A girl looked up. She smiled
Der erste Satz im Text (17) macht eine gewisse Aussage über den Individuen­
bereich D, nämlich, daß er eine nichtleere Teilmenge von aufschauenden
Mädchen enthält. She wählt wie beim kontextuell gestützten Gebrauch nun
eine Variable x^ mit einem (weiblichen) Referenten k heraus, der (!) nun
zufällig in die nichtleere Teilmenge der aufschauenden Mädchen fallen kann.
Diese Lösung ist natürlich nicht sehr befriedigend, wenn z.B. die Teilmenge
A mehr als ein Individuum enthält, dann sollte ja (18) ebenso natürlich
sein wie (17).
- 90 -
(18a)
A girl loöked up. She ^ smiled and she^ grumbled
(18b)
A girl looked up . T h e y ^ g m m b l e d
Darüber hinaus ermöglich nicht jede Existenzbehauptung eine Pronominalisierung nach folgenden Sätzen, wie Heim (1982) bemerkt. So ist (19a)
akzeptabel, nicht aber (19b), obwohl, so Heim, dieselbe Existenzaus­
sage jeweils gemacht würde; Wörter sind, wie lange bekannt, eben 'anaphorische Inseln', sieht man von Ausnahmen wie (20), die Rohrer (1972)
diskutiert, einmal ab.
(19a)
Salcth Ed Din besitzt ein Pferd . Es ist eine weiße Stute
(19b)
Sälah Ed Din ist ein Pferdebesitzer . *Es ist eine weiße Stute
(20)
Die Kinder sind auf Eiersuche. Wenn sie welche (*die) ge­
funden haben, k a m e n sie nach Sause zurück
Allerdings müßte in einer Kompositionssemantik noch abgeklärt werden,
inwieweit Ausdrücke wie Pferdebesitzer in einem für die grammatische
Semantik bedeutsamen Sinne eine Existenzaussage über Pferde darstellen.
Aber man kann das Argument mit (18) umdrehen und gegen Cooper (1979)
weiter einwenden, daß der Text (21) ebenso unnatürlich ist wie die in (18)
(21)
Ein paar hübsche Mädchen sind in Wolfgangs Kurs. *Sie heißt
Finicella
In Cooper (1979) findet sich aber noch ein weiterer Vorschlag für die
Semantik intersententieller konstruierter Pronominabezüge. Man geht hier
davon aus, daß das Pronomen eine definite Deskription denotieren kann,
also sich in etwas wie (22) übersetzt. Es steht m.E. nichts dagegen, die
Variablenübersetzung wie Reinhart (1983) dies wohl vorsehen könnte, ganz
auf den syntaktischen gebundenen Fall zu beschränken und alle intersententieilen Anaphora über (22) zu erklären.
(22)
x? Vx|Ay[Qi{y} ~
y=x] & P{x}]
Man beachte, daß damit alle intersententieilen Anaphora als (im obigen Sinne
verstandene) Faulheitspronomina interpretiert würden. Dies besäße den Vorteil,
daß damit erklärt würde, wieso man Lesartenunterschiede zwischen FP-Deutung
und 'normaler1 für intersententieile Pronomina nicht finden kann. Cooper's
(1979) Vorschlag (22) entspricht auch den Ansätzen von Evans (1980) oder
Hausser (1979).
- 91 -
Der Wert von Q. wird dabei jeweils kontextuell festgelegt. Damit er­
hielte z.B. (19a) eine zu (23) ‘
äquivalente Interpretation, was mir als
korrektes Ergebnis erscheint.
(23)
Salah Ed Din besitzt ein Pferd . Das Pferd,, das er besitzt ,
ist eine Stute .
Mit einer geringen Abwandlung von (22) gelingt es Cooper (1979) (s.u.),
auch die Lohnstreifen-,Esels-,Geschenk- sowie die FP-Sätze zu erfassen.
Seine Theorie stellt damit sicherlich eine der umfassendsten Erklärungen
für den Pronominabereich dar. Cooper's Lösung erscheint auch deswegen
interessant, weil sie es erlaubt, den restriktiven Montague-Ansatz zur
Semantik beizubehalten, ja die Restriktion über Montague (1973) oder
Partee (1979) hinaus noch auszuweiten.
Eines natürlich steht offen: die Frage der korrekten Auswahl des Wertes
von Q.. Hier muß bei Cooper (1979) eine pragmatische Theorie herangezogen
werden, die so zu spezifizieren wäre, daß der in (19) gegebene Kontrast
erfaßt werden kann, m.a.W. braucht man wohl einen Speicher für prominente
nicht-eingebettete Deskriptionen, die im Text verwendet wurden. Daneben
vertritt man bei dieser Analyse, wie Heim (1982) zu recht bemerkt, eine
Einzigkeitspräsupposition für die als Pronomen verkürzte Definite Deskription,
die so z.B. bei Existenzsätzen nicht gegeben zu sein braucht, vgl. (24).
(24)
Ja, es gibt einen Doktor in Konstanz der Suaheli sprechen
kann, und er sollte noch Sprechstunde haben
(24) scheint zumindest auch in solchen Situationen wahr verwendbar zu sein,
in denen zwei Ärzte oder mehr in Konstanz Suaheli zu sprechen verstehen.
Allerdings ist (24) über eine weitere Einschränkung des Prädikats in (22)
durchaus korrekt repräsentierbar, nur ist bislang ungeklärt, welche Mecha­
nismen genau dabei im Spiel sind. Geht man auf Diskurswelten und nicht auf
die aktuale Satzauswertung, dürfte es auch keine Schwierigkeiten bereiten,
Sätze wie (25) zu interpretieren, für die man sich vorstellen kann, daß der
Vordersatz falsch und damit die mit (22) verbundene Existenzimplikation
nicht erfüllt ist, weshalb das Pronomen sich auf nichts in der realen Welt
beziehen kann, obwohl der Text verstehbar ist.
(25)
Eine Spinne ist in meinem Zirrmer, und sie könnte gerade über
das Kopfkissen kriechen
- 92 -
Eine eher pragmatische Lösung des sich durch (1) stellenden Problems,
die den beiden Cooper-Lösungen im Kerne recht nahe kommt, stellen die
Ansätze von Kripke (1977) und Lewis (1979) dar. Sie schlagen vor, es
bei der quantifizierten Deutung von a man zu belassen, also bei a man
nicht irgendwie einen Referenten einzuführen. Aber zum Verständnis des
zweiten Satzes von (1) ist es erforderlich, einen Referenten für he zu
besitzen. Unter dem Barmherzigkeitsprinzip führe nun der Hörer des Textes
(1) sozusagen von sich aus qua Akkomodationsregel imaginäre 'speaker's
referents' ein, für die Zwecke des Diskurses und zwar solche, für die die
jeweils erwähnten Deskriptionen als zutreffend gedacht werden. Diese
Lösung scheint im Prinzip zu funktionieren, ist aber nicht wie 'Cooper's
Ansatz auf Eselssätze, Lohnstreifensätze, Faulheitspronomina etc. generell
übertragbar und konmt evt. in ähnliche Schwierigkeiten wie Cooper's erste
Alternative beim Auseinanderklaffen von rekonstruierbarem Gehalt und gramma­
tisch-syntaktischen Erfordernissen (cf. (18)(19b)(21)). Wie man an Heims
(1982) Beispielen (26)(27) ablesen kann, reicht textuelle Prominenz zur
Etablierung eines 'speakers referent' allein nicht aus, da jeweils die nicht
wiedergefundene Kugel inhaltlich gleich prominent ist.
(26)
I dropped ten marbles
and found all of them except one. It is
probably under the sofa
(27)
* I dropped ten marbles and found only nine of them It is
probably under the sofa.
Die referentielle Lösung geht demgegenüber davon aus, daß a N , many N wie
the N zumindest eine Lesart haben, in der sie wie ein Eigenname referieren.
Man kann die Auffassung vertreten, daß a N ambig ist zwischen einer quanti­
fizierten Lesart (Fodor/Sag (1980)(1982), Bartsch (1979)) und einer referen­
tiellen oder aber, daß a N nur referentiell ist (Stenning (1975) Heim (1982)
oder aber eine Mischtheorie (“
beides gleichzeitig") verfolgen (Hintikka und
Mi tarbeiter).
Ob es möglich ist, auf die quantifizierte Lesart von a N zu verzichten, hängt
v.a. von zwei Faktoren ab.
a) ist eine korrekte semantische Repräsentation aller Sätze mit a im
Skopus von Operatoren möglich? Denn (28) z.B. enthält keine an a
geknüpfte Aussagen über Individuen
(28a)
Bill doesn't own a cat
(28b)
every child owns a dog
- 93 -
b) Gehen durch die nur referentielle Deutung von a Generalisierungen
verloren? Oben hatten wir gesehen, daß intrasententiell nicht­
spezifisches a N sich wie noone verhält. Eine einheitliche Theorie
Uber Artikelbedeutungen wäre erforderlich. Was sind natürliche
Quantorenbedeutungen. Kann Crossover einheitlich erfaßt werden?
a) scheint durch Heim (1982) als positiv beantwortbar sich erwiesen zu haben.
Die Probleme ergeben sich aber mit b). Zwar kann man in Heim (1982) wohl
die Reinhartschen Constraints über die reformulierte Novelty-Condition (s.o.)
erfassen, wenn sie auf die S-Struktur angewendet wird, aber es wäre unklar,
wieso sich die Novelty-Condition auf a und every bezieht, da die beiden
Artikel ja keine natürliche Klasse mehr bildeten. Ähnlich läßt Heim (1982)
keine einheitliche Deutung der Crossover-Fälle zu und eine allgemeine Theorie
über die Bedeutung von Artikeln kann es auch nicht geben. Folgt man weiter
den Erwägungen von Higginbotham/May (1981) darüber, was eine mögliche
Quantorenwahl für eine natürliche Sprache bildet, so ergibt sich in Heims
System das Rätsel, wieso keine Sprache den simplen Existenzquantor verwendet.
Dagegen ist aber natürlich zu sehen, daß die Fodor/Sag-Beispiele (10)-(14)
eine eher referentielle Interpretation für den spezifischen Gebrauch des
indefiniten Artikels nahelegen als eine über Skopus. Es müßte aber v.a,
geklärt werden, wann eine indefinite Deskription referentiell bzw. spezifisch
verwendet werden kann, wieso also z.B. cf. (28), von nur begleitete Inde­
finita keine FP auslösen können.
(28)
Nur Columbo glaubt, daß er krank ist
(28b)
(28c)
Nur der Detektiv glaubt3 daß er krank ist
*Nur ein Detektiv glaubt, daß er krank ist
- 94 -
4.2. Beschränkung Uber intersententieile anaphorische Bezüge
Wenn das Bild, was wir bislang gezeichnet haben, richtig ist, dann
konstituieren sich anaphorische Bezüge zwischen NPn, die in verschie­
denen nebengeordneten Sätzen stehen nicht durch Bindung in irgendeinem
Sinne, sondern durch (wenn man so will zufällige) Koreferenz zweier
NPn, die einen Referenten spezifizieren. Neben den Argumenten von
Tanya Reinhart, Garreth Evans, J.D. Fodor und Ivan Sag für diese Po­
sition, die wir oben besprochen haben, deuten weitere Beschränkungen
über anaphorische Bezüge des intersententiellen Typs auf die Richtigkeit
dieser Position hin. Befinden sich Pronomen und Antezedens im selben
Satz oder in zueinander hierarchisch geordneten Sätzen, sodaß zwischen
ihnen die Bindung lizensierende c-Konmando-Beziehung etabliert werden
kann, dann wird die Möglichkeit von Anaphorik nicht durch den Gehalt
des fraglichen Satzes eingeschränkt; (1) ohne und (2) mit Negation sind
gleichermaßen akzeptabel.
(1)
(2a)
A woman didn't tell me that Bill would marry her
(2b)
A woman told me that Bill wouldn't marry her
A woman told me that Bill would marry her
Dasselbe Bild findet sich aber nun keineswegs für nebengeordnete Sätze.
(3), nicht aber (4) ist akzeptabel, was in einer Theorie, die auch (3)
qua Bindung erklären wollte, schwer wiederzugeben ist, da die dann (4)
entsprechende logische Repräsentation (5) unproblematisch erscheint.
(3)
Bill has a oar, and it is a convertible
(4)
(5)
*Bill doesn't have a car , and it is a convertible
VxiBill doesn't have x,x is a car and x is a convertible
oder
~Vx(Bill has x3x is a carj and x is a convertible)
Für die Nicht-Bindungsansätze ist dagegen die Datenlage in (3) und (4) gerade
zu erwarten. Diese Theorien gehen ja davon aus, daß intersententieile ana­
phorische Bezüge durch 'zufällige' Koreferenz entstehen. Mit einer Aussage
wie Bill has a car führt man nun in irgendeinem Sinne, repräsentierbar durch
eine beliebige der in 4.1. diskutierten Theorien, einen Referenten ein
(z.B. das Auto 'Sir Galahad'), und es steht nichts dagegen, daß sich das it
im zweiten Halbsatz von (3) eben auch auf 'Sir Galahad' bezieht. Dagegen
- 95 -
fuhrt man durch eine Aussage wie Bill doesnft have a car eben gerade
keinen Referenten ein, es wird eher gesagt, daß eine bestimmte Klasse
von Individuen, nämlich die Menge der von Bill besessenen Automobile
eine leere ist. Es kann also auch nicht das it im zweiten Halbsatz von
(4) mit irgendeinem im ersten Halbsatz eingeführten Auto koreferent sein,
da ein solches eben nicht existiert. Daten wie (3) vs. (4), entdeckt von
Jackendoff und Lakoff, bestätigen also erneut die Nicht-Bindungsansätze
für intersententieile Anaphora.
Ein Beispiel wie (6) aus Wasow (1972)(1979), zeigt, daß zur Einführung eines
Referenten dabei auch verbale Proformen bei entsprechender Abstützung aus­
reichend sind.
(6)
John doe&n’
t have a car, but Bill does, and it is a convertible
Wasow (1972)(1979) analysiert den Teilsatz Bill does als (7), also mit einer
phonetisch leeren pronominalen VP, und er benutzt Daten wie (8), um zu
zeigen, daß das 'Referenteneinführen' nur von jenen pronominalen Elementen
geleistet werden kann, die phonetisch leer sind. Dies Faktum wäre dann
seiner Meinung nach etwa dadurch darstellbar, daß man den leeren Proformen
dieselbe interne Struktur zuweist wie sie auch ihre Antezedentien haben,
nicht aber den 4overt anaphors', und dann für (6) für it die leere NP in
der Pro-VP als Antezedens nimmt, cf. (9)
(7)
W
(8)
*My oncle didn't buy anything for Christmas3 so my aunt did
iU
it for him, and it was bvight red
(9)
( ^ il l does ( ^ ( ^ ( ^ 0 ) ) )
Es mag aber auch sein, worauf mich Rainer Bäuerle aufmerksam gemacht hat,
daß der relevante Unterschied zwischen (6) und (8) eher am any liegen
könnte. So scheint ein Satz wie (10) durchaus verwendbar zu sein.
(10)
ßliC^
Ctowsty hat Marcel nicht gelesen, aber Klaudia
hat's gemacht,und es war das von John Lyons
Analog ist hingegen (11) schlecht.
(11)
*' Bruno hat keinen einzigen Freund, aber Karl schon, und es
ist Freiherr von Böselwitz
- 96 -
Man mag also die Daten eher so beschreiben wollen» daß any oder kein
einziger nie, aber a und ein unter gewissen Bedingungen so verwendet
werden können, daß ein impliziter Bezug auf so quantifizierte NPn Refe­
renten einführt.
Von Lakoff und Jackendoff (1972) stammen weitere Beobachtungen zu intersententiellen anaphorischen Relationen. Es scheint so zu sein, daß diese
nur dann möglich sind, wenn weiter die modale Komponente der Bedeutung
der beiden nebengeordneten Sätze in einem bestimmten Verhältnis zueinander
steht.
(12)
*John wants to build a house3 and it is green
Jackendoff1s Beschreibungsidee ist die, daß man Kongruenz im Typ des
modalen Operators der beiden fraglichen Sätze fordert. Der erste Halbsatz
von (12) weist eine NP auf, die im Skopus des buletisehen Operators want
steht, wohingegen it im zweiten Halbsatz entweder im Skopus keines modalen
Operators steht, oder aber im Skopus eines ‘
Aktualitätenoperators1. In
keinem Falle liegt jedoch derselbe Typ modalen Operators vor, sodaß von
der Beschränkung von Jackendoff (1971)(1972) korrekt vorhergesagt wird,
daß eine anaphorische Beziehung zwischen a house und it nicht angesetzt
werden kann.
Eine beeindruckende Auseinandersetzung mit und Verbesserung von diesen Vor­
stellungen findet sich in DeCarrico (1980). Sie beobachtet zunächst, daß
auch ein Satz wie (14) grammatisch wohl geformt ist unter anaphorischer Deutung
des Pronomens she .
(14)
John will bring a girl to the party , and 3he might be pretty
In (14) hat man nun aber im ersten Halbsatz einen temporalen Modaloperator,
im zweiten hingegen einen alethischen, weswegen Jackendoff*s Vorstellungen
zufolge dieser Satz eigentlich unakzeptabel sein sollte.
Es ist nun dabei wichtig, daß wie im Falle von (12), cf. (15), es auch für
Texte wie (15) darauf ankommt, daß die modalen Operatoren in einer bestimmten
Reihenfolge auftreten.
(15)
(16)
John is building a house and he wants it green
**John might bring a grill to the party3 and it will be expensive
- 97 -
Was man anstelle der Kogruenzforderung braucht, ist nach Jeanette
DeCarrico eine Stärkeskala für modale Operatoren, die wie (17) aussehen
könnte, mit der zusätzlichen Forderung, daß Pronomina bezüglich ihrer
Einbettung in den Skopus solcher Operatoren nicht stärker sein dürfen
als ihre Antezedentien.
(17)
(may rrrCght possibly) schwächer als (should likely) schwächer
als (must have to will certainly)
Unter der Annahme einer Nicht-Bindungstheorie für intersententielle Anaphora
sind Daten wie (12)-(16) und die DeCarrico*sehe Beschränkung natürlich nicht
überraschend. A grill in (16) z.B. mag durchaus das Ansetzen eines Diskurs­
referenten induzieren, doch eben nur für den Kontext dessen, was in der
jeweiligen GesprächsSituation als möglich betrachtet wird, die Existenz eines
von John mitgebrachten Grills wird nur für mindestens eine der als möglich
betrachteten Welten oder Situationen postuliert. Damit ist aber nichts
ausgesagt, ob auch in der Teilmenge der wahrscheinlichen Welten oder Situ­
ationen dieser Grill existiert als ein von John mitgebrachter, weshalb er
beim Reden über diese Welten nicht als existent vorausgesetzt und damit pro­
nominal aufgreifbar konstruiert werden kann.
Daneben erkennt man leicht die Bedeutung solcher Beschränkungen für die
Analyse der Eselssätze wie (18)
(18)
wenn ein Baxter einen Esel besitzt, drangsaliert er ihn
In (18) redet man ja in beiden Teilsätzen über dieselbe Weltenmenge, das
Antezedens des Konditionals sondert eine Menge von Welten heraus, in der es
Esel besitzende Bauern gibt, und das Consequens macht eine weitere Aussage
darüber, was in diesen Welten gilt. Insofern ist die Tatsache der 'Koreferenz'
zwischen indefiniten NPn und Pronomina in (18) eigentlich gar nicht so sehr
überraschend.
Man findet dasselbe Bild wie in (12)-(16) auch für gewisse bestimmte Kontexte
einführende Präpositionalphrasen, wie Wasow (1972)(1979) beobachtet. So ist
z.B. (19a) unproblematisch, da die vorangestellte PP uns in den Märchenkontext
als Diskurswelt einführen kann und für diese sind dann Marsmenschen als Re­
ferenten für one durchaus vorhanden. In (19b) hingegen wird die vorangestellte
PP als Komplement von find interpretiert (sieh Kap. 3 für analoge Daten) und
führt uns damit nicht in den Märchenkontext, sodaß one found a typo in x auf
die aktuale Welt ausgewertet wird, weswegen sich one nicht auf einen Marsianer
beziehen kann.
- 98 -
(19a)
In Joh n 98 story about Martians, one speaks Englieh
(19b)
*In J o hn fs story about Martians, one found a typo
Daneben gibt es Daten, die zeigen, daß die Frage, in welchem modalen
Kontext man sich befindet, nicht unbedingt an oberflächlich vorhandenen
Modaloperatoren oder kontextsetzenden PPn festgemacht werden kann. In
(20a) ist z.B. der textuelle Bezug für sie möglich, obwohl der Referent
in einem Traumkontext eingeführt wurde, in (20b) hingegen nicht,
(20a)
loh habe gestern geträumt, daß ein hübsches Mädchen zum
Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt wurde3 aber
mein Analytiker wollte sie nicht beschrieben haben
(20b)
*Ich habe gestern geträumt, daß ein hübsches Mädchen zum
Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt wurde, aber
mein Analytiker hatte sie noch nicht getroffen
Offensichtlich fuhrt uns das Verb beschreiben selbst an seiner Objektsstelle
anders als treffen wieder in beliebige Kontexte zurück.
Die obige Argumentation dafür, daß ein Datenkontrast wie der zwischen (12)(16) in Nichtbindungstheorien zu erwarten sei, ist nun nicht ganz stich­
haltig, wie Jeanette DeCarrico weiter zeigen kann. Wir waren ja dabei davon
ausgegangen, daß indefinite NPn jeweils für einen bestimmten Situations­
kontext Referenten in dem einen oder anderen Sinne einführen. In (14) ist
der für die tfiU-Welten eingeführte Referent für a girl nach diesen Vor­
stellungen auch für die mt^ftt-Welten vorhanden, aber nicht umgekehrt, weil
die z^U-Welten eine Teilklasse der might- Welten darstellen. Dies setzt
nun aber voraus, daß sich die fraglichen NPn unter solche modale Operatoren
eingebettet finden, für die es logische Folgerungsbeziehungen gibt, wie
zwischen will und might . Gerade dies ist aber keine Voraussetzung für ana­
phorische Bezugsmoglichkeiten wie (21) zeigt.
(21a)
(21b)
John expects to catch a fish, and he wants to eat it
*John wants to catch a fish, and he expects to eat it
expect ist in einem offensichtlichen Sinne modal stärker als want , aber es
gibt keine Folgerungsbeziehungen zwischen den beiden modalen Operatoren
bzw. sie enthaltenden Sätzen, ich kann mir wünschen, der Präsident der Ver­
einigten Seifenwerke zu werden, ohne es zu erwarten oder erwarten, bald
an erworbenem Autismus zu erkranken, ohne mir dies zu erwünschen. Wenn man
- 99 -
die Akzeptabilität von Sätzen wie (21) mit verschiedenen kontextsetzenden
einbettenden Verben systematisch abprüft, wird man wie DeCarrico (1980)
zu einer Hierarchie wie (22) gelangen, wo für viele Paare wie (believe,
try) (expect, hope)(realize, intend) usw. sich eben keine Folgerungsbe­
ziehungen erkennen lassen.
(22)
(want attempt try hope) schwächer als (expect intend believe)
schwächer als (know regret realize)
Es ist also wohl die Stärke der Individueneinführung nicht rein logisch­
semantisch rekonstruierbar, sondern auf der Basis einer sprachlich gege­
benen Hierarchie der Art von (22),
Eine ganz ähnliche Beschränkung über intersententielle Anaphora hat Wasow
(1979:84) mit seinem Novelty Constraint entdeckt und formuliert. Es besagt,
daß bei den Anaphern keinerlei Präsuppositionen eingeführt werden dürfen,
die nicht auch das Antezedens schon besitzt. Man erfaßt damit etwa (12)
und (19), aber auch die GrammatikalitätsVerteilung in der Datenmenge (23).
(23)
John realizes that the world is flat, but Bill doesn't
realize/believe it
(23b)
John believes that the word
is fät,
but Bill doesn't
^realize/believe it
Allerdings ist wie Wasow (1972)(1979) betont (23b) mit der Wahl realize
durchaus akzeptabel in solchen Kontexten, in denen es schon vor der Äußerung
des Textes (23b) präsupponiert ist, daß das Wort fett ist. Der wesentliche
Unterschied zwischen (23a) und (23b) ist also der, daß in (23a) der erste
Halbsatz automatisch die hier erforderliche Präsupposition, daß die Welt
flach ist, einführt und für den Nachsatz von (23b) eben keine interessanten
Präsuppositionen ein führt und die Akzeptabilität des Nachsatzes allein
vom Kontext abhängt. Diese Modifikation in der Beschreibung der Beschränkung
über Textanaphora ist natürlich auch für alle anderen bislang besprochenen
Beispiele vorzunehmen. Nehmen wir etwa (21b), vorstellbar ist, daß dieser
Text in einer Situation geäußert wird, in der die Existenz des Fisches Emil
als prominentes Diskurswesen vorausgesetzt ist (a fish also spezifisch deut­
bar ist). Dann ist auch (21b) durchaus akzeptabel, etwa wenn man sich weiter
vorstellt, daß für John die Tatsache, daß Emil gefangen wird (aber nicht unbe­
dingt von ihm selbst) sicher ist, weswegen er dann erwarten können darf,
Emil zu essen. Präsupposition muß dabei aber wegen (22) auch im obigen Sinne
modifiziert gedacht sein.
- 100 -
4.3. Exkurs: Weitere Anapherntypen
Bis auf die Behandlung der problematischen Sonderfälle wie Esels­
oder MiG-Sätze ist damit das wesentliche, was Generativisten zu den
Pronomina zu sagen hatten, wiedergegeben. Interessant scheint mir
noch die immer wieder aufscheinende Frage, in welchem Verhältnis denn
Pronomina zu anderen Kategorien der Syntax stünden. Zum Beispiel sind
die Pronomina der ersten und zweiten Person wie Demonstrativa zusammen
mit Gattungsnamen verwendbar.
(24a)
Wir Idioten haben am 6 . März die Kleine-Landwirte-Rentnerund Industriemagnatenpartei gewählt .
(24b)
(24c)
Du Idiot hast geglaubt, daß Fincella eine Hexe ist
Dieser Idiot hat das Kühlsystem des Kernkraftwerks außer
Betrieb gesetzt!
Dabei lassen sich aber Akzeptabilitätsunterschiede feststen en, wenn man
als Begleitnomen Schimpfwörter durch Deskriptionen ersetzt.
(25a)
Dieser hervorragende Naturwissenschaftler sollte den
Nobelpreis bekommen
(25b)
?Wir hervorragenden Geisteswissenschaftler sollten den
Nobelpreis bekommen
(25c)
??Du hervorragender Linguist solltest das eigentlich be­
griffen haben
Da sich Personalpronomina der dritten Person nie analog zu (24) verwenden
lassen (cf. (26)), schießt ein Vorschlag wie der von Postal (1969) wohl
weit über das Ziel hinaus, Pronomina wie dieser auch generell als Artikel
zu betrachten. Eher kann man wohl feststellen, daß Ausdrücke mit deiktischer
Komponente von attributiven Qualifikationen begleitbar sind, aber eine ganze
Klasse von syntaktischen Fakten wie Kasusflektion im Englischen, Wortstellung
oder der Status als Klitikum den Linguisten dazu veranlassen sollten, die
kategoriale Scheidung zwischen Personalpronomina auf der einen Seite und
z.B. Demonstrativphrasen auf der anderen nicht zu vernachlässigen.
(26a)
*Sie bedeutende Politikerin ist zum Präsidenten der
Vereinigten Staaten gewählt worden
(26b)
*Er zerstreuter Kommandant der Raketenbasis hat versehentlich
den Auslöseknopf für die Atomraketen betätigt und den Rückholeode vergessen
- 101 -
Ein anderer Prob leinkreis, dessen Lösung von Bedeutung für die korrekte
Analyse der Anaphora ist, ist der der Koreferenzbeziehung zwischen NichtPronominalen NPn und der anderer Proformen wie do so usw.. Wir hatten ja
oben schon anhand des Lakoff'schen Napoleon-Beispiels gesehen, daß es eine
Hierarchie für die (lokale) Koreferenz zwischen NPn gibt, mit Eigennamen
an der Spitze und Pronomina am unteren Ende, dergestalt daß zwei NPn nur
dann als koreferent (in einem lokalen Kontext) gedeutet werden (können),
wenn die vorangehende höher hierarchisiert ist als die nachfolgende oder
aber mit dieser phonetisch identisch ist. Wichtig scheint mir dabei, daß
man für Koreferenzbezüge mit nicht-pronominalen NPn eben dieselben Be­
schränkungen zu bekommen scheint, die wie in 4.2. diskutiert haben, cf.
(27a)
*Bill möchte eine Forelle fangen, und er erwartet,
(27b)
Bill erwartet, daß er eine Forelle fangen wird, und er
die Forelle zu essen
möchte die Forelle dann essen
(27c)
?John plant, ein Haus zu bauen, und das Haus ist grün
(27d)
John baut ein Haus, und er möchte das Haus grün haben
Dagegen sind auf der anderen Seite wie schon angesprochen und von Lakoff
(1968) Dougherty (1969) diskutiert, Koreferenzbeziehungen zwischen NPn in
einer c-Kommando-Beziehung nur dann möglich, wenn die c-Kommandierte Phrase
ein Pronomen ist. Aus den beiden angesprochenen Sachverhalten folgt wiederum,
daß gebundene und nicht-gebundene Pronomina verschieden zu beschreiben sind,
nicht gebundene Pronomina sind ein bloßer Spezial fall der Koreferenz zu­
fälliger Art zwischen Nominalphrasen. Dabei ist anzumerken, daß praktisch
alle vom Reflexiv- oder Personalparadigma nicht erfaßten pronominalen Elemente
sich wie Nicht-Pronomina verhalten.
(28a)
*Klaudia und Professor Hinterdobler haben abgemacht, daß
beide heiraten
(28b)
(28c)
*Josef hat herausgefunden, daß dieser nur einen IQ von 56 hat
(28d)
Josef möchte jedem Mannj klarmachen, daß erj dümmer als ein
?Josef hat HanSj klargemacht, daß jener^ düimer als ein
Schimpanse ist
Pavian ist
(28e)
*Der Marsianerj sagte, daß einerj kommen würde
- 102 -
Dagegen ist das Vorliegen einer c-Kommando-Beziehung Tür jene NichtPronominalen NPn nicht abortiv, die ihre Referenz von einer anderen
NP ableiten, aber nicht auf dasselbe Individuum wie dieses sich bezie­
hen, cf. (29)
(29a)
Jeder von uns beiden glaubt, daß der* andere größere
Chancen bei der betörenden Helga hat
(29b)
Jede Frau mit einem grünen Hut glaubt, daß eine mit
einem roten Hut Kommunistin ist
Interessant ist dabei, daß es offenbar nicht der Mechanismus der Referenz­
determination sein kann, der in Bindungsfällen für Nichtpronomina blockiert
ist (denn der andere deriviert seine Referenz in (29a) vom Matrixsatzsubjekt),
sondern daß nur aktuelle Koreferenz zwischen Nichtpronomina in Bindungs­
kontexten verboten ist; woraus folgt, daß die einzig mögliche Beschreibung
eine Oberflächenbeschränkung und keine Regelbeschränkung sein kann. Allerdings
kommt man bei Sätzen wie (30) in Konflikt mit der oben postulierten Ersetzung
des Begriffes der Nicht-Koreferenz durch Nicht-Intersektierende Koreferenz.
(30)
Aigner und sein Schwager merkten mit Befriedigung, daß
der andere kalt blieb
Verlassen wir den Bereich der Pro-Nomina, sc kann man wie Wasow (1972)(1979)
gewisse Parallelitäten im Verhalten von did, did s o , VP-Ellipsen usw. zu den
Pronominabeschränkungen feststellen. Ganz entsprechend zu Langacker's precedeand- command-Restriktion ist z.B. die verbale Anaphorik mit did in gewissen
Kontexten blockiert.
(31)
John tried LSD after Bill did
(31b)
(31c)
After Bill tried LSD, John did
After Bill did, John tried LSD
(31d)
*John did, after Bill tried LSD
Hinzu kommt als Datum, daß VP-Ellipse (die, s.o. für den did-Bezug verant­
wortlich ist), denselben modalen Restriktionen unterworfen ist, wie Pronomina,
was z.B. DeCarrico (1980) bemerkt hat.
(32a)
, (32b)
John will leave, and George might , too
*John might leave, and Bill will, too
- 103 -
Durchaus ist vorstellbar, daß in (31d) die leere Pro-VP den Temporalsatz
und damit dessen VP c-kommandiert, wobei sie die "referentielle" VP try LSD
inkorrekterweise bände. Dagegen würde aber sprechen, daß (31e) etwa ak­
zeptabel zu sein scheint, und daß es unklar ist, wie man die 'sloppyidentity'-Lesart konstruieren könnte, in (33), wenn die Antezedens-VP qua
Koreferenz und c-Kommando die leere VP bände.
(31e)
(33)
John tried LSD after Bill tried it
John kissed his wife after Bill did
Hankamer/Sag (1976) fanden in diesem Kontext der Diskussion dabei weitere
wesentliche Unterschiede zwischen zwei Typen von Proformen. Proform-Typ 1,
den sie ‘
surface anaphora' nannten, umfaßt VP-Ellipse (=31) Sluicing (34)
Gapping (35) Proform-Typ 2 ('deep anaphora1) dagegen Personalpronomina,
die do-it Konstruktion (36) und 0-Komplementäron (37).
(34a)
Lancelot vermutete, daß Parzival eine der Burgfräulein verführt
haben mußte, aber er wußte nicht, welches Burgfräulein
(34b)
Mir ist zwar bekannt9 daß einige Prinzessinnen intime Bezie­
hungen mit einigen Fröschen eingegangen sind> aber ich weiß
nicht welche Prinzessinnen mit welchen Fröschen
(35)
(36)
Bismarck liebte Heringe und Mozart Kugeln
(37)
I don't know how to kiss Regine , but nevertheless I'll try
We kissed Zelda, and Joe did it, too
Typ-l-Anaphern erlauben keinerlei pragmatische Kontrolle (cf. (38), das nur
verwendbar ist, wenn der Sprechpartner oder man selbst unmittelbar davor
einen Satz wie den ersten Teil v. (35) geäußert hat), und verlangen auch
für den 'anaphorisehen' Bezug Obereinstimmung bzw. Parallelität in der
syntaktischen Form (cf. (39)). Beides ist für Typ 2 Anaphern nicht erfor­
derlich.
(38)
(39)
*Mozart Kugeln
*Heringe wurden von Bismarck sehr geschätzt und Mozart Kugeln
Nach Sag/Hankammer (1981) entspricht dem Typ 1 der Anaphern grammatisch
nichts anderes als eine El 1ipsenbildungsoperation und zwar mit Bezug auf
die Ebene der logischen Form wegen der Möglichkeit von 'sloppy identity'
(40)
A : Do you think Phoebe will like me?
B: Of course, she will not (like you/*like me)
- 104 -
Darin läge dann eine gewisse Parallelität zu den Faulheitspronomina,
zu der es aber keine Untersuchung zu geben scheint, die sich darum
kümmerte, ob und wie sie in der Grammatik der Pronomina auszudrücken
wäre. Typ 2-Anaphern hingegen wären nach Hankamer/Sag (1981) relativ
zu einem Diskursmodell, also in Übereinstimmung zu den in 4.1, bespro­
chenen Methoden zu interpretieren. Da wir bei do it etwa ohnehin in der
Objektsposition ein Personalpronomen zu stehen haben, brächte eigentlich
nur die 0-Komplementation etwas neues in die Beschreibung von Anaphern
im engeren Sinne ein. Es scheint mir aber gar nicht sicher, daß dies
Phänomen besser in der Anapherngrammatik als in einer Menge lexikalischer
Regeln (das ist wohl der Standardansatz) zu erfassen ist.
5. Die Spezialprobleme
5.1. MiG-Sätze
Ein MiG-Satz ist jedes zu (1) parallele Datum. Alternative Bezeichnungen
sind Bach-Peters-Sätze (nach den Entdeckern, cf. Bach (1970)) oder ’
Crossing“
Coreference1-Sätze, ein selbsterklärender Name
(1)
(the pilot who shot at i^ 2 ^j
^ h e MiG that chased hirrij)^
(1) stellte sich zunächst als Problem für die Pronominalisierungstransformation,
wie oben bemerkt wurde. Nimnt man nämlich an, daß diese Operation zyklisch
ist, die gesamte koreferente NP als Antezedens nimmt, dann muß die Terminalkette der Struktur von (1) vor Erreichen des obersten S-Zyklus (2) sein
(2)
the pilot who shot at the MiG that chased him hit the MiG that
chased the pilot who shot at it
Im (2) vorangehenden Zyklus kann dann him durch Pronominalisierung von the
und it analog. Man hat dann die Struktur
pilot who shot at it erzeugt werden
(3)
(3)
the pilot who shot at the MiG that chased the pilot who shot
at it hit the MiG that chased the pilot who shot at the MiG
that chased him
- 105 -
Aber auch diese Struktur enthält zwei Pronomina, kann also nicht die
Tiefenstruktur sein. (3) ist auch durch Pronominalisierung entstanden,
und es dürfte aus den bisherigen Erwägungen schon klar sein, daß bei
dieser Pronominalisierung wiederum eine Ausgangsstruktur anzunehmen ist,
in der die Pronomina him und it wieder, aber einen Zyklus tiefer einge­
bettet, auftreten. Offensichtlich liegt also die Tiefenstruktur von (1)
unter Standardannahmen über die Pronominalisierungstransformation irgendwo
im Unendlichen, woraus folgt, daß (1) unter diesen Annahmen nicht erzeug­
bar ist, da es unendlich lange Phrasenstrukturen nicht gibt.
Das Problem entsteht aber offensichtlich nur in der Formulierung der Pro­
nominal isierungstransformati on und nicht in Eigenschaften von (1) selbst.
Tatsächlich gelingt es Kartunnen (1971) zu zeigen, daß (1) von den DStrukturen wie (4) ableitbar ist.
(4a)
the pilot shot at the MiG that chased the pilot hit the
MiG that chased the pilot
(4b)
the pilot who shot at the MiG hit the MiG that chased the
pilot who shot at the MiG
(4c)
the pilot who shot at the MiG hit the MiG that chased the
pilot
Dazu muß man nur z.B. aufgeben, daß die Pronominalisierungstransformation
das volle Antezedens als target zu nehmen hätte, also the pilot allein
statt the pilot who shot at the MiG nehmen kann. Interpretiert man nun
die fraglichen 3 Tiefenstrukturen, so ist offensichtlich, daß sie jeweils
in anderen Kontexten wahre Sätze ergeben, wir werden uns dem unten zu­
wenden. Wichtig für den Augenblick ist nur, daß man (4a)-(4c) mit den drei
Bedeutungen, die (1) angeblich hat, gleichsetzen kann. Es ist nämlich so,
wie Fauconnier (1971) und Wasow (1972) zeigen, daß in Kartunnens System
sich (1) aus unendlich vielen (nicht: unendlich langen) Tiefenstrukturen
ableiten läßt, was aber insofern unproblematisch erscheint, als Jacobson
(1977) es nachzuweisen gelang, daß jede dieser unendlich vielen Tiefen­
strukturen zu einer der drei Strukturen (4) semantisch äquivalent ist.
Probleme mit der Erzeugung der Bach-Peters-Sätze hat man auch in der BVT,
so ist (1) z.B. im System von Montague (1973) prinzipiell nicht ableitbar,
da him nur dann in (1) gebunden sein kann, wenn die Phrase the pilot who
shot at it in (5) hineinquantifiziert wird, wo dann aber die Bindung von
it an die MiG ungelöst bleibt.
- 106 -
(5)
he 2 shot at the MiG that chased him^
Daß interpretative Theorien höchstens mit der Deutung, nicht aber mit
der Erzeugung von (1) Probleme bekommen können, braucht wohl nicht ex­
plizit gesagt zu werden. Dennoch ist die Ableitung von MiG-Sätzen nicht
trivial, was zuerst von Pauline Jacobson (1977) bemerkt worden ist.
In den Bach-Peters-Satzen (6) finden wir nämlich einen unerwarteten
Grammatikalitätsunterschied.
(6)
the woman who wrote to him saw the man who loves her
(7)
*the woman he wrote to saw the man who loves her
Die Datenlage in (6) mag aber in Beziehung stehen zur Grammatikalitätsverteilung in (7).
(7a)
(7b)
the woman who wrote to the man who loves her
*the woman who the man who loves her wrote to
Man kann die Datenverteilung in (7) wie Jacobson als vom Crossover-Prinzip
vorhergesagt denken und dann mit ihr feststellen, daß die NPn (7) genau den
Subjekten von (6) entsprechen, wenn man the man who loves her , die NP in
der Objektsposition von (7) durch he bzw. him ersetzt. Wenn man also an­
nimmt, daß das erste Personalpronomen in (6) entstanden ist durch Ersetzen
einer zur Objekts-NP identischen Phrase, und die Crossoverbeschränkung vor
dieser Ersetzung angewendet hat, dann folgt der Kontrast in (6) analog zu
dem in (7) aus den Crossover-Prinzipien. Das heißt also, daß (6) darauf
hindeutet, daß das erste Pronomen in Bach-Peters-Sätzen ein pronoun of
laziness, ein FP, ist.
Ist auch das zweite Pronomen ein FP? Anscheinend muß man diese Frage negativ
beantworten. Sowohl (8a) (=(a) als auch (8b) (parallel zu (6b) in der struk­
turellen Variation) sind akzeptabel.
(8a)
(8b)
the woman who wrote to him saw the man who loves her
the woman who wrote to him saw the man she loves
Wäre aber she auf der Crossover-Ebene als the woman who wrote to him noch
realisiert, so induzierte die Bewegung des (hier leeren) ^-Pronomens zur
Relativsatzbildung in der Objektsposition v. (8b) gerade eine Verletzung
des Crossover-Prinzips. Da (8b) aber grammatisch ist, folgt, daß das zweite
Pronomen in Bach-Peters-Sätzen kein FP sein kann.
- 107 -
Für die Entscheidung, wie man Bach-Peters-Sätze korrekt abzuleiten hat,
ist es von größter Bedeutung, daß (6) vs. (8) nicht die einzige Asymmetrie
zwischen den zwei Pronomina darstellt, die die FP vs. Nicht-FP-Hypothese
erklären kann.
Eine Bach-Peters-Abhängigkeit liegt z.B. auch in (9) vor, da sich his
auf the man who loves her und her auf his wife bezieht.
(9)
the man who loves her sau his wife
Anders als bei den Standardbeispielen mit Relativsätzen hat man nun einen
Kontext vorliegen, in dem die oben eingeführte Containment-Condition anwend­
bar ist. Nun ist (10),eine Variierung von (9) bezüglich der Subjekts-ObjektsAsymmetrie, wieder ungrammatisch.
(10)
*his wife saw the man who loves her
(10) wäre erklärt, wenn es von (11) abgeleitet ist, das wie (12) und (10)
ungrammatisch ist.
(11)
*the man who loves h e r fs wife saw the man who loves her
(12)
*the wife of the man who loves her saw the man who loves her
(11) und (12) sind von der Containment-Condition vorhersagbar und bei Ab­
leitung von (10) aus diesen Konfigurationen auch (10). Dagegen ist in (9)
ein Bach-Peters-^s als zweites Pronomen möglich, woraus folgt, daß dieses
nicht als FP abgeleitet sein kann, da wir sonst auch für (9) eine Verletzung
der Containment Condition zu erwarten hätten.
Von Paul ine Jacobson wurde endlich noch der Kontrast in (13) beobachtet
(13a)
the woman who wrote to him bought the house that pleased
the man who loves her
(13b)
*the house that pleased the woman who wrote to him annoyed
the man who loves her
In (13a) wird das Antezedens des ersten Pronomens von der Objektsposition
weg in einen weiter eingebetteten Satz verbannt. Dies bewirkt keine Änderung
in der Akzeptabilität der Struktur, wie es für ein FP auch erwartbar sein
sollte. Bettet man dagegen wie in (13b) das Antezedens für das zweite Pro­
nomen tiefer ein, so wird der Satz ungrammatisch. Es ist ganz leicht einzu­
sehen, woraus dies folgen könnte. In den Standardfällen von MiG-Sätzen, die
wir bislang besprochen haben, wird das zweite Pronomen von seinem Antezedens
c-kommandiert, da dieses Matrixsatzsubjekt ist. In (13b) ist diese c-Komman-
- 108 -
dierung beseitigt, und daß die Struktur damit ungrammatisch wird, ergäbe
sich sofort dann, wenn das 2. Pronomen c-koinnandiert bzw. gebunden sein
muß, also kein FP ist, sondern semantisch eine Variable. Dahingegen ist
das erste Pronomen in allen Bach-Peters-Sätzen nie von seinem 'Antezedens'
c-kommandiert, also nie als gebundene Variable zu übersetzen.
In die gleiche Richtung wie die bisherigen Daten deuten Beobachtungen von
Shalom Lappin (1982). (14a,b) sind grammatisch, nicht aber (14c)
(14a)
every pilot who shot at it hit some MiG that ehased him
(14b)
no pilot who shot at it hit some MiG that ahased him
(14c)
*every pilot who shot at it hit no MiG that ehased him
Oben hatten wir schon gesehen, daß streng quantifizierende Ausdrücke keine
FP induzieren können, die Ungrammatikalität von (14c) ist also erklärt,
wenn it ein FP ist, da sich ein FP nicht auf no MiG beziehen kann. Dem­
gegenüber ist (14b) akzeptabel, was nicht der Fall sein dürfte, wenn him
ein FP ist.
Die Daten zeigen, denke ich, ziemlich deutlich einen wesentlichen Unterschied
zwischen der ersten und dem zweiten Pronomen in Bach-Peters-Sätzen, der in
keinem der verschiedenen Theorien der Bedeutung von Bach-Peters-Sätzen be­
rücksichtigt ist (außer in den semantischen Ausführungen von Lappin und
Jacobson natürlich) und (14) deutet tatsächlich stark auf die FP-Theorie
über diesen Unterschied hin. Ich muß aber es offen lassen, ob die Erklärung
der Daten von (6) und (10) so einfach durchgeht wie Jacobson (1977) meint,
da wir einerseits gesehen haben, daß FP wohl ein semantisches Phänomen
darstellen und andererseits Beschränkungen wie Crossover oder Containment
Condition in der Syntax, nicht in der Semantik zu formulieren sind.
Wenn ich für jede postulierte Bedeutung für MiG-Sätze 100.— D-Mark bekäme,
dann könnte ich mir, frei nach Geoffrey Pull um, ein sehr schönes Segelboot
kaufen. Die Verwirrung und Uneinigkeit ist wohl dadurch bedingt, daß wir
kaum eindeutige Intuitionen über die Bedeutung von (1) haben. Nach Hintikkas
Lösung wird ein Satz wie (1) über die Regel (15) im wesentlichen gedeutet
(15)
Interpretation für the
Wenn man zu Z the y who R, w
gekommen ist,
wähle ich ein a, die Natur ein b, b M > und das Spiel geht weiter mit
Z-a-IV, a ein
ein R und b ist kein Y9 und R
- 109 -
(15) kann man offenbar für (1) zweimal anwenden, man erhält dann (16)
(16)
JOHN hit the MiG that chased JOHN, JOHN is a pilot, JOHN
shot at it & BILL is not a pilot who shot at it
JOHN hit D790, JOHN is a pilot, JOHN shot at D790,
BILL is not a pilot who shot at D790, D790 is a MiG,
D790 chased JOHN, and E23 is not a MiG who chxsed JOHN
Für jede Person, die ich wähle, werde ich das Spiel gewinnen, wenn ich
ein Flugzeug finde, das genau diese Person jagt und von ihr getroffen
wird. Dies bedeutet, daß im Hintikka1sehen System die Wahrheitsbedingung
für (1) so herauskommen, daß (1) in einer Situation wie (17) wahr ist,
also so etwas wie (18) bedeutet
(17)
(18)
BILL1......... ,^D790
LANCELOT*......... ,yF15A
VON RICHTHOFE^7!jjj238
HELMUT K O H L ^
~^605
Für jeden Piloten gilt: er wurde von genau einer MiG verfolgt,
er schoß nur auf diese, und er traf sie
Kann nun (1) die Bedeutung (18) haben? (18) ist übrigens äquivalent zur
3. Lesart Kartunnens.
Nun, für Hintikka und Saarinen, für Kuroda und Kartunnen existiert die
Lesart (18), für Higginbotham und May (1981) hingegen nicht. Allerdings wird
jeder, der (1) betrachtet, so auch Higginbotham/May zugeben, daß es vor­
stell ba r ist, daß dieser Satz so etwas wie (18) bedeuten könnte . Hingegen
ist festzustellen, daß die primären Intuitionen (1) nicht in einer Situation
wie (17) wahrmachen würden, sie scheinen die Existenz genau eines Piloten
der eine MiG beschoß, die ihn jagte, zu verlangen. Wir können aber versuchen,
uns die syntaktischen Ergebnisse zur Hilfe zu nehmen. Wir wissen ja, daß
das erste Pronomen ein FP ist. (1) wäre dann zu bewerten als
(19)
the pilot who shot at the MiG that chased him hit the MiG
that chased him
Für (19), noch mehr für das parallel gelegene (20), sind die Intuitionen
wesentlich klarer, eine Interpretation mit mehreren l:l-Paaren scheint nicht
vorzuliegen.
-
110
-
(20)
Der Mann, der seine Frau liebt, küßt sie
(21)
Jeder Mann behauptet, daß nur die Frau, die er liebt,
glaubt, daß sie schön ist
Das eindeutige (21) zeigt weiter, daß für definite Phrasen, die in ihrer
Referenz wegen Enthaltens eines gebundenen Pronomens variieren, keine
FP-Lesarten existieren. Auch daraus folgt ziemlich eindeutig, daß the
MiG that chased him , da es ein FP triggert, nicht in der Referenz vari­
ieren darf. Ich denke also, daß es gute Argumente gegen Hintikkas Semantik
gibt.
Hinzu kommt, wie Higginbotham/May (1981) beobachtet haben, Hintikkas Lösung
einigermaßen intuitive Lesarten ohnehin nur für den Fall, daß beide NPn
mit the quantifiziert sind, ergibt. Für (22) ergibt sich nämlich mit der
every und der some Regel als Wahrheitsbedingung (23), was sicherlich falsch
sein muß.
(22)
(23)
every boy who was fooling her kissed some girl who loved him
For every x,x a boy, there is a y, y a girl, and x does not
fool y
Es scheint damit recht klar, daß für (1) als Lesart nur existiert, daß genau
ein Pilot genau auf eine
MiG schoß, die ihn jagte und sie traf. Es gibt
in Jacobson (1977) eine umfangreiche Aufstellung darüber, welche Positionen
nun bezüglich der Frage vertreten wurden, was (1) präsupponiert. Jacobson’
s
ziemlich umfangreiche Diskussion ergibt, daß die von Keenan (1971) vertretene
Position korrekt ist, wonach für (1) zu fordern ist, daß etwa nur John
und D790 so sind, daß John D790 beschießt, D790 trifft, und D790 John jagt,
daneben aber Ni 11 D790 beschießen darf, sofern D790 Bill nicht jagt, daneben
aber Bill 0790 beschießen darf, sofern D790 Bill nicht jagt oder aber John
auch E605 beschießen darf, sofern ihn E605 nicht jagt.
Für die Frage, welcher interpretative Prozeß nun der korrekte ist für die
Bach-Peters-Sätze, hat man wohl wieder die Syntax herauszuziehen. Bartsch (1979)
geht von einem zweistufigen Übersetzungsprozeß aus. Zunächst werden NPn in
unquantifizierte Deskriptionen mit einer freien Variablen übersetzt, also
every man als xQ(man(x) -* Q(x)) oder a woman als xQ(woman(x) & Q{x}), wobei
die Wahl der Variable entlang der in 3. und 4. diskutierten Gesetzmäßigkeiten
zu steuern ist. (24) würde also zunächst übersetzt als (25).
- 111 -
(24)
Jeder Manny der sie beschenkty liebt eine Frau, die ihn beachtet
(25)
mann(x) & beschenkt(xyy) -+ liebt (xyy) & frau(y) & beachtet (yyx)
In einer zweiten Stufe der Übersetzung werden dann die Quantoren, die man
sich sozusagen Variable für Variable 'gemerkt1 hat, vor die Formel gesetzt.
Man erhält also die Interpretation (26), gegen die nichts einzuwenden ist.
(26)
VxVy(mann(x)
a
beschenkt(xyy ) ) -* (liebt (xyy)
a
beachtet(yyx) ))
Ganz analog funktioniert eigentlich der Vorschlag von Higginbotham/May (1981).
Sie arbeiten im GB-Rahmen, verwenden also eine Quantorenanhebungsregel im
Sinne von May (1977) und gehen wie diese Arbeit davon aus, daß jeder Quantor,
nun auf der Ebene der Logischen Form die Pronomina c-kommandieren muß, die
er binden soll. Man hat für (24) dann zunächst eine LF wie (27)
(27)
Jedes x(x ein Mann, der sie beschenkt) (es gibt ein y(y eine
Frau , die ihn beachtet) (x liebt y))
(27) entsteht aus (24) durch die Abfolge Objekt-Subjekt bezüglich Quantorenraising, die umgekehrte Raisingabfolge induzierte unterschiedlichen Quantorenskopus. Unter der Voraussetzung, daß Quantoren die Pronomina,die gebunden
werden sollen, c-kommandieren müssen, kann in (27) dann sie nicht vom über y
laufenden Existenzquantor erfaßt sein. Zur Lösung des Problems entwickeln
nun Higginbotham/May (1981) eine Theorie binärer bzw. n-arer Quantoren; es
wird hier eine Regel in die Grammatik aufgenommen, die es erlaubt, All- und
Existenzquantor zu einer Einheit zu verschmelzen, die dann eine LF wie (28)
ergibt, in der der binäre Quantor beide Pronomina in seinem c-Kommandobereich
zu stehen hat.
(28)
(Jedes x ein y) (x ein Mann3 der sie beschenkt, y eine Frauy
die ihn beachtet) (x liebt y)
(28) ist parallel zu Bartsch's Analyse insofern, als man sich ebenso für die
endgültige Übersetzung durch Tricks den Bach-Peters-Satz so herrichtet,
daß beide Quantoren dem Satz radikal vorangehen.
Wer Higginbotham/May (1981) liest, wo das Problem der MiG-Sätze nur als eines
von mehreren Fragen mit binären Quantoren angegangen wird, kann keinen
Zweifel daran haben, daß das Konzept des binären Quantors und die Quantoren­
theorie der beiden Autoren generell nicht von geringer Bedeutung für die
Semantik in den nächsten Jahren sein wird. Man hat eben nur das nicht ver­
nachlässigbare Problem, daß beide Analysen nicht mit den syntaktischen Resul­
taten vereinbar sind.
- 112 -
Dasselbe gilt auch für Haussers (1979) Vorschlag, nach dem beide Prono­
mina in Bach-Peters-Sätzen als FP im Sinne von Cooper (1979) zu rekon­
struieren wären, hinzu kommt natürlich, daß in (24) das ihn gar nicht
als FP zu jeder Mann konstruierbar ist, weil echt quantifizierte Ausdrücke
keine FP triggern können.
Dahingegen scheint Jacobsons Lösung, über das zweite Pronomen normal zu
quantifizieren und das erste als FP zu konstruieren, ohne wesentliche erkenn­
bare Probleme, sie zu akzeptieren heißt natürlich, zwei Arten von prono­
minaler Referenz anzuerkennen, aber dies wird man,trügen die Erwägungen
in (2)-(4) nicht, ohnehin müssen.
5.2. Eselssätze
Beispiele wie (29) fallen unter das Etikett Eselssatz, alternative Bezeich­
nungen wären 1Chrysipp-Sätze1, 'Geach-Sätze'
(29a)
(29b)
Wenn ein Bauer einen Esel besitzt, drangsaliert er ihn
Jeder Bauer, der einen Esel besitzt, drangsaliert ihn
Genauso wie für die Bach-Peters-Sätze ein Überblick über die Literatur in
Jacobson (1977) vorliegt, kann man für Eselssätze auf Heim (1982) ver­
weisen. Eselssätze vereinigen gleich drei Probleme in sich:
a) wieso können die ein- Phrasen in (29) anaphorische Beziehungen
mit den Pronomina in Consequens (29a) bzw. Matrixsatz (29b) eingehen, obwohl dies für jeder/kein unmöglich ist? Cf.
(30a) *wenn jeder Mann zur Party kommt, wird er herzlich empfangen
(30b) *jeder Bauer, der keinen Esel besitzt, schont ihn
b) wieso werden die existentiell quantifizierte Phrasen in (29)
universell gedeutet?
c) wie ist Satz (29b) ableitbar in seiner korrekten Deutung?
Problem c) entsteht nur für BVT-Ansätze wie Montague (1973). Hier muß zur
Ableitung von (29b) in (31) zunächst die Phrase (32) hineinquantifiziert
werden und dann einen Esel hineinquantifiziert werden
(31)
(32)
er<- drangsaliert ihn^
Jeder Bauer der ihn5 besitzt
- 113 -
Man erhält dann aber nur die (gleichwohl existente) Lesart mit weitem
Skopus für ein . Interpretative Theorien hingegen kennen Problem c) nicht.
Nur a) und b) existieren also nicht-theorieimmanent.
Bartsch (1979) und Wasow (1979) versuchen das Problem über die Tatsache
anzugehen» daß mit ein quantifizierte NPn auch eine generische bzw. 'stereotypische' Lesart haben. Die Regeln der Quantoreneinfügung in Bartsch (1979)
garantieren es, daß Quantoren in untergeordneten Sätzen nie Variablen in
Matrixsätzen oder in anderen Nebensätzen binden können; aber, wie wir oben
schon sahen, generische NPn sind von dieser Regelung gerade ausgenommen,
sie haben die gleichen anaphorisehen Optionen wie definite NP, cf. (33)
(33)
Wenn dev Kanzler pennt, schnarcht er
Insofern ist a) gelöst und über die Tatsache, daß es sich um eine generische
Lesart handelt, nach Meinung von Bartsch (1979) auch b), da generisch-stereo­
type Aussagen ja für die jeweilige Klasse mehr oder minder universale Gültig­
keit haben. In concreto wird dies allerdings dann so aussehen, daß man eben
den 'stereotypen' Allquantor in (29) eben erst recht spät an die 1. Obersetzungsstufe anfügt. Man bekommt somit eigentlich nur ein restatement des
Problems als ’
Analyse1, da a) die Eigenschaft von stereotypen NPn, weite
anaphorische Optionen zu besitzen noch unerklärt ist und b) eine eigentlich
stereotype Lesart in (29b) gar nicht vorliegt, da der Bauer ja nicht die Art
'Esel' oder den stereotypen Vertreter der Eselsgattung besitzt, sondern ganz
konkrete Individuen und sich auch das Drangsalieren nicht auf die Art Esel
bezieht. Demgegenüber war in den wirklich klaren Fällen von Induzierung weiter
anaphorischer Optionen durch kind-Lesart mindestens eine Position für die
fragliche NP-Referenz so, daß dort eine kind-Lesart eingesetzt werden mußte.
Interessant ist es aber durchaus, daß man mit Sätzen wie (34) Strukturen findet,
die, cf. (35), dieselben Probleme wie die Eselssätze (29) aufwerfen, ohne
strukturell parallel aufgebaut zu sein.
(34)
it is not the case that an artic pinguin dies in captivity,
he can even raise young
(35)
*it is not the case that every artic pinguin dies in captivity,
he can even raise young
Egli (1979) oder Smaby (1979) schlagen vor, a) und b) dadurch zu lösen, daß
man dem jeweiligen Quantor ein Skopus über den ganzen Satz gibt, sodaß die
fraglichen Pronomina gebunden werden können und ihn gleichzeitig unter Aus­
- 114 -
nützung gewisser logischer Prinzipien in einen Allquantor umdeutet.
Eine wesentliche Beobachtung ist dabei etwa, daß analog zur univer­
sellen Deutung des ein in (29) die logische Formel (36) äquivalent ist
zu (37), falls die Vbl. x im Consequens nicht vorkommt.
(36)
Vx p
(37)
vx (p - q)
q
Tatsächlich ist die Analogie zwischen der Beziehung zw. (36) und (37) und
dem in b) oben angesprochenen Problem so groß, daß es überraschend wäre,
wenn die Existenz der universalen Lesart für ein in (29) nichts mit dem an­
gesprochenen logischen Gesetz zu tun hätte, bzw. mit analogen Prinzipien,
die man für die modalisierte Version des Konditionals zu haben scheint.
Es ist aber auch klar, worin das wesentliche Problem für diesen Ansatz
besteht: die Integration einer Lösung für a). Schließlich setzt die Lösung
für b) ja gerade voraus, daß man keinerlei Bindungsbeziehungen in das
Consequens hinein hat, und es gibt einige Gründe, diese auch nicht zu eta­
blieren. Da ist ja einmal die oben erreichte Schlußfolgerung, daß Bindungs­
beschränkungen für Quantifikationen eine Sache der syntaktischen Oberflächen­
struktur oder der NP-Struktur sind, und es sollte vermieden werden, durch
LF-Construalregeln den Gehalt dieser Bindungsbeschränkungen auszudünnen.
Hinzu kommt ein Faktum, wie Egli (1979) und Heim (1982) bemerkt haben, daß
nämlich nur einer Teilklasse von logischen Äquivalenzen scheinbare Verletzungen
der Bindungsbeschränkungen in natürlichen Sprachen korrespondieren. So hat
man Äquivalenz zwischen (38) und (39), falls wieder x nicht im Consequens
frei aufscheint, aber, wie Heim (1982) schreibt, keine dementsprechende
Interpretation (41) für den Satz (40)
(38)
vx p -+ q
(39)
Vx (p - q)
(40)
(41)
if everyone is in Athens , he is not in Rhodos
Vx(x is in Athens
-+ x is not in Rhodos)
Es ist nun aber tatsächlich so, wie Egli (1979) bemerkt, daß die fragliche
Lesart insofern unproblematisch ist, als der entsprechende Satz von unab­
hängigen Prinzipien ausgeschlossen wird, und zwar handelt es sich dabei
wie Kap. 3 zeigt, eben um die c-Kommando-Beschränkung für die Bindung. Wenn
man diese aber Aufrechterhalten will in ihrer Allgemeinheit, dann darf in
(29) eben auch das Pronomen nicht von ein Esel gebunden sein.
- 115 -
Die wesentliche Beobachtung, die man nun hier hereinbringen muß, ist die,
daß mit e-tn-quantifi zierte NPn anders als solche mit every quantifizierte
aus natürlichen Gründen (s.o.) FP lizensieren. Das heißt dann nicht anders,
als daß das ihn in (29) jeweils nur den Anschein der Gebundenheit er­
weckt, in Wahrheit aber ein FP darstellt, und diese gibt es eben nur für
ein Esel oder der Esel . Dies ist der Ansatz zur Lösung des Eselssatzproblems,
den Partee (1975), Cooper (1979), Evans (1980) und - unter einer gutwilligen
Interpretation des Vorschlags - auch May (1977a) unternehmen. Wir können als
Paradigma Cooper's Theorie ansehen. übersetzte man freilich wie in der
simpelsten Version seines Ansatzes das Pronomen ihn als 'the only x such that
x is P', mit einem kontextuell zugewiesenen P, dann erhielte man in offen­
sichtlicher Weise für (29b) zum Beispiel eine inkorrekte Interpretation,
da dann ihn ein einziges Individuum Esel denotierte, das z.B. von jedem Bauern
besessen würde, die Abhängigkeit der Eselsauswahl von der Auswahl des Bauern
kann mit einem einzigen Prädikat nicht zum Ausdruck gebracht werden. Cooper
(1979) schlägt daher vor, anstelle P als Prädikatskonstante zu gebrauchen,
he als (42) zu übersetzen, wo n ein logischer Ausdruck von Prädikatstyp ist,
der außer freien Variablen, Klammern und einem kontextuell zu bestimmenden
Prädikatsterm nichts enthält.
(42)
XPVx[Ay(n{y})
+ +
y =
x)]a
P{x}J
(29b) erhält dann die Übersetzung (43) ein zunächst einmal akzeptables
Resultat.
(43)
^x((bauer(x)A
-►Vz(^y(esel(y)A
Vy(esel(y)A
besitzt(x,y))
besitzt(x,y))-<->- x =
z)a
schlagt(x,z))))
Für (29a) muß nun davon ausgegangen werden, daß sich er übersetzte als 'der
Bauer, der y besitzt1 und ihn als 'der Esel, den x besitzt'. Die freien
Variablen, die wir hier vorzuliegen haben, können nicht gebunden werden,
will man die Beschränkungen über den Skopus von Quantoren nicht aufweichen.
Es ist aber möglich, zufällige Koreferenz von x mit dem Individuum, das
ein Bauer 'wahr macht' und von y, das zu ein Esel korrespondiert zu haben
und mehr ist auch nicht erforderlich. Es ist nur dann natürlich die Frage,
wie wir zur universellen Lesart für ein N in (29a) kommen. Die Antwort darauf
dürfte hingegen klar sein: man muß wie Egli (1979) versuchen, aus allgemein
logisch-semantischen Prinzipien die Umdeutung von ein in ein jeder zu induzieren.
- 116 -
Dies kann nun hier nicht die Äquivalenz zwischen (36) und (37) sein,
da im Consequens mit den Übersetzungen von ihn bzw. er die fraglichen
freien Variablen gerade Vorkommen. Einschlägig ist hier vielmehr das
Phänomen der Deutung von oder- Konditionalen (cf. Fanseiow (1981) für
eine eingehendere Diskussion). Disjunktionen im Antezedens eines
Konditionals werden in der Regel als Konjunktionen von Konditionalen
uminterpretiert, die man gewinnt, wenn man einen wenn-dann Satz aus einem
der Disjunktionsglieder und dem ursprünglichen Konsequenz bildet, so
versteht man (44) als (45)
(44)
(45)
Wenn es regnet oder schneit, wird die Straße feucht
wenn es regnet, wird die Straße feucht, und wenn es
schneit, wird die Straße feucht
Der Übergang von (44) zu (45) kann allerdings nur als aus Konversations­
maximen folgend gedacht sein, da es sich zeigen läßt (cf. Nute (1980) für
ausführliche Diskussionen), daß die logische Äquivalenz zwischen (44)
und (45) fordern das Konditional als strikte Implikation deuten heißt,
was seit der luziden Diskussion von Lewis (1973) wohl kein ernsthafter
Semantiker mehr unternehmen kann. Der Vorschlag von Nute (1979) sieht
nun vor, daß aus allgemeinerer Konversationsprinzipien folgt, daß es für
die Bewertung der Wahrheit des Konditionals es egal ist, welche der er­
wähnten Disjunktionsglieder der Prämisse man auswählt zur Konstruktion der
hypothetischen Weltsituationen, für die dann die Wahrheit des Consequens
abgeprüft würde. Nun läßt sich dies auch auf unsere Eselssätze übertragen.
Wer einen Satz wie (29a) äußert, impliziert damit, daß es egal ist, welchen
Esel und welchen Bauern ich für die Konstruktion einer hapothetisehen Situation
verwende. Sollte er etwas anderes meinen, so müßte er dies auch explizit
sagen. Daraus folgt, daß der Sprecher dem Hörer zu verstehen gibt, daß es
für die Bewertung des Consequens von (29a) keinen Unterschied macht, welche
Welt und welches Bauern-Esel-Paar ich zur Konstruktion der entsprechenden
hypothetischen Situation verwendet, technischer ausgedrückt gibt er zu ver­
stehen, daß jeder Schnitt der Proposition 'a besitzt b', mit 'a ein Bauer
und b ein Esel' mit der Menge der zur aktualen Welt für die Bewertung von
(29a) genügend nahen Welten total enthalten ist in der Proposition 'a drang­
saliert b'. Dies bedeutet aber nichts anderes, daß man zur Auswertung von
(29a) als Systembedeutung tatsächlich die Proposition 'ein Bauer besitzt
einen Esel' für das Antezedens und für das Consequens 'der Bauer, der den
- 117 -
Esel y besitzt und die und die Eigenschaft hat' nehmen kann, da aus dem
Konversationsprinzip folgt, daß die konkrete Wahl des Bauern und des
Esels für den Wahrheitswert der Gesamtproposition irrelevant ist. Genau
daraus ergibt sich dann auch die Tatsache, daß mit (29a) ein universaler
Anspruch verteidigt werden muß.
Was man einwenden kann ist, so Heim (1982) zur Behandlung von (29b) oder
auch (29a), daß man für die Übersetzung von ihn nun auf den vorher spezi­
fizierten Bauern bezug nimmt, und damit qua definiter Quantifikationen den
Anspruch verträte, jeder Bauer besäße auch nur genau einen Esel. So ist
dies natürlich nicht richtig, da nichts im System erzwingt, daß das rela­
tivierende Prädikat 'x besitzt y' ist und nicht etwa 'x besitzt y, und y
hat die Eigenschaft F 1. Da jedes Individuum eine Eigenschaft hat, die nur
ihm zukommt, ist mit der definiten Interpretation von ihn eben gerade nicht
der Anspruch der Einzigartigkeit des Besitzverhältnisses zwischen Bauer und
Esel vertreten, es ist bei Hineinnahme des Prädikats F durchaus mit der defi­
niten Interpretation von ihn und Bezug auf Besitz verträglich, daß mehrere
Esel sich im Besitz des jeweils fraglichen Bauern befinden. Und unser Konver­
sationsprinzip aus Nute (1979) wird eben garantieren, daß die über das zu­
sätzliche Prädikat F gesteuerte Auswahl eines ausgezeichneten Esels im modalisierten Falle eben keine Auswirkungen auf die Wahrheitsbedingungen des
Satzes haben kann. So ein Konversationsprinzip existiert nun nicht für un­
modal isierte Aussagen, sodaß man (29b) als noch offen betrachten mag, aber
ich sehe keinen wesentlichen Hinderungsgrund, auch (29b) als implizit modalisiert zu betrachten, zumindest scheint mit (29b) gleichbedeutend mit dem
modalisierten (29a). Dazu kommt, daß es gar nicht so klar ist, ob nicht sogar
eine Einzigartigkeitsimplikation für das Besitzverhältnis in (29)
besteht,
positiv steht dem Cooper (1979) gegenüber, negativ Heim (1982).
In eine ganz ähnliche Richtung führt Hintikkas Vorschlag. Betrachten wir hierzu
Satz (46)
(46)
Wenn ein Bauer schläft, schnarcht er
Ist im semantischen Spiel zu einem Punkt gekommen, wo (46) zu analysieren ist,
dann wird ein Subspiel eröffnet, das sich mit (47) befaßt
(47 )
ein Bauer schläft
Da es mein Ziel ist, den ganzen Satz zu verifizieren, und das Ziel der Natur,
den Satz (46) zu falsifizieren, müssen wir bei dem Durchspielen von (47)
- 118 -
die Rollen tauschen, denn wenn es mir gelingt, für eine Wahl y als Wert
für ein Bauer (47) zu widerlegen, ist das Konditional trivialerweise wahr.
Entsprechend der sin-Regel wählt die Natur als neuer Verifikator aus den
Verifikatorstrategien eine solche heraus, mit der sie ein Individuum anzu­
geben versuchen kann, das (47) wahr macht. Ist für das Individuum a, ge­
wählt von der Natur als Verifikator (47) falsch, dann habe ich lt. Regel
für wenn-dann das ganze Spiel gewonnen. Gelingt es hingegen der Natur, ein
a so zu wählen, daß (47) verifiziert wird, dann wendet sich das Spiel dem
Consequens zu, (48)
(48)
er schnarcht
Oie Rollen sind laut wenn- Regel nun wieder die ursprünglichen, d.h. ich bin
der Verifikator, und die Natur ist der Falsifikator. Für die Deutung von
Pronomina kann nun der jeweilige Spieler nur auf solche Individuen zurück­
greifen, die er im Ausspielen früherer Strategien bereits benutzt hat. Nun
spiele ich als Verifikator und habe daher bei meinem Versuch (48) zu verifi­
zieren, zurückzugreifen auf die Individuenwahl, die die Natur als Verifikator
bei (47) getroffen hat. Somit hat man den Bindungsaspekt ausgedrückt und
analog zu den obigen Überlegungen ergibt sich der universale Aspekt eben
dadurch, daß ich für jede Individuenwahl, mit der es der Natur gelingt, (47)
zu verifizieren, auch (48) wahrmachen können muß, damit der Satz als wahr
gedeutet werden kann.
Die Betrachtung von (49) zeigt die Eleganz, die in Hintikkas Vorschlag steckt.
(49)
*wenn jeder Bauer schläfty schnarcht er
Nach der wenn- Regel betrachten die Natur und ich zunächst mit getauschten
Rollen den Satz (50). Die jeder-Reqe'l nun impliziert, daß ich als Falsifikator
Individuen der Natur in ihrer Rolle als Verifikator vorgeben muß, für die der
Satz (51) abgeorüft wird.
(50)
(51)
jeder Bauer schläft
y schläft3 wenn y ein Bauer ist
Wenn wiederum die Natur als Verifikator für (51) ein Spiel gewinnt, müssen wir
zur weiteren Satzbewertunq zum Consequens (48) gehen. Dabei werden natürlich
wieder zwischen mir und der Natur die Rollen getauscht. Ich bin wieder der
Verifikator und kann für er nur solche Individuen als Referenten nehmen, die
in früheren Spiel Stadien vom Verifikator eingeführt worden sind. Aber die
- 119 -
Individuen hat in (50)(51) der Falsifikator eingefiihrt! Also kann zwischen
er und jeder Bauer keine anaphorische Beziehung bestehen.
Diese Erklärung scheint mir sehr elegant zu sein und auch deskriptiv im
wesentlichen korrekt. Sie hat nur den Schönheitsfehler, daß sie für (52)
(53) Probleme mit sich bringt
(52)
Wenn ein Bauer nicht schläft, ackert er
(53)
*Wenn es nicht so ist, daß jeder Bauer schläft , ackert er
Wenn man einen negierten Satz auswertet, ist es offensichtlich so, daß
wiederum die Spielerrollen zwischen der Natur und mir gewechselt werden
müssen und man dann mit der Betrachtung des Satzes ohne Negation fortführt.
Wenn ich verifizieren will, daß Zelda nicht den Schah getroffen hat, muß ich
falsifizieren, daß Zelda den Schah getroffen hat. Dies heißt aber für (52),
daß wir wenn zuerst nicht und dann ein abgebaut wird, die Individuen von
der Falsifikatorrolle eingeführt bekommen, und aus sie beim Spielen des
Consequensspiels nicht zurückgreifen können, weswegen eine anaphorische Be­
ziehung nicht etabliert werden kann. Aber wie Hintikka richtig bemerkt (1978),
kann man natürlich auch ein vor dem Abbau der Negation auswerten, d.h. vor
dem erneuten Rollentausch.
Gerade diese Variabilität in der Reihenfolge des Operatorenabbaus, erwünscht
für (52), ist verhängnisvoll für (53). Bauen wir beim Abspielen des Ante­
zedens zunächst nicht ab, dann wird der Spieler, der für das Antezedensspiel
der Verifikator ist, wegen des Wechsels bei nicht Falsifikator für den Rest­
satz und führt daher die für die Auswertung von jeder zu induzierenden Indi­
viduen ein. Als Verifikator des Antezedens werden diese Individuen mir aber
als Verifikator des Gesamtsatzes bei der Auswertung von (48) zugewiesen, m.a.W.
ich habe Optionen für eine anaphorische Deutung von er in (53). Man hat
in Hintikka (1978) und in Heim (1982) zwar Ausnahmeformulierungen, die dies
unerwünschte Resultat blockieren, doch sind sie nichts als 1restatements of
the problem1. Das Problem mit (53) ist wohl der Knackpunkt für Hintikkas
Ansatz.
Die Theorie von Heim (1982) teilt mit Eglis, Coopers und Hintikkas Lösung
des Aspekt, die universale Deutung des ein (anders als Bartsch oder Wasow)
als durch die Semantik von wenn-dann ausgelöst zu denken. Für sie ist freilich
im hier für uns vorrangigen Kapitel II das Pronomen im Consequens eines
Eselssatzes im strengen Sinne gebunden und zwar vom impliziten oder expliziten
Modaloperator, der für das wenn anzusetzen ist
- 120 -
(54)
wenn ein Bauer* ackerty dann singt er
(55)
es muß so seiny daß wenn ein Bauer ackerty er dann singt
(54) wird in diesem Sinne als reduzierte Form des expliziten (55) angesehen.
Da in ihrem Ansatz über ein keine Quantifikation geleistet, sondern ein
Individuum oder eine Individuenvariable neu eingeführt wird, ist es zunächst
unproblematisch, das muß zu deuten als ein Allquantor, der gleichzeitig über
Welten als auch über den Wert der Variable, der ein Bauer und er entspräche,
redet. Man löst so das Problem b) (muß als Allquantor) als auch a), da z.B.
jeder selbst ein Quantor ist, der die Variable der mit ihm verbundenen NP
abbindet, die damit aber einer Bindung durch muß - und damit der Indifikation
mit einer evt. koindizierten Variable im Consequens - nicht mehr zugänglich
ist.
Als Problem hat man hier freilich, daß der Ansatz nur für den Fall funktioniert,
für den das durch wenn restringierte Modal ein muß ist. Für einen Satz wie
(56), für den ich nicht mehr weiß, wem er zuzuschreiben ist, wird etwa durch
Bindung des Pronomens und des ein an den Existenzquantor darf inkorrekterweise
die Lesart (57) vorausgesagt, korrekt wäre (58)
(56)
wenn jemand eine Scheckkarte haty darf er sie benutzen
(57)
Es gibt eine Welt und eine Scheckkarte z und einen Menschen xy
(58)
Es gibt eine Welt yy sodaß für alle xyx ein Mensch und zy z eine
sodaß der x in der Welt y z benutzen darf
Scheckkarte gilt: x benutzt z in y
Es lassen sich eine Reihe ähnlicher Punkte machen, doch will ich der einschlä­
gigen Arbeit, die derzeit am B-Projekt diesbezüglich entsteht, nicht vorgreifen.
5.3. Lohnstreifen- und Geschenksätze
Die Lohnstreifen- oder Kartunnensätze enthalten ein Pronomen, das zu seinem
Antezedens nur in der 1sloppy-identity'-Relation steht
(59)
Der Manny der seinen Lohnstreifen an seine Frau gaby war
spießiger als der Manny der ihn seiner Großmutter gab .
ihn kann sich in (59) offensichtlich nicht sinnvoll auf den Lohnstreifen des
ersten Mannes beziehen, es kann keine strikte Identität zwischen ihn und
seinen Lohnstreifen in (69) vorliegen. Vielmehr denotiert ihn 'seinen Lohn­
streifen1, aber mit seinen bezogen auf den zweiten Mann.
- 121 -
Recht wenig gibt es eigentlich zu (59) zu sagen. Vielleicht ist die
von obigen Diskussionen her zu erwartende Beobachtung erwähnenswert,
daß auch bei Lohnstreifensätzen die sloppy-identity-Lesart nur beim
Vorliegen der c-Kommandorelation zwischen Pronomen und sloppy-identityauslösendem Element auftritt.
(60)
In dem Film über Rosa Luxemburg ließen wir ihren Lieb­
haber vom Reichsaußenminister erstechen, aber im Film
über Cleopatra ließen wir ihn von einem KGB-Agenten
erwürgen .
In (60) ist ihn nicht als Cleopatras Liebhaber zu verstehen. Wie Lohnstreifen­
sätze zu behandeln sind, ist eigentlich jedoch recht klar. In einer transformationellen Theorie ist die Identitätsforderung zwischen den beiden
Vorkommen von seinen Lohnstreifen dahingehend zu lockern, daß es sich in
beiden Fällen um von außen gebundene Funktionale mit phonetischer Identität
(mit gewissen Einschränkungen, cf. (61)) handeln muß, nicht aber referentielle
Identität vorzuliegen hat. Es ist für diesen Ansatz die gebundene Version
von Pronomina von der nicht-gebundenen zu unterscheiden, aber dies hatte sich
ohnehin als notwendig erwiesen.
(61)
Jeder Mann, der seinem Freund hilft, ist netter als der,
der ihn varbringt
(sloppy identity trotz Akkusativ-Dativ-Wechsel)
Was man in einer interpretativen Theorie dann analog hierzu tun muß, ist,
wie Wasow (1972)(1979) bemerkt, die Regel der Zuweisung anaphorischer Rela­
tionen anaphorische Bezüge, die in das Antezedens hinein bestehen, igno­
rieren können zu lassen. Am einfachsten geschieht dies dadurch, daß man
das Pronomen so interpretiert, daß die gebundene Variable in der Deutung
des Antezedens auch in seiner Deutung wieder auftaucht. Man kann dies wie
Hintikka/Carlson (1977) vorschlagen durch Ersetzen des Pronomens durch sein
Antezedens in der Syntax bzw. beim Abarbeiten der Syntax zur Interpre­
tation zu erlangen versuchen, wegen der notorischen Genus und PersonalProbleme bei sloppy-identity sollte die Rekonstruktion jedoch besser eine
Angelegenheit logiknäherer Interpretationsebenen sein, cf. (62).
(62a)
Der Mann, der sein Geld an Terre des tiormes verschenkt, war
intelligenter als die Frau, die es an die Rocke feiler Bank ver­
schenkte .
- 122 -
(62a‘
)
Der Mann, der sein Geld an TdH verschenkte war intelli­
genter als die Frau,die *sein/ihr Geld an die RB ver­
schenkte
(62b)
Ich, der ich mein Geld für wohltätige Zwecke ausgebe,
bin großzügiger als Du, der du es in Nachtclubs aus gib st.
(62b1)
Ich, der ich mein Geld für w.Z. ausgebe, bin großzügiger als
Du, der du *mein/dein Geld in Nachtclubs ausgibst .
So eine semantische Rekonstruktion leistet etwa Cooper (1979) mit seiner
bekannten Übersetzung des Pronomens als definite Deskription mit einem
Prädikatsterm, der über freie Variablen,die er evt. enthält, sloppy-identityLesarten ausdrücken kann. Problematisch ist dabei eigentlich nur, daß nicht
ganz klar ist, wie sich die c-kommando-Beschränkung über Lohnstreifenpronomina
ergibt. Zwar können quantifizierte Ausdrücke wie in (59) oder (61), die von
der PronomenÜbersetzung eingeführten Variablen nur dann binden, wenn sie das
Pronomen auch c-kommandieren, doch wäre für einen Satz wie (60) durchaus
denkbar, daß als Übersetzung für ihn inkorrekterweise 'der Mann, der Liebhaber
von y ist' gewählt wird, mit zufälliger Referenz von y auf Cleopatra. Auch
hier erweist es sich also für Cooper1s Ansatz als dringend erforderlich,
Gesetzmäßigkeiten über die Wahl des Prädikatsterms und der Variablen in der
Übersetzung von Pronomina zu formulieren. Darüber hinaus ist es ein offenes
Problem, wieviele freie Variablen in der Pronominaübersetzung Vorkommen
dürfen. Setzt man hier keine Beschränkungen, dann sollte (63) eine sloppyidentity-Lesart über beide Pronomina haben, was ich dem Leser selbst zur Be­
urteilung überlassen möchte.
(63)
Der Mann, der sagte, daß das Mädchen wußte, daß sein Buch
über sie zu teuer war, ist klüger als der Mann, der sagte,
daß die Frau wußte, daß es billig ist.
Daß generell der Ansatz über definite Deskriptionen auch für paycheck-Sätze
korrekt sein muß, zeigt das Vorliegen von analog zu Lohnstreifenpronominy
in ihrer Referenz variierenden definiten Deskriptionen, cf. Stenning (1978).
(64)
Fred kept a cat and a goId fish in each room. The cat was there
to keep the mice down, and the goldfish to keep the cat from
getting bored „
- 123 -
Daneben hat man interessanterweise, wie m.W. Carlson/Hintikka (1978)
erstmals bemerkten sloppy-identity-Lesarten auch zwischen Pronomina
und NPn in nebengeordneten Sätzen.
(65)
if you give every child a present for Christmas> some
(65b)
every solider was given a rifle> immediately, the captain fired his
child will open it the same day
Von den üblichen Beschränkungen über Skopus und Bindung her würde man eine
anaphorische Lesart für it in (65a) oder in korrespondierenden Hauptsatz­
konjunktionen nur dann erwarten, wenn a im Antezedens Skopus über every
hätte, was für die natürliche Lesart von (65a) selbstverständlich nicht der
Fall ist. (65a) stellt also einen weiteren Fall von Pronomina dar, der
nicht als gebundene Variable oder referentieller Ausdruck repräsentierbar
ist. Für Cooper und Hintikka hingegen ist die Lösung ziemlich klar: bei
Cooper übersetzt sich das Pronomen als 'the present given to y ‘und y wird
von some im Consequens korrekt gebunden. Eine Stufe eleganter ist die
Lösung in Carlson/Hintikka (1978). Wir wissen ja, daß die Individuenwahlen
des Verifikators des Antezedens von (65a) dem Verifikator des Konsequens
weiter zur Verfügung stehen. Nun muß der Verifikator des Antezedens für
jedes Kind a, das ihm der Falsifikator vorgibt, ein Geschenk b angeben können,
sodaß a b zu Weihnachten bekommt. Der Verifikator verfügt also über eine
Strategie, die jedem Kind ein Geschenk zuordnet,und genau diese Funktion kann
dann benutzt werden, um das it im Consequens zu deuten.
- 124 -
Hinweis
Nach der Verordnung über die rechtmäßige Verwendung von Ideen und Gedanken­
gut vom 20.6.1959 in der geänderten Fassung vom 10.8.1976, ist der Leser
einer wissenschaftlichen Arbeit, die an Universitäten, Fachhochschulen,
Kunsthochschulen oder anderen wissenschaftlichen Einrichtungen des Landes
Baden-Württemberg entstanden ist oder an solchen Institutionen, die mit
vorgenannten verbunden sind oder vom Lande Baden-Württemberg maßgelich ge­
fördert sind oder von Personen verfaßt wurden, die an vorgenannten Ein­
richtungen ganz oder teilweise beschäftigt sind oder während der Entste­
hungszeit der Arbeit oder eines maßgeblichen Teils der Entstehungszeit
ganz oder teilweise beschäftigt waren oder diese in Werkverträgen mit den
vorgenannten Institutionen oder Personen ganz oder teilweise verfaßt haben,
verpflichtet, das Lesen der Arbeit auf einem kurzen Revers kundzutun. Unter­
schreiben Sie im untenstehenden Frei raum, geben Sie Anschrift und Telefon­
nummer und legen Sie in Stichworten (maximal 10) den Grund für das Lesen
dieser Arbeit dar. Vergleichen Sie auch Hoffman (1980) zu diesem Hinweis.
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208
Yule,George (1982), Interpreting Anaphora without Indetifying Reference
Journal of Semantics 1:1982
Arbeiten, die nur in einem mittelbaren Zusammenhang zu den Pronomina stehen,
aber in diesem Papier verwendet wurden sind mit einem * markiert. GF
- 136 -
Nachträge
Die folgenden Arbeiten sind mir erst nach Manuskriptabschluß bekannt
bzw. zugänglich geworden, ihr Inhalt ist daher im obigen Text nicht
berücksichtigt.
Nicht zugänglich war mir bis heute auch der Sammelband der Parasession
on Anaphora der CLS von 1981.
a)
Akmajian,Adrian (1973), The Role of Focus in the Interpretation of
Anaphoric Expressions, in: Anderson/Kiparsky, A Festschrift for
Morris Halle, New York, 1973
b)
Aoun,Joseph (1981), The Formal Nature of Anaphoric Relations, PhD-Diss,
MIT 1981
---------------
c)
Aoun,Joseph, (1983), Logical Forms, Ling In 14:1983
d)
Bolinger, Dwight (1980), Pronouns in Discourse, Syntax & Semantics Vol.
11, 1980
---------------------
e)
Kayne, Richard S. (1971), A Pronominalization Paradox in French,
Ling In 2:1971
f)
Lasnik, Howard (1981), On Two Recent Treatments of Disjoint Reference,
Journal of Linguistic Research
g)
Li, Charles/Thompson, Judith (1980), Third Person Pronouns and Zero
Anaphora in Child Discourse, in: Syntax & Semantics Vol. 11, lybü
h)
Linde, Charlotte, Focus of Attention and Choice of Pronouns in Discourse,
Syntax & Semantics Vol. 11, 1980
i)
Radvila, Regula (1972), Die Pronominalisierung im Deutschen, Ling Ber 22:
1972
j)
Schecker/Wunderlich (1976), Textgrammatik
k)
Sorensen, Knud (1981), Some Observations on Pronominalization, English
Studies 62:1981
1)
Hack, Isabelle (1982), Indirect Binding, Ms., MIT 1982
m)
Cooper, Robin (1983), Quantification and Syntactic Theory, Dordrecht,
Reidel 1983
n)
Higginbotham, James (1983), Logical Form, Binding and Nominals, Ling In
14:1983
-------------------- --------------
o)
Milner, J.C. (1982), Cross-over Phenomena & Disjoint Reference, Journal
of Ling Res 2: 1982
- 137 -
p)
Jeanne, Laverne (1978), Aspects of Hopi Grammar, MIT PhD-diss 1978
(die Arbeit zeigt, daß im Hopi gebundene und freie Pronomina
morpholog. unterschieden werden müssen, cf. Chomsky (1980):171)
für diese Angabe und eine Diskussion der weitreichenden Konsequenzen
der Fopi-Fakten)
q)
Giovanni Cinque (1983), Constructions with left Peripheral Phrases,
'Connectedness1, Move a and ECP, Ms. Torino 1983
r)
Brody, M. (1981), On Circular Readings Ling. Res. 1:1981
Der Sonderforschungsbereich 99 'Grammatik und sprachliche Prozesse' (früher: Linguistik)
ist eine Einrichtung der Universität Konstanz. Er wird von der Deutschen Forschungsgemein­
schaft seit Juli 1974 gefördert. Die Arbeit des Sonderforschungsbereichs ist interdiszi­
plinär angelegt. In vsrschiadenen Arbeitsgruppen kooperieren Wissenschaftler vor allem
folgender Fachrichtungen: Linguistik, Philosophie und Psychologie.
Der Sonderforschungsbereich veröffentlicht in loser Folge Forschungsberichte der
Arbeitsgruppen sowie Arbeitspapiere einzelner Mitarbeiter. Soweit vorrätig, können
die Papiere über das Sekretariat des Sonderforschungsbereichs bezogen werden:
Sekretariat SFB 99, Universität Konstanz, Postfach 5560 , 7750 Konstanz; Tel.07531/882510.
Bisher erschienen:
R. Cohen, P. Hartmann, D. Engel, S. Kelter, G. List, H. Strohner:
ExpeAtmentalpsycholo gische Untersuchung zua linguistischen Erfassung aphatischer
Störungen; dritter Arbeitsbericht an die DFG, März 1975.
Urs Egli: Anaphora und die. Nominalpkrasen; Juni 1975.
A.v. Stechow/R. Radvila: Zua formalen Syntax und Semantik des Veutschen; Juli 1975.
Angelika Kratzer: Relative Modalität; ZuA Semantik von Modalwörtern und Konditionalen;
Dezember 1975.
Friedrich Kambartel: Zu den Grundlagen einer pragmatischen Theorie der Spracfrie
(zwei Studien); April 1976.
R. Cohen, S. Kelter, B. Schäfer: Zum Einfluß des Sprachverständnisses auf die Leistungen
de* Token Tests; April 1976 (Sonderdruck, 14 Seiten).
SFB 99: ERGEBNISBERICHT 1973 - 1975 - 1976; Mai 1976.
SFB 99/Teilprojekt A2: Forschungsbericht 1.11.1973 - 31.3.1976;
Teil I: Vas übe/isetzungssystem SALAT; Teil II: Kontextfreie Syntaxen für Fragmente
der Sprachen Veutsch, Englisch, Französisch, Russisch; Mai 1976.
Günter Posch und Hannes Rieser: Adversative SatzVerknüpfungen mit "ABER"; Juli 1976.
2. Auflage: November 1980.
Angelika Kratzer: BluAAed CondUionats; Dezember 1976.
Werner Dilger und Martin Schneider: Automatisierbare und automatisierte Beweisv erfahren
für die Logik J. Stufe; mit Anhängen von H. Ficht und H. Schleichert; Dezember 1976.
Angelika Kratzer und Arnim von Stechow: Äußenungssituation und Bedeutung; Dezember 1976
(erscheint in "Linguistik und Literaturwissenschaft" im Maiheft "Psycholinguistik").
Rainer Bäuerle: Tempus, Temporaladverb und die temporale Frage . I. Teil: Vie Semantik
von Tempus und Adverb; März 1977.
Arnim v. Stechow: OccuAAence-Interpretation and Context-Theory; März 1977.
K.-J. Engelberg und E. Pause: Transformationelle SyntaxanaJtyse am Beispiel des
Deutschen; April 1977.
Rainer Bäuerle: Tempus, TemporaZadverb und die temporale Frage; 2. Teil: Fugitive Propositions - Temporale Nebensätze - Explizite temporajte Textverknupfung - Vie Frage;Juni 1977.
Irene Heim: Zum Verhältnis von WahAheitsbedingungen-Semantik und Sprechakttheorie;Juni 1977.
Angelika Kratzer: Kontexttheorte; Oktober 1977.
Arnim von Stechow: Semantische Präsuppositionen; Dezember 1977.
Angelika Kratzer: Modale; Dezember 1977 (Forts, von Nr. 18).
Gerhild Wo11: Vas Wissen um Teile und Kontext von Objekten im Venken von AphatikeAn;
Dezember 1977.
Rudolf Cohen und Stephanie Kelter: Cognitive ImpaiAment of Aphasics in a Colour-toPictuAe Matching Task; März 1978.
Rudolf T. Schmidt: Vie Grammatik der Stoiker . Einführung und deutsche Bearbeitung von
K.H. Hülser. Mit einer kommentierten Bibliographie zur stoischen Sprachwissenschaft
(Dialektik) von U. Egli.
K.J. Engelberg: Funktion und Transformation. Neue Aspekte der formalen Suntaxtkeorie.
Erster Teil: März 1978.
25. Arnim von Stechow: Deutsche WontsteMung und Montague-Grammatik; April 1978.
26. Rudolf Cohen und Elisabeth Hofmann: Kontrollmechanismen aphatischer Patienten bet
verbalen und phonemischen Paraphasien; Juli 1978.
27. Gudrun Kaiser: Zua Semantik Polarer Adjekttve; Juni 1978.
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Zweiter Teil; September 1978.
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