kap gehrig - Stadt Tuttlingen

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kap gehrig - Stadt Tuttlingen
Astrid Gehrig
Kriegsgefangenenlager in Tuttlingen
1945-1952:
„Cage d´Armée No 2“ – „Cage C.S.T.O No 2“ – „Dépôt de
transit No 2“ – „Bureau de Contrôle et Démobilisation“
Der Mannheimer Karl Heinz Mehler, 1929 geboren und bei seiner Gefangennahme durch Franzosen in Oberstaufen erst 15 Jahre alt, kam über Ravensburg nach
Tuttlingen. Er hatte wie mehrere Klassenkameraden, die er
im Tuttlinger Lager wiedertraf, zum „letzten Aufgebot“ des
NS-Regimes gehört. Aus einem Lager der Kinderlandverschickung in Titisee waren die Hitlerjungen des Jahrganges
1929 noch im April 1945 zum „Volkssturm“ eingezogen
und dem „Panzervernichtungsregiment der HJ 21 Baden“
zugeteilt worden. Das Kriegsende am 8. Mai 1945 erlebte
Mehler in Tuttlingen. Über Kehl und Straßburg ging es zum
Arbeitseinsatz nach Tulle in Frankreich. Mehler kehrte im
Frühjahr 1947 aus der Kriegsgefangenschaft zurück. Seine
Entlassungspapiere erhielt er am 10. Februar in Bretzenheim.1
Otto Beiswenger, Jahrgang 1923, verbrachte seine Kriegsgefangenschaft im Gewahrsam zweier Mächte. Am 10. Mai
1945 geriet er in Lavamünd in Kärnten (Österreich) in bri- Blick auf das Kriegsgefangenenlager Mühlau, um 1947
tische Kriegsgefangenschaft. Über verschiedene Stationen
in Kärnten und Osttirol – beides Gebiete der britischen Besatzungszone in Österreich – kam Beiswenger schließlich im Dezember 1945 nach Innsbruck und damit
in die französische Besatzungszone. Er wurde in das unter französischem Gewahr57
sam stehende Kriegsgefangenenlager Rum, nordöstlich von Innsbruck gelegen,
eingewiesen. Von dort wurde er Mitte Januar 1946 nach Tuttlingen transportiert.
Aufgrund einer in der englischen Gefangenschaft erlittenen Verletzung war Beiswenger nicht arbeitsfähig und wurde im „Dépôt de Transit No 2“ als „Betreuer“ eingesetzt. Im Sommer 1947 unterzeichnete er einen Vertrag für ein freies Arbeitsverhältnis. Als „Travailleur Libre“ arbeitete bis von September 1947 bis August 1948
im Lager Tuttlingen für die Franzosen. Am 31. August 1948 endete sein Arbeitsvertrag. Nach über drei Jahren Kriegsgefangenschaft war Beiswenger „endlich ein
freier, junger und gesunder Mensch“.2
Der 1921 in Nürnberg geborene Hans Jonitz war seit 1939 beim Reichsarbeitsdienst und seit 1941 bei der Wehrmacht. Bei seiner Gefangennahme am 9. April
1945 nahe Schweinfurt geriet er als Unteroffizier in amerikanische Kriegsgefangenschaft. Über Bad Kissingen kam er in die Pionierkaserne Worms, wo er mit
30 000 bis 40 000 Mitgefangenen auf dem nackten Boden des Kasernenhofes
ausharrte. Um der Kriegsgefangenschaft zu entkommen, schmuggelte sich Jonitz
heimlich in den „Abgangs-Cage“ des Lagers, von dem aus Arbeitskommandos abtransportiert wurden. Mit 40 Kameraden wurde er in ein
amerikanisches Lager nach Südfrankreich geschafft. Im Februar 1946 überstellten die Amerikaner das gesamte Lager
den Franzosen, welche die Kriegsgefangenen zum Arbeitseinsatz auf verschiedene Orte aufteilen. Im Frühjahr 1947
wurde Hans Jonitz aus dem Kriegsgefangenenlager Nr. 142
in Bourg entlassen. Am 19. April 1947 erhielt er in Tuttlingen seine Entlassungspapiere.3
Blick auf das Lagergelände 1945
58
Die drei Schicksale stehen für viele.4 Mehr als 300 000
Kriegsgefangene konnten wie Hans Jonitz und Otto Beiswenger in Tuttlingen ihre endgültigen Entlassungspapiere
in Empfang nehmen und in ein ziviles Leben zurückkehren.
Zehntausende haben wie Mehler das Lager in Tuttlingen als
„Transit-Gefangene“ auf dem Weg zum Arbeitseinsatz in Frankreich passiert. Damit
stehen sie zugleich stellvertretend für die drei großen Gruppen von Kriegsgefangenen, die es im Dépôt No 2 in Tuttlingen gab: Heimkehrer, Transit-Gefangene und
diejenigen, die als Kriegsgefangene im Dépôt blieben. Obwohl das Lager über viele
Jahre das Stadtbild Tuttlingens mitgeprägt hat, ist über seine Geschichte erstaunlich wenig bekannt. Während des Nationalsozialismus als Barackenlager „Mühlau“
für Zwangsarbeiter eingerichtet, wurde es im April 1945 von der französischen Armee beschlagnahmt, ausgebaut und als Transit- und Entlassungslager für deut-
sche Kriegsgefangene genutzt. Nach 1949 diente es vorrangig als Lager für heimatlose Displaced Persons, ab 1950 auch als Lager für Deutsche, die infolge des
Krieges ihre Heimat im Osten verloren hatten und nun eine vorübergehende Bleibe
suchten. Über das Lager als Kriegsgefangenenlager (unter französischer Ägide)
gibt es kaum nennenswerte Forschungsergebnisse.5 Die von Rüdiger Overmans
für Kriegsgefangenenlager allgemein und die „Rheinwiesenlager“ im Besonderen
formulierten Forschungsdesiderata gelten auch für Tuttlingen.6 Hier kann die vorliegende Studie helfen, Lücken zu schließen.
Die Mehrzahl der deutschen Soldaten geriet im letzten Kriegsjahr oder am Ende
des Krieges in Gefangenschaft. Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges hingegen war
die Zahl deutscher Gefangener in alliiertem Gewahrsam gering gewesen. Dies änderte sich mit der Kapitulation des „Deutschen Afrika-Korps“ im Mai 1943, als
rund 150 000 deutsche Soldaten und größere italienische Verbände in alliierte
Gefangenschaft gerieten. Beim Rückzug der Wehrmacht bis Norditalien infolge
der Landung der Westalliierten in Sizilien im Juli 1943, kamen weitere Soldaten
in Kriegsgefangenschaft. Aber erst nach der Landung der
Westalliierten in der Normandie im Juni 1944, der Rückeroberung Frankreichs und nach der Überquerung des
Rhein erhöhte sich die Zahl der deutschen Kriegsgefangenen in westalliiertem Gewahrsam wirklich schlagartig. Sie
stieg von weniger als 200 000 im Frühjahr 1944 auf rund
700 000 am Jahresende. Bei der Kapitulation am 8. Mai
1945 waren es etwa acht Millionen.7 Frankreich unterhielt
im Dezember 1944 insgesamt 91 Kriegsgefangenenlager
mit ungefähr 100 000 Gefangenen. Diese befanden sich zu
diesem Zeitpunkt ausschließlich in Frankreich und Nordafrika. Im September 1945 waren es 148 „dépôts“ für rund
850 000 Gefangene. Vier dieser „dépôts“ befanden sich
nun – vier Monate nach Kriegsende - auch in Deutschland
und Österreich.8
Mit dem Überschreiten des Rheins stiegen die Gefangenenzahlen in bislang unbekannte Größenordnungen. Das Erinnerungsmal an das Rheinwiesenlager in Bretzenheim
alliierte Oberkommando sah davon ab, diese – wie zuvor in Lager nach Nordfrankreich zu bringen und errichtete vor
allem entlang des Rheins provisorische Sammellager, die als „Rheinwiesenlager“
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unrühmlich bekannt wurden. In diesen Lagern wurden sogenannte „Cages“ einge-
richtet, das waren Aufenthaltsbereiche auf freiem Feld für je 5000 bis 10 000 Soldaten, die mit Stacheldraht voneinander abgetrennt wurden.9 Von den insgesamt
eine Million Menschen, die in diesen „Rheinwiesenlagern“ eingesperrt wurden, haben zwischen 5000 und 10 000 Personen nicht überlebt. Dafür war in erster Linie
die katastrophale Versorgungslage verantwortlich, die sich jedoch nicht wesentlich
von ähnlich unwürdigen Verhältnissen anderer provisorischer Lager der Amerikaner unterschied.10 Ein Massensterben, wie es etwa James Bacque suggeriert hat,
hat es in den Rheinwiesenlagern nicht gegeben.11 Die Versorgungslage freilich war
prekär. Zumindest zeitweise mussten in der unmittelbaren Nachkriegszeit bis zu
20 Millionen Menschen von den Westalliierten versorgt werden (die eigene Truppe,
befreite Kriegsgefangene, Zivilbevölkerung der befreiten Gebiete, Displaced Persons, deutsche Zivilbevölkerung und Kriegsgefangene).12 Kurzfristig ließ sich diese desolate Ernährungslage in einem weitgehend zerstörten Land nicht beheben,
denn: „Weite Kreise der europäischen Bevölkerung haben 1945 gehungert, die
anderen hatten allenfalls gerade genug zu essen.“13 Die Kriegsgefangenen konkurrierten im Kampf um jede Kalorie mit den Millionen anderer Menschen, die nicht
mehr in der Lage waren, sich selbst zu ernähren. Die deutschen Kriegsgefangenen
nach dem 8. Mai 1945 gemäß dem Kriegsvölkerrecht - und damit wie die eigene
Truppe - zu ernähren, wäre zu Lasten der Millionen Displaced Persons, der hungernden Bevölkerung in den befreiten Gebieten oder einer anderen Bevölkerungsgruppe gegangen. Dies aber wäre moralisch wie auch politisch nicht durchsetzbar
gewesen. 14 Diese beiden Faktoren – desolate Ernährungssituation und exorbitant
hohe Gefangenenzahlen - gilt es zu bedenken, wenn im Weiteren vom Kriegsgefangenenlager in Tuttlingen die Rede ist.
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Dass man nicht in der Lage sein würde, gemäß der Genfer Kriegsgefangenenkonvention die Versorgung und Ernährung der großen Menge an Gefangenen sicher
zu stellen, hatten die beiden Westalliierten frühzeitig erkannt. Die von ihnen entwickelte „juristische Scheinlösung“, wonach Kriegsgefangene den Status von „Disarmed Enemy Forces“ (DEF) bzw. „Surrender Enemy Forces“ bekamen und damit
nicht unter den Schutz der Genfer Konvention oder der Haager Landkriegsordnung
fielen, sollte diesem Umstand Rechnung tragen. Denn nun mussten die deutschen
Kriegsgefangenen nicht mehr wie eigene Soldaten versorgt werden, und sie konnten quasi unbeschränkt – und ohne rechtliche Komplikationen - als Arbeitskräfte
eingesetzt werden.15 Dass ein Teil der Kriegsgefangenen zum Wiederaufbau und
zur Wiedergutmachung angerichteten Schadens eingesetzt werden würde, war
bereits 1943 zwischen den Alliierten vereinbart worden. „In einem verwüsteten
Land, voll von heimatlosen Menschen, und bei einem sich rasch nähernden Winter,
waren die Alliierten nicht in der Stimmung, Feinheiten des
internationalen Rechts zu diskutieren. Sie brauchten einfach Arbeitskräfte, um die Häfen zu öffnen, die Eisenbahnlinien wiederherzustellen und das Strom- sowie das kommunale Wassersystem wieder in Gang zu setzen“, so der
Historiker Arthur L. Smith.16 Das Ausmaß der Aufräum- und
Wiederaufbauarbeiten, dem sich die Westalliierten gegenüber sahen, sollte seiner Meinung nach nicht unterschätzt
werden. Alle an der Besatzung beteiligten Alliierten zogen
deutsche Kriegsgefangene für „normale“ Wiederaufbauarbeiten heran. Während des Jahres 1945 beschäftigte allein
die US-Armee Kriegsgefangene und DEF-Personen in über
200 Arbeitskompagnien, insgesamt rund 600 000 Mann.17
Wachturm im Dépôt de Transit No 2
Vor Kriegsende beschlossene Vereinbarungen sahen demnach vor, deutsche Kriegsgefangene als Zwangsarbeiter in
die zerstörten Gebiete zu deportieren. Entsprechend übergaben Amerikaner und
Briten ca. eine Million Gefangene an Frankreich. Die Sowjetunion überstellte rund
80 000 Deutsche an Polen. Vor allem Frankreich hatte großes Interesse an der
Arbeitsleistung deutscher Soldaten, die als „wichtige Kriegsbeute“ betrachtet wurde.18 Mit dem juristischen Trick, der aus Kriegsgefangenen DEF machte, ließen sich
die Transfers ohne rechtliche Komplikationen bewerkstelligen und die von der Genfer Konvention vorgeschriebenen festen Entlassungstermine umgehen. Für die von
den USA an Frankreich überstellten deutschen Kriegsgefangenen bedeutete der
Wechsel von der einen zur anderen Gewahrsamsmacht, dass sie mehrheitlich Reparationszwangsarbeiter in Frankreich wurden und auf unbestimmte Zeit weiterhin
in Gefangenschaft sein würden. Für die Betroffenen war dies ein einschneidendes
Erlebnis. Das lässt sich an den „Tagebüchern“ der Kriegsgefangenen ablesen, in
denen dieser Wechsel eines der Leitmotive war.19 Dass sich die Lebensverhältnisse
und Bedingungen der Gefangenschaft eines DEF/SEP deutlich von denen eines
Kriegsgefangenen unterschieden hätten, konnte bislang nicht nachgewiesen werden.20
Sammellager Tuttlingen
Der weitaus größte Teil der Kriegsgefangenen in französischem Gewahrsam war
nicht von der französischen Armee selber gefangen genommen, sondern war ihnen von den Vereinigten Staaten überstellt worden.21 Denn die USA hatten aus
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naheliegenden Gründen kein Interesse an kriegsgefangenen Arbeitskräften in Europa. Ab Herbst 1945 begannen die USA sogar, die in den USA internierten deutschen
Kriegsgefangenen zurückzuschaffen.22 In dieser Situation
war die Überstellung der Gefangenen an Frankreich eine
willkommene Lösung des Problems. Ursprünglich hatten
die Franzosen 1,7 Mio. deutsche Kriegsgefangene für den
Arbeitseinsatz und Wiederaufbau im französischen Mutterland gefordert.23 Nach Verhandlungen der Westalliierten
mit General de Gaulle war es im Februar 1945 zu einer
Vereinbarung gekommen, nach der Kriegsgefangene aus
dem britischen und amerikanischen Kontingent dauerhaft
an die Franzosen transferiert werden sollten. Kurz danach
(und damit noch vor Kriegsende) hatten die ersten Überstellungen begonnen.24 Als sich nach dem Zusammenbruch
des NS-Regimes die westalliierten Streitkräfte mit Millionen
von Kriegsgefangenen konfrontiert sahen, spitzte sich die
Lage trotz großzügig gehandhabter Entlassungspraxis vor
allem in den „Rheinwiesenlagern“ zu. Bevor diese im Juli
1945 an die Franzosen übergeben wurden, hatten die USA
bereits rund eine Million Gefangene (Frauen, Kinder und Jugendliche, Alte, Kranke und alle Nichtdeutschen) aus den
„Rheinwiesenlagern“ entlassen. Dazu kam die prekäre Versorgungslage im kriegszerstörten Deutschland, weshalb die
USA Frankreich drängten, nicht nur alle Kriegsgefangenen
Bauliche Entwicklung des Lagers Mühlau. Aus der Chronik des
in den westalliierten Lagern in Frankreich selbst, sondern
René Kretz
auch die in der französischen Besatzungszone zu übernehmen. Als Frankreich Anfang Juli tatsächlich die amerikanischen Camps übernahm, wechselten rund 182 000 Gefangene der „Rheinwiesenlager“, die sich in einer „situation précaire“ (prekären Situation) befanden, die
Gewahrsamsmacht.25 Viele von ihnen waren unterernährt, krank und damit nicht
arbeitsfähig – ein Drittel der Gefangenen musste sofort entlassen werden. Die übrigen rund 120 000 Personen wurden in feste Lager in der französischen Besatzungszone und nach Frankreich verbracht. Bis zum 1. Oktober 1945 hatten auf
diese Weise in vier Kontingenten rund 380 000 Kriegsgefangene die Gewahrsamsmacht gewechselt und waren an Frankreich überstellt worden. Insgesamt wurden
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Frankreich nach eigenen Angaben 635 000 arbeitsfähige Kriegsgefangene überstellt.26 Die in kurzer Zeit massenhafte Übernahme von Kriegsgefangenen führte
spätestens im Herbst 1945 zu dramatischen Zuständen in den französischen Lagern. Berichte des IKRK27, wonach wegen der Unterernährung mit dem Tod mehrerer Hunderttausend Gefangener zu rechnen sei, führten zu einem Aussetzen der
Überstellungen und zu Hilfsmaßnahmen von amerikanischer und französischer
Seite.28 Die „humanitäre Katastrophe“ habe zwar nicht stattgefunden, die ersten
Monate nach Kriegsende jedoch seien „die schlimmsten für die KG“ gewesen, urteilte der französische Historiker Fabien Théofilakis und verwies in diesem Zusammenhang auf die hohe Sterblichkeit gerade in den Monaten nach Kriegsende.29
Die 1. Französische Armee, die in der Schlussphase des Zweiten Weltkrieges aus
Teilen der (regulären) in Nordafrika stationierten B-Armee und Teilen der „Armée
Française de la Libération“ (Teil der Résistance) gebildet worden war und insbesondere im Elsass und Südwestdeutschland kämpfte, führte bei ihrem Vorstoß über
den Rhein offensichtlich bereits deutsche Kriegsgefangene mit sich. So ist in einem internen Bericht über die „Cage d´Armée No 2“ von 20 Kriegsgefangenen die
Rede, die, bewacht von ehemaligen französischen Kriegsgefangenen, seit Belfort
mit der französischen Armee vorrückten.30 Am 22. April 1945 wurden Sigmaringen
und Stuttgart eingenommen, wenige Tage später war die
französische Armee in Friedrichshafen.31 So lange der Krieg
andauerte, war die 1. Französische Armee unmittelbar für
die Kriegsgefangenen in ihrer Hand verantwortlich. Erst
nach Schaffung der französischen Besatzungszone wurde
im Dezember 1945 in Baden-Baden eine „Direction des Prisonniers Guerre Allemagne-Autriche“ (Direktion für die
Kriegsgefangenen aus Deutschland und Österreich) eingerichtet, die wiederum ihre Weisungen aus Paris von der von
General Buisson geleiteten „Direction Générale des Prisonniers de Guerre“ (D.G.P.G.) erhielt.32 Die Verantwortung für
die Kriegsgefangenen trug generell das französische Kriegsministerium; die Organisation in Frankreich wurde nach militärischen Gesichtspunkten in den einzelnen Militärregionen geregelt. Nach der Demobilisierung der 1. Französischen
Armee am 1. August 1945 wurde die „Cage d´Armée No 2“ umbenannt in „Cage
C.S.T.O. No 2“. Als solches firmierte das Kriegsgefangenenlager in Tuttlingen bis zur
Unterstellung unter die DGPG und der Umbenennung in „Dépôt de transit“ im Januar 1946.33 In der französischen Besatzungszone unterstanden ab Januar 1946
dem in Baden-Baden angesiedelten „Dépôt principal 2301“ drei „Dépôts de transit“ : Bretzenheim, Tuttlingen und Malschbach.34 Am 27. April 1945 wurde der zwei-
Blick auf das Lagergelände 1945
63
Aus der Chronik des René Kretz
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ten „Cage d´Armée“ die Stadt Tuttlingen als permanenter
Standort zugewiesen. Zuvor waren die deutschen Gefangenen mit den französischen Truppen vorgerückt, bewacht
von ehemaligen französischen Kriegsgefangenen. Es
scheint, als hätte der schnelle Vorstoß die Frage der Unterbringung und Bewachung der in immer größerer Zahl anfallenden deutschen Kriegsgefangenen zu einer vordringlichen gemacht. Denn ab dem 28. April sollten alle
Kriegsgefangenen, welche Einheiten der „2. Cage d´Armée“
machten, nach Tuttlingen dirigiert werden. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich in dieser Stadt ca. 6000 Kriegsgefangene, die über die ganze Stadt verteilt provisorisch untergebracht worden waren, vom Deutschen Roten Kreuz versorgt
und von ehemaligen (vornehmlich französischen) Kriegsgefangenen bewacht wurden. 35 Die ehemaligen französischen Kriegsgefangenen jedoch waren „impatients de rentrer en France“36, und die Anzahl der regulären französischen
Soldaten, die zur Bewachung vorgesehen waren, wurde als
„insuffisant pour assurer la relève et la garde à travers toute
la ville“ eingeschätzt.37 Das „2. Bureau Service PG“ der
französischen Armee rechnete außerdem in Kürze mit weiteren Gefangenenkontingenten, die beim Vormarsch der
Franzosen nach Lindau, Bregenz und weiter nach Österreich zu erwarten waren. Um der angekündigten „arrivées
massives“ (große Anzahl eintreffender Gefangener) Herr zu
werden, war für den amtierenden Kommandanten der
„Cage“, Capitaine Rousseau38,„le rassemblement sur un
espace assez grand“39 naheliegend. Seine Wahl fiel auf ein
großes Feld- und Wiesengrundstück an der Donau, an dessen östlicher Grenze sich das ehemalige NS-Zwangsarbeiterlager Mühlau (für ca.
700 NS-Zwangsarbeiter) befand. Im Süden begrenzte die Donau das Gelände, im
Osten und Westen verliefen Eisenbahngleise in Richtung Sigmaringen bzw. Rottweil. Zum Zwangsarbeiterlager gehörten 7 Baracken, eine Küche und sanitäre Anlagen – freilich „le tout infesté de vermines“ (von Ungeziefer befallen). Nachdem
die sowjetischen Zwangsarbeiter das Lager verlassen hatten,40 wurden die deutschen Kriegsgefangenen mit dem Bau bzw. Ausbau des eigenen Lagers beauftragt.
Zu den ersten Aufgaben gehörten das Einzäunen des Geländes mit Stacheldraht,
die Installation einer Beleuchtung und die Versorgung mit Trinkwasser. Die Küche
wurde in Gang gesetzt und eine Krankenstation eingerichtet. Eine zweite Stacheldrahtabsperrung sowie Wachtürme komplettierten später die Lagereinrichtung.
Nach dem Bericht von Rousseau konnten bereits am 30. April alle in Tuttlingen an
verschiedenen Orten untergebrachten Kriegsgefangenen - beim Abendappell wurden 5831 Männer gezählt - ins Lager überführt werden.41 Ab diesem Tag war die
„Cage“ einsatzbereit und hatte am Nachmittag ihre normale Arbeit aufgenommen:
„Tri des P.G.“, „Contrôle“ und „Recherche du Renseignement et Recensement des
Unités“.42 Die Kriegsgefangenen wurden nach bestimmten Kriterien „sortiert“. SSAngehörige sollten herausgefiltert werden, die übrigen wurden eingeteilt in die
Gruppen der Wehrmachtsoldaten mit Mannschaftsdienstgraden, in Unteroffiziere
und Offiziere.43 Offiziere wurden in allen Gewahrsamsstaaten getrennt von den Unteroffizieren und Mannschaften untergebracht. Zudem durften sie gemäß Genfer
Konvention nicht zum Arbeitseinsatz herangezogen werden; sie wurden häufig in
reine Offiziersdépôts überstellt und dort gefangen gehalten.44 Ob überhaupt und
wie viele Offiziere über längere Zeit im Tuttlinger Lager waren und wie sich ihre Situation als nicht-arbeitende Kriegsgefangene darstellte, Französisches Betreuungspersonal im Lager Mühlau.
wissen wir nicht. Als „Transit-Gefangene“ wurden sie nur Aus der Chronik des René Kretz
einmal erwähnt, als am 8. Mai 1945 – dem Tag der deutschen Kapitulation - sieben deutsche bzw. ungarische Generäle von Tuttlingen nach Straßburg abtransportiert wurden.45 In den Erinnerungen ehemaliger Tuttlinger
Kriegsgefangener spielten Offiziere hingegen keine Rolle,
so dass davon auszugehen ist, dass die Stammbelegung
aus Mannschaftsdienstgraden und (einigen wenigen) Unteroffizieren bestand. Die einzigen Offiziere im Lager waren
nach Aussage des ehemaligen Kriegsgefangenen Otto Beiswenger die Lagerärzte und –zahnärzte.46 Unteroffiziere
durften nach dem geltenden Kriegsvölkerrecht zumindest
zu Aufsichtszwecken eingesetzt werden. Solche Tätigkeiten
waren in einem Lager allerdings eher selten. So standen die
20 Kriegsgefangenen, die mit der „Cage“ nach Tuttlingen
kamen, unter der „responsabilité“ eines Feldwebels. Dass
ein Unteroffizier im Range eines Feldwebels das Kommando führte, war keine Seltenheit. Häufig avancierten diese zu
Meinungsführern innerhalb der Lagerbelegschaft. Dies wurde auch in amerikanischen Lagern beobachtet und durch
das Prinzip der amerikanischen Kriegsgefangenenpolitik
unterstützt, den Gefangenen möglichst viel Selbstverwal-
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Lager Mühlau, Dépôt de Transit No 2
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tung innerhalb der Lager zu überlassen.47 Unteroffiziere konnten sich aber freiwillig
für den Arbeitseinsatz melden. Für nicht arbeitswillige Unteroffiziere gab es Sonderabteilungen in den Dépôts Fort-de-Cormeilles und Lyon/Feyzin. Dass sich etliche
Unteroffiziere zum freiwilligen Arbeitseinsatz meldeten, um der Langweile und
Trostlosigkeit des Lagerlebens zu entgehen, ist vielfach belegt.48 Da das Kriegsvölkerrecht außerdem eine Vermischung von Kriegsgefangenen unterschiedlicher Nationalität verbot, wurden die Männer nach ihrer Ankunft im Tuttlinger Lager nach
Nationalitäten getrennt. Um ihre Identität nachweisen zu können, mussten die Gefangenen ihr Soldbuch vorlegen. Damit sollte verhindert werden, dass man sich als
jemanden ausgeben konnte, der einen höheren Rang als den eines einfachen Soldaten innegehabt hatte, um so dem Arbeitseinsatz zu entgehen.49 Gesucht wurde
aber auch nach sonstigen Dokumenten und Fotos. Bei diesen „fouille sommaire“
(kurzen Durchsuchungen) war so bei einem Kriegsgefangenen ein kompromittierendes Foto gefunden worden, auf dem er „à coté d´un cadavre d´un F.F.I.“ zu sehen war, „qu´il venait d´abattre“.50 Dieser Fund, so steht zu vermuten, zog für den
Kriegsgefangenen polizeiliche Ermittlungen und Untersuchungshaft nach sich.
Denn die Partisanenfrage bildete den Schwerpunkt der französischen Kriegsverbrecherprozesse in der unmittelbaren Nachkriegszeit. Wer verdächtigt wurde, im
Rahmen der Partisanenbekämpfung einen Kombattanten der militärischen Formation der Résistance getötet zu haben, wurde eines Kriegsverbrechens beschuldigt
und musste sich vor Gericht verantworten.51 Bei der Suche nach deutschen Kriegsverbrechern richtete sich das Augenmerk der französischen Ermittlungsbehörden
vor allem auf die Kriegsgefangenenlager, in denen zahlreiche Personen vermutet
wurden, die sich an Kriegsverbrechen auf französischem Boden beteiligt hatten.
Verdächtige Kriegsgefangene durften auf keinen Fall entlassen werden, hieß es im
Oktober 1944 von Seiten des im Pariser Justizministerium neu gegründeten „Service de recherche des crimes de guerre ennemis“ (SRCGE). Bis zu seiner Auflösung
1947 leitete und koordinierte diese Abteilung ausschließlich die Vorermittlungen
wegen Kriegsverbrechen.52 Die zahlreichen Todesurteile in den Jahren 1945 und
1946 zeigen, dass die französische Militärjustiz in der unmittelbaren Nachkriegszeit mit besonderer Härte urteilte. In
diesem Zusammenhang ist die von Capitaine Rousseau für
Mai 1945 beschriebene Aufgabe des Dépôts in Tuttlingen
zu sehen, mutmaßliche an Kriegsverbrechen beteiligte
Wehrmachtsangehörige zu identifizieren und innerhalb der
Masse von Kriegsgefangenen dingfest zu machen. Bei der
Beschaffung der benötigten Informationen leisteten ihm
„d´éléments Polonais“ (polnische Elemente) wertvolle
Dienste. Diese polnischen Männer, „incorporés de force
dans la Wehrmacht“ (in die Wehrmacht per Zwang inkorporiert, wurden im Lager als „P.M.“ (Police Militaire) beschäftigt.53 Es ist anzunehmen, dass es sich bei diesen „polnischen Elementen“ um „Volksdeutsche“ aus den von den
Nationalsozialisten annektierten westpolnischen Gebieten
handelte, die aufgrund ihrer positiven rassischen Beurtei- Exerzieren im Lager
lung als wehrfähige Männer in der Wehrmacht Dienst leisten mussten. Ob ein vielfach von den ehemaligen Kriegsgefangenen erwähnter „Polen-Hans“ zu dieser Gruppe
„d´élements Polonais“ gehörte, muss offen bleiben. Die
Tuttlinger Veteranen erinnerten übereinstimmend, dass ein
Kriegsgefangener mit diesem Spitznamen polnischer Abstammung (Oberschlesien) war, jedoch nach kürzester Zeit
die Uniform der Wachmannschaft trug und schließlich sogar den (militärischen) Rang eines Adjutant-Chef bekleidete. Er wurde von ihnen als unbarmherziger Chef der mehrheitlich
aus
Polen
und
Ungarn
bestehenden
Wachmannschaft erinnert, welche u.a. die Außenkommandos zu ihrem Arbeitseinsatz begleiteten.54 Es steht zu vermuten, dass diese von den ehemaligen Kriegsgefangenen
als „Wachmannschaft“ bezeichneten Personen dieselben
waren, die bei den Franzosen zu Beginn als „Police Militaire“ geführt wurden. Die Aufgabe, die deutschen Kriegsgefangenen bei ihren Arbeitseinsätzen außerhalb des Lagers zu begleiten und zu bewachen, hatte man in
Tuttlingen offenbar einer Gruppe nicht deutscher Kriegsgefangener übertragen.
Unter den im Mai 1945 in Tuttlingen für den Transport nach Frankreich registrierten Kriegsgefangenen befanden sich knapp 1000 Polen und rund 500 Ungarn, so
dass die Möglichkeit einer Rekrutierung des Hilfspersonals aus der Gruppe dieser
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„Volksdeutschen“ gegeben war.55 Seit Anfang an litt die französische Kriegsgefangenenverwaltung unter großen Personalproblemen und hatte Schwierigkeiten, geeignete Soldaten für Bewachungsaufgaben in den Lagern zu finden. Um den Mangel an militärischem Bewachungspersonal auszugleichen, sollte ein „gemischtes
Korps von zivilen KG-Aufsehern unter militärischer Führung“ zum Einsatz kommen.56 Nicht auszuschließen ist aber auch, dass es sich bei den Männern des
Wachpersonals um Displaced Persons (DP) gehandelt hat, die zu diesem Zweck
angeworben wurden. Diesen Weg hatte man etwa in Bretzenheim gewählt.57 Die
von den Zeitzeugen belegten rüden Methoden des „Polen-Hans“ waren mit ein
Grund für seine Ablösung als Chef der Wachmannschaft. Wie Otto Beiswenger erinnerte, war vor allem Adjutant-Chef Ehling58 der militärische Rang des „Polen-Hans“
ein Dorn im Auge. Auf Ehlings Betreiben und entsprechender Eingaben beim französischen Kriegsministerium sei Adjutant-Chef „Polen-Hans“ Ende 1947 auf den
Rang eines „chef de groupe“ zurückgestuft worden. Damit war er auch das Amt des
Chefs der Wachmannschaft los, blieb aber bis zu seiner Entlassung Teil dieser Sondergruppe.59 Neben der Militärpolizei, die vornehmlich außerhalb des Lagers in
Erscheinung trat, gab es im Lager die Lagerpolizei. Diese wurde in der Anfangszeit
des Lagers unter den 20 Kriegsgefangenen rekrutiert, die den „effectif allemand“
(deutschen Personalbestand) und ersten „Stamm“ der deutschen Lagerverwaltung
bildeten. Sie fungierten als „police à l´interieur de la Cage“ (Polizei für den Innenbereich der Cage), insbesondere wenn die Kriegsgefangenentransporte im Lager
eintrafen.60
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Als am 27. April 1945 an die Verantwortlichen der „Cage No 2“ die Order erging, in
Tuttlingen ein Kriegsgefangenenlager zu errichten, bestand ihr französisches Verwaltungspersonal („effectif“) aus drei Personen. Außer dem Kommandanten Rousseau gab es zunächst lediglich einen „officier interrogateur“ (der die Vernehmungen leitende Offizier)61 sowie einen „conducteur“ (Fahrer). Dem „effectif allemand“
gehörten auch die 20 Kriegsgefangenen an, die als Sekretäre, Köche, Lagerhalter
und Lagerpolizisten beschäftigt wurden.62 Drei Tage später, am 30. April 1945, hatte die „Cage“ - wie gesehen - ihren regulären Betrieb aufgenommen, und am 2. Mai
– und damit noch vor Kriegsende – gingen die ersten Transporte mit Kriegsgefangenen aus Tuttlingen über Straßburg nach Frankreich. Insgesamt wurden im Monat
Mai 37 620 Kriegsgefangene unterschiedlichster Nationalität zum Arbeitseinsatz
ins französische Mutterland geschafft. Diese Zahl wurde in keinem der folgenden
Monate mehr erreicht. Neben der mit rund 30 500 Männern aus Deutschland
größten Gruppe waren Angehörige der mit NS-Deutschland verbündeten Staaten
wie Ungarn, Rumänien, Italien und Finnland vertreten. Nach Frankreich transferiert
Unfall zwischen Esslingen und Talheim
Am 14. Juni 1946 holte ein Lastwagen deutsche Kriegsgefangene im Lazarett in Triberg ab um
sich auf die Fahrt Richtung Tuttlingen Lager Mühlau zu begeben. Sie fuhren durch die Ortschaft
Schönwald, aus der ein Kriegsgefangener stammte und der dort von Einwohnern noch gesehen
wurde. Offensichtlich sprach der französische Lastwagenfahrer dem Alkohohl zu. Gegen 10 Uhr
geriet der Lastwagen zwischen Talheim und Esslingen von der Fahrbahn ab und stürzte in den
steil abfallenden Krähenbach. Dabei fanden 11 Kriegsgefangene sofort und drei weitere später
den Tod, andere wurden verletzt. Die Toten und die Verletzten wurden in der Dorfmitte aufgebahrt
und von Lastwagen abgeholt. Wie Bälle hätte man die Leichen auf die Pritsche des Wagens
geworfen, berichtet eine Esslinger Anwohnerin. Die Leichen wurden nach Tuttlingen überführt und
am 16. Juni 1945 dort auf dem Ehrenfriedhof beigesetzt. Sie hatten die Grabnummern 108 bis
116. Drei Tote wurden später umgebettet und in ihre Heimat überführt.
Am 14. Juni 1945 starben an den folgen des Unfalls in Esslingen:
1. Gefreiter Kruse, Heye, Ostfriesland geb. Lütetsburg 16.8.1907
2. Wachtmeister Bantel, Paul, geb. Deizisau bei Esslingen 17.1.1920
3. Soldat Hinderer, Karl, geb. Hamburg 30.3.1907
4. Obergefreiter Wächter, Arno, Angehörige in Radebeul
5. Unteroffizier Dold, Karl, geb. Schönwald Schwarzwald 31.3.1919
6. Gefreiter Lindner, Ernst, 22.12.1924 Angehörige in Ohletal Kreis Strehlen Schlesien
7. Unteroffizier Lindemann, Helmut, geb. in Niefern 23.4.1921
8. Obergefreiter Schiffler, Arthur, Angehörige in Fürth
9. Gefreiter Lorenz, Ernst, Angehörige in Triberg
10. Unteroffizier Leipold, Georg, geb. 3.1.1905 Angehörige in Fürth
11. Soldat Fritze, Werner, Angehörige in Wolmirstedt bei Magdeburg
12. Unteroffizier Seidel Max, Angehörige in Berlin -Friedrichsfeld
13. ein unbekannter Soldat
14. ein unbekannter Soldat
(gw)
Rasur als Strafmaßnahme
70
wurden außerdem kriegsgefangene Soldaten aus neutralen oder besetzten (westeuropäischen) Gebieten. Hierbei
handelte es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um Angehörige der Waffen-SS. Denn um ihren wachsenden Personalbedarf zu decken, war man bei der Waffen-SS zunehmend
dazu übergegangen, personelle Ressourcen außerhalb der
Reichsgrenzen (und damit außerhalb der Zuständigkeit der
Wehrmacht) zu erschließen. In Frage kamen in diesem Zusammenhang nichtdeutsche, sogenannte „germanische“
Freiwillige aus den vom Deutschen Reich besetzten oder
mit diesem verbündeten Ländern West- und Nordeuropas
wie Spanien, Holland, Dänemark und Belgien.63 Unter der
Nationalität „Anglais“ führte Capitaine Rousseau in seinem
Bericht 434 indische Sikhs auf, die in der englischen Armee
vor allem in Nordafrika gegen die deutsche Wehrmacht gekämpft und dort in Gefangenschaft geraten waren. Von der
Wehrmacht angeworben, wurde die „Legion Indien“ eine
reguläre Truppeneinheit der Wehrmacht, bevor sie im August 1944 der Waffen-SS unterstellt wurde. Nach der Invasion der Alliierten in Frankreich eingesetzt, war die Legion
schließlich auf der Schwäbischen Alb nahe dem Heuberg in
Gefangenschaft geraten.64 Betrachtet man die Gefangenen
rein quantitativ, dann war die Gruppe der Österreicher mit
knapp 2000 Mann die zweitgrößte; es folgten Tschechen
(1118) und Polen (936).65 Dass bei Wehrmacht und Waffen-SS nicht nur Reichsdeutsche, sondern auch Deutschstämmige vor allem aus Südosteuropa und dem Baltikum
(„Volksdeutsche“) kämpften, ist hinlänglich bekannt. Etwa eine halbe Million Polen
aus Schlesien waren Wehrmachtsoldaten, und bei Kriegsende war jeder vierte oder
fünfte Soldat der Waffen-SS Ungarn- oder Rumäniendeutscher.66 Dass in dem Bericht über das Lager in Tuttlingen im Mai 1945 kriegsgefangene Tschechen, Polen,
Ungarn, Russen, Rumänen, Litauer, Esten und Letten aufgeführt werden, ist deshalb nicht verwunderlich. Zu einem ähnlichen Ergebnis war der „Chef du Service
P.G.“ für die nördliche französische Besatzungszone 1948 in seinem Bericht über
die acht von den Amerikanern übernommenen Rheinwiesenlager gekommen.67
Nach dem 8. Mai, dem Tag der bedingungslosen Kapitulation des Deutschen Reiches, stiegen die Gefangenenzahlen in Tuttlingen rasch an: Am 9. Mai waren es
13 060 Gefangene, einen Tag später schon 20 271 und
am 10. Mai 23 461 Männer.68 Karl Heinz Mehler, der als
15-jähriger Jugendlicher ins Kriegsgefangenenlager nach
Tuttlingen kam und dort das Kriegsende erlebte, berichtete
von einem „riesigen Lager“ mit „etwa 30 000 Gefangenen“,
die auf einer „eingezäunten Wiese kampierten“.69 Diese
hohen Belegungszahlen waren indes nur von kurzer Dauer.
Die Frequenz der Transfers nach Frankreich wurde entsprechend erhöht. Am 15. Mai gab es in Tuttlingen „nur“ noch
rund 10 500 Kriegsgefangene, und am Ende des Monats
war die Zahl bereits auf 1000 gesunken.70 Die erste Phase
der Gefangenenverwaltung von Mai 1945 bis zum Winter
1945/46 sei von „Improvisation, Unsicherheit und Mangel“
gekennzeichnet gewesen, so der französische Historiker Fabien Theofilakis.71 Unzureichend gekleidet und unterernährt, fanden die deutschen
Gefangenen in den französischen Lagern primitive sanitäre Anlagen und schlechte
hygienische Verhältnisse und kaum ausreichend Decken oder Stroh, geschweige
denn Betten vor. Den Lagern der unmittelbaren Nachkriegsmonate in Frankreich
stellte das IKRK ein denkbar schlechtes Zeugnis aus.72 General Buisson, der Chef
der „Direction Générale des Prisonniers de Guerre“, gab in seinem Rapport von
1948 diese Anlaufschwierigkeiten zu, verwies aber auf die allgemein schwierigen
Bedingungen in einem von Krieg und Besatzung zerstörten Land. Bei den Amerikanern verfing diese Argumentation nicht. Sie entschieden im September 1945, den
Transfer von deutschen Kriegsgefangenen nach Frankreich vorläufig einzustellen.73
Blick auf das Lagergelände 1945
„Wie die Verpflegung, so die Bewegung“
Die Zustände in den Lagern in der französischen Besatzungszone waren ähnlich
alarmierend. Nach der Übernahme der „Rheinwiesenlager“ durch die Franzosen
wurde, darin sind sich alle Zeitzeugen einig, die Verpflegung noch schlechter und
die Behandlung rigoroser.74 Die große Menge an Gefangenen wurde in der Kapitulationsphase und in den Wochen unmittelbar danach „dans tout les endroits
possible“ (an allen möglichen Orten) und „même en plein air“ (sogar unter freiem Himmel) untergebracht. Die hygienischen Verhältnisse waren „désastreuse“
(katstrophal), die Zahl der „hospitalisations“ (Krankheitsfälle) steigend.75 Auch für
Tuttlingen wurde anfangs von einem „Freilager“ gesprochen.76 Es bestand aus dem
alten (Zwangsarbeiter-) Lager Mühlau und einem „terrain comprenant une vaste
71
prairie et des champs“.77 Capitaine Rousseau sprach ebenfalls von „Cages en plein
air“ (Cages unter freiem Himmel) und „cages types parc à bestiaux“ (Cages vom Typ
Viehstall) sowie von „camps mixte“ (gemischte Camps), die teils aus „bâtiments en
dur et baraques“(feste Gebäude und Baracken) und „moitié en plein air“ (teils unter freiem Himmel) bestanden hätten, welche die französische Armee im Juli 1945
im nördlichen Teil ihrer Besatzungszone von den USA übernommen hätten.78 Dass
Gefangene zunächst in improvisierten Unterkünften untergebracht, und diese erst
mit dem Ausbau der französischen Kriegsgefangenenverwaltung allmählich durch feste Lager ersetzt wurden, gab es
nicht nur in Tuttlingen, sondern war auch im französischen
Mutterland der Normalfall.79 In Tuttlingen gelang es dagegen offensichtlich sehr schnell, die Wasserversorgung sicherzustellen. Wie der erste Lagerarzt Dr. Erich Kratschmer
erinnerte, wurde eine Leitung mit vier Zapfstellen auf dem
Lagergelände verlegt. Hier versorgten sich die Gefangenen
mit Trinkwasser.80 Dies wurde von einem weiteren ehemaligen Kriegsgefangen bestätigt. Für das ganze Lager habe
es nur „einen Wasserhahn“ gegeben, an dem sich täglich
alle anstellten, um ihre Feldflaschen oder ihr Kochgeschirr
zu füllen. „Das Wasser war nicht rationiert, aber wir mußten
stundenlang dafür anstehen.“81 Auch konnte der Ausbruch
von Seuchen verhindert werden. Nach Aussage KratschVerstorbene Soldaten wurden auf dem
Ehrenfriedhof der Stadt beigesetzt.
72
Ehrenfriedhof Zweiter Weltkrieg
Zwischen 1939 und 1948 wurden 263 Personen auf dem Ehrenfriedhof
in Tuttlingen beigesetzt. Es handelte sich um Wehrmachtsangehörige, die
entweder in Tuttlingen starben oder auf Wunsch der Angehörigen hierher
überführt wurden.
Während des Krieges zwischen dem 23. September 1939 und dem 20. April
1945 wurden 94 Personen beigesetzt. Ab dem 22. April 1945 bis Ende 1948
wurden 168 Personen bestattet. Unter den Opfern waren auch Personen aus
Österreich, der Schweiz, aus Italien, Russland, Tschechoslowakei, Ungarn,
Dänemark, Rumänien, Griechenland, Holland und Polen, die in der Wehrmacht
gedient hatten. Etwa die Hälfte der Beigesetzten starb 1945. Ungefähr ein
Viertel stammte aus Tuttlingen oder hatte Angehörige in Tuttlingen. (gw)
mers gab es selbst in der kritischen ersten Phase keine Todesfälle, die auf die
unzureichenden Bedingungen im Lager zurückzuführen gewesen wären.82 Über die
tatsächlichen Todeszahlen im Lager Tuttlingen gibt es keine Unterlagen. Dass es
gerade in der ersten Phase der Gefangenschaft, in der die Gefangenen gleichwohl
den extremsten Bedingungen ausgesetzt waren, keine Todesfälle gegeben haben
soll, muss zunächst verwundern. Doch können sich ehemalige Gefangene weder
an Todesfälle „der ersten Stunde“, geschweige denn an ein massenhaftes Sterben in den Jahren danach erinnern. Erinnert werden Einzelfälle wie der Tod eines
Kameraden durch einen Unfall beim Tansport von Kolbinger Platten, als 1946 die
Lagerkirche gebaut wurde.83 Als das Lager eingerichtet wurde, hatte man jedoch
die Seuchengefahr als hoch angesehen. Capitaine Rousseau, der erste Lagerkommandant, hatte sich bei der Stadt Tuttlingen am 14. Mai 1945 über unhaltbare hygienische Zustände im einstigen Zwangsarbeiterlager beschwert. Nachdem es die
deutsche Seite für „intolérable“ bezeichnet hätte, „d´installer les prisonniers allemands dans les ordures puantes et la vermine“, obwohl man nichts dagegen gehabt
hatte, an genau diesem Platz noch vor wenigen Wochen „les prisonniers français
et russes“ in der „compagnie avec les rats“ hausen zu lassen,84 hatte es die Stadt Tuttlingen übernommen, für eine
Reinigung und Desinfektion des Lagers zu sorgen. „Sept
jours ce sont passés et vous n´avez rien fait!“, schrieb ein
empörter Rousseau.85 Daher lehnte er „toute responsabilité en ce qui concerne le déclenchement d´une épidémie“
ab.86 Am nächsten Morgen sollten vier Pferdefuhrwerke den
Unrat aus dem Lager abholen, einem Lager, „où l´ex-armée
allemande s´est complu à faire vivre, dans une saleté et
une puanteur innommables qui la deshonorent, les ressortissants alliés“.87 Gegen diese Anschuldigungen setzte sich
der Bürgermeister zur Wehr. Unter den Nationalsozialisten
als Lager für „Ostarbeiter“ konzipiert, habe es zu keiner Zeit
als Kriegsgefangenenlager gedient, ließ er Rousseau wissen. Dass es in den letzten drei Jahren irgendwelche Epidemien im Zwangsarbeiterlager gegeben hätte, die auf mangelnde sanitäre Einrichtungen und Hygiene zurückzuführen Zahnärztliche Versorgung in der Krankenstation des Lagers
gewesen wären, bestritt er.88 Sodann zählte er auf, welche
Maßnahmen von Seiten der Stadtverwaltung ergriffen worden waren. So hätten etwa am 8. Mai 1945 aus Kriegsgefangenen gebildete Ar73
beitskommandos alles aus den Baracken entfernt, was von den Zwangsarbeitern,
die das Lager erst einen Tag zuvor verlassen hatten, zurückgelassen worden war.
Anschließend hätte die Feuerwehr die Baracken gereinigt.
Allerdings sei dem Pferdefuhrwerk, das den „Kehrichthaufen“ im Lager abtransportieren sollte, zunächst die Einfahrt
ins Lager verweigert worden. Erst nach Intervention eines
Vertreters des Roten Kreuzes hätten wenigstens zwei der
bestellten Wagen ins Lager einfahren können. Gewisse
„Verzögerungen“ in der Durchführung von Rousseaus Anordnungen seien deshalb nicht verwunderlich.89 In den Baracken dieses ehemaligen Zwangsarbeiterlagers wurden ab
Ende Mai die „P.G. permanents“ untergebracht. Doch konnte die Ungezieferfrage nicht befriedigend gelöst werden.
Das „ex-camp russe“ (ehemaliges Russen-Lager) wurde aufgegeben und die Stammbelegschaft des Lagers zog ab November 1945 ins neu errichtete „Lager 5“.90 Selbst in den
Kriegsgefangene u.a Dr. Kratschmer
Monaten April bis Juni 1945 - und damit vor der Übernahme
der „Rheinwiesenlager“ von den Amerikanern und der sich
anschließenden Entlassungswelle für Kranke und Verwundete - scheint es im Lager Tuttlingen keine Schwerverwundeten oder Schwerkranken gegeben zu haben. Otto Beiswenger, der über das französische Lager Rum in
der Nähe von Innsbruck nach Tuttlingen kam und aufgrund einer Armverletzung
nicht arbeitsfähig war, wurde direkt nach seiner Ankunft im Lager Tuttlingen ins
Kriegsgefangenen-Lazarett St. Josef eingeliefert.91 Von Dr. Kratschmer, dem ersten deutschen Lagerarzt, wissen wir, dass er in der Anfangsphase bei der Frage,
ob ein kranker oder verletzter Kriegsgefangener entlassen
werden konnte, seine ihm vorgesetzten französischen KolBaracken auf dem Lagergelände vor dem Aufbau
legen konsultieren musste, die außerhalb des Lagers in
der Panoramastraße residierten.92 In den Erinnerungen der
Ehemaligen haben diese französischen Mediziner jedoch
keine Spur hinterlassen. Dagegen erinnerten alle Zeitzeugen, dass es im Lager Ungeziefer gab. Die Gefangenen litten auch in Tuttlingen unter Wanzen- und Lausbefall.93
74
Während für die französische Kommandantur fünf Privathäuser in der dem Lagergelände benachbarten Straße „In
Göhren“ beschlagnahmt wurden,94 mussten für das Lager
zusätzliche Baracken (Lager 5) gebaut werden. Es sollte
eine Aufnahmekapazität zwischen 5000 und 10 000 Mann
haben.95
Auf ihrem Fußmarsch in den Wald sei ihnen von der Bevölkerung das ein oder andere zugesteckt worden, erinnerten die
Ehemaligen. Die begleitenden Soldaten hätten beide Augen
zugedrückt. Für diese Außenkommandos hätte zudem die
Forstverwaltung mittags eine Sonderration zur Verfügung
gestellt.96 Wo Gefangene hungerten, war das Essen Thema
Nummer 1.97 Davon machten die Kriegsgefangenen in Tuttlingen keine Ausnahme. Dass die Versorgungssituation gerade der Kriegsgefangenen in französischem Gewahrsam
bis in den Herbst 1946 hinein äußerst prekär blieb, belegen
nicht zuletzt die zahlreichen Inspektionen des Roten Kreuzes.98 Die durchschnittliche Kalorienzahl in Lagern im französischen Mutterland
lag sowohl 1945 als auch 1946 deutlich unter 2000.99 Es ist davon auszugehen,
dass dies ebenso für Lager in der französischen Besatzungszone galt. In der „Historique“ des DT 2 von René Kretz ist von einer täglichen Kalorienzahl zwischen 1200
und 2400 die Rede.100 Anfangs wurde an jeden Gefangenen einmal am Tag Kartoffelsuppe ausgegeben.101 Dass die Ernährung „de ces masses“ problematisch war
und „la plus grande difficulté“ (das größte Problem) darstellte, wurde auch von französischer Seite betont. Dies galt insbesondere für den Monat Mai 1945. Die „distributions de
soupe“ (Suppenausgabe) musste über den ganzen Tag verteilt werden, und am 11. Mai, als das Lager mit über 23 000
Mann belegt war, „il en fallut 23 dans la journée“.102 Von
Karl Heinz Mehler, der als 15Jähriger als Kriegsgefangener
nach Tuttlingen kam und dort das Kriegsende erlebte, bevor
er zur Zwangsarbeit ins französische Tulle geschafft wurde,
wissen wir, dass alle Gefangenen an einer Verpflegungsstation vorbei auf eine Wiese geschleust wurden, um erst am
Abend in das eigentliche Lager zurückzukehren. Die Verpflegung beschrieb er als „äußerst dürftig“. Seiner Erinnerung
nach bestand sie aus etwa einem „halben Liter Rübenbrühe
und dazu ein Stück Weißbrot“. Tagsüber hätten die Gefangenen auf der Wiese „Brennnesseln und Gänseblümchen“ In der Lagerküche
gesammelt und diese als Salat gegessen. Dennoch lautete
sein Fazit: „Wir mußten zwar hungern, aber am Verhungern war keiner.“103
75
Besser gestellt waren, was die Ernährung anging, diejenigen, die als Kriegsgefangene auf längere Zeit im Lager blieben, arbeitsfähig waren und außerhalb des Lagers zum Arbeitseinsatz geschickt wurden. Solange die „Cage“ unter dem Kommando des „Commandement Supérieur des Troupes d´Occupation“ (CSTO) stand,
hatte sie – offenbar ausschließlich - den militärischen Besatzungsdienststellen
Kriegsgefangene in „commandos de travailleurs“ (Arbeitskommandos) zu stellen.104 Nachdem ab 1. Januar 1946 das nunmehr unter der Bezeichnung “Dépôt de
Transit No 2“ firmierende Lager der DGPG unterstellt worden war, konnten Kriegsgefangene auch bei zivilen Arbeitgebern, z.B. in der Landwirtschaft, eingesetzt
werden.105 In beiden Fällen bestand die Gelegenheit, sich zusätzlich Verpflegung
zu beschaffen oder eine zusätzliche Ration gestellt zu bekommen. Dies galt nicht nur für die oben erwähnten ForstRené Kretz und seine Ehefrau Marguerite
arbeiter, sondern ebenso für Kriegsgefangene, die in einem
Arbeitskommando in Immendingen arbeiteten. Dort galt es,
bei einer französischen Pioniereinheit Holzbretter am Bahnhof zu verladen und andere „ziemlich stupiden Arbeiten“ zu
verrichten. Wie der Kriegsgefangene Klinghardt im Oktober
1945 seiner Frau schrieb, war die Verpflegung aber deutlich
besser als im Lager Schömberg (Balingen) in dem er vor
Tuttlingen gewesen war. Die Lagersuppen – abwechselnd
Kartoffel-, Graupen- oder Nudelsuppe – hätten deutlich
mehr Fleischanteil, zudem gebe es täglich ein Pfund Brot
für die arbeitenden Kriegsgefangenen. Gab es abends keine
Suppe, dann bekamen die Gefangenen „60 g anständigen
Käse, Butter oder Marmelade“, was „alles schöne Genüsse“ seien. Sein Außenkommando in Immendingen bekam
außerdem von der örtlichen Kirchengemeinde zusätzliche
Verpflegung – „Gemüsesuppe, Kartoffelsalat, Kohlgemüse, Pellkartoffeln, etwas Brot“. Sie seien „immer köstlich
satt“, berichtete er nach Hause.106 Ganz anders liest sich
ein Bericht aus dem Kriegsgefangenlager in Rastatt. Karl
Höhl, der von Bretzenheim über Tuttlingen im Herbst 1945
nach Rastatt gekommen war, berichtete davon, in den ersten sechs Wochen „systematisch ausgehungert“ worden zu
sein. Mittags eine „Wassersuppe mit etwas Grünzeug (…)
ohne Kartoffeln, Fleisch oder Fett“, abends ein Viertel Laib
76
Weißbrot und Kaffee. Dies habe, so berichtete der Mann
weiter, bei einigen Gefangenen zu erheblichem Gewichts-
verlust geführt.107 Es kam offensichtlich darauf an, wann man als Kriegsgefangener
wo lebte, und vor allem, ob man außerhalb des Lagers arbeitete oder nicht. „Wie
die Verpflegung, so die Bewegung“, brachte es ein ehemaliger Tuttlinger Kriegsgefangener viele Jahre nach Kriegsende auf den Punkt.108 Denn wer ausreichend
verpflegt wurde, konnte auch gut arbeiten. Dennoch galt die Zeit bis Ende 1946,
was die Ernährung der Kriegsgefangenen in französischem Gewahrsam anging,
„als die kritische Phase schlechthin“.109 Für die „permanenten“ Kriegsgefangenen
im Tuttlinger Lager verbesserte sich die Ernährungslage spürbar mit dem Ende
1946/Anfang 1947 vollzogenen lagerinternen Umzug von Lager 5 in Lager 1. Nun
hatten sie eine eigene Küche und Speisesaal, bei den Mahlzeiten gab es Geschirr
und Besteck.110 Eine Sonderstellung hatten diejenigen Kriegsgefangenen, die für
den Einsatz in Tuttlinger Fabriken vorgesehen waren. Sie mussten aus Tuttlingen
stammen und konnten dann bei ihren Familien wohnen. Sie hatten sich lediglich
zu Monatsbeginn im Lager zu melden, aber sonst mit dem
Lager nicht viel zu tun. Wie viele Männer zu dieser Art von
Außeneinsatz herangezogen wurden, ist nicht bekannt. 111
Wie Zeitzeugen erinnerten, gab es verschiedene Außenkommandos. So arbeiteten etwa 25 Kriegsgefangene
im französischen Verpflegungslager beim Güterbahnhof
Tuttlingen. Die Angehörigen dieses Kommandos namens
„Okado“ waren offensichtlich auch dort untergebracht,
denn, so erinnerte Beiswenger, diese Männer „hatten mit
dem Lager nichts zu tun“. Etlichen von ihnen gelang eines
Nachts im Frühjahr 1947 die Flucht.112 Von einer Tuttlingerin bis zu einer nahegelegenen Skihütte geführt, fanden 12
bis 15 Kriegsgefangene den Weg zurück in die Freiheit. Für
die nicht geflohenen Kriegsgefangenen des Kommandos
hatte das Verhalten ihrer Kameraden hingegen unangeneh- Wandgelände im Keller des früheren Güterbahnhofs, das
me Folgen. Sie wurden ins „Dépôt“ zurückgebracht, und es vermutlich von einem Kriegsgefangenen des Kommandos Okado
gemalt wurde.
wurde ihnen der Kopf kahl geschoren. In der Folge wurden
weder sie noch andere deutsche Kriegsgefangenen mehr
im französischen Verpflegungsdepot beschäftigt, ihre Aufgaben übernahmen fortan französische Soldaten.113 Dass nach einem Fluchtversuch die gesamte Gruppe bestraft wurde, welcher die Flüchtlinge angehört hatten, galt nicht nur bei den
Franzosen als probates Mittel, weitere Fluchtversuche schon im Keim zu ersticken.
Das Wissen um die kollektive Bestrafung sollte abschrecken. Dennoch blieben die
77
Zahlen der Fluchtversuche gerade aus französischen Lagern hoch. Nach französi-
Blick auf das Lagergelände 1945
schen Angaben gab es bis zum 1. Juli 1948 (bei einer Gesamtzahl von ca. 900 000 deutschen Kriegsgefangenen)
rund 170 000 Fluchtversuche, von denen ca. 80 000 von
Erfolg gekrönt waren. Wenngleich davon ausgegangen werden muss, dass unter der Rubrik „Flucht“ auch Todesfälle
subsummiert wurden, die vertuscht werden sollten, und die
tatsächliche Zahl der erfolgreichen Fluchten entsprechend
niedriger war, war die Fluchtrate mit geschätzten fünf Prozent im Vergleich zu den anderen Gewahrsamsmächten
sehr hoch.114 Bezeichnend war außerdem, dass es Gefangene außerhalb des eigentlichen Tuttlinger Lagers waren, denen hier die Flucht
gelang. Wie ehemalige Kriegsgefangene übereinstimmend erinnerten, war eine
Flucht in der frühen Phase, als das Lager noch nicht komplett abgeriegelt war,
eher möglich. Nachdem die algerische Wachkompagnie von einer marokkanischen
abgelöst und das Lager immer besser und hermetischer abgesperrt und gesichert
worden war, war ihrer Meinung nach eine Flucht aus dem
Lager heraus unmöglich geworden.115
Weitere Kriegsgefangene waren in einem Steinbruch-Kommando und einer Silberfuchsfarm in Immendingen im Arbeitseinsatz.116 Ob es in Immendingen darüber hinaus noch
weitere Kommandos gegeben hat, lässt sich nicht mehr
feststellen. Das dortige Basaltwerk bzw. der Basaltbergbau am Höwenegg südlich von Immendingen, wurde von
den Zeitzeugen stets in Zusammenhang mit stationären
Außenkommandos erinnert. Nach dem Bericht von Otto
Beiswenger wurde der für das Kommando bzw. Lager Höwenegg verantwortliche deutsche Kriegsgefangene als SSMann enttarnt. Wie sich herausstellte, war der Mann, von
Lagerkommandant Kretz117 persönlich für diese Aufgabe
ausgesucht, Angehöriger der SS-Leibstandarte Adolf Hitler
gewesen.118 Die Kriegsgefangenen dieser Arbeitskommandos wurden wie die Männer des Kommandos „Okado“ vor Ort verpflegt und waren
auch vor Ort untergebracht.
78
Lagerleben
Laut übereinstimmenden Aussagen ehemaliger Kriegsgefangener war das Lager
in fünf Unter-Lager aufgeteilt und durch Stacheldraht bzw. einen Zaun voneinander abgetrennt. So war beispielsweise Lager 2 ausschließlich für Kriegsgefangene
bestimmt, denen die Flucht nach Deutschland zunächst gelungen war, die aber
entweder – in der französischen Besatzungszone - von der französischen Gendarmerie wieder festgenommen oder an die Franzosen ausgeliefert worden waren.
Dies wurde auch aus der US-Zone berichtet, in die sich aus französischen Lagern
Geflohene durchschlagen konnten. Nachdem man diese Kriegsgefangenen zum Rasur als Strafmaßnahme
Empfang ihrer Entlassungspapiere in das amerikanische
Durchgangslager Dachau geschickt hatte, wurden sie dort
französischen Verbindungsoffizieren übergeben und nach
Frankreich zurückgeschafft.119 Erfolglose Fluchtversuche
wurden in der Regel drakonisch bestraft. Im Tuttlinger Lager wurden die Delinquenten von den anderen Gefangenen separiert und unter Sonderbewachung gestellt. Ihr
Sonderlager 2 war entsprechend gesichert, und es war
ihnen untersagt, ihre Baracken zu verlassen. In dieses Lager wurden auch die Kriegsgefangenen überführt, die aus
Frankreich in die Schweiz geflohen und von dort – kriegsvölkerrechtswidrig – an die Franzosen ausgeliefert worden
waren.120 Für Otto Beiswenger, den ehemaligen Kriegsgefangenen, war dies auch noch viele Jahre später eine „Granatensauerei“.121 Sie wurden alle über Straßburg zurück
nach Frankreich transportiert.122 Aus dieser Strafbaracke
gelang während der Kommandantur von Kretz sechs Gefangenen die Flucht. Wie Hans Blickensdörfer in seinem
autobiographischen Roman „Die Baskenmütze“ schilderte,
waren er und sein Fluchtkompagnon von der Gegend um
Belfort in Frankreich in die Schweiz geflohen, in Basel unbemerkt über die Grenze gelangt und in Ravensburg von
der französischen Gendarmerie festgenommen worden. Sie
kamen beide in die für Flüchtlinge reservierte Strafbaracke
des Lagers Tuttlingen. „Die Strafbaracke für schwere Fälle
ist abgesichert wie das Gold von Fort Knox. Ich zähle sieben
Zäune, ehe man mich dem Posten übergibt, der vor der
79
Strafbaracke mit einer Maschinenpistole Wache steht.
Sieben bewachte Käfige bis zum Hauptzaun, flaches, übersichtliches Gelände und
die MG-Posten auf den Türmen.“ Für Blickensdörfer war klar: „Diese Baracke ist absolut ausbruchsicher“. Dennoch gelang ihm und fünf Kameraden die Flucht. Dazu
mussten sie nicht nur die einzelnen, voneinander mit Zäunen abgetrennten und
bewachten „Cages“ überwinden, sondern nach dem inneren Hauptzaun auch noch
den äußeren. Zwischen beiden lag ein Streifen „von eineinhalb Meter Breite“, der
„mit Stacheldrahtrollen vollgepackt“ war. Am Hauptzaun wurde, das war den Beteiligten klar, „ohne Anruf geschossen“.123 „Sechs Mann aus der Strafbaracke, das
ist ihnen noch nie passiert und bedeutet Großfahndung“, schrieb Blickensdörfer.124
Diese spektakuläre Flucht spielte in der Erinnerung der noch heute in Tuttlingen
lebenden ehemaligen Kriegsgefangenen jedoch keine Rolle. Sie erinnerten einen
anderen, diesmal freilich erfolglosen Fluchtversuch von Strafgefangenen. Als einmal beim Abendappell ca. 25 Männer fehlten, lösten die Wachsoldaten Alarm aus.
Man entdeckte die Flüchtigen schließlich in einer Art Hohlraum zwischen Stubendecke und Barackendach. Welche Konsequenzen dieser abermalige Fluchtversuch
für die Männer hatte, ist nicht bekannt. Ein in dieser Hinsicht nicht vorbelasteter
Kriegsgefangener, der bei der Flucht erwischt und wieder ins Lager zurückgebracht
wurde, wurde mit Arrest bestraft; häufig wurde ihm zudem eine Glatze geschoren.125 Jedoch hatten Kriegsgefangene, die man nach ihrer Flucht in der französischen Besatzungszone aufgriff oder die von der Schweiz ausgeliefert wurden,
ohnehin schon mit wesentlich drakonischeren Disziplinarstrafen zu rechnen. Wie
mit den Tuttlinger Wiederholungstätern umgegangen wurde, wissen wir nicht. Immerhin: „Verletzte gab es keine“126 Die Unterlager 3 und 4 bildeten die eigentlichen
„Durchgangslager“ und waren für die Kriegsgefangenen bestimmt, die zum Arbeitseinsatz nach Frankreich kamen. Ihr Aufenthalt im Lager war in der Regel sehr kurz,
oft wurden sie nach dem Aufnehmen der Personalien noch am selben, spätestens am nächsten Tag weitertransportiert. Lager 5 (bzw. ab Ende 1946/Anfang
1947 Lager 1) war für jene Kriegsgefangenen (Stammbelegschaft) reserviert, die
für die französische Lagerverwaltung arbeiteten oder zu Außenkommandos in der
Umgebung Tuttlingens abkommandiert wurden. Es waren zwischen 100 und 115
Männer, die den täglichen Betrieb des Dépôts gewährleisteten und in der Regel aus
der französischen Besatzungszone stammten. Daran knüpften die Franzosen die
Hoffnung, die Fluchtgefahr dieser Gefangenen zu minimieren. Denn ein Aufspüren
des Flüchtlings in der eigenen Besatzungszone war vergleichsweise einfach.127
80
Für den Lagerkommandanten und seine engsten persönlichen Mitarbeiter (Stamm)
wurden die Mahlzeiten in einer eigenen Küche gekocht; daneben gab es zwei weitere (Groß)Küchen, eine für die „Transit-Gefangenen“ und eine für die übrigen Kriegs-
gefangenen. Das erweiterte und sanierte Lager 1, das aus drei Baracken bestand,
sich in unmittelbarer Nachbarschaft zur Lagerkirche befand und in welches zum
Jahreswechsel 1946/47 „le personnel permanent du camp“ (Dauerpersonal des
Camps) verlegt wurde, verfügte außerdem über eine eigene Frisörstube und einen
Waschraum mit Duschen und Toiletten. Jede Baracke hatte 10 Stuben, zwischen
8 und 12 Mann teilten sich eine Stube, die mit Stockbetten, Schränken, Tischen
und Stühlen ausgestattet waren. Man achtete darauf, dass die verschiedenen Berufsgruppen zusammengelegt wurden. Für jede Stube wurde ein verantwortlicher
Stubenältester ernannt, der für Instandhaltung, Ordnung und Sauberkeit in diesem Raum zuständig war.128 In jeder Baracke wurden zudem mehrere Lautsprecher angebracht „permettant la diffusion des programmes
de la radio Z.O.F.“.129 Außerdem setzte die französische Lagerkommandantur in Tuttlingen Kriegsgefangene als „Betreuer“ ein. Die Betreuer-Gruppe um Otto Beiswenger zählte 10 Mann, die aufgrund von (Kriegs) Verletzungen oder
Krankheiten arbeitsunfähig waren. Frankreich hatte bis ins
Jahr 1947 keinen wirklichen Repatriierungsplan vorgelegt,
weshalb die „inaptitude au travail“ (Arbeitsuntauglichkeit)
das einzige Entlassungskriterium darstellte.130 Doch im Fall
dieser Männer hatte man von einer Entlassung abgesehen.
Stattdessen mussten sie – zusätzlich zu den bewaffneten
Angehörigen der Wachmannschaft - als sogenannte Betreuer Kriegsgefangene zu ihren Arbeitseinsätzen außerhalb des Lagers begleiten. Sie waren damit Teil des Bewachungspersonals und dabei, wenn es zu Arbeitseinsätzen
in der Forst- und Landwirtschaft, aber auch bei verschiedenen Einrichtungen des französischen Militärs ging. Otto
Beiswenger fungierte dabei als Chef dieser Gruppe. Wie
auch der Vertrauensmann hatte er Anrecht auf eine eigene
„kleine Stube“, die ihm gleichermaßen als Schlafraum und
Büro diente. Dies unterstreicht seine herausgehobene Position. Er war außerdem verantwortlich für Sauberkeit, Ruhe
und Ordnung in den Stuben von Lager 1. Eine Lager- und
Stubenkontrolle etwa, wie sie von Lagerkommandant Kretz
kurz vor dem Stabswechsel in der Lagerkommandantur
1947 angeordnet worden war, fiel in seinen Zuständigkeitsbereich. Da die Kontrolle von Küche, Speisesaal, sanitären
Einrichtungen und der einzelnen Stuben an einem Samstag
Vertrauensmann Heinrich Abt
81
stattfand und bis zum Ende der Inspektion eine Ausgangssperre verhängt worden
war, wurde das Urteil von Kretz ungeduldig erwartet. Dieser zeigte sich mit dem
Vorgefundenen zufrieden und hob die Sperre auf. Damit konnte „das Wochenende (…) beginnen“, schrieb Beiswenger in seinen Aufzeichnungen. Als „Betreuer“
hatte er auch dafür Sorge zu tragen, dass um 22 Uhr in allen Stuben das Licht
aus ging. Morgens oblag ihm das Wecken der Gefangenen; ein „kurzer Pfiff und
das Wort „Aufstehen“ waren das Signal“: „Der Alltag beginnt.“ Im Sommer begann
die Arbeitszeit um halb 8, im Winter eine halbe Stunde später. Das Mittagessen
wurde von den im Lager anwesenden Kriegsgefangenen während der einstündigen
Mittagspause von 12 bis 13 Uhr gemeinsam im Speisesaal von Lager 1 eingenommen. Die Kriegsgefangenen in den Außenkommandos wurden mittags vor Ort
verpflegt, und bei den Männern der für Entlassung und Transit zuständigen Equipe
war es vom Arbeitsaufkommen abhängig, ob sie es pünktlich in den Speisesaal
schafften.131 Gegen 17 oder 18 Uhr endete in der Regel der Arbeitstag. „Betreuer“
Beiswenger hatte zudem die Ausgangsscheine zu kontrollieren und zu unterschreiben. Als 1948 die Ausgangsbeschränkungen für Ehemänner und Familienväter
am Wochenende gelockert wurden und ihnen nunmehr gestattet war, mit ihren zu
Besuch in Tuttlingen weilenden Ehefrauen die Nacht außerhalb des Lagers zu verbringen, hatte Beiswenger Ein- und Ausgang dieser Männer zu kontrollieren. Diese
Kontrolle gab es auch für die übrigen Kriegsgefangenen, die jedoch schon um 22
Uhr im Lager zurück sein mussten. Außerdem erstattete Beiswenger jeden Morgen
dem Verpflegungschef Meldung, wie viele Männer es zu verpflegen galt. Zu diesem
Ausschnitt aus einem Brief von Luise Vogler an ihren Mann Max
Vogler, der noch in Kriegsgefangenschaft war:
14. Mai 1946 „......Am Sonntag Morgen war ich auch das erste Mal im Lager
Mühlau in der Besuchsbaracke und habe auch Wiedersehensszenen erlebt.
Eine Frau war bei mir, die ihren Mann auch schon 3 Jahre nicht mehr gesehen
hat. Es ist bei allen gleich, sprechen kann zuerst keines und nur sich ansehen
und weinen. Es hat mich dermaßen erschüttert, dass ich ganz aus dem Geleise
kam. Sonst ist das Lager wunderschön angelegt, da wo die Besucherbaracke
ist, wie ein Park mit viel Blumen und Sträucher, dann weiter hinten große
Gemüseanlage wirklich sauber angelegt. Aber, aber der Stacheldraht ist
eben auch da und jeder der Gefangenen hat nur den einen Wunsch: nach
Hause!.....“(gw)
82
Zweck hatte er sich für jeden Gefangenen eine Karteikarte
angelegt.132
Ob die Bezeichnung „Betreuer“ nur ein anderes Wort für
„Lagerpolizei“ war, wissen wir zwar nicht sicher; aber es
spricht einiges dafür, dass in Tuttlingen die Bezeichnungen
„Betreuer“ und „Lagerpolizei“ synonym gebraucht wurden.
Dass die Gewahrsamsmächte gerne Kriegsgefangene als
Lagerpolizisten einsetzten, ist bekannt. Allerdings bezog
sich dieser Befund eher auf amerikanische und britische
Lager als auf französische oder gar sowjetische. 133 Für Tuttlingen jedoch wissen wir, dass schon die Kriegsgefangenen
des ersten Stammes als „police à l´intérieur de la Cage“
verwendet wurden.134 So waren die „Betreuer“ zwar Teil der deutschen Selbstverwaltung, gehörten aber nicht zum „Stamm“. Zu dieser privilegierten Gruppe
unter den Kriegsgefangenen in Tuttlingen gehörten qua Amt Lagerführer135 und
Vertrauensmann136, außerdem der persönliche Fahrer des Kommandanten, der
Lagerarzt sowie die Lagerpfarrer. Kriegsgefangene, die persönliche Botengänge für
den Kommandanten übernahmen137 oder deren besondere Besuch von General Buisson und
Dienstleistungen von ihm nachgefragt wurden (Chauffeur, Colonel Bailloux am 20.10.1948
Schneider), zählten nach übereinstimmender Aussage von
Zeitzeugen ebenfalls zum „Stamm“.138 Ob noch weitere
Personen zum „Stamm“ gehörten oder im Laufe der Zeit
dazukamen, muss offen bleiben. Wechsel hat es aber bestimmt gegeben. Denn der sogenannte erste Stamm, der
mit Capitaine Rousseau im April 1945 nach Tuttlingen gekommen war, wurde, so erinnerte der einstige Lagerarzt
Dr. Kratschmer, im Sommer 1945 komplett entlassen.139
Die Angehörigen des „Stamms“ besaßen einen Dauerpassierschein, konnten sich im Lager frei bewegen und dieses
auch verlassen. Ihren privilegierten Status konnte man daran ablesen, dass sie separat untergebracht waren. Ihnen
diente die ehemalige „Besucherbaracke“ am Eingang des
Lagers als Unterkunft.140 In der Lagerverwaltung tätig zu
sein und darüber hinaus zum engen Kreis des „Stammes“
zu gehören, brachte gewiss viele Vorteile; andererseits begaben sich diese Männer in die totale Abhängigkeit vom Lagerkommandanten,
denn nur diesem waren sie persönlich verantwortlich. Ohne Angabe von Gründen
83
Blick in die Lagerküche
Garagen mit LKWs
84
konnte man sie jederzeit wieder zum „Normalgefangenen“
degradieren.141 Wie diese enge Zusammenarbeit zwischen
französischer Lagerkommandantur und Deutschen von den
anderen Kriegsgefangenen empfunden wurde, wissen wir
nicht. Deshalb muss auch die Frage offen bleiben, ob die
Angehörigen des „Stamms“ stets und ausschließlich zum
Wohle ihrer Kameraden arbeiteten oder ob nicht die Begünstigung einer Minderheit (hinsichtlich Ernährung und
Unterbringung) mitunter zu Lasten der Mehrheit ging. Für
den Kriegsgefangenen Otto Beiswenger jedenfalls war es
ein kleiner Erfolg, als sich Kommandant Kretz dazu bereit
erklärte, die separate Küche für Kommandantur und seine
engsten Mitarbeiter zu schließen. Ab 1947 hatte das Lager
nur noch zwei Küchen: „eine für den Transit und die andere
für alle anderen Lagerinsassen“. Damit war endlich der „lange Neid“ vorbei, und
ein „wichtiger Schritt zur Einheit des Lagers“ vollzogen.142 Der französische Historiker Fabien Theofilakis geht davon aus, dass jeder zehnte Kriegsgefangene in einem Lager Funktionsträger in der
Lagerverwaltung war. Dieses Personal kümmerte sich um
das tägliche Funktionieren des Lagers und war zuständig
für Post, Ernährung und die Lagerpolizei. Für ihre Dienste
wurden diese Kriegsgefangenen mit besseren Gefangenschaftsbedingungen entschädigt.143 Dieses Personal gab
es auch in Tuttlingen. Als nach verschiedenen Vorfällen im
Lager, u. a. die oben erwähnten Fluchtversuche sowie der
Diebstahl von Lebensmitteln, unter dem Vorsitz eines kurz
zuvor ins Lager gekommenen französischen Offiziers144 ein
runder Tisch gebildet wurde, wurden die für diese Probleme
relevanten deutschen Funktionsträger des Lagers eingeladen: Lagerarzt Dr. Gebauer, Küchenchef Franke, Verpflegungschef Erich Rieger, Vertrauensmann Otto Hofferberth
und Betreuer Otto Beiswenger. Sie alle waren Teil der (deutschen) Lagerverwaltung, aber nicht alle gehörten zum Tuttlinger „Stamm“.145
So lassen sich im Tuttlinger Kriegsgefangenenlager vier Gruppen von Gefangenen
unterscheiden: die große Gruppe der Transit-Gefangenen, die sich kurz, häufig nur
24 Stunden, im Lager aufhielten; die deutlich kleinere Gruppe der Stammbelegschaft; die Gruppe der unter Sonderbewachung stehenden Delinquenten (Flücht-
linge) sowie die ab 1946/47 zahlenmäßig ebenfalls große Gruppe der Heimkehrer,
die in Tuttlingen ihre Entlassungspapiere bekam und sich in der Regel ebenfalls nur
kurze Zeit im Lager aufhielt. Wer als Kriegsgefangener im Dépôt in Tuttlingen blieb,
arbeitete entweder für den Unterhalt des Lagers, in einem der Außenkommandos
oder für das französische Militär. Zuständig für die Kriegsgefangenenverwaltung
in der französischen Besatzungszone war die in Baden-Baden ansässige „Annexe“
der „Direction des Prisonniers de Guerre Allemagne-Autriche“ unter Colonel Bailloux. Sie wiederum unterstand dem „2ème Bureau“ des Commandement Supérieur
des Troupes d´Occupation“. Der DGPG Allemagne-Autriche oblag u.a. die Kontrolle
bei der Entlassung von Kriegsgefangenen aus Frankreich oder den alliierten Besatzungszonen, sofern diese in der französischen Zone beheimatet waren; sie war
außerdem zuständig für die Verteilung der arbeitsfähigen Kriegsgefangenen sowie
für Leitung und Verwaltung der Dépôts in der Zone.146
Innerhalb des Lagers gab es drei größere Tätigkeitsbereiche, in denen die Kriegsgefangenen der Stammbelegschaft arbeiten mussten. Die Equipe der Handwerker
wurde innerhalb des Lagers u.a. zum Anlegen von Wegen, zu Instandsetzungsarbeiten an den Baracken und Neubauten herangezogen. Bis Ende 1945 wurden
Wege mit einer Gesamtlänge von rund 2600 Metern angelegt, Kanalisations- und
Wasserrohre verlegt und 17 neue Baracken errichtet.147 Im Folgejahr kamen nochmals 28 Baracken, eine neue Krankenstation, la „pharmacie régionale de la zône
sud“ (Regional-Apotheke der Südzone); Duschen und eine Entlausungsstation hinzu. Außerdem wurden die Lagerkirche, „les logements du Stamm“ (Unterkünfte für
den Stamm) und „le quai de débarquement“ (Entladerampe) gebaut. Das ehemalige NS-Zwangsarbeiterlager wurde als „camp de démobilisation“ hergerichtet.148
Die kleine, ca. acht Mann umfassende Gruppe der Kraftfahrer, hatte die Fahrzeuge
des Lagers fahrbereit zu halten und als Fahrer bereit zu stehen. Als das Lager Ende
April 1945 errichtet wurde, konnte Kommandant Rousseau lediglich über einen
Lastwagen, einen „Dodge 6 roues“ verfügen. Wenige Tage später wurden von der
„Intendance“ (Armee) weitere Fahrzeuge zur Verfügung gestellt. Mit diesen wurden
im Mai 1945 die Kriegsgefangenen von Tuttlingen nach Straßburg transportiert.149
Erst geraume Zeit später bewerkstelligte man diese Transporte mit der Eisenbahn.
Gerade in der unmittelbaren Nachkriegszeit stellte der Mangel an Transportmöglichkeiten innerhalb der französischen Armee ein großes Problem dar. Wegen
fehlender Fahrzeuge und Mangel an Benzin war es den Lagerkommandanten oftmals nicht möglich, Außenkommandos zu kontrollieren; Pfarrer oder Vertrauensmänner hatten ebenfalls keine Möglichkeit, Kontakt zu den in den Kommandos
arbeitenden Gefangenen aufzunehmen.150 Galt diese Feststellung in erster Linie
85
Carolus Vocke (1899- 1979)
Carolus Vocke wurde als Karl Vocke am 23. Juni 1899 in Heilbronn geboren. Er besuchte die
Karlsruher Kunstakademie als Schüler des Malers Walter Georgi, des Keramikers Carl Kornhas
und des Bildhauers Georg Schreyögg. 1923 zog ihn der Akademieprofessor Hans Adolf Bühler als
Meisterschüler 1923 zur Ausmalung des Karlsruher Rathaussaales heran.
Als 1939 ein Wettbewerb zur Ausmalung des neu von der Stadt angekauften Hecht-Gebäudes in
Tuttlingen ausgeschrieben wurde, bewarb sich Vocke und erhielt
gemeinsam mit dem Maler Schober den Zuschlag. Er schuf ein
monumentales Wandgemälde, das den Titel „Symphonie der
Technik“ trug.
Vocke kam zum zweiten Mal als Kriegsgefangener Ende des
Zweiten Weltkriegs nach Tuttlingen- nämlich ins Lager Mühlau.
Er fand als Maler rasch die Anerkennung der französischen
Militärverwaltung und erhielt Gelegenheit, sein Können als
Gestalter großer Wandbilder zu beweisen; zuerst beim Entwurf und
bei der malerischen Ausführung der Altarwand in der Lagerkirche
des Tuttlinger Entlassungslagers, dann bei der Ausmalung der
Kuppel in der Gedächtnishalle auf dem Tuttlinger Friedhof. Er
malte Fresken in zahlreichen Kirchen im Raum Bodensee, Hegau
und Oberschwaben. Bekannt sind Wandbilder von Vocke aus
den Jahren 1947 bis 1964 in Mühlhausen, in Lippertsreute, in
Ravensburg, in Frankfurt, in Berlin, in Stuttgart, in Überlingen
(Kirche), im Schloss Laszago (Nähe Como; Großer Gartensaal), in
Beuron und in Meersburg (Café Droste).
Vocke fand viel Freundschaft und Anerkennung in Tuttlingen. Die
lockere und duftige Atmosphäre seiner Landschaftsaquarelle
und die treffsichere Hand bei Porträtaufträgen verschafften ihm
viele Sympathien.
Carolus Vocke wandte sich nach mehrjährigem Aufenthalt in Tuttlingen nach Mannheim. Er
übernahm dort die künstlerisch schwierige Aufgabe, die durch Bomben völlig zerstörten barocken
Deckenfresken in der Mannheimer Residenz einfühlsam nachzuschaffen und so restaurierte er
auch mit großem Geschick und feinem Gespür das Rokoko Theater im Schwetzinger Schloss. 1979
starb er in Mannheim und wurde auf dem Friedhof Freudenheim bestattet. In Mannheim wurde
eine Straße nach ihm benannt. (gw)
für Lager in Frankreich, deren Belegschaft in einzelne Kommandos aufgesplittert war und deren Einsatzorte oft weit
vom eigentlichen Dépôt entfernt lagen, so hatte für ein
Transitlager wie Tuttlingen die Bereitstellung an Transportmöglichkeiten höchste Priorität. Die Kraftfahrer-Gruppe war
außerdem zuständig für den Transport von Lebensmitteln
zu den Außenkommandos. Viele Fahrten gingen auch nach
Baden-Baden, dem Hauptquartier der französischen Besatzungsmacht 151 Mit dem Kriegsgefangenen Franz Hofbauer
verfügte der Kommandant über einen eigenen Fahrer, der
auch für private Fahrten der Familie Kretz zuständig war.152
Die Art der Unterbringung der großen Masse der deutschen
Kriegsgefangenen in französischem Gewahrsam – nur we- Das Orchester des Lagers mit dem Dirigenten Richard Stern
nige Gefangene befanden sich in den Stammlagern, die
meisten waren verteilt und dezentral bei den verschiedenen Arbeitskommandos eines Dépôts untergebracht – hatte Auswirkungen auf die Freizeitgestaltung. Während sich
etwa in amerikanischen Lagern ein kulturelles und sportliches Angebot entwickelte, das so vielfältig war wie in keinem
anderen Gewahrsam,153 war dies in Frankreich aufgrund
der starken Aufsplitterung der Dépôts in kleinere Kommandos kaum möglich. Zwar gab es vereinzelt Lagerkonzerte,
Lagertheater oder Sportveranstaltungen, aber von einer
kontinuierlichen Freizeitbeschäftigung wie in den USA oder
Großbritannien, so der Befund von Kurt Böhme, war man
weit entfernt.154 Im Tuttlinger Dépôt befanden sich rund 100
bis 115 Kriegsgefangene, welche als Stammbelegschaft
für längere Zeit in Lager 1 untergebracht waren und an die
sich die kulturellen Angebote in erster Linie richteten. So
gab es ab Dezember 1945 „grâce à l´appui de l´YMCA155
(dank der Unterstützung des CVJM)“ die Lagertheatergrup- Zum Varietéensemble der „Bunten Rakete“ gehörte auch der
pe „Bunte Rakete“ sowie die Musikkapelle „Stern“. Otto Fakirdarsteller Gerhard Jähn und der Hans-Moser- Darsteller
Werner Bentlage
Beiswenger berichtete, dass beide Gruppen im Raum Südwürttemberg und Südbaden auf Tournee gegangen seien
und Gastspiele gegeben hätten. Das eingenommene Geld sei vorrangig für die Beschaffung zusätzlicher Verpflegung (Kartoffeln und Gemüse) eingesetzt worden.156
87
Laut „Historique“ gab es allein bis Ende 1947 27 Vorstellungen im Lager und 283
Blick auf das Lagergelände 1945
88
„en public“ (öffentlich). Die Einnahmen von knapp 430 000
Mark, die bei den öffentlichen Auftritten erzielt worden waren, wurden zum größten Teil (270 000 Mark) für Hilfeleistungen verwendet, die den Familien von Kriegsgefangenen
zu Gute kamen („secours aux familles“157), der Rest wurde
für lagerinterne Verbesserungen wie die Anschaffung von
Büchern und Zeitschriften oder den Sanitätsdienst ausgegeben. Die Beschaffung von Lebensmitteln wurde in der
„Historique“ nicht eigens erwähnt und fiel vermutlich unter
die Rubrik „Divers“.158 Beide Formationen traten noch Ende
August 1948 bei der Entlassungsfeier für die 75 Freien Zivilarbeiter in der Tuttlinger Festhalle auf.159 Im Vergleich zu den anderen Gewahrsamsmächten legte Frankreich hingegen auf die Seelsorge der Kriegsgefangenen
großen Wert.160 Dass Lagerkommandant Kretz dem Bau einer Lagerkirche positiv
gegenüberstand, ist in diesem Kontext zu sehen. Innerhalb weniger Wochen wurde
im Sommer 1946 die auf einem Betonfundament ruhende und aus einer Baracke
heraus entwickelte Holzkonstruktion fertiggestellt. Die Entwürfe stammten vom
kriegsgefangenen Architekten Georg Rudolf Matt,161 die Kirche für 200 bis 250 Personen wurde von Kriegsgefangenen erbaut, und für die Innenausstattung war mit
dem Kunstmaler Carolus Vocke162 ebenfalls ein Kriegsgefangener zuständig. Wie
ehemalige Kriegsgefangene erinnerten, wurde Vocke von Lagerkommandant Kretz
sehr geschätzt und wohl auch protegiert.163 Mit viel Prominenz fand am 6. September 1946 die Einweihung statt. Unter den Ehrengästen waren neben General de
Montsabert, dem Befehlshaber der französischen Besatzungstruppen, und Oberst
Lalande, Directeur der „Annexe der DGPG“, auch Abordnungen der Kriegsgefangenenlager in Bretzenheim, Malschbach und Rum.164 In der Kirche fanden seitdem
evangelische und katholische Gottesdienste statt. Lagerpfarrer waren Eugen Schofer für die Protestanten und Pfarrer Wasmer für die Katholiken.165 Sie waren als
Kriegsgefangene am 6. November 1945 nach Tuttlingen abgeordnet worden, wo
sie bis zur Fertigstellung der Kirche mit einer provisorischen Kapelle in Lager 5 vorlieb nehmen mussten.166 Wie Pfarrer Schofer im Begleittext der Kirchenbroschüre
schrieb, war die „weithin sichtbare“ Lagerkirche „eine der schönsten“, die es überhaupt in Kriegsgefangenenlagern gab.167
Ob ein Angehöriger der Wehrmacht, der 1945 in ein französisches Sammellager
wie Tuttlingen kam, entlassen wurde oder nicht, hing von mehreren Faktoren ab.
Bis in den Herbst 1945 wurden vornehmlich diejenigen demobilisiert, die als Arbeitskräfte untauglich waren und lediglich eine Belastung für die französische Ge-
wahrsamsmacht dargestellt hätten: ganz junge Mitglieder der Hitler-Jugend, alte
Angehörige des „Volkssturms“, weibliches Personal sowie Schwerverwundete und
Schwerkranke.168 In aller Regel jedoch kam man als arbeitsfähiger Kriegsgefangener zum Arbeitseinsatz nach Frankreich. Im September 1945 standen 144 Lagern
in Frankreich und Nordafrika gerade einmal vier Lager in Deutschland und Österreich gegenüber. Deshalb, so das Urteil von Kurt W. Böhme, fielen die Arbeitsleistungen der Kriegsgefangenen in den Lagern Bretzenheim, Tuttlingen, Malschbach
und Innsbruck/Rum insgesamt „nicht ins Gewicht“. Dazu war ihre Anzahl zu gering.
Am 1. April 1946 waren die vier Lager nur noch mit insgesamt 28 200 Mann belegt
- bei einer gleichzeitigen Gesamtzahl von 810 000 Kriegsgefangenen in französischem Gewahrsam. Am 1. Juni 1947 waren es nur noch 18 600 Männer, während
Frankreich gleichzeitig im französischen Mutterland noch immer fast 500 000 Gefangene zurückhielt.169
Equipe „Transit - Entlassungen“
Die für Transit und Entlassungen zuständige Equipe war zahlenmäßig die größte
der drei im Lager beschäftigten Gruppen.170 Abgesehen von den etwa 70 000 von
den Amerikanern übergebenen, aber arbeitsunfähigen Kriegsgefangenen, welche
ab Ende 1945 über Lager in Nordfrankreich an die USA zurückgegeben wurden,
hat Frankreich im Jahr 1945 auf eigene Initiative lediglich 25 000 deutsche Gefangene freigelassen.171 Entlassungen spielten 1945 für die „Cage Nr. 2“ in Tuttlingen – verglichen mit den Transfers nach Frankreich - keine große Rolle. Im Lager
Tuttlingen wurden im Jahr 1945 insgesamt 7472 Kriegsgefangene aus Lagern in
der französischen Besatzungszone demobilisiert.172 Insgesamt belief sich die Zahl
der Entlassungen, die von Mai bis Dezember 1945 über die Cage No 2 abgewickelt
wurden, auf rund 18 000, wobei die meisten Kriegsgefangenen im November (21
755 Mann) entlassen wurden und mehrheitlich aus amerikanischem und englischem Gewahrsam kamen.173 Aus französischem Gewahrsam kamen 1945 erst ab
Oktober monatlich rund 3000 Gefangene zur Entlassung. Zuvor waren die Zahlen
deutlich geringer gewesen und hatten lediglich im August bei knapp über 1000 gelegen. In den beiden letzten Monaten des Jahres, November und Dezember 1945,
passierten zusammen rund 5200 Kriegsgefangene aus Lagern in Frankreich die
„Cage No 2“.174 Zunächst folgten die französischen Besatzungsbehörden bei den
in ihrer Zone vorzunehmenden Entlassungen den Vorgaben des Oberkommandos
der Alliierten Streitkräfte in Europa (SHAEF).175 So wie die Amerikaner entließen
auch die Franzosen aus ihren Lagern Bauern, Bergleute, Eisenbahner und Post-
89
Statistik der Entlassungen 1945 bis
1948. Rot-Frankreich, blau-USA, gelbGroßbritanien, grün-Sowjetunion, aus
dem Album des René Kretz
90
ler. Allerdings gab es dabei eine Besonderheit. Um dem Arbeitskräftemangel in
der eigenen Zone zu begegnen und dennoch den Vorgaben aus Paris zu genügen,
führten die Besatzungsbehörden den „congé de captivité“ (Beurlaubung von der
Gefangenschaft) ein. 2000 Kriegsgefangene der Berufsgruppen „cultivateurs, forestiers, fonctionnaires de la Reichsbahn et Reichspost, mineurs, electriciens“ und
„vétérinaires“,176 die aus der französisch besetzten Zone stammten und sich dort
in Lagern befanden, wurden bis Anfang März 1946 entlassen, aber zugleich in den
Status „congé de capitivité“ versetzt. Die Kriegsgefangenen blieben damit nach ihrer Entlassung „soumis à un contrôle périodique“ (unterlagen einer regelmäßigen
Kontrolle). Damit war der Zugriff auf diese Männer gewährleistet, ihr Sonderstatus konnte jederzeit wieder aufgehoben werden.177 Dass Angehörige bestimmter
Berufsgruppen, die sich „in Deutschland“ befanden, „Aussicht“ auf Entlassung
Bau der Lagerkirche
91
Blick in die Lagerkirche mit
Gemälde von Carolus Vocke
Gemälde von Carolus Vocke
„Kommet alle zu mir“ in der
Lagerkirche
92
hätten, erfuhr im Januar 1946 das Landratsamt Tuttlingen vom
örtlichen Hilfskomitee. Außer den oben genannten Berufen wurden in dem Schreiben „Handwerker sämtlicher Bauberufe“ sowie
„Müller, Molkereitechniker“ und Fachleute für „ Gas und Wasser“
genannt.178 Jedes Gesuch musste zunächst dem Bürgermeister
der Heimatgemeinde zur Begutachtung vorgelegt werden; anschließend wurde es über die Landräte an die zuständigen Hilfskomitees für Kriegsgefangene weitergeleitet, welche die Gesuche
ihrerseits auf Vollständigkeit prüften und jeweils zu Wochenbeginn gesammelt der Militärregierung zur Entscheidung vorlegten.
Der Tuttlinger Kreisgouverneur Jean Lucien Estrade179 wies darauf hin, dass ab sofort „jedes Gesuch“, das ihm „direkt zugeht
oder nicht ordnungsgemäss(!) gemacht ist, verworfen“ würde
und „die Schriftstücke (…) vernichtet würden“.180 Das Verfahren
des „Congé de captivité“ konnte ebenso auf Kriegsgefangene
angewendet werden, deren Anwesenheit in der Besatzungszone von der Militärregierung als „indispensable“ erachtet wurde.
Dies betraf in erster Linie Techniker und sonstige Spezialisten,
für die allerdings jeweils ein individueller Antrag gestellt werden
musste. Die Regelung galt auch für diejenigen unter den Kriegsgefangenen, die aus der Besatzungszone stammten und aktenkundig unter dem NS-Regime gelitten hatten oder als „opposants
notoires“ (notorische Gegner) galten. Außerdem konnten Kriegsgefangene, die nachweislich „rendu service à la cause française
ou à des prisonniers ou déportés français“181 in den „congé de
captivité“ versetzt werden.182 Für 1946 wurden der Zone insgesamt 500 Kriegsgefangene zugestanden, die in den „congé de Ankunft von Wehrmachtsoldaten im Lager
captivite“ versetzt wurden. Voraussetzung war, dass sie in der
Französischen Besatzungszone zu Hause waren und den Nachweis erbringen konnten, „antinazis notoires ou victimes du nazisme“ (notorische
Antinazis oder NS-Opfer) gewesen zu sein. Ob diese für die Militärregierung arbeiten oder zugunsten der Wirtschaft der Zone eingesetzt werden sollten, muss offen
bleiben. Indem Emil Laffon, der für zivile Verwaltungsangelegenheiten zuständige
Administrateur Général, unterstrich, dass diese „mises en congé de captivité“ der
„propagande française“ in der Zone dienen sollten, wurde der politischen Dimension Rechnung getragen.183 Dieses Zugeständnis stand in Zusammenhang mit zwei
von der Zonenregierung an die DGPG in Paris gerichteten Anfragen vom Februar 1946. Kriegsgefangene in der eigenen Besatzungszone, die unter 18 Jahre alt
93
waren, wollte man gerne „beurlauben“, Regimegegner ganz entlassen. Während
Paris an Alter oder Familienstand orientierte Entlassungskriterien nicht gelten
ließ, war General Buisson, der Chef der D.G.P.G., aus politischen Gründen bereit,
500 „antinazis“ pro Jahr in den Sonderstatus „congé de captivité“ zu versetzen.184
Und als durch die Säuberungsmaßnahmen in der französischen Besatzungszone,
die insbesondere den öffentlichen Dienst betrafen, weitere personelle Engpässe
drohten, konnte Laffon Anfang Oktober 1946 den Délégués Supérieurs verkünden,
dass der Kriegsminister ein Kontingent von 600 Kriegsgefangenen „à chacune des
Délegations Supérieures“185 bewilligt hätte.186 Von diesen Männern, „actuellement
détenus en France“, erhoffte man, dass sie aufgrund ihrer technischen Kenntnisse
in der Lage seien, „à combler les vides crées par l´épuration“.187 Am Ende waren
es ca. 10 000 Kriegsgefangene, die mit diesem Sonderstatus in der französischen
Zone eingesetzt waren, um zum „relèvement de la zone“ (Wiederaufbau der Zone)
beizutragen, „lorsque leur retour était en même temps utile à l´économie française“.188 Für den Historiker Theofilakis war dieser Sonderstatus, der deutschen
Kriegsgefangenen auf Betreiben der Besatzungsbehörden zugestanden wurde,
ein Zeichen dafür, dass es Baden-Baden allmählich gelang, sich gegenüber den
Direktiven aus Paris einen eigenen Handlungsspielraum zu schaffen. Bis 1947 und
dem Inkrafttreten des allgemeinen Repatriierungsplans war dies, so seine Erkenntnis, vor allem durch „Improvisation bei der konkreten Anwendung der Entlassungsmaßnahmen“ möglich.189 Dass auch von der Tuttlinger Stammbelegschaft Ende
1946 einige Kameraden entlassen wurden, erinnerte Otto Beiswenger. Bedingung
sei ein „beglaubigtes Schreiben der Ortsbehörde“ gewesen, dass der Betreffende
Landwirt war oder eine kinderreiche Familie zu versorgen hatte.190
94
Am frühesten, nämlich bereits ab Ende Juli 1945, hatten die Amerikaner begonnen, deutsche Kriegsgefangene zu entlassen. Von diesen wurden jedoch sehr viele
aufgrund der interalliierten Vereinbarungen nach Frankreich und Großbritannien
zum Arbeitseinsatz überstellt. „Man hatte uns“, schrieb Hans Jonitz in seinen Erinnerungen, „in aller Heimlichkeit an die Franzosen übergeben“. Die Kriegsgefangenen, die Anfang 1946 fest mit ihrer Entlassung aus amerikanischer Gefangenschaft gerechnet hatten, fühlten sich „verraten und verkauft“.191 Dass die Politik
Frankreichs nicht auf möglichst rasche Entlassung der Gefangenen ausgerichtet
war, sondern im Gegenteil darauf, ihre Anzahl möglichst noch zu vergrößern, ist
vielfach belegt. So berichtete der spätere Intendant des Süddeutschen Rundfunks,
Fritz Eberhard, dass im Mai 1945 ein amerikanischer Konvoi mit mehreren hundert
deutschen Kriegsgefangenen, die eigentlich entlassen werden sollten, in Zuffenhausen (zu diesem Zeitpunkt wie auch Stuttgart in der französischen Besatzungs-
zone gelegen) aussteigen musste und von den Franzosen beansprucht wurde. Der
begleitende amerikanische Offizier sei, so der Zeitzeuge, machtlos gewesen.192 Wer
von einer anderen Gewahrsamsmacht entlassen worden war, aber auf französisch
besetztes Territorium geriet, musste damit rechnen, erneut festgesetzt und nach
Frankreich transportiert zu werden.193 Erich Rieger etwa, der spätere Verpflegungschef des Tuttlinger Dépôts, war auf deutschem Boden in amerikanische Gefangenschaft geraten, wurde entlassen und bei seiner Rückkehr in die französische
Besatzungszone von den Franzosen erneut festgesetzt.194 Ebenso erging es Alfred
Fuss. Dieser war Mitte März 1947 nach Tuttlingen gekommen, um seinen Bruder,
der aus französischer Kriegsgefangenschaft entlassen werden sollte, im „Cage de
Mühlau“ abzuholen. Als er sich im Lager nach dem Transport aus Südfrankreich
erkundigte, wurde Alfred Fuss vom Lagerkommandanten festgenommen. Während
sein Bruder am 21. März offiziell in Tuttlingen entlassen
wurde, wurde Alfred Fuss selber weiter festgehalten. Seinen schriftlichen Nachweis, dass er bereits im Juli 1945
aus amerikanischer Gefangenschaft entlassen worden
war, ließ man in Tuttlingen nicht gelten und verlangte ein
neues Dokument. Im Mai 1946 schaltete sich Tuttlingens
Bürgermeister Fleck ein und bat darum, Fuss „dans le plus
bref délai possible“ (so schnell wie möglich) zu entlassen.195 Im Tuttlinger „Dépôt de transit“ wurde die Stammbelegschaft mehrmals Augenzeuge dieser Vorgehensweise. Übereinstimmend berichteten sie von Transporten aus
britischen und amerikanischen Lagern, die in Tuttlingen
entlassen werden sollten, deren Entlassungsscheine von
den Franzosen aber zerrissen wurden, um so den Weg frei
zu machen zum Weitertransport nach Frankreich. Wie oft
dies tatsächlich in Tuttlingen vorgekommen ist, wissen
wir nicht. Die Zeitzeugen berichteten weiter, dass Briten und Amerikaner auf
diese Vorkommnisse reagierten, indem sie die Transporte nicht nur von eigenen
Offizieren begleiten ließen, sondern diesen Anweisung gaben, die ordnungsgemäße
Entlassung bis zuletzt zu überwachen.196 Im September 1945 wurde ein ganzer
Konvoi von in Italien aus englischer Kriegsgefangenschaft entlassener Männer in
Tuttlingen „von den Franzosen übernommen“ und nach Frankreich zum Arbeitseinsatz geschickt. Wie der ehemalige Kriegsgefangene Heinz Baumgartner erinnerte, wussten die Briten den nächsten Übernahme-Versuch der Franzosen zu verhindern. Obwohl die Franzosen den 4000 Mann starken Transport, mit dem auch
Baumgartner im Herbst 1945 aus dem Lager Rimini197 über Tarent und Innsbruck
Entladerampe am Bahngleis
95
nach Tuttlingen ins Entlassungslager kam, „übernehmen“ wollten, wussten dies
die englischen Offiziere, welche den Transport begleiteten, zu verhindern.198 In dieselbe Richtung gingen die Befürchtungen des geflohenen Kriegsgefangenen Meinhard Glanz. Aus Sorge, ohne gültige Entlassungspapiere von den Franzosen verhaftet und nach Frankreich deportiert zu werden, achtete Glanz bei seiner Odyssee
durch Deutschland darauf, alle Kontrollen zu umgehen. Als illegaler Heimkehrer
wusste er, dass Frankreich in der unmittelbaren Nachkriegszeit im Ruf stand, alle
Ausschnitt aus einem Brief von Luise Vogler an ihren Mann Max
Vogler, der noch in Kriegsgefangenschaft war:
4. Juli 1946 „.....Ich habe Dir schon einmal erzählt von einer Frau, die bei
mir übernachtet hat, deren Mann auch Polizeibeamter war und sie ihn nach
3 Jahren hier zum ersten Mal wieder sehen durfte. Er kam zum Verhör nach
Tübingen 4 Wochen. Dafür musste die Frau 60 RM für Verpflegung bezahlen.
Er kam dann wieder zurück hierher, wurde zum zweiten Mal geschoren und
gestern nach Frankreich abtransportiert, er war scheint's ganz kurze Zeit beim
SD. Ich habe gestern abend der Frau noch telefoniert, sie wollte am Sonntag
wieder kommen. In Tübingen wurde ihm versprochen, er werde entlassen. Ist
das nicht traurig? .....“ (gw)
gesunden und arbeitsfähigen Männer, die als Zwangsarbeiter nach Frankreich gebracht werden konnten, zu verhaften und zu deportieren.199 Ob diese Männer gültige Entlassungspapiere hatten oder wie Meinhard Glanz keinen Entlassungsschein
vorweisen konnten, machte dabei offensichtlich keinen Unterschied.
96
Zu Beginn ihrer Tätigkeit war die „Equipe Transit - Entlassungen“ allerdings wesentlich mehr mit den Überstellungen von Kriegsgefangenen nach Frankreich beschäftigt. Im Monat Mai 1945 wurden mit 37 620 Männern die mit Abstand meisten
Kriegsgefangenen durch das Lager Tuttlingen geschleust und über Straßburg zum
Arbeitseinsatz nach Frankreich geschafft. Diese Zahl wurde später nicht einmal
mehr ansatzweise erreicht.200 Im Juni 1945 waren es nur noch 4614, im Juli 1853
Mann, und im Dezember 1945 war die Zahl der Transfers auf einen Tiefstand von
63 gesunken.201 Man schätzt, dass es ungefähr 175 000 arbeitsfähige Kriegsgefangene waren, welche die Franzosen in ihrer nördlichen Besatzungszone durch die
Übernahme der „Rheinwiesenlager“ im Juli 1945 zugesprochen bekommen hatten
und die sie auf Lager in ihrer Besatzungszone und in Frankreich verteilten.202 Es
ist davon auszugehen, dass 1945 das Lager Tuttlingen neben dem Transfer eigener Gefangener vor allem mit dem Transport der aus amerikanischem Gewahrsam überstellten Gefangenen nach Frankreich zu tun hatte. Denn die sechste und
letzte Übergabe von 100 000 Kriegsgefangenen aus amerikanischem Gewahrsam
an Frankreich, die von Februar bis Mai 1946 stattfand, wurde nicht über Lager in
Deutschland, sondern über verschiedene US-Lager in Frankreich abgewickelt.203
Doch wurden auch 1946 über 13 000 und 1947 noch rund 1400 Transfers über
Tuttlingen abgewickelt.204 Zeitzeugen erinnerten, dass ab 1946 viele Transporte
mit zahlreichen Angehörigen der Waffen-SS in Tuttlingen eintrafen. Danach kamen
die Männer aus britischem und amerikanischem GewahrAnkunft im Lager Mühlau. Im Hindergrund die Bahnrampe
sam und waren den Franzosen entsprechend der vereinbarten Überstellung von Kriegsgefangenen übergeben worden.
Da sie stets nach kurzem Aufenthalt in Tuttlingen zum Arbeitseinsatz nach Frankreich geschafft wurden, musste es
sich auch bei den Angehörigen der Waffen-SS um Mannschaftsdienstgrade handeln. Denn an – zumeist älteren Offizieren, die kriegsvölkerrechtlich ohnehin nicht zur Arbeit
verpflichtet werden konnten, hatten die Franzosen kein Interesse. Kamen diese Transporte in Tuttlingen an, wurden
die Gefangenen an der eigens dafür in unmittelbarer Nähe
zum Lager an der Bahnstrecke Tuttlingen - Sigmaringen
gebauten „Entladerampe“ ausgeladen, anschließend kontrolliert („gefilzt“), registriert und kurz verpflegt. Danach
ging es mit dem nächsten Transport über Straßburg nach
Frankreich.205 Übereinstimmend berichteten Zeitzeugen,
dass vor allem die Angehörigen der Waffen-SS besonders
gründlich „gefilzt“ wurden, wobei ihnen „Wertgegenstände
wie Eheringe, Uhren und Rauchwaren“, aber auch „gute
Wolldecken“ abgenommen wurden. Ob in diesen Fällen das
„Filzen“ von Franzosen oder der deutschen Equipe oder
beiden durchgeführt wurde, wissen wir nicht. Der ehemalige
Kriegsgefangene Beiswenger erinnerte, dass französische
Soldaten aus der Stadt eigens ins Lager gekommen seien,
um sich an den abgenommenen Sachen zu bedienen.
Dagegen hätten die deutschen Kriegsgefangenen beim
Lagerkommandanten Protest eingelegt, mit Arbeitsverwei97
gerung gedroht und Erfolg gehabt.206 Dass in Tuttlingen sogar Heimkehrer aus französischen Lagern gefilzt wurden –
und zwar von Deutschen und Franzosen - hat Hans Jonitz beschrieben. Als er am
19. April 1947 mit einem Transport aus Bourg in Tuttlingen ankam, wurde „völlig
willkürlich (…) geplündert“. Gefangene, die kurz zuvor „noch ein paar Schuhe gefaßt
hatten, bekamen diese wieder abgenommen und gegen schlechtere getauscht“.
Jonitz beschrieb die Situation als „geradezu unglaublich“.207 In einem unmittelbar
nach seiner Heimkehr verfassten Bericht an das Comité International de la Croix
Rouge in Lyon berichtete Jonitz ausführlich über die Situation im Entlassungslager
Tuttlingen. Nach der Ankunft an der „Rampe“ sei der Transport „in Gruppen zu 100
Mann“ ins Lager marschiert und „einzeln, Mann für Mann, in ein Camp geschleust“
worden. Etlichen Männern seien willkürlich Kleidung, Schuhe und Mützen abgenommen und gegen „alte, fast unbrauchbare Kleidungsstücke getauscht“ worden.
Dabei konnte kein „Prinzip festgestellt werden, nach welchem in Tuttlingen der Umtausch der Bekleidung“ geschah. Immer jedoch sei der „Umtausch (…) sehr zum
Nachteil der P.G.s“ gewesen. Um diese Zustände abzustellen, war nach Ansicht von
Hans Jonitz eine Intervention des Roten Kreuzes erforderlich. Angesichts der nun
laufend in Tuttlingen und Bretzenheim eintreffenden Repatriierungstransporte aus
Frankreich empfahl er außerdem, einen „ständigen Delegierten des Roten Kreuzes“ nicht nur nach Tuttlingen, sondern auch nach Bretzenheim zu entsenden. Von
diesen Missständen abgesehen, sei in Tuttlingen die Ausstellung der Entlassungspapiere und Fahrkarten für die Heimreise „sehr schnell“ von statten gegangen.
Innerhalb eines Tages habe man den gesamten Transport abgefertigt.208 Jonitz´
Schreiben hatte Konsequenzen. Das Rote Kreuz wurde aktiv. Wie ihm der Vertreter
des CICR in Lyon Ende Mai 1947 mitteilte, hätte eine entsprechende „Demarche“
dazu geführt, dass nunmehr „in den Entlassungslagern in der französischen Besatzungszone keinerlei Filzungen und Wegnahme von Bekleidungsstücken“ mehr
stattfänden.209 Nachprüfen lässt sich dies freilich nicht. Von Seiten der französischen Behörden gab es erst im Mai 1948 eine entsprechende Verfügung.210
98
Die systematische Kontrolle der Kriegsgefangenen auf Waffen oder sonstige unerlaubte Gegenstände gehörte ebenso zum Alltag eines Dépôts wie die Kontrolle auf
Blutgruppen-Tätowierungen. In Frankreich galten sämtliche SS-Angehörigen pauschal als Kriegsverbrecher und durften folglich unter keinen Umständen repatriiert
werden. Damit hatte sich in Frankreich eine juristische Argumentationsfigur herausgebildet, welche von der deutschen Rechtsprechung nach 1949 erheblich abwich
und darauf zielte, nicht (nur) einzelne Täter vor Gericht zu stellen, sondern ganze Personengruppen aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu kriminellen Organisationen
oder an Kriegsverbrechen beteiligter militärischer Einheiten. Diesen Grundsätzen
folgend, wurden sowohl ganze SS-Einheiten als auch Angehörige der „unités blo-
qués“- Ehemalige von insgesamt 36 Einheiten der Waffen-SS und Wehrmacht, die
an Kriegsverbrechen in Frankreich beteiligt waren – in Gefangenschaft belassen
und waren von vornherein von jeglicher Repatriierungsmaßnahme ausgeschlossen.211 Bei der Suche nach den Tätern war es naheliegend, dass sich das französische Augenmerk vorrangig auf die Kriegsgefangenenlager richtete. Doch erst
nachdem es zur Übergabe von deutschen Kriegsgefangenen aus amerikanischen
Lagern an die französische Regierung in großem Stil kam, hatte Frankreich direkten Zugriff auf eine große Menge mutmaßlicher Kriegsverbrecher, ohne ständig
auf die Kooperationsbereitschaft der Bündnispartner angewiesen zu sein. Großzügige Auslieferungsvereinbarungen zwischen Frankreich Anhand der Blutgruppentätowierung unter dem Arm konnten
und den Alliierten hatten dennoch bis zum Sommer 1947 Angehörige der SS ausfindig gemacht werden.
Bestand. So waren bis Jahresende 1946 auf Veranlassung
der Außenstelle des „Service de Recherche des Crimes
de Guerre Ennemis“ (SRCGE) in Baden-Baden alleine in
der amerikanischen Besatzungszone mehr als 1000 mutmaßliche Kriegsverbrecher festgenommen und rund 180
in die französische Besatzungszone überstellt worden. Im
folgenden Jahr erreichte das amerikanische Auslieferungsprogramm seinen Höhepunkt. 700 französischen Auslieferungsanträgen war bis Mai 1947 stattgegeben, ungefähr
190 Personen waren aus der französischen Zone nach
Frankreich überführt worden.212 Nach den Erkenntnissen
der zuständigen Abteilung im französischen Justizministerium, dem SRCGE, waren rund 22 000 deutsche Kriegsverbrechen213 während des Zweiten Weltkriegs in Frankreich
verübt worden. Der größte Teil der Ermittlungsverfahren
wurde jedoch wieder eingestellt, meistens deshalb, weil
die Täter nicht ermittelt werden konnten. Von den rund
2300 letztendlich gefällten Urteilen der Militärgerichte
waren über 1000 Urteile in Abwesenheit der Angeklagten
ergangen. 800mal entschieden die Richter auf Todesstrafe,
die in 47 Fällen vollstreckt wurde. Bei den Verurteilten
handelte es sich mehrheitlich um Soldaten der Wehrmacht
oder der Waffen-SS mit niedrigen Dienstgraden, die in
bewaffnete Auseinandersetzungen mit der französischen
Résistance verwickelt waren.214 Wer aufgrund seiner NS99
Vergangenheit oder seines Verhaltens während des Zweiten Weltkrieges mit Sanktionen oder gerichtlicher Verfol-
gung zu rechnen hatte, für den konnte eine Meldung zur
Fremdenlegion durchaus attraktiv sein. Dazu gehörten
insbesondere die Soldaten der Waffen-SS. Inwieweit unter den Männern der Waffen-SS oder anderen ehemaligen
SS-Angehörigen auch im Lager Tuttlingen Soldaten für die
französische Fremdenlegion geworben wurden, ist nicht
bekannt. Dass in Kriegsgefangenenlagern für die Fremdenlegion geworben wurde, ist durch Heimkehrerberichte belegt.215 Frankreich stand jedenfalls unter Verdacht, jeden
für die Fremdenlegion zu nehmen, den es kriegen konnte, ohne Rücksicht auf seine Vergangenheit.216 Ungefähr
5000 Deutsche sollen diese Option gewählt haben und
damit deutlich weniger, als in der Öffentlichkeit lange angenommen worden war.217 Für Kriegsgefangene, die keine
Repatriierung auf normalem Wege erreichen konnten, war
der Eintritt in die Fremdenlegion eine Möglichkeit, aus der
Kriegsgefangenschaft entlassen zu werden und in der von
der Legion gewährten Anonymität unterzutauchen.218 Zwar
hatte Frankreich - wie oben gesehen - schon früh deutlich
gemacht, dass die Ahndung der von Deutschen während
des Kriegs begangenen Verbrechen ein vorrangiges Ziel
darstellte.219 Bei der Rekrutierung von Soldaten für die eigene Fremdenlegion drückte man aber häufig beide Augen zu.
Vor diesem Hintergrund wird verständlich, warum die Beschaffung von Informationen zu Kriegsverbrechen im AufEin Lagerinsasse illustrierte die Wunschträume der
gabenkatalog eines „Dépôts“ an vorderster Stelle rangierte.
Kriegsgefangenen
Dies erklärt, warum ein „officier d´interrogatoire“ von Anfang an zum Personal eines Lagers gehörte und die „recherche du renseignements“ für das „2. Bureau des C.S.T.O“ fester Bestandteil der
„missions du dépôt de transit Nr. 2“ waren.220 Denn die gezielte Befragung der
Kriegsgefangenen stellte eine Informationsquelle ersten Ranges für die Ermittlung
von Kriegsverbrechern dar. Außerdem wurden Kriegsgefangene als Zeugen bei
Ermittlungen zu vermeintlichen oder tatsächlichen Kriegsverbrechen auf französischem Boden herangezogen.221 Der erste Tuttlinger Lagerkommandant Rousseau
bestätigte, dass die „recherche des renseignements“ (Informationsbeschaffung)
zu den normalen Aufgaben einer „cage“ gehörte. In Tuttlingen wurde diese Aufgabe
100
erleichtert durch „l´emploi d´élements Polonais incorporés de force dans la Wehr-
macht“, die nun die Funktion einer „P.M. du Camp“ übernommen hätten.222 Offensichtlich waren diese Männer eher
zu Aussagen bereit als deutsche Wehrmachtssoldaten. Und
selbst nach ihrer Repatriierung unterstanden ehemalige Offiziere der Wehrmacht und anderer (paramilitärischer) NSOrganisationen strengen Kontrollen. Ab 1947 oblag dem
„Dépôt de transit No 2“ die Kontrolle aller „membres de
l´ex-Wehrmacht demeurant en Zône Sud“.223 Die Kontrollmaßnahme stand zum einen in Zusammenhang mit dem
Bestreben der französischen Militärregierung, den Zuzug in
ihre Besatzungszone wirksam zu kontrollieren. Zum anderen erhoffte man sich auch von ihnen Auskünfte zu Kriegsverbrechen auf französischem Boden. Der Kreisdelegation Kriegsgefangene auf dem Weg zur Bahnrampe
Tuttlingen wurde im Oktober 1946 bekanntgegeben, dass
sie ab 1. November 1946 die Aufgabe hatte, die ehemaligen Wehrmachtsoffiziere, die im Kreis Tuttlingen gemeldet waren, zu überwachen.
Doch erst ab Januar 1947 war man dazu organisatorisch in der Lage. In Zusammenarbeit mit der Gendarmeriebrigade, der „Sûreté“ (französische Polizei) und der
Demobilmachungsstelle für Kriegsgefangene wurden individuelle Überprüfungskarten angelegt, der Betroffene hatte sich einmal im Quartal bei der Gendarmerie in Tuttlingen zu melden. Ab 1. April 1947 wurde diese Kontrolle auf ehemalige
Mitglieder paramilitärischer Organisationen wie SS, SA oder RAD ausgedehnt. Wie
Tuttlingens Kreisgouverneur Estrade berichtete, erfasste man im 4. Quartal 1946
auf diese Art zwei höhere Offiziere der Luftwaffe, drei des Heeres, vier vom Generalstab und einen vom Sanitätsdienst. Im selben Zeitraum ein Jahr später unterlagen ein Offizier der Marine, sechs der Luftwaffe, neun des Heeres, sieben des
Generalstabes und drei vom Sanitätsdienst dieser Kontrolle. Die Zahlen für 1948
waren ähnlich. Bei den niederen Offiziersrängen hingegen fielen wesentlich mehr
Männer unter diese Auflagen. Erfasst wurden im vierten Quartal 1946 allein vom
Heer 69 und vom Sanitätsdienst 23 Männer. In den beiden Folgejahren stiegen
diese Zahlen beim Heer auf 192 (1946) und 212 (1947) sowie 40 bzw. 45 beim Sanitätsdienst. Bei den sogenannten paramilitärischen Organisationen gab es in den
beiden Jahren 1948 und 1949 nur bei ehemaligen SS-Offizieren nennenswerte
Zahlen. So stieg die Zahl der überprüften Personen bei den niederen Offiziersrängen von zwei im ersten Quartal 1948 auf 25 im entsprechenden Zeitraum 1949;
im zweiten Quartal wurden nur noch zwei Personen erfasst. Bei den Unteroffizieren
sah es ähnlich aus. Wurden im ersten Quartal 1949 49 Männer registriert, sank
die Zahl bei der nächsten Kontrolle auf 11 ab. Ab Mai 1949 erfolgten die Kontrollen
101
nur noch jährlich. Deshalb fanden ihre Ergebnisse im Bericht Jean Lucien Estrades, der mit dem Monat September
1949 endete, keine Berücksichtigung mehr.224 Dass dem
„Dépôt de transit“ die Federführung bei diesen Kontrollen
übertragen worden war, wurde von Estrade freilich nicht erwähnt. Die Demobilisierungsstelle für Kriegsgefangene war
in seinem Bericht nur eine die Kreisdelegation unterstützende Stelle.
Freie Zivilarbeiter
Entlassfeier in der Festhalle 1948
102
Für potentiell gesunde und arbeitsfähige deutsche Kriegsgefangene in französischem Gewahrsam bestanden bis ins
Jahr 1947 nur geringe Chancen auf eine frühe Entlassung.
Dies hing in erster Linie mit der französischen Haltung zusammen, neben klassischen Reparationsforderungen vor
allem auf kriegsgefangene Zwangsarbeiter für den Wiederaufbau zu setzen.225 In Frankreich war im März 1946
zu lesen, dass „la France a un besoin immédiat de la contribution de son ancienne ennemie à la reconstruction de
son économie“,226 wobei der Einsatz der Kriegsgefangenen
ausschließlich unter ökonomischen Gesichtspunkten gesehen wurde.227 Bereits auf der Konferenz von Jalta vom
Februar 1945 hatten die Alliierten beschlossen, Deutsche
als Zwangsarbeiter generell für Reparationsarbeiten einzusetzen.228 Als Frankreich in die Entscheidungsprozesse um
die Planungen für die Zeit nach der deutschen Niederlage
eingebunden wurde, nahm es auch im Kreis der Alliierten
den Standpunkt der Zwangsarbeiter als einer „idée de justes réparations“ (Idee der gerechten Reparationen) ein.229
Inwieweit eine Gewahrsamsmacht ihre Kriegsgefangenen
freiließ, als Zwangsarbeiter einsetzte oder an eine andere
Gewahrsamsmacht überstellte, entschied jeder Staat für sich. Frankreich hatte ursprünglich einen Arbeitskräftebedarf von bis zu 1,75 Millionen Personen geltend
gemacht, aber im Laufe der Jahre 1945 und 1946 „nur“ rund 635 000 arbeitsfähige Kräfte überstellt bekommen.230 Vor diesem Hintergrund wird verständlicher,
warum Frankreich in seiner Entlassungspraxis ähnlich rigide verfuhr wie die Sowje-
tunion. Im Jahr 1946 wurden laut unveröffentlichtem Abschlussbericht der DGPG
rund 150 000 Männer entlassen,231 dennoch befanden sich im März 1947 noch
immer 630 000 Männer in französischer Gefangenschaft.232 Frankreich hatte sich
lange gesperrt, einen allgemeinen Repatriierungsplan vorzulegen und mit seinem
hohen Arbeitskräftebedarf argumentiert. Erst im März 1947 beugte sich Frankreich dem Druck von außen und vor allem der Amerikaner. Die im Sommer 1946
aufgenommenen amerikanisch-französischen Verhandlungen über die Repatriierung der von den USA an Frankreich übergebenen Kriegsgefangenen kamen am
11. März 1947 zu dem Ergebnis, dass die monatliche Entlassungsrate von 12 000
Kriegsgefangenen (seit 1. Januar 1947) ab März 1947 auf 20 000 Gefangene zu
erhöhen war. Ziel war es, bis zum 1. Oktober 1947 alle von den USA an Frankreich
überstellten Kriegsgefangenen zu repatriieren.233 Diese stellten im März 1947
mit 450 000 (von 630 000) Mann immer noch die große Mehrheit der deutschen
Kriegsgefangenen in französischem Gewahrsam.234 Eng mit dieser Zielvorgabe verbunden war die gemäß französisch-amerikanischer Absprache initiierte Anwerbung
von Kriegsgefangenen als „Freie Zivilarbeiter“. Die Möglichkeit, sich für ein Jahr als
Zivilarbeiter in Diensten Frankreichs zu verpflichten, stand allen Kriegsgefangenen
in französischem Gewahrsam offen.235 Mit dieser Maßnahme hoffte die französische Regierung, 500 000 Arbeitskräfte (für ein Jahr) gewinnen und so den Verlust durch die Repatriierung ausgleichen zu können.236 Laut Abschlussbericht der
DGPG wurden jedoch nur knapp 138 000 Kriegsgefangene in Freie Zivilarbeiter
umgewandelt, die überwiegende Mehrheit Deutsche.237
Die ersten Arbeitsverträge wurden im Sommer 1947 geschlossen, so dass im Sommer 1948, nach einem Jahr, die ersten Zivilarbeiter nach Hause zurückkehrten.
Allerdings waren bis November 1948 von den insgesamt rund 138 000 abgeschlossenen Verträgen erst 15 000 ausgelaufen. Die große Mehrheit der Zivilarbeiter arbeitete über den Jahreswechsel 1948/49 hinaus in Frankreich.238 Wer das
Angebot annahm, wurde aus der Kriegsgefangenschaft entlassen und einem französischen Arbeiter gleichgestellt.239 Die übrigen Kriegsgefangenen, die sich gegen
diese Option entschieden hatten, sollten nach einem festgelegten Plan repatriiert
werden, die letzten im Dezember 1948. Ob sich ein Vertragsabschluss lohnte, hing
ganz wesentlich davon ab, an welcher Position der Kriegsgefangene in der Prioritätenliste der Repatriierung stand. War er unverheiratet und unter 40 Jahre alt oder
verheiratet, aber kinderlos, so war seine reguläre Entlassung (als Kriegsgefangener) erst im Sommer bzw. im Dezember 1948 vorgesehen.240 Traf auf ihn keine der
zehn 1947 vorgelegten Entlassungskategorien zu, hatte er grundsätzlich mit einer
späten Repatriierung zu rechnen. In diesen Fällen konnte ein Vertragsabschluss
103
104
als freier Zivilarbeiter eine frühere Entlassung bedeuten. Diesen Weg wählte beispielsweise der 1923 geborene Otto Beiswenger, der seit Januar 1946 als Kriegsgefangener in Tuttlingen war. Als man ihm im Frühjahr 1947 die Umwandlung seines Status als Kriegsgefangener in den eines Zivilarbeiters anbot, war er knapp 24
Jahre alt, unverheiratet und kinderlos. Damit hätte er gemäß Repatriierungsplan zu
den letzten gehört, die entlassen worden wären. Beiswenger erinnerte, dass das
Angebot von fast allen Kriegsgefangenen der Tuttlinger Stammbelegschaft angenommen wurde. Als am 28. August 1948 in einer feierlichen Entlassungsfeier die
Zivilarbeiter verabschiedet wurden, betraf dies 75 einstige Kriegsgefangene.241
Man hätte sich zunächst mit dem damaligen Vertrauensmann Otto Hofferbarth,
einem Rechtsanwalt, besprochen und die Vertragsbestimmungen eingehend studiert, so erinnerte Beiswenger. Positiv standen vor allem die jüngeren Jahrgänge
einem Übertritt in ein ziviles Arbeitsverhältnis gegenüber. Oberste Priorität hatte
dabei das feststehende Entlassungsdatum. Wichtig war freilich auch, dass sie als
Zivilarbeiter in Tuttlingen im Lager bleiben und wie bisher Unterkunft und Verpflegung in Lager 1 erhalten sollten. Genau geregelt waren überdies Arbeitszeiten, Urlaubsansprüche und Entlohnung. Den ihm zustehenden vierwöchigen Sonderurlaub nutzte Otto Beiswenger, um Ende 1947 seine Eltern zu besuchen.242 Während
für deutsche Kriegsgefangene in Nordafrika ein Übertritt in ein ziviles Arbeitsverhältnis von vornherein ausgeschlossen worden war und Kurt Böhme daraus den
Schluss zog, dass es diese Möglichkeit im Wesentlichen nur für Kriegsgefangene
im französischen Mutterland gegeben hatte,243 hatten - wie das Beispiel aus Tuttlingen zeigt – auch deutsche Kriegsgefangene in der Französischen Besatzungszone
diese Option. Dass eine Zustimmung zu einem solchen Vertrag unter Kameraden
als Verrat am deutschen Volk betrachtet wurde, ist für Tuttlingen nicht überliefert.
Hier war die Vertragsunterzeichnung gerade kein Einzelfall, vielmehr hatte sich die
große Mehrheit der Kriegsgefangenen für ein Jahr als Vertragsarbeiter verpflichtet.244 Dass ihnen der Vertragsabschluss nahe gelegt wurde, hatte mehrere Gründe. Frankreich hatte sich 1947 verpflichtet, alle Kriegsgefangenen bis Ende 1948
zu entlassen, besaß aber auf französischem Boden kein adäquates Entlassungslager. Nachdem die Einrichtung einer neuen „cage“ als zu kostspielig bezeichnet und
verworfen worden war, sollten die (Massen)Entlassungen weiterhin ausschließlich
über die drei Entlassungszentren in der französischen Zone abgewickelt werden.
Ein zweiter Aspekt kam hinzu. Die Entlassung der Kriegsgefangenen in der eigenen
Besatzungszone sollte bereits bis Ende 1947 abgeschlossen sein. So stellte ein
Schreiben vom 17. Juli 1947 der DGPG an den Administrateur général adjoint für
die französische Besatzungszone klar, dass die in der französischen Zone eingesetzten Kriegsgefangenen zwar so spät wie möglich entlassen, der Stichtag 31.
Dezember 1947 jedoch nicht gefährdet werden sollte. Colonel Bailloux, Direktor
der „Annexe de la DGPG Allemagne-Autriche“, schlug daher die Repatriierung der
in der französischen Zone festgehaltenen Kriegsgefangenen (der Kategorien 7 bis
10) innerhalb von drei Monaten vor. Für die 3760 Kriegsgefangenen der im Repatriierungsplan festgelegten Kategorien 7, 8 und 9245 sah Bailloux September 1947
als Entlassungstermin vor, die 3280 in der französischen Zone beheimateten
kriegsgefangenen Väter von drei Kindern (Kategorie 10) sollten im Oktober und
diejenigen aus anderen Zonen (je 1750 Kriegsgefangene aus der Britischen und
Sowjetischen Zone) im November entlassen werden.246 Offen bleibt, was mit Kriegsgefangenen der Kategorien 1 bis 6247 geschehen sollte. Sie wurden von Bailloux
nicht erwähnt. Ob dies bedeutet, dass es Gefangene, die in diese Kategorien fielen,
in Lagern der französischen Besatzungszone nicht gab oder ob für diese doch der
allgemeine Entlassungsplan gelten sollte, muss offen bleiben. Im Unterschied zum
allgemeinen Repatriierungsplan mit dem Stichtag 31. Dezember 1948 sollte die
Entlassung der von Bailloux aufgeführten 10 540 Kriegsgefangenen (Kategorien 7
bis 10) in der Französischen Zone demnach schon ein Jahr früher abgeschlossen
sein als es der Zeitplan der allgemeinen Repatriierung vorsah. Ob dies tatsächlich
auch so durchgeführt wurde, wissen wir jedoch nicht. Dass
die erforderliche Anzahl Kriegsgefangener in Zivilarbeiter
umgewandelt werden sollte, um den Betrieb der drei
„Dépôts“ in der französischen Besatzungszone auch über
den 31. Dezember 1947 hinaus sicherzustellen, muss aber
sicherlich in diesem Zusammenhang gesehen werden. Für
Bretzenheim und Tuttlingen hielt man je 100 Mann für
ausreichend, das Dépôt in Malschbach musste mit 50
Mann auskommen. Zudem wurden 100 Kriegsgefangene
bzw. „Travailleurs libres“ den Militärkrankenhäusern zugestanden, in denen kranke oder kriegsverletzte Kriegsgefangene behandelt wurden.248 In Tuttlingen hielten somit 75
„Travailleurs libres“ ab 1. September 1947 den Lagerbetrieb aufrecht. Für Otto Beiswenger war der garantierte
Entlassungstermin das alles entscheidende Kriterium. Die
Aussicht, nach Ablauf eines einjährigen Arbeitsvertrages
früher und garantiert nach Hause zu kommen, bewog
vermutlich auch die anderen Kriegsgefangen, sich für diese Option zu entscheiden.
Freilich bleibt zu fragen, wie freiwillig der Übertritt der Kriegsgefangenen in das
zivile Arbeitsverhältnis tatsächlich war. Von Otto Beiswenger und anderen
ehemaligen Kriegsgefangenen wissen wir, dass die Alternative zur
105
106
Vertragsunterschrift, so sei ihnen damals mitgeteilt worden, die Verlegung in ein
anderes, nicht näher definiertes Lager gewesen wäre.249 Mit diesen „Freien Zivilarbeitern“ stellte die französische Besatzungsmacht das Funktionieren ihrer drei
Transit- und Entlassungslager über den 31. Dezember 1947 hinaus sicher. Anschließend sollte die Repatriierung der Kriegsgefangenen aus Frankreich forciert
werden. Bei Abschluss des Abkommens vom 11. März 1947 war man von insgesamt 250 000 Kriegsgefangenen ausgegangen, die unter die Kategorien 1 bis 10
fielen. Die zusätzlichen Kategorien 11 bis 15, die später im offiziellen „Plan de rapatriement général“ (Allgemeiner Repatriierungsplan) ergänzt wurden, hatte man
zunächst nicht vorgesehen. In diese fielen vor allem jüngere Kriegsgefangene, Unverheiratete und Familienväter mit bis zu zwei Kindern.250 Dass Frankreich die Entlassung gerade dieser Arbeitskräfte so lange wie möglich hinauszögern wollte, verwundert kaum. Erst im März 1948 teilte das Französische Kriegsministeriums dem
Roten Kreuz mit, dass mit den Kategorien 11 bis 15 fünf weitere Entlassungsgruppen eingerichtet worden waren.251 Insgesamt wurden nach französischen Angaben
1947 knapp 200 000 und 1948 rund 254 000 deutsche Kriegsgefangene repatriiert.252 Zu welchem Zeitpunkt ein Kriegsgefangener über die im Raum stehenden
Entlassungstermine informiert wurde, ist unklar. Auf einen jungen, unverheirateten
und kinderlosen Mann wie Otto Beiswenger traf keine der zehn, im Frühsommer
1947 veröffentlichten Entlassungskategorien zu. Dass er später als Männer der
letzten Kategorie 10 entlassen werden würde, war daher mehr als wahrscheinlich.
Für ihn war die Unterzeichnung des Vertrages als Zivilarbeiter deshalb eine echte
Option. Beiswenger erinnerte, dass für ältere Familienväter, die ebenfalls den Arbeitsvertrag unterschrieben hätten, die Möglichkeit bestanden hätte, bereits nach
sechs Monaten zum 28. Februar 1948 entlassen zu werden, was auch geschah.
Dies war aber gewiss die Ausnahme, die theoretisch nur denjenigen Zivilarbeitern
vorbehalten war, die bei besonders gefährlichen Arbeiten wie der Beseitigung von
Minen, Bomben und Granaten eingesetzt gewesen waren.253 Warum in Tuttlingen
von der allgemeinen Regelung abgewichen wurde, bleibt unklar. Das Gros der Freien Zivilarbeiter aus Tuttlingen freilich wurde Ende August 1948 entlassen. Dass
Zivilarbeiter nach Vertragsende wie „normale“ Kriegsgefangene demobilisiert wurden und ihnen ebenfalls der begehrte Entlassungsschein ausgestellt wurde, war
nicht unerheblich. Denn nur so unterschieden sie sich bei der Wiedereingliederung
ins Zivilleben in nichts von anderen Heimkehrern.254 Wer seinen Sonderurlaub
nicht genommen oder ihn nachweislich in Frankreich verbracht hatte, hatte Anspruch auf einen kostenlosen Rücktransport in eines der beiden Entlassungszentren Bretzenheim oder Tuttlingen; die dort ausgehändigte Demobilisierungsurkunde
garantierte die kostenlose Weiterfahrt bis zum Wohnort. Wer seinen Sonderurlaub
in Deutschland verbracht hatte, musste hingegen für die Kosten seiner Heimreise
und des erforderlichen Visums selbst aufkommen. Ab den Entlassungslagern in
Deutschland war auch für diese Heimkehrer der Weitertransport zum Wohnort kostenlos.255
Allgemeiner Repatriierungsplan 1947
Der von den vier Alliierten im April 1947 beschlossene Repatriierungsplan mit dem
Stichtag 31. Dezember 1948 bedeutete, dass die Franzosen ihre Entlassungen
deutlich beschleunigen mussten. Hatte man im Januar 1947 mit 12 000 Mann pro
Monat begonnen, steigerte man diese Zahl im Laufe des Jahres 1947 auf Monatsraten von bis zu 40 000.256 Um demobilisiert zu werden, mussten sich alle Kriegsgefangenen, die aus französischen Lagern entlassen wurden, entweder in Bretzenheim oder in Tuttlingen melden. Dies galt nun ausdrücklich auch für diejenigen,
die nach Vertragsende als Zivilarbeiter in die drei Westzonen zurückkehrten. Erst
dort bekamen sie ihren endgültigen Entlassungsschein, der wiederum Voraussetzung war für die ordnungsgemäße Rückkehr ins zivile Leben.257 Diejenigen Kriegsgefangenen, die repatriiert werden sollten und in der englischen oder nördlichen
französischen Besatzungszone zu Hause waren, wurden über das Durchgangslager Bretzenheim geschleust; wer aus der amerikanischen oder südlichen französischen Besatzungszone stammte, musste erst ins Lager Tuttlingen.258 Für aus der
sowjetischen Besatzungszone stammende Kriegsgefangene gab es ein anderes
Verfahren. Sie wurden, aus Frankreich kommend, über das Transit-Lager Saaralbe
in Lothringen geschleust und in Bebra-Gerstungen an sowjetische Offiziere übergeben.259 Während die anderen während der Kapitulationsphase entstandenen und
in der französischen Besatzungszone befindlichen Kriegsgefangenenlager Zug um
Zug aufgelöst wurden, wurden Tuttlingen, Bretzenheim und Malschbach bis Ende
1948 als Durchgangslager für Heimkehrer beibehalten. Offenbar gab es im Herbst
1948 Überlegungen, ein zentrales Entlassungslager bei Baden-Baden einzurichten. Dagegen wurden gewichtige Einwände erhoben. Für den Standort Tuttlingen
wurde insbesondere die geographische Nähe zur US-Zone und dem großen Durchgangslager in Ulm260 ins Feld geführt, das insbesondere die Heimkehrer aus sowjetischer Gefangenschaft passierten, die in der Französischen Besatzungszone zu
Hause waren und von Ulm nach Tuttlingen „en convoies“ zur Entlassung gebracht
wurden.261 Diese Heimkehrer passierten verstärkt ab Frühjahr 1948 das Lager in
Tuttlingen. Die Erfahrung hatte gezeigt, dass kurze Distanzen zwischen den Lagern
von Vorteil waren. Denn je kürzer die Entfernung war, desto größer war die Wahr-
107
scheinlichkeit, dass alle Kriegsgefangenen in Tuttlingen ankamen. Die Gefahr,
dass Kriegsgefangene während des Transportes flohen und damit die Kontrolle
im Entlassungslager umgingen, wurde von den französischen Verantwortlichen als
hoch angesehen.262 Dieses Phänomen kannte man zu dieser Zeit besonders von
aus französischer Gefangenschaft entlassenen Kriegsgefangenen, die in der sowjetischen Zone zuhause waren und dorthin zurücktransportiert wurden. Immer
wieder gab es zahlreiche „évadés“ (Geflohene). So kam ein ursprünglich mit 1775
Gefangenen besetzter Zug aus Frankreich im März 1948 mit nur 1671 Mann am
Übergabepunkt in Bebra an.263
108
Hatte die für Entlassungen und Transit zuständige „Equipe“ im Lager Tuttlingen im
Jahr 1945 fast ausschließlich mit dem „Transit“ nach Frankreich zu tun, änderte
sich dies in den Folgejahren deutlich. Nunmehr war das DT 2 „spécialisé dans la
libération et la demobilisation des P.G. venant de France“.264 Rund 18 000 Entlassungen von Mai bis Dezember 1945 standen fast 47 000 Transfers nach Frankreich im selben Zeitraum gegenüber. Ab 1946 änderte sich dies. 1946 stieg allein
die Zahl der in Tuttlingen durchgeführten Entlassungen von Kriegsgefangenen aus
französischem Gewahrsam auf knapp 60 000, was der Hälfte dieser Entlassungen
entsprach, die in diesem Jahr von den drei Dépôts in der Französischen Besatzungszone vollzogen wurden.265 Insgesamt wurden in Tuttlingen knapp 141 000
Entlassungen durchgeführt, denn auch Kriegsgefangene aus amerikanischem, britischem und (wenige aus) russischem Gewahrsam wurden hier entlassen.266 Die
Zahl der Transfers zum Arbeitseinsatz nach Frankreich dagegen sank 1946 auf
rund 13 300.267 Das Jahr 1947 brachte eine nochmalige deutliche Steigerung. Fast
190 000 Kriegsgefangene durchliefen das Lager in Tuttlingen und wurden hier entlassen. Im April 1947 stieg die Zahl der in Tuttlingen durchgeführten Entlassungen auf über 10 000, einen Monat später erreichte sie mit 32 000 einen Höchststand. In den beiden folgenden Monaten wurden rund 21 000 Männer, im August
und September 1947 rund 17 000 entlassen.268 Es ist auffallend, dass 1947 über
Tuttlingen wesentlich mehr Männer entlassen wurden als über Bretzenheim (oder
Malschbach). Im Monat Juli beispielsweise entließ das Dépôt in Bretzenheim rund
9500 Kriegsgefangene, Malschbach nur 44, Tuttlingen jedoch rund 21 600.269 Die
Zahl der Entlassungen blieb auch noch im Folgejahr hoch. Knapp 130 800 Kriegsgefangene (aus französischem und alliiertem Gewahrsam) und Zivilarbeiter wurden bis Ende November durch das Lager Tuttlingen geschleust und entlassen.270
Aus der eigenen Besatzungszone wurden im Jahr 1948 die meisten Kriegsgefangenen (435 ) im Monat September entlassen.271 Damit haben zwischen 300 000 und
400 000 Kriegsgefangene im Tuttlinger Dépôt ihre Entlassungspapiere bekom-
men.272 Rund 60 000 Kriegsgefangene traten von Tuttlingen ihren Weg zur Zwangsarbeit in Frankreich an.273 Am 8. Dezember 1948 verließen die letzten repatriierungsfähigen Kriegsgefangenen Frankreich. Wie viele dies waren, darüber gibt es
unterschiedliche Angaben.274 Von der Repatriierung ausgeschlossen waren weiterhin alle Kriegsgefangenen, die ein Kriegsverbrechen begangen hatten oder dieser
Straftat verdächtigt wurden; weiter alle Angehörigen der Waffen-SS und der „unités
bloquées“ (vom Nürnberger Militärgerichtshof als verbrecherisch eingestufte Organisationen) sowie Kriegsgefangene, die Funktionsträger in der NSDAP gewesen
waren.275 Diese Männer wurden bis auf weiteres pauschal wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer solchen Organisation zurückgehalten. Im Dezember 1949 waren die
Militärgerichte in Frankreich noch mit über 200 Verfahren
befasst, die rund 600 Personen betrafen.276 Auf deutscher
Seite sprach man hingegen von 1097 Deutschen, die noch
im Januar 1950 wegen Kriegs- oder NS-Verbrechen in französischer Haft saßen.277
Ab März 1948 wurden zudem vermehrt Heimkehrer aus
russischer Gefangenschaft durch Tuttlingen geschleust.
Im Juni wurde mit 1438 Kriegsgefangenen aus russischem
Gewahrsam für 1948 ein Höchststand erreicht.278 Da die
Sowjetunion die vereinbarte Entlassungsfrist bis zum 31.
Dezember 1948 für sich als nicht bindend ansah, kam die
Repatriierung deutscher Kriegsgefangener aus Russland jedoch nur schleppend voran. 279 Erst als die Sowjetunion auf
Druck der Alliierten in den beiden Folgejahren mit rund 2
Millionen Kriegsgefangenen die Masse der in ihrem Gewahr- Entlassschein über die Station Malmsheim
sam verbliebenen Gefangenen entließ, schnellten auch in
Tuttlingen die Zahlen in die Höhe und bewegten sich zwischen 1 100 (von 6 800 Entlassungen insgesamt) im März
und über 6 500 (von rund 9 600 ) Entlassungen im Dezember 1949.280 Russische
Heimkehrer machten 1949 in den meisten Monaten bereits knapp die Hälfte aller
in Tuttlingen vorgenommenen Entlassungen aus.281 Doch es waren nicht nur die
Heimkehrer aus sowjetischen Lagern, die in den Jahren nach 1948 in Tuttlingen repatriiert wurden. Unter den Männern befanden sich weiterhin Kriegsgefangene aus
Frankreich sowie „Travailleurs Libres“, deren Arbeitsverträge ausgelaufen waren.
Im März 1950 etwa passierten 1 400 Kriegsgefangene aus französischen Lagern
Tuttlingen. In den Folgemonaten sank diese Zahl auf Werte um 500.282 Doch wurden auch 1951 in Tuttlingen immer noch zwischen 300 und 900 Kriegsgefangene
109
- auch aus französischem Gewahrsam - und Zivilarbeiter entlassen. So waren unter
den 175 im September 1951 vollzogenen Entlassungen 118 Freie Zivilarbeiter;
im Dezember 1951 waren es bei insgesamt 228 Entlassungen 109 „Travailleurs
libres“ und 44 Kriegsgefangene aus Frankreich.283
Verbindungsstelle des Landeskommissars für das
Flüchtlingswesen
110
Da über das Lager Tuttlingen primär die Entlassung aller Kriegsgefangenen (aus
französischem Gewahrsam) mit Heimatadressen in der südlichen französischen
und in der amerikanischen Besatzungszone abgewickelt wurde, stellte sich vor allem bei letzteren die Frage des Weitertransportes ab Tuttlingen. Gegen das Verfahren, Entlassene mit Heimatadressen außerhalb der französischen Zone über Ravensburg zu leiten, um dort nochmals durch deutsche Behördenvertreter kontrolliert
zu werden, machte der Kreisbeauftragte für die französische Militärregierung, Jean
Lucien Estrade, gewichtige Einwände geltend. Das Ravensburger Lager sei zu klein,
um mit den im Augenblick zur Entlassung stehenden größeren Gruppen von Kriegsgefangenen fertig zu werden. Da die Gefangenen momentan in „convois entiers de
800 à 1.800 personnes“284 entlassen würden, sei das Lager in Ravensburg dadurch oft „engorgé“ (verstopft). Über Ravensburg zu entlassen, sei nicht nur ein
Umweg, sondern angesichts der Eisenbahnverbindungen zwischen Tuttlingen und
der amerikanischen Zone auch sehr umständlich („malaisées“). Für die Heimkehrer bedeutete dies einen enormen Zeitverlust. Deshalb plädierte Estrade für einen
raschen Ausbau des „Centre de rassemblement“ (Sammelstelle) in Oberndorf am
Neckar. Dorthin sollten für die US-Zone bestimmte Heimkehrer geschlossen per
Bahn transportiert werden. Zu diesem Zweck war zwischen Oberndorf am Neckar
und Tuttlingen eine ständige Transportverbindung („navette de 20 wagons“) eingerichtet worden; Überlegungen gab es zudem, eine weitere ständige Verbindung von
Oberndorf nach Stuttgart einzurichten.285 Bis dahin sollten nach Meinung Estrades
in Oberndorf je nach Bedarf und Größe Konvois in die amerikanische Zone nach
Stuttgart zusammengestellt werden. Transport nach und Aufenthalt in Oberndorf
sollten 24 Stunden nicht überschreiten. Den in Tuttlingen ausgestellten Entlassungsschein sollten die Heimkehrer allerdings erst nach ihrem Eintreffen in der
US-Zone erhalten. Damit wollte man sicherstellen, dass die Veteranen die französische Zone auch wirklich verließen.286 Diejenigen, die ihre Heimatadresse in der
nördlichen französischen Besatzungszone (Baden, Pfalz, Rheinland und Saar) hat-
ten, wurden hingegen über ein „centre de transit“ in Offenburg geleitet, mussten mit „normalen“ Zügen fahren und oft
tagelang auf ihren Weitertransport warten. Estrade monierte, dass die Kontrolle der deutschen Behörden bei dieser
Personengruppe unzureichend war. Denn waren die Heimkehrer erst einmal im Besitz des Entlassungsscheins, konnten sie sich in der Französischen Zone frei bewegen, waren
sie doch gehalten, selber für ihren Heimtransport zu sorgen. Estrade befürchtete dadurch unerwünschte „infiltrations irréguliéres“ in die Französische Besatzungszone.
Deshalb plädierte er für eine Kontrolle von deutscher Seite
bereits im Tuttlinger Lager und eine Übergabe der Heimkehrer in die Obhut einer Hilfsorganisation (association de secours), welche für den Weitertransport per Bahn zuständig
sein sollte. Der Aufenthalt im Lager Tuttlingen sollte auch
hier 24 Stunden nicht überschreiten. Bei strittigen Heimatadressen sollten die deutschen Behörden entscheiden, ob
der Heimkehrer in die französische oder amerikanische repatriiert wurde. Bis der Entscheid vorlag, waren die Betroffenen nach Meinung Estrades im Flüchtlingslager Ludwigsthal unterzubringen, wobei sie der Kontrolle der
deutschen Behörden unterstanden.287 Dieser ausführlichen
Stellungnahme Estrades war ein Schreiben Theodor Eschenburgs288 vorausgegangen. In diesem hatte der Landeskommissar für das Flüchtlingswesen deutlich zu
verstehen gegeben, dass er die in Tuttlingen entlassenen Kriegsgefangenen mit
Heimatadressen in den drei nicht-französischen Zonen über ein ihm unterstehendes „Camp central d´échange“ in der Argonnenkaserne in Weingarten/Ravensburg
zu schleusen gedachte.289 Dagegen hatten die französischen Stellen sofort Protest
eingelegt: „Il n´y a aucune raison d´avoir crée un camp central d´échange à Ravensburg, camp qui est uniquement sous la coupe d´Eschenburg“, hieß es in einem internen Schreiben vom 14. Januar 1947.290 Das vorgeschlagene Procedere
hätte der französischen Militärregierung „aucun moyen de contrôle“ (keine Kontrollmöglichkeit) eingeräumt und wurde deshalb abgelehnt. Da man jedoch den
Deutschen die Verantwortung für die definitive Repatriierung der Kriegsgefangenen in ihre jeweilige „zone d´origine“ (Heimatzone) ab Tuttlingen übertragen hatte
und diese nicht gefährden wollte, musste man taktisch vorgehen. Deshalb war man
bereit, die in Tuttlingen ausgestellten Entlassungsscheine nicht nur Angehörigen
der Militärregierung, sondern auch Mitarbeitern des Flüchtlingskommissars auszu-
111
112
händigen. Wichtig war, dass diese begleitende „autorité“ die Papiere erst an die
Kriegsgefangenen übergab, wenn man in der Heimatzone angekommen war. Zu
mehr Zugeständnissen war man aber nicht bereit. Die französische Seite beharrte
auf ihrem Standpunkt, Kriegsgefangene aus den drei nicht-französischen Zonen
über Biberach291 „et non par Ravensburg“ zu leiten. Die deutsche Seite sollte lediglich für den Transport dorthin verantwortlich sein.292 Mit dem Vorschlag Estrades,
der Oberndorf ins Spiel gebracht hatte, gab es nun eine weitere Option. Offensichtlich existierten verschiedene Möglichkeiten für den Weitertransport der in den anderen Zonen beheimateten Kriegsgefangenen.293 Es muss offen bleiben, wann welche Option genutzt wurde. Für die Betroffenen machte es freilich keinen großen
Unterschied, ob sie über Oberndorf, Ravensburg (März 1947)294, Malmsheim (Oktober 1947)295 oder Ulm-Kienlesberg und/oder Malmsheim (März 1948)296 nach
Hause kamen. Dass Eschenburg für die nach ihrem Herkunftsgebiet als Ausgewiesene oder Flüchtlinge geltenden Kriegsgefangenen zuständig war, wurde von Estrade als unerlässlich dargestellt. „Pour permettre au Commandement français de
connaître la résidence définitive où se retire chaque P.G.A. libéré“, sei es notwendig, dass „l´Administration allemande contrôle et prenne en charge, dès leur libération au Centre de transit No.2, les ex-P.G.A. considérés temporairement comme
des réfugíes allemands“, schrieb er an die vorgesetzte Behörde in Tübingen im
März 1947.297 Für eine effektive Kontrolle der Bevölkerungsbewegung, für die
Eschenburg zuständig war, wurden die zahlreichen entlassenen Kriegsgefangenen,
die sich in der französischen Besatzungszone aufhielten, weil sie nicht mehr in ihre
Heimatgebiete zurückkonnten, vor allem nach der im August 1946 von der französischen Militärregierung verhängten Zuzugssperre ein Problem. Um eine zuzugsrechtliche Überprüfung und Registrierung der Kriegsgefangenen sicherzustellen,
richtete Eschenburg deshalb in der zweiten Jahreshälfte 1946 im Entlassungslager
Tuttlingen eine Verbindungsstelle des Landeskommissars für das Flüchtlingswesen
ein.298 Offensichtlich schätzte Eschenburg das „Wanderungsproblem“, das die entlassenen heimatlosen Kriegsgefangenen darstellten, als kritisch ein. Viele von ihnen gingen von einer Zone in die andere und schlugen sich so gut es ging durch.299
Der 1946 amtierende Lagerkommandant von Tuttlingen, René Kretz, sah das Problem hingegen als nicht vorrangig an und verwies auf den auf dem Entlassungsschein aufgedruckten Vermerk, dass die Französische Zone binnen drei Tagen zu
verlassen sei. Dies erschien ihm ausreichend zu sein. Dagegen wandte Eschenburg
ein, dass „seule la prise en charge des certificats de libération par les authorités de
rapatriement pourra garantir le retour effectif des prisonniers dans leurs zônes
respectives“.300 Zumindest diese Empfehlung hatte Kreisgouverneur Estrade aufgegriffen, kam sie doch den Sicherheitsinteressen der französischen Besatzungs-
behörden entgegen.301 Dass die französischen Besatzungsbehörden gewillt waren,
das Verhalten entlassener Kriegsgefangener, die länger als erlaubt in der Stadt
oder der Umgebung Tuttlingens blieben, streng zu sanktionieren, zeigt ein Schreiben vom Februar 1946. Heimkehrer, die „vom Hilfskomitee übernommen und mit
dem Nötigsten“ versorgt worden waren, um in ihre Heimat zurückkehren zu können, und die Heimreise dennoch nicht antraten, so hieß es, nutzten das „Mitleid
oder das Solidaritätsgefühl“ bei den Personen aus, die ihnen „heimlicherweise“
Unterkunft und Verpflegung gewährten. Für den Kreis Tuttlingen entstehe damit
„ein Übermaß(!) an Lasten“ sowie eine unübersichtliche Situation, was „Verpflegung“ und „Wohnraumzuteilung“ angehe. Dieses Verhalten, das den „Gesamtplänen des Gouvernement Militaire entgegenarbeiten“ würde, könnte nicht geduldet
werden, ließ das Landratsamt im Auftrag der Militärregierung wissen. (Gefängnis-)
Strafen drohten nicht nur den Heimkehrern, die sich unerlaubt im Kreis Tuttlingen
aufhielten, sondern auch den Personen, die ihnen Unterschlupf gewährten.302
Hilfskomitee für Kriegsgefangene
Erste Hilfsmaßnahmen für in Tuttlingen entlassene Kriegsgefangene wurden nach Kriegsende vom lokalen Hilfskomitee koordiniert. Handelte es sich zunächst vor allem um
die Ausgabe von Verpflegungsrationen an Heimkehrer und
die Sammlung von Kleidungsstücken, kamen in der Folge
weitere Fürsorgemaßnahmen hinzu. Die zunächst auf kommunaler Ebene gebildeten Komitees wurden später durch
Kreis- und Landeskomitees ergänzt. Eine zentrale Stelle für
die gesamte Besatzungszone – wie in der US-Zone - gab
es hingegen nicht.303 Der bei der französischen Militärregierung in Tübingen angesiedelte „Service des Personnes
Déplacés“ berichtete in seinem Monatsbericht für Januar
1946 unter der Rubrik „accueil aux P.G. libérés“304, dass
das „Comité d´Entreaide aux Prisonniers de Guerre Allemands“ in Tuttlingen über 22 000 Portionen Suppe und
Kaffee und über 14 000 Portionen „Rations de Route“ (Marschverpflegung) ausgegeben hatte. Über 10 000 Heimkehrern hatte das Hilfskomitee außerdem eine
erste Übernachtungsmöglichkeit gestellt.305 In einem Aufruf des Tuttlinger Hilfskomitee vom März 1946 wurde darauf verwiesen, dass seit Oktober 1945 allei-
113
114
ne 141 000 Portionen Verpflegung durch das Hilfskomitee an Kriegsgefangene
ausgeben worden waren. Für den Zeitraum bis Oktober 1945 wurde die Anzahl
der ausgegebenen Verpflegungsportionen mit einer Million angegeben.306 Ob es
in dieser frühen Phase bereits als Hilfskomitee firmierte oder die Hilfeleistungen
ohne eine entsprechende Organisation verteilt wurden, muss offen bleiben. Denn
wie Theofilakis zeigen konnte, kam es in der französischen Besatzungszone erst
im Oktober 1945 zur Einführung von Hilfskomitees.307 Das Tuttlinger Hilfskomitee
hatte jedoch, so hieß es in dem Aufruf, seit der Einrichtung des Lagers Ende April
1945 „immer wieder an die Hilfsbereitschaft der Tuttlinger Bevölkerung“ appelliert.
Denn seit diesem Zeitpunkt hätten Kriegsgefangene Tuttlingen als „Durchgangsplatz in beiden Richtungen“ passiert und Stadtverwaltung und Bürger Tuttlingens
dadurch immensen „Anforderungen“ genügen müssen. Dies untermauerte das
Hilfskomitee mit der Zahl von rund 54 000 Wehrmachtsangehörigen, die seit Oktober 1945 eigenen Berechnungen zufolge über das Lager in Tuttlingen entlassen
worden waren.308 Im März 1946 sahen die beiden Unterzeichner des Aufrufes, Tuttlingens stellvertretender Bürgermeister Fritz Fleck und Dr. Messerschmidt,309 den
Zeitpunkt gekommen, um an die „unbeschränkte Initiative aller“ zu appellieren.
Ihr Aufruf richtete sich deshalb nicht mehr nur an die Tuttlinger Bevölkerung, von
der „unmöglich (…) eine Fortsetzung dieser Leistungen“ verlangt werden könnte.
Vielmehr sei nun „ein Werk der spontanen nationalen Solidarität aller Schichten“
erforderlich, um „solcher Not Herr“zu werden. Alle „privaten Möglichkeiten des Helfens“ sollten ausgeschöpft, ein Zusammenwirken „aller administrativen und politischen Stellen, der Wohlfahrtseinrichtungen, der Gewerkschaften und der Kirchen
aller Zonen“ erreicht werden. Am meisten wurden zu diesem Zeitpunkt Kleiderspenden benötigt. Das Hilfskomitee hatte in seiner Dienststelle eine Bekleidungsstelle eingerichtet, die wenigstens in den allerdringendsten Fällen helfen konnte.
Auf diese Art von Hilfeleistung waren insbesondere entlassene Kriegsgefangene
angewiesen, die „nicht mehr in ihre Heimat zurückkehren“ konnten, da sie in den
„geräumten Gebieten des Ostens zuhause“ waren. Denn wer „nicht heimkehren“
konnte, benötigte „unter allen Umständen Zivilkleidung“, war doch das Tragen von
„Uniformstücken“ nur während der Heimreise gestattet, nicht aber während des
Aufenthalts vor Ort. Akut war die Bekleidungsfrage auch bei denjenigen, die, aus
den Versorgungskrankenhäusern (für Kriegsgefangene) entlassen, oft nicht mehr
als das besaßen, was sie auf dem Leib trugen. Sie hatten keine Unterwäsche, nur
zerrissenes Schuhwerk oder „notdürftig selbstgefertigte ´Schuhe`“. Dass einer
der Männer einen Mantel hatte, war „eine große Ausnahme“. Nachdem Anfang
März 1946 die Zahl der ausgegebenen Kleidungsstücke bereits „in die Tausende“ gegangen war, war die Kleiderkammer des Hilfskomitees so gut wie leer. Bis-
lang waren die Kleiderspenden von der Stadt und dem Kreis Tuttlingen erfolgt; die
Spenden anderer Kreise, die beim Hilfskomitee in Tuttlingen eingegangen waren,
hatten zum größten Teil nach Frankreich abgegeben werden müssen.310 So lagen
etwa Mitte Februar 1946 über 6000 gesammelte Bekleidungsstücke für deutsche
Kriegsgefangene in Frankreich beim Hilfskomitee bereit, sie waren „emballeés et
prêtes à être expédiées“.311 Mit ihrem „Aufruf zur Hilfe für die Kriegsgefangenen“
hatten die beiden Unterzeichner aber nicht etwa die Kriegsgefangenen in den Lagern Frankreichs in Blick, für die zu diesem Zeitpunkt bereits in zwei großen Aktionen in der Zone Bekleidung gesammelt worden war.312 Dass die Pariser Behörden
den Hilfeleistungen für die Kriegsgefangenen im französischen Mutterland absolute Priorität einräumten und General Koenig angewiesen worden war, bis Dezember
1945 eine halbe Million Kleidungsstücke, Schuhe und Decken aus der französischen Besatzungszone nach Frankreich zu schicken, hat unlängst Fabien Theofilakis gezeigt. Dass diese Hilfsmaßnahmen auf Kosten der Kriegsgefangenen in
der Besatzungszone sowie der „Ostflüchtlinge“ ging, nahm man in Paris in Kauf.313
Ohne zu verkennen, dass in den Lagern Frankreichs die Spenden „nicht weniger
dringlich gebraucht“ würden, galt die Sorge der Verantwortlichen des Tuttlinger
Hilfskomitees jedoch den repatriierten Kriegsgefangenen vor Ort, die sich häufig in
einer „verzweifelte(n) Lage“ befänden und zu Recht erwarteten, dass ihnen „sofort
und wenigstens mit dem Notwendigsten“ geholfen würde. Angesichts der „Not, die
sich hier zusammenballt“, war eine konzertierte Aktion aller Kräfte in allen Besatzungszonen vonnöten. Für das Hilfskomitee standen die drei nicht-französischen
Besatzungszonen auch deshalb in der Pflicht, weil die in Tuttlingen entlassenen
hilfsbedürftigen Kriegsgefangenen „ja aus allen Teilen des Reiches“ stammten.314
Ihnen war klar, dass die Kriegsgefangenen nur einen Teil eines umfassenderen
Problems darstellten und sich in Konkurrenz zu den Millionen von Flüchtlingen,
Displaced Persons und Ausgebombten befanden. Deshalb plädierten Fleck und
Messerschmidt dafür, die Hilfsmaßnahmen für entlassene Kriegsgefangene und
„Ostflüchtlinge“ zu koordinieren. Angesichts der eigenen knappen Ressourcen die
„außerordentliche Betreuung“ derjenigen Kriegsgefangenen zu unterbinden, die in
der sowjetischen Zone beheimatet waren, wie dies die Militärregierung nunmehr
angeordnet hatte, war nach Ansicht des Hilfskomitees jedoch nur Augenwischerei.
Indem man von diesen Heimkehrern nunmehr verlangte, Tuttlingen wie alle übrigen Entlassenen binnen 24 Stunden zu verlassen, obwohl ihnen eine Rückkehr in
die Heimat „allen Nachrichten zufolge aber unmöglich“ war, war Tuttlingen diese
Männer zwar los, die prinzipielle „Lösung des Problems“ jedoch nur auf eine andere Kommune „abgeschoben“. Ebenso rigoros sollte das Hilfskomitee gegenüber
Heimkehrern vorgehen, die aus der britischen oder amerikanischen Zone stamm-
115
ten, aber als Ausgebombte zu gelten hatten. Sie waren in ihre Heimatzone abzuschieben, selbst wenn dort keine Angehörigen mehr lebten.315 Einmal mehr zeigte
sich hier die restriktive französische Politik gegenüber jeglicher Art von Zuwanderung. Oberste Priorität bei der französischen Flüchtlingspolitik hatten Abschiebung
und Kontrolle des Zuzugs in ihre Besatzungszone.316
Fritz Fleck
116
Mit der Bekanntgabe des Repatriierungsplans und der gleichzeitigen Einführung
der zivilen Arbeitsverhältnisse im Frühjahr 1947 wurden entlassene Kriegsgefangene mit Heimatadressen in der sowjetischen Besatzungszone für Frankreich erneut
interessant. Eventuell konnten hier Arbeitskräfte rekrutiert werden. Deshalb kam
es darauf an, über die weiteren Absichten dieser Männer informiert zu sein. Dies
war bislang offensichtlich dem Hilfskomitee vorbehalten gewesen, so dass Leon de
Rosen, Chef der Division PDR innerhalb der französischen
Besatzungsverwaltung, im Februar 1947 darauf hinwies,
dass Frankreich ein vitales Interesse daran haben musste, „à la tête de ce service d´entre-aide“317 zu bleiben, um
über die weiteren Pläne der Kriegsgefangenen informiert zu
sein, die nicht in der französischen Zone beheimatet waren.
Vor allem unter Männern aus der „zône sovietique (…) nous
pourrions recruter de la main d´oevre pour la France“.318
Rosen gab die Zahl der aus der russischen Zone oder den
Gebieten östlich von Oder und Neiße stammenden Kriegsgefangenen in französischem Gewahrsam mit rund 250
000 an. „Beaucoup d´entre eux ne voudront pas rentrer
chez eux“, so seine Einschätzung, „d´autres ne le pourront
pas ayant perdu leur chez eux“.319 Folgerichtig richtete die
Militärregierung in diesem Zusammenhang im Mai 1947 in
Tuttlingen eine Anwerbestelle für Arbeitskräfte in Frankreich
ein.320
Eine wichtige Rolle spielten die Hilfskomitees zudem bei den
Entlassungsgesuchen, welche vor Inkrafttreten des allgemeinen Repatriierungsplans von ihnen - wie oben gesehen gesammelt an die Militärregierung weitergeleitet wurden.321
In erster Instanz gab das zuständige Bürgermeisteramt, bei
dem die Familienangehörigen des Kriegsgefangenen das
Gesuch einzureichen hatten, sein Votum ab. Eine negative Stellungnahme ließ die Aussicht auf Erfolg beträchtlich
schwinden. Tuttlingens Bürgermeister Fritz Fleck zeigte kein Verständnis für einen
ablehnenden Bescheid seines Kollegen in Emmingen, den dieser mit der unsicheren Existenzgrundlage der Antragstellerin und Ehefrau des Kriegsgefangenen begründet hatte. „Wo bleibt hier die soziale Einstellung und die Hilfe für unsere armen
Teufel, die in Kriegsgefangenschaft sind?“, fragte er. Aus diesem Grund ließ Fleck
seinen Kollegen in Emmingen im Februar 1946 wissen, dass es in erster Linie darauf ankäme, dass „dieser Kriegsgefangene (…), wie alle übrigen armen Teufel aus
der Gefangenschaft herausgeholt“ würde.322 Da Fleck als Bürgermeister Mitglied
des Tuttlinger Hilfskomitees war, welches die Anträge sammelte, prüfte und an die
Kreiskomitees weiterleitete, war er über die eingehenden Gesuche gut informiert.
Rigidität bei der Durchsetzung von Vorschriften
Als 1947 die Zahlen der in Tuttlingen zur Entlassung kommenden Kriegsgefangenen in die Höhe schnellten und im Mai mit über 30 000 ein Höchststand erreicht wurde, kam es zu einem folgenschweren Vorfall. Es ging um Heimkehrer aus
Frankreich mit Heimatadressen in der sowjetischen Besatzungszone. Die 15 über
45 Jahre alten Männer kamen mit einem Transport aus Offenburg und sollten in
Tuttlingen entlassen werden. Bei der Überprüfung ihrer Entlassungsanschriften fiel
dem deutschen Vertreter der Flüchtlingsverwaltung323 auf, dass sie ihre Heimatadresse in der sowjetischen Zone verschwiegen und stattdessen eine Tarnadresse in
der US-Zone angegeben hatten, wo sie angeblich bei Angehörigen vorübergehend
unterkommen konnten. Die Männer wurden daraufhin nach Offenburg zurückgebracht. Dieser Vorfall schlug hohe Wellen und brachte den Caritas-Verband auf
den Plan. Während die Franzosen bereit waren, diese Männer zu entlassen, hätte
es die „Unbeweglichkeit der an der Entlassung beteiligten deutschen Dienststellen
fertig gebracht“, die Entlassung zu verhindern, schrieb ein sichtlich fassungsloser
Caritas-Vertreter. Für ihn war diese unflexible Haltung nicht nachvollziehbar. Mit etwas mehr „Beweglichkeit“ in der Handhabung der „maßgebenden Bestimmungen“
wäre es den Männern erspart geblieben, wie Kriminelle „in einem Zellenwagen der
Eisenbahn“ zurück ins Lager Offenburg geschafft zu werden . Der Caritas-Vertreter
mutmaßte, dass sie nun zu einem wesentlich späteren Zeitpunkt über das Lager
Saaralbe entlassen und in einem Sammeltransport in die russische Zone transportiert werden würden.324 Dass Kriegsgefangene bei der Entlassung falsche Adressen
in der britischen und amerikanischen Zone angaben, um nicht in die russische
Zone abgeschoben zu werden, war gängige Praxis und wurde auch aus Bretzenheim berichtet. Es wurde jedoch kein Zwang ausgeübt, in die russische Zone zu-
117
rückzukehren.325 Klagen ehemaliger Kriegsgefangener über
die Behandlung, die sie von
Seiten der eigenen Beamten
erfuhren, und vor allem über
die Rigidität bei der Durchsetzung der Vorschriften und Regelungen sind auch noch aus
dem Jahr 1949 überliefert.326
Die Zahl der heimatlosen Veteranen in den drei Westzonen
wurde im Sommer 1948 auf
zwei Millionen geschätzt.327 In
einem Zeitungsartikel von 1948
war über Heimkehrer im Entlassungslager Munster-Lager in
der britischen Besatzungszone
zu lesen: „In den Baracken von
Munster-Lager, vor den Tischen,
an denen sie ihre Entlassungspapiere entgegennehmen, stehen viele (…) und fragen: `Was soll nun mit uns geschehen?´ Das sind jene, die
kein Daheim mehr haben. Sie wohnten einmal in Ostpreußen, in Pommern oder
in Schlesien. Viele haben keine Angehörigen mehr (…) Nun stehen sie da und
fragen …“. Und weiter: „Sie sitzen in Munster-Lager auf ihren Koffern und wissen
nicht, wohin. Heimkehrer ohne Heimkehr.“328 Von den alliierten Militärregierungen
wurden die Probleme mit den heimkehrenden Veteranen als Teil des deutschen
Verantwortungsbereiches gesehen. In den Städten und Kommunen konkurrierten
diese mit Tausenden von Flüchtlingen um Wohnraum. Wer nicht bereits vor seiner
Einberufung seinen Wohnsitz im französisch besetzten Gebiet Württembergs und
Hohenzollern hatte, konnte als entlassener Kriegsgefangener dort nicht bleiben.
Die französische Abschottungspolitik bedeutete, dass ohne ausdrückliche Genehmigung des Flüchtlingskommissars Kriegsgefangene weder aus anderen Zonen
noch aus den „abgetretenen Gebieten“ im französisch besetzten Württemberg und
Hohenzollern ein Bleiberecht hatten. Erst im Februar 1948 erleichterte die Militärregierung den Zuzug für Kriegsgefangene.329
118
Displaced Persons, Flüchtlinge und Heimatvertriebene
Die restriktive Flüchtlingspolitik der französischen Militärregierung ist inzwischen
gut untersucht.330 Ein Bevölkerungswachstum sollte unter allen Umständen vermieden, die Aufnahme sogenannter „Volksdeutscher“ verhindert werden. Bei den
Verhandlungen im Alliierten Kontrollrat im November 1945 über den „Plan der Umsiedlung der aus Österreich, der Tschechoslowakei, Ungarn und Polen ausgewiesenen Bevölkerung“ in alle vier Besatzungszonen war es der französischen Militärregierung gelungen, die Aufnahme von „Ausgewiesenen“ in die eigene Zone bis
April 1946 hinauszuzögern. In der französischen Besatzungszone bestimmte deshalb die Rückführung der Evakuierten und eine konsequente Abschottungspolitik
gegenüber „Ostflüchtlingen“ und insbesondere gegenüber „Volksdeutschen“ (aus
Jugoslawien, Rumänien, Bulgarien etc.) die Flüchtlingspolitik. Im August 1946 verhängte die Militärregierung eine totale Zuzugssperre für Deutsche aus den Oststaaten 331 Erst im April 1949 genehmigte General Koenig den Zuzug von Flüchtlingen,
die Familienangehörige in der französischen Besatzungszone hatten oder einen Arbeitsvertrag vorweisen konnten. Bis zu diesem Zeitpunkt war es der französischen
Militärregierung gelungen, eine interalliierte Regelung des Flüchtlingsausgleichs
zu verhindern bzw. zu verzögern.332 Erst jetzt musste auch Württemberg-Hohenzollern Umsiedler im Rahmen des Flüchtlingsausgleichs mit Schleswig-Holstein,
Niedersachsen und Bayern aufnehmen. Bis Ende 1950 sollten 49 000 Umsiedler
aufgenommen werden, davon kamen rund 32 000 bereits im Laufe des Jahres
1949. 333 Um eine möglichst effektive Verteilung zu erreichen, sollten die Vertriebenen gleich in die Kreislager eingewiesen werden, wobei der Kreis Tuttlingen über
ein eigenes Durchgangslager verfügte.334 Dieses befand sich offensichtlich bis in
den Sommer 1950 hinein im evangelischen Vereinsheim in Tuttlingen. Erst für die
Zeit danach wurde aus Kostengründen eine Zusammenlegung mit dem sogenannten “Heimkehrerlager“ erwogen.335 Dieses Lager für „heimatlose Heimkehrer“, das
unter dieser Bezeichnung seit Juli 1949 existierte, hatte hauptsächlich mit der
„Durchschleusung der Russlandheimkehrer-Transporte“, die – wie oben gesehen
– verstärkt 1949 nach Deutschland kamen, zu tun. Der (deutsche) Lagerleiter trug
außerdem die Verantwortung für die mit zwei Mitarbeitern besetzte „Verbindungsstelle des Staatskommissars für Umsiedlung“.336 Ob sich dieses „Heimkehrerlager“
unter der Ägide der von Theodor Eschenburg 1946 eingerichteten Verbindungsstelle des Landeskommissars für das Flüchtlingswesen entwickelt hat, wissen wir nicht
sicher. Für diese Annahme spricht, dass Eschenburg und seine Amtsnachfolger für
die Betreuung der nach ihrem Herkunftsgebiet als Flüchtlinge oder Ausgewiesene
geltenden Kriegsgefangenen zuständig waren, das Lager explizit als ein Lager für
119
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„heimatlose Heimkehrer“ bezeichnet wurde, und der Leiter des Lagers die Verantwortung für beides – Lager und Verbindungsstelle – inne hatte.337 Das unter
französischer Verwaltung stehende Kriegsgefangenenlager existierte unter der Bezeichnung „Dépôt de Transit No 2“ bis Ende März 1949. Zu diesem Zeitpunkt war
die Repatriierung der Kriegsgefangenen aus den drei Westzonen offiziell bereits
seit drei Monaten abgeschlossen. Spätestens mit dem 31. Dezember 1948 endeten aus diesem Grund auch alle Abordnungen der französischen Offiziere an
den Standort „Dépôt de transit“ Tuttlingen.338 Nach einer kurzen Übergangszeit
wurde es als „Bureau de contrôle et de démobilisation“ ab dem 1. April 1949 in verkleinerter Form unter dem bisherigen Lagerkommandanten Georges Loevenbruck
weitergeführt. Auch von René Kretz wissen wir, dass er als „adjoint technique“ bis
zum 30. April 1949 in Tuttlingen seinen Dienst versah.339 Die Lagerfläche für das
„Bureau de Contrôle“ wurde auf knapp 3 Hektar verkleinert, und es wurden lediglich noch neun Baracken und eine „villa réquistionnée“ (beschlagnahmte Villa)
benötigt. Das restliche Gelände wurde der International Refugee Organization (IRO)
und der französischen „Direction dee Personnes Déplacées et Réfugiés“ (PDR)
als „camp de transit et camp de regroupement“ (Durchgangs- und Sammellager)
von DPs zur Verfügung gestellt, die bisher „logant en privé“.340 Dass vor allem Displaced Persons aus Polen in Privatunterkünften untergebracht waren, wurde von
Tuttlingen bereits im Februar 1946 berichtet.341 Am 1. April 1950 wurde mit dem
„Service des Réfugiés du Cercle“ eine weitere für Flüchtlinge zuständige Stelle auf
dem Gelände des ehemaligen Dépôts de transit Nr. 2 ansässig.342 Knapp ein Jahr
später übernahm zum 1. März 1951 der Staatskommissar für die Umsiedlung343
die Verantwortung für dieses aus 35 Baracken auf einer Fläche von mehr als 8
Hektar bestehende DP-Camp. Damit war ab 1951 die Fürsorgepflicht für diese
(nicht deutschen) Flüchtlinge an das Land Württemberg-Hohenzollern übergegangen.344 Ungeachtet dieser Veränderungen blieb das Gesamtgelände weiterhin von
der französischen Militärregierung beschlagnahmt.345 Erst im Mai 1952 wurde das
„Bureau de Contrôle et de démobilisation“ endgültig aufgegeben, zeitgleich mit
der Übergabe des gesamten Lagers an die deutschen Behörden.346 Das (1950 zusammengelegte) Heimkehrer- und Umsiedlerlager wurde daraufhin in den von den
Franzosen geräumten Teil des einstigen Entlassungslagers („Bureau de Contrôle et
de Démobilisation“) verlegt, die Mietverhältnisse für die Baracken des alten Lagers
bei der Firma Barackenlager GmbH vonseiten des Landratsamtes gekündigt.347 Ab
Mai 1952 existierten auf dem ehemaligen Gelände des „Dépôt de Transit No 2“ zwei
verschiedene Lager. Zum einen gab es das Heimkehrer- und Umsiedlerlager bzw.
Kreisdurchgangslager, wobei ab 1953 der Schwerpunkt auf der Unterbringung von
deutschen Flüchtlingen, insbesondere „Sowjetzonenflüchtlingen“, lag. Anfang Feb-
ruar 1953 war dieses Lager mit 269 Personen belegt.348 Zum anderen befand sich
dort nach wie vor das ehemalige PDR-Lager für (nicht deutsche) Displaced Persons,
welches in den Unterlagen unter den Bezeichnungen „Ausländerlager“ oder „Lager
für heimatlose Ausländer“ auftaucht. Hier waren Anfang Dezember 1952 137 Personen untergebracht.349 Vom einstigen französischen „Dépôt de Transit No 2“ wurden nach und nach alle Spuren getilgt. Zuletzt verschwand auch die Lagerkirche.350
Von dem einst als „établissement modèle“351 gepriesenen und neben Bretzenheim
und Malschbach dritten Transit- und Entlassungslager in der französischen Besatzungszone ist nichts geblieben. Heute erinnern nur ein von ehemaligen Kriegsgefangenen des Lagers in Auftrag gegebener Gedenkstein sowie eine Hinweistafel an
die Zeit der Kriegsgefangenschaft und das „Dépôt“.
Anmerkungen
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Zur Biographie von Karl Heinz Mehler: Ders. (Hg.), Zwischen Weltwirtschaftskrise und
totalem Krieg. Mannheimer Zeitzeugen erzählen aus ihrem privaten Leben (Mannheimer Zeitzeugen Band 1), Mannheim 2009; ders. (Hg.), Zwischen Trümmerschutt
und Wirtschaftswunder. Mannheimer Zeitzeugen erinnern sich an die Nachkriegszeit
(Mannheimer Zeitzeugen Band 2), Mannheim 2012 ; ders. (Hg.), Der Weg bis zum
bitteren Ende 1933 bis 1945. Mannheimer Zeitzeugen berichten, Mannheim 2013;
ders., Davongekommen. Jugendzeit eines Mannheimers 1929-1950 (Lebenswege im
Südwesten 1), Mannheim 1999, S. 202ff.
Aufzeichnungen Otto Beiswenger März/April 2008. Museen der Stadt Tuttlingen.
Hans Jonitz, In amerikanischer und französischer Kriegsgefangenschaft, in: Wolfgang
Benz/Angelika Schardt (Hg.), Kriegsgefangenschaft. Berichte über das Leben in Gefangenenlagern der Alliierten von Otto Engelbert, Hans Jonitz, Kurt Glaser und Heinz
Pust, München 1991, S. 85-130.
Zur historischen Kriegsgefangenschaftsforschung im Zweiten Weltkrieg: Günter Bischof/Stefan Karner/Barbara Stelzl-Marx (Hg.), Kriegsgefangene des Zweiten Weltkrieges. Gefangennahme, Lagerleben, Rückkehr. Wien /München 2005; Rüdiger
Overmans, Ein Silberstreif am Forschungshorizont? Veröffentlichungen zur Geschichte der Kriegsgefangenschaft. Bibliographischer Essay, in: ders. (Hg.), In der Hand des
Feindes. Kriegsgefangenschaft von der Antike bis zum Zweiten Weltkrieg, Köln u.a.
1999, S. 483-506. Siehe auch: Christoph Strauß, Kriegsgefangenschaft und Internierung. Die Lager in Heilbronn-Böckingen 1945 bis 1947, Heilbronn 1998; Benz/
Schardt (Hg.), Kriegsgefangenschaft. Vgl. die Übersicht über die 22 Bände umfassende Schriftenreihe im Abschlussband: Erich Maschke u.a., Die deutschen Kriegsgefangenen des Zweiten Weltkrieges. Eine Zusammenfassung, München 1974. Zu
Kriegsgefangenen in französischem Gewahrsam: Kurt W. Böhme, Die deutschen
Kriegsgefangenen in französischer Hand. Mit einem Beitrag von Horst Wagenblaß,
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München 1971 (= Erich Maschke (Hg.), Zur Geschichte der deutschen Kriegsgefangenen des Zweiten Weltkrieges, Band XIII) sowie Kurt W. Böhme/Helmut Wolff (Bearb.), Aufzeichnungen über die Kriegsgefangenschaft im Westen, München 1973 (=
Erich Maschke (Hg.), Zur Geschichte der deutschen Kriegsgefangenen des Zweiten
Weltkrieges, 2. Beiheft); Arthur S. Smith, Heimkehr aus dem Zweiten Weltkrieg. Die
Entlassung der deutschen Kriegsgefangenen, Stuttgart 1985 (Schriftenreihe der
Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 51); ders., Die „vermisste Million“. Zum Schicksal
deutscher Kriegsgefangener nach dem Zweiten Weltkrieg, München 1992; Rüdiger
Overmans, Soldaten hinter Stacheldraht. Deutsche Kriegsgefangene des Zweiten
Weltkriegs, München 2002; Volker Koop, Besetzt. Französische Besatzungspolitik in
Deutschland, Berlin 2005, S. 144-177; Peter Steinbach, Die sozialgeschichtliche Dimension der Kriegsheimkehr, in: Annette Kaminsky (Hg.), Heimkehr 1948. Geschichte und Schicksale deutscher Kriegsgefangener, München 1998, S. 325-340; Fabien
Théofilakis, Die deutschen Kriegsgefangenen in französischer Hand (1944-1949):
Gefangenschaft in Frankreich, Repatriierung nach Deutschland, Diss. Paris 2010,
deutschsprachige Zusammenfassung online unter: http://www.historikerkomitee.de/
wordpress/wp-content/uploads/F.Theofilakis_dt.Zusammenfassung-der-Dissertation.pdf (Zugriff 1.9.2013); ders., „Vergesst die deutschen Kriegsgefangenen nicht!“
Die deutsche Gesellschaft, die französische Besatzungsherrschaft und die christlichen Kirchen (1945-1948), in: http://www.perspectivia.net/content/publikationen/
francia/francia-retro/35-2008/0453-0484 (Zugriff 1.9.2013), ders., Les prisonniers
de guerre allemands en mains françaises dans les mémoires nationales en France
et en Allemagne après 1945, in: Cahiers d´histoire. Revue d´historique critique 100
(2007) S. 67-84; online unter http://chrhc.revues.org/691 (Zugriff 1.9.2013).
Teilaspekte beleuchten Theofilakis, Vergesst, und Andrea Kühne, Entstehung, Aufbau und Funktion der Flüchtlingsverwaltung in Württemberg-Hohenzollern 19451952. Flüchtlingspolitik im Spannungsfeld deutscher und französischer Interessen,
Sigmaringen 1999, besonders S. 111-117. Dieser Befund gilt auch für das Lager in
Bretzenheim, welches gewissermaßen das Pendant zu Tuttlingen in der nördlichen
französischen Besatzungszone darstellte. Vgl. Wolfgang Spietz, Was war 1945 in Bretzenheim an der Nahe bei Bad Kreuznach?, in: Landeszentrale für politische Bildung
Rheinland-Pfalz (Hg.), Kriegsgefangenenlager 1939-1950. Kriegsgefangenschaft als
Thema der Gedenkarbeit, Mainz/Osthofen 2012, S. 100-103. Bretzenheim gehörte zu den „Rheinwiesenlagern“, welche die US-Armee vor allem entlang des Rheins
errichteten. Ab 10. Juli 1945 wurden diese Lager von den Franzosen übernommen.
Dazu auch Rüdiger Overmans, Deutsche Kriegsgefangene in den Rheinwiesenlagern.
Alltagsrealität und Erinnerung, in: Kriegsgefangenenlager, S. 54-75.
Overmans, Kriegsgefangene in den Rheinwiesenlagern, S. 74.
Insgesamt waren 11 Mio. Männer in Kriegsgefangenschaft geraten, rund 8 Mio. auf
Seiten der Westmächte und knapp 3,5 Mio. bei den Sowjets. Vgl. Erich Maschke, Die
deutschen Kriegsgefangenen des Zweiten Weltkrieges - eine Zusammenfassung, München 1974, S. 207. Innerhalb eines Jahres waren zwar fünf Millionen Kriegsgefangene
entlassen worden, aber es gab zahlreiche Tote zu beklagen und eine ungeklärte Anzahl
von Vermissten. Wolfgang Benz, Einleitung, in: ders., Kriegsgefangenschaft, S. 1.
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Böhme, Zur Geschichte der deutschen Kriegsgefangenen des Zweiten Weltkriegs,
Band XIII (die deutschen Kriegsgefangenen in französischer Hand), München 1971,
S. 26.
Dazu Rüdiger Overmans, Deutsche Kriegsgefangene in den Rheinwiesenlagern; Zeugenaussagen über die Lebensbedingungen in den „Rheinwiesenlagern“ in: Deutsches Rotes Kreuz, Suchdienst: Zur Geschichte der Kriegsgefangenen im Westen,
Bonn 1982, S. 104-133.
Vgl. die Monographie von James Bacque, Der geplante Tod. Deutsche Kriegsgefangene in amerikanischen und französischen Lagern 1945-1946, 10. Auflage Berlin 2004;
zu den „Rheinwiesenlagern“: Kurt Kleemann, Die Kriegsgefangenenlager in Remagen
und Sinzig 1945 aus der Sicht kommunaler Aktenbestände, in: Jahrbuch für westdeutsche Landesgeschichte 20 (1994), S. 451-483, Gertrude Maria Schuster, Die
Kriegsgefangenenlager Galgenberg und Bretzenheim. Kriegsgefangene berichten,
Bad Kreuznach 1985. Wie katastrophal die Bedingungen waren, verdeutlicht auch
ein Bericht des „Ex-Chef du Service PG pour la Zone Nord d´Occupation Française“,
Rousseau, vom 21.2.1948. Die von den Amerikanern eingesetzte deutsche Lagerverwaltung („chef de camp, chefs de cage, police, administration, intendance“) habe
dazu geführt „de favoriser odieusement ses ressortissants au détriment des P.G. nonallemand“ (Bevorzugung der eigenen Landsleute zum Nachteil der nicht deutschen
Kriegsgefangenen) . Diese nicht-deutschen Wehrmachtsangehörigen aus insbesondere Ungarn, Jugoslawien und Tschechien seien bei der Lebensmittelzuteilung systematisch benachteiligt worden und hätten sich- besonders in den Lagern Dietersheim und
Hechtsheim - in einem „état de misère physique effrayante“ (miserablen physischen
Zustand) befunden. Einen hohen Prozentsatz an nicht-deutschen Kriegsgefangenen
hatte man außer in den beiden oben genannten Lagern auch in Bretzenheim festgestellt. Von den unter amerikanischer Verantwortung vor dem 10. Juli 1945 verstorbenen und mehrheitlich auf den Friedhöfen Bodendorf (bei Sinzig) und Galgenberg
(bei Bad Kreuznach) beerdigten Kriegsgefangenen lag der Anteil der Nicht-Deutschen
bei 30 bis 40 Prozent. Commandement Superieur des troupes d´occupation, Annexe
de la D.G.P.G. Allemagne-Autriche, Dépôt principal Nr. 2301, dépôt de transit Nr.1,
Rousseau, 21.1.1948: Fiche de renseignements complémentaires a/s. de la reprise,
le 10 juillet 1945, de 8 camps de P.G. antérieurement en mains américaines, situés
dans la zone française Nord d´occupation. Privat Jean-Jacques Kretz. Online unter
http://bastas.pagesperso-orange.fr/pga/camps-allemands/rapport-rousseau
(Zugriff: 24.6.2013). Die Gesamtzahl der Todesfälle in den acht Rheinwiesenlagern unter
amerikanischer Verantwortung gab General Buisson, der Chef der französischen „Direction Générale des Prisonniers de Guerre“, mit 2 604 an. Vgl. Böhme, Geschichte,
S. 29. Vgl. auch Overmans, Schicksal, S. 427, der die Frage aufwirft, inwieweit die
Aufdeckung der Versäumnisse der Amerikaner auch der eigenen Exkulpierung diente.
Seit 1945 ist das Schicksal von etwa einer Million deutscher Soldaten ungeklärt. Der
Annahme, der größte Teil dieser Wehrmachtsangehörigen sei an der Ostfront gefallen oder in sowjetischen Lagern zugrunde gegangen, hat der kanadische Journalist
James Bacque die Behauptung entgegengesetzt, die „vermisste Million“ sei im Westen umgekommen, und zwar in der Gefangenschaft als Ergebnis zielbewusster Politik
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und Vernachlässigung vor allem seitens der Amerikaner. Bacque, Der geplante Tod.
Dagegen: Overmans, Deutsche Kriegsgefangene, S. 66-70; sowie Arthur L. Smith, Die
„vermisste Million“. Zum Schicksal deutscher Kriegsgefangener nach dem Zweiten
Weltkrieg, München 1992.
Overmans, Schicksal, S. 417.
Overmans, Deutsche Kriegsgefangene Rheinwiesenlagern, S. 67.
Overmans, Soldaten hinter Stacheldraht, S. 248f.
Dies beinhaltete auch gefährliche Arbeiten wie das Räumen von Minen (nach Genfer
Konvention für Kriegsgefangene verboten). Siehe Smith, Heimkehr, S. 24-26; Overmans, Schicksal, S. 416ff. Der Status eines DEF/SEP wurde auf alle Soldaten einschließlich der Angehörigen der Waffen-SS angewandt. Als Kriegsgefangene galten
nur noch die Männer, die sich außerhalb Europas in Gefangenschaft (z.B. USA) befanden.
Smith, Heimkehr, S. 24f.
Ebd., S. 25.
Wolfgang Benz, Kriegsgefangenschaft in NS-Lagern – Kriegsgefangenschaft in alliierten Gefangenenlagern, in: Landeszentrale für politische Bildung Rheinland-Pfalz
(Hg.), Kriegsgefangenenlager 1939-1950, Mainz/Osthofen 2012, S. 12-21, S. 14.
Siehe die Beispiele in: Aufzeichnungen über die Kriegsgefangenschaft im Westen, bearbeitet von Kurt W. Böhme und Helmut Wolff (Zur Geschichte der deutschen Kriegsgefangenen des Zweiten Weltkrieges, 2. Beiheft), Bielefeld 1973.
Overmans, Soldaten hinter Stacheldraht, S. 225.
Dass die USA kein Interesse an Millionen von Kriegsgefangenen in Deutschland hatte,
lag auf der Hand. Sie hatten durch den Krieg keine wesentlichen Zerstörungen erfahren und auch keine dramatischen Verluste an Menschen. Die Interessenlage etwa der
Sowjetunion oder eben Frankreichs sah hingegen anders aus. Die Überstellung von
Gefangenen aus amerikanischem Gewahrsam an Frankreich war insofern für beide
Seiten eine willkommene Lösung. Vgl. Overmans, Schicksal, S. 430.
Overmans, Schicksal, S. 433.
Böhme, Geschichte, S. 17.
Das erste Kontingent, 50 000 Mann stark, kam aus britischem und amerikanischem
Gewahrsam und war das einzige „gemischte Kontingent“, dessen Übergabe sich bis
Mai 1945 hinzog. Das zweite Kontingent, ebenfalls 50 000 Mann, wurde in den Monaten Juni und Juli überstellt. Insgesamt hat Frankreich von den Alliierten in sechs
Übergaben rund 635 000 arbeitsfähige Kriegsgefangene erhalten. Böhme, Kriegsgefangene, S. 16, 20.
Böhme, Geschichte, S. 27. Zu den Kriegsgefangenen-Überstellungen von den USA
an Frankreich, Großbritannien, Holland, Belgien und Luxemburg: Kurt W. Böhme, Die
deutschen Kriegsgefangenen in amerikanischer Hand - Europa, München 1973, S.
68ff.
Böhme, Geschichte, S. 20.
Internationales Komitee vom Roten Kreuz.
Böhme, Geschichte, S. 18f.; Overmanns, Soldaten hinter Stacheldraht, S. 254.
Nach Angaben des für die Kriegsgefangenen zuständigen Generals Buisson verstar-
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ben allein 1945 15 767 Männer als Kriegsgefangene in französischem Gewahrsam.
Diese Zahl umfasste freilich nicht nur Deutsche, sondern auch Männer anderer Nationalitäten. Bis Ende 1948 waren es Buisson zufolge von rund 24 000 Todesfällen fast
22 000 Deutsche, die in französischer Kriegsgefangenschaft verstarben. Böhme, Geschichte, S. 88. Theofilakis, Die deutschen Kriegsgefangenen in französischer Hand
(deutschsprachige Zusammenfassung), S. 23.
1ere Armée Française-Etat Major-2. Bureau Service P.G.de la Zone Avant, Cage
d´Armée Nr. 2 – mai 1945. Privatbesitz Jean-Jacques Kretz.
Entgegen der angloamerikanischen Vorstellungen war es Frankreich durch eine eigene Offensive gelungen, Teile von Südwestdeutschland zu erobern und mit der Besetzung von Karlsruhe und Stuttgart wichtige Faustpfänder für die Verhandlungen über
ihre Bestatzungszone in der Hand zu haben. G.R. Ueberschär, Kriegsende in Südwestund Süddeutschland, in: ders./Rolf- Dieter Müller (Hg.), Deutschland am Abgrund, S.
141-151. Vgl. auch Michaela Häffner, Nachkriegszeit in Südwürttemberg. Die Stadt
Friedrichshafen und der Kreis Tettnang in den vierziger und fünfziger Jahren, München 1999. Die 1. Französische Armee bestand u.a. aus der 3. algerischen und der
2. marokkanischen Infanteriedivision, der 5. Panzerdivision und mehreren Reservedivisionen. Zur militärischen Ausgangslage im Südwesten: http://www.kreis-calw.de/
servlet/PB/show/1179174/GSw_Band_23_2005.pdf (Zugriff: 1.8.2013)
Böhme, Geschichte, S. 29.
Nachdem im Juli 1945 die französische Besatzungszone durch ein trilaterales Abkommen gebildet worden war, richtete Paris im Dezember 1945 unter General Pierre Koenig eine „Direction Générale de Prisonniers de Guerre“ ein, die dem „2ième Bureau“
des Commandement Supérieur des Troupes d´Occupation (C.S.T.O.) angeschlossen
war. Sie erhielt ihre Weisungen als „Annexe“ (Anhang) von der DGPG aus Paris. Vgl.
zum Aufbau der Kriegsgefangenenverwaltung: Böhme, Geschichte, S. 11-30. Nach
der Demobilisierung der 1. Französischen Armee unterstand die „Cage d´armée
Nr. 2“ bis Ende 1945 dem „Commandement Supérieur des Troupes d´Occupation“
(Oberkommando der Besatzungstruppen), bevor es ab 1. Januar 1946 der „Direction
Générale des Prisonniers de Guerre – Annexe Allemagne-Autriche“ unterstellt wurde
und seitdem unter der Bezeichnung „Dépôt de transit Nr. 2“ geführt wurde. „Missions
du dépôt de transit No. 2“ sowie „Historique“ des DT 2 von René Kretz. Privatbesitz
Jean-Jacques Kretz. Von dieser Chronik, die laut Jean Jacques Kretz sein Vater René
Kretz „de sa propre initiative“ anfertigte, existieren nur zwei Exemplare. Eine Ausgabe
übergab Kretz persönlich General Buisson, dem Directeur Générale der DGPG; ein Exemplar befindet sich im Besitz von Jean Jacques Kretz. Auskunft Kretz an die Autorin
vom 17.9.2013.
Böhme, Geschichte, S. 20ff.
Untergebracht waren diese u.a. im Kino und in verschiedenen Gebäuden des NSRegimes, die meisten auf dem Gelände der Chiron-Werke und im Camp Ludwigsthal.
Bericht 1ere Armée Française-Etat-Major- 2. Bureau Service P.G. de la Zone Avant,
betr. Cage d´Armée Nr. 2 - Mai 1945, ohne Datum und Verfasser. Privatbesitz JeanJacques Kretz; „Historique“ des DT 2. Privatbesitz Jean-Jacques Kretz. Ob die Franzosen die Bezeichnung „cage“ von den Amerikanern übernommen hatten, die ihrerseits
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die verschiedenen Bereiche in einem Lager in sogenannte „cages“ aufgeteilt hatten,
ist nicht bekannt.
Übersetzung: Sie konnten die Rückkehr nach Frankreich kaum erwarten.
Nach dem Bericht der 1ere Armée waren zur Bewachung je eine Abteilung („section“)
des algerischen Regiments 201 und 202 (R.P.N.A.) eingesetzt. Bericht 1ere Armée.
Privat Kretz. Übersetzung: Die Anzahl der Soldaten wurde als nicht ausreichend angesehen, um die Wachablösung und die quer über ganze Stadt zu leistende Bewachung
sicher zu stellen.
Capitaine Rousseau amtierte bis Mai/Juni 1945 als Lagerkommandant in Tuttlingen.
Siehe Encadrement du DT No.2. Privatbesitz Kretz. http://bastas.pagesperso-orange.fr/pga/camps-allemands/tuttlingen/tuttlingen.htm#deb (Zugriff: 12.8.2013). Ob
Rousseau doch länger amtierte oder zwischen ihm und René Kretz noch ein weiterer
Lagerkommandant seinen Dienst versah, muss offen bleiben. In den Personalakten
von René Kretz ist dessen Dienstbeginn als Lagerkommandant im DT 2 erst auf den
1. April 1946 datiert. Service Historique de l´Armée de Terre Vincennes (SHAT), GR
8 Ye 128251. Anschließend war Rousseau „Chef du Service PG pour la Zone Nord
d´Occupation Française“. Im Januar 1948 firmierte er als Chef de bataillon de réserve. Siehe Fiche de renseignements complémentaires s/s de la reprise le 1 juillet
1945, de 8 camps de P.G. antérieurement en mains américaines, situés dans la zone
française Nord d´occupation, 21.1.1948. Privatbesitz Kretz. http://bastas.pagesperso-orange.fr/pga/camps-allemands/rapport-rousseau.htm#deb (Zugriff: 10.5.2013).
Übersetzung: Das Zusammenführen der Gefangenen auf einem ausreichend großen
Gelände.
Zunächst weigerten sich die sowjetischen Zwangsarbeiter, das Lager zu verlassen. Sie
hatten sich mit den Gewehren ihrer „ex-gardiens“ (Ex-Bewacher) bewaffnet und waren
„contraints de rejoindre le camp de regroupement“ der Roten Armee (unwillig, das
Sammel- und Rückführungslager aufzusuchen). Schreiben 1ere Armée Française –
Etat Major – 2. Bureau. Ein sowjetisch-amerikanisches Rückführungsabkommen vom
11. Februar 1945 hatte festgelegt, dass alle DPs, die in den zu besetzenden Gebieten
vorgefunden wurden, in ihre Heimat zurückgeführt werden sollten. Auch mit Frankreich wurde ein solches Übereinkommen getroffen. Anfangs duldeten die Westalliierten die zwangsweise Rückführung der sowjetischen DPs mit allen Konsequenzen für
die Betroffenen, erkannten aber bald die Brisanz der Vereinbarungen und nahmen
davon Abstand. Die sowjetische Seite hingegen bestand auf dem Abkommen. Schließlich legte eine UN-Resolution vom Februar 1946 die Freiwilligkeit der Repatriierung
fest. Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Displaced_Person (Zugriff: 30.7.2013).
Laut „Historique“ von René Kretz konnten die über ganz Tuttlingen verteilten Gefangenen erst am 7. Mai ins Lager überführt werden. Historique. Privat Kretz.
Übersetzung: „Sortieren“ der Gefangenen, Kontrolle, Informationsbeschaffung sowie
die Erfassung der Einheiten.
Historique Kretz. Bei den von den Amerikanern überstellten Gefangenenkontingenten
achteten die Franzosen darauf, arbeitsfähige Männer zugeteilt zu bekommen. Der
Anteil an Unteroffizieren sollte 5 Prozent nicht übersteigen. Siehe Böhme, Geschichte,
S. 13.
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Siehe Böhme, Geschichte, S. 26.
Bericht 1ere Armée Française-Etat-Major. Privat Kretz.
Auskunft Otto Beiswengers an die Autorin vom 7.8.13.
Zur Bildung von „Feldwebeldiktaturen“: Overmans, Soldaten, S. 66-68.
Böhme, Geschichte, S. 146ff. Dagegen die Situation von nichtarbeitenden Offizieren
in einem Lager nahe La Mans: ebd., S. 169-172.
Das Soldbuch wurde von allen Alliierten als Identitätsnachweis und Beleg verlangt.
Smith, Heimkehr, S. 26.
Bericht 1ere Armée Française – Etat-Major. Privat Kretz. Hinter dem Kürzel „F.F.I.“
verbargen sich die „Forces Françaises de l´Intérieur“ und damit Kombattanten der
Résistance. Übersetzung: auf dem er neben dem Leichnam eines F.F.I. zu sehen war,
den er gerade getötet hatte.
Zu den Anfängen der Strafverfolgung zwischen Libération und Nürnberger Prozess:
Claudia Moisel, Frankreich und die deutschen Kriegsverbrecher. Politik und Strafverfolgung nach dem Zweiten Weltkrieg, Göttingen 2004, S.83ff.
Ebd., S. 85.
Bericht 1ere Armée Française-Etat-Major. Privat Kretz.
Berichte ehemaliger Kriegsgefangener. CD-ROM „Töne“. Museen der Stadt Tuttlingen.
Polen-Hans-Johannes Kurzidem.
Bericht 1ere Armée Française – Etat Major. Privat Kretz.
Fabien Theofilakis, Die deutschen Kriegsgefangenen in französischer Hand (Deutschsprachige Zusammenfassung), S. 21.
Overmans, Deutsche Kriegsgefangene in den Rheinwiesenlagern, S. 57. Auch Kurt
Böhme kommt zu dem Ergebnis, dass die Bewachung der Dépôts und der Arbeitskommandos mehrheitlich auf diese „auxiliaires étrangers“ übergegangen war. Böhme, Geschichte, S. 30.
Ehling war seit 1. Januar 1946 Adjutant-Chef und damit stellvertretender Lagerkommandant. Encadrement du DT. 2 (1945-1948). Privatbesitz Jean Jacques Kretz.
Berichte ehemaliger Kriegsgefangener auf CD-ROM „Töne“. Museen der Stadt Tuttlingen; Encadrement du DT. 2 (1945-1948). Privatbesitz Jean Jacques Kretz. Der „PolenHans“ lebte nach seiner Entlassung in Tuttlingen, wurde aber von den anderen in der
Stadt lebenden Ehemaligen gemieden. Auskunft von Otto Beiswenger an die Autorin
vom 7.8.2013.
1ere Armée Française. Dass deutsche Kriegsgefangene als Lagerpolizei eingesetzt
wurde, ist aus amerikanischen Lagern überliefert. Overmans, Soldaten, S. 235f.
Dieses Amt bekleidete René Kretz, der spätere Nachfolger Rousseaus als Lagerkommandant. Kretz war bei der 1. Französischen Armee dank seiner Sprachkenntnisse
bereits während des Vormarsches auf Deutschland der Abteilung „interrogatoire des
prisonniers“ (Vernehmungen der Gefangenen) zugeteilt worden. Als das Kriegsgefangenenlager in Tuttlingen eingerichtet wurde, erfolgte seine Ernennung zum „officier
interrogateur“. Auskunft von Jean Jacques Kretz vom 25.6.2013.
Bericht 1ere Armée Française -Etat Major. Privat Kretz.
Bernd Wegner, Anmerkungen zur Geschichte der Waffen-SS aus organisations- und
funktionsgeschichtlicher Sicht, in: Rolf-Dieter Müller/Hans-Erich Volkmann (Hg.), Die
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Wehrmacht. Mythos und Realität, München 1999, S. 405-419.
http://de.wikipedia.org/wiki/Legion_Freies_Indien (Zugriff: 6. Juli 2013)
Bericht 1ère Armée Française- Etat Major. Dieselben Zahlen finden sich in der „Historique“ von Kretz. Beides Privat Kretz.
Zur schrittweisen Umgestaltung der Waffen-SS in eine „Vielvölkerarmee“: Bernd Wegner, Anmerkungen. Zu den „Ausländern“ in der Wehrmacht: Rolf-Dieter Müller, An der
Seite der Wehrmacht: Hitlers ausländische Helfer beim „Kreuzzug gegen den Bolschewismus“ 1941-1945, Berlin 2007.
Commandement Superieur des troupes d´occupation, Annexe de la D.G.P.G. Allemagne-Autriche, Dépôt principal Nr. 2301, dépôt de transit Nr.1, Rousseau, 21.1.1948:
Fiche de renseignements complémentaires a/s. de la reprise, le 10 juillet 1945, de 8
camps de P.G. antérieurement en mains américaines, situés dans la zone française
Nord d´occupation. Zu den ersten Kriegsgefangenen, die „regulär“ von den Franzosen bereits 1945 entlassen wurden, gehörten vor allem diese nicht deutschen Wehrmachtsangehörigen. 1946 folgten ihnen die Italiener, dann die Österreicher. Nach
Angaben von General Buisson wurden 1945/46 insgesamt rund 122 500 Nicht-Deutsche repatriiert. Böhme, Geschichte, S. 127.
Bericht 1ere Armée Française – Etat Major. Privat Kretz.
Karl Heinz Mehler, Davongekommen. Jugendzeit eines Mannheimers 1929-1950 (Lebenswege im Südwesten 1), S. 202.
Bericht 1ere Armée Française – Etat Major. Privatbesitz Kretz. Bis zum 1. Oktober
1945 hatten in vier Kontingenten rund 380 000 Kriegsgefangene die Gewahrsamsmacht gewechselt und waren an Frankreich überstellt worden. Frankreich drängte
jedoch auf die Überstellung von weiteren 1,3 Mio. Mann. Das fünfte Kontigent betrug
jedoch „nur“ rund 275 000 Mann. Dazu waren Anfang Juli 1945 aus der nördlichen
französischen Besatzungszone rund 175 000 Mann und zwei Gefangenenkontingente aus Norwegen übergeben worden. Das sechste und letzte Kontingent mit rund 100
000 Gefangenen wurde von Februar bis Mai 1946 überstellt. Insgesamt habe Frankreich rund 740 000 Gefangene von den Amerikanern bekommen, so General Buisson in seinem Abschlussbericht von 1948. Da man die nicht arbeitsfähigen 130 000
Gefangenen repatriiert habe, seien es letztlich „nur“ 635 000 Mann gewesen. Zur
Gesamtzahl der Kriegsgefangenen in französischer Hand vgl. die Tabelle bei Böhme,
Geschichte, S. 21.
Theofilakis, Die deutschen Kriegsgefangenen in französischer Hand (deutschsprachige Zusammenfassung), S. 23.
In den Jahren 1943 bis 1946 hatte das IKRK die zeitweise mehr als 140 französischen Kriegsgefangenenlager in regelmäßigen Abständen besucht und dabei mehr
als 1700 Berichte angefertigt. Dabei hatte es auch für die französische Regierung
unangenehme Tatsachen über die Lebensbedingungen der deutschen Kriegsgefangenen zu Tage gefördert. Vgl. Böhme, Geschichte, S. 18.
Ebd.
Zu den Lebensbedingungen der Kriegsgefangenen in den Rheinwiesenlagern unter
amerikanischer Führung: Overmans, Kriegsgefangene in den Rheinwiesenlagern, S.
59-65. Arthur Smith urteilte unmissverständlich über die Behandlung von deutschen
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Kriegsgefangenen in diesen amerikanischen Lagern: „Das Handeln jener Amerikaner,
die in den Rheinlagern für den Hunger und die schlechte Behandlung der Gefangenen
verantwortlich waren, ist keineswegs mit dem Argument zu erklären, das sei eine Folge des Krieges gewesen … Es war ein Kriegsverbrechen und sollte als solches in den
Annalen festgehalten werden“. Smith, Die „vermisste Million“, S. 86.
Fabien Théofilakis, Les prisonniers de guerre allemands en mains françaises dans les
mémoires nationales en France et en Allemagne aprés 1945, in: Cahiers d´histoire.
Revue d´histoire critique 100 /2007, S. 3. http://chrhc.revue.org/691 (Zugriff:
24.6.2013)
Bericht von Karl Höhl aus Rastatt, 17.3.1946. ADCV 372.15 Fasz.2 (ID 1075).
Übersetzung: Gelände, bestehend aus einer weitläufigen Wiese und Feldern. Historique von Kretz. Privat Kretz.
Fiche de renseignements complémentaires s/s de la reprise le 1 juillet 1945, de 8
camps de P.G. antérieurement en mains américaines, situés dans la zone française
Nord d´occupation, erstellt vom Chef de Bataillon de Réserve Rousseau, ex-chef du
Service P.G. pour la zone Nord d´occupation française. http://bastas.pagespersoorange.fr/pga/camps-allemands/rapport-rousseau (Zugriff: 24.6.2013).
Viele Beispiele bei Böhme, Geschichte, S. 53-57.
Bericht von Dr. Kratschmer. CD-ROM „Töne“. Museen der Stadt Tuttlingen.
Karl Heinz Mehler, Davongekommen. Jugendzeit eines Mannheimers 1929-1950 (Lebenswege im Südwesten 1), Mannheim 1999, S. 204.
Bericht Kratschmer. CD-ROM „Töne“. Museen der Stadt Tuttlingen.
Berichte ehemaliger Kriegsgefangener. Ebd.
Übersetzung: Nachdem es die deutsche Seite für unzumutbar bezeichnet hatte, deutsche Kriegsgefangene in stinkendem Abfall und Ungeziefer unterzubringen, obwohl
man nichts dagegen gehabt hatte, an genau diesem Platz noch vor wenigen Wochen
französische und russische Gefangene in der Gesellschaft von Ratten hausen zu lassen, …
Übersetzung: Sieben Tage sind vergangen und Sie haben nichts unternommen!
Übersetzung: Deshalb lehnte er „jegliche Verantwortung, was den Ausbruch von Epidemien anging,“ ab.
Le Capitaine Rousseau, Commandant la Cage d´Armée Nr. 2, an den Bürgermeister
von Tuttlingen u.a., 14.5.1945. Stadtarchiv Tuttlingen, Bestand III A 1723. Übersetzung: … einem Lager, wo die ehemalige deutsche Armee Gefallen daran fand, Angehörige der Alliierten in einem unbeschreiblichen Schmutz und Gestank, die ihr Schande
machen, hausen zu lassen.
Diesem positiven Bild entgegengesetzt sind die Erinnerungen der ehemaligen
Zwangsarbeiter. Vgl. Gunda Woll/ Marliese Allgaier-Schutzbach/Arnulf Huegel, „Wir
hatten immer Hunger“. Dokumentation eines Besuchs von ehemaligen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern nach 50 Jahren in Tuttlingen. Hrsg. von Museen der
Stadt Tuttlingen. Tuttlingen, 1998.
Übersetzung: An Herrn Capitaine Rousseau Commandant la Cage d´Armée No 2 à
Tuttlingen, betr. Reinigung des Lagers Mühlau, 17.5.1945. Stadtarchiv Tuttlingen Bestand III A 1723.
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Historique von Kretz. Privat Kretz.
Aufzeichnungen von Otto Beiswenger. Museen der Stadt Tuttlingen.
Interview Kratschmer. CD-ROM. Die Rolle der Ärzte bei der Frage der Entlassung war
umstritten. Siehe Böhme, Geschichte, S. 80f.
Böhme, Geschichte, S. 81. Aufzeichnungen Beiswenger. Museen der Stadt Tuttlingen.
Haus 1 (= Haus „Martin“): Lagerkommandantur, 2 Sekretäre; Haus 2: Wohnhaus des
Kommandanten und seiner Familie; Haus 3: Büro des Stadtkommandanten (und späteren Lagerkommandanten) Loevenbruck; Haus 4: Verwaltungsstelle für Verpflegung
und Bekleidung sowie Apotheke; Haus 5: Wohnhaus für Adjutant-Chef Ehling und Gattin.
Missions du dépôt de transit No. 2. Privatbesitz Kretz. In einem Schreiben der Tuttlinger Stadtwerke vom 6. Mai 1945 war hingegen von einer geplanten Kapazität von
10 000 Mann die Rede. Stadtwerke Tuttlingen an Bürgermeister Heinkele, 6.5.1945.
Stadtarchiv Tuttlingen Bestand III A 1723.
Berichte ehemaliger Kriegsgefangener. CD-ROM „Töne“. Museen der Stadt Tuttlingen.
Siehe die Schilderungen bei Böhme, Geschichte, S. 72ff.; Overmans, Soldaten, S.
168.
Zur Ernährung: Böhme, Die deutschen Kriegsgefangenen, S. 61ff. Dass die „Beobachtungsdichte“ des IKRK bei keiner anderen Gewahrsamsmacht so hoch war wie bei
Frankreich, betont Overmans. Ders., Schicksal, S. 459.
Böhme, Geschichte, S. 61ff.
Historique. Privat Kretz.
Bericht Kratschmers, CD-ROM „Töne“. Museen der Stadt Tuttlingen.
Bericht 1ere Armée Française – Etat Major. Privat Kretz. Übersetzung: … benötigte
man am Tag 23 Suppenausgaben.
Mehler, Davongekommen, S. 205.
Nachdem im Juli 1945 die französische Besatzungszone durch ein trilaterales Abkommen gebildet worden war, richtete Paris im Dezember 1945 unter General Pierre Koenig eine „Direction Générale de Prisonniers de Guerre“ ein, die dem „2ième Bureau“
des C.S.T.O. angeschlossen war. Sie erhielt ihre Weisungen als „Annexe“ (Anhang)
von der DGPG aus Paris. Vgl. zum Aufbau der Kriegsgefangenenverwaltung: Böhme,
Geschichte, S. 11-30.
Dies berichten ehemalige Kriegsgefangene in Interviews. Vgl. CD-ROM „Töne“. Museen der Stadt Tuttlingen.
Lagerbericht Tuttlingen. Auszug aus einem Brief des Kriegsgefangenen G. Klinghardt
an seine Frau vom 18.10.1945. Archiv des Deutschen Caritasverbandes (ADCV)
372.15 Fasz 2 (ID 1075).
Bericht von Karl Höhl aus Rastatt, 17.3.1946. ADCV 372.15 Fasz.2 (ID 1075).
Aussage eines ehemaligen Kriegsgefangenen. CD-ROM „Töne“. Museen der Stadt
Tuttlingen.
Böhme, Geschichte, S. 70f.
Bericht Beiswengers. CD-ROM „Töne“. Museen der Stadt Tuttlingen.
Aufzeichnungen Beiswenger; Museen der Stadt Tuttlingen.
In den doch einigermaßen chronologischen Aufzeichnungen Otto Beiswengers berich-
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tete er von diesem Fluchtversuch in zeitlicher Nähe zum Umzug der Stammbelegschaft ins Lager 1. Da dies 1947 war, hat sich der erfolgreiche Fluchtversuch vermutlich im Frühjahr 1947 abgespielt.
Aufzeichnungen Beiswengers. Museen der Stadt Tuttlingen. Zu den hohen Zahlen der
Fluchtversuche vor allem 1946 und 1947: Böhme, Geschichte, S. 111.
Böhme, Geschichte, S. 111. Overmans, Soldaten, S. 263.
Berichte ehemaliger Kriegsgefangener. CD-ROM „Töne“. Museen der Stadt Tuttlingen.
Ebd.
Sous-Lieutenant René Kretz war ab Juni 1945 Nachfolger Rousseaus als Lagerkommandant. Gebürtiger Elsässer und ab 1942 in der Résistance „agent de renseignement“ (Nachrichtenagent) bei General Frère, wurde er in die 1. Französische Armee
inkorporiert und rückte mit dieser nach Deutschland vor. Aufgrund seiner Deutschkenntnisse wurde er zu den in Zusammenhang mit Kriegsverbrechen stehenden Befragungen der Kriegsgefangenen eingesetzt und gehörte zum 2ème Bureau der 1.
Armee. Er kam mit der „Cage d´Armée Nr. 2“ unter Rousseau nach Tuttlingen und
war zunächst weiterhin als „officier d´interogatoire“ u.a. zuständig „pour le trie des
prisonniers“. Nach seiner Ablösung als Lagerkommandant Ende März 1947 versah
Kretz im Lager Tuttlingen als „Adjoint Technique“ bis 30. April 1949 seinen Dienst. Die
beiden folgenden Lagerkommandanten bekleideten höhere militärische Ränge. Capitaine de Saint-Meloir amtierte bis Ende Juni 1948, anschließend übernahm Stadtkommandant und Chef de Bataillon Loevenbruck die Leitung des Dépôts. Dossiers
d´officiers von Georges Louis Loevenbruck und René Kretz. GR 8 Ye 128251 und GR
8 Ye 118953. Service Historique de l Armée de Terre Vincennes (SHAT); Auskunft von
Jean Jacques Kretz vom 25.6.2013.
Bericht Beiswenger. CD-ROM „Töne“. Museen der Stadt Tuttlingen.
Smith, Heimkehr, S. 148.
Böhme, Schicksal, S. 110ff. Nach dem Bericht der DGPG gab es bis zum 1. Juli 1948
über 170 000 Fluchtversuche. Siehe auch Smith, Heimkehr, S. 50.
Bericht Beiswenger. CD-ROM „Töne“. Museen der Stadt Tuttlingen; Aufzeichnungen
Beiswengers, Museen der Stadt Tuttlingen.
Ebd.
Hans Blickensdörfer, Die Baskenmütze. Roman, 11. Auflage München 1973, S. 336347 (Kapitel 24), S. 336, 344.
Ebd., S. 346
Böhme, Geschichte, S. 113.
Aufzeichnungen Beiswenger. Museen der Stadt Tuttlingen.
Berichte ehemaliger Kriegsgefangener. CD-ROM „Töne“. Museen der Stadt Tuttlingen.
Siehe auch die maschinengeschriebene, alphabetische und mit handschriftlichen Ergänzungen versehene Liste mit Namen und Geburtsdaten dieser Gefangenen, die
den Museen der Stadt Tuttlingen vom ehemaligen Kriegsgefangenen Otto Beiswenger
überlassen wurde.
Aufzeichnungen von Beiswenger. Museen der Stadt Tuttlingen.
Historique von Kretz. Privat Kretz. Übersetzung: …, welches das Senden von Programmen des Radios der französischen Besatzungszone erlaubte.
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130 „Le seul critère utilisé pour le raptriement des P.G.A. en mains françaises a été
jusqu´ici l´inaptitude au travail.“ Kurzbericht des „Comité pour l´Etude des Problèmes Relatifs aux Prisonniers de Guerre de l´Axe“, Herbst 1946. Abgedruckt bei
Böhme, Geschichte, S. 273-281, S. 276.
131 Aufzeichnungen Beiswenger. Museen der Stadt Tuttlingen.
132 Ebd. Interview der Autorin mit Beiswenger am 7.8.2013.
133 Overmans, Soldaten, S. 235f.
134 1ere Armée Française- Etat Major. Privatbesitz Kretz.
135 Erster Lagerführer war Werner Prietsch. Aufzeichnungen Beiswenger, Museen der
Stadt Tuttlingen. Der Lagerführer war Mittelsmann zwischen Lagerkommandanten
und Kriegsgefangenen. Er war verantwortlich für das tägliche Funktionieren des Lagerbetriebs. Vgl. Règlement du Camp“ bei Böhme, Geschichte, S. 118ff.
136 Zunächst war dies Emil Lais, ein Redakteur aus dem Raum Karlsruhe, dann Otto Hofferberth, ein Rechtsanwalt aus Berlin, und zuletzt Heinrich Abt. Aufzeichnungen Beiswengers, Museen der Stadt Tuttlingen. Der Vertrauensmann wurde von den Kriegsgefangenen selber bestimmt.
137 Verpflegungschef Erich Rieger etwa, der fließend Französisch sprach, wurde häufig
in ein Blumengeschäft geschickt, um Blumen für die Gattin des Kommandanten zu
besorgen. Auskunft von Stephan Rieger am 19.6.2013.
138 Aussagen auf CD-ROM Museen der Stadt Tuttlingen.
139 Bericht von Dr. Kratschmer. CD-ROM „Töne“. Museen der Stadt Tuttlingen.
140 Aufzeichnungen Beiswengers. Museen der Stadt Tuttlingen; Bericht Beiswengers, CDROM „Töne“. Museen der Stadt Tuttlingen.
141 Zum Umgang mit der „Lagerprominenz“ siehe die Aufzeichnungen von Johann Lampert über das Lager in St. Avold in Overmans, Soldaten, S. 222-269, S. 251f. sowie
Heimkehrer-Bericht von Fritz Andres aus Lahr, der im April 1947 in Tuttlingen entlassen wurde, vom 31.5.1947, in dem er schrieb: “Können Sie begreifen, daß es in den
Lagern sogenanntes ´Stammpersonal` gibt, das nur sich und in allen Lagern nur sich
kennt, und wenn daneben der nächste in Lumpen einhergeht?“. ADCV 372.15 Fasz. 2
(ID 1075).
142 Aufzeichnungen von Otto Beiswenger. Museen der Stadt Tuttlingen.
143 Ich danke Herrn Theofilakis für diese Auskunft vom 27.5.2013.
144 Vermutlich handelte es sich um den Nachfolger von René Kretz. Capitaine de SaintMeloir, der als Hauptmann einen höheren militärischen Rang hatte als Kretz, war von
25. März bis 28. Juni 1947 Kommandant des Tuttlinger Dépôts. Übersicht „Encadrement du DT. 2 (1945-1948). Privatbesitz Kretz.
145 Nach diesem Gespräch kam es offensichtlich zu spürbaren Verbesserungen insbesondere für Verheiratete und Familienväter bei den Ausgangszeiten am Wochenende.
Aufzeichnungen Beiswenger. Museen der Stadt Tuttlingen.
146 Böhme, Geschichte, S. 29f.
147 Historique von Kretz. Privat Kretz.
148 Ebd.
149 Bericht 1ere Armée Française – Etat Major. Privat Kretz. Dies erinnerte auch Karl
Heinz Mehler. Er sei von Tuttlingen auf LKWs verladen und via Kehl nach Straßburg
transportiert worden. Mehler, Davongekommen, S.205.
150 Bericht eines IKRK-Delegierten für die 5. Militärregion (Angers) im März 1946, abgedruckt in: Böhme, Geschichte, S. 51f.
151 Aufzeichnungen Beiswenger. Museen der Stadt Tuttlingen. Aussagen ehemaliger
Kriegsgefangener bestätigen dies. CD-ROM „Töne“. Museen der Stadt Tuttlingen.
152 Aufzeichnungen Beiswenger.
153 Vgl. Heimkehrerbericht von Heinz Fiedler, in: Overmans, Soldaten, S. 64f.
154 Böhme, Geschichte, S. 103-106.
155 Young Men´s Christian Association. CVJM
156 Aufzeichnungen Beiswenger. Museen der Stadt Tuttlingen.
157 Dem im Februar 1946 gegründeten „Comité de secours aux familles des P.G.“ gehörten der Lagerarzt, die Lagerpfarrer, der Lagerführer und die drei ältesten Kriegsgefangenen des Lagers an. Dieses Komitee entschied über die Verwendung der Einnahmen, die durch die Theater- und Konzertauftritte erzielt wurden. Historique von Kretz.
Privat Kretz.
158 Historique Kretz. Privat Kretz.
159 Aufzeichnungen Beiswenger. Museen der Stadt Tuttlingen.
160 Böhme, Geschichte, S. 97-103 und S. 264-272 (Kriegsgefangenen-Seminare).
161 Matt zog 1949 nach Neustadt (heute Titisee-Neustadt) und war dort als Kreisbaumeister im damaligen Landkreis Hochschwarzwald tätig. Auskunft der Stadtverwaltung Titisee-Neustadt vom 12.4.2013.
162 Von Vocke stammten das große Altarbild „Auferstehung“ (beim Abriss der Lagerkirche
1964 zerstört), ein Kreuzweg und ein Triptychon an der Kirchenrückwand. Vgl. Artikel
„Vor 50 Jahren: Lager Mühlau aufgelöst“, in: Gränzbote vom 28.3.2002. Kreisarchiv
Tuttlingen M4.
163 Berichte ehemaliger Kriegsgefangener. CD-ROM „Töne“. Museen der Stadt Tuttlingen.
164 Zweisprachige Broschüre „Die Lagerkirche des Kriegsgefangenen-Lagers Tuttlingen/
Wttbg.“, o.D. Stadtarchiv Tuttlingen.
165 Beide Theologen waren Kriegsgefangene. Eugen Schofer (1911 – 1979) war ab 1947
Pfarrverweser, ab 1948 regulärer Pfarrer in Immendingen (bei Tuttlingen). Anschließend versah er seinen Pfarrdienst in Pforzheim. Auskunft der Evangelischen Landeskirche Baden vom 18.6.2013. Der katholische Geistliche Wasmer war nach seiner
Entlassung als Pfarrer in Neuenburg/Rhein tätig. Auskunft von Ursula Braun, Nichte
von Pfarrer Wasmer, vom 15.5.2013.
166 Auskunft von Jean Jacques Kretz vom 25.6.2013 und Historique Kretz. Privat Kretz.
167 Begleittext in der Broschüre „Die Lagerkirche“.
168 Rüdiger Overmans, Heimkehr, les retours des prisonniers de guerre allemands, de
1945 à 1956, in: Jean-Claude Catherine (Hg.), La captivité des prisonniers de guerre
(1939-1945). Histoire, art et mémoire. Pour une approche européene, Presses
universitaires de Rennes 2008, S. 131-139, S. 132f. 62 000 Personen wurden unmittelbar nach der Übernahme der „Rheinwiesenlager“ (mit über 180 000 Menschen)
entlassen. Vgl. Böhme, Geschichte, S. 27.
169 Böhme, Geschichte, S. 30, 28 und 26.
170 Aufzeichnungen Beiswenger. Museen der Stadt Tuttlingen.
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171 Böhme, Geschichte, S. 17, 19 und 127. In dieser Zahl waren die nicht-deutschen
Kriegsgefangenen nicht enthalten. „Fremdvölkische“ Wehrmachtsangehörige wurden
noch 1945 entlassen. In der ersten Jahreshälfte 1946 folgten die Italiener, anschließend die Österreicher. Vgl. Overmans, Schicksal, S. 463.
172 Centre des Archives Diplomatique de la Courneuve 7 PDR 212; Statistik DT 2. Privat
Kretz.
173 Statistik vom DT 2. Privat Kretz.
174 Centre des Archives Diplomatique de la Courneuve, 7 PDR 212
175 Theofilakis, Vergesst, S. 463.
176 Übersetzung: Berufsgruppen „Bauern, Förster, Beamte der Reichsbahn und Reichspost, Bergarbeiter, Elektriker und Veterinäre“
177 Commandement en Chef français en Allemagne, Sécretariat général, Cabinet Militaire, séction des „Etudes générales“, note de service, objet: Mises en congé de captivité et liberation des prisonniers de Guerre de l´Axe, 8.3.1946. Centre des Archives
Diplomatique de la Courneuve 7 PDR 18.
178 Hilfskomitee, Kreisstelle Tuttlingen, gez. Dr. Messerschmid, an Landratsamt Tuttlingen, 10.1.1946. Stadtarchiv Tuttlingen Bestand III A 1725.
179 Der 1904 geborene Jean Lucien Estrade war Offizier und von 1946 bis 1949 Kreisbeauftragter der französischen Militärregierung im Kreis Tuttlingen. Er heiratete 1955
eine Tuttlingerin und arbeitete nach seiner Tätigkeit als Kreisbeauftragter als kaufmännischer Leiter einer Firma in Straßburg. 1951 wurde Estrade zum Offizier der
Ehrenlegion ernannt. Vgl. biographische Angaben in: Jean Lucien Estrade, Tuttlingen
April 1945 - September 1949. Die französische Militärregierung in Tuttlingen. Adminstratives, politisches, gesellschaftliches und wirtschaftliches Geschehen im Kreis
Tuttlingen in der Nachkriegszeit im Spiegel des Tätigkeitsberichts des französischen
„Gouverneurs“. Herausgegeben vom Geschichtsverein für den Landkreis Tuttlingen,
Tuttlingen 1990, S. 9.
180 Note des Batl. Chefs Estrade an Landrat, 27.5.1946. Stadtarchiv Tuttlingen Bestand
III A 1725.
181 Übersetzung: die Frankreich oder französischen Gefangenen bzw. Deportierten ihre
Dienste erwiesen hatten.
182 Commandement en Chef français en Allemagne, Sécretariat général, Cabinet Militaire, séction des „Etudes générales“, note de service, objet: Mises en congé de captivité et liberation des prisonniers de Guerre de l´Axe, 8.3.1946. Centre des Archives
Diplomatiques d La Cazeneuve 7 PDR 18.
183 Laffon an Délegués Supérieures pour le Gouvernement Militaire de Province,
13.3.1946. Centre des Archives Diplomatique de la Courneuve 7 PDR 29.
184 Theofilakis, Vergesst, S. 465.
185 Übersetzung: an jede der Délegations Supérieures
186 Die französische Besatzungsmacht hatte vier dieser Délegations Supérieures in ihrer Besatzungszone eingerichtet: Saar, Rheinland-Pfalz, Württemberg-Hohenzollern,
(Süd)Baden.
187 Übersetzung: Von diesen Männern, die momentan in Frankreich festgehalten würden,
… seien, die Lücken, die durch die Säuberung entstanden waren, zu füllen. Schreiben
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Laffon an les Monsieurs les Directeurs Généreaux, 7.10.1946. Centre des Archives
Diplomatique de la Courneuve 7 PDR 29. Zur Entnazifizierung in der französischen
Besatzungszone: Clemens Vollnhals (Hg.), Entnazifizierung. Politische Säuberung und
Rehabilitierung in den vier Besatzungszonen 1945-1949, München 1991, S. 34-42.
Übersetzung: … beizutragen, während ihre Heimkehr gleichzeitig der französischen
Wirtschaft dienlich war. General Buisson, Historique, zit. nach Theofilakis, Vergesst,
S. 467.
Theofilakis stellt den“ Congé de captivité“ in den Kontext einer zunehmend stärkeren Interdependenz von französischer Besatzungs- und Deutschlandpolitik. Ebd., S.
462ff.
Aufzeichnungen Beiswenger. Museen der Stadt Tuttlingen.
Jonitz, Kriegsgefangenschaft, S. 102.
Ulrich Borsdorf/Lutz Niethammer(Hg.), Zwischen Befreiung und Besatzung, Wuppertal 1979, S. 76. Diesen Fall schildert auch Overmans, Soldaten, S. 213.
Smith, Heimkehr, S. 92.
Auskunft von Stephan Rieger, Sohn Erich Riegers, an die Autorin am 10. Juli 2013.
Demande de libérer M. Alfred Fuss, né le 24 juillet 1913, Le Maire Fleck, 4.5.1946.
Stadtarchiv Tuttlingen Bestand III A 1725.
Aussagen ehemaliger Kriegsgefangener. CD-ROM „Töne“. Museen der Stadt Tuttlingen.
Anfang Mai 1945 waren etwa 150 000 deutsche Kriegsgefangene in britischem Gewahrsam am Strand von Rimini in Italien unter Führung des „deutschen Hauptquartiers Bellaria“ in „Zeltstädten“ mit 16 Einzellagern interniert worden. Vgl. Matthias
Weindel (Bearbeiter), Leben und Lernen hinter Stacheldraht. Die evangelischen Lagergemeinden und theologischen Schulen in England, Italien und Ägypten. Eine Dokumentation, Göttingen 2001, S. 239f.
Bericht von Heinz Baumgartner, ohne Datum. ADCV 372.15 Fasz. 1 (ID 1074).
Meinhard Glanz, „Da verließ ich den Verein und machte mich selbständig“. Meinhard
Glanz: Kampf in Afrika, Kapitulation in Kärnten, Flucht am Rhein, in: Overmans, Soldaten, S. 188-219, S. 212-215.
Bericht 1ere Armée Française- Etat Major. Privat Kretz. In der Statistik des DT 2 wurde
die Zahl mit 38 620 angegeben. Privat Kretz.
Statistik DT 2. Privat Kretz.
Zusammen mit 100 000 Kriegsgefangenen aus Norwegen, die - aus britischem Gewahrsam stammend, aber dem amerikanischen zugeschlagen - über das Lager Bretzenheim geschleust wurden, betrug das fünfte Übergabekontingent der USA an Frankreich 275 000 Mann. Insgesamt hatten die Franzosen 1945 rund 663 000 potentielle
Arbeitskräfte aus den Reihen der Kriegsgefangenen bekommen. Böhme, Geschichte,
S. 16ff.
Böhme, Geschichte, S. 20.
Statistik DT 2. Privat Kretz.
Berichte ehemaliger Kriegsgefangener. CD-ROM „Töne“. Museen der Stadt Tuttlingen.
Aufzeichnungen Beiswengers. Museen der Stadt Tuttlingen.
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Jonitz, In amerikanischer und französischer Kriegsgefangenschaft, S. 124.
Ebd., S. 125.
Ebd., S. 126.
Böhme, Geschichte, S. 133.
Claudia Moisel, Frankreich und die deutschen Kriegsverbrecher, S. 94.
Der von Briten und Amerikanern im Sommer 1947 überraschend beschlossene Auslieferungsstopp, der einen radikalen Kurswechsel in der zunächst mit Nachdruck verfolgten Strafverfolgung deutscher Kriegsverbrecher ankündigte, war für Frankreich
deshalb eine Hiobsbotschaft. Zwar richtete sich diese Maßnahme ursprünglich gegen die zahlreichen Auslieferungsgesuche aus Osteuropa. Dennoch war Frankreich
ab Herbst 1946 von dieser im Zeichen des sich anbahnenden Ost-West-Konflikts erfolgten anglo-amerikanischen Aufkündigung des Auslieferungsverkehrs unmittelbar
betroffen und hatte für die Durchsetzung der französischen Kriegsverbrecherpolitik
zentrale Bedeutung. Zu einem relativ frühen Zeitpunkt war damit eigentlich entschieden, wer sich überhaupt noch vor französischen Gerichten verantworten musste.
Frankreich setzte gegen diesen Trend ein klares Zeichen, indem es im September
1948 ein Gesetz verabschiedete, das erlaubte, mutmaßliche Kriegsverbrecher alleine
wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer „kriminellen Organisation“ zu belangen. Das als
Ergänzung zur bestehenden juristischen Grundlage der Strafverfolgung verabschiedete Gesetz legte fest, dass Angehörige der vom Nürnberger Gerichtshof als verbrecherisch eingestuften NS-Organisationen – SS, Waffen-SS und SA – als mitschuldig
an den durch ihre Einheiten begangenen Handlungen betrachtet werden konnten, es
sei denn, sie konnten ihre Unschuld nachweisen. So warteten im Sommer 1948 rund
300 Angehörige der Waffen-SS-Division „Das Reich“ im Freiburger Internierungslager
auf die Entscheidung der französischen Militärverwaltung. Im November 1948 stand
ihre Verlegung in französische Haftanstalten bevor. Ende 1949 waren 1500 Fälle von
den Gerichten überprüft, dabei war es zu 265 Verurteilungen gekommen. Im Januar
1950 befanden sich noch rund 1000 Deutsche wegen mutmaßlicher Kriegs- oder NSVerbrechen in französischer Haft. Zur Ahndung deutscher Kriegsverbrechen in Frankreich vgl. Moisel, Frankreich, besonders S. 8, 103-117 und S. 125.
Darunter fielen sowohl Verstöße gegen das geltende Kriegsvölkerrecht als auch spezifische NS-Verbrechen.
Moisel, Frankreich, S. 8.
Vgl. Böhme, Geschichte, S. 42; Overmans, Soldaten, S. 255f.
Für die Verteidigung seiner Kolonien insbesondere in Indochina wurden auch deutsche Kriegsgefangene - und hier vor allem SS-Leute - für die Fremdenlegion rekrutiert.
Edgar O´Ballance, The Story of he French Foreign Legion, London 1961, S. 233.
Eckard Michels, Mythen und Realitäten: Deutsche in der Fremdenlegion 1943-1955,
in: Militärgeschichtliche Mitteilungen 56 (1996), S. 431-481; ders., Deutsche in der
Fremdenlegion 1870-1965. Mythen und Realitäten, Paderborn u.a. 1999, S. 150ff.
So hatte etwa der „Spiegel“ 1948 unter dem Titel „SS unter der Trikolore – Kanonenfutter für Indochina“ berichtet, dass 60 bis 80 Prozent der in Indochina eingesetzten
Legionäre Deutsche waren. Sie waren u.a. in Kriegsgefangenenlager in Frankreich
oder der französischen Zone Deutschlands angeworben worden. http://www.spiegel.
de/spiegel/print/d-44415288.html (Zugriff: 29.7.2013).
218 Smith, Heimkehr, S. 50. Overmans, Heimkehr. Les retours des Prisonniers allemands,
S. 134.
219 Zu alliierter Strafverfolgung und den französischen Besonderheiten nach dem Zweiten Weltkrieg: Bernhard Brunner, Der Frankreich-Komplex. Die nationalsozialistischen
Verbrechen in Frankreich und die Justiz der Bundesrepublik Deutschland, Frankfurt
a.M. 2007, S. 84ff.
220 Aufgabenkatalog des DT 2, o.D. Für die Überlassung des Dokuments danke ich Jean
Paul Louvet.
221 Böhme, Geschichte, S. 29f.
222 Bericht 1ere Armée Française-Etat-Major. Privat Kretz.
223 Übersetzung: die Kontrolle aller Mitglieder der ehemaligen Wehrmacht, die sich in der
Südzone aufhielten. „Le travail du Depot de transit No. 2“. Privat Kretz.
224 Jean Lucien Estrade, „Tuttlingen April 1945 – September 1949. Die französische Militärregierung in Tuttlingen. Administratives, politisches, gesellschaftliches und wirtschaftliches Geschehen im Kreis Tuttlingen in der Nachkriegszeit im Spiegel des Tätigkeitsberichts des französischen „Gouverneurs“, Tuttlingen 1990, S. 36f.
225 Zur kontroversen Beurteilung der französischen Besatzungs- und Reparationspolitik: Edgar Wolfrum, Das Bild der „düsteren Franzosenzeit“. Alltagsnot, Meinungsklima und Demokratisierungspolitik in der französischen Besatzungszone nach 1945,
in: Stefan Martens (Hg.), Vom „Erbfeind“ zum „Erneuerer“. Aspekte und Motive der
französischen Deutschlandpolitik nach dem Zweiten Weltkrieg, Sigmaringen 1993,
S. 87-113; Stefan Martens, Zwischen Demokratisierung und Ausbeutung. Aspekt
und Motive der französischen Deutschlandpolitik nach dem Zweiten Weltkrieg. Forschungsgeschichte, in: ebd. , S. 9-17. Online unter: http://www.perspectivia.net/content/publikationen/bdf/martens_erbfeind/martens_demokratisierung/?searchterm
=martens (Zugriff: 12.8.2013).
226 Übersetzung: dass Frankreich ein unmittelbares Interesse am Beitrag seines alten
Feindes beim Wiederaufbau seiner Wirtschaft habe.
227 Documentations Françaises, Notes documentaires et études, Nr. 270 vom 26.3.1946,
zit. nach Theofilakis, Prisonniers, S. 3.
228 Zu den Kriegskonferenzen der Alliierten: Wilfried Lohmann, Die deutsche Frage und
der Wandel des internationalen Systems, in: Rolf-Dieter Müller (Hg.), Der Zusammenbruch des Deutschen Reiches 1945 (Zweiter Halbband: Die Folgen des Zweiten Weltkrieges), München 2008, S. 201-378, S. 245ff.
229 Während die USA kaum Kriegszerstörungen im eigenen Land im Zweiten Weltkrieg erfahren hatte und auch der Verlust an Menschen in einem erträglichen Rahmen geblieben war, hatte die UdSSR als stark zerstörtes Land einen massiven Menschen- und
damit Arbeitskräfteverlust hinnehmen müssen. Für sie war der Einsatz von Kriegsgefangenen als Zwangsarbeiter von vitalem Interesse und die wichtigste Form der Entschädigung. Dieser Position schloss sich Frankreich an. Der Einsatz von Deutschen
als Zwangsarbeiter sei eine gerechte Form der Reparation („juste reparation“). Zu den
gegensätzlichen Positionen in der Kriegsgefangenenfrage: Smith, Heimkehr, S. 89ff.;
Böhme, Geschichte, S. 127ff.; Overmans, Schicksal, S. 430f. Zur Auffassung Frank-
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reichs zur Frage der Wiedergutmachung: Böhme, Geschichte, S. 143ff. (Zitat S. 143);
Theofilakis, Prisonniers, S.3f.
Böhme, Geschichte, S. 17, 20.
Böhme, Geschichte, S. 127.
Note vom 12.3.1947. Centre des Archives Diplomatiques de La Courneuve 7 PDR
213.
Memorandum vom 11.3.1947. Centre des Archives Diplomatiques de La Courneuve 7
PDR 213. Abdruck des Textes des „Memorandum commun resultant des négociations
franco-américaines sur le rapatriement et la libération des priosnniers de guerre“ bei
Böhme, Geschichte, S. 282-284; siehe auch Overmans, Schicksal, S. 463.
Im März 1947 hielt Frankreich noch 630 000 Kriegsgefangene in seinem Gewahrsam.
Davon waren 450 000 von den USA überstellt worden, 180 000 hatte die Französische Armee selbst gefangen genommen. Note vom 12.3.1947. Centre des Archives
Diplomatiques de La Courneuve 7 PDR 213. Auf der Moskauer Außenministerkonferenz gab der französische Vertreter die Zahl der noch in französischem Gewahrsam
befindlichen Kriegsgefangenen mit 631 483 Mann an. Deutsches Rotes Kreuz, Suchdienst, Zur Geschichte der Kriegsgefangenen im Westen, Bonn 1962, S. 257.
Ausgenommen waren diejenigen Wehrmachtsangehörigen, gegen die wegen des
Verdachts auf Kriegsverbrechen ermittelt wurde, Angehörige der Waffen-SS und der
sogenannten „gesperrten Einheiten“; außerdem ehemalige Angehörige der NSDAP,
Kriegsgefangene, die eine gerichtliche Strafe verbüßten oder sich in Untersuchungshaft befanden sowie aktive Offiziere. Siehe Abdruck der „Richtlinien der französischen
Regierung für die deutschen Kriegsgefangenen“ vom 8. April 1947 bei Böhme, Geschichte, S. 285-288, S. 285f.
Böhme, Geschichte, S. 133ff. Zu den Zivilarbeiterverträgen auch: Deutsches Rotes
Kreuz, Suchdienst, Geschichte, S. 261-269.
Böhme, Geschichte, S. 15. Auch Großbritannien hatte seinen Kriegsgefangenen die
Möglichkeit angeboten, als Zivilarbeiter bis Ende 1948 in Großbritannien zu bleiben.
25 000 Mann nahmen diese Option wahr. Siehe Overmans, Schicksal, S. 454.
Deutsches Rotes Kreuz, Suchdienst, Geschichte, S. 268f.
Zur Umwandlung von Kriegsgefangenen in „Freie Zivilarbeiter“: Böhme, Geschichte, S.
133-140.
Auf der fast zeitgleich stattfindenden Moskauer Außenministerkonferenz vereinbarten
die vier alliierten Siegermächte, dass alle Kriegsgefangenen bis zum 31. Dezember
1948 zu entlassen waren. Aufgrund dieses Stichtages legte Frankreich einen modifizierten Repatriierungsplan mit Quoten und Terminen vor. Siehe Böhme, Geschichte,
Tabelle 20 (Allgemeiner Entlassungsplan), S. 131.
Aufzeichnungen Beiswenger. Museen der Stadt Tuttlingen.
Ebd.
Böhme, Geschichte, S. 140.
Vgl. Overmans, Schicksal, S. 463.
Witwer mit mindestens 2 Kindern (= Kategorie 7), Unteroffiziere „volontaires pour le
travail“ (8) und Kriegsgefangene älter als 40 Jahre (9). Fiche de Renseignements,
29.8.1947. Plan de libération des Prisonniers de Guerre détenus par la France. Centre
des Archives Diplomatiques de La Courneuve, 7 PDR 29.
246 Le Directeur de la DGPG Annexe, Bailloux, an Adminstrateur général adjoint pour le
Gouvernement Militaire de la Zone Française d´Occupation, 17.7.1947. La Cazeneuve, 7 PDG 213.
247 Diese Kategorien betrafen ältere Männer (über 45 Jahre), „Widerständler“, Unteroffiziere, die freiwillig Schwerarbeit leisteten, sowie Gefangene, die wichtige Spezialaufgaben hatten. Böhme, Geschichte, S. 131.
248 Directeur de la DGPG Annexe, Bailloux, 17.7.1947. Centre des Archives Diplomatiques
de La Courneuve 7 PDG 213.
249 Vgl. seine handschriftlichen Aufzeichnungen. Kreisarchiv Tuttlingen. Bericht Beiswengers auf CD-ROM „Töne“. Museen der Stadt Tuttlingen.
250 Fiche de Renseignements. Plan de libération des Prisonniers de Guerre détenus par
la France, 29.8.1947. Centre des Archives Diplomatiques de La Courneuve 7 PDR
29. Interalliierte Verhandlungen hatten das Abkommen anschließend dahingehend
ergänzt, dass bis zum 31. Dezember 1948 alle ehemaligen Angehörigen der Wehrmacht und angeschlossener Organisationen repatriiert werden sollten. Dies schloss
nun auch die Gruppe der Zivilarbeiter mit ein. Böhme, Geschichte, S. 131 (Tabelle 20).
251 Deutsches Rotes Kreuz, Geschichte, S. 259.
252 Böhme, Geschichte, S. 127.
253 Ebd., S. 137.
254 Wie wichtig es war, dass sie bei der Entlassung wie Kriegsgefangene behandelt wurden und ihnen der Entlassungsschein übergeben wurde, betont Smith, Heimkehr, S.
89.
255 Abschrift der „Bekanntmachung an die (in) Zivilarbeiter umgewandelten ehemaligen
deutschen Kriegsgefangenen“, im Auftrag des französischen Ministers für Arbeit und
Soziale Sicherheit, gez. Rosier, vom Frühjahr 1948, bei Böhme, Geschichte, S. 301306, S. 304f.
256 Vgl. Statistik der drei Dépôts de transit für das Jahr 1947. Centre des Archives Diplomatiques de La Courneuve, 7PDR 214.
257 Ausgestattet mit vollständigen Entlassungspapieren musste der Heimkehrer u.a. folgende Behördengänge unternehmen: polizeiliche Anmeldung; Meldebogen für die
Entnazifizierungsbehörde ausfüllen und einreichen; Meldeblatt für Personalausweis
ausfüllen und abgeben; Zuzugsgenehmigung beantragen; Anmelden beim Arbeitsamt. Overmans, Soldaten, S. 309.
258 Daneben existierte noch ein drittes (wesentlich kleineres) Entlassungslager in Malschbach bei Baden-Baden. Bei diesem lag die Zahl der durchgeschleusten Kriegsgefangenen 1947 und 1948 immer um 100, lediglich im Oktober 1948 wurden dort 209
Gefangene entlassen. Centre des Archives Diplomatiques de La Courneuve, 7 PDR
214.
259 Vgl. Telegramm von Direction Générale des PGA Paris an Commandant en Chef Français en Allemagne GMZFO Baden-Baden, 10.12.1947. Centre des Archives Diplomatiques de La Courneuve, 7 PDR 2.
260 Zum Durchgangslager in der Ulmer Kienlesbergkaserne für Flüchtlinge, Vertriebene
und entlassene Kriegsgefangene siehe: http://www.ulm.de/kultur_tourismus/stadt-
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geschichte/20_jahrhundert.104266.3076,3963,4236,34709,104261,104266.htm
(Zugriff: 14.7.2013); http://www.lexikon-der-wehrmacht.de/Kasernen/Wehrkreis05/
Kaserne_UlmKienlesberg-R.htm (Zugriff: 14.7.2013).
Vgl. die Aufzeichnungen des Russland-Heimkehrers Karl Hauger , der per Sammeltransport von Ulm ins Entlassungslager nach Tuttlingen geschafft wurde. http://www.
hauraton.com/media/Uber_uns/History/Eine-Kriegsgefangenschaft-in-Russland.pdf
(Zugriff: 14.7.2013).
Vorschläge für die Organisation eines dépôt de transit vom 8.10.1948. Centre des
Archives Diplomatiques de La Courneuve 7 PDR 28.
Eugène Voutsinas, Mission Françaises à Bebra an Mr. L´Attaché R. Marre Chef PI du
Service des Recherches de l´Integration et du Transport des Corps en Zône Américaine, Heidelberg, 6.4.1948. Centre des Archives Diplomatiques de La Courneuve 7
PDR 33. In diesem Bestand finden sich etliche Berichte von Voutsinas, in dem solche
Verluste beklagt werden.
Übersetzung: spezialisiert auf die Entlassung und Demobilisierung von aus Frankreich
kommenden Kriegsgefangenen. „Le travail du depot de transit No. 2“. Privat Kretz.
Statistik DT 2 für 1945 und 1946. Centre des Archives Diplomatiques de La Courneuve 7 PDR 212.
Diagramm „Liberations“. Privat Kretz.
Statistik DT 2. Privat Kretz.
Statistik zu den drei DTs. Centre des Archives Diplomatiques de La Courneuve. 7 PDR
214. Für 1947 stimmen die Angaben mit den Zahlen bei Kretz überein. Statistik DT 2.
Privat Kretz.
Statistiken zu den drei DT. Centre des Archives Diplomatiques de La Courneuve 7 PDR
214.
Statistik DT 2. Privat Kretz. Le Chef du Bataillon Loevenbruck, Commandant du dépôt
de transit Nr. 2, Aufstellung vom 8.12.1948. Centre des Archives Diplomatiques de La
Courneuve 7 PDR 14.
In dieser Zahl waren vermutlich auch der Kriegsgefangene Otto Beiswenger und seine
74 Kameraden enthalten.
Vgl. die Zahlen in Centre des Archives Diplomatiques de La Courneuve 7 PDR 14, 212,
214; siehe auch die Angaben zu den „Liberations“ im DT 2 bei Kretz. Privat Kretz.
Diagramm „Transfert sur la France“. Privat Kretz.
Das Rote Kreuz nennt 35 000. Deutsches Rotes Kreuz, Geschichte, S. 261. Laut Buisson wurden im Dezember 1948 nur 2000 Männer repatriiert. Böhme, Geschichte, S.
132.
Böhme, Geschichte, S. 132f.; Smith, Heimkehr, S. 96ff. Zur strafrechtlichen Aufarbeitung der Besatzungszeit in Frankreich: Moisel, Frankreich.
Moisel, Frankreich, S. 129.
1954 waren nach zahlreichen vorzeitigen Entlassungen und Begnadigungen nur noch
zehn Inhaftierte übrig, die in fünf Verfahren verurteilt wurden. Vgl. Bernhard Brunner,
Der Frankreich-Komplex. Die nationalsozialistischen Verbrechen in Frankreich und die
Justiz der Bundesrepublik Deutschland, Frankfurt a.M. 2007, S. 90.
Centre des Archives Diplomatiques de La Courneuve 7 PDR 212.
279 1948 kehrten aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft lediglich rund 330 000 Männer
heim. Ein knapper Überblick über die Kriegsgefangenschaft in der Sowjetunion nach
Kriegsende bei: Overmans, Schicksal, S., 489-503.
280 Statistik DT 2. Centre des Archives Diplomatiques de La Courneuve 7 PDR 214.
281 Ebd.
282 Unklar bleibt, ob (und wann) bei diesen Zahlen zwischen Kriegsgefangenen und Travailleurs Libres unterschieden wurde.
283 Statistiken des DT 2 für 1949. Centre des Archives Diplomatiques de La Courneuve
Centre 7 PDR 214.
284 Übersetzung: in ganzen Konvois von 800 bis 1800 Personen
285 Procès verbal de la réunion in Baden-Baden unter dem Vorsitz des Directeurs de
l´Annexe de la DGPG, 11. 4.1947. Centre des Archives Diplomatiques de La Courneuve 7 PDR 213. Einer der Teilnehmer war mit Sous-Lieutnant Kretz der Lagerkommandant von Tuttlingen.
286 Le Délégué de cercle de Tuttlingen à Monsieur le Délégé Supérieur pour le G.M. du
Wurtemberg SAA/Section PDR, Tübingen, 28.3.1947. Centre des Archives Diplomatiques de La Courneuve 7 PDR 25.
287 Ebd.
288 Dr. Theodor Eschenburg war der erste Landeskommissar für das Flüchtlingswesen
von Württemberg-Hohenzollern. Vgl. zu seiner Ernennung und zum Aufbau der Flüchtlingsverwaltung auf Landesebene: Kühne, Entstehung, S. 51-61.
289 Eschenburg an Militärregierung, Section PDR, Tübingen, 16.12.1946. Centre des Archives Diplomatiques de La Courneuve 7 PDR 25.
290 Übersetzung: Es gibt keinen Grund dafür, dass ein zentrales Übergabelager in Ravensburg aufgemacht wurde, ein Lager, für welches ausschließlich Eschenburg zuständig
ist.
291 In Biberach bestand ein „Grenzauffanglager“, welches 1946 vor allem für die von
den Franzosen verstärkt angemahnte Rückführung von Flüchtlingen genutzt wurde.
Flüchtlingstransporte verließen Biberach in Richtung britische und russisch besetzte
Zone. Die verstärkten Rückführungsmaßnahmen standen in Zusammenhang mit der
von den Franzosen verhängten Zuzugssperre von August 1946. Vgl.Kühne, Entstehung, S. 98ff.
292 Lettre d´Eschenburg du 16.12.46. Re-projet organisation du rapatriement P.G. liberés
vers leur Zone D´origine, 14.1.1947. Centre des Archives Diplomatiques de La Courneuve 7 PDR 18.
293 Laut Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen Dépôt Nr. 1 in Bretzenheim und Dépôt
Nr. 2 in Tuttlingen sollten über Tuttlingen vor allem die Kriegsgefangenen aus französischem Gewahrsam entlassen werden, die in der US-Zone und in der südlichen französischen Besatzungszone zuhause waren, über Bretzenheim die Heimkehrer aus
der britischen und der nördlichen französischen Zone. Deshalb waren es vor allem
Männer mit Heimatadressen in der amerikanisch besetzten Zone, die von Tuttlingen
aus an ihre Wohnorte transportiert wurden. Das bedeutet aber nicht, dass es nicht
auch Kriegsgefangene gab, die von Tuttlingen in die britische oder russisch besetzte
Zone wollten. Für den 8. Dezember 1945 etwa war ein je 30 000 Mann umfassende
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Kriegsgefangenenaustausch zwischen der britischen und der französischen Zone vorgesehen. Centre des Archives Diplomatiques de La Courneuve 7 PDR 31.
Le Délegué de Cercle de Tuttlingen à Mr. Le Délégué Supérieur pour le G.M. du Wurtemberg SAA/Section PDR, Tübingen, 28.3.1947. Centre des Archives Diplomatiques
de La Courneuve 7 PDR 25.
Directeur Colonel Bailloux de l´Annexe DGPG an Mr. Le Commandant du DT 2,
9.10.1947. Ebd.
Directeur Colonel Bailloux de l´Annexe DGPG an Mr. Le Général de Corps d´Armée,
Directeur Général des PG de l´Axe, Paris, 1.3.1947. Ebd. Über Malmsheim bei Leonberg wurden bereits im Oktober 1947 Transporte aus Tuttlingen abgewickelt. Vgl.
Bailloux an Mr. Le Commandant du DT 2, 9.10.1947. Ebd.
Übersetzung: Damit die französischen Behörden über den definitiven Aufenthaltsort informiert sind, an dem sich jeder einzelne entlassene Kriegsgefangene niederlässt, sei es notwendig, dass die deutsche Verwaltung sofort nach der Entlassung im
Centre de Transit Nr. 2 die Kontrolle und Verantwortung für diejenigen ehemaligen
Kriegsgefangenen übernimmt, die zunächst einmal als deutsche Flüchtlinge zu gelten hatten. Le Délegué de Cercle de Tuttlingen à Mr. Le Délégué Supérieur pour le
G.M. du Wurtemberg SAA/Section PDR, Tübingen, 28.3.1947. Centre des Archives
Diplomatiques de La Courneuve 7 PDR 25. Siehe auch: Stellungnahme zur „Lettre
d´Eschenburg du 16.12.46. Re-projet organisation du rapatriement P.G. liberés vers
leur Zone D´origine“, 14.1.1947 (ohne Verfasser), Centre des Archives Diplomatiques
de La Courneuve 7 PDR 18. In die Betreuung der Veteranen und Kriegsgefangenen
war der Landeskommissar für das Flüchtlingswesen im französisch besetzten Teil
Württembergs und Hohenzollerns offiziell seit November 1945 eingebunden. Zu den
Kompetenzen Eschenburgs in der Betreuung von Kriegsgefangenen: Kühne, Entstehung, S. 111ff.
Ebd., S. 112.
Zum Problem der heimatlosen Veteranen: Smith, Heimkehr, S. 116-120. Nach einer Anordnung Eschenburgs (in enger Absprache mit der Militärregierung) vom
18.12.1946 durften nur Kriegsgefangene, die schon vor ihrer Einberufung ihren
ständigen Wohnsitz im französisch besetzten Württemberg und Hohenzollern hatten,
nach ihrer Demobilisierung dorthin zurückkehren. Alle anderen, die ihren ständigen
Wohnsitz in den drei übrigen Zonen hatten, wurden dorthin abgeschoben. Kriegsgefangene aus Gebieten, die nach dem Krieg abgetreten werden mussten, galten als
„Ausgewiesene“ und mussten in die für sie zuständige Zone eingewiesen werden.
Die französische Militärregierung erleichterte im Februar 1948 den Zuzug und die
Aufnahme von Kriegsgefangenen. Vgl. Kühne, Entstehung, S. 113.
Übersetzung: … dass nur durch die Übergabe der Entlassungsscheine an die für die
Repatriierung zuständigen Behörden garantiert werden könnte, dass die Gefangenen
tatsächlich in ihre jeweiligen Zonen zurückkehrten. Brief Eschenburg an Militärregierung, Section PDR, Tübingen, 16.12.1946. Centre des Archives Diplomatiques de La
Courneuve 7 PRD 25.
Estrade an Mr. Le Délégué Superieur pour le G.M. du Wurtemberg, 28.3.1947. Ebd.
Landratsamt Tuttlingen an Bürgermeisterämter des Kreises, 22.6.1946. Stadtarchiv
Tuttlingen Bestand III A1725.
303 Zur Gründung des „Ausschusses für Kriegsgefangenenfragen“ der drei Länder in der
amerikanischen Zone: Smith, Heimkehr, S. 66ff. Nachdem das Deutsche Rote Kreuz
in der französischen Zone im Januar 1946 offiziell aufgelöst worden war, übernahmen
die Hilfskomitees einen erheblichen Teil der Fürsorgeaufgaben. Als Nachfolgeorganisation wurde in Württemberg-Hohenzollern im Sommer 1946 die „Gesellschaft für Gesundheitsfürsorge und Kriegsgefangenendienst“, in Baden das „Badische Hilfswerk“
gegründet. Ende 1947 erhielt die Gesellschaft wieder den Namen „Rotes Kreuz“ und
war zentrale Anlaufstelle für die Übergangsbetreuung der Heimkehrer, wobei es von
anderen Organisationen wie etwa vom Caritas-Verband oder der Inneren Mission unterstützt wurde. Kühne, Entstehung, S. 112; Schreiben Deutscher Caritas-Verband
an die Caritasverbände der deutschen Erzdiözesen und Diözesen, Anfang Juni 1947.
ADCV 372.024 (ID 1042).
304 Übersetzung: Aufnahme und Verpflegung der entlassenen Kriegsgefangenen
305 Gouvernement Militaire du Württemberg, Dètachement I. 17 G. 3. Landkreis Tuttlingen, Rapport Mensuel, Service des Personnes Déplacés, 18.2.1946. Centre des
Archives Diplomatiques de La Courneuve 1 WH/1579. Laut der von René Kretz zusammengestellten Entlassungszahlen wurden im Januar 1946 knapp 13 000 Kriegsgefangene über Tuttlingen entlassen. Diagramm „Liberations“. Privat Kretz.
306 Hilfskomitee für deutsche Kriegsgefangene Tuttlingen, Aufruf zur Hilfe für die Kriegsgefangenen, 3.3.1946. ADCV 372 (44), Fasz. 01.
307 Siehe Theofilakis, Vergesst, S. 469.
308 Hilfskomitee für deutsche Kriegsgefangene Tuttlingen, Aufruf zur Hilfe für die Kriegsgefangenen, 3.3.1946. ADCV 372 (44), Fasz. 01. Hier auch die weiteren Zitate. Nach
den Zahlen, die in den Dokumenten von René Kretz aufgeführt werden, waren es in
diesem Zeitraum in der Tat rund 60 000 Kriegsgefangene. Siehe Diagramm „Libérations“. Privat Kretz.
309 Die Zusammensetzung dieser im Oktober 1945 in der französischen Zone eingeführten Hilfskomitees musste einen „spezifisch deutschen Charakter“ haben. In ihnen
saß der jeweilige Bürgermeister, Vertreter der Familien von Kriegsgefangenen sowie
für karitative Aufgaben besonders geeignete Persönlichkeiten. Theofilakis, Vergesst,
S. 469. Fritz Fleck war zu diesem Zeitpunkt noch stellvertretender Bürgermeister, ab
1. Mai 1946 wurde er der Nachfolger von Bürgermeister Heinkele. Vgl. Estrade, Tuttlingen, S. 44; http://de.wikipedia.org/wiki/Fritz_Fleck (Zugriff 8.8.2013). Dr. Messerschmidt war Vorsitzender des Tuttlinger Hilfskomitee.
310 Vor allem um die Akkzeptanz für diese Sammlungsaktion in der Bevölkerung zu erhöhen und um deutsche Akteure mit einzubeziehen, waren in der französischen Besatzungszone Hilfskomitees eingeführt worden. Ihre vordringlichste Aufgabe war die
Durchführung von Kleidersammlungen. Theofilakis, Vergesst, S. 467.
311 Übersetzung: verpackt und fertig zum Verschicken. Rapport Mensuel, 18.2.1946.
Centre des Archives Diplomatiques de La Courneuve 1 WH/1579.
312 Vgl. Theofilakis, Vergesst, 467-473.
313 Ebd., S. 467.
314 Hilfskomitee für deutsche Kriegsgefangene Tuttlingen, Aufruf zur Hilfe für die Kriegs-
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gefangenen, 3.3.1946. ADCV 372 (44), Fasz. 01.
315 Ebd.
316 Zur Abschottungspolitik der französischen Besatzungsmacht gegenüber Zuwanderern generell und im französisch besetzten Gebiet Württembergs und Hohenzollerns:
Kühne, Entstehung.
317 Übersetzung: an der Spitze dieses Hilfskomitees
318 Übersetzung: … aus der sowjetischen Zone (…) könnten wir Arbeitskräfte für Frankreich rekrutieren
319 Übersetzung: Viele von ihnen werden nicht nach Hause zurückkehren wollen (…), andere werden es nicht können, weil sie ihr Zuhause verloren haben. Le Général de
Division PDR, R. Noiret, an Général d´Armée, Commandant en Chef Français en Allemagne, Cabinet, 12.2.1947. Centre des Archives Diplomatiques de La Courneuve 7
PDR 29.
320 Kühne, Entstehung, S. 112.
321 Hilfskomitee, Kreisstelle Tuttlingen, an das Landratsamt Tuttlingen, 10.1.1945.
Stadtarchiv Tuttlingen Bestand III A 1725; Batl. Chef Estrade, Note für den Landrat,
27.5.1946. Ebd.
322 Bürgermeisteramt Tuttlingen, Fleck, an Bürgermeisteramt Emmingen a.E., 5.2.1946.
Stadtarchiv Tuttlingen, Bestand III A 1725.
323 Seit Herbst 1946 unterhielt der Flüchtlingskommissar in Württemberg-Hohenzollern
im Tuttlinger Entlassungslager eine Verbindungsstelle. Hier wurden die Heimkehrer
registriert und ihr Recht auf Zuzug in die französische Besatzungszone überprüft. Die
Behörde des Flüchtlingskommissars war außerdem für die Betreuung von entlassenen Kriegsgefangenen zuständig, die als Ausgewiesene und Flüchtlinge galten. Kühne, Entstehung, S. 112.
324 Deutscher Caritas-Verband an das Landesamt für das Flüchtlingswesen (Landesumsiedlungsamt), 20.6.1947. ADCV 372.059 Fasz.2 (ID 1043).
325 Aktennotiz über eine Besprechung in Bad Kreuznach, 29.4.1947. ADCV 372.059
Fasz. 1 (ID 1070).
326 Vgl. Smith, Heimkehr, S. 121.
327 Smith, Heimkehr, S. 116; Overmans, Soldaten, S. 213.
328 Kurt Döring, Heimkehrer ohne Heimkehr, in: Die Zeit vom 22.7.1948, http://www.zeit.
de/1948/30/heimkehrer-ohne-heimkehr/komplettansicht (Zugriff: 24.7.2013)
329 Kühne, Aufbau, S. 113.
330 Kühne, Aufbau. Innerhalb der französischen Besatzungsverwaltung waren bis 1948
zwei Gremien für die Flüchtlingsfrage zuständig. Die „Direction de Personnes Déplacées et Réfugiés“ (PDR) in Baden-Baden unterstand dem Verwaltungsapparat Laffons; daneben gab es die dem „Cabinet Civil“ unter General Koenig unterstehende
„Division PDR“ bei der französischen Kontrollratsgruppe in Berlin, die von Leon de
Rosen geführt wurde. Nach der Reorganisation im Frühjahr 1948 wurde die „Direction PDR“ der „Division PDR“ zugeordnet. Vgl. Die Organisation der französischen Militärregierung nach ihrer Umstrukturierung, Stand 12. Mai 1948, in: Klaus-Dietmar
Henke, Politik der Widersprüche. Zur Charakteristik der französsichen Militärregierung in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg, in: Claus Scharf/Hans-Jürgen
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Schröder (Hg.), Die Deutschlandpolitik Frankreichs und die französische Zone 19451949, Wiesbaden 1983, S. 60. Im französisch besetzten Gebiet Württembergs und
Hohenzollerns zeigte der Aufbau der Besatzungsbehörden eine ähnliche Gliederung
wie auf Zonenebene. Innerhalb der „Délégués de cercle“ bestanden Abteilungen für
„Personnes Déplacées et Réfugiés“. Wie wir aus dem Bericht des Tuttlinger Kreisgouverneurs Jean Lucien Estrade wissen, war diese Abteilung zunächst vornehmlich
mit der Betreuung von Zwangsverschleppten und ausländischen Flüchtlingen befasst.
Laut Estrade konnten 1945 mehr als 1000 Franzosen, 700 Griechen und 400 Holländer repatriiert werden. „Unterstützt“ wurden außerdem 1 500 DPs, die im Kreis
Tuttlingen lebten, während Tausende von DPs im selben Zeitraum im Kreis „durchgeschleust“ wurden. Estrade, Tuttlingen, S. 30. Zuständig war der „Service PDR“ auch
für die Rekrutierung von Arbeitskräften für Frankreich und für die Kontrolle über das
Hilfskomitee. Siehe Centre des Archives Diplomatiques de La Courneuve 1 WH 1573.
Die (Kreis) Abteilung PDR arbeitete dabei eng zunächst mit der United Nations Relief
and Rehabilitation Administration (UNRRA), ab Sommer 1947 mit der International
Refugee Organization (IRO) zusammen. Mit dieser bis auf die unteren Verwaltungsebenen reichende Struktur der französischen Besatzungsverwaltung war auch eine
unmittelbare Kontrolle der deutschen Flüchtlingsverwaltung möglich. Diese wurde
im Herbst 1945 eingerichtet und mit Theodor Eschenburg der erste Flüchtlingskommissar ernannt. Zum Aufbau der deutschen Flüchtlingsverwaltung: Kühne, Aufbau, S.
51ff. Mit den der deutschen Flüchtlingsverwaltung übertragenen Aufgaben - Abschiebung, Kontrolle des Zuzugs und Aufnahme - sollte die Direction PDR bei der Durchsetzung ihrer bevölkerungspolitischen Ziele unterstützt werden. Zu den Aufgaben des
Flüchtlingskommissars gehörte auch die Betreuung der ehemaligen Soldaten und
Kriegsgefangenen. Die von Eschenburg im Dépôt de Transit in Tuttlingen eingerichtete
Verbindungsstelle diente ihrer Registrierung und der Überprüfung ihrer Zuzugsrechte.
Kühne, Aufbau, S. 112.
Zur französischen Flüchtlingspolitik im Kontext bevölkerungspolitischer Vorstellungen: Kühne, Aufbau, S. 33-41.
Dass es auf französischer Seite zu diesem wirtschafts- und sicherheitspolitischen Umdenken kam, hing mit mehreren Faktoren zusammen. Nicht zuletzt war es die Sorge,
auch in anderen außenpolitischen Fragen isoliert zu werden, sowie die Einbeziehung
Frankreichs in die Marschallplanhilfen und die Einigung über die Verteilung der Kohle- und Stahlerzeugnisse des Ruhrgebietes, die den Weg frei machten für einen Ende
November 1949 beginnenden westdeutschen Bevölkerungsausgleich. Siehe Kühne,
Aufbau, S. 39ff.
Kühne, Aufbau, S. 164ff.
Ebd., S. 163.
Landratsamt Tuttlingen an Staatskommissar für die Umsiedlung, 14.6.1950. Kreisarchiv Tuttlingen, Bestand 2/1174.
Landratsamt Tuttlingen, Heimkehrerlager, Dr. Lehmann, an Innenministerium Württemberg-Hohenzollern, Tübingen, 29.7.1949, sowie die Aufstellung über den Personalstand beim Heimkehrerlager. Kreisarchiv Tuttlingen, Bestand 2/1174.
Wie wir vom deutschen Entlassungslager Gronenfeld (bei Frankfurt/Oder) wissen,
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mussten Heimkehrer (aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft) erst das zentrale sowjetische Repatriierungslager in der Hornkaserne durchlaufen, wo sie formell aus der
Kriegsgefangenschaft entlassen und damit nach Deutschland repatriiert wurden. Anschließend wurden sie in das unter deutscher Verwaltung stehende Entlassungslager
in Gronenfelde überstellt. Von dort wurden die Heimkehrer per Güterzug in ihre Herkunftsregionen transportiert. Annette Kaminsky, „… Frankfurt, das glückliche Frankfurt …“ Das zentrale Entlassungslager Gronenfelde, in: dies. (Hg.), Heimkehr 1948, S.
70-95.
Encadrement du DT.2 (1945-1948). Privatbesitz Kretz.
Service Historique de l Armée de Terre Vincennes (SHAT) GR 8 Ye 118953.
Le Délegué de Cercle Tuttlingen an Colonel Commandant l´Arrondissement de Tübingen, 10.7.1951. Centre des Archives Diplomatiques de La Courneuve, 1 WH 1573.
Rapport Mensuel, Service des Personnes Déplacées an Gouvernement Militaire du
Württemberg, Détachement I. 17 G. 3. Landkreis Tuttlingen, 18.2.1946. Centre des
Archives Diplomatiques de La Courneuve, 1 WH 1579.
Ebd.
Erster Landeskommissar für das Flüchtlingswesen war Theodor Eschenburg gewesen.
Im Januar 1947 erfolgte die Umbenennung in Staatskommissar für die Umsiedlung.
Kühne, Aufbau, S. 51-68.
Siehe Kreisarchiv Tuttlingen Bestand 2/Nr. 35.
Staatskommissar für die Umsiedlung an Landratsamt Tuttlingen, 25.5.1951. Kreisarchiv Tuttlingen, Bestand 2/Nr. 35.
Procès Verbal de Remise du Camp de Muhlau aux Autorités Allemandes, 15.5.1952.
Ebd.
Landratsamt Tuttlingen, Dietz, an Firma Barackenlager GmbH (in Firma AG für Feinmechanik), Tuttlingen, 30.5.1952. Ebd.
Landratsamt Tuttlingen, Dietz, an Regierungspräsidium Südwürttemberg-Hohenzollern, Tübingen, 7.2.1953. Kreisarchiv Tuttlingen, B 2/35.
Landratsamt Tuttlingen, Dr. Geiger, an Regierungspräsidium Südwürttemberg-Hohenzollern, Tübingen, 9.12.1952. Ebd.
Die Lager wurden beide Mitte der 50er Jahre aufgelöst, die Kirche 1964 abgebrochen. Hans-Joachim Schuster, Das Lager Mühlau in Tuttlingen, o.D. Kreisarchiv Tuttlingen M 4.
Übersetzung: Mustereinrichtung/Musteranstalt. Ministère de la Défense Nationale,
Direction Générale des Prisonniers de Guerre de l ´Axe, Buisson, Lettre de felicitations, für René Kretz, 9.11.1948. SHAT, Dossier d´officier von René Kretz GR 8 Ye
118953.