Zur Realisierung von Nachhaltigkeitsstrategien

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Zur Realisierung von Nachhaltigkeitsstrategien
Alexandra Sporbert, Christian Härtwig & Kathrin Heinitz
AB Arbeits-, Berufs- & Organisationspsychologie
Zur Realisierung von
Nachhaltigkeitsstrategien
Formen der Bewältigung organisationaler
Herausforderungen und Zielkonflikte
Wie werden Nachhaltigkeitsstrategien bei großen
Unternehmen in Deutschland momentan umgesetzt?
Wie werden damit verbundene organisationale
Herausforderungen und Zielkonflikte bewältigt?
Zur Realisierung von Nachhaltigkeitsstrategien - Bewältigung organisationaler Herausforderungen und Zielkonflikte
2
Nachhaltigkeit in Organisationen
 Das Konzept der „Nachhaltigen Unternehmensführung“ ist darauf ausgerichtet,
„die Beiträge des Unternehmens zu den sozialen, ökologischen und
ökonomischen Nachhaltigkeitsherausforderungen systematisch zu optimieren.
Dazu werden erforderliche Maßnahmen sowohl auf strategischer als auch auf
operativer Ebene getroffen.“ (Loew et al., 2004, S. 73)
 Ansätze zur Gestaltung von Nachhaltigkeit innerhalb eines Unternehmens
 Phasenmodelle zur (Weiter-) Entwicklung von Nachhaltigkeit
z.B. Dunphy, Griffiths & Benn (2003); Maon, Lindgreen & Swaen (2010)
 Implementierung von Nachhaltigkeit auf strategischer, struktureller und
individueller Handlungsebene
z.B. Lozano (2008, 2012); Baumgartner & Ebner (2010)
Zur Realisierung von Nachhaltigkeitsstrategien - Bewältigung organisationaler Herausforderungen und Zielkonflikte
3
Organisationale Zielkonflikte
Bereich A
1
2
Bereich B
strategisch
strukturell
Zur Bewältigung von Zielkonflikten
(innerhalb/zwischen den Zielebenen):
Bildung übergeordneter
Integrationsziele
= hierarchisch übergeordnete
Handlungsprinzip, unter dem die
vormals konfligierenden Ziele
subsummiert und integriert werden
≠ Kompromiss, denn dieser würde Abstriche an
den Zielen beinhalten
3
persönlich
Einzelziel
Zielkonflikt / Handlungsdilemma
(Bsp. auf strategischer Ebene:
„gewinnorientierte“ vs. nachhaltige Stromproduktion
 Ökostrom als Geschäftsmodell)
Übergeordnetes Integrationsziel
(Abbildung nach Hoff & Ewers, 2003)
Zur Realisierung von Nachhaltigkeitsstrategien - Bewältigung organisationaler Herausforderungen und Zielkonflikte
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Methodik
 Qualitative Interviewstudie (halb-standardisiert)
 Leitfadenstruktur
1. Umsetzung (Treiber, Nachhaltigkeit im Unternehmensalltag, Schwierigkeiten)
2. Messung der Zielerreichung (u.a. Evaluation der Nachhaltigkeitsaktivitäten)
3. Konflikte innerhalb der Zielsetzung (Erlebte Zielkonflikte, Umgang damit)
4. Zukünftige Entwicklungen (u.a. langfristige Planung, Dilemmafrage)
 N = 13 Großunternehmen, darunter ~ 50% DAX-30-Unternehmen in Deutschland
Industrie
Ø 42 Minuten
Dienstleistung
 Auswertung nach dem Verfahren der qualitativen Typenbildung
Zur Realisierung von Nachhaltigkeitsstrategien - Bewältigung organisationaler Herausforderungen und Zielkonflikte
(Kelle & Kluge, 2010)
5
Bewältigungstypologie
Dimension
Unternehmensstrateg.
Bedeutsamkeit
Organisationale
Einbindung
Relevanz auf
Mitarbeiterebene
Erlebte Zielkonflikte
1. Reaktiv
N=4
Unternehmens- vs.
Nachhaltigkeitsstrategie
2. Schwankend
N=3
Nachhaltigkeit als Teilaspekt
Kommunikationsabteilung o.
eigenständiger Bereich
Vorgegebene Rahmenbedingungen (u.a.
Policies, Ethikkodex)
3. Proaktiv
N=4
+ Kommunikation u.
Information bzgl.
Nachhaltigkeitsaktivitäten
v.a. mit externen Anspruchsgruppen
(Gesellschaft & Umwelt)
und intern (v.a. strategisch u. wirtschaftlich)
4. Ganzheitlich
N=2
Nachhaltige
Unternehmensstrategie
Zentraler, eigenständiger Bereich
+ Veranstaltungen zur
Wissensbildung;
Erweiterung
Handlungsspielraum
+ Zielmanagementsysteme für alle
Mitarbeiter
v.a. intern zwischen
Geschäftsbereichen,
strat. Ausrichtung &
Wirtschaftlichkeit
wenige bis gar keine
Bewältigung der
Zielkonflikte
Unternehmensstrategie
> N.-strategie;
Nachhaltigkeit =
Indikation
Abwägungsprozesse
(meist zugunsten der
Unt.-strategie)
Intensive
Auseinandersetzung;
Nachhaltigkeit =
langfrist. Geldverdienen
Integration auf allen
Ebenen;
Nachhaltigkeit =
Integrationsziel
Barrieren und
Hindernisse
"Grundsätzlicher Art"
"Kurz- vs.
Langfristiges
Handeln"
"Langfristiger Wandel"
Realisierung der
Umstrukturierung auf
allen Ebenen
Zur Realisierung von Nachhaltigkeitsstrategien - Bewältigung organisationaler Herausforderungen und Zielkonflikte
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Bewältigungstypologie
Dimension
Unternehmensstrateg.
Bedeutsamkeit
Organisationale
Einbindung
Relevanz auf
Mitarbeiterebene
Erlebte Zielkonflikte
1. Reaktiv
N=4
Unternehmens- vs.
Nachhaltigkeitsstrategie
2. Schwankend
4. Ganzheitlich
Nachhaltigkeit als Teilaspekt
Kommunikationsabteilung o.
eigenständiger Bereich
Vorgegebene Rahmenbedingungen (u.a.
Policies, Ethikkodex)
3. Proaktiv
+ Kommunikation u.
Information bzgl.
Nachhaltigkeitsaktivitäten
v.a. mit externen Anspruchsgruppen
(Gesellschaft & Umwelt)
und intern (v.a. strategisch u. wirtschaftlich)
Nachhaltige
Unternehmens„Naja, das ganze
Thema
strategie
Unternehmensverantwortung wird von der
Zentraler, eigenständiger
Bereich
Konzernstrategie
momentan nicht
getrieben.
Es sind tatsächlich zwei separate
Geschichten, das wird jetzt nicht integriert
gedacht.“
+ Veranstaltungen zur
+ ZielmanagementWissensbildung;
systeme für alle
Erweiterung
Mitarbeiter
Handlungsspielraum
„Natürlich müssen wir immer
v.a. internabwägen,
zwischenwelche ökonomischen
wenige bis gar keine
Auswirkungen
eine
direkte
Geschäftsbereichen,
Übersetzung
strat. Ausrichtung
& von Erwartungen aus
der Gesellschaft hat.“
Wirtschaftlichkeit
Bewältigung der
Zielkonflikte
Unternehmensstrategie
> N.-strategie;
Nachhaltigkeit =
Indikation
Abwägungsprozesse
(meist zugunsten der
Unt.-strategie)
Intensive
Auseinandersetzung;
Nachhaltigkeit =
langfrist. Geldverdienen
Integration auf allen
Ebenen;
Nachhaltigkeit =
Integrationsziel
Barrieren und
Hindernisse
"Grundsätzlicher Art"
"Kurz- vs.
Langfristiges
Handeln"
"Langfristiger Wandel"
Realisierung der
Umstrukturierung auf
allen Ebenen
Zur Realisierung von Nachhaltigkeitsstrategien - Bewältigung organisationaler Herausforderungen und Zielkonflikte
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Bewältigungstypologie
1. Reaktiv
Dimension
Unternehmensstrateg.
Bedeutsamkeit
Organisationale
Einbindung
Relevanz auf
Mitarbeiterebene
Erlebte Zielkonflikte
Unternehmens- vs.
Nachhaltigkeitsstrategie
2. Schwankend
N=3
Nachhaltigkeit als Teilaspekt
Kommunikationsabteilung o.
eigenständiger Bereich
Vorgegebene Rahmenbedingungen (u.a.
Policies, Ethikkodex)
3. Proaktiv
+ Kommunikation u.
Information bzgl.
Nachhaltigkeitsaktivitäten
v.a. mit externen Anspruchsgruppen
(Gesellschaft & Umwelt)
und intern (v.a. strategisch u. wirtschaftlich)
Bewältigung der
Zielkonflikte
Unternehmensstrategie
> N.-strategie;
Nachhaltigkeit =
Indikation
Abwägungsprozesse
(meist zugunsten der
Unt.-strategie)
Barrieren und
Hindernisse
"Grundsätzlicher Art"
"Kurz- vs.
Langfristiges
Handeln"
4. Ganzheitlich
Nachhaltige
Unternehmensstrategie
Zentraler, eigenständiger Bereich
„Man hat gesagt, man macht keinen eigenen
Unternehmensbereich mehr daraus, sondern
schiebt es in den Bereich
+ Veranstaltungen zur
+ ZielmanagementUnternehmensentwicklung. Der hängt beim
Wissensbildung;
systeme für alle
Vorstandsvorsitzenden, da ist man in einer
Erweiterung
Mitarbeiter
zentralen Funktion. Das passt strukturell sehr
Handlungsspielraum
gut, um Nachhaltigkeit dann tatsächlich in die
sodass
das
v.a.Konzernstrategie
intern zwischen reinzubringen,
wenige bis
gar keine
nicht
immer
so
ein
Nebenläufer
und
Feigenblatt
Geschäftsbereichen,
ist,Ausrichtung
sondern tatsächlich
integriert wird in die
strat.
&
zentralen Prozesse mit der Unterstützung des
Wirtschaftlichkeit
Vorstandsvorsitzenden. “
Intensive
Integration auf allen
Auseinandersetzung;
Ebenen;
Nachhaltigkeit =
Nachhaltigkeit =
langfrist. Geldverdienen
Integrationsziel
"Langfristiger Wandel"
Zur Realisierung von Nachhaltigkeitsstrategien - Bewältigung organisationaler Herausforderungen und Zielkonflikte
Realisierung der
Umstrukturierung auf
allen Ebenen
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Bewältigungstypologie
1. Reaktiv
2. Schwankend
Dimension
3. Proaktiv
N=4
Unternehmensstrateg.
Bedeutsamkeit
Unternehmens- vs.
Nachhaltigkeitsstrategie
Organisationale
Einbindung
Kommunikationsabteilung o.
eigenständiger Bereich
Relevanz auf
Mitarbeiterebene
Vorgegebene
Rahmen+ Kommunikation
u.
„Unsere Aufgabe
ist es primär,
über Projekte,
bedingungen
(u.a.
Information
bzgl.
über Initiativen, über Regularien
Policies,
Ethikkodex)
sicherzustellen,
dass das NachhaltigkeitsUnternehmen intern
aktivitäten
das Thema Nachhaltigkeit weiterentwickelt.
+ Veranstaltungen zur
Wissensbildung;
Erweiterung
Handlungsspielraum
+ Zielmanagementsysteme für alle
Mitarbeiter
Erlebte Zielkonflikte
Insofern
ist es
so eine duale Strategie:
v.a. mit
externen
Anspruchsgruppen
Darüber hinaus
sehen wir auch das Geschäft
(Gesellschaft
& Umwelt)
einen
einen Business
undund
intern
(v.a.Geschäftsplan,
strategisch u. wirtschaftlich)
Case, der es rechtfertigt, auch
Nachhaltigkeitslösungen bei unseren Kunden
Unternehmensstrategie
Abwägungsprozesse
dort anzubieten.“
> N.-strategie;
(meist zugunsten der
Nachhaltigkeit =
Unt.-strategie)
Indikation
v.a. intern zwischen
Geschäftsbereichen,
strat. Ausrichtung &
Wirtschaftlichkeit
wenige bis gar keine
Intensive
Auseinandersetzung;
Nachhaltigkeit =
langfrist. Geldverdienen
Integration auf allen
Ebenen;
Nachhaltigkeit =
Integrationsziel
"Grundsätzlicher Art"
"Langfristiger Wandel"
Realisierung der
Umstrukturierung auf
allen Ebenen
Bewältigung der
Zielkonflikte
Barrieren und
Hindernisse
Nachhaltigkeit als Teilaspekt
4. Ganzheitlich
"Kurz- vs.
Langfristiges
Handeln"
Nachhaltige
Unternehmensstrategie
Zentraler, eigenständiger Bereich
Zur Realisierung von Nachhaltigkeitsstrategien - Bewältigung organisationaler Herausforderungen und Zielkonflikte
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Bewältigungstypologie
1. Reaktiv
2. Schwankend
3. Proaktiv
Dimension
Unternehmensstrateg.
Bedeutsamkeit
Organisationale
Einbindung
Relevanz auf
Mitarbeiterebene
Erlebte Zielkonflikte
4. Ganzheitlich
N=2
Unternehmens- vs.
Nachhaltigkeit als Teilaspekt
Nachhaltige
NachhaltigkeitsUnternehmens„…das
heißt,
es
ist
kompromisslos,
strategie
strategie
alternativlos. Es geht nicht darum,
Kommunikationsabteilung
o.
Zentraler, eigenständiger Bereich
Greenwashing zu machen,
sondern
eigenständiger
Bereich
eine Komplettumstellung
aller
unserer Produkte und Prozesse.“
Vorgegebene Rahmen+ Kommunikation u.
+ Veranstaltungen zur
+ Zielmanagementbedingungen (u.a.
Information bzgl.
Wissensbildung;
systeme für alle
Policies, Ethikkodex)
NachhaltigkeitsErweiterung
Mitarbeiter
„Also wir befolgen
eine
nachhaltige
Strategie,
aktivitäten
Handlungsspielraum
Nachhaltigkeit als Kernbestandteil unserer DNA.
v.a. mitEs
externen
Anspruchsgruppen
v.a. intern zwischen
wenige bis gar keine
treibt dadurch
natürlich der gesamte Konzernvorstand,
(Gesellschaftes&treibt
Umwelt)
Geschäftsbereichen,
die Konzernstrategie, es wird über
die
und intern
(v.a.
strategisch
u.
wirtschaftlich)
strat.
Ausrichtung &
strategische Ausrichtung in die Prozesse hineingetragen.“
Wirtschaftlichkeit
Bewältigung der
Zielkonflikte
Unternehmensstrategie
> N.-strategie;
Nachhaltigkeit =
Indikation
Abwägungsprozesse
(meist zugunsten der
Unt.-strategie)
Intensive
Auseinandersetzung;
Nachhaltigkeit =
langfrist. Geldverdienen
Integration auf allen
Ebenen;
Nachhaltigkeit =
Integrationsziel
Barrieren und
Hindernisse
"Grundsätzlicher Art"
"Kurz- vs.
Langfristiges
Handeln"
"Langfristiger Wandel"
Realisierung der
Umstrukturierung auf
allen Ebenen
Zur Realisierung von Nachhaltigkeitsstrategien - Bewältigung organisationaler Herausforderungen und Zielkonflikte
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Zusammenfassung
 Obwohl alle befragten Unternehmen im IÖW/future-Ranking der
Nachhaltigkeitsberichte im Jahr 2011 gelistet waren, existiert eine große
Spannbreite zwischen den Unternehmen bezüglich der Realisierungstiefe ihrer
jeweiligen Nachhaltigkeitsstrategien
 Die Bewältigungstypologie zeigt zentrale Handlungsfelder bei der kompetenten
Realisierung von Nachhaltigkeit in Organisationen (strategisch, strukturell und
individuell)
 v.a. die Bildung von Integrationszielen und deren Einbettung in das strategische
Nachhaltigkeitsmanagement erweist sich als entscheidender Erfolgsfaktor,
Zielkonflikte werden hier von vornherein vermieden
 Zudem erlaubt die Bewältigungstypologie eine zielgruppenspezifische, situationsund stufenangepasste Weiterentwicklung von Nachhaltigkeit in den Unternehmen
Zur Realisierung von Nachhaltigkeitsstrategien - Bewältigung organisationaler Herausforderungen und Zielkonflikte
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Schlussfolgerungen
 Strategie zur Realisierung von Nachhaltigkeitsstrategien
1. Implementierung von Nachhaltigkeitszielen auf allen Ebenen,
2. Nachhaltigkeit nicht nur als Top-Down-Vorgabe, sondern partizipative Entwicklung und
kontinuierliche Kommunikation in der Organisation
 Einbindung der Mitarbeiter und entsprechende Arbeitsgestaltung als Teil der
Nachhaltigkeitsstrategie
 Entwicklung organisationaler Kompetenzen der …
 Zielbildung (Entwicklung, Formulierung & Konkretisierung von Zielen)
 Zielrealisierung (Handlungsstrategien zur Realisierung von (Teil-)Zielen, Klarheit über
Widersprüche von Mitteln/Wegen)
 Zielflexibilität (Balance zwischen flexibler Zielanpassung und hartnäckiger Zielverfolgung
angesichts von internen/externen Barrieren/Wandel)
 Umgang mit Zielkonflikten (Reflexion (in)kompatibler Aspekte, Abstimmungs-,
Aushandlungs- & Lösungsprozesse, Bildung von Integrationszielen)
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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Wir freuen uns über weiteren Austausch:
alexandra.sporbert@fu-berlin.de
christian.haertwig@fu-berlin.de
kathrin.heinitz@fu-berlin.de
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