Zur Sicherheit von Silikon-Brustimplantaten
Transcription
Zur Sicherheit von Silikon-Brustimplantaten
Zur Sicherheit von Silikon-Brustimplantaten W. Siggelkow1, H. Dieterich2, A. Faridi3 Die Verwendung von Silikonimplantaten ist ein etabliertes Verfahren zur primären und sekundären Rekonstruktion nach abladierenden Operationen, zur Therapie von Fehlbildungen und Anlagestörungen der Brust sowie zur kosmetischen Augmentation. Für die Implantation von Silikonprothesen sprechen n der geringe operative Aufwand, n die niedrige Komplikationsrate, n die zunehmend besseren Möglichkeiten der Anpassung an die natürliche Form der Brust sowie n die bessere biologische Kompatibilität durch die Verwendung moderner Materialien und Oberflächenbeschaffenheiten. Nachdem in den USA in den 60er Jahren erstmals Silikonprothesen zur kosmetischen Augmentation und zur Brustrekonstruktion implantiert wurden, betrug die Zahl der Implantatträgerinnen dort im Jahr 1989 815.700. Um die Biokompatibilität zu steigern, wird über lokale Komplikationen wie die Kapselfibrose und das Leakage von Silikonbestandteilen in den umgebenden Weichteilmantel intensivst geforscht. So wurde die Rate an Kapselkontrakturen durch die Einführung texturierter Oberflächen und durch die Verwendung von doppellumigen Prothesen mit einem silikongelgefüllten Kern und einer NaCl-gefüllten Mantelzone erheblich gesenkt. 1 Frauenklinik im Klinikum der Johannes Gutenberg Universität Mainz 2 Frauenklinik und Brustzentrum Rheinfelden 3 Bereich Brustchirurgie und Senologie der Frauenklinik, Universitätsklinikum Aachen Infolge eines Beschlusses der FDA vom 16.4.1992 sind in den USA Silikonprothesen nur noch zur Brustrekonstruktion und nicht mehr zur Brustvergrößerung zugelassen. Begründet wurde dies mit den nicht ausreichend untersuchten Auswirkungen der Silikonimplantate auf das umgebende Gewebe, deren Kanzerogenität sowie deren pathogenetischer Bedeutung für autoimmunologische Erkankungen und Krankheiten des rheumatischen Formenkreises. Seit dieser Entscheidung wurde eine große Zahl von Untersuchungen zur Biokompatibilität von Silikonprothesen durchgeführt, so dass Silikon wie auch Polyurethan als die am besten erforschten Biomaterialien angesehen werden können. Trotz umfangreicher wissenschaftlicher Bestätigung der Sicherheit von Brustimplantaten stehen sowohl das Implantatmaterial als auch die Implantate selbst im Kreuzfeuer der öffentlichen Kritik. Oberflächen wie Nylon, Glas und Polyester im Tierversuch beschrieben worden. Die Kanzerogenität der Implantate scheint dabei mehr von der Oberflächenbeschaffenheit als von der chemischen Zusammensetzung der jeweiligen Implantate abzuhängen. Komplikationen und Risiken im Zusammenhang mit der Verwendung von Silikonimplantaten Das implantatabhängige Brustkrebsrisiko wurde in zahlreichen Kohortenstudien beschrieben (1–6). Fallkontrollstudien wurden von Glasser et al. (7) Malone et al. (8) und Brinton et al. (9) publiziert. Die meisten der vorliegenden Untersuchungen (1, 2, 5, 8, 9) berichteten ein vermindertes Krebsrisiko für Implantatträgerinnen bzw. ein der Normalbevölkerung vergleichbares Risiko (3, 7). Die „International Agency for Research on Cancer“ konstatiert in ihrem Bericht von 1999, dass im Zusammenhang mit Brustimplantaten keine erhöhte Brustkrebsgefahr besteht. In aktuellen Publikationen aus Dänemark (10) und den USA (11) wurde anhand von 1.736 dänischen und 13.488 amerikanischen Patientinnen ein unverän- 1. Kanzerogenität Brustkrebs und Implantate Eine der ersten Befürchtungen bezüglich der zu erwartenden Langzeitkomplikationen von Silikonimplantaten war die Frage nach der Inzidenz von Brustkrebs bei diesen Patientinnen. Diese Befürchtungen basierten auf Beobachtungen von Fremdmaterialien in Tierversuchen. Die Entstehung von Krebs nach Implantation von Fremdkörpern ist anhand verschiedener Materialien mit glatten Diese Ergebnisse lassen keine direkten Schlussfolgerungen für das Krebsrisiko bei Brustimplantaten zu, da Sarkome und insbesondere Sarkome der Brust beim Menschen sehr selten sind. Anhand von Studien des Center for Disease Control der USA veränderte sich die Inzidenz von Fibrosarkomen der Brust in einem Beobachtungszeitraum von 1973 bis 1986 nicht. Bei allen Fällen von Mammasarkomen, die im Zeitraum von 1982 bis 1986 am Memorial Sloan-Kettering Cancer Center registriert wurden, hatte keine der betroffenen Patientinnen ein Silikonimplantat erhalten. # FRAUENARZT n 45 (2004) n Nr. 12 DGGG-STELLUNGNAHME ARBEITSGEMEINSCHAFT WIEDERHERSTELLENDE OPERATIONEN IN DER GYNÄKOLOGIE (AWO GYN) 1169 Die Ergebnisse von Potter et al. (14) in Tierversuchen mit Mäusen führten zu der Hypothese, dass die Immunogenität von Silikonimplantaten die Ursache für die tierexperimentell nachgewiesene Induktion multipler Myelome sei. Diese Hypothese konnte jedoch anhand keiner Studie in vivo bestätigt werden. Basierend auf diesen Ergebnissen definierte die IARC das Risiko für Tumoren außerhalb der Brust bei Patientinnen mit Silikonimplantaten als nicht erhöht (16). Einfluss von Silikonimplantaten auf die Früherkennung von Brustkrebs Seitdem Silikonimplantate für kosmetische Operationen verwendet werden, besteht die Sorge der verzögerten Erkennung von Brustkrebs. Diese wird wesentlich verursacht durch die schlechteren Mammographiebedingungen bei Patientinnen mit kosmetischer Augmentation (17– 19). Im Rahmen klinischer Untersuchungen wurde eine Verzögerung der Diagnose von Brustkrebs vielfach vermutet (20–24), jedoch niemals belegt. Die hierzu vorliegenden epidemiologischen Studien widerlegen klar den Verdacht einer späteren Tumordiagnose oder verschlechterter Überlebensraten (25, 26). 1170 FRAUENARZT n 45 (2004) n Nr.12 % 100 Brustaugmentation 80 Kontrollgruppe 60 40 20 0 0 2 4 6 8 10 Jahre Abb. 1: Gesamtüberleben von Patientinnen mit Brustkrebs nach Brustaugmentationen (n = 23) und einer Kontrollgruppe (n = 253) (aus 28). In weiteren Untersuchungen (27) fand sich bei Patientinnen mit Implantaten ein niedrigeres Tumorstadium bei der Erstdiagnose von Brustkrebs. Diese Karzinome wurden häufiger durch die Selbstuntersuchung der Betroffenen erkannt und waren seltener nodal positiv (19 vs. 41 %). Ein Bias, bedingt durch eine intensivere Betreuung oder selektive Überweisung von Patientinnen nach kosmetischer Augmentation, ist in diesen Untersuchungen nicht sicher auszuschließen. In einer aktuellen Studie von Hölmich et al. (28) wurde Brustkrebs bei Patientinnen nach Brustaugmentationen nicht verzögert diagnostiziert oder in einem fortgeschritteneren Stadium erkannt. Die Ergebnisse dieser Studie sind in Abbildung 1 dargestellt. Miglioretti et al. (29) berichten von einer verminderten Sensitivität, aber unveränderten Spezifität der Mammographie bei Brustimplantaten, ohne jedoch die Implantatposition zu berücksichtigen. Seit Silverstein et al. (19) ist jedoch bekannt, dass die Implantatposition erheblichen Einfluss auf die Aussagefähigkeit der Mammographie hat. So ist die auswertbare Gewebemenge bei Patientinnen mit subglandulärer Augmentation deut- lich niedriger als nach subpektoraler Implantatposition. Die Präsenz einer Kaspelfibrose verschlechtert darüber hinaus die Aussagefähigkeit der Screening-Mammographie. 2. Rheumatische und autoimmunologische Erkrankungen Jede Frau ist im täglichen Leben mit einer großen Anzahl silikonhaltiger Produkte in Kontakt. Aus diesem und ähnlichen Gründen konnte bislang der kausale Zusammenhang zwischen Autoimmunerkrankungen sowie Krankheiten des rheumatischen Formenkreises und der Implantation von Silikonprothesen der Brust weder zweifelsfrei ausgeschlossen noch nachgewiesen werden. In einem Konsensuspapier von Rohrich (30), in dem über 1.500 Patientinnen mit Silikonimplantaten über einen Zeitraum von 8 Jahren im Hinblick auf mögliche gesundheitsschädigende Auswirkungen erfasst wurden, finden sich folgende Schlussfolgerungen: n Es gibt keinen Nachweis, dass Silikonimplantate irgendeine systemische Erkrankung verursachen. n Es gibt darüber hinaus keinen stichhaltigen Beleg für eine „neuartige Autoimmunerkrankung“ durch Implantate. # Tumorrisiko in anderen Organen bei Implantatträgerinnen Das Risiko für andere Tumorerkrankungen neben Brustkrebs im Zusammenhang mit Brustimplantaten wurde von Gabriel et al. (13), Deapen und Brody (2) Friis et al. (3), McLaughlin et al. (5) und Kern et al. (4) untersucht. Drei dieser Studien ergaben ein der Normalbevölkerung vergleichbares Gesamttumorrisiko (3, 5, 13). Deapen und Brody (2) wie auch McLaughlin (5) fanden ein erhöhtes Risiko für Bronchialkarzinome, Deapen und Brody auch für Vulvakarzinome (2). Gesamtüberleben von Patientinnen mit Brustkrebs nach Brustaugmentation und einer Kontrollgruppe ohne Implantat Überlebensrate DGGG-STELLUNGNAHME dertes Krebsrisiko für Patientinnen nach kosmetischer Augmentation beschrieben. In der aktuellen Literatur zu diesem Thema fehlt jeder Beweis eines statistisch signifikanten Zusammenhangs zwischen rheumatischen oder autoimmunen Erkrankungen und Brustimplantaten. Eine Übersicht von Vasey et al. (31) im Journal of Rheumatology kann zwar einen Zusammenhang zwischen Symptomen und Implantaten belegen, es fehlt jedoch in allen Fällen ein konkreter Krankheitshinweis. Auch der Hinweis auf eine spontane Remission dieser nicht krankheitsbasierenden Symptome wie Muskel- oder Gelenkschmerzen, Erinnerungsschwächen und ähnlichem nach Entfernung des Implantats entbehrt jedes kausalen Beweises. Eine aktuelle Übersicht von Lipworth et al. (32) fasst die bestehenden Studien zu diesem Thema zusammen und kommt ebenfalls zu dem Schluss, dass bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt jeder Beweis einer höheren 3. Lokale Komplikationen Kapselkontraktur Nachdem das Fehlen systemischer Risiken bei Implantatträgerinnen innerhalb der letzten Jahre zunehmend anerkannt wurde, rückten die lokalen Komplikationen des Implantatlagers mehr in den Fokus des Interesses. Aufarbeitungen implantatassoziierter lokaler Komplikationen mit Erfassung der entsprechenden Therapiemaßnahmen finden sich bei Gabriel et al. (33) und Siggelkow et al. (34). Lokale Komplikationsraten in Abhängigkeit vom Implantationsgrund sind in Abbildung 2 zusammengefasst. Die Ausbildung einer fibrösen Kapsel um Silikon-Brustimplantate ist Bestandteil einer physiologischen Fremdkörperreaktion. Die aus der Formierung einer Implantatkapsel unter verschiedenen, zum Teil ungeklärten Ursachen resultierende Kapselkontraktur mit schmerzhafter Verziehung des Drüsenkörpers, der Haut und der Areola ist die spezifische und am häufigsten auftretende lokale Komplikation nach Implantation von Si- likon-Brustimplantaten. Die submuskuläre Platzierung von Implantaten sowie die Veränderung physikalischer Oberflächenbeschaffenheiten wie der Oberflächentexturierung haben in unterschiedlichem Ausmaß zu einer Reduktion der Inzidenz von Kapselkontrakturen geführt. Wie auch die Ätiologie der Kapselfibrose an sich bleiben die Mechanismen unklar, mit denen die Texturierung von Implantatoberflächen oder die submuskuläre Implantation das Auftreten der Kapselfibrose vermindern können. Der Präventionseffekt der Texturierung scheint darüber hinaus nur in den ersten Implantatjahren zu bestehen; zur Zeit gibt es keine Untersuchungen, die diesen Effekt in der Langzeitanwendung bestätigen. In einer groß angelegten Studie von Handel (38) wurden 752 Frauen mit 1.655 Implantaten für durchschnittlich 27,6 Monate überwacht. Es erfolgte eine Gegenüberstellung der Kapselkontraktur mit n der Oberflächenbeschaffenheit des Implantats (glatt, texturiert oder polyurethanbeschichtet), n dem Füllungsmaterial (Kochsalzoder Silikongel), n der Implantatform, n der Lokalisation des Implantats (sub- oder präpektoral), DGGG-STELLUNGNAHME Über die grundlegende Frage, ob Silikonimplantate eine Autoimmunantwort induzieren können, gibt es ebenfalls keine abschließende Beurteilung. Während diese Frage von den meisten Autoren verneint wird, berichten andere über den Nachweis antinukleärer Antikörper, spezifischer Silikonantikörper und indirekte Hinweise auf das Vorliegen von Antikörpern gegen Myelinscheiden. Es wird angenommen, dass beim Prothesenabbau oberflächliche Si-OH-Gruppen freigesetzt und biologisch aktiv werden. Die Umwandlung von Silikon zu SiO2 durch die NikotinamidadeninDinukleotidphosphatase (NADP) in Makrophagen gilt hypothetisch ebenfalls als potentiell immunantwortauslösendes Ereignis. Inzidenz rheumatischer oder autoimmunologischer Erkrankungen unter Implantatträgerinnen aussteht. Risiko lokaler Komplikationen 0,5 kumulatives Komplikationsrisiko n Die häufigsten Komplikationen im Zusammenhang mit Silikonimplantaten sind lokal begrenzt und nicht lebensbedrohlich. n Bei Frauen mit Silikonimplantaten und Krankheiten des rheumatischen Formenkreises gibt es keinen schlüssigen Beweis, dass diese Patientinnen durch das Implantat erkrankt sind. 0,4 Brustkrebs 0,3 prophylaktisch 0,2 0,1 kosmetisch 0 0 1 2 3 Jahre nach Implantation 4 5 Abb. 2: Darstellung des kumulativen implantatassoziierten Komplikationsrisikos bei 1.703 Brustimplantaten nach dem Operationsgrund (nach 33). # FRAUENARZT n 45 (2004) n Nr. 12 1171 Eine bakteriologische Ätiologie der Kapselkontraktur wird von verschiedenen Autoren mit dem entzündlich bedingt verzögerten Heilungsprozess und der zellulären Antwort auf das lokale entzündliche Geschehen begründet. In-vitro-Untersuchungen zur Reaktion von koagulasenegativen Staphylokokken, die von Silikonimplantaten isoliert und auf Fibroblastenkulturen übertragen wurden, ergaben keine Ergebnisse. Auch die Abhängigkeit der Bakterienbesiedlung vom Prothesenmaterial ist nicht eindeutig geklärt. Kulturelle Untersuchungen der Prothesenumgebung subpektoraler und präpektoraler Implantate erbrachten keinen eindeutigen Unterschied. Das vorhandene Wissen um die bakterielle Besiedlung von Implantaten erlaubt letztlich keine Klärung derFrage, warum texturierte und polyurethanbeschichtete Prothesen weniger Kapselbildungen nach sich ziehen als Prothesen mit glatten Oberflächen, obwohl im biologischen Sinne die Texturierung mehr Angriffsfläche für die Bakterien bieten würde. Zusammenfassend gibt es genügend Hinweise, die einen Einfluss der bakteriellen, subklinischen Implantatbesiedelung auf die Ausbildung einer Kapselkontraktur nahe legen, der endgültige Beweis steht jedoch aus. 4. Biokompatibilität von Silikonimplantaten – aktueller Stand In der Literatur gibt es nur wenige ultrastrukturelle Untersuchungen der Grenzflächen zwischen Implantaten 1172 FRAUENARZT n 45 (2004) n Nr.12 und deren Umgebung. Zur Klärung der vielfach diskutierten Kausalkette zwischen der Implantation von Silikon-Brustprothesen und der Entstehung von Autoimmunerkrankungen bedarf es weiterer systematischer Untersuchungen der fibrösen Bindegewebskapseln explantierter Prothesen bezüglich der morphologischen Reaktionsmuster. Die Erforschung der Biokompatibilität von Silikonprothesen beinhaltet ein breites Spektrum an Untersuchungen, in denen der Einfluss der Materialalterung und die Konzentration von Abbauprodukten des Implantats in der bindegeweblichen Kapsel und dem umgebenden Mammaparenchym dargestellt werden, sowie Beschreibungen der zellulären, morphologischen und humoralen Prozesse bei der Auseinandersetzung des Körpers mit Silikonprothesen in Abhängigkeit von der Expositionszeit. Alterungsprozesse von Silikonimplantaten führen zu spezifischen Veränderungen der Implantatwand, zu Ablagerungen von Silikonabbauprodukten in der Umgebung des Implantats sowie zu offensichtlich zeitlich determinierten entzündlichen Reaktionsabläufen. Bei chromatographischen Untersuchungen der Implantatwandung hatte Embrey (39) in Abhängigkeit von der Liegezeit der Implantate Lipidinfiltrate der äußeren Silikongrenzschicht nachgewiesen und gefolgert, dass diese strukturelle Degenerationen bewirken, die schließlich zu Prothesenbleeding und Kapselruptur führen. Weinzweig (40) untersuchte Silikonimplantatkapseln und deren Umgebung auf die Silikonkonzentration. Sowohl bei Silikonimplantatkapseln als auch bei Kochsalzimplantatkapseln war die Silikonkonzentration der Kapseln wesentlich höher als die des umgebenden Gewebes. Die Silikonkonzentration in der Kapsel von Silikonimplantaten war höher als die der Kochsalzimplantate, die des umge- benden Gewebes war bei beiden Implantattypen gleich. Ein Zusammenhang zwischen Gewebssilikonkonzentrationen und bestehenden Bindegewebs- und Autoimmunerkrankungen konnte nicht nachgewiesen werden. In einer umfangreichen Untersuchung von Kapseln explantierter Prothesen beschreibt auch Friemann (41) ein zellarmes, hyalin-schwieliges Narbenbild, entstanden aus einer ursprünglich granulierenden Entzündung, als Ursache für die geringere Kontrakturrate texturierter Mammaimplantate. Die hier untersuchten Polyurethanprothesen nehmen insofern eine Sonderstellung ein, als sie das Bild einer chronisch resorbierenden Entzündungsreaktion darstellen, welches mit dem progredienten Abbau des Polyurethanschaummantels einhergeht. Bereits nach zwei Jahren sind dessen Bruchstücke nahezu vollständig in faserreiches Bindegewebe eingebettet und bieten ein spezifisches Bild mit Fremdkörperriesenzellen und lymphoplasmazellulären Infiltraten. Der Nachweis von Abbauprodukten des Polyurethanschaummantels in Makrophagen ist ebenfalls geführt worden. Unabhängig von der Oberflächenbeschaffenheit der Prothese wurde auf einen zeitlich gesetzmäßigen Ablauf einer chronisch proliferierenden Entzündungsreaktion geschlossen. Bei dieser geht mit zunehmender Verweildauer der Prothese die als synoviale Metaplasie bezeichnete reparative Proliferation ortsständiger Mesenchymzellen an der inneren Oberfläche der fibrösen Pseudokapsel allmählich in ein zellarmes hyalin-schwieliges Narbenstadium über (42). Offensichtlich haben die unterschiedlichen Oberflächenbeschaffenheiten der Prothesen lediglich Einfluss auf den Zeitpunkt des Übergangs aus der Phase der reparativen Mesenchymzellproliferation in das hyalin-schwielige Narbenstadium. Die immunhistochemisch nachgewiesene Abnahme der # DGGG-STELLUNGNAHME n der Indikationsstellung und n dem Vorkommen eines postoperativen Hämatoms. Entgegen den Aussagen anderer Autoren fand sich keine Abhängigkeit der Kapselkontraktur von der Oberflächenbeschaffenheit, der Lokalisation oder dem Füllungsmaterial, jedoch ein erhöhtes Risiko in Abhängigkeit vom Grund der Implantation sowie der bakteriellen Besiedlung. Abb. 3: Silikonpartikel in der fibrösen Implantatkapsel bei Kapselkontraktur Baker 4. Proliferationsaktivität von Mesenchymzellen an der Prothesengrenze nach einer Verweildauer von drei Jahren spricht gegen ein erhöhtes Risiko, Mammasarkome auszubilden. Das Prothesenbleeding mit Ablagerung von Silikontropfen in der Bin- degewebskapsel geht mit einer lympho-plasmazellulären und histiozytären Entzündungsreaktion einher. Die Beschaffenheit der geweblichen Reaktion im Prothesenlager scheint allerdings auch von bislang unbekannten Individualfaktoren abzuhängen. So wurde auch ohne Silikon- Abb. 4: Dicke Implantatkapsel mit reichlich Entzündungszellen bei einer Patientin mit einer symptomatischen Kapselfibrose (Baker 4) nach einer Implantatliegezeit von 156 Monaten. Das Implantat wies eine glatte Oberfläche auf. In eigenen Untersuchungen fibröser Implantatkapseln bei schwergradiger Kapselkontraktur (43) fanden wir die Beschaffenheit der Implantatkapsel abhängig von der Oberflächenbeschaffenheit des Implantats, der Implantatliegezeit und dem Schweregrad der Kapselkontraktur. Auf der Suche nach anamnestischen und morphologischen Entsprechungen der schwergradigen Kapselkontraktur (Baker 3 und 4) konnten wir die Implantatliegezeit, die Dicke der fibrösen Implantatkapsel, das Alter der Patientinnen und den histologischen Nachweis von Entzündungszeichen in der Implantatumgebung definieren. Das Bleeding von Silikonpartikeln in die Implantatkapsel sowie das histologische Bild einer Kapselfibrose sind in Abbildung 3 und 4 dargestellt. DGGG-STELLUNGNAHME tropfen in 8,3 % der Fälle eine vorherrschend lymphoplasmazelluläre und z.T. lymphofollikuläre Entzündungsreaktion in den aus hyalinschwieligem Narbengewebe bestehenden Pseudokapseln nachgewiesen. Für die Beobachtung, dass in 18,8 % der untersuchten Fälle im Prothesenlager nur eine diskrete, entzündungszellfreie Fibrose nachweisbar war, gibt es ebenfalls keine Erklärung. Zur Klärung der genannten Problemstellungen sind weitere ultrastrukturelle Untersuchungen der zellulären Reaktion auf Implantate, deren chemische Komponenten und Abbauprodukte erforderlich. Neben den Mustern der morphologischen Reaktion auf die Implantate ist vor allem deren Abhängigkeit von der Oberflächenbeschaffenheit der Implantate von äußerstem Interesse. Die Zielvorstellung zukünftiger Biokompatibilitätsuntersuchungen von Brustimplantaten sollte in der Klärung der Vorhersagbarkeit von Kapselkontrakturen anhand definierter individueller Faktoren der Implantatträgerinnen bestehen. Bis heute bleibt es im Einzelfall unvorhersehbar, welche Rolle individuelle Faktoren für die # FRAUENARZT n 45 (2004) n Nr. 12 1173 Literatur Brustkrebs und Implantate 1. Bryant H, Brasher P: Breast implants and breast cancer – reanalysis of a linkage study. N Engl J Med 332 (1995) 1535–1539. 2. Deapen DM, Bernstein L, Brody GS: Are breast implants anticarcinogenic? A 14year follow-up of the Los Angeles Study. Plast Reconstr Surg 99 (1997) 1346–1353. 3. Friis S, Storm HH: Urban-rural variation in cancer incidence in Denmark 1943–1987. Eur J Cancer 29 (1993) 538–544. 4. Kern KA, Flannery JT, Kuehn PG: Carcinogenic potential of silicone breast implants: a Connecticut statewide study. Plast Reconstr Surg 100 (1997) 737–747. 5. McLaughlin JK, Nyren O, Blot WJ et al.: Cancer risk among women with cosmetic breast implants: a population-based cohort study in Sweden. J Natl Cancer Inst 90 (1998) 156–158. 6. Park AJ, Chetty U, Watson AC: Patient satisfaction following insertion of silicone breast implants. Br J Plast Surg 49 (1996) 515–518. 7. Glasser JW, Lee NC, Wingo PA: Does breast augmentation increase the risk of breast cancer. EIS Conference. U.S. Department of Health and Human Service, Center for Disease Control, Atlanta, 1989. 8. Malone KE, Stanford JL, Daling JR et al.: Implants and breast cancer. Lancet 339 (1992) 1365. 9. Brinton LA, Malone KE, Coates RJ et al.: Breast enlargement and reduction: results from a breast cancer case-control study. Plast Reconstr Surg 97 (1996) 269–275. 10. Mellemkjaer L, Kjoller K, Friis S et al.: Cancer occurrence after cosmetic breast implantation in Denmark. Int J Cancer 88 (2000) 301–306. 11. Brinton LA, Lubin JH, Burich MC et al.: Breast cancer following augmentation mammoplasty (United States). Cancer Causes Control 11 (2000) 819–827. 12. Brinton LA, Lubin JH, Burich MC et al.: Mortality among augmentation mammoplasty patients. Epidemiology 12 (2001) 321–326. Tumorrisiko anderer Organe 13. Gabriel SE, O’Fallon WM, Kurland LT et al.: Risk of connective-tissue diseases and other disorders after breast implantation. N Engl J Med 330 (1994) 1697–1702. 14. Potter M, Morrison S, Wiener F et al.: Induction of plasmacytomas with silicone gel in genetically susceptible strains of mice. J Natl Cancer Inst 86 (1994) 1058–1065. 15. Salmon SE, Kyle RA: Silicone gels, induction of plasma cell tumors, and genetic susceptibility in mice: a call for epidemiologic investigation of women with silicone breast implants. J Natl Cancer Inst 86 (1994) 1040–1041. 16. International Agency for Research on Cancer: Surgical implants and other foreign bodies. IARC, Lyon, 1966. Einfluss von Silikonimplantaten auf die Früherkennung von Brustkrebs 17. Eklund GW, Busby RC, Miller SH et al.: 1174 FRAUENARZT n 45 (2004) n Nr.12 Improved imaging of the augmented breast. AJR Am J Roentgenol 151 (1988) 469–473. 18. Hayes H Jr, Vandergrift J, Diner WC: Mammography and breast implants. Plast Reconstr Surg 82 (1988) 1–8. 19. Silverstein MJ, Handel N, Gamagami P et al.: Breast cancer diagnosis and prognosis in women following augmentation with silicone gel-filled prostheses. Eur J Cancer 28 (1992) 635–640. 20. Handel N, Silverstein MJ, Gamagami P et al.: Factors affecting mammographic visualization of the breast after augmentation mammaplasty. JAMA 268 (1992) 1913–1917. 21. Leibman AJ, Kruse B: Breast cancer: mammographic and sonographic findings after augmentation mammoplasty. Radiology 174 (1990) 195–198. 22. Silverstein MJ, Gierson ED, Gamagami P et al.: Breast cancer diagnosis and prognosis in women augmented with silicone gelfilled implants. Cancer 66 (1990) 97–101. 23. Carlson GW, Curley SA, Martin JE et al.: The detection of breast cancer after augmentation mammaplasty. Plast Reconstr Surg 91 (1993) 837–840. 24. Fajardo LL, Harvey JA, McAleese KA et al.: Breast cancer diagnosis in women with sub-glandular silicone gel-filled augmentation implants. Radiology 194 (1995) 859–862. 25. Birdsell DC, Jenkins H, Berkel H: Breast cancer diagnosis and survival in women with and without breast implants. Plast Reconstr Surg 92 (1993) 795–800. 26. Deapen D, Hamilton A, Bernstein L et al.: Breast cancer stage at diagnosis and survival among patients with prior breast implants. Plast Reconstr Surg 105 (2000) 535–540. 27. Clark CP 3rd, Peters GN, O’Brien KM: Cancer in the augmented breast. Diagnosis and prognosis. Cancer 72 (1993) 2170–2174. 28. Hölmich LR, Mellemkjaer L, Gunnarsdottir KA et al.: Stage of breast cancer at diagnosis among women with cosmetic breast implants. Br J Cancer 88 (2003) 832–838. 29. Miglioretti DL, Rutter CM, Geller BM et al.: Effect of breast augmentation on the accuracy of mammography and cancer characteristics. JAMA 29 (2004) 442–450. Rheumatische Erkrankungen 30. Rohrich RJ: Safety of silicone breast implants: scientific validation/vindication at last. Plast Reconstr Surg 104 (1999) 1786–1788. 31. Vasey FB, Zarabadi SA, Seleznick M et al.: Where there’s smoke there’s fire: the silicone breast implant controversy continues to flicker: a new disease that needs to be defined. J Rheumatol 30 (2003) 2092–2094. 32. Lipworth L, Tarone RE, McLaughlin JK: Silicone breast implants and connective tissue disease: an updated review of the epidemiologic evidence. Ann Plast Surg 52 (2004) 598–601. Kapselkontraktur 33. Gabriel SE, Woods JE, O’Fallon WM et al.: Complications leading to surgery after breast implantation. N Engl J Med 336 (1997) 677–682. 34. Siggelkow W, Klosterhalfen B, Klinge U et al.: Analysis of local complications following explantation of silicone breast implants. Breast 13 (2004) 122–128 35. Copeland M, Choi M, Bleiweiss IJ: Silicone breakdown and capsular synovial metaplasia in textured-wall saline breast prosthesis. Plast Reconstr Surg 94 (1994) 628–633. 36. Kamel M, Protzner K, Fornasier V et al.: The peri-implant breast capsule: an immunophenotypic study of capsules taken at explantation surgery. J Biomed Mater Res 58 (2001) 88–96. 37. Yeoh G, Russel P, Jenkins E.: Spectrum of histological changes reactive to prosthetic breast implants: a clinicopathological study of 84 patients. Pathology 28 (1996) 232–237. 38. Handel N, Jensen JA, Black Q et al.: The fate of breast implants: a critical analysis of complications and outcomes. Plast Reconstr Surg 96 (1995) 1521–1533. Biokompatibilität 39. Embrey M, Adams EE, Cunningham B et al.: Factors associated with breast implant rupture: pilot of a retrospective analysis. Aesthetic Plast Surg 23 (1999) 207–212. 40. Weinzweig J, Schnur PL, McConnell JP et al.: Silicon analysis of breast and capsular tissue from patients with saline or silicone gel breast implants: II. Correlation with connective-tissue disease. Plast Reconstr Surg 101 (1998) 1836–1841. 41. Friemann J, Bauer M, Golz B et al.: Physiologische und pathologische Reaktionsmuster auf Silikonprothesen der Mamma. Zentralbl Chir 122 (1997) 551–564. 42. Raso D, Crymes L, Metcalf JS: Histological assessment of fifty breast capsules from smooth and textured augmentation and reconstruction mammoplasty prosthesis with emphasis on the role of synovial metaplasia. Mod Pathol 7 (1994) 310–316. 43. Siggelkow W, Faridi A, Spiritus K et al.: Histological analysis of silicone breast implant capsules and correlation with capsular contracture. Biomaterials 24 (2003) 1101–1109. Für die Autoren Dr. med. W. Siggelkow Universitäts-Frauenklinik Langenbeck-Straße 1 D-55101 Mainz Tel. +49 6131 17-7319 E-Mail siggelko@uni-mainz.de # DGGG-STELLUNGNAHME Beschaffenheit der lokalen Fremdkörperreaktion auf das Implantat spielen.