Zur Sicherheit von Silikon-Brustimplantaten

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Zur Sicherheit von Silikon-Brustimplantaten
Zur Sicherheit von
Silikon-Brustimplantaten
W. Siggelkow1, H. Dieterich2, A. Faridi3
Die Verwendung von Silikonimplantaten ist ein etabliertes Verfahren zur
primären und sekundären Rekonstruktion nach abladierenden Operationen, zur Therapie von Fehlbildungen und Anlagestörungen der Brust
sowie zur kosmetischen Augmentation. Für die Implantation von Silikonprothesen sprechen
n der geringe operative Aufwand,
n die niedrige Komplikationsrate,
n die zunehmend besseren Möglichkeiten der Anpassung an die
natürliche Form der Brust sowie
n die bessere biologische Kompatibilität durch die Verwendung
moderner Materialien und Oberflächenbeschaffenheiten.
Nachdem in den USA in den 60er Jahren erstmals Silikonprothesen zur
kosmetischen Augmentation und zur
Brustrekonstruktion implantiert wurden, betrug die Zahl der Implantatträgerinnen dort im Jahr 1989
815.700. Um die Biokompatibilität
zu steigern, wird über lokale Komplikationen wie die Kapselfibrose und
das Leakage von Silikonbestandteilen in den umgebenden Weichteilmantel intensivst geforscht. So wurde die Rate an Kapselkontrakturen
durch die Einführung texturierter
Oberflächen und durch die Verwendung von doppellumigen Prothesen
mit einem silikongelgefüllten Kern
und einer NaCl-gefüllten Mantelzone
erheblich gesenkt.
1
Frauenklinik im Klinikum der
Johannes Gutenberg Universität
Mainz
2 Frauenklinik und Brustzentrum
Rheinfelden
3 Bereich Brustchirurgie und
Senologie der Frauenklinik,
Universitätsklinikum Aachen
Infolge eines Beschlusses der FDA
vom 16.4.1992 sind in den USA Silikonprothesen nur noch zur Brustrekonstruktion und nicht mehr zur
Brustvergrößerung zugelassen. Begründet wurde dies mit den nicht
ausreichend untersuchten Auswirkungen der Silikonimplantate auf das
umgebende Gewebe, deren Kanzerogenität sowie deren pathogenetischer Bedeutung für autoimmunologische Erkankungen und Krankheiten
des rheumatischen Formenkreises.
Seit dieser Entscheidung wurde eine
große Zahl von Untersuchungen zur
Biokompatibilität von Silikonprothesen durchgeführt, so dass Silikon wie
auch Polyurethan als die am besten
erforschten Biomaterialien angesehen werden können. Trotz umfangreicher wissenschaftlicher Bestätigung der Sicherheit von Brustimplantaten stehen sowohl das Implantatmaterial als auch die Implantate selbst im Kreuzfeuer der öffentlichen Kritik.
Oberflächen wie Nylon, Glas und
Polyester im Tierversuch beschrieben
worden. Die Kanzerogenität der Implantate scheint dabei mehr von der
Oberflächenbeschaffenheit als von
der chemischen Zusammensetzung
der jeweiligen Implantate abzuhängen.
Komplikationen und
Risiken im Zusammenhang
mit der Verwendung von
Silikonimplantaten
Das implantatabhängige Brustkrebsrisiko wurde in zahlreichen Kohortenstudien beschrieben (1–6). Fallkontrollstudien wurden von Glasser et
al. (7) Malone et al. (8) und Brinton
et al. (9) publiziert. Die meisten der
vorliegenden Untersuchungen (1, 2,
5, 8, 9) berichteten ein vermindertes
Krebsrisiko für Implantatträgerinnen
bzw. ein der Normalbevölkerung vergleichbares Risiko (3, 7). Die „International Agency for Research on Cancer“ konstatiert in ihrem Bericht von
1999, dass im Zusammenhang mit
Brustimplantaten keine erhöhte
Brustkrebsgefahr besteht. In aktuellen Publikationen aus Dänemark (10)
und den USA (11) wurde anhand von
1.736 dänischen und 13.488 amerikanischen Patientinnen ein unverän-
1. Kanzerogenität
Brustkrebs und Implantate
Eine der ersten Befürchtungen bezüglich der zu erwartenden Langzeitkomplikationen von Silikonimplantaten war die Frage nach der Inzidenz
von Brustkrebs bei diesen Patientinnen. Diese Befürchtungen basierten
auf Beobachtungen von Fremdmaterialien in Tierversuchen. Die Entstehung von Krebs nach Implantation
von Fremdkörpern ist anhand verschiedener Materialien mit glatten
Diese Ergebnisse lassen keine direkten Schlussfolgerungen für das
Krebsrisiko bei Brustimplantaten zu,
da Sarkome und insbesondere Sarkome der Brust beim Menschen sehr
selten sind. Anhand von Studien
des Center for Disease Control der
USA veränderte sich die Inzidenz von
Fibrosarkomen der Brust in einem
Beobachtungszeitraum von 1973
bis 1986 nicht. Bei allen Fällen
von Mammasarkomen, die im Zeitraum von 1982 bis 1986 am Memorial Sloan-Kettering Cancer Center
registriert wurden, hatte keine der
betroffenen Patientinnen ein Silikonimplantat erhalten.
#
FRAUENARZT n 45 (2004) n Nr. 12
DGGG-STELLUNGNAHME
ARBEITSGEMEINSCHAFT WIEDERHERSTELLENDE OPERATIONEN IN DER GYNÄKOLOGIE (AWO GYN)
1169
Die Ergebnisse von Potter et al. (14)
in Tierversuchen mit Mäusen führten
zu der Hypothese, dass die Immunogenität von Silikonimplantaten die
Ursache für die tierexperimentell
nachgewiesene Induktion multipler
Myelome sei. Diese Hypothese konnte jedoch anhand keiner Studie in
vivo bestätigt werden. Basierend auf
diesen Ergebnissen definierte die
IARC das Risiko für Tumoren außerhalb der Brust bei Patientinnen mit
Silikonimplantaten als nicht erhöht
(16).
Einfluss von Silikonimplantaten
auf die Früherkennung von Brustkrebs
Seitdem Silikonimplantate für kosmetische Operationen verwendet
werden, besteht die Sorge der verzögerten Erkennung von Brustkrebs.
Diese wird wesentlich verursacht
durch die schlechteren Mammographiebedingungen bei Patientinnen
mit kosmetischer Augmentation (17–
19). Im Rahmen klinischer Untersuchungen wurde eine Verzögerung der
Diagnose von Brustkrebs vielfach vermutet (20–24), jedoch niemals belegt. Die hierzu vorliegenden epidemiologischen Studien widerlegen klar
den Verdacht einer späteren Tumordiagnose oder verschlechterter Überlebensraten (25, 26).
1170
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%
100
Brustaugmentation
80
Kontrollgruppe
60
40
20
0
0
2
4
6
8
10
Jahre
Abb. 1: Gesamtüberleben von Patientinnen mit Brustkrebs nach Brustaugmentationen (n = 23)
und einer Kontrollgruppe (n = 253) (aus 28).
In weiteren Untersuchungen (27)
fand sich bei Patientinnen mit Implantaten ein niedrigeres Tumorstadium bei der Erstdiagnose von Brustkrebs. Diese Karzinome wurden häufiger durch die Selbstuntersuchung
der Betroffenen erkannt und waren
seltener nodal positiv (19 vs. 41 %).
Ein Bias, bedingt durch eine intensivere Betreuung oder selektive Überweisung von Patientinnen nach kosmetischer Augmentation, ist in diesen Untersuchungen nicht sicher auszuschließen. In einer aktuellen
Studie von Hölmich et al. (28) wurde Brustkrebs bei Patientinnen nach
Brustaugmentationen nicht verzögert
diagnostiziert oder in einem fortgeschritteneren Stadium erkannt. Die
Ergebnisse dieser Studie sind in Abbildung 1 dargestellt.
Miglioretti et al. (29) berichten von
einer verminderten Sensitivität, aber
unveränderten Spezifität der Mammographie bei Brustimplantaten,
ohne jedoch die Implantatposition zu
berücksichtigen. Seit Silverstein et al.
(19) ist jedoch bekannt, dass die Implantatposition erheblichen Einfluss
auf die Aussagefähigkeit der Mammographie hat. So ist die auswertbare Gewebemenge bei Patientinnen mit
subglandulärer Augmentation deut-
lich niedriger als nach subpektoraler
Implantatposition. Die Präsenz einer
Kaspelfibrose verschlechtert darüber
hinaus die Aussagefähigkeit der
Screening-Mammographie.
2. Rheumatische und autoimmunologische Erkrankungen
Jede Frau ist im täglichen Leben mit
einer großen Anzahl silikonhaltiger
Produkte in Kontakt. Aus diesem und
ähnlichen Gründen konnte bislang
der kausale Zusammenhang zwischen
Autoimmunerkrankungen
sowie
Krankheiten des rheumatischen Formenkreises und der Implantation von
Silikonprothesen der Brust weder
zweifelsfrei ausgeschlossen noch
nachgewiesen werden. In einem Konsensuspapier von Rohrich (30), in
dem über 1.500 Patientinnen mit Silikonimplantaten über einen Zeitraum von 8 Jahren im Hinblick auf
mögliche gesundheitsschädigende
Auswirkungen erfasst wurden, finden
sich folgende Schlussfolgerungen:
n Es gibt keinen Nachweis, dass Silikonimplantate irgendeine systemische Erkrankung verursachen.
n Es gibt darüber hinaus keinen
stichhaltigen Beleg für eine
„neuartige Autoimmunerkrankung“ durch Implantate.
#
Tumorrisiko in anderen Organen
bei Implantatträgerinnen
Das Risiko für andere Tumorerkrankungen neben Brustkrebs im Zusammenhang mit Brustimplantaten
wurde von Gabriel et al. (13), Deapen und Brody (2) Friis et al. (3),
McLaughlin et al. (5) und Kern et al.
(4) untersucht. Drei dieser Studien
ergaben ein der Normalbevölkerung
vergleichbares Gesamttumorrisiko
(3, 5, 13). Deapen und Brody (2) wie
auch McLaughlin (5) fanden ein erhöhtes Risiko für Bronchialkarzinome, Deapen und Brody auch für Vulvakarzinome (2).
Gesamtüberleben von Patientinnen mit Brustkrebs
nach Brustaugmentation und einer Kontrollgruppe
ohne Implantat
Überlebensrate
DGGG-STELLUNGNAHME
dertes Krebsrisiko für Patientinnen
nach kosmetischer Augmentation beschrieben.
In der aktuellen Literatur zu diesem
Thema fehlt jeder Beweis eines statistisch signifikanten Zusammenhangs zwischen rheumatischen oder
autoimmunen Erkrankungen und
Brustimplantaten. Eine Übersicht
von Vasey et al. (31) im Journal of
Rheumatology kann zwar einen Zusammenhang zwischen Symptomen
und Implantaten belegen, es fehlt jedoch in allen Fällen ein konkreter
Krankheitshinweis. Auch der Hinweis
auf eine spontane Remission dieser
nicht krankheitsbasierenden Symptome wie Muskel- oder Gelenkschmerzen, Erinnerungsschwächen und ähnlichem nach Entfernung des Implantats entbehrt jedes kausalen Beweises. Eine aktuelle Übersicht von
Lipworth et al. (32) fasst die bestehenden Studien zu diesem Thema zusammen und kommt ebenfalls zu dem
Schluss, dass bis zum gegenwärtigen
Zeitpunkt jeder Beweis einer höheren
3. Lokale Komplikationen
Kapselkontraktur
Nachdem das Fehlen systemischer Risiken bei Implantatträgerinnen
innerhalb der letzten Jahre zunehmend anerkannt wurde, rückten die
lokalen Komplikationen des Implantatlagers mehr in den Fokus des
Interesses. Aufarbeitungen implantatassoziierter lokaler Komplikationen mit Erfassung der entsprechenden Therapiemaßnahmen finden sich
bei Gabriel et al. (33) und Siggelkow
et al. (34). Lokale Komplikationsraten in Abhängigkeit vom Implantationsgrund sind in Abbildung 2 zusammengefasst.
Die Ausbildung einer fibrösen Kapsel um Silikon-Brustimplantate ist
Bestandteil einer physiologischen
Fremdkörperreaktion. Die aus der Formierung einer Implantatkapsel unter
verschiedenen, zum Teil ungeklärten
Ursachen resultierende Kapselkontraktur mit schmerzhafter Verziehung
des Drüsenkörpers, der Haut und der
Areola ist die spezifische und am
häufigsten auftretende lokale Komplikation nach Implantation von Si-
likon-Brustimplantaten. Die submuskuläre Platzierung von Implantaten
sowie die Veränderung physikalischer
Oberflächenbeschaffenheiten wie der
Oberflächentexturierung haben in
unterschiedlichem Ausmaß zu einer
Reduktion der Inzidenz von Kapselkontrakturen geführt.
Wie auch die Ätiologie der Kapselfibrose an sich bleiben die Mechanismen unklar, mit denen die Texturierung von Implantatoberflächen oder
die submuskuläre Implantation das
Auftreten der Kapselfibrose vermindern können. Der Präventionseffekt
der Texturierung scheint darüber hinaus nur in den ersten Implantatjahren zu bestehen; zur Zeit gibt es keine Untersuchungen, die diesen Effekt
in der Langzeitanwendung bestätigen. In einer groß angelegten Studie
von Handel (38) wurden 752 Frauen
mit 1.655 Implantaten für durchschnittlich 27,6 Monate überwacht.
Es erfolgte eine Gegenüberstellung
der Kapselkontraktur mit
n der Oberflächenbeschaffenheit
des Implantats (glatt, texturiert
oder polyurethanbeschichtet),
n dem Füllungsmaterial (Kochsalzoder Silikongel),
n der Implantatform,
n der Lokalisation des Implantats
(sub- oder präpektoral),
DGGG-STELLUNGNAHME
Über die grundlegende Frage, ob Silikonimplantate eine Autoimmunantwort induzieren können, gibt es
ebenfalls keine abschließende Beurteilung. Während diese Frage von den
meisten Autoren verneint wird, berichten andere über den Nachweis
antinukleärer Antikörper, spezifischer
Silikonantikörper und indirekte Hinweise auf das Vorliegen von Antikörpern gegen Myelinscheiden. Es wird
angenommen, dass beim Prothesenabbau oberflächliche Si-OH-Gruppen
freigesetzt und biologisch aktiv werden. Die Umwandlung von Silikon zu
SiO2 durch die NikotinamidadeninDinukleotidphosphatase (NADP) in
Makrophagen gilt hypothetisch ebenfalls als potentiell immunantwortauslösendes Ereignis.
Inzidenz rheumatischer oder autoimmunologischer Erkrankungen unter
Implantatträgerinnen aussteht.
Risiko lokaler Komplikationen
0,5
kumulatives
Komplikationsrisiko
n Die häufigsten Komplikationen
im Zusammenhang mit Silikonimplantaten sind lokal begrenzt
und nicht lebensbedrohlich.
n Bei Frauen mit Silikonimplantaten und Krankheiten des rheumatischen Formenkreises gibt es
keinen schlüssigen Beweis, dass
diese Patientinnen durch das Implantat erkrankt sind.
0,4
Brustkrebs
0,3
prophylaktisch
0,2
0,1
kosmetisch
0
0
1
2
3
Jahre nach Implantation
4
5
Abb. 2: Darstellung des kumulativen implantatassoziierten Komplikationsrisikos bei 1.703
Brustimplantaten nach dem Operationsgrund (nach 33).
#
FRAUENARZT n 45 (2004) n Nr. 12
1171
Eine bakteriologische Ätiologie der
Kapselkontraktur wird von verschiedenen Autoren mit dem entzündlich
bedingt verzögerten Heilungsprozess
und der zellulären Antwort auf das
lokale entzündliche Geschehen begründet. In-vitro-Untersuchungen
zur Reaktion von koagulasenegativen
Staphylokokken, die von Silikonimplantaten isoliert und auf Fibroblastenkulturen übertragen wurden, ergaben keine Ergebnisse. Auch die Abhängigkeit der Bakterienbesiedlung
vom Prothesenmaterial ist nicht eindeutig geklärt. Kulturelle Untersuchungen der Prothesenumgebung
subpektoraler und präpektoraler Implantate erbrachten keinen eindeutigen Unterschied.
Das vorhandene Wissen um die bakterielle Besiedlung von Implantaten
erlaubt letztlich keine Klärung derFrage, warum texturierte und polyurethanbeschichtete Prothesen weniger Kapselbildungen nach sich ziehen als Prothesen mit glatten Oberflächen, obwohl im biologischen
Sinne die Texturierung mehr Angriffsfläche für die Bakterien bieten
würde. Zusammenfassend gibt es genügend Hinweise, die einen Einfluss
der bakteriellen, subklinischen Implantatbesiedelung auf die Ausbildung einer Kapselkontraktur nahe legen, der endgültige Beweis steht jedoch aus.
4. Biokompatibilität von Silikonimplantaten – aktueller Stand
In der Literatur gibt es nur wenige
ultrastrukturelle Untersuchungen der
Grenzflächen zwischen Implantaten
1172
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und deren Umgebung. Zur Klärung
der vielfach diskutierten Kausalkette
zwischen der Implantation von Silikon-Brustprothesen und der Entstehung von Autoimmunerkrankungen
bedarf es weiterer systematischer
Untersuchungen der fibrösen Bindegewebskapseln explantierter Prothesen bezüglich der morphologischen
Reaktionsmuster.
Die Erforschung der Biokompatibilität von Silikonprothesen beinhaltet
ein breites Spektrum an Untersuchungen, in denen der Einfluss der
Materialalterung und die Konzentration von Abbauprodukten des Implantats in der bindegeweblichen
Kapsel und dem umgebenden Mammaparenchym dargestellt werden, sowie Beschreibungen der zellulären,
morphologischen und humoralen Prozesse bei der Auseinandersetzung des
Körpers mit Silikonprothesen in Abhängigkeit von der Expositionszeit.
Alterungsprozesse von Silikonimplantaten führen zu spezifischen Veränderungen der Implantatwand, zu
Ablagerungen von Silikonabbauprodukten in der Umgebung des Implantats sowie zu offensichtlich zeitlich determinierten entzündlichen
Reaktionsabläufen.
Bei chromatographischen Untersuchungen der Implantatwandung hatte Embrey (39) in Abhängigkeit von
der Liegezeit der Implantate Lipidinfiltrate der äußeren Silikongrenzschicht nachgewiesen und gefolgert,
dass diese strukturelle Degenerationen bewirken, die schließlich zu Prothesenbleeding und Kapselruptur
führen.
Weinzweig (40) untersuchte Silikonimplantatkapseln und deren Umgebung auf die Silikonkonzentration.
Sowohl bei Silikonimplantatkapseln
als auch bei Kochsalzimplantatkapseln war die Silikonkonzentration der
Kapseln wesentlich höher als die des
umgebenden Gewebes. Die Silikonkonzentration in der Kapsel von Silikonimplantaten war höher als die der
Kochsalzimplantate, die des umge-
benden Gewebes war bei beiden Implantattypen gleich. Ein Zusammenhang zwischen Gewebssilikonkonzentrationen und bestehenden Bindegewebs- und Autoimmunerkrankungen konnte nicht nachgewiesen
werden.
In einer umfangreichen Untersuchung
von Kapseln explantierter Prothesen
beschreibt auch Friemann (41) ein
zellarmes, hyalin-schwieliges Narbenbild, entstanden aus einer ursprünglich granulierenden Entzündung, als Ursache für die geringere
Kontrakturrate texturierter Mammaimplantate. Die hier untersuchten
Polyurethanprothesen nehmen insofern eine Sonderstellung ein, als sie
das Bild einer chronisch resorbierenden Entzündungsreaktion darstellen,
welches mit dem progredienten Abbau des Polyurethanschaummantels
einhergeht. Bereits nach zwei Jahren
sind dessen Bruchstücke nahezu vollständig in faserreiches Bindegewebe
eingebettet und bieten ein spezifisches Bild mit Fremdkörperriesenzellen und lymphoplasmazellulären Infiltraten.
Der Nachweis von Abbauprodukten
des Polyurethanschaummantels in
Makrophagen ist ebenfalls geführt
worden. Unabhängig von der Oberflächenbeschaffenheit der Prothese
wurde auf einen zeitlich gesetzmäßigen Ablauf einer chronisch proliferierenden Entzündungsreaktion geschlossen. Bei dieser geht mit zunehmender Verweildauer der Prothese die als synoviale Metaplasie
bezeichnete reparative Proliferation
ortsständiger Mesenchymzellen an
der inneren Oberfläche der fibrösen
Pseudokapsel allmählich in ein zellarmes hyalin-schwieliges Narbenstadium über (42). Offensichtlich haben die unterschiedlichen Oberflächenbeschaffenheiten der Prothesen
lediglich Einfluss auf den Zeitpunkt
des Übergangs aus der Phase der reparativen Mesenchymzellproliferation in das hyalin-schwielige Narbenstadium. Die immunhistochemisch nachgewiesene Abnahme der
#
DGGG-STELLUNGNAHME
n der Indikationsstellung und
n dem Vorkommen eines postoperativen Hämatoms.
Entgegen den Aussagen anderer Autoren fand sich keine Abhängigkeit
der Kapselkontraktur von der Oberflächenbeschaffenheit, der Lokalisation oder dem Füllungsmaterial, jedoch ein erhöhtes Risiko in Abhängigkeit vom Grund der Implantation
sowie der bakteriellen Besiedlung.
Abb. 3: Silikonpartikel in der fibrösen Implantatkapsel bei Kapselkontraktur Baker 4.
Proliferationsaktivität von Mesenchymzellen an der Prothesengrenze
nach einer Verweildauer von drei Jahren spricht gegen ein erhöhtes Risiko, Mammasarkome auszubilden.
Das Prothesenbleeding mit Ablagerung von Silikontropfen in der Bin-
degewebskapsel geht mit einer lympho-plasmazellulären und histiozytären Entzündungsreaktion einher. Die
Beschaffenheit der geweblichen Reaktion im Prothesenlager scheint
allerdings auch von bislang unbekannten Individualfaktoren abzuhängen. So wurde auch ohne Silikon-
Abb. 4: Dicke Implantatkapsel mit reichlich Entzündungszellen bei einer Patientin mit einer
symptomatischen Kapselfibrose (Baker 4) nach einer Implantatliegezeit von 156 Monaten.
Das Implantat wies eine glatte Oberfläche auf.
In eigenen Untersuchungen fibröser
Implantatkapseln bei schwergradiger
Kapselkontraktur (43) fanden wir die
Beschaffenheit der Implantatkapsel
abhängig von der Oberflächenbeschaffenheit des Implantats, der Implantatliegezeit und dem Schweregrad der Kapselkontraktur. Auf der
Suche nach anamnestischen und
morphologischen Entsprechungen
der schwergradigen Kapselkontraktur
(Baker 3 und 4) konnten wir die Implantatliegezeit, die Dicke der fibrösen Implantatkapsel, das Alter der
Patientinnen und den histologischen
Nachweis von Entzündungszeichen
in der Implantatumgebung definieren. Das Bleeding von Silikonpartikeln in die Implantatkapsel sowie
das histologische Bild einer Kapselfibrose sind in Abbildung 3 und 4
dargestellt.
DGGG-STELLUNGNAHME
tropfen in 8,3 % der Fälle eine vorherrschend lymphoplasmazelluläre
und z.T. lymphofollikuläre Entzündungsreaktion in den aus hyalinschwieligem Narbengewebe bestehenden Pseudokapseln nachgewiesen. Für die Beobachtung, dass in
18,8 % der untersuchten Fälle im
Prothesenlager nur eine diskrete,
entzündungszellfreie Fibrose nachweisbar war, gibt es ebenfalls keine
Erklärung.
Zur Klärung der genannten Problemstellungen sind weitere ultrastrukturelle Untersuchungen der zellulären Reaktion auf Implantate, deren
chemische Komponenten und Abbauprodukte erforderlich. Neben den
Mustern der morphologischen Reaktion auf die Implantate ist vor allem
deren Abhängigkeit von der Oberflächenbeschaffenheit der Implantate
von äußerstem Interesse. Die Zielvorstellung zukünftiger Biokompatibilitätsuntersuchungen von Brustimplantaten sollte in der Klärung der
Vorhersagbarkeit von Kapselkontrakturen anhand definierter individueller Faktoren der Implantatträgerinnen bestehen. Bis heute bleibt es im
Einzelfall unvorhersehbar, welche
Rolle individuelle Faktoren für die
#
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1173
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Für die Autoren
Dr. med. W. Siggelkow
Universitäts-Frauenklinik
Langenbeck-Straße 1
D-55101 Mainz
Tel. +49 6131 17-7319
E-Mail siggelko@uni-mainz.de
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DGGG-STELLUNGNAHME
Beschaffenheit der lokalen Fremdkörperreaktion auf das Implantat
spielen.