sandra rauch - Kunstsalon Europa

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SEEMANNSTRÄUME
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–
INTERVIEW
Sandra Rauch will mit ihrer Kunst den
Themen, so viel Dichte – einen ganzen Tag
Zeitgeist einer Stadt dokumentieren. Da-
könnte man hier sitzen und staunen.
bei addiert sie verschiedene Komponenten
zu einer berauschenden Summe. Seit kur-
FR AU R AU C H, IHR E WE R KE SIN D SE IT
zer Zeit gibt es ihre Werke auch an Bord.
KURZER ZEIT IN DEN KUNSTGALERIEN AN
Wir haben sie in ihrem Berliner Atelier
BO R D E R HÄ LTL IC H. WOVO N HA N DE LT
besucht.
IHR E KU N ST?
Berlin, Bahnhof Eberswalder Straße. Es ist
Vom Alltag. Man kann sich das vorstellen
ein Tag wie aus dem Bilderbuch. Die Luft
wie Sirup oder Essenz – eben eine sehr
flirrt, die Sonne wärmt den noch kühlen
konzentrierte Form der Darstellung. Ich
Morgen und aus den kleinen Szenecafés
bin übrigens besonders stolz, dass ich jetzt
hört man das verheißungsvolle Dröhnen
auf AIDA vertreten bin. Ich bin seit langer
von italienischen Kaffeemaschinen. Mit-
Zeit Fan und habe mir immer gewünscht,
tendrin im lebendigen Prenzlauer Berg
dass sich das Gefühl, das man von einem
befindet sich das Atelier von Sandra
Landausflug mit an Bord bringt, in der
Rauch. „Eat diamonds for breakfast and
Kunstgalerie widerspiegelt. Mir geht es
shine all day“ (Iss Diamanten zum Früh-
immer so, dass ich voller Energie bin, wenn
stück und strahle den ganzen Tag) steht
ich wieder an Bord komme.
da mit neonpinker Schrift an der Scheibe.
Und wer sowas an seine Scheibe schreibt,
WELCHE STÄDTE HABEN SIE DENN FÜR
von dem kann man auch genau das erwar-
AIDA AUF IHRE ESSENZ KONZENTRIERT?
ten. Sandra Rauch empfängt uns mit einer Herzlichkeit, die der Berliner sonst im
Hamburg, New York und London – alles
Lexikon nachschlagen muss. Wir trinken
AIDA Häfen.
Bohnenkaffee aus Kaffeetassen mit GolJIMMY BROWN
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drand auf denen still und leise Pfingstro-
AUF IHREN WERKEN GIBT ES SO VIEL ZU ENT-
sen blühen. „Bang!“ steht auf einem Bild
DECKEN. WO FANGEN WIR AM BESTEN AN?
und das entspricht genau dem Gefühl, was
man beim Anblick der Werke von Sandra
Ja, das ist nicht leicht. Wir können ja
Rauch empfindet. So viel Farbe, so viel
mal die einzelnen Schichten betrachten.
Meine Arbeiten entstehen auf Acryl-
sehe ich zig Millionen Geschichten und
glas. Darauf komponiere ich mit Farben,
verspüre direkt dieses Kribbeln im Bauch.
Drucken, Signets, Logos und Symbolen
Dann will ich loslegen.
den Kern der Stadt. Dafür muss ich allerdings lange auf Spurensuche gehen. Ich
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SIE HABEN IMMER KAMERAS DABEI?
suche dann nach dem was die jeweilige
Stadt ausmacht. Auch Wahrzeichen, Graf-
Ja, immer. Manchmal nur das iphone aber
fitis, Piktogramme – ich sammle alles ein.
ganz oft auch eine meiner Profikameras.
Ich bin eine Asphaltdschungeljägerin.
Es ist scheinbar ein Naturgesetz: Wenn
man sie nicht dabei hat, gibt es immer
IHRE WERKE WERDEN IMMER ALS „URBAN
etwas das ich gern fotografiert hätte.
ART“ BEZEICHNET. WIE KÖNNTE ICH DIESEN
BEGRIFF MEINER OMA ERKLÄREN?
WENN ICH DURCH DIE STADT LAUFE, SEHE
ICH GAR NICHT SO VIELE MARKANTE DETAILS.
Urban Art ist als Begriff gerade sehr mo-
HABEN SIE EINEN BESONDERS SELEKTIVEN
dern. Sie bestimmt das aktuelle Gesicht der
BLICK AUF DER SUCHE NACH KUNST?
Stadt, die Eindrücke und die Emotionen
in allen Facetten. Eben das Jetzt. Für mich
Ja. Ich bin ja immer Künstlerin. Und so sehe
ist Urban Art die Grundlage über die ich
ich auch immer aus den Augen einer Künst-
meine Geschichten erzählte. Ich will sagen
lerin. Urlaub machen ohne hinzusehen?
wie sich Hong Kong anfühlt oder was New
Ist für mich undenkbar. Ich sammle und
York mit einem macht.
jage immer und überall. Ich liebe es.
WO FINDEN SIE ALL DIE FRAGMENTE FÜR
ANGENOMMEN SIE HÄTTEN JETZT WAHNSINNIG
IHRE WERKE?
VIEL MATERIAL. WAS KOMMT DANN?
Auf der Straße. Wenn ich an einen neuen
Dann mache ich erstmal nichts damit.
Ort komme, gehe ich erstmal zum höchs-
Ich sortiere es und lege es weg. Für mich
ten Punkt. Ich muss mir einen Überblick
hat sich herausgestellt, dass die erste
verschaffen und analysieren, um welche
Emotion eine ganz andere ist als das was
Details ich mich kümmern kann. Dann
man empfindet wenn man einige Zeit
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abwartet. Wenn die erste Euphorie vorüber
Ja, da haben schon viele probiert, hinein zu
ist, kommt das wahre Gefühl.
kommen aber da dürfen nur mein Assistent Heiko und ich rein.
DAS IST ÜBERRASCHEND. WIEVIEL ZEIT VERGEHT
VON DER SPURENSAMMLUNG BIS ZUM WERK?
SCHADE. ABER ZURÜCK ZUR KUNST: MAN SIEHT
AUF VIELEN WERKEN AUCH COMIC-HELDEN
Bei Hong Kong waren es zwei Jahre.
DER 90ER. WAS HABEN DIE ZU BEDEUTEN?
UND DANACH?
Ich suche immer nach übergeordneten
Symbolen. Batman zum Beispiel steht
Ich addiere die Fragmente und kompo-
bei mir für Schutz. Er ist ein Beschützer.
niere. Dabei mache ich alles selbst. Jedes
Auf den Werken, auf denen ich ihn dar-
Teilchen ist Sandra Rauch. Die Siebe für
stelle, gibt es etwas das man wahren muss.
meine Siebdrucke entwickle ich in mei-
Beavis und Butt Head mit ihrer grandiosen
nem geheimen Keller. Da hängt eine
Frechheit stehen für den Berliner an sich.
5.000 Watt Lampe. Nach nur zweieinhalb
Genau wie der brüllende Affe.
Minuten Belichtungszeit haben die Siebe,
die Motive, die ich drucken will.
UNS GEFALLEN AUCH DIE ANKER IN IHREN
BILDERN SEHR GUT …
WARUM MALEN SIE IHRE MOTIVE NICHT?
Der Anker hat ja eine unglaubliche Magie.
BERLIN QUADRIGA II
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Acryl ist ein harter Gegner. Pinselstriche
Es gibt wenige Symbole, die gleichzeitig so
würde man sehen. Das fände ich störend.
viel aussagen. Er steht für die Wurzel, das
Mein Pinsel ist das Sieb. Der Siebdruck ist
Festmachen, die Entscheidung zu blei-
tatsächlich zu meinem Erzählmittel ge-
ben und gleichzeitig ist er Synonym für
worden. Damit kann man alles machen.
Freiheit, Abenteuerlust und Wildheit. Ich
Ich bedrucke damit auch Taschen und ein-
glaube deshalb lieben ihn die Menschen.
mal habe ich mir einen Mantel gedruckt.
SIE STAMMEN AUS DEM BERLINER OSTEN.
SIE SPRACHEN GERADE VON IHREM GEHEI-
GLAUBEN SIE, DASS DAS IRGENDWIE IHREN
MEN KELLER …
BLICKWINKEL VERÄNDERT HAT?
Ja, vielleicht bin ich offener und dankbarer
Studiengang „Kommunikationsdesign“ in
für neue Eindrücke. Weil das ja eine Zeit
Berlin. Das habe ich mit großer Freude stu-
lang für mich nicht selbstverständlich
diert. Bis es wieder einen Wendepunkt gab.
war.
Ich war mit Freunden in Frankreich und
habe dort einen Schriftsteller kennenge-
HAT DAS AUFWACHSEN IN DER EHEMALIGEN
lernt. Der schrieb Gedichte und ich wollte
DDR IHREN WERDEGANG BEEINFLUSST?
sein Buch illustrieren. Weil ich alles selbst
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machen wollte, führte mich mein Weg nach
Das ist schwer zu sagen. Der Weg zur
Dresden. Dort gab es tolle Werkstätten für
Künstlerin war für mich irgendwie vorbe-
Buchdruck und Buchbindereien und so
reitet. Da hat sich immer eins zum anderen
weiter. Da habe ich dann nochmal mit-
gefügt. Eigentlich hätte ich Apotheken-
studiert und dann kam die Erkenntnis.
facharbeiterin werden sollen. Aber dann
holte ich meine Mutter von der Arbeit
DIE ERKENNTNIS?
ab. Die hatte einen kreativen Beruf und
da wurde ich dann gefragt ob ich nicht
Ja, ich hatte da die Freiheit der Malerei
Schrift- und Grafikmacherin werden will.
kennengelernt. Damit war ein Weg zurück
Die hatten damals Probleme Nachwuchs
in die Kommunikation völlig undenkbar.
zu finden. Wenn die Eltern nichts Kreatives
gelernt hatten, war das Verständnis für
GING ES MIT DIESEM WISSEN IM GEPÄCK ZU-
solche Berufe auch nicht da. Bei mir eben
RÜCK NACH BERLIN?
schon und da habe ich dann teilweise acht
Stunden an einem A gearbeitet.
Nach sieben Jahren Assistenz für meinen damaligen Professor im Bereich neue Medien.
UND NACH DER AUSBILDUNG?
DAZU HABEN SIE BIS HEUTE EINEN DRAHT.
Danach habe ich Werbung für die HO
SIE NENNEN DAS GANZE TEC ART, RICHTIG?
(Anmerkung d. Redaktion: Handelsorganisation, größte Einzelhandelskette der
Ja. Ich weite meine Werke gern auf eine
DDR) gemacht. Vor allem in der Verkaufs-
weitere Ebene aus. Ich habe zum Beispiel
gestaltung. Dann kam die Wende. Und der
einen Fernseher als Kunstwerk inszeniert.
J E T’A I M E PA R I S
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Der TV Acrylic war ein bewegtes KunstSANDRA RAUCH
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BLEIBT IHNEN EIGENTLICH ZEIT FÜR URLAUB?
werk. Einige meiner Werke beinhalten
auch Ipads oder haben integrierte Boxen,
Ja. Ich bin ein riesiger AIDA Fan. Ich war
die den Sound einer Stadt wiedergeben.
schon fünf Mal auf den Schiffen unter-
Lichter habe ich auch schon integriert.
wegs. Und die nächste Reise kommt bestimmt. Ich würde gern mal von New York
SIE EXPERIMENTIEREN ALSO GERN ...
abfahren. Das ist ein Traum von mir.
Ja, wir Künstler wollen immer die Grenzen
DÜRFEN WIR ZUM ABSCHLUSS DES TAGES
der Kunstdarstellung sprengen. Aus 2-D,
NOCH IN DEN GEHEIMEN KELLER?
3-D zu machen und die Illusion der Dimension zu vermitteln ist das Ziel. Kunst
Nein, ein paar Geheimnisse muss ich mir
muss in alle Richtungen beweglich sein.
bewahren (lacht).
Text: Jana Rauschenbach
GOLDEN VENICE
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HAMBURG, MEIN TOR ZUR WELT
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BERLIN SCHÖNHAUSER
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I LOVE BERLIN
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Das neue Werk von Sandra Rauch über
Bildraumes, wie es die Raumfluchten der
New York macht es endlich möglich und
manieristischen Malerei und Architektur
sinnvoll, den Künstler mit verschiedensten
oder die Kamerafahrten in Science Fiction
Medien überzeugend beschreiben und
wie Blade Runner oder auch Tarkowskys
verstehen zu können. Wie in der Malerei
„Solaris“ tun, dessen Stadtfiktionen da-
legt sie großen Wert auf die Art der Farbe,
mals in den japanischen Großstädten wie
ist virtuos im Umgang mit dem Raum und
Tokio vor Ort gedreht wurden. Ähnlich
der Perspektive und eröffnet Blicke in
verfängt sich ein wenig Aura zwischen den
einer Art und Weise, die der Fotokamera
malerischen Elementen, die im Siebdruck-
und Filmkamera ähnelt, und trotzdem
verfahren aufgetragen bzw. auf die Fotos
diese Genres mühelos mit Malerei ver-
gedruckt sind. Der Betrachter reist mit
bindet, ohne sie zu benutzen.
den Augen und befindet sich wie auf einer
Kamerafahrt durch die Straßenschluchten.
New York inspirierte die Künstlerin - eine
Sandra Rauch denkt virtuell und arbeitet
Schülerin von Kerbach in Dresden - zu
handwerklich perfekt mit den Genres
ihrem visuellen Experiment mit vertikalen
Druck, Fotografie, Film und zusätzlich
und horizontalen Linien und Baukörpern
der bewegten Oberflache, dem Interface
in leuchtenden Farbpartien. Mitten auf
eines iPads und ist auf dem Weg, eine
dem Times Square filmte und fotogra-
neue Kunstform zu erschaffen, der Foto-
fierte sie und sammelte Material für ihr
grafie eng verbunden, doch aufgeladen
Werk. Malerisch wirkende Passagen liegen
und selbstverständlich gekoppelt mit den
im Widerstreit mit starren, grafischen und
Stärken der übrigen Genres der Kunst und
geometrischen Partituren und Parzellen.
des Films.
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STRASSENSCHLUCHTEN
IN 3-D
–
STADTZUFLUCHTEN
Das Diktat der Kamera ist virtuell geworden, das enge Korsett der fotografi-
In diesem Sinne sind ihre Werke Ent-
schen Technik abgeworfen. Also gilt es, für
deckung von technischem Neuland und
diese Kunst andere Kriterien zu finden –
neuen Perspektiven. Am Anfang steht
die der bewegten Bilder.
die Fotografie, der Film, mit der Stück für
Welche Antworten geben die New York
Stück ein unbekanntes und neues Territo-
von Sandra Rauch? Die Bildfläche fängt
rium erschlossen wird. Am Ende entsteht
den Blick ein, zieht ihn in die Tiefe des
ein Werk, das dieses Entdecken aus der
NEW YORK
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Erinnerung beschreibt und mit Gesehenem,
Raumes hat für sie eine spezielle visuelle
Vorgefundenen und natürlich Imagination
Energie, die in neuen Techniken gebündelt
auflädt. Der Sehnsucht, dem ganz persön-
wird.
lichen Traum vom Paradies und dem Zau-
Sandra Rauch deckt urbane Phänomene auf
ber der Wirklichkeit zu erliegen, bieten
und zeigt Strukturen, die auch als Puzzle-
ihre modernen „Stadtveduten“ bzw. Stra-
teile im heutigen Stadtbild auszumachen
ßenschluchten zur Genüge.
sind. Sie verdichtet Quartiere und Plätze
Die Atmosphäre wirkt in ihren wunder-
wie den New Yorker Times Square zu ei-
baren Fotos wie die eines phantastischen
nem Konglomerat aus eigenem sozialen,
begehbaren Gemäldes mit Cinemascope-
urbanen und medialem Gefüge. Diese
Effekt. Sie verkörpern eine überwältigende
Strukturen sind der Extrakt im großen
Energie und melancholische Schönheit,
Umbruch unserer Weltmetropolen.
die Melancholie unserer Grosstädte und
Ein Materialexperiment, daß Bildwerke
Metropolen und Megalopolen der Zukunft.
voller Tiefe und Faszination entstehen
Die Momente zwischen Ewigkeit und Ein-
lässt und dem Betrachter sogar mit Hilfe
maligkeit, Zukunft und Gegenwart sind als
neuer Technik wie dem mitten in die
mehrschichtige und vielansichtige Bilder
Stadtlandschaft montierten iPad die Mög-
visualisiert.
lichkeit gibt, eigenen Bilder dieser Städte
Ihre Leidenschaft gilt nicht der Karto-
einzuspielen.
graphie, den gängigen Postkartenmotiven
BERLIN HELDEN
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GOLDENE ELSE
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oder Nachrichtenbilder aus Metropolen
Die Sehnsucht des Reisens - des Transfers,
wie Shanghai, New York und Hongkong,
des Wechseln zwischen den Welten bzw.
sondern den zeitgemäßen Ansichten und
den Kontinenten - ist eine eigene Erleb-
Ideen von Weltstädten. Zudem unter-
niswelt, die die Künstlerin neu interpretiert
sucht sie die Evolution einer Metropole
und der sie den größtmöglichen Raum gibt.
als das Gehirn einer Zivilisation. Dem ur-
Sie ist unerschöpfliche Inspiration für ihr
banen Puls auf der Spur entwickelt sie
Werk.
visuelle Netzwerke, die eigenen Gesetzen
Zudem bergen die Kompositionen der
folgen und jeder Stadt ihren Charakter ge-
Straßenschluchten und Wolkenkratzer
ben. Vor allem die komplexe Struktur eines
mit ihren Werbeflächen, Schriftzügen
vertikalen und horizontal ausufernden
und Zeichen- und Symbolsystemen einen
leichten Fluß, eine Ahnung von Bewegung,
politen gesagt: „Seine Farbigkeit erinnert
einen Windhauch oder Luftzug, Geräu-
oft an die Schönheit, die im Maßlosen einer
sche und tosenden Verkehrslärm, vor-
Eruption liegt, gleichzeitig aber auch an
überziehende Schatten und blitzende
die akurate Kunst des Feuerwerkers… da,
Sonnenstrahlen. Atmosphärische Dichte,
wo Farbe verdichtet wird, dass sie wie eine
Ahnungen von Geräuschen und Düften,
Bedrohung wirken kann, findet sich immer
Stimmengewirr und flirrenden vorüber-
auch etwas, was Offenheit und Zuversicht
eilenden Passanten laden die Stimmung
ausstrahlt.“
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auf, die der Betrachter fasziniert von der
Vielfalt und Komplexität mit eigenen Er-
Bei Sandra Rauch strahlt Neonlicht,
innerungen auffüllt.
strahlt Tageslicht, werden Farben intensiviert und verfremdet und doch glaubt man
Sandra Rauch ist ausgezogen, ausgeflogen
die Realitäten ihrer Bilder. Sie hält ihre
in alle Himmelsrichtungen, gen Westen,
Deutbarkeit teils offen und ermöglicht
gen Osten und Süden, hat Klima- und
dem Betrachter - trotz verschlüsselter
Zeitzonen überquert um die Eindrucke des
und teils unlesbarer Chiffren in fremden
Weltreisenden für uns festzuhalten. Ange-
Sprachen - den freien Blick, voller Neu-
kommen ist sie immer bei sich selbst, ihrem
gierde und Begeisterung. Sie regt unsere
eigenen Mittelpunkt und ihrer kreativen
Phantasie und Reisesehnsucht ins Unbe-
Kraft, die diesen Werken innewohnt und
kannte oder Verwandte an und fördert die
die jeden in den Bann ziehen.
visuelle Fähigkeit zu Reisen – durch Raum
und Zeit.
Prof. Jeannot Simmen hat über einen anderen weltreisenden Künstler, einen Kosmo-
Text: Christina Wendenburg
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HONG KONG
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DAS URBANE
BILDGEDÄCHTNIS
POTSDAMER PL ATZ
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Die gebürtige Berlinerin Sandra Rauch
Die Berlinerin ist im Ostteil der Stadt
ist leidenschaftlicher Stadtmensch und
aufgewachsen und ein Stadtmensch mit
braucht den „Asphaltdschungel“. Ein
allen Sinnen. Rastlos und wie in einem
Atelier mit Landluft wie etwa in einer aus-
Sinnestaumel lässt sie die Vielfalt der op-
gebauten Scheune würde sie als „Stadt-
tischen und akustischen Eindrücke auf
pflanze“ schlichtweg eingehen lassen,
sich wirken. Als unermüdliche Sammlerin
behauptet sie humorvoll. Ihr Ladenatelier
visueller Eindrücke versteht sie Stadt als
liegt mitten im Szeneviertel Prenzlauer
ein urbanes Zeichensystem, dem sie akri-
Berg, unweit des Bahnhof Eberswalder
bisch hinterher jagd. Sandra Rauch hat
Straße. Dieser brodelnde Verkehrsknoten-
eine Vorliebe für Kameras. Die schnelle
punkt ist mit täglich bis zu 48.000 fre-
Handhabung des iPhones mit den Mög-
quentierten Fahrgästen das Einfallstor ins
lichkeiten der zur Verfügung stehenden
Szeneviertel schlechthin.
App´s, die große Digital Kamera oder die
Allein der Blick kurz vor der Einfahrt in
alte Polaroid Landkamera, setzt sie gezielt
das stählerne Gründerzeitgerüst ist so
ein.
spektakulär wie die Zeitreise in ihre aktu-
Bevorzugte Motive sind die charakteris-
elle Werkserie , denn kurz vorher taucht
tische Details ihrer favorisierten Schau-
die U-Bahn rasant aus dem unterirdischen
plätze: Graffitis, Tags, bunte Neonreklame
Tunnel auf und erklimmt die Schienen
und den Wildwuchs von Plakaten in Haus-
steil aufwärts zur eisernen Hochbahn-
eingängen und auf Elektrokästen. Gerade
trasse. Auf Sichthöhe mit den obersten
ihr Kiez hat sich in den Jahren seit der
Stockwerken der Gründerzeithäuser der
Wiedervereinigung unermüdlich gewan-
Schönhauser Allee kann der Blick in die
delt. Flanierte Sandra Rauch in Ostber-
Straßenfluchten schweifen. Dieses Viertel
liner Zeiten vor 1989 durch graue Häuser-
ist nicht schick, es ist authentisch. Ein
zeilen mit vernarbten Brandwänden und
Szenario ganz nach dem Geschmack der
vorbei an Straßenzügen mit abgefallenen
Künstlerin, die sich gerne mit öffentlichen
Balkons, rußverschmierten und von Bom-
Verkehrsmitteln bewegt, um den Über-
bensplittern aus dem Krieg markierten
blick auf ihr liebstes Stadtpanorama zu
Fassaden ist heute die Vielfalt der hier an-
haben, bevor sie als Spurensucherin neu-
sässigen kreativen internationalen Musik-,
gierig eintauchen kann.
Kunst- und Modeszene prägendes Moment.
BIOGRAFISCHE SEH- UND SEHNSÜCHTE
starken ästhetischen Gesetze der Warenund Konsumwelt, als auch aller handwerk-
Diesem Kontrast von Tristesse und bunter
lichen wie hochtechnisierten Druck- und
Szene begegnet Sandra Rauch sozusagen
Maltechniken.
im Zeitraffer. Für sie kann sich nicht genug
Eigenwillig nennt sie sich TecArtist, als
auf einem einzigen Werk überlagern und
Antwort auf einen langwierigen und ste-
mit unbändigem Spaß am Wandel und
tigen biografischen Wandlungsprozess der
Materialmix gelingen ihr phantasievolle
Materialien und Ausdrucksformen. Sie
„Zeitschichtungen“. Doch nahezu gleich-
fügt immer neues hinzu, Bildebenen per
berechtigt breitet sie Gegenwart und Ver-
Touchscreen bedienbar, Multimediawerke
gangenheit wie in einem vielstimmigen
mit integriertem iPad oder ihre neueste
Orchester aus, indem es keine vorherr-
Errungenschaft der von innen leuchtenden
schenden Solisten gibt.
Light Pictures, die ihre mit spezieller Farbe
Ihre Künstlerbiografie weist mehr als 15
bearbeiteten Acrylbilder je nach Tages-
Jahre Ausbildungszeit vor, zählt man ihre
oder Kunstlicht intensiv phosphorisieren
Ausbildung zur Schriftgestalterin nahtlos
lassen. Ihre Begeisterungsfähigkeit für
mit, denn gerade diese Erfahrung fügt
diese Experimente bereiten ihr unbän-
sich heute wie ein wertvolles Puzzleteil in
digen Spaß und letztendlich ist ein Bild-
ihren experimentierfreudigen und vielsei-
träger für sie ständig wechselbares Medium.
tigen Materialmix. Gerade weil sie keinen
Bereits zu Zeiten „hinter der Mauer“,
Platz an den vom sozialistischen Realismus
sammelte sie akribisch, was aus dem west-
bestimmten Kunsthochschulen bekam,
lichen Ausland über Bekannte und Freunde
versuchte sie als Quereinsteiger mit Neu-
an Comics, Verpackungsmaterial, Szene-
gier die Metiers anzueignen aus denen sie
plakaten und sonstigem Werbematerial,
bis heute mit virtuoser Kreativität schöpft.
sei es grell farbige Plastiktüten oder glit-
Kunst ist für sie eine Herausforderung sich
zernden Stofffetzen zu haben war. Diese
all ihrer vielseitigen Fähigkeiten und Erfah-
Kostbarkeiten prägten den tristen Alltag
rungswerte zugleich zu bedienen: sei es der
und ließen sie von wilder Pop Art und sub-
Proportion und Harmonie von Typografie,
tilen Stilmitteln träumen. Bis heute finden
der grafischen Finesse im Umgang mit
sich ihre persönlichen Pop Art Heroes wie
Signets und Piktogrammen sowie der laut-
Batman, Cowboys oder asiatische Souvenirs
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Unerschöpflich ist ihr Fundus an Materi-
lässt, blättert sie wie in einem audiovisuel-
alien von Zeichen, Logos, Piktogrammen,
len urbanen Tagebuch der besonderen Art.
Tags zum persönlichen Mikro- und Makro-
Zu ihren Favoriten unter den internatio-
kosmos der Stadtszenerie geworden, den
nalen Metropolen gehört seit ihren Teen-
sie in ihren Bildern zu einer spektakulären
agerzeiten New York. Damals noch uner-
Verdichtung der Fundstücke mischt. Alle
reichbar blieb es zunächst ein Traum, den
nur greifbaren Informationsmedien wie
sie sich mit all ihrer Materialerfahrung der
grelle Neonreklamen, Graffitis auf Mauer-
Meisterschülerin an der Hochschule Dres-
wänden, Verkehrszeichen oder riesiger
den erst im Jahr 2000 wagte zu nähern.
multimedialer Fassadenwerbung sind will-
Mit dem Medium Acrylglas hat sie vor
kommenes Material für ihre künstlerische
nunmehr zehn Jahren eine Oberfläche ge-
Arbeit. Markante Straßenfluchten oder
funden, die als vielschichtiges Ornament
eine nächtlich glitzernde Skyline sind ihre
der Sehnsucht wirkt und den Betrachter
Hintergrundmatrix auf der sich satt ver-
unmittelbar mitreißt.
größerte Details von Zeichen ausbreiten,
Vor der Maueröffnung ließ sie die Sehn-
wie etwa in Ihrer HongKong-Serie. Beein-
sucht nach amerikanischen und asiatischen
flusst von der asiatischen Farbpalette
Megastädten nicht los und steigerte sich zu
der dortigen Megacities lässt sie uns ein-
einer intensiven Seh-Sucht. Geprägt von
tauchen in Szenerien, die perspektivisch so
Filmen wie dem Gangsterepos „Es war ein-
dicht wie mit einer Kamerafahrt direkt in
mal in Amerika“ von Sergio Leone begann
die vitalen Bezirke von Hong Kong, wie etwa
sie atmosphärische Dichte und Momente
Kowloon führen. Die Oberflächen sind durch
der Metropolenverortung zu suchen, die
ihre Materialtechnik so plastisch moduliert,
symbolisch und ästhetisch ausdrucks-
das man glaubt Tag- und Nachtwechsel in ein
stark sein sollten. Allein das Filmplakat
und demselben Bild zu entdecken.
mit dem Blick durch Häuserschluchten
auf die Brooklyn bridge ist für sie Frei-
T O K Y O, F U J I YA M A
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URBANES TAGEBUCH MIT
heitssymbol und eine ideale und stilechte
MULTIMEDIALEM CHARAKTER
Stadtkulisse zugleich. Heute sieht sie das
Werk als kleinen Meilenstein auf dem
Wenn die Künstlerin in ihrem Atelier die
Weg zu ihren großen Stadtpanoramen und
verschiedenen Werkserien Revue passieren
den Beginn ihrer authentischen TecArt.
Offen für Pop Art Heroes und Urban Art
eine zweite Realität subversiv und authen-
Die Stadtszene als Ereignisraum hat so
tisch im visuellen Alltag ausgebreitet. Der
unzählige Details und Informationsebe-
alte Konflikt zwischen kreativen Rebellen
nen, dass die Bildfläche für Sandra Rauch
und
zum Experimentierfeld dieser visuellen
schaft ist in eine ästhetische Dialogfähig-
Vielfalt wird. Der Stadtraum ist für sie
keit übergegangen und inspiriert wieder-
ein faszinierender Dialog von Informati-
um Werbung, Kunst und Mode.
onen und Typografien, Farbbannern und
Das Comic als Geburtsstätte von Super-
Symbolen, Seitenblicken und Aufsich-
helden und vor allem medial weltweit zu
ten, bis zu Silhouetten und Panoramen.
identifizierende Marke ist ein Prinzip, was
Deshalb verdichten sich in ihren Werken
aktuell durch das Internet beschleunigt
Auf- und Durchsichten, verschiedenste
wird. Sandra Rauch war bereits als Teen-
Oberflächen und simultane Eindrücke zu
ager von den Parallelwelten der verwandel-
einem „Schaukasteneffekt“. Von Haus-
baren Superhelden wie Batman oder
dächern in eine dichte Skyline hinab
der provokanten Kraft über Technik und
oder frontal in steile Straßenschluchten
Zivilisation wie bei Godzilla fasziniert. Als
blickend, jedes Mal wird der Tiefensog
mediales Phänomen bespielen sie ihre
durch Banner, flächige Signets schil-
urbanen Erlebniswelten wie amüsante
lernd aufgelockert und die Neugier auf
Maskottchen und bekommen innerhalb
Hintergründe
geschürt.
einer Werkserie wie „Big Bang Berlin“
Diesen Blicktrick künstlerisch bestechend
als verlässliche Fortsetzungshelden ihren
auf Acrylglas zu übersetzten, heißt nicht die
Platz. Wenn die Straßen der Welt inzwi-
Spontanität der allgegenwärtigen Urban
schen zu „Galerien“ für Alltagskunst wie
Art einzufrieren. Die ungefragt als Spuren
Graffiti und Urban Art werden, ist die
und Zeichen im Stadtraum entstandene
Etablierung von Typen und Helden, typi-
Vielfalt ist aus dem heutigen Stadt-
sierten Tags und Signets ein Spiel mit se-
bild nicht mehr wegzudenken. Was sich
rieller Fortsetzung mit anderen Mitteln.
seit Jahrzehnten mit Stickern, Postern,
Die Reviere der vermehrten Schauplätze
großflächigen über Nacht entstandenen
buhlen um die Blicke des Betrachters und
Wandgemälden und Schablonengraffitis
weil ihre flüchtige Präsenz im urbanen
den öffentlichen Raum erobert hat ist wie
Raum nicht immer genügt, die Nische
und
Details
zweckoptimierter
Konsumgesell-
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bedroht scheint ist für viele Künstler auch
DIE VITALE SCHICHTUNG
der Moment in den Kunstmarkt vorzu-
VON WAHRNEHMUNGSMUSTERN
stoßen. Was für viele Street Art Künstler
keine Hemmschwelle mehr dar stellt hat
Vielseitigkeit ist Sandra Rauchs Stärke,
Sandra Rauch als Bildmittel von Anfang
denn sie hat nach ihrer Lehre als Schrift-
an genutzt: die Kreativität einer simu-
gestalterin sowohl Kommunikationsdesign
lierten Stadtkulisse für das Spiel der
in Berlin als auch Grafik und Malerei in
Vision von . Was mit Graffiti in den ame-
Dresden studiert. Bevorzugt fügt sie der
rikanischen Großstädten der Ostküste
Malerei deshalb mühelos verschiedenste
vor nunmehr 40 Jahren begann, hat sich
Techniken wie Fotografie, Typografie und
mittlerweile entscheidend weiterent-
Siebdruck hinzu und benutzt inzwischen
wickelt. Das Phänomen der Jugendkultur
Acrylglas statt Leinwand. Hier kann sie
hat sich längst von der Bildsprache des
auf der wunderbar transparenten Vorder-
Graffiti-Writing emanzipiert und neue
und Rückseite ihre szenischen Verdich-
Ausdrucksformen erprobt. Mittenin die-
tungen
ser Entwicklung gelingt Sandra Rauch
Schauplätze szenisch entwickeln. Für die
ein unverwechselbarer Kunstgriff. Die
kreativen Blickwinkel auf die Metropolen
subtilen, humorvollen und bisweilen
New York und HongKong wird die Stadt
auch offensive Eingriffe der Street Art
nicht nur zur subtilen Bühne sondern zur
prägen die Werke von Sandra Rauch und
choreografischen Inszenierung von leben-
sind für die Künstlerin kaum wegzuden-
digem Alltag. Dabei legt sie großen Wert
ken. Die auf Acrylglas gewonnene Äs-
auf leuchtende, ausdrucksstarke Farben,
thetik legt einen satten Farbglanz über
ist virtuos im Umgang mit dem Raum und
ehemals spröde Hauswände und Un-
der Perspektive und eröffnet Blicke, die
tergründe, der eindrucksvoll eine Por-
der Fotokamera und Filmkamera ähneln.
tion Ästhetik hinzufügt, die den Farb-
Trickreich montiert sie grafische Symbole,
rausch noch intensiviert. Das wesent-
Neonreklamen und verschiedenste Werbe-
liche Kennzeichen von Urban Art, ihre
typografien entlang der Hausfassaden und
Vergänglichkeit und Spontaneität wird
Straßenschluchten.
bei Sandra Rauch in künstlerisch beste-
Überlagerung macht die Faszination im
chend dynamische Präsenz verwandelt.
Gesamtwerk von Sandra Rauch aus. Als
entwickeln
und
ausgewählte
„Magierin“ des „reisenden Auges“ lädt sie
nischen Lichttechnik, die dem Eigenleben
uns somit zu einer neuen Auseinanderset-
des benutzten Materials ebenso viel Raum
zung mit unseren Blick- und Bildgewohn-
zugesteht, wie dem Dargestellten, lotet
heiten ein, die selbst die mediale Abbild-
Sandra Rauch die technischen Möglich-
weise der Aktualität nicht leisten kann. Sie
keiten der Arbeit mit Licht und Druck aus
erweitert unsere Bildwelten ständig um
und mischt die gestalterischen Medien
Neues im künstlerischen Sinne, ohne un-
zwecks neuer Bilderzeugung. Sie macht
sere medialen Alltagsgewohnheiten außer
digitale Fotos von ikonografisch aufgela-
Acht zu lassen – gerade darin besteht ihre
denen Motiven.
SANDRA RAUCH
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fast sich zurücknehmende, nicht laut und
sensationsheischende Perfektion. Gerade
TEC ART ALS VERBINDUNG
deshalb sind ihre lebendig wirkenden
VON NEUEN MEDIEN UND KUNST
Stadtszenarien eine Schichtung aus unterschiedlichsten Erlebnissen.
Mit untrüglichem Gespür für mediale Ereignisse verdichtet sie prägnante urbane
MATERIALMIX MIT GEHEIMNISSEN
Orte mit medialen Ereignissen. Dem Puls
der Stadt auf der Spur entwickelt sie ein
Sandra Rauch hat selbst vor Ort fotogra-
visuelles Netzwerk, das eigenen Geset-
fiert und recherchiert. Am Ende entsteht
zen folgt und jeder Metropole ihren in-
ein Werk, das dieses Entdecken aus der
dividuellen Charakter gibt. Sandra Rauch
Erinnerung beschreibt und mit Gesehe-
belebt Plätze wie den New Yorker Times
nem und Imagination auflädt. Das vitale
Square zu einem sich dicht überlagernden
Zusammenspiel der Ideen und Informa-
Bildteppich von Fassadenwerbung und
tion läßt den Bildträger aus Acrylglas zu
Signets, unterschiedlichsten Zeichen und
einer expressiven Palette für Siebdruck,
Symbolsystemen. Als sie 2009 an diesem
manchmal sogar Teilen von Blattgold,
Werk arbeitete, plante sie die technisch
photomechanischen Collagen und satten
und ästhetisch perfekte Einbettung des
Übermalungen werden.
kurz darauf im Januar 2010 in den USA
Sandra Rauchs Pinsel ist das Sieb und ihre
von Apple-Gründer Steve Jobb vorge-
Leinwand ist eine Acrylglasscheibe. Mit
stellten iPad. Natürlich brachte sie eines
einer speziell von ihr entwickelten mecha-
der ersten Modelle mit nach Hause, um
A M S T E R D AY 4
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TOKYO, SHINJUKU
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es als multimediale Ikone zu nutzen. Als
täglichen Kommentare und Meinungen
„Bildobjekt im Bild“ integrierte sie es in
einsehen. Aufgrund dieser Aktivitäten
die von großen Multimediawerbeflächen
wurde Sandra Rauch zu Vorträgen an der
gesäumten Fassaden des Times Square in
amerikanische Universität Standford und
ihre Stadtszenerie. Künstlerisch gelingt
zu multimedialen Ausstellungen nach San
ihr damit ein Transfer in die Erlebniswelt
Francisco eingeladen. Hier verbrachte sie
eines spektakulären urbanen Raumes. Als
im Silicon Valley 2011 und 2012 mehrere
Schmelztiegel einer multimedialen Gesell-
Arbeitsaufenthalte, um direkt vor Ort die
schaft montiert sie damit „Doppelungsef-
Stimmung der Netzgeneration zu beob-
fekte“ die ein bewegtes und sich sublim
achten und sich mit unzähligen Start Up
veränderndes Bild mit Touchscreen in ihre
Firmen zu intermedialen Projekten wie
sonstigen Acryloberflächen einsetzen.
AngelValleyGate einem Werk, was sie auf
Dieser bewegte Bildaufbau harmoniert
Acrylglas mehrere Monate bearbeitete
mit den übrigen Techniken wie Siebdruck
und wie ein ikonografisches Netzwerk-
und digital bearbeiteter Fotografie weil die
bild aller Beteiligten aus dem Material ih-
Viel- und Wechselseitigkeit den medialen
rer Logos und Tags zu einem strahlenden
Nerv einer Metropole aufnimmt.
künstlerischen Tableau gestaltete
Als Referenz ihrer eigene Präsenz spielt
In einer Zeit, in der die Generierung und
sie für den Betrachter Informationen zu
Manipulierung bildlicher Prozesse keine
ihrem komplexen Werk und Details ihrer
Grenzen mehr kennt, schöpft sie aus dem
Aktionen im Bereich „ social media „auf
selbstverständlichen Dialog unterschied-
das iPad und virtualisiert die Bildebenen.
lichster Bildmedien. Sie lässt uns teilhaben
Mit ihrer Veröffentlichung im Internet
an ihrer eigenen digitalen Bildsammlung
sammelte sie wichtige Kommentare und
und generiert diese künstlerisch zu einem
schaffte sich ein Publikum, deren Mei-
neuen Bildereignis.
nungen sie in ihre neuen Werke integriert,
In ihrem Materialmix konkurriert nicht di-
um es als Gemeinschaftswerk ständig be-
gitale Kunst mit anderen Drucktechniken
arbeiten und im kommunikativen Prozess
sondern ergänzt sich perfekt zu einer multi-
seriell variiert.
mediale Dynamik als offenes ikonografi-
Unter
und
schen Bildersystems. Ihre Bildmotive sind
kann man die
als Konglomerat der Nah- und Fernsichten
FACEBOOK.COM/BANGBANGBERLIN
FACEBOOK.COM/BEINSANELYGREAT
zu verstehen, die weit über den lokalen
Als genaue Beobachterin der Metropolen
Street Art Charakter hinaus ein visuelles
und vor allem ihrer Heimatstadt Berlin
urbanes Netzwerk erschließen. Stadtsafari
gelingt ihr eine differenzierte Selbst- und
und Street Art Utopia sind nur einige
Fremdinszenierung von sowohl persönli-
Netzwerke, die als Ausdruck einer Metro-
chen als auch öffentlichen und medial be-
polenkultur in ihren kreativen Bildkosmos
kannten Signets, die nicht immer gemein-
eingreifen und von Sandra Rauch als inspi-
sam Erlebtes wiedererkennbar machen.
rierendes Kommunikationsmittel im Inter-
Entscheidend ist die wunderbare Inten-
net genutzt werden.
sität, die ihre Werke zu Bildereignissen
Sie hält ihre Deutbarkeit teils offen und er-
werden lassen und den alltäglichen Bilder-
möglicht dem Betrachter trotz verschlüs-
fluten einen künstlerischen und emotio-
selter Chiffren in fremden Sprachen, asia-
nalen Filter vorsetzen.
tischen Lettern und Piktogrammen den
Als Großstadtmensch fühlt sie sich als
Zugang
Wahrnehmungsmuster.
„Alltagsvisionär“ und so wie es der Sprayer
Letztendlich sind ihre Metropolenbilder
„Boxi“ formuliert: „An irgendeinem Punkt
ein international lesbares Tableau und eine
begreifst du, dass du die ganze Zeit inmit-
großartige Einladung in Erlebniswelten ein-
ten einer Flut von Bildern aufgewachsen
zutauchen. Als Künstlerin ist sie Bildregis-
bist, die lediglich erschaffen wurde, um
seurin und schafft ein Angesicht von Stadt
dich dazu zu bringen, etwas zu wollen. So
indem sie die zunehmende Bedeutung
als ob dein Leben ohne diese Begierden
attraktiver Bildräume nutzt und sowohl in
unzureichend wäre.“
ihrem New York Werk „BeInsanelyGreat“
Sandra Rauch hat ihr künstlerisches Leben
von 2010.
in die Hand genommen und egal, ob mit
Ihre Werkserie über New York wie auch in
Schablone, Kreide, Pinsel, Edding, Sprüh-
ihren Hong Kong-Serie Architektur und
dose oder Fotoapparat: Raus auf die Straße!
unverwechselbare Atmosphäre der Stadt
Und dann ab ins Atelier!“ ist ihre Devise.
neuer
SANDRA RAUCH
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als szenografische Übersetzung. Sandra
Rauch betrachtet ihre Arbeiten selbst so:
“Ich bin bestrebt das jetzige Zeitgefühl
in den Bildern einzufangen, das was die
Stadt, das Jetzt prägt.”
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Sandra rauch
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