Gesundheitsförderung bei dauerhafter Arbeitslosigkeit

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Gesundheitsförderung bei dauerhafter Arbeitslosigkeit
Gesundheitsförderung bei dauerhafter Arbeitslosigkeit
17. November 2014 Werkhof, Hannover
Forum IV
Schnittstellen-Management
Arbeitsförderung – Gesundheitswesen.
Drei professionelle Perspektiven auf ein gemeinsames
Projekt in Essen
Perspektive JobCenter
Thomas Mikoteit Abteilungsleiter JobCenter Essen – Kontakt: thomas.mikoteit@jobcenter.essen.de
Gesundheitsförderung bei dauerhafter Arbeitslosigkeit
Projekt „Arbeitslosigkeit und Gesundheit“
Konzept einer integrierten Gesundheits- und Arbeitsförderung
für die Stadt Essen
AGENDA
1) Warum braucht das JobCenter ein solches Projekt?
2) Welchen Mehrwert hat das Projekt für das JobCenter?
3) Welche förderlichen / hinderlichen Rahmenbedingungen gibt es?
Thomas Mikoteit Abteilungsleiter JobCenter Essen – Kontakt: thomas.mikoteit@jobcenter.essen.de
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Gesundheitsförderung bei dauerhafter Arbeitslosigkeit
1. Warum braucht das JobCenter ein solches Projekt?
Empirische Befunde zur Arbeitslosigkeit
 Arbeitslosigkeit kann krank machen = chronischer Stress, der körperliche und
seelische Erkrankungen nach sich ziehen kann.
 Arbeitslose haben im Vergleich zu Beschäftigten einen signifikant
schlechteren Gesundheitszustand. Das Krankheitsrisiko steigt mit der Dauer
der Arbeitslosigkeit.
 Bei Arbeitslosen ist ein geringer ausgeprägtes Gesundheitsverhalten
festzustellen (z. B. bei der Ernährung).
 Arbeitslose sind in den dt. Statistiken der Suchtkrankenhilfe (ambulant und
stationär) überproportional vertreten (= überproportionale Suchtgefährdung).
Thomas Mikoteit Abteilungsleiter JobCenter Essen – Kontakt: thomas.mikoteit@jobcenter.essen.de
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Gesundheitsförderung bei dauerhafter Arbeitslosigkeit
1. Warum braucht das JobCenter ein solches Projekt?
Empirische Befunde zur Arbeitslosigkeit
Arbeitslosigkeit = Misserfolg - Folgen längerer Arbeitslosigkeit sind:
 Minderung des Selbstwertgefühls
 Zunahme von Zukunftsängsten / Verlust der Lebensperspektive
 Verstärkung von finanziellen Problemen als Stressfaktoren
 Zunahme familiärer Konflikte
 Zerfall von Zeitstrukturen
 Verlust von sozialen Kontakten und von Unterstützung = Vereinsamung
Thomas Mikoteit Abteilungsleiter JobCenter Essen – Kontakt: thomas.mikoteit@jobcenter.essen.de
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Gesundheitsförderung bei dauerhafter Arbeitslosigkeit
1. Warum braucht das JobCenter ein solches Projekt?
Bedeutung des Themas Gesundheit
Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung
Forschungsbericht 2010
Von bundesweit 4 Millionen Leistungsberechtigten im SGB II hatten:
 600.000 Depressionen ( = 15% )
 400.000 Suchterkrankungen ( = 10% )
 800.000 Angst- und Zwangsstörungen / somatische Erkrankungen ( = 20% )
Thomas Mikoteit Abteilungsleiter JobCenter Essen – Kontakt: thomas.mikoteit@jobcenter.essen.de
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Gesundheitsförderung bei dauerhafter Arbeitslosigkeit
1. Warum braucht das JobCenter ein solches Projekt?
Bedeutung des Themas Gesundheit
Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung
Forschungsbericht 2013
Daten von Arbeitslosen aus dem Bereich der AOK:
2009 - 2011: Anstieg Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen von 32,6% auf 40,2 %.
Mehr als 1/3 (jeder Dritte!) der SGB II-Bezieher hatten mindestens eine
psychiatrische Diagnose, im SGB III sind es 1/4 der Arbeitslosen.
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Gesundheitsförderung bei dauerhafter Arbeitslosigkeit
1. Warum braucht das JobCenter ein solches Projekt?
Bedeutung des Themas Gesundheit
Übertragung der IAB-Ergebnisse auf die Stadt Essen
Bundesweit kann nach den Untersuchungen von SGB II – Empfängern in den Jahren
2009 - 2013 davon ausgegangen werden, dass
 mehr als 1/3 psychisch krank sind
 35 % aller Kundinnen und Kunden gesundheitliche Einschränkungen aufweisen.
In Essen leben rund
 82.000 Bürgerinnen/Bürger von SGB II – Leistungen (35%= 28.700)
 60.000 als erwerbsfähige Leistungsberechtigte (eLb) (35%= 21.000)
 29.000 die arbeitslos sind (35%= 10.150)
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Gesundheitsförderung bei dauerhafter Arbeitslosigkeit
1. Warum braucht das JobCenter ein solches Projekt?
Anzahl motivierter JC-Kundinnen/Kunden für gesundheitspräventive Angebote (238)
Rückmeldungen der Vermittlungsfachkräfte zur o. g. Abfrage:
 Grundsätzliches Interesse, aber keine selbständige Weiterverfolgung
 Dem Großteil der JC-Kunden fehlt für die Gesundheitsprävention die Einsicht in
die Notwendigkeit und damit die erforderliche Motivation.
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Gesundheitsförderung bei dauerhafter Arbeitslosigkeit
1. Warum braucht das JobCenter ein solches Projekt?
Grundsätzliche Fragestellung
 Die JC-Fachkräfte sollen die SGB II – Bezieherinnen und Beziehern bei der
Rückkehr ins Berufsleben unterstützen. Aber: Sind die JobCenter überhaupt
für den Umgang mit psychisch und/oder somatisch erkrankten Kundinnen
und Kunden gerüstet?
Antwort
 Unsere Fachkräfte verfügen über sozialrechtliche und beraterische
Kenntnisse, aber sie sind keine Mediziner oder Psychologen. Das Thema
Umgang mit Erkrankungen kommt in der Regel in der Ausbildung nicht vor.
 Daher ist externe Expertise erforderlich.
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Gesundheitsförderung bei dauerhafter Arbeitslosigkeit
1. Warum braucht das JobCenter ein solches Projekt?
Fazit
 Die unterschiedlichen Forschungsergebnisse der letzten Jahre zeigen eine
steigende Tendenz bei gesundheitlichen Einschränkungen von Kundinnen und
Kunden.
 Das Thema Gesundheit ist inzwischen ein „Masterthema“ für die fachliche
Arbeit geworden.
 Die Motivation für das Thema Gesundheitsförderung und Gesundheitsprävention bzw. die Nutzung von entsprechenden Angeboten ist bei
Kundinnen und Kunden des JC eher gering ausgeprägt.
 Gesundheitsförderung im SGB II kann nur mit Partnern aus dem Gesundheitswesen erfolgreich angegangen werden (externe Expertise).
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Gesundheitsförderung bei dauerhafter Arbeitslosigkeit
2. Welchen Mehrwert hat das Projekt für das JobCenter?

Erforderliche Zugänge ins Gesundheitssystem finden,
über die kommunale Gesundheitskonferenz bzw. das Gesundheitsamt zu





Krankenkassen,
Krankenhäusern,
Pflegediensten,
Ärztekammer und Ärzten,…
Aktive und dauerhafte Einbindung des JobCenters in die Netzwerke des
Gesundheitswesens

Arbeitslosigkeit und Gesundheit als Schwerpunktthema fest in der
Gesundheitskonferenz verankert.

gemeinsame Projektentwicklung

…..
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2. Welchen Mehrwert hat das Projekt für das JobCenter?

Gegenseitige Wissenserweiterung bei den JobCenter-Fachkräften und bei
den Partnern im Gesundheitssystem sowie Einbindung von Expertise.
Gegenseitiges Kennen und Verstehen




erleichtert Prozesse
vermeidet Probleme
optimiert die Zusammenarbeit (z.B. mit Krankenhaussozialdiensten)
Neue Zugangswege bei gesundheitlichen Themen zu den eigenen JCKundinnen und Kunden. Erreichen und Motivieren durch die Unterstützung
Dritter, wie z. B.:



Haus- und Fachärzte,
Krankenhaussozialdienste
Pflegedienste, Selbsthilfe,…
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Gesundheitsförderung bei dauerhafter Arbeitslosigkeit
2. Welchen Mehrwert hat das Projekt für das JobCenter?
Im Ergebnis:


Beschleunigung der Integrationsprozesse / Erhöhung der Integrationszahlen

durch zeitnähere Zugänge für JobCenter – Kundinnen und Kunden zu
Therapien / Behandlungen und damit einer

Verbesserung der gesundheitlichen Situation der JC-Kundinnen und
Kunden.
Erhöhung der Wirksamkeit von arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen

Modifikation / Erweiterung bestehender Maßnahmeangebote

Entwicklung neuer Maßnahmen
unter Berücksichtigung der Erfordernisse, die sich aus den unterschiedlichen
Krankheitsbildern ergeben (Einbeziehung der externen Expertise).
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Gesundheitsförderung bei dauerhafter Arbeitslosigkeit
3. Welche förderlichen Rahmenbedingungen gibt es in Essen?
Strukturelle Rahmenbedingungen
 Rechtlich: Gesetz für den öffentlichen Gesundheitsdienst NRW vom
25.11.1997 – Einführung der kommunalen Gesundheitskonferenzen –
Forum mit einer Selbstverpflichtung der Mitglieder
 Organisatorisch: Gesundheitsamt und JobCenter gehören zum gleichen
Geschäftsbereich in der Stadt Essen.
 Infrastrukturell: Lokale Voraussetzungen ermöglichen Kooperationen
 Universitätsklinikum Essen-Duisburg
 Klinikstandort mit 16 z. T. hochspezialisierten Krankenhäusern
 Gesundheitswirtschaft mit über 40.000 Beschäftigten
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Gesundheitsförderung bei dauerhafter Arbeitslosigkeit
3. Welche förderlichen Rahmenbedingungen gibt es in Essen?
„Weiche“ Rahmenbedingungen / Klima
 Integrierte Gesundheits- und Arbeitsförderung wird von Politik und
Verwaltung als gemeinsame kommunale Aufgabe verstanden, zu der
jeder - nach seinen Möglichkeiten – einen Beitrag leistet.
 Gegenseitiges fachliches Interesse an einer Kooperation
Gesundheitsamt und im JobCenter (wichtiger Erfolgsfaktor).
im
 Persönliches Engagement der handelnden Personen.
 Bereitschaft aller Partner, die jeweils vorhandenen Spielräume und
Möglichkeiten zu nutzen / auszureizen.
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Gesundheitsförderung bei dauerhafter Arbeitslosigkeit
3. Welche hinderlichen Rahmenbedingungen gibt es?
 Kostendruck / Budgets im Gesundheitswesen
Das Projekt erzeugt im Erfolgsfall eine erhöhte Nachfrage z. B. nach
Präventionskursen und führt damit erst einmal zu höheren Kosten.
 Zugangsvoraussetzungen zu Präventionskursen / - angeboten etc. , die dazu
führen, dass SGB II – Kundinnen und Kunden die Angebote nicht
wahrnehmen (Vorfinanzierung / Nachträglicher Zuschuss bei regelmäßiger
Teilnahme)
 Fehlende ambulante Therapieplätze / lange Wartezeiten
SGB II – Kundinnen und Kunden haben durchaus Wettbewerbsnachteile
bei der Vergabe von knappen Terminen bei niedergelassenen Therapeuten.
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Gesundheitsförderung bei dauerhafter Arbeitslosigkeit
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
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