Passauer Neue Presse - Reisebeilage Katalonien
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Passauer Neue Presse - Reisebeilage Katalonien
Name: t-katalonien - Ausgabe: ra - Ressort: reis Thema: Unbenannt - Autor: tbrandl - Ausgedruckt von: tbrandl Erscheint: 06.10.2012 - Ausdruck: 06.10.2012 13:14:31 Independència! − Unabhängigkeit! Auf kurvigen Straßen in Katalonien können Motorradfahrer ihren Traum von Freiheit ausleben. Die Region selbst dagegen strebt nach einer anderen Art von Selbstbestimmung: der Unabhängigkeit von Spanien. Von Toni Brandl Dazu kommen besondere Momente der Ruhe: Wer auf dem Pass „Coll de Boixols“ auf 1380 Metern die Maschine abstellt und einfach in die Weite lauscht, dem wird die Stille fast unwirklich erscheinen. Ein Traum in Azurblau ist die Fahrt entlang der Mittelmeerküste, etwa zwischen Tossa de Mar und Palamós. Beste Jahreszeiten für eine Motorradreise nach Katalonien sind das Frühjahr und der Herbst. Für die Katalanen ist das Motorrad nicht nur Fortbewegungsmittel, sondern auch ein Ausdruck ihres Unabhängigkeitswillens: Als nem Heiligtum, der schwarzen Jungfrau Maria, vorbei. Hier pflegt man auch eine Partnerschaft mit dem oberbayerischen Wallfahrtsort Altötting. Es wäre auch schade, das Städtchen Cardona links liegen zu lassen, dessen mittelalterliche Altstadt mitsamt der Burganlage unter Denkmalschutz steht. Der nahe Salzberg gilt als weltweit einzigartiges geologisches Wunder. Salz war auch für ein Dörfchen am Fluss Noguera Pallaresa jahrhundertelang so bedeutend, dass man es in den Ortsnamen miteinbezog: Gerri de la Sal. Jährlich S ie wurden angeblich mit dem Blut eines Königs auf einem goldenen Schild gezogen: die roten Streifen der Fahne Kataloniens. Wer Spaniens Nordosten bereist, begegnet diesem Banner auf Schritt und Tritt. Es ist ein Symbol für das Streben der Region nach Freiheit: Man will sich von Spanien ablösen und einen eigenen Staat gründen. In der Luft liegt der Drang nach „Independència“. Dieses Streben nach Unabhängigkeit ist auch eine Triebfeder vieler Motorradler. Katalonien ist für sie ein perfektes Revier. Die Straßen sind wenig befahren und in einem hervorragenden Zustand, die Leitplanken vielfach mit Unterblechen gestaltet, die bei Unfällen schwere Folgen für Motorradler verhindern können. Zahllose Kurven schlängeln sich durch Landschaften von atemberaubender Schönheit. „Und es gibt wenig Polizei“, merkt augenzwinkernd René Dahms an, ein Mitarbeiter des Dresdener MotorradreisenVeranstalters Almoto, der hier seit Jahren geführte Touren anbietet. Biker müssen also nicht rechnen, alle paar Kilometer auf Radarfallen oder Kontrollen zu treffen. Frühjahr und Herbst sind die besten Jahreszeiten Wer auf einem guten Motorrad auf den Straßen des Parc Natural del Montseny oder vor der Kulisse des Montserrat-Gebirges kurvt, wer das Tall de Lillet befährt, wird diese Eindrücke nie mehr vergessen: Es geht vorbei an bizarren Felsformationen, Naturlandschaften mit dichten Wäldern, aber auch durch karge, wie leergefegt wirkende Landschaften, die mit ihrer herben Schönheit bezaubern. Die katalanische Küche wartet mit vielen solchen Hochgenüssen auf. Darauf pocht man auch in der 30 000-Einwohner-Stadt Olot im Vulkan-Naturpark „La Garrotxa“ am Fuße der Pyrenäen: Hier wollte sich vor einigen Jahren eine internationale Schnellrestaurant-Kette ansiedeln − wurde aber von den Einwohnern konsequent ignoriert. Schließlich machte an derselben Stelle ein Restaurant auf, das die Produkte heimischer Bauern verarbeitet. Es floriert. Einem globalen Konzern die Stirne bieten − auch so kann sie aussehen, die katalanische Art des Eigensinns: „Independència!“ In der Hauptstadt Kataloniens, Barcelona, gehört dagegen Fast Food zum Alltag. 6,5 Millionen Touristen pro Jahr kommen hierher, um in erster Linie architektonische und kulturelle Höhepunkte zu erleben. Absoluter Besuchermagnet seit Jahren ist die von Antoni Gaudí geplante Kirche Sagrada Familia. Zahlreiche ShoppingMöglichkeiten, mondäne Straßenzüge, ein internationales Flair − Barcelona ist eine pulsierende Metropole. Biker aber sollten sich gut überlegen, mit den Maschinen hierher zu kommen: Die Polizei zählt täglich sieben MotorradDiebstähle und 120 Unfälle mit motorisierten Zweirädern. Motorrad-Raritäten im Museum von Bassella Fortbewegungsmittel und Ausdruck des Unabhängigkeitsstrebens: Mit katalonischen Fahnen an der Maschine demonstrieren diese Biker für die Loslösung ihrer Region von Spanien. − Foto: Manuela Wollny sie am 11. September ihren „Natio- 12 000 Kilogramm des besonders nalfeiertag“ begingen, fegte eine wohlschmeckenden Kristalles Kolonne mit Hunderten Bikern wurden einst produziert, vor rund durchs Hinterland. Die meisten 30 Jahren aber verlor man im Wetthatten die rot-goldene Fahne an kampf gegen industrielle Herstelder Maschine befestigt. Sie steuer- ler. Heute erinnert ein liebevoll ten in die Hauptstadt Barcelona, eingerichtetes Museum an die wo sie an einer Massendemo teil- Handwerkstradition. Salz wird nahmen. Beide große Tageszeitun- nur noch in kleinen Mengen für gen, „el Periódico“ und „Ara“, be- handverlesene Abnehmer hergerichteten tags darauf in großer Auf- stellt: „Auf unser Salz schwören machung. Bei beiden lautete die die besten Köche!“ Schlagzeile: „Independència!“ Ein Körnchen Salz aus Gerri geWer hier mit dem Motorrad reist, hört auch an die Spezialitäten der sollte Zurückhaltung am Gasgriff Region, wie sie etwa im Hotel-Resüben − das ist nicht nur ein Gebot taurant Balneari in Sant Vicenç zuder Sicherheit, sondern auch den bereitet werden: warme Mandellandschaftlichen und architekto- suppe mit Garnelen als Vorspeise, nischen Höhepunkten der Gegend Huhn mit Melasse und Sesam, geschuldet. Wer rast, brettert wo- schwarz und weiß beschichtet, als möglich an Sehenswürdigkeiten Hauptgang und Schokoladenwie dem spektakulär gelegenen Mandel-Torte mit Vanillecreme Gebirgskloster Montserrat mit sei- und roten Früchten als Dessert. Besser sind Motorrad-Urlauber wohl im Hinterland aufgehoben, wo Attraktionen locken wie der Olympia-Park von Segre, in dem die Wasser-Wettbewerbe der Spiele von 1992 stattfanden und man sich heute auch als Tourist sportlich betätigen kann. Freunde historischer Motorräder kommen im Museum von Bassella auf ihre Kosten und werden feststellen: Auch Spanien hatte einst eine ganz eigene Motorrad-Tradition. Das älteste Teil wurde jedoch importiert, eine französische „Clement“ von 1902. Zur Übernachtung lädt etwa das Hotel Husa Sant Bernat in Montseny. Hier tragen in traumhafter Lage auch drei gutmütige Bernhardinerhunde zur Atmosphäre bei. Sie frönen ihrem ganz eigenen Rhythmus, liegen meist zufrieden im Gelände und fühlen sich auch bei der Neuankunft von Gästen nicht bemüßigt, aufzustehen oder gar zu bellen. Auch die Tiere in Katalonien haben wohl ihre eigene Form von − „Independència!“ Kurve um Kurve durch atemberaubend schöne Landschaften: ein Motorradfahrer vor der Kulisse des Montserrat-Gebirges. Kataloniens Straßen sind ein Traum für Biker. − Foto: Toni Brandl