Südkorea - Wirtschaftsmacht am Gelben Meer
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Südkorea - Wirtschaftsmacht am Gelben Meer
Filmskript zur Sendung „Südkorea – Wirtschaftsmacht am Gelben Meer“ Ein Film von Michael Hänel 00:04 Der Alltag in Südkorea: 50 Millionen Einwohner. Vor 50 Jahren ein armer Agrarstaat – heute eine führende Wirtschaftsmacht Fortschritt und Tradition ergänzen sich hier auf harmonische Weise. 00:30 Titel: Südkorea – Wirtschaftsmacht am Gelben Meer 00:42 Seit dem Koreakrieg ist Korea geteilt, in die Diktatur Nordkorea und die demokratische Republik Südkorea. 00:50 Einmal im Jahr, je nach Kalender mal im Januar, mal im Februar, feiert man hier „Seollal“, das Neujahrsfest. Praktisch alle Koreaner sind an diesen Tagen unterwegs. 01:07 Fast die Hälfte aller Südkoreaner lebt heute im Großraum der Hauptstadt Seoul. Unsere Reise geht nach Kimcheon im Zentrum des Landes - vier Autostunden südlich von Seoul. Auch Familie Choi fährt an diesem Tag zum Wohnhaus des Großvaters. 01:25 An--nyong-ha-seo heißt „Guten Tag“ auf Koreanisch. 01:32 Auch Bong Soo Choi, einer der Söhne der Familie, ist gekommen. 01:38 Eine gute Gelegenheit für den 45jährigen, hier die anderen Verwandten zu treffen. 01:45 Drinnen schafft Bong Soo erst einmal Platz für das gemeinsame Gebet. Die Chois sind Christen. Das sind etwa ein Viertel der Koreaner. 01:57 Links der Großvater: Byung Ha. Rechts Bong Soo. Neben ihm sein Sohn Moon Seok. 02:07 Drei Generationen, deren Familiengeschichte auch die von Südkorea erzählt, einem Land mit uralter Kultur, das noch Mitte des 20. Jahrhunderts zu den ärmsten Gegenden der Welt gehörte. Eine Familie – die für den Wandel des ganzen Landes steht: 02:32 Heute lebt der Großvater in einem modernen Haus, und der Tisch ist gedeckt, nicht nur zum Neujahrsfest. Das war nicht immer so. 02:47 Der Enkel Moon Seok ist 15 Jahre alt. Er ist im modernen Südkorea aufgewachsen, hat nicht die furchtbare Armut vieler koreanischer Familien erleben müssen. 02:58 Vater Bong Soo ist als Manager in einer Werft an der Südküste geradezu ein Symbol des wirtschaftlichen Aufschwunges des Landes. 03:08 Großvater Byung Ha lebt hier seit seiner Geburt Ende der 30er Jahre. 03:13 Damals waren die meisten Familien Reisbauern. Armut und harte Arbeit, das war der Alltag der Bauern von Kimcheon. Doch die Ernten von den winzigen Feldern, bewirtschaftet meist ohne jede Technik, reichten nicht, um alle satt zu machen. Noch vor 40 Jahren ging es den meisten Koreanern wirtschaftlich sehr schlecht. 03:43 Heute sind viele der Reisfelder verschwunden. Es lohnt sich für die Mehrheit der Bauern nicht mehr, Reis anzubauen. 03:53 Der Vater Bong Soo erinnert sich noch gut, wie es hier früher aussah, bevor die Bauern von Kimcheon auf Getreide, Soja oder Wein umgestiegen sind. © Planet Schule 2011 Filmskript zur Sendung „Südkorea – Wirtschaftsmacht am Gelben Meer“ Ein Film von Michael Hänel 04:02 Sohn Moon Seok: Damals gab es hier doch einen Fluss und viele Reisfelder. Warum sind das jetzt alles nur trockene Äcker? 04:08 Vater Bong Soo: Ja. Hier waren überall Reisfelder, und dort auch. Aber dann legte man größeres Gewicht auf die Industrialisierung des Landes. Und dann galt die Reisproduktion nicht mehr so viel, und die Bauern, also meine Eltern auch, begannen, Reisfelder in trockenes Ackerland umzuwandeln. 04:39 Vater und Sohn haben den Traum, künftig hier gemeinsam Obstbäume zu pflanzen. 04:53 Vom Großvater will Moon Seok erfahren, wie das Leben der Familie früher war. Großvater Byung Ha: 05:06 Dieses Foto wurde gemacht 1966, als dein Vater etwa zwei Jahre alt war. Das war etwa 10 Jahre nach dem Koreakrieg. 05:17 Großvater Byung Ha ist, wie fast alle Koreaner seiner Generation, geprägt von den Erlebnissen des Krieges. 05:33 Im September 1950 brach der Koreakrieg mit einem Angriff nordkoreanischer und chinesischer Truppen aus. Auf Seiten der Südkoreaner kämpften Amerikaner und eine UN – Truppe. Innerhalb weniger Monate wurde das gesamte Land zerstört. Auf beiden Seiten wurde unerbittlich gekämpft, oftmals ohne Rücksicht auf die Zivilbevölkerung. Bis zu drei Millionen Opfer hat der Krieg gefordert. 06:03 Seit dem Waffenstillstand 1953 ist Korea in zwei Staaten geteilt: Nord– und Südkorea. Familien sind seit Jahrzehnten durch die streng bewachte Grenze getrennt und ohne jeden Kontakt. 06:19 In den zerstörten Städten blieben nach dem Krieg viele Menschen ohne Wohnung und Angehörige, und viele Waisenkinder zurück. 06:30 Großvater Byung Ha hatte Glück: er und seine Eltern überlebten den Krieg. 06:36 Heute ist es der Familie wichtig, die alten koreanischen Traditionen zu erhalten - so auch die rituellen Verbeugungen der Jüngeren vor den Älteren. Die sind verbunden mit gegenseitigen Wünschen für ein glückliches neues Jahr. 06:58 Auch der Enkel Moon Seok erweist so den traditionellen Respekt gegenüber seinen Vorfahren. 07:10 Nach dem Koreakrieg wurde die Wirtschaft unter einer jahrzehntelangen Militärdiktatur mit Hilfe rigoroser staatlicher Planung systematisch aufgebaut. Sinnbild des wirtschaftlichen Wandels wurde die rasant wachsende Hauptstadt Seoul. 07:26 Der Schlüssel zur Industrialisierung war die Schwerindustrie. Ab 1970 wurde darum hier in Pohang das erste Stahlwerk Südkoreas gebaut. Der Staat selbst übernahm die risikoreiche Investition. Mit Hilfe von japanischer und deutscher Technologie wurde koreanischer Stahl gekocht und die Grundlage für den Aufschwung der Industrie geschaffen. 08:00 Die Häfen an der Südküste des Landes. Innerhalb weniger Jahre entstanden hier die größten Werften der Welt. Billige, hoch qualifizierte Arbeiter und der Stahl aus © Planet Schule 2011 Filmskript zur Sendung „Südkorea – Wirtschaftsmacht am Gelben Meer“ Ein Film von Michael Hänel Pohang machten den Schiffbau zum Motor des Aufschwunges in Südkorea. Bei einer der weltweit größten Werften, STX, arbeitet Bong Soo Choi heute als 08:22 Logistik Manager. Beim Teammeeting fällt auf: in Korea werden Entscheidungen im Konsens getroffen. 08:30 Diese typisch koreanische Vorgehensweise sowie die traditionelle Hochachtung sozialer Harmonie gelten als Garanten für den Erfolg koreanischer Unternehmen. 08:43 STX baut vor allem große Tank- und Containerschiffe, die aus angelieferten Einzelteilen in der Werft in Jinhae zusammen gesetzt werden. Die Werften wurden zum Anziehungspunkt für junge Menschen, auch für Bong Soo und seine Generation, die als Kind noch die Armut des Landes erlebt hatten . 09:05 Vater Bong Soo Choi: Ich bin in den 60er Jahren geboren, und meine Schulzeit, das waren die 70er Jahre. Viele Mitschüler hatten wenig zu essen. Es gibt große Unterschiede zwischen damals und heute. Früher gab es nicht so viele Autos, aber viele mit Stroh gedeckte Häuser. Heutzutage gibt es überall hohe Gebäude und Appartements. Das ist ein gewaltiger Unterschied. Ich erinnere mich, wie viele arme Leute es früher in Südkorea gab. Jetzt haben wir an wirtschaftlicher Macht gewonnen, und wir haben ein enormes wirtschaftliches Wachstum. 09:42 Über Jahrzehnte waren die traditionelle Opferbereitschaft und der Gemeinschaftsgeist der Arbeiter in den Unternehmen Garanten für den rasanten Wirtschaftsaufschwung. 09:59 Bis Ende der 1980er Jahre herrschte Streik- und Demonstrationsverbot im Land. Meinungsfreiheit und Demokratie waren trotz allen wirtschaftlichen Aufschwunges nicht vorhanden. Erst nach 40 Jahren Diktatur jagte eine breite Gewerkschafts- und Demokratiebewegung nach schweren Kämpfen die herrschende Militärregierung und ihre zivilen Verwalter aus dem Amt. 10:23 Viele Industriezweige waren jedoch gerade unter der strikten Wirtschaftsplanung der Militärregierungen von Null auf errichtet worden. Beispiel: Autoproduktion bei Hyundai Motors. 10:40 Kompakte, preiswerte Autos mit hoher Qualität „Made in Korea“ überfluteten seit 1975 den Weltmarkt und motorisierten die koreanische Gesellschaft im Inneren. 10:59 Heute gibt es den Hyundai Pony und seine Nachfolger nur noch im Werksmuseum. Hyundai ist heute eine der weltweit bekannten koreanischen Marken. 11:12 Etwa zwei Millionen Autos werden im koreanischen Stammwerk Ulsan jährlich gebaut und in alle Welt verschifft. 11:24 Die heutige junge Generation der Südkoreaner ist geprägt von Elektronikriesen wie Samsung und LG, die mit Smartphones und hochwertigen Displays die Weltmärkte erobern wie einst die Hyundai-Autos. 11:41 Das ist Moon Seok Choi in der Schule. Hier trägt er Gyobok, die einheitliche Kleidung, wie es überall in Südkorea üblich ist. 11:47 © „Guten Morgen!“, sagt ein Schüler zur Begrüßung Planet Schule 2011 Filmskript zur Sendung „Südkorea – Wirtschaftsmacht am Gelben Meer“ Ein Film von Michael Hänel 11:56 „Guten Morgen! Es freut mich!“, antwortet die Lehrerin 12:00 Das Schulsystem in Korea gilt als eines der härtesten der Welt: geprägt von sehr 12:02 langen Unterrichtszeiten. Unter den hohen Erwartungen von Eltern und der koreanischen Gesellschaft müssen die Schüler sich anstrengen. Es geht immer darum, der Beste zu sein, in der Klasse, in der Schule, um später eine der Eliteuniversitäten besuchen zu dürfen. 12:29 Jeden Schultag ist Moon Seok von morgens 8:00 Uhr bis abends 21:00 Uhr in der Schule. Da sind Pausen willkommen. Dreimal am Tag geht es zum Essen in die Schulkantine. 12:47 Frisches und Nahrhaftes steht auf dem Speiseplan. Junkfood gibt es nicht. Südkorea schneidet im internationalen Vergleicht seit Jahren sehr gut ab: vor allem bei der Lesefähigkeit aber auch in Mathematik. Doch bei aller äußerlichen Uniformität hat jeder Schüler, so auch Moon Seok, seine eigenen Vorstellungen 13:10 Sohn Moon Seok: Der Unterricht ist um 17:30 Uhr zu Ende, dann kommt das sogenannte „freiwillige“ Abendlernen. Das ist - eigentlich - Pflicht, aber ehrlich gesagt, ich finde das persönlich nicht so schön. Im Vergleich zu anderen Ländern haben wir täglich fünf oder sechs Stunden mehr Unterricht. Wenn es das nicht gäbe, wäre mein Alltag interessanter, ich könnte mehr Spaß haben und mehr mit Freunden zusammen sein. 13:40 Nach wie vor gilt in Südkoreas Schulen: Lernen bis in den späten Abend, um die Zugangsprüfungen für die renommierten Universitäten zu schaffen, den Weg in die Zukunft zu öffnen, für den Einzelnen und das Land. 13:58 Die Melodie dieses Volksliedes, Arirang, ist uralt, der Liedtext wird immer wieder verändert, als Symbol eines sich ständig wandelnden Landes. Und es ist ein Lied für ganz Korea, nach all den Jahren der Trennung und des Krieges: eine Hymne über ein – irgendwann - geeintes Korea. 14:23 14:40 © Planet Schule 2011