Phenylketonurie im Erwachsenenalter: Entspricht die
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Phenylketonurie im Erwachsenenalter: Entspricht die
Phenylketonurie im Erwachsenenalter: Entspricht die Nährstoffzufuhr den Empfehlungen? Eine Analyse Tanja Häusermann, Rea Kühl Studiengang Ernährung und Diätetik (Bsc) Bachelor-Thesis 2011 Einleitung Die Empfehlungen für Selen und α-Linolensäure werden von Gruppe 2 nicht erreicht, von Gruppe 1 nur knapp. Vitamin E wird von Gruppe 2 adäquat zugeführt, Gruppe 1 erreicht die Empfehlung nicht. Die Empfehlung für Linolsäure wird von beiden Gruppen erreicht, von Gruppe 2 grenzwertig. Folsäure wird von beiden Gruppen knapp adäquat zugeführt. Die Vitamine B12 und D, Calcium, Eisen und Zink werden in beiden Gruppen adäquat zugeführt. Vitamin A-Zufuhr Gruppe 2 Vitamin A-Zufuhr Gruppe 1 1.2 1.2 1 Zufuhr in mg 1 Zufuhr in mg Phenylketonurie (PKU) ist die häufigste hereditäre Erkrankung des Aminosäuren-Stoffwechsels aufgrund einer verminderten Aktivität des Enzyms Phenylalaninhydroxylase. Aktuell leben ungefähr 120-150 erwachsene Personen mit PKU in der Schweiz [1,2]. Obwohl die phenylalaninarme (phe-arme) Diät lebenslang praktiziert werden soll und eine regelmässige Überprüfung der Nährstoffzufuhr empfohlen wird, bestehen wenige Langzeiterfahrungen zur Nährstoffversorgung von Erwachsenen mit PKU. Es besteht Bedarf an umfassenden offiziellen Leitlinien zur Ernährungstherapie im Erwachsenenalter [3,4]. Ziel dieser Studie ist, eine Schwerpunktsetzung auf kritische Nährstoffe bei PKU im Erwachsenenalter in der Ernährungsberatung zu erleichtern. 0.8 0.6 0.4 0.2 Methodik In einer prospektiven Beobachtungsstudie wurde im Querschnittdesign zwischen März und April 2011 die Nährstoffzufuhr mittels Wiege-Ernährungsprotokollen über vier Tage ermittelt und analysiert. 15 erwachsene Patientinnen und Patienten mit PKU oder Hyperphenylalaninämie des USZ (von total 32) im Alter von 28.8 (± 6.3) Jahren, Altersspanne 21-40 Jahre, nahmen an der Untersuchung teil. Mittels eines standardisierten Fragebogens wurden die Teilnehmenden durch Punktvergabe in zwei Gruppen eingeteilt, lockerere (Gruppe 1, n=8) und strengere (Gruppe 2, n=7) Einhaltung der phe-armen Diät. In beiden Gruppen werden verschiedene Aminosäuremischungen konsumiert; zwei Personen der Gruppe 1 konsumieren keine. Die Ernährungsprotokolle wurden mit der Software Diät2000® berechnet, wobei eine durchschnittliche Zufuhr der Gruppen von 70-130% der Empfehlung als angemessen beurteilt wurde [5]. Ergebnisse Eine Person der Gruppe 1 und vier Personen der Gruppe 2 erreichten die minimal glaubwürdige Energiezufuhr [6] nicht. Vitamin A wird von beiden Gruppen ungenügend zugeführt, wobei Gruppe 2 eine äusserst niedrige Zufuhr aufweist. 0.4 0 5352-5 Inwiefern entspricht die Makro- und Mikronährstoffzufuhr bei erwachsenen Patientinnen und Patienten des UniversitätsSpitals Zürich (USZ) mit Phenylketonurie bei unterschiedlich strikter Einhaltung der phenylalaninarmen Diät den D-A-CHReferenzwerten (2008)? 0.6 0.2 0 Fragestellung 0.8 5352-15 männlich 5352-1 5352-2 weiblich 5352-9 5352-17 Empfehlung Männer Abb. 1: Zufuhr von Vitamin A bei Gruppe 1 (n=8) 5352-18 5352-25 Empfehlung Frauen 5352-4 5352-8 männlich 5352-13 weiblich 5352-16 5352-19 5352-20 Empfehlung Männer 5352-21 Empfehlung Frauen Abb. 2: Zufuhr von Vitamin A bei Gruppe 2 (n=7) Diskussion Die Gruppe 2 mit der strengeren Einhaltung der phe-armen Diät hat bei mehreren Nährstoffen eine niedrigere Zufuhr als Gruppe 1, was unter anderem durch das vermehrte Auftreten von Underreporting in Gruppe 2 begründet werden kann. Erstaunlicherweise werden die Vitamine B12 und D, Calcium, Eisen und Zink von beiden Gruppen genügend oder übermässig zugeführt, obwohl dies Nährstoffe sind, welche bei der Diät bei PKU kritisch sein können [4,7,8]. Dies ist unter anderem auf den unterschiedlichen Gehalt an Nährstoffen in den Aminosäuremischungen zurückzuführen. Der Software Diät2000® liegen teilweise unvollständige Nährwertdatenbanken zugrunde, was zu Fehlberechnungen insbesondere bei Selen und Folsäure führte. Die Ergebnisse werden zudem limitiert durch die kurze Dauer der Erhebung, die geringe Anzahl Teilnehmende und somit die kleinen Gruppengrössen. Schlussfolgerung Trotz der Supplementation mit Aminosäuremischungen werden die Vitamine A und E, Folsäure, Selen und mehrfach ungesättigte Fettsäuren in der untersuchten Population ungenügend zugeführt. Eine regelmässige Überprüfung der Nährstoffzufuhr wird deshalb für Erwachsene mit PKU empfohlen. Die vorliegende Studie bestätigt Annahmen aus der Literatur [4,7,8], dass bei der phe-armen Diät ernstzunehmende Nährstoffrisiken bestehen. Es sind weitere, gross angelegte repräsentative Studien nötig, um die Ergebnisse zu bestätigen. Literatur: [1] Blau, N., van Spronsen, F. J., & Levy, H. L. (2010). Phenylketonuria [Electronic version]. The Lancet, 376, 1417-1427. [2] Prof. Dr. med. M. Baumgartner, persönliche Mitteilung, 13. April 2011. [3] Van Spronsen, F. J., & Burgard, P. (2008). The truth of treating patients with phenylketonuria after childhood: The need for a new guideline [Electronic version]. Journal of Inherited Metabolic Disease, 31, 673-679. [4] Feillet, F., & Agostoni, C. (2010). Nutritional issues in treating phenylketonuria [Electronic version]. Journal of Inherited Metabolic Disease, [Epub ahead of print]. [5] Müller, M. J. (2007). Ernährungsmedizinische Praxis - Diagnostik, Prävention, Behandlung (2. Aufl.). Heidelberg: Springer Medizin Verlag. [6] Brunner, E., Stallone, D., Juneja, M., Bingham, S., & Marmot, M. (2001). Dietary assessment in Whitehall II: comparison of 7 d diet diary and food-frequency questionnaire and validity against biomarkers [Electronic version]. British Journal of Nutrition, 86, 405-414. [7] Hoeks, M. P. A., den Heijer, M., & Janssen, M. C. H. (2009). Adult issues in phenylketonuria [Electronic version]. The Netherlands Journal of Medicine, 67(1), 2-7. [8] Hvas, A. M., Nexo, E., & Nielsen, J. B. (2006). Vitamin B12 and vitamin B6 supplementation is needed among adults with phenylketonuria (PKU) [Electronic version]. Journal of Inherited Metabolic Disease, 29, 47-53. Kontakt: haust3@bfh.ch; kuhlr2@bfh.ch