Ausgabe November 2012

Transcription

Ausgabe November 2012
Der Mühlstein
November 2012
Regionalausgabe für Niedersachsen und Bremen
29. Jahrgang
53
1
Inhalt
Kurzbericht zur Vorstandstätigkeit
3
200 Jahre Bagbander Mühle/Ostfriesland
5
Mühlenvereinigungsschilder11
Beitrittserklärung
12
Protokoll der Mitgliederversammlung
13
Molens zonder grenzen – Mühlen ohne Grenzen
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Assistent-Ausbildervertrag
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Ehrenamtliches Engagement ausgezeichnet
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Ausbildung in der Mühle
25
Von der Wind- zur Motormühle
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De Groote Polder (Der Große Polder)
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Unfallschutz und Sicherheit in der Mühle
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Eigenheim Windmühle
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Mühlsteine - ein schweres Thema
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Neue Mahlsteine in Bad Essen
47
Ostmühle Gildehaus, nach Renovierung wieder in "Schuß"
49
Korrektur des Nachrufs "Unsere Liebenburger Bockwindmühle"
52
Eine Mühlenführung zum Kaffee
54
Gesucht wird
55
Mühlenkalender
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Impressum
Herausgeber: Vereinigung zur Erhaltung von Wind- und Wassermühlen in Niedersachsen und Bremen e.V.,
1. Vorsitzender: Rüdiger Heßling, Engelkestraße 46, 28279 Bremen, Telefon: 0421 - 832 271, e-Mail: r.hessling@arcor.de
Bankverbindung: Konto Nr. 164 312 5774, Sparkasse Osnabrück, BLZ 265 501 05
Redaktion: Karl-Heinz Modrei, Aspeloh 32, 49152 Bad Essen, Telefon: 05472 - 3862, e-Mail: karl-heinz@modrei.de
Druck: Lamkemeyer Druck, Georgsmarienhütte
Erscheinen: Der Mühlstein erscheint zwei Mal jährlich in der Regionalausgabe für Niedersachsen und Bremen.
Als Periodikum der Deutschen Gesellschaft für Mühlenkunde und Mühlenerhaltung (DGM) e.V. erscheint Der Mühlstein in zusätzlichen
vier Ausgaben pro Jahr im Verlag Moritz Schäfer GmbH & Co. KG, Detmold
Auflage: 1200
Mit Verfasserangabe gekennzeichnete Beiträge geben die Ansicht des Verfassers wieder, mit der sich Herausgeber und Redaktion
nicht notwendigerweise identifizieren müssen. Die Autoren sind für den Inhalt ihrer Beiträge selbst verantwortlich. Textbeiträge sowie
Zuschriften aller Art (Terminmitteilungen, Leserbriefe usw.) bitte an die Redaktion. Der Nachdruck einzelner Beiträge ist nur nach
vorheriger schriftlicher Zustimmung der Redaktion und unter genauer Nennung der Quelle sowie gegen kostenfreie Zusendung von
zwei Belegexemplaren gestattet.
Internet: www.muehlenland-niedersachsen.de
Redaktionsschluss für die nächste Ausgabe: 1. Mai 2013
Titelbild:
Neue Mahlsteine in Bad Essen. Die Mühlenbauer Vaags rollen den Läuferstein aus der Mühle, die neuen Steine liegen bereit.
Foto: Karl-Heinz Modrei
Rückseite: Verschneite Weihnachtsstimmung: Wasserschöpfmühle in Slochteren.
Foto: Lammert Groenewold
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Kurzbericht zur Vorstandstätigkeit
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wischen den beiden Jahreshauptversammlungen Wiegboldsbur (2012) und
Löningen (2013) sollen hier einige Schwerpunkte der Vorstandstätigkeit vorgestellt
werden.
Archivmitarbeit: Die Mitarbeit Sönke Meinens endete vor einem Jahr und seit der
Zeit betreut Hinrich Redinius allein unseren
immer weiter wachsenden Archivbestand.
Im Frühjahr 2012 sind aus dem Nachlass
von Kurt Wittig wieder umfangreiche Materialien hinzugekommen, auch die seit
Jahren vorhandene sehr große KuhnSammlung muss noch intensiv bearbeitet
werden.
Mühle Wiegoldsbur, ehemals Mühlenanbau-heute Ausstellung.
Die bestehende Notwendigkeit zusätzliche Mitarbeiter einzuwerben sollte über
Personen erfolgen, die im Rahmen des
„Bundefreiwilligendienstes” für unsere Archivarbeit Interesse zeigten. Leider gab es
mehrere Gründe, die dieses Vorhaben ver-
hinderten. Unser Verein ist kein Träger für
das vom Bund geförderte Programm. Die
uns nahestehenden Organisationen bzw.
Gemeinden wollten auch nicht in das Förderprogramm eingebunden werden. Aber
mit Unterstützung des Landkreises Friesland zeigt sich gegenwärtig eine sinnvolle
Perspektive. Der Landkreis, unser Archiv
in Roffhausen liegt am Rande des Kreises
Friesland, organisiert den Einsatz von Senioren in unterschiedlichsten Tätigkeitsgebieten. Einer dieser Tätigkeitsbereiche
könnte demnächst auch in der Archivmitarbeit entstehen. Es wird z.Zt. erkundet, ob
für unser Archiv dann einmal im Monat für
alle Mühlenfreunde ein Öffnungstermin angeboten werden kann.
Ein weiterer Punkt, der die Archivarbeit so
wichtig macht ist: Es wird in naher Zukunft
eine bezahlbare und nicht so zeitaufwendige Möglichkeit geben, die große Zahl
der geschenkten / geerbten DIAs zu digitalisieren. Es bleibt aber auch weiterhin
genügend Arbeit mit der Beschriftung und
Ordnung der Bestände. Wenn die DIABestände des Archivs alle erfasst worden
sind, könnte das entsprechende Gerät
unseren Mitgliedern zu einem noch festzusetzenden Mietpreis zur Digitalisierung
ihres eigenen Bestandes ausgeliehen werden. Aber das sind noch Zukunftsüberlegungen.
Zum ersten Mal wurden in diesem Sommer
Bestände unseres Archivs im Rahmen des
Jubiläums der Gemeinde Abbehausen in
der Moorseer Mühle der interessierten Öffentlichkeit präsentiert. Bücher, Grafiken
und Geld-/Notgeldscheine aus dem Mühlenbereich waren Teile der Ausstellung.
Erfahrungen aus dieser ersten Ausstellung
werden in konzeptionelle Weiterentwicklung eingebracht. Zukünftig könnten vergleichbare Präsentationen auch anderen
potentiellen Ausstellern (Vereinen, Museen, Sparkassen u.a.) angeboten werden.
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Der Mühlstein: Seit fast 30 Jahren gibt die
Mühlenvereinigung Niedersachsen, 1989
kam auch das Land Bremen dazu, die
zweimal jährlich erscheinende Fachpublikation „Der Mühlstein” heraus. Bisher habe
die Redakteure Gundolf Scheweling, Bernhard Kühne und Philipp Oppermann die
sehr erfolgreiche Arbeit für unsere Mühlenvereinigung geleistet. Jeder Redakteur
hat die Fülle der vorhandenen Materialien
eingebunden in eine anspruchsvolle und
interessante Publikation. Diese Hefte atmen alle die persönliche Handschrift des
jeweiligen Redakteurs und dies wird sich
auch in Zukunft nicht ändern. Es muss so
sein, dass der jeweilige Redakteur sich mit
dem von ihm gestalteten Produkt identifizieren kann. Allen bisherigen Redakteuren
gilt der besondere Dank des Vorstandes
der Mühlenvereinigung für die ehrenamtlich geleistete Arbeit in den vergangenen
drei Jahrzehnten.
Mit diesem Mühlsteinheft wird Karl-Heinz
Modrei als zuständiger Mühlsteinredakteur
die Arbeit seiner bisherigen Vorgänger
fortsetzen. Karl-Heinz Modrei war schon in
den letzten Jahren aktiv an dem Layout des
Mühlsteins beteiligt. Alle Mühlenfreund(e)
innen, die mit Beiträgen und Informationen unseren Landesmühlstein bereichern
möchten, können ihre Beiträge zukünftig
an die ausgewiesene Mail-Anschrift des
Redakteurs Karl-Heinz Modrei senden.
Freiwillige Müller-innen: Auch im vergangenen Halbjahr wurde an den drei Standorten Osnabrück, Syke und Logabirum die
Ausbildung von Freiwilligen Müller-innen
fortgesetzt bzw. abgeschlossen.
Osnabrücker Lehrgang: Am 14. Juli fand
in Löningen Prüfung und Zertifikatsübergabe für 10 Freiwillige Müller-innen statt.
Der dortige Veranstaltungsort sowie die
benachbarte Schutenmühle bildeten einen
angemessenen Rahmen für diesen wichtigen Tag.
Syker Lehrgang: Im November ist die Prüfung von 8 Freiwilligen Müller-innen an der
4
Wassermühle Bruchmühlen in Bruchhausen-Vilsen und an der Windmühle in Blender geplant. An diesem Lehrgang nehmen
5 Freiwillige Müllerinnen teil.
Leer-Logabirum: Am 14.April war Zertifikatsübergabe für 12 Lehrgangsteilnehmer
in Dornum. 5 Freiwillige Müller aus diesem
Lehrgang arbeiten nun an der restaurierten
Dornumer Bockwindmühle.
Schon
am 20. April startete in Logabirum ein neuer Lehrgang mit 12 Mühlenfreunden. Auch
in diesem Falle gibt es mit 5 Teilnehmern
aus Bad Zwischenahn eine größere regionale Gruppe.
„Molens zonder grenzen - Mühlen ohne
Grenzen”: Ein wichtiger Teil der Vorstandsaktivitäten betraf die Zusammenarbeit mit unseren niederländischen Mühlenfreunden. Zu diesem Thema wird in diesem
Mühlstein unser Vorstandsmitglied Johann
Glazenburg genaueres berichten.
Als erstes Ergebnis der Zusammenarbeit
kann der ebenfalls vorliegende Vertragstext
zum Thema „Assistent-Müllerausbilder”
gelten. Mit diesem Konzept wollen wir im
Bereich der MVNB unser bisheriges Ausbildermodell umstellen. Diese Umorganisation der Lehrgangsausbildung durch
Wind- und Wassermüllermeister hin zur
Erweiterung Ausbilder ohne die früher übliche Meisterausbildung wird längere Zeit
in Anspruch nehmen – aber wir sollten in
naher Zukunft damit beginnen. In den
Niederlanden gab es vor 40 Jahren noch
Nachwuchsausbildung durch Müllermeister und auch dort musste man sich konzeptionell umstellen. Auch wir werden einen für uns vertretbaren Weg in der nächsten Zeit gehen müssen.
Lammert Groenewold, Mitglied der MVNB
und Ausbilder in seinem Mühlenbereich,
beschreibt in einem Beitrag die Tätigkeiten
in „seiner” Wasserschöpfmühle. Die Zeichnungen veranschaulichen sehr positiv sein
Präsentationskonzept eines Mühlenaufbaus. Lammert Groenewold wird zusammen mit Ansgar Rahmacher eine umfas-
sende Mühlenpräsentation entwickeln. Die
bisher nur die niederländischen Mühlen
berücksichtigende Mühlenaufbaupräsentation wurde schon 800-mal verkauft. Die
geplante deutsch-niederländische neue
Version, ergänzt um Filmsequenzen, berücksichtigt alle häufig vorkommenden
Mühlenarten in beiden Ländern - natürlich
auch zweisprachig.
Schutenmühle in Löningen.
Fotos: R. Heßling
Bisher schon bekannte Termine für das
Jahr 2013:
Am Sonnabend, dem 27.April 2013 findet die Mitgliederversammlung unserer
Mühlenvereinigung in Löningen statt.
Natürlich ist am Freitagabend wie üblich
das Treffen mit regionalen Mühlenfreunden
geplant. An diesem Abend sind wir Gäste
des Heimatvereins Löningen-Schutenmühle.
Vom 14. bis 16. Juni 2013 ist die Mühlenvereinigung Niedersachsen-Bremen in
Melle Gastgeber der DGM-Jahreshauptversammlung 2013. Diese Veranstaltung
wird von Osnabrücker Mühlenfreunden
unter der organisatorischen Federführung
von Günter Oberschmidt vorbereitet. Die
Veranstaltung in Melle ist nach Loccum
und Bremen der dritte Termin, zu dem wir
viele Mühlenfreunde aus den anderen Landesverbänden/Ländern einladen und wir
freuen uns darauf.
Der Vorstand wünscht Ihnen allen ein besinnliches Weihnachtsfest und einen guten
Rutsch in erfolgreiches Mühlenjahr 2013
Im Namen aller
Rüdiger Heßling
200 Jahre Bagbander Mühle/Ostfriesland
Albert Kroon
D
ie an der Bundesstraße 72 in Bagband
- eine Ortschaft der Gemeinde Großefehn in Ostfriesland - stehende Kornwindmühle wurde im Jahre 1812 von Frerich
Jürgens Bohlen erbaut. In Ostfriesland, damals unter französischer Fremdherrschaft,
waren die bis dahin starren Vorschriften
der preußischen Regierung über die Errichtung von Mühlen gelockert worden.
Bohlen hatte ursprünglich eine Mühle in
der Gegend von Firrel bauen wollen, weil
dort die Einwohner lange Anfahrtswege zur
nächsten Mühle hatten.
Da die französische Regierung aber keine Standortvorschriften machte, entschloß
sich Bohlen seine Mühle in Bagband, in
der Nähe des Dorfes, am Bagbander Tief
zu bauen. Hier wehte der Wind aus erster
Hand über die baumlose Meedenniederung.
Die Großzügigkeit der Regierung erforderte allerdings auch ihren Preis, denn an
Stelle der früheren Windheuer musste ein
sogen. Patent gegen eine nicht geringe
Gebühr erworben werden.
Die Mühle lag zwar an dem Alten Postweg,
5
Bagband vor 1950, Fuhrwerk schon mit Gummibereifung.
den zweimal am Tag auch die Postkutschen zwischen Aurich und Leer passierten, doch war der Weg in den Wintermonaten oft nur schwer befahrbar. Die um 1840
erbaute Landstraße von Leer nach Aurich
erleichterte zwar den Verkehr der Mahlgäste zur Mühle, doch als diese erste besteinte Straße auch mit Bäumen bepflanzt
werden sollte, befürchtete der Müller, dass
diese ihm buchstäblich den Wind aus den
Segeln nehmen könnten. Er prozessierte
gegen die Baumbepflanzung der Straße,
hatte aber keinen Erfolg.
Die Mühle von Frerich Jürgens Bohlen wurde dann 1813 als Pelde- und Mahlmühle
mit einem Wert von 12660 Mark in das
Verzeichnis der Mühlenbrandsozietät eingetragen.
Manfred Wittor hat in seinem Buch „Mühlen
in Großefehn“ (siehe „Quellen“) die Maße
der Mühle aus dem Jahre 1820 aufgeführt.
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Die Mühle ist 54 Fuß hoch und 29 Fuß, 6
Zoll weit. Die Flucht der Flügel beträgt 74
Fuß. Sie hat „drey Gänge“, die sich auf 2
Rheinländische Mahlsteine zu 5 Fuß, 2 Zoll,
1 Pellstein zu 6 Fuß, ein Pellstein zu 6 Fuß
2 Zoll verteilen.
Frerich Jürgens Bohlen, der erste Müller auf der Bagbander Mühle, stirbt am
27.3.1860. Sein Sohn Heye Frerichs Bohlen übernimmt 1861 die Mühle.
Im Jahre 1869 wird das Wohnhaus der
Mühle erneuert. Schon vorher, beim Mühlenbau 1812 wird von einer Wohnung berichtet. Danach soll es einen Brand gegeben haben, doch lässt sich dies nicht
belegen. Wahrscheinlicher ist, dass die
Wohnung der Familie zu klein gewesen ist,
bestand sie doch aus 15 Personen, davon
13 Kindern.
1874 erhielt die Mühle neue Mahlsteine und
einen Keller zur Lagerung von Kartoffeln.
Bagband von Osten, die Scheune ist heute nicht mehr vorhanden.
Der 2. Müller der Mühle Bagband, Heye
Frerichs Bohlen, wurde am 4.1.1901 in
Bagband zu Grabe getragen.
Zur Übergabe an den dritten Müller Frerich Heyen Bohlen wurde 1902 eine neue
Schätzung der Mühle vorgenommen. Der
Wert wird mit 11500 Mark angegeben.
Bis zum Jahre 1910 sollen die Flügel der
Mühle mit Segeln bespannt gewesen sein,
danach erhielt sie Jalousien. Um 1920 wurde östlich der Mühle ein Motorhaus erstellt,
in das ein Benzolmotor mit einem Mahlgang eingebaut wurde.
Der dritte Müller der Mühle, Frerich Heyen
Bohlen, starb schon im Alter von 45 Jahren
am 20.8.1920.
Manfred Wittor berichtet hierüber: „Es blieb
dann der resoluten Witwe Eta, geb. Möhlmann überlassen, die Mühle mit der Landwirtschaft zu betreiben. Sie meisterte dies
die ersten Jahre alleine, bis der 4. Müller
auf der Mühle, Heio Frerich Bohlen, geb.
1909, das Alter erreicht hatte, um mithelfen
Scans: Privat
zu können. Er erlernte das Müllerhandwerk
auf der Mühle in Felde (ebenfalls Gde.
Großefehn) und erwarb 1936 den Meisterbrief in diesem Beruf.“
Müller Heio Frerich Bohlen arbeitete bis
zum Beginn des 2. Weltkrieges mit seinem
Bruder Gerhard zusammen. Gerhard Bohlen hatte ein Praktikum im Müllerwesen bei
Müller Onken in Westgroßefehn gemacht.
Die Brüder Heio und Karl wurden dann
zum Kriegsdienst eingezogen, Gerhard
wurde freigestellt. Karl Bohlen fiel in Afrika,
während Heio Bohlen bis 1945 Soldat war
und in russische Kriegsgefangenschaft
geriet. Er kam erst 1949 zurück. 1952 wurden Sohn Frerich und 1954 Sohn Dieke
Bohlen geboren.
In dieser schweren Zeit hat Gerhard Bohlen die
Landwirtschaft und die Mühle allein betrieben.
Gerhard Bohlen wohnte bis 1948 im Müllerhaus und zog danach mit seiner Frau in
das neu erbaute Haus an der Mühlenstraße
„Den von vielen Leuten nach dem Kriege
7
gesehenen Aufschwung in der Müllerei
und dem Landhandel haben wir nicht mitbekommen, da wir noch Kinder waren“ so
berichteten Frerich und Dieke Bohlen.
„Unsere Eltern hatten der Mühle einen
Landhandel angegliedert, der anfangs gut
lief. In der Zeit bis 1954 fuhr unser Vater
Heio mit einem von 2 Pferden gezogenen
Wagen zu den Bauern, um Getreide zum
Mahlen und zum Reinigen mit zu nehmen
und Futtermittel zu verkaufen.
1962 baute Mühlenbauer Böök aus Dunum
(Gde. nahe Esens/Ostfriesland) einen
Elektromotor ein, mit dem dann ein Mahlgang betrieben wurde.
Im Sommer 1963 erhielt die Bagbander
Windmühle ein neues Reithdach. Der
örtliche Dachdecker Reinder Meyer, der
schon 50 Jahre dieses Handwerk ausgeführt hatte, wurde mit dieser Arbeit beauftragt. Da er aber schon 65 Jahre alt war,
holte er den namensgleichen Dachdecker
Berend Meyer aus Bedekaspel zu Hilfe.
Das Reith, das zu Eindeckung der Mühle
verwendet wurde, war am Großen Meer bei
Der reetgedeckte 200jährige Mühlenbau.
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Riepe (Ostfriesland) geschnitten worden.
Zu der Zeit hatte die Mühle noch einen Steert mit Kroijwark. Das bedeutete, wenn der
Wind sich drehte, mussten die Mühlenflügel von Hand in den Wind gedreht werden.
Das Kroijwark wurde 1965 durch eine moderne Windrose ersetzt.
Schwere Stürme mit Orkanböen richteten in
den 1970er Jahren erhebliche Schäden an
den Flügeln, der Windrose und dem Reithdach an. Der Eigentümer war nicht in der
Lage, die Schäden, die sich auf mehrere
zehntausend Mark beliefen, zu tragen. Die
Mühle drohte zu verfallen und das Ende
dieses Baudenkmals war abzusehen. Heio
Bohlen resignierte. „Seit Jahrzehnten habe
ich viel Geld in die Mühle gesteckt, jetzt ist
Schluß, es bleibt nur noch der Abbruch.“
Doch es sollte anders kommen!
Der Bagbander Gerhard Block, Mitglied
der „Vereinigung zur Erhaltung von Windund Wassermühlen“, setzte sich für die
Erhaltung der Bagbander Mühle ein. Die
vorläufige Instandsetzung erforderte Mittel
in Höhe von 28.000 DM. Um an Zuschüsse
zu gelangen, waren Eigenleistungen von
mindestens 25% erforderlich.
Als Leiter der Zweigstelle der Kreissparkasse Aurich in Bagband gelang es ihm,
mit einem Aufruf, der vom Ortsrat Bagband unterstützt wurde, Spenden in Höhe
von 7.800 DM zu sammeln. Die Gemeinde Großefehn genehmigte 4.000 DM. Von
der Mühlenvereinigung kamen 5.000 DM.
Die Kreissparkasse Aurich steuerte 3.000
DM bei. Weitere Aktionen erbrachten 4.500
DM. Damit konnten die ersten Schäden beseitigt werden, und die Mühle strahlte wieder in neuem Glanz.
Doch bald schrillten die Alarmglocken wieder: Die Flügel drehten sich nicht mehr, da
der „Windpöl“ (Balken unter dem Flügelkreuz) gebrochen war.
1978/79 standen weitere größere Reparaturen an. Sie kamen aber nicht mehr zur
Ausführung da das Geld fehlte.
Am 10.12.1983 verstarb Heio Bohlen, der
vierte Müller auf der Mühle Bagband.
Nachdem der Mühlenbetrieb und der
Landhandel aufgegeben wurden, verpachteten die Söhne Dieke und Frerich die Mühle1986 an die Gemeinde Großefehn.
Die Gemeinde ließ die Mühle 1988 im Rahmen der „Dorferneuerung Bagband“ mit
einem Kostenaufwand von 220.000 DM sanieren. Die Flügel bekamen wieder Segel.
Die Galerie wurde in Bongossiholz erneuert. Auch die Kappe der Mühle konnte von
dem in Diensten der Gemeinde stehenden
Mühlenbaumeister Theodor Mönck und
seinem Mitarbeiter Werner Köster neu
gefertigt und mit einem Kupferdach abgedeckt werden.Der bis dato vorhandene
Übergang von der Mühle zum Haus fehlte in den ersten Jahren, wurde dann aber
nachträglich eingebaut
1990 errichteten Mitarbeiter des Bauhofes
der Gemeinde Großefehn neben der Mühle
ein Backhaus mit einem Backofen. Dieses
Backhaus dient auch als Unterstellmöglichkeit für die Kinder der Schulbushaltestelle.
Im Rahmen der 13. Großefehner Mühlentage wurde 1989 die Einweihung der Bagbander Mühle mit einem Festprogramm
gefeiert.
Am 1.1.1993 ging das gesamte Anwesen, Mühle und Müllerhaus, in den Besitz
der Gemeinde über. Die Gebrüder Bohlen
waren von einer großen Last befreit. Sie
Die Kappe der Bagbander Mühle.
wohnen aber weiterhin im Vorderhaus des
Mühlenhauses. Die Gemeinde stellte Dieke
als Arbeiter im Bauhof ein.
1994 wurde das Müllerhaus vollkommen
erneuert. Das gesamte Stallgebäude mit
seinem Ständerwerk musste unter Verwendung der alten Steine neu aufgebaut
werden. Auch die frühere Fassade des
Wohnhauses konnte nach alten Fotos rekonstruiert werden. Dazu wurden die bei
früheren Umbauten eingesetzten Fenster
wieder durch Sprossenfenster ersetzt.
Die Maßnahme kostete 300.000 DM.
In Zusammenarbeit mit Manfred Wittor,
dem damaligen Leiter der Touristik-Geschäftsstelle der Gemeinde Großefehn,
rief ich in meiner damaligen Eigenschaft
als Ortsbürgermeister zu Beginn des Jahres 1991 zur Gründung eines „Vereins zur
Förderung der Bagbander Mühle“ auf.
Daraufhin konstituierte sich am 4. Februar
1991 in der Gaststätte Hinrichs der Mühlenverein Bagband der sich am 18.8.1992
eine Satzung gab, ein eingetragener Verein wurde und mit der Gemeinde Großefehn am 1. April 1993 einen Nutzungsvertrag abschloß.
Zum Vorsitzenden des Mühlenvereins wird
am 4. Februar 1991 Gerhold Buß gewählt.
Ihm zur Seite steht ein sechsköpfiger Vorstand. 32 Personen erklären am Gründungstag ihre Mitgliedschaft.
Erklärtes Ziel der Gemeinde ist es, die
mit hohem Kostenaufwand hergerichtete
Mühle wieder mit Leben zu füllen und zum
Mahlen zu nutzen.
Hierbei unterstützt der Verein die Gemeinde, in dem er die Mühle für Besucher in der
Zeit von Ostern bis September an Sonnund Feiertagen geöffnet hält, und die Mühle arbeiten läßt, wenn es die Wetterlage
erlaubt.
In Verbindung mit dem Backhaus führt
der Verein Mahl- und Backtage durch.
Im torfbeheizten Backofen wird dann das
Bagbander Mühlenbrot - anfangs von Bäckermeister Rindert Fleßner, dann von Hermann Hinrichs - gebacken.
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Mühle, hinter den Bäumen das ehemalige Müllerhaus, heute ein Restaurant.
1995 kann der Verein, der auf 77 Mitglieder
angewachsen ist, das Packhaus in Eigenarbeit als Vereinsraum ausbauen.
1999 entschloß sich die Gemeinde, wieder
Flügel mit Jalousieklappen einbauen zu
lassen, sie kosteten 85.000 DM. Im gleichen Jahr kaufte die Familie Eschen aus
Wiesmoor (Ostfriesland) den Scheunentrakt (ostfr. = Achterenn) des Müllerhauses
und ließ hierin eine antike ostfr. Teestube
einrichten. Auch die abgängige Nebenscheune (ostfr.= Bischüür) wird von Fam.
Eschen neu aufgebaut und dem Gaststättenbetrieb einbezogen.
Frerich Bohlen schließt 2001 bei der VHS
Leer seine Ausbildung zum „Freiwilligen
Müller“ ab und wird vom Verein als Mühlenführer eingestellt.
Nach einem Brandschaden im Jahre 2003
wird der Backofen im Backhaus erweitert,
so dass jetzt die doppelte Brotmenge gebacken werden kann.
2004 tritt Gerhold Buß als Vorsitzender des
Mühlenvereins zurück. Um die Auflösung
des Vereins zu verhindern, übernahm ich
für ein Jahr den Vorsitz. In diesem Jahr
10
Fotos: R. Heßling
bekommt die Mühle ein neues Reetdach.
Fördermittel erhält die Gemeinde hierfür
aus dem Leader-plus-Programm der Europäischen Union und dem Mühlenpool des
Landkreises Aurich.
2005 wird Erwin Onnen zum Vorsitzenden
des Mühlenvereins gewählt. 2006 erweitert
der Verein das Backhaus; von den Mitgliedern werden 700 Arbeitsstunden erbracht.
2011 wird Berthold Gerdes Vereinsvorsitzender.
Im Jahr 2012 feierte das Dorf das 200-jährige Bestehen der Bagbander Mühle.
Die Mühle mit dem Mühlenhof liegt an der
vielbefahrenen Bundesstrasse 72 in Bagband. Sie ist für alle, die aus südlicher
Richtung nach Ostfriesland kommen, ein
erster positiver Blickfang von der Mühlengemeinde Großefehn und zählt unter Kennern als eine der schönsten und am besten
proportioniertevn Mühlen Ostfrieslands.
Quellen:
• Manfred Wittor. „Mühlen in Großefehn. - Ihre Geschichte und
die ihrer Erbauer und Betreiber 2002“.
• Gerd Saathoff: „Bagbands Mühle ohne Vorgänger“.
• Albert Kroon: „Bagband. Die Geschichte eines ostfriesischen
Bauerndorfes.1995“.
Z
Mühlenvereinigungsschilder
ahlreiche Mühlen in Niedersachsen und Bremen weisen seit 1988 mit dem öffentlich
ausgehängten Schild der Mühlenvereinigung Niedersachsen-Bremen e.V. auf ihre Zugehörigkeit zu unserem Landesverband hin. Damit sind positive Auswirkungen für den
Bekanntheitsgrad unserer Mühlenvereinigung verbunden, einige Mühlenfreunde haben
über die Schilder den Weg zur Mühlenvereinigung gefunden. Darüber hinaus fördern die
Schilder ein gewisses Gemeinschaftsgefühl in unserer Vereinigung:
„Unsere Mühle gehört auch dazu.“
Der Vorstand hat in Anbetracht der vorhandenen Nachfrage eine weitere Neuauflage der
Mühlenvereinigungs-Schilder beschlossen.
Die ovalen Schilder haben eine Größe von 26 x 40 cm. Sie sind emailliert. Auf weißem
Grund mit grünem Namenszug ist in blau die kombinierte Wind- und Wassermühle Hüven
(unser Logo) abgebildet, darunter befindet sich die international an Denkmälern befindliche blaue Raute „Schützenswertes Kulturgut“.Das
Schild kostet (incl. Versandkosten) 65,00 Euro.Die Schilder sollen an Mühlen, deren
Besitzer oder Betreuer Mitglied der Mühlenvereinigung
Niedersachsen-Bremen e.V.
sind, angebracht werden.
Sie tragen so dazu bei, den
Bekanntheitsgrad der Mühlenvereinigung zu erhöhen
und den interessierten Mühlenbesuchern anzuzeigen,
dass es in Niedersachsen
und Bremen eine Vereinigung gibt, die sich mit dem
Erhalt von Mühlen befasst
und an die man sich bei Interesse wenden kann.
Bestellungen für die Schilder
bitte an:
Franz Schnelle,
Weizenkampstraße 160
28199 Bremen,
Telefon: 0421 - 50 42 15
e-Mail:
muehlen.franz@t-online.de
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Vereinigung zur Erhaltung von Wind- und Wassermühlen
in Niedersachsen und Bremen e.V.
Mühlenvereinigung , Franz Schnelle Weizenkampstr. 160 ,
28199 Bremen
: 0421 / 50 42 15 Fax 0421-520 79 601
%(,75,776(5./b581*
Hiermit erkläre ich / erklären wir meinen/unseren Beitritt zur "Vereinigung zur
Erhaltung von Wind- und Wassermühlen in Niedersachsen und Bremen e.V.".
Name: ..............................................
Vorname: .................................................................................
Anschrift: ..................................................................................................................................................
Beruf: ................................................ Geburtsdatum: ......................................................................
Ich beantrage die Mitgliedschaft als ordentliches Mitglied
e-Mail..................................................................
EHLMXULVWLVFKHQ3HUVRQHQ:
Fax...........................
Internet......................................................................
Institution / Verein / Verband / Gemeinde / Kreis / Stadt usw.: .........................................
Anschrift: ..............................................................................................................................................
Wir beantragen die Mitgliedschaft als ordentliches Mitglied
.......................................................
...................................................................................................
(Ort / Datum)
(Unterschrift / Stempel)
__________________________________________________________________________________
(,1=8*6(50b&+7,*81*
Hiermit ermächtige (n) ich (wir) die "Vereinigung zur Erhaltung von Wind- und Wassermühlen in
Niedersachsen und Bremen e.V." widerruflich, meinen (unseren) Jahresbeitrag in Höhe von
25.- (für natürliche Personen)
15.- (für Rentner, Schüler und Arbeitslose auf Antrag)
60.- (für juristische Personen)
zum 01.07. eines jeden Jahres von meinem (unserem) Konto
Nr.: .................................................
Bankleitzahl: ............................................................................
Kreditinstitut: ............................................................................................................................................
mittels Lastschrift einzuziehen.
Name und Anschrift: ..................................................................................................................................
....................................................................................................................................................................
...................................................
(Ort / Datum)
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..........................................................................
(Unterschrift / Stempel)
Protokoll der Mitgliederversammlung
der Mühlenvereinigung Niedersachsen-Bremen e.V.
am 21.04.2012 in Wiegboldsbur
Veranstaltung
am Freitagabend (20. April 2012)
Wie seit Jahren üblich trafen sich Mühlenvereinigungsmitglieder und Mühlenfreunde zu der, in der Einladung angekündigten, Abendveranstaltung. 46 Teilnehmer und Teilnehmerinnen wurden von den
Wiegboldsburer Mühlenfreunden herzlich
begrüßt und der 1. Vorsitzende Bernhard
Behrends stellte die Geschichte der Südbrookmer Mühlen und besonders die
200-jährige Geschichte der Wiegbolsburer
Windmühle dar. Anschließend verdeutlichte Ansgar Rahmacher die Möglichkeiten
der Mühlensuche durch das Programm
„Google Earth“
Jahreshauptversammlung
(21. April 2012)
Zu Top 1: Begrüßung und Formalia
Der Vorsitzende Rüdiger Heßling eröffnet um 10:15 Uhr die Mitgliederversammlung und
stellt fest, dass die Einladungen für die Mitgliederversammlung fristgerecht am 13. März
versendet wurden. Ebenfalls stellt er fest, dass die Versammlung stimmberechtigt ist. Er
begrüßt alle Anwesenden und besonders die stellvertretende Landrätin des Landkreises
Aurich Frau Antje Harms, den Bürgermeister der Gemeinde Südbrookmerland Herrn
Friedrich Süßen und den Ortbürgermeister (gleichzeitig 1. Vorsitzenden der Wiegbolsburer Mühlenfreunde) Herr Bernhard Behrends. Der Vorsitzende bedankt sich ausdrücklich
für die gestrige Abendveranstaltung und übergibt dem ersten Vorsitzenden der Wiegbolsburer Mühlenfreunde fünfzig Anstecknadeln der Mühlenvereinigung Niedersachsen und
Bremen e.V., die im Rahmen der Feierlichkeiten zum 200-jährigen Bestehen der Wiegboldsburer Windmühle am Pfingstwochenende verwendet finden sollen. Anschließend
bittet der Vorsitzende die Anwesenden, den verstorbenen Mitgliedern mit einer Schweigeminute zu gedenken. Abschließend weist der Vorsitzende auf die nachmittägliche Bustour
hin, die die Wiegboldsburer Mühlenfreunde organisiert haben.
Zu Top 2: Grußworte
Frau Antje Harms, die stellvertretende Landrätin des Landkreises Aurich eröffnet die
Grußworte und begrüßt die Anwesenden herzlich im Landkreis. Sie weist auf die Feierlichkeiten zum 200-jährigen Jubiläum der Wiegboldsburer Windmühle am Pfingstwochenende hin und wünscht der heutigen Veranstaltung einen guten Verlauf. Anschließend sprechen der Bürgermeister der Gemeinde Südbrookmerland Herr Friedrich Süßen, Bernhard
Behrends, Ortsbürgermeister von Wiegboldsbur und 1. Vorsitzender der Wiegboldsburer
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Mühlenfreunde und Gerd Rinderhagen, Vorsitzender des Kulturausschusses des Gemeinderates. Alle drei begrüßen die Mitglieder der Mühlenvereinigung Niedersachsen
und Bremen e.V. herzlich und wünschen der Veranstaltung einen guten Verlauf.
Zu Top 3: Genehmigung des Protokolls der Mitgliederversammlung 2011
Der Vorsitzende weist darauf hin, dass im Protokoll der Mitgliederversammlung 2011 in
Steinhude (veröffentlicht im „Mühlstein“ Nr.51 November 2011, S. 4-7) ein Fehler aufgetreten ist. Erich Everding muss dort als 1. Kassenprüfer genannt werden. Mit Berücksichtigung dieser Änderung bittet der Vorsitzende um die Genehmigung des Protokolls. Das
Protokoll wird einstimmig (bei einer Enthaltung) angenommen. Der Kassenbericht des
Jahres 2010 war als Anlage zum Protokoll der MV des Jahres 2011 zu Beginn der Sitzung
verteilt worden.
Zu Top 4: Wahl einer Zählkommission und eines Wahlleiters
Der Vorsitzende schlägt Bernhard Behrends als Wahlleiter und Franz Schnelle und Johann Behrends als Mitglieder der Zählkommission vor. Der Vorschlag wird in offener Wahl
einstimmig (bei drei Enthaltungen) angenommen.
Zu Top 5: Bericht des Vorstandes und Aussprache
Der Vorsitzende berichtet aus der Arbeit des Vorstandes: Er beginnt mit positiven Nachrichten aus Wettmar, wo eine Bockwindmühle außerhalb des Ortes einen neuen, attraktiven Standort gefunden hat und aus Wiesedermeer, wo die einstige Windmühle aus dem
Deutschen Museum in München zurückgekommen ist. Diese ist in München demontiert
und in Wiesedermeer eingelagert worden, um einen neuen Standort zu bestimmen. Weiterhin berichtet der Vorsitzende von dem Neubau einer Mühle, die von der Firma Rügenwalder Mühle in Bad Zwischenahn nachgebaut wird und als Begegnungsstätte genutzt
werden soll; in diesen Neubau soll auch ein Salzmahlgang eingebaut werden. Und auch
in Seevetal (Karoxbostel) gibt es erfreuliche Nachrichten zu vermelden: Dort hat sich ein
Mühlenverein gegründet, der sich für den Erhalt der dortigen Mühlen einsetzen will.
In Logabirum ist vor kurzem ein Ausbildungskurs zum Freiwilligen Müller / zur Freiwilligen
Müllerin zu Ende gegangen. Dort sind alleine sechs Freiwillige Müller aus Dornum ausgebildet worden. In Logabirum hat am 20. April ein neuer Ausbildungskurs begonnen,
an dem u.a. vier Personen aus Bad Zwischenahn teilnehmen. Der Vorsitzende erläutert
kurz die Ausbildung zum Freiwilligen Müller / zur Freiwilligen Müllerin und stellt die Ausbildungsstandorte vor. Heinz Drost stellt, als Zuständiger für die Freiwilligen Müller/innen
die Fortbildungen im vergangenen Jahr vor. Es gab einen Kurs im Freilichtmuseum Cloppenburg zum Thema Mahlsteine und einen Kurs zum Thema Ölschlagen in einer niederländischen Mühle.
Der Vorsitzende berichtet vom Projekt „Mühlen ohne Grenzen“, in dem sich die Ausbilder der Mühlenvereinigung Niedersachsen und Bremen e.V. mit Ausbildern aus den niederländischen Provinzen Friesland und Groningen viermal im Jahr treffen. Ziele dieses
Projektes sind unter anderem die Entwicklung einer CD zum Thema Mühlenbau und die
Angleichung der Ausbildung der Freiwilligen Müller/innen.
Die Niedersächsische Mühlenstraße ist erfolgreich weitergeführt worden. Die Region
Helmstedt konnte angeschlossen werden. Die Regionen Göttingen und Grafschaft Bad
Bentheim/Emsland /Osnabrück sollen folgen. Nach der Gründung der Stiftung Niedersächsische Mühlenstraße im vergangenen Jahr ist die Zukunft der Stiftung nach wie vor
ungewiss, weil ihre finanzielle Ausstattung noch nicht ausreichend ist. Man geht davon
aus, dass noch mehr als zehn Jahre nötig sind, um den erforderlichen Stiftungsbetrag zu
erreichen.
14
Der Versand des „DGM-Mühlsteins“ ist neu geregelt worden. Dieser wird nicht mehr über
die Mühlenvereinigung Niedersachsen und Bremen e.V. organisiert, sondern wird direkt
mit den vier Ausgaben von der DGM versandt. Der „regionale Mühlstein“ der MVNB wird
durch Zusammenarbeit von Philipp Oppermann (Redakteur), Karl-Heinz Modrei (Layout)
und Franz Schnelle (Vertrieb) erstellt und zweimal im Jahr den Mitgliedern zugesandt.
Die „Mühlsteine“ der Jahrgänge bis 2010 sind mittlerweile von Philipp Oppermann auf
die Internetseiten der Mühlenvereinigung gestellt worden. Ob und in welcher Form die
Veranstaltungstermine der Mitgliedsmühlen auf die Internetseiten der Mühlenvereinigung
gestellt werden sollen, soll auf der nächsten Vorstandssitzung diskutiert werden.
Florian Butt berichtet, dass die Vorbereitungen für den Deutschen Mühlentages abgeschlossen sind. Etwa 20-30 Mühlen nehmen am Mühlentag weniger teil als im vergangenen Jahr.
Die Vorstandsmitglieder versuchen, nach wie vor eine Fortbildungsreihe zu etablieren.
Der Besuch bei einem Windkraftanlagenbauer könnte jetzt konkreter werden, weil ein neu
ausgebildeter Freiwilliger Müller aus Dornum bei einem Windkraftanlagenbauer arbeitet
und einen Termin vermitteln möchte. Weiterhin möchte Florian Butt einen Besuch in einem
Futtermittelkraftwerk in Twistringen und in der Roland-Mühle in Bremen organisiert, Rolf
Wessels wird einen Besuch der Müllerschule in Wittingen organisieren.
Der Vorsitzende entschuldigt Günter Oberschmidt, der aus privaten Gründen nicht teilnehmen kann. Günter ist mit der Organisation der DGM Jahreshauptversammlung in
Melle beschäftigt. Das Archiv der Mühlenvereinigung wird nicht, wie jahrelang geplant,
nach Osnabrück umziehen sondern bis auf weiteres in Roffhausen verbleiben. Hier kann
es allerdings kein offenes Archiv mit Besucherverkehr geben. Der Vorsitzende informiert
die Mitglieder darüber, dass der Vorstand eine Sammlung von Münzen, Medaillen, Notgeldscheinen etc. von Hinrich Redinius angekauft hat.
Der Archivbestand ist mittlerweile erstklassig aufgearbeitet und vom FSJ`ler Sönke Meinen digitalisiert worden, so dass damit jetzt Sonderausstellungen in Museen, Sparkassen,
Mitgliedsmühlen usw. durchgeführt werden können. Eine erste Sonderausstellung wird ab
dem 24. Juni im Museum Moorseer Mühle in Nordenham-Abbehausen gezeigt werden.
Im Herbst soll dann eine weitere Ausstellung in der neu erbauten Rügenwalder Mühle in
Bad Zwischenahn folgen. Die gute Zusammenarbeit mit Sönke Meinen (Teilnehmer des
Freiwilligen Sozialen Jahres Denkmal), hat den Vorstand zur Diskussion über die mögliche
Zusammenarbeit mit Teilnehmer des Bundesfreiwilligendienstes BFD geführt, die noch
nicht abgeschlossen ist. Der Vorsitzende bittet darum, bei geplanten Schenkungen für
das Archiv zunächst Kontakt mit ihm oder Hinrich Redinius aufzunehmen, damit die Bestände gesichtet werden können.
Abschließend nennt der Vorsitzende die Orte der Vorstandssitzungen und weist auf die
Problematik der Kilometerpauschale und der Nutzung dieser durch die Vorstandsmitglieder hin.
Es wird von den Anwesenden keine Aussprache gewünscht.
Zu Top 6: Kassenbericht des Schatzmeisters
Hinrich Redinius stellt den Kassenbericht für 2011 vor, der als Tischvorlage verteilt wurde.
Der Vorsitzende ergänzt den Sachverhalt Buch Kleeberg-Nachfolge. Mit diesem Betrag
werden in der nächsten Zeit zwei bis drei Mühlenbücher mit regionalen Themen veröffentlicht.
Die Kassenprüferinnen Rita Boekhoff und Hedwig Bremer berichten über die Kassenprüfung, die im Hause des Schatzmeisters stattgefunden hat. Dabei wurde die Kasse der AG
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Mühlenstraße ebenfalls geprüft. Die Kassenprüferinnen haben festgestellt, dass die Anregung der Mitgliederversammlung 2010 vorbildhaft umgesetzt wurde. Dadurch konnten
sie feststellen, dass 588 Mitglieder vorhanden sind.
Zu Top 7: Entlastung der Vorstandsmitglieder
Die Kassenprüferinnen Rita Boekhoff und Hedwig Bremer beantragen, den Vorstand aufgrund des Prüfungsergebnisses zu entlasten. Die Mitglieder entlasten den Vorstand bei
Enthaltung des Vorstands einstimmig.
Zu Top 8: Vorstandswahlen
Der Wahlleiter Bernhard Behrends übernimmt die Wahlleitung. Nach Überprüfung der Anwesenheitsliste wurde festgestellt, dass 62 stimmberechtigte Mitglieder anwesend sind.
Zunächst bittet der Wahlleiter um Vorschläge für die Wahl des ersten Vorsitzenden. Die
Versammlung schlägt Rüdiger Heßling zur Wiederwahl vor. Da keine geheime Abstimmung gewünscht wird, lässt der Wahlleiter abstimmen. Einstimmig wird Rüdiger Heßling
(bei eigener Enthaltung) wiedergewählt. Er nimmt die Wahl an. Der 1. Vorsitzende übernimmt die Wahlleitung und erörtert, dass der 2. Vorsitzende Günter Oberschmidt nicht
mehr kandidieren wird und bittet die Versammlung um Vorschläge. Hinrich Redinius
schlägt Philipp Oppermann vor, der eine Kandidatur aber aus privaten Gründen ablehnt.
Franz Schnelle schlägt Heinz Drost vor. Der ist zur Kandidatur bereit. Da eine geheime
Wahl beantragt wird, werden die Wahlzettel verteilt. Heinz Drost wird mit 49 Ja-Stimmen
und 5 Nein-Stimmen und einer Enthaltung gewählt, er nimmt die Wahl an. Der Schriftführer
Nils Meyer stellt sich zur Wiederwahl. Da keine geheime Wahl beantragt wird, wird Nils
Meyer (bei eigener Enthaltung) einstimmig wiedergewählt.
Der Schatzmeister Hinrich Redinius stellt sich ebenfalls zur Wiederwahl. Da keine geheime Abstimmung beantragt wird, wird Hinrich Redinius einstimmig (bei eigener Enthaltung) wiedergewählt. Er nimmt die Wahl an. Florian Butt, Philipp Oppermann und Rolf
Wessels kandidieren als Vorstandsbeisitzer wieder. Hierfür wird eine Blockwahl beantragt.
Da dies nicht abgelehnt wird, lässt der Vorsitzende en bloc wählen. Florian Butt, Philipp
Oppermann und Rolf Wessel werden (bei eigenen Enthaltungen) einstimmig wiedergewählt. Alle drei nehmen die Wahl an. Als vierter Beisitzer wird vom Vorstand Johann Glazenburg vorgeschlagen. Er stellt sich kurz der Mitgliederversammlung vor. Da keine geheime Wahl beantragt wird, wird Johann Glazenburg (bei eigener Enthaltung) einstimmig
zum Beisitzer gewählt. Er nimmt die Wahl an.
Zu Top 9: Wahl eine(s)r Kassenprüfer(s)in
Erich Everding scheidet als Kassenprüfer aus. Rita Boekhoff ist somit die 1. und Hedwig
Bremer die 2. Kassenprüferin. Hinrich Redinius schlägt Gerd Rinderhagen (Schatzmeister
des Wigboldsburer Mühlenvereins) vor. Da keine geheime Wahl beantragt wird, wird Gerd
Rinderhagen (bei eigener Enthaltung) einstimmig gewählt. Er nimmt die Wahl an.
Zu Top 10: Antrag - Beschlussfassung zur Mittelverwendung
Rüdiger Heßling erläutert die Zusammenhänge, die zum Verkauf der Erbschaft AccumPingelei geführt hatten. Die dadurch erhaltene Verkaufssumme wurde bisher nicht langfristig angelegt. Er schlägt eine langfristige Anlage dieser Summe vor, die entsprechend der
Vorgaben des Finanzamtes nur zu einer konservativen Neuanlage der 60.000,00 € führen
dürfen. Die Zinsen würden in den Haushalt der Mühlenvereinigung einfließen und für die
allgemeinen Satzungszwecke verwendet werden. Diesen Antrag stellt er zur Abstimmung.
Da keine geheime Wahl beantragt wird, wird dieser Antrag (bei einer Enthaltung) einstimmig angenommen.
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Zu Top 11: Anträge
Es sind keine weiteren Anträge gestellt worden.
Zu Top 12: Projekte zwischen MVNB und NL / Finanzierung
Johann Glazenburg stellt das Projekt “Mühlen ohne Grenzen“ vor. Dabei werden verschiedene Projektinhalte zur Umsetzung angestrebt: a) die Angleichung der deutschen und
niederländischen Ausbildungsmappen für die Freiwillige Müller/innen Ausbildung, b) eine
DVD mit Mühlenaufbaudaten, c) ein deutsch-niederländischer Mühlenführer, d) eine Wartungsmappe für den Mühlenbetrieb. Derzeit werden die Projektgelder auf 50.000,00 €
geschätzt. Dabei ist eine Förderung durch das EU-Förderprogramm Interreg IV A EUREGIO-DER mit maximal 50% möglich; gefördert werden dabei nur grenzüberschreitende
Projekte. Die MVNB müsste sich mit maximal 12.500,00 € beteiligen. Das Projekt muss bis
Juni/Juli 2015 abgeschlossen sein. Zu einzelnen Punkten dieser Projekte gibt es Nachfragen und Diskussionsbeiträge. Diesen Antrag stellt er zur Abstimmung. Da keine geheime
Wahl beantragt wird, wird dieser Antrag (bei einer Enthaltung) einstimmig angenommen.
Zu Top 13: Verschiedenes
Ein Mühlenfreund berichtet, dass an der Mühle Terworde in den Niederlanden ein Kind
durch einen Mühlenflügel erschlagen wurde.
Zu Top 14: Schließung der Mitgliederversammlung
Der Vorsitzende schließt die Mitgliederversammlung um 13.10 Uhr.
Schriftführer:
Nils Meyer
Brake, den 13.06.2012
Molens zonder grenzen – Mühlen ohne Grenzen
Johann Glazenburg, Drieborg (NL) Mitglied der Mühlenvereinigung
B
ereits in 2008 wurde die Initiative ergriffen zu einer Zusammenarbeit zwischen den grenznahen freiwilligen Müllern
und ihren Organisationen.
Dies sowohl auf deutscher als auch auf
niederländischer Seite.
Seit 2010 besteht eine Arbeitsgruppe die
sich regelmäßig trifft.
Bis jetzt auf regionalem Niveau, wobei dies
sich beschränkt auf die Regionen Ostfriesland und die Provinz Groningen.
Namentlich wird dieses Projekt unterstützt
und gefördert vom Groninger Molenhuis auf niederländischer Seite und von der
Mühlenvereinigung
Niedersachsen/Bremen auf deutscher Seite.
Bis jetzt hat sich diese Zusammenarbeit
gut bewährt, aber es wächst das Bewusstsein und das Interesse, dass hier etwas
entsteht, was eine größere Ausstrahlung
haben kann und wird.
Mit dem Rückgang der wirtschaftlichen
Nutzung der Wind- und Wassermühlen in
West-Europa sind diese beeindruckende
Bauwerke vielerorts dem Verfall preisgegeben. Um dieses Mühlensterben aufzuhalten sind Maßnahmen ergriffen, die alten
Mühlen wieder instand zu setzen, oder sogar wieder ganz neu auf zu bauen.
Zugleich wurden Ausbildungen organisiert
um das fast ausgestorbene Handwerk des
Müllers wieder neu zu beleben und die
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noch vorhandenen Mühlen fach- und sachkundig betreiben zu können.
Je nach Region oder Land wurden diese
Ausbildungen gestaltet an Hand der vorhandenen Arten von Mühlen und auch bezogen auf die ehemalige Nutzung dieser
Mühlen. Eine Verschiedenheit in der Ausbildung war so automatisch vorprogrammiert und diese Verschiedenheit besteht
noch bis in diese Zeit.
Sowohl in den Niederlanden als auch im
Bundesland Niedersachsen (inklusive Bremen) ist die Ausbildung zum freiwilligen
Müller qualitativ auf einem hohen Niveau.
Die Ausbildung wird in den Niederlanden
sowohl theoretisch als auch praktisch gestaltet von der Gilde van Vrijwillige Molenaars und in Niedersachsen/Bremen von
der Mühlenvereinigung NiedersachsenBremen. Während in den Niederlanden die
Ausbilder hervor gekommen sind aus den
freiwilligen Müllern, ist in Niedersachsen/
Bremen die Ausbildung noch Sache der
Müllermeister. Im Rahmen dieses Projektes
wird beabsichtigt, die besten Elemente
der jeweiligen Ausbildungen in das Ausbildungskonzept des anderen Landes oder
der anderen Region zu übernehmen und
so eine Ergänzung zu erreichen.
Letztendlich werden die jetzt noch teilweise
bestehenden Unterschiede in der Ausbildung in qualitativer Hinsicht dermaßen gering werden oder sogar gänzlich verschwinden, dass es keinen Unterschied mehr
macht, in welchem Land ein freiwilliger Müller seine Ausbildung bekommen hat.
Des Weiteren sollten die jetzt schon bestehenden Kontakte und der bereits praktizierte bilaterale Erfahrungs- und Informationsaustausch in breiter Form weiter ausgebaut werden. Dies beinhaltet dann auch
die Wartung und das Betreiben der Mühlen
in der technischen Dimension.
Die Wünsche und Ziele in dieser Hinsicht
sind mannigfaltig aber es sollte stets nur
darum gehen, dass in optimaler Verständigung den Mühlen in dieser Europäischen
18
Region die Aufmerksamkeit und Funktion
erhalten bleibt.
Das Gesamtprojekt hat in seinem Namen
schon einen Großteil seines Kerninhalts
vereint.
Zum einen ist das die Zweisprachigkeit, die
eine Hürde in der Verständigung aufwirft,
und zum anderen auch die Größe des Projektes Nachdruck verleiht in dem es darauf
hinweist, dass hier nicht nur eine sprachliche Grenze verschwindet, sondern auch
ein Zusammenwachsen gefördert wird.
Die einzelnen Projekte werden Namentlich aufgeführt und haben ihren eigenen
Durchlauf. Dabei wird für jedes Projekt eine
separate Beschreibung erstellt.
Gesamtprojekt:
Molens zonder grenzen
Mühlen ohne Grenzen
Ziel dieses Gesamtprojektes ist es, die
Kontakte zwischen den freiwilligen Müllern
und ihrer Organisationen in jeder Form herzustellen und ständig weiter zu vertiefen.
"Frisia Mühle" Korn und Sägemühle in Leer-Logabirum.
Hieraus sollen Formen der Zusammenarbeit entstehen, wobei sich alle Parteien auf
die Kenntnisse und Erfahrungen der Partner einstellen können und diese überneh-
um Schöpfwerk kurz vor Winschoten (NL).
Alle an den Projekten beteiligten Personen
werden dazu jedes Mal aufgerufen. Je
nach Tagesordnungsinhalte ist es nicht unbedingt erforderlich, dass jeder jedes Mal
bei diesen Zusammenkünften anwesend
ist. Von jeder Zusammenkunft wird ein
kurzes und sachliches Protokoll angefertigt, dass die Beschlüsse der Zusammenkunft umfasst.
Edens Mühle in Winschoten.
Wasserschöpfmühle in Winschoten, heute Museum.
men können in ihrem eigenen Aufgabenbereich.
Darüber hinaus ist dieses Gesamtprojekt
der Ausgangspunkt für die einzurichtenden Arbeitsgruppen, die sich mit den formulierten Projekten beschäftigen. Diese
Kontakte finden mehrmals im Jahr statt, in
der Regel fünfmal im Jahr.
Vorerst wird davon ausgegangen, dass
diese Kontakte über einen Zeitraum von
zwei Jahren in dieser Regelmäßigkeit stattfinden werden. Dieser Zeitraum deckt sich
voraussichtlich mit der Durchlaufzeit der
hieraus hervorgehenden Projekte.
Treffpunkt ist abwechselnd die Mühle Eiklenborg in Logabirum (D) und die Mühle
Edens in Winschoten (NL), oder das Muse-
Intakte archimedische Schraube sorgt durch elektrischen Antrieb für die Entwässerung.
Fotos: J.Glazenburg
19
Projekt 1:
Angleichung des theoretischen Teils der
freiwilligen Müllerausbildung
Im Rahmen dieses Projektes sollen die
theoretischen Grundlagen der jeweiligen
niederländischen und der deutschen Lehrbriefe angeglichen werden. Somit wird
dann damit eine gute Basis geschaffen
für die Angleichung der Ausbildung der
freiwilligen Müller insgesamt. Zwar wird
es voraussichtlich auch im praktischen
Teil der Ausbildung möglicherweise noch
einige Änderungen im Kursaufbau geben, aber letztendlich ist das Ziel, dass
die Müllerausbildungen soweit aneinander
angeglichen sind, dass von den zuständigen Organisationen sowohl die eigene als
auch die Ausbildung der anderen Organisation unbedenklich anerkannt wird. Also
sowohl von der Mühlenvereinigung NdSB als auch von der Gilde van Vrijwillige
Molenaars. Dies dann auf der Basis der
Gleichwertigkeit. In der Basis, also vom
Grundwissen aus, wäre eine Angleichung
empfehlenswert, aber spevzifische Extras
bleiben der jeweiligen Ausbildungsorganisation vorbehalten.
Die beiden Ausbildungsmappen werden
von einer dazu eingesetzten Kommission
analysiert. Diese Kommission besteht in erster Instanz aus Teilnehmern am Gesamtprojekt, aber es können auch Sachverständige von außerhalb hinzugezogen werden.
Die Kommission wird an Hand dieser Analyse ein Konzept erarbeiten, wie die Theorie der Ausbildung zum freiwilligen Müller
soweit aufeinander abgestimmt werden
kann, dass daraus ein universell gültiges
Lehrbuch entsteht.
Projekt 2:
Erstellung einer zweisprachigen DVD mit
Mühlentechnik
Im Rahmen dieses Projektes wird eine DVD
erstellt mit Erklärung des Aufbaus einiger
Mühlentypen in Bild und Schrift. Die Präsentationen enthalten zudem die wichtigen
Details einer Mühlenkonstruktion. An Hand
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dieser Bilder und den dazugehörigen Texten wird dem Betrachter die Technik und
die Funktion der Mühle und ihrer wichtigsten Teile verdeutlicht und zudem noch
unterstützt mit Filmmaterial.
Somit ist diese DVD eine wichtige Ergänzung des theoretischen Teils der Ausbildung zum freiwilligen Müller.
Diese DVD wird zweisprachig ausgeführt
sein, wobei die jeweilige Sprache gewählt
werden muss und diese DVD ist universell in sowohl den Niederlanden als auch
in Deutschland brauchbar und verfügbar.
Obwohl die DVD universell brauchbar ist,
werden typische Einzelheiten des einen
oder anderen Landes berücksichtigt werden. Bei diesem Projekt wird die bestehende DVD in der niederländischen Fassung
ergänzt mit einigen deutschen Mühlentypen und technischen Besonderheiten.
Dann wird die DVD zweisprachig umgebaut und werden die Filmfragmente hinzugefügt.
Projekt 3: Austausch von Ausbildern
bei der freiwilligen Müllerausbildung
Im Rahmen der Vertiefung des Einblicks
in die Art und Weise der Ausbildung der
freiwilligen Müller wird es einen regen
Austausch von Ausbildern geben. Dabei
werden den Kursteilnehmern bestimmte
Themen der Ausbildung von einem Ausbilder des jeweils anderen Landes vermittelt.
Der Austausch wird vorerst beschränkt auf
die jetzigen Ausbilder aus Niedersachsen/
Bremen und aus der Provinz Groningen.
In Absprache werden die Ausbilder an
ausgesuchten Tagen und an den jeweils
geeigneten Ausbildungsmühlen die Kursteilnehmer übernehmen, wobei der Gastausbilder die Rolle des zuständigen Ausbilders übernimmt.
Projekt 4:
Ausbildung von deutschen Ausbildern
In Deutschland, jedoch vor Allem in den
Bundesländern Niedersachsen und Bremen ist die Ausbildung der freiwilligen Müller gut etabliert. Ständig werden neue Kur-
steilnehmer geworben und ausgebildet.
Die jetzigen Ausbilder haben alle noch die
Qualifikation des Müllermeisters, eine Ausbildung, die es in dieser Form aber nicht
mehr gibt. Um die Fortsetzung der Ausbildung in Deutschland zu gewährleisten,
werden neue Ausbilder geworben und
ausgebildet werden müssen.
Dazu wird die niederländische Methode auch in Deutschland Eingang finden,
wobei die Ausbilder aus den Reihen der
freiwilligen Müller rekrutiert werden. Der
Kreis der Ausbilder wird in engster Zusammenarbeit mit der Mühlenvereinigung Niedersachsen-Bremen ein Konzept ausarbeiten, auf Grund dessen die Ausbildung zum
(Assistent-)Ausbilder geregelt sein wird.
Dazu gehören dann Themen und Kriterien
wie Kompetenz, Fachwissen und reges Interesse.
Projekt 5:
Übersetzung und Beteiligung an
Mühleninstandhaltungsmappe
Auf der niederländischen Seite ist vor
kurzem eine Mappe erschienen, voller
nützlicher Hinweise zum Unterhalt der Mühle. Diese Mappe ist so gestaltet, dass hierin laufend Änderungen und Ergänzungen
angebracht werden können. Bei der festlichen Präsentation dieser Mappe war
auch eine deutsche Delegation anwesend.
So ist diese Mappe nicht nur in den Niederlanden, sondern auch in Deutschland
mit Begeisterung aufgenommen worden,
nicht zuletzt, weil es derartige Dokumentation bislang noch nicht gibt in Deutschland.
Im Rahmen dieses Projektes wird in Übereinstimmung mit den niederländischen
Verfassern dieser Mappe überlegt, wie der
Inhalt eventuell auch auf spezifische deutsche Techniken ergänzt werden kann und
dann zweisprachig ausgebracht wird. Danach wird diese Mappe allen interessierten
niedersächsischen/Bremer freiwilligen Müllern zugestellt und in enger Zusammenarbeit zwischen der deutschen und der niederländischen Seite geändert und ergänzt.
Projekt 6:
Erstellung eines grenzüberschreitenden
NL-D Mühlenführers
Es soll ein Mühlenführer entstehen wobei
der Benutzer grenzüberschreitend informiert wird über die in dieser Region noch
funktionstüchtigen Mühlen. Dazu werden
von jeder ausgesuchten Mühle die spezifischen Daten und Besuchszeiten angegeben. Dieser Mühlenführer wird sowieso
zweisprachig, also in niederländischer und
in deutscher Sprache, herausgegeben
werden, und wenn möglich sogar dreisprachig, also auch noch in englischer Sprache. Somit ist dieser Mühlenführer dann
für jeden Interessierten universell nutzbar.
Es wird versucht diesen Routenführer mit
in die bestehenden touristischen Routenführer einzubinden, wobei unter anderem
gedacht wird an die Internationale Dollard
Route und an die Deutsche Fehnroute. Diese beiden Routen verlaufen in Grenznähe,
bzw. überschreiten diese. Der touristische
Impuls für diese Region ist damit vorprogrammiert. Eine interessierte und kundige
Arbeitsgruppe, bestehend aus Mühlenkundige, wird mit professioneller Unterstützung ein Konzept ausarbeiten, wobei im
Bezug auf die Anbindung an die bestehenden Routen, die Touristik GmbH Südliches
Ostfriesland ausdrücklich um Unterstützung gebeten werden wird.
Gesamtkosten
Die Gesamtkosten dieser Projekte belaufen sich auf rund € 46.000. Grundsätzlich
hat sich die Ems Dollard Region bereit erklärt im Rahmen des Europäischen Subventionsprogramms INTERREG IV einen
Zuschuss zu bewilligen von 50% der Kosten, mit einem Maximum von € 25.000.
Die anderen 50% der Projektkosten werden zu gleichen Teilen getragen von dem
Groninger Molenhuis (NL) und der Mühlenvereinigung NdS-B.
Dies wurde auf der Mitgliederversammlung am 21. April 2012 in Wiegboldsbur
beschlossen.
21
Assistent-Ausbildervertrag
Die Mühlenvereinigung Niedersachsen-Bremen e.V. ernennt hiermit zum
Assistent-Ausbilder:
< Name >
< Adresse >
< Wohnort >
< Geburtsdatum >
Er verrichtet seine Tätigkeit in der Ausbildungsmühle:
Der verantwortliche Ausbilder ist:
Für die Ernennung des Assistent-Ausbilders gelten folgende Voraussetzungen:
1. Der Assistent-Ausbilder
A. Ist Mitglied der Mühlenvereinigung NdS-B und ist ausgebildeter
freiwilliger Müller.
B. Hat praktische Erfahrung von mindestens 3 Jahren.
C. Kennt die meisten vorkommenden Mühlentypen in der Region und ihre
Einrichtungen.
D. Verfügt über genügend Kenntnisse bezüglich aller in Niedersachsen
vorkommenden Mühlentypen und ihrer Funktion.
E. Gestaltet die Ausbildung gemäß der Prüfungsregeln der
Mühlenvereinigung NdS-B.
F. Ist sich seiner Verantwortung und seiner Aufgaben bewusst, insbesondere
der zu beachtenden Sicherheitsbestimmungen.
2. Verpflichtungen des Assistent-Ausbilders
Die Ernennung zum Assistent-Ausbilder hat zur Folge, dass man Verpflichtungen
eingeht gegenüber der Mühlenvereinigung NdS-B, dem Ausbilder und den
Auszubildenden.
A. Er soll regelmäßig ausbilden.
B. Die Zeitpläne und Ausbildungspläne sollten eingehalten werden.
C. Die Ausbildung findet statt unter allen Witterungsumständen, sofern dies
keine Gefahren aufwirft, also keine „Schönes-Wetter-Müller“ Ausbildung.
D. Er unterhält regelmäßig Kontakt zum Ausbilder und der Ausbilder nimmt
regelmäßig am Unterrichtsgeschehen teil, um sich ein Bild von den
Fortschritten zu machen.
E. Am Ende der Ausbildungszeit wird der Ausbilder die Ausgebildeten
testen.
3. Rechte des Assistent-Ausbilders
Der Assistent-Ausbilder hat auch Rechte, damit er den Ablauf der Ausbildung
verantwortlich leiten kann.
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A. Der Assistent-Ausbilder bestimmt den Ablauf des Ausbildungstages.
Er kann auch bestimmen, dass ein Ausbildungstag auf einer anderen
Mühle stattfindet.
B. In Absprache mit dem Ausbilder bestimmt der Assistent-Ausbilder die
Anzahl der Auszubildenden.
C. Der Assistent-Ausbilder hat das Recht, einen Auszubildenden von der
Ausbildung auszuschließen, auf Grund von:
·• Ungehorsam oder Missachtung der Regeln.
·• Nicht ausführen wollen oder können von Aufgaben bezüglich
der Ausbildung.
·• Unregelmäßigem Erscheinen zur Ausbildung.
·• Ungenügender theoretischer Eigenbildung.
Zuvor hat der Assistent-Ausbilder sich hierüber mit dem Ausbilder zu beraten.
4. Die Ernennung des Assistent-Ausbilders
A. Die Ernennung des Assistent-Ausbilders geschieht immer durch die
Mühlenvereinigung NdS-B und in Absprache mit dem Ausbilder.
B. Die Ernennung geschieht auf Empfehlung des Ausbilders.
C. Die Ernennung wird schriftlich festgelegt. Alle Beteiligten empfangen
hiervon eine Abschrift.
D. Der freiwillige Müller, der als Assistent-Ausbilder angestellt wird, verfügt
über die aktuelle Ausbildungsmappe und bildet dementsprechend aus,
in Absprache mit dem Ausbilder.
5. Entlassung des Assistent-Ausbilders
Die Ernennung des Assistent-Ausbilders kann von der Mühlenvereinigung NdS-B
eingezogen werden:
A. Auf Wunsch des Assistent-Ausbilders. Den Grund dafür sollte der
Mühlenvereinigung NdS-B mitgeteilt werden.
B. Auf Wunsch des Ausbilders. Dies aber nur unter Angabe von Gründen.
C. Bei längerer Zeit Nichtausübung der Ausbildertätigkeit, ohne Angabe
von Gründen
D. Die Maßnahmen B. und C. treten erst in Kraft, wenn der AssistentAusbilder diesbezüglich informiert worden ist und er keinen begründeten
Widerspruch eingelegt hat.
6. Berufung
Bei einer Meinungsverschiedenheit kann jeder Beteiligte den Vorstand der
Mühlenvereinigung NdS-B um eine verbindliche Stellungnahme bitten.
Der Assistent-Ausbilder ist mit diesen Bestimmungen einverstanden und wird
seine Aufgabe gewissenhaft erfüllen.
Datum:
Der Assistent-Ausbilder:
Die Mühlenvereinigung NdS-B:
23
Ehrenamtliches Engagement ausgezeichnet
Rolf Wessel
F
ür sein ehrenamtliches Engagement
wurde Joachim Bente, Mühlenwart der
Belmer Mühle mit der Niedersächsischen
Ehrenmedaille ausgezeichnet.
J. Bente erhielt die Auszeichnung aus der
Hand der Nieders. Ministerin Johanna
Wanka bei einer Feierstunde im Rathaus
von Belm, Landkreis Osnabrück. „Bisher
hat noch kein Bürger der Gemeinde diese
Auszeichnung erhalten“, sagte Bernhard
Wellmann, Bürgermeister der Gemeinde
am nördlichen Stadtrand von Osnabrück.
Jochen, wie ihn seine Freunde nennen,
hat schon früh ehrenamtliche Tätigkeiten
übernommen. So war er Schülerlotse und
Klassensprecher in der Schulzeit. Nach
der Heirat mit seiner Frau Helga und der
Geburt des Sohnes, wurde Jochen in dessen Schulzeit Klassen- und Schulelternsprecher. 1973 trat er in den Dienst des
Roten Kreuz (DRK) ein und wurde Zugführer, sowie stellvertretender DRK Beauftragter. Zusammen mit Kameraden des DRK
organisierte er, als Rentner, Hilfstransporte
nach Osteuropa. Eine weitere soziale Tätigkeit ist sein ehrenamtlicher Dienst in der
Senioreneinrichtung Jeggen als Patientenbegleiter.
Als im Februar 2005 der erste Kurs Freiwil-
24
lige Müller im Osnabrücker Land startete,
war Joachim Bente dabei. Als Mühlenwart
der Belmer Mühle wollte er sein Wissen
über Mühlen erweitern, denn sein Name ist
eng mit der Restaurierung und Wiederinbetriebnahme einiger Anlagenteile der Mühle verbunden. Mit Begeisterung machte
der gelernte KFZ-Mechaniker seit Jahren
Führungen in der Mühle. Viele Kinder und
Jugendliche bekommen von Jochen den
Weg des Korns zum Brot aufgezeigt. In
einem landwirtschaftlichen Betrieb in der
Nähe, erfahren die Kinder einiges über
Getreideanbau und Ernte des Rohstoffs für
Brot. Die Verarbeitung von Korn zu Mehl
wird dann von Jochen in der Belmer Mühle
vorgeführt. In einer handwerklichen Bäckerei in Belm sehen dann die jungen Gäste,
wie aus Mehl Brot oder andere Backwaren
entstehen.
Gäste in der Belmer Mühle waren in der
Vergangenheit auch die weiteren Kurse,
Freiwilliger Müller im Osnabrücker Land.
Diese Motormühle zeigt ein Stück Mühlengeschichte und ist neben den Wind- und
Wassermühlen im Osnabrücker Land für
die Freiwilligen Müllerinnen und Müller
eine gute Ergänzung der Ausbildung.
Die Räume im Anbau der Mühle, dem
ehemaligen Sacklager, sind hervorragend
geeignet, um Schulungen für Freiwillige
Müllerinnen und Müller durchzuführen.
Theoretische Prüfungen Freiwilliger Müller
und eine Vorstandssitzung Nieders. Mühlenvereinigung haben hier stattgefunden.
Wenn die Müller zu Gast in der Belmer
Mühle sind, gibt es ein 2. Frühstück, zubereitet von Helga Bente, die ihren Jochen
bei vielen Aktivitäten der Belmer Mühle immer tatkräftig unterstützt.
Die Ministerin hob diese Tätigkeit von Joachim Bente für die Belmer Mühle in ihren
Worten hervor und sagte (Zitat NOZ): „Sie
haben alte Handwerkstradition belebt und
einen unschätzbaren Beitrag zur regionalen Kultur geleistet.“
Ausbildung in der Mühle
Karl-Heinz Modrei
W
iso bedarf es einer Ausbildung für
den Betrieb einer Mühle?
Es wird doch nur das Korn in den Trichter
geschüttet, das Wasser auf das Mühlrad
geleitet oder die Bremse in der Windmühle
gelöst. Aber was geschieht, wenn z.B. der
Mahlgang läuft?
Zum ersten wird eine Technik in Gang gesetzt, die in der Regel 100 Jahre und älter
ist, und mit viel Aufwand und Geld restauriert wurde. Diese Technik gilt es fachge-
recht und somit schonend einzusetzen.
Aber ist es nur die Technik, die man beherrschen und verstehen muß? Was weiß
der Hobbymüller über die verschiedenen
Arten von Mühlen, über Getreide, Mehlsorten, Mahlsteine, Wasserrechte oder Wetterkunde? All das und noch viel Mehr lernt
man bei den Müllermeistern aus Schrot
und Korn in den Ausbildungskursen zum
Freiwilligen Müller/innen, die auch 2013
wieder starten.
Kursbeginn:
Diepholz, Wassermühle Bruchmühlen
16. März 2013
Osnabrück, Windmühle Westhoyel
23. März 2013
Weitere Informationen im Internet unter:
www.muehlenland-niedersachsen.de
Ausbildungsmühlen: Wassermühle Gellenbeck
Windmühle Westhoyel
Ausbildungsmühlen: Feldmühle Martfeld
Wassermühle Bruchmühlen
25
Von der Wind- zur Motormühle
Geschichte der Mühlen in Syke - Steimker
Florian Butt
K
am der Wanderer um 1900, wenn er
die Nienburger Chaussee in Syke
stadtauswärts entlangschritt, bei dem heutigen Autohaus Nienstedt an, erblickte er
auf der rechts liegenden Steimker Anhöhe
eine prächtige Windmühle, einen Galerieholländer.
1870 wurde diese Windmühle von 10 Steimker Mühleninteressenten errichtet. Als Baumeister wird wegen der Bauform und der
Mahleinrichtung der Bruchhausener Mühlenbauer Johann Fahlenkamp angenommen, der in der hiesigen Gegend für viele
Mühlenbauten verantwortlich zeichnet. Es
Steimker Mühle vor dem ersten Weltkrieg.
könnte sich hierbei allerdings auch um den
Bau eines von Fahlenkamp ausgebildeten
Mühlenbaumeisters handeln.
Die Mühle war ein dreistöckiger Galerieholländer mit Steertbalken für das „in den
Wind drehen“ des Mühlenkopfes mit den
Flügeln. Die Flügel selbst wurden noch
vom Müller mit den alten Segeltüchern
bespannt, um den Wind aufzufangen. Außerdem war sie mit vier Mahlgängen aus-
26
gerüstet, was ebenfalls ein Hinweis auf
den Mühlenbauer ist und schon damals für
eine sehr hohe Wirtschaftlichkeit der Mühle
zeugte. Um nicht länger vom Wind abhängig zu sein, wurde 1906 ein Motorenhaus
nebst Antriebsmotor an den Unterbau der
Windmühle angebaut. Nun konnte einer
der Mahlgänge und ein Sechskantsichter
über Kegelradgetriebe mit einer Übersetzung von 2:3 und Riemenantrieb auch an
windstillen Tagen betrieben werden. Der
Antrieb erfolgte mit Hilfe eines Rohölmotors. Später wurde noch eine hölzerne Siloanlage errichtet sowie eine Blitzableiteranlage auf der Mühlenkappe angebracht.
Der Windmühle zugeordnet waren ein
Wohnhaus, Stallung mit Kornboden sowie
25.000 qm Ackerland, „welches unmittelbar um die Mühle herumliegt.“ Hinzu kam
noch etwas „Garten- und Wiesenland.“
Nachdem die Mühle drei Jahre lang mit
gutem Erfolg von den Interessenten be-
trieben worden war, wurde sie 1873 von
der Witwe Friederike Stute, geb. Blome
übernommen, der die Söhne Heinrich und
Ferdinand Stute als Müller folgten. 1905
kaufte der am 20. Oktober 1878 in Eitzendorf geborene Müller Friedrich Heinrich
Wiegmann die Steimker Windmühle für
32.000 Mark. Wiegmann hatte in der Fabrik
des Sudweyher Unternehmers J. D. Fricke
gearbeitet, der auch eine Dampfmühle und
eine Dampfsägerei betrieb.
Schon 1913 nahte jedoch das Ende der
Steimker Motormühle 1921.
Windmühle. Wiegmann ließ zu diesem
Zeitpunkt eine motorgetriebene Kornmühle an der Nienburger Straße errichten,
nachdem der Gemeindevorsteher Cordes
von Steimke keine Bedenken gegen das
Bauwerk erhob. Dass Wiegmann sie auch
noch im gleichen Jahr in Betrieb nahm,
lässt sich aus der ab 15. November 1913
bestehenden Feuerversicherung ableiten.
Die Gründe für den Neubau sind nicht
festgehalten. Vielleicht war die direkt hieran vorbeiführende Kleinbahn Syke-HoyaAsendorf, die neue Transportmöglichkeit
eröffnete, Anlass für diesen Entschluss.
Aber auch der technische Fortschritt der
motorgetriebenen Mühlen mit mehr Leistung, Nutzfläche und verbesserter Kornreinigungsanlagen können ausschlaggebend gewesen sein. Jedenfalls ist ein
Neubau günstiger als eine ständige Er-
27
weiterung einer Windmühle. Wie lange die
Windmühle dann noch betrieben wurde, ist
nicht dokumentiert. Paul Sievers schreibt in
seiner Syker Chronik unter dem November
1919: „Das Wahrzeichen Sykes, die Windmühle auf dem Steimker Berge, verschwindet. Damit wird das altvertraute, schöne
Landschaftsbild des Mühlenteiches seines
Hauptanziehungs- und Blickpunktes beraubt.“
Die Motormühle an der Nienburger Straße
wurde zunächst mit 4 großen Mahlgängen
ausgerüstet, die von mehreren hölzernen
Kornsilos, Becherwerken und Förderschnecken beschickt werden konnten. Der
Antrieb aller mühlentechnischen Einrichtungen, sowie der Mahlgänge und Förderelemente, geschah über Riemenantriebe
mit Hilfe einer großen Transmission, die von
einem Elektromotor im Mühlenkeller betrieben wurde. Die Bau- und Maschinenpläne
sind noch vorhanden und befinden sich im
Archiv des Verfassers.
Helmut Zeising (†2009), letzter Eigentümer
des Mühlenanwesens wusste noch zu berichten:
Lastwagen der Steimker Mühle.
28
„Das Getreide wurde zunächst nach
Feuchtigkeit und Backfähigkeit untersucht
und in die entsprechenden Silos gefördert. Dies geschah mit den Becherwerken,
auch Elevatoren genannt. Anschließend
wurde das Korn mit einem Aspiratuer und
anschließend mit einer Bürstmaschine gereinigt und für die Vermahlung vorbereitet.
Hierzu wurde es auf die Mahlgänge geleitet. Alle 4 Gänge hatten einen unterschiedlichen Mahlspalt, so dass das Getreide
immer feiner gemahlen wurde. Hierzu wurde das Korn von einem auf den nächsten
Gang geschüttet. Das entstandene Vollkornmehl wurde entweder verkauft wie es
war, oder nochmal gründlich mit den Mehlsichtern durchgesiebt, um die Schalenteile
herauszutrennen, wobei man dann das
Feinmehl gewann. Dies wurde abgesackt
und nicht selten mit dem betriebseigenen
Lastwagen ausgeliefert. Der Kundenkreis
erstreckte sich weit über die Grenzen
Sykes hinaus, sogar in Bremen hatte man
Kunden beliefert“.
Die Motormühle wurde von Wiegmann
noch bis Ende 1924 betrieben. Die Fami-
Steimker Mühle vor der Stilllegung.
lie wanderte später nach Südamerika aus.
Ab 1925 übernahm der Müller Friedrich
Koppe aus Bremen die Mühle, nachdem er
zuvor bereits in Sudwalde eine Mühle betrieben hatte. Nach dreißigjährigem Betrieb
übergab er die Mühle an seine Tochter
Dora Zeising, geb Koppe. In regelmäßigen
Abständen fanden in der Steimker Mühle auch die Reichsberufswettkämpfe des
Müllerhandwerks statt.
Die Mühle und deren technische Einrichtung wurden im Laufe der Jahre immer
wieder umgestaltet und modernisiert. So
wichen die 4 schweren Mahlgänge später
einem Walzenstuhl, wie er in den meisten
Mehlmühlen schon Einzug gefunden hatte.
Außerdem wurden zusätzliche Elevatoren,
Silos, Mischer, Sichter und Filter eingebaut.
Erst Jahre später wurde darüber hinaus
noch eine Hammermühle für die Herstellung von Futterschroten und Legemehl
angeschafft. Seitdem wurde neben den
Backmehlen und –schroten auch Futtermittel produziert. Außerdem entstanden neben dem Mühlengebäude mehrere Blechsilobehälter und eine Getreidehalle für die
Lagerung. Auch eine Fuhrwerkswaage mit
Wiegehaus und ein Labor wurden eingerichtet. Nach und nach entwickelte sich
ein sehr wirtschaftlicher Mühlenbetrieb mit
Getreidelager.
1986 wurde der Betrieb stillgelegt, nachdem die Industriemühlen und Genossenschaften den Familienbetrieben immer
größere Konkurrenz machten. Außerdem
hätte eine grundlegende Modernisierung
der Mahlanlagen vollzogen werden müssen, um den strengen Anforderungen für
29
Steimker Mühle vor dem ersten Weltkrieg.
die Herstellung von Qualitätsmehlen gerecht werden zu können und die Leistung
zu steigern. Die Maschinen wurden ausgebaut, verkauft oder verschrottet, die
Silos abgebaut und die Getreidehalle an
einen Autohändler verpachtet. Heute erinnern in Steimke nur noch das leergeräumte Gebäude der Motormühle, in dem
sich lediglich nur noch Kornsilos und Maschinenreste befinden und die von der B 6
abzweigende Straße mit dem Namen „Zur
Steimker Mühle“ an die Zeit, als die Bauern
noch ihr Korn zur nahegelegenen Mühle
brachten.
Daneben bestanden in den Dörfern weitere,
meist kleinere, Mühlen, die für die Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln
wichtig waren oder für die Landwirtschaft
und anderen Bedarf benötigt wurden.
Hierzu zählten u. a.: Ölmühlen, Lohmühlen
oder Papiermühlen. Ein Beispiel für eine
30
Scans und Fotos: Florian Butt
Ölmühle ist auch für Steimke nachweisbar.
Im Jahre 1872 versichert Johann Hinrich
Meyer aus Steimke Nr. 2 (im 2. Weltkrieg
abgebrannt; dieser Hof befand sich in der
Senke zwischen Prüser und Bartel/Brockmann) neben einem Backhaus auch eine
Ölmühle.
Der Anbau von Flachs, Raps und Rübsen
hatte zur Wende des 20. Jahrhunderts immer mehr abgenommen, sodass nur noch
sehr wenige Ölmühlen betrieben wurden.
Wie lange die Steimker Ölmühle noch genutzt wurde, ist nicht bekannt. Grete Becker, die auf dem Hof ihre Kindheit verlebt
hat, berichtete, dass zur damaligen Zeit
um etwa 1930 von der Ölmühle nichts
mehr vorhanden war. Bei Kultivierungsarbeiten in den 70er Jahren wurde allerdings
noch ein größerer Kollergangstein wiederentdeckt. Über seinen heutigen Verbleib ist
leider nichts überliefert.
De Groote Polder (Der Groβe Polder)
Wasserschöpfmühle mit Archimedischer Schraube gebaut in 1783
Lammert Groenewold
Restaurierte Wasserschöpfmühle in Slochteren.
Die Geschichte:
ie Mühle ‘Der Große Polder’ wurde im
Jahre 1783 im Auftrag von der Polderverwaltung ‘De Grootepolder’ gebaut.
Es gab damals viele Probleme mit dem
hohen Wasserstand. Wie Sie verstehen,
hat die Mühle den Namen des früheren
Polders bekommen. Jetzt gibt es die Polder nicht mehr, weil es verschmolzen ist in
einen größeren Bereich. Ein automatisches
Schöpfwerk bemahlt heute den ganzen
Bereich. In dieser Gegend sind mehrere
kleine Polder zusammengefügt worden in
einen Entwässerungsverband, in dem ehemaligen ‘Waterschap Duurswold’, daß vor
kurzen noch ein Mal vereint wurde und jetzt
zu dem Entwässerungsverband ‘Hunze &
D
Aa´s’ gehört. In der Mühlenwelt wird diese
Mühle benannt als “einem Achtkanten Bodenmühle Haubendreher Archimedischen
Schraube angetriebenen Wasserschöpfmühle”.
Hier in der Provinz Groningen sagen wir
das merklich kürzer: wottermeuln.
Bis im Jahre 1815 hatte die Mühle ein
Schöpfrad. Ein Schöpfrad ist bei langen
nicht so effizient wie eine Schraube und es
schöpft das Wasser nicht so hoch. Die Polderverwaltung beschloß 32 Jahre später,
das Rad zu ersetzen durch eine Schraube.
Die Mühle hat gearbeitet bis zum Jahre
1950 und stand still bis 1974-1975. Danach wurde die Mühle restauriert und dreht
seitdem fast wöchentlich am Samstag.
31
Technische Daten:
Der ehemalige Polder war 460 Hektar
groß. Die Mühle schöpft das Wasser aus
den Polder 1,85 m hoch in den Abwasserkanal (auf Niederländisch "boezem"). Der
Abwasserkanal transportiert das Wasser
nach der Hafenstadt Delfzijl. Bei Ebbe
wird das überflüssige Wasser in das Wattenmeer abgelassen. Die Schraubenlänge
ist 8,26 m. Der Durchmesser ist 1,23 m.
Bei normaler Geschwindigkeit schöpft die
Mühle bis zu 20 m3 Wasser pro Minute. Die
Segelflügel haben einen Durchmesser von
21,14 m. Haube und Achtkant haben Reet
als Bedeckung. Das Reet hält bis zu 70
Jahre aus.
Mit der Stertwinde wird die Mühle auf den Wind gesetzt
Wissen Sie, dass die Haube lose oben auf
dem Achtkant liegt?
Diese Zeichnung wird auch bei dem Unterricht von
freiwilligen Müllern benutzt. Man sieht zwei dicke Balken, die als Basis der Haube dienen: die sogenannten
Fugbalken
Antrieb der Schraube
32
Draufsicht der Haubenbasis. Die Haube kann 3600
rund gehen um den Wind zu "fangen".
Die Mühle hat eine Blockbremse.
Oben in der Haube sieht es aus wie unten.
Die Bremse ist Gelb gefärbt und befindet
sich rund um das Achsrad (Orange).
Die gußeiserne Flügelwelle ist hergestellt
im Jahre 1899 von J.M. de Muinck Keizer
in Martenshoek (einen Ort hier ganz in der
Nähe) und hat die Folgenummer 65. Zuvor
gab es eine hölzerner Flügelwelle.
Kammradantrieb, wenn die Flügel einmal rund gehen
dreht die Schraube ungefähr 2,5 mal rund.
1x
2,5x
Kammradantrieb,wenn die Flügel einmal rund gehen
dreht die Schraube ungefähr 2,5 mal rund.
Fotos und Zeichnungen: Lammert Groenewold
Gegenwärtig:
Heute wird die Mühle als Unterrichtsmühle
benutzt für die Ausbildung der freiwilligen
Müller oder Müllerinnen! Der Lehrgang
wird angeboten von den Ausbildern Lammert Groenewold und Henk Klöpping. Es
heißt freiwillige Müller, weil es kaum noch
Meister Müller gibt in den Niederlanden.
Und schon gar nicht bei dem Entwässerungsverband als Poldermüller. Die Lohnkosten würden zu hoch sein. Der Lehrgang
ist nicht unbedingt einfach, aber mit einem
bisschen Durchhaltevermögen kann man
Müller werden. Der Lehrgang besteht aus
einem Teil Mühlentheorie und Teil Praxis.
Daneben lernt man noch was vom Wetter.
In den Niederlanden dauert der Lehrgang
etwa anderthalb Jahre. Man soll mit allen
Wetterarten gearbeitet haben. Es werden
ja keine „Schön-Wetter-Müller“ ausgebildet. Am Ende des Lehrganges macht man
eine Prüfung und bekommt ein Müller-Diplom. Nur dann darf man selbstständig mit
der Mühle arbeiten. Wieso machen wir uns
dann soviel Mühe? Mühlen sind besondere Denkmale und manchmal über 100 bis
200 Jahre alt. Wenn damit etwas passiert,
geht ein einziges Denkmal verloren. Und
bedenke: ein kleiner Unfall kann € 500.000
kosten. Das möchten wir soweit wie möglich verhindern. Mit einer fachkundigen Bedienung bleiben die Mühlen in guter Lage.
Es gibt aber auch einen schönen Preis.
In den Niederlanden gibt es nur wenige
Leute, die mit den Mühlen arbeiten: man
gehört damit zu einer besonderen Gruppe
und bekommt dafür Annerkennung. Die
Mühe der freiwilligen Müller ist vielleicht
der einzige Grund, daß es die Mühlen jetzt
noch gibt! Weil ausschließlich mit Geld
wird das Ganze nicht klappen. Die Mühle dreht also regelmäßig, auch am Nationalen Mühlentag (im Monat Mai), während
der "Groninger Molenweekend" (im Monat
Juni) und während des Nationalen Denkmaltages (im Monat September). Daneben
ist die Mühle geöffnet, wenn z.B. Schulen
ein Projekt haben oder Gruppen die Mühle
während anderer Zeiten besuchen möchten. Sie sind herzlich eingeladen.
33
Die Wartung:
Die Behörden (Gemeinde, Entwässerungsverband und die Regierungvv) zahlen jährlich einen Beitrag zur Wartung aber das ist
nicht immer ausreichend. Wir kennen kein
Eintrittsgeld. Eine freie Spende ist natürlich
willkommen. Wenn Sie möchten, können
Sie sich auch als Donator der Stiftung anmelden.
Mehr Information über die Slochter Mühlenstiftung gibt es auf:
www.slochtermolenstichting.nl.
Unfallschutz und Sicherheit in der Mühle
Rolf Wessel
B
ei den Kursen der Freiwilligen Müller,
bei Besuchen in verschiedenen Mühlen, kommt es in den Gesprächen häufig
auf das Thema Unfallschutz und Sicherheit in der Mühle. Da unsere historischen
Mühlen aus einer Zeit stammen, in der das
Thema nur eine geringe Bedeutung hatte,
wollte ich mal sehen was die Verfasser der
verschiedenen Mühlenbücher zu diesem
Thema zu sagen hatten. So nahm ich mir
nacheinander einige Bücher aus meinem
Bücherschrank:
deutlich, wie die Müller und Mühlenbauer
zu diesem Thema standen.
Handbuch des Müllers und Mühlenbauer, von R. Sacher, Ingenieur, von 1921
Fachkunde für Müller, J. Fleching, 1955
Ich werde Müller, vierte Auflage,
Otto Kettner, Müllermeister, 1952
Lehr- u. Handbuch für Müllerei und Mühlenbau, 5. Auflage, Wilh. Baumgartner,
Ingenieur, 1936
Müllerei und Mühlenbau, 5. Auflage,
Friedrich Kettenbach, Ingenieur, 1922
Zum Unfallschutz gibt es in diesen Büchern keine Hinweise oder Anleitungen,
welche Maßnahmen in der Mühle vorzunehmen sind, um Beschäftigte und Besucher vor Gefahren zu schützen.
Zum 50 jährigen Bestehen der MüllereiBerufsgenossenschaft am 1. Oktober
1935 wurde ein Heft mit Vorschlägen über
Sicherheitsmaßnahmen in der Mühle herausgegeben. Im Vorwort (Geleit) steht
34
Die Berufsgenossenschaft ist 1936 noch
sanft mit den Müllern umgegangen. So
sollten wir heute, wenn wir das Erbe dieser
Generation erhalten wollen, die Mühlen für
die ehrenamtlichen Müller und Besucher
so sicher wie möglich machen.
Früher kamen vereinzelt Besucher in die
Mühle um sich die Technik anzusehen. In
unserer Zeit ist das Interesse an der alten
Technik gestiegen. Am Deutschen Mühlentag oder an Mahltagen kommen über den
Tag oftmals hunderte von Besuchern in die
Wind- oder Wassermühle. Diesen Besuchern muss aus der Sicht des Unfallschutzes besondere Beachtung
geschenkt
werden. Es sind hierbei auch Schutzmaßnahmen einzurichten, die bei unseren Vätern und Großvätern nicht erforderlich waren.
Ein Thema ist immer, wie kann man auf der
Galerie oder dem Wall bei Holländerwindmühlen die Absperrung bei laufenden Flügeln so sicher machen, dass auch kleine
Kinder nicht unter den Absperrungen hindurch kriechen können. Gute Alternativen
zum Seil oder einer Stange quer über die
Galerie, ist ein Netz siehe Bilder 1 und 2.
hier wurde der Gefahrenbereich gut abgesichert.
Da kommt bestimmt die Frage auf, wo bekomme ich so ein Netz her? An der Küste
gibt es sicher hier und da ein ausgedientes
Fischernetz. Vielleicht hat ein Tennisclub
ein Netz das nicht mehr benötigt wird. Für
die Sicherheit gibt es bestimmt auch noch
andere Lösungen.
Bei Galerieholländermühlen ist es relativ
einfach, hier eine Absperrung hinzubekommen. Schwieriger ist es schon bei Erdholländer- oder Bockwindmühlen. Ein Zaun
um die ganze Mühle bauen ist zweckmäßig
und dann den Bereich der drehenden Mühlenflügel mit einem Netz absperren ist eine
Möglichkeit (siehe Bild 3). Es müssen immer die örtlichen Gegebenheiten berücksichtigt werden. Das beste Netz verfehlt
seine Wirkung, wenn es nicht oben und
unten gespannt und befestigt ist, wie das
Bild 3 von der Wasserschöpfmühle Eemshaven/NL zeigt. Bei allen Überlegungen
müssen wir immer die kleinen Besucher im
Auge haben.
Bild 1.
Bild 3, das Netz muss am unteren Rand auch gespannt
und befestigt werden. Foto: Rüdiger Heßling
Bild 2.
Fotos: Carsten Lucht
Im inneren der Mühle sind einige Gefahrenstellen, die nicht nur für Besucher zu
unterschätzen sind. Für die Ausbildung
der Freiwilligen Müllerinnen und Müller
wurde die nachfolgenden Punkte erarbei-
35
tet um eine Übersicht zu haben, auf die
in der Mühle besonders zu achten ist. An
einigen Beispielen möchte ich zeigen, wo
Gefahren sind.
Arbeitskleidung:
enganliegende Kleidung mit Druckknöpfen, feste Arbeitsschuhe
Bild 5, Grundriss: Schutzgeländer und Wellensicherung.
Bild 4, das passiert, wenn kein Schutz vorhanden ist.
Bild 4 zeigt wie eine Person mit offener Jacke am Spill hängen bleibt und die Jacke
aufgedreht wird. Wenn sich so eine Welle
an Durchgängen oder im Arbeitsbereich
befindet, ist es dringend erforderlich, diese
Welle zu verkleiden oder den Durchgang
sperren. Ein Beispiel hierfür ist auf Bild 5
zusehen.
Arbeitsräume:
Explosions-, Rutsch- und Stolpergefahr
Um diese Gefahren zu verhindern oder auf
ein Minimum zu reduzieren, ist der oberste
Grundsatz, bei Arbeiten in der Mühle „Ordnung halten“.
Herum liegendes Werkzeug oder Bauteile
sind eine Stolpergefahr.
36
Ausgelaufene Flüssigkeit (Öl), aber auch
Reste von Getreide können eine Rutschgefahr sei.
In der Mühle, in der gemahlen wird, ist immer etwas Mehlstaub in der Luft, darum
die Mühle belüften um Explosionsgefahr zu
verhindern. Kein Feuer machen!
Bauliche Sicherheit, Arbeitsräume: Fußböden, Treppen, Bodenluken, Trichter
und Auslauföffnungen, Türen und Luken nach draußen
Das Bild 6 zeigt die Gefahr einer Öffnung
im Fußboden, sei es die Luke für den Sackaufzug oder eine bodengleiche Einschütte
für Getreide. Beides muss gesichert werden.
Die Bodenöffnung für den Sackaufzug
lässt sich am besten sichern, in dem die
Klappe aus zwei Hälften gebaut wird. An
Bild 6, Öffnungen immer sichern.
den Außenseiten werden die Scharniere
angebracht. An den Scharnieren wird zusätzlich ein kleiner Keil oder Bolzen befestigt, dass jede Klappe nicht über 85 Grad
geöffnet werden kann. Wenn nun der Sack
mit dem Aufzug hoch gezogen wird, fällt
die Klappe unmittelbar nach dem der Sack
oben ist, wieder zu.
Für bodengleiche Sackeinschütten ist ein
Geländer um die Öffnung zu bauen, ist das
für den Bedarfsfall unpraktisch, muss eine
Roste bodengleich in den Fußboden eingebracht werden.
Treppen verdienen in den historischen
Mühlen eine besondere Beachtung. Häufig
sind die Stufen im Laufe der Jahrzehnte
sehr stark abgenutzt, siehe Bild 8.
Dieses ist häufig zwischen dem Stein- und
dem Mehlboden zu sehen. Hatte der Müller
den Sack Getreide in den Trichter auf dem
Mahlgang eingeschüttet, musste er zum
Mehlboden runter um hier den Mehlsack
zu wechseln. Schon bald ging es wieder
über die Treppe zum Steinboden um wie-
Bild 7, Treppe mit Absturzgefahr.
Bild 8, eine ausgetretene Treppe.
der einen Sack mit Getreide aufzuschütten. Das wiederholte sich den ganzen Tag.
Das über Jahrzehnte, da kann man sich
vorstellen, wie eine solche Treppe abnutzt.
Es bleibt hier keine andere Lösung, die
Treppe benötigt neue Stufen.
Viele Treppen wurden früher nicht immer
mit Treppengeländer an beiden Seiten
versehen, siehe Bild 7. Manchmal war es
37
unpraktisch, aber es gibt auch Situationen
wo es baulich nicht möglich ist ein zweites
Treppengeländer einzubauen. Besonders
in Windmühlen sind die Platzverhältnisse
für einen Treppenbau schwierig. Für die
Treppe wie auf Bild 7 gezeigt, muss schon
ein zweites Geländer eingebaut werden.
Ist es nicht möglich, an einer Treppe an
einer der beiden Seiten ein Geländer anzubringen, kann ein dickes Seil eine Ersatzlösung sein. Die Besucher können sich
mit beiden Händen festhalten und haben
dadurch einen sicheren Auf- und Abstieg.
Besucherinnen und Besucher müssen
darauf hingewiesen werden, die Treppen
nur mit geeignetem Schuhen zu betreten.
Frauen mit Stöckelschuhen oder Besucher
mit Flip Flops sollten auf ein Betreten der
oberen Stockwerke verzichten. Barfuß
oder auf Strümpfen ist in Mühlen mit Holzfußboden keine Alternative. Die Verletzung
durch Holzsplitter ist groß. Steile Treppen
sollten von den Besuchern nach unten, wie
bei einer Leiter, rückwärts benutzt werden.
Die Flügelluke (Bild 9) am Flügelkopf einer
Windmühle, nie bei drehender Mühle öffnen. Die Flügel laufen sehr dicht vor der
Verkleidung der Kappe her und erwischen
die Klappe sehr schnell. Der Versuch bei
geöffneter Klappe und bei laufenden Flügeln eine Arbeit zu verrichten ist gefährlich. Arbeiten hier nur bei Flügelstillstand
mit fester Bremse.
Bild 10, ohne Sicherheitsgeländer.
Bild 9, Flügelluke nicht bei laufender Mühle öffnen.
38
Bild 11, mit Sicherheitsgeländer.
In Mühlen sind die Türen in den oberen
Stockwerken ein beliebter Aussichtspunkt.
Hier wurden früher die Säcke mit Getreide
außen mit einem Sackaufzug hochzog und
dann in die Mühle geschwenkt. Diese Öffnungen sind durch ein stabiles Geländer
zu sichern, wenn die Tür auf ist. Es reicht
nicht, wie früher nur eine Kette vor die Öffnung zu hängen.
Sicherheit und Einrichtungen:
elektrische Einrichtungen
Bei elektrischen Einrichtungen kann es
keine Kompromisse geben. Es sind die
VDE- Bestimmungen zu beachten. In einigen Mühlen gibt es noch alte Schalter
und Sicherungen, die auf Marmortafeln
montiert sind, wunderschön an zu sehen,
aber für den heutigen Betrieb nicht mehr
zu verwenden. Bitte hängen lassen, aber
den Strom hier hin abklemmen.
Bei Stromausfall dürfen Maschinen und
Geräte nicht wieder anlaufen, wenn der
Strom wieder eingeschaltet ist. Die Schaltung muss so eingerichtet sein, dass ein
manueller Neustart erfolgen muss.
Die Überprüfung aller elektrischen Anlagen und Einrichtungen, ist alle 3 Jahre
durch eine Fachkraft erforderlich.
Mechanische Einrichtungen:
Schutzvorrichtungen an Maschinen,
Unfallverhütung an beweglichen Teilen
Besonders in Windmühlen (Bild 12) gibt es
diverse Kraftübertragungen von Kammrädern auf Stockräder aus Holz. Hier Schutzvorrichtungen zu bauen, ist sehr schwer.
Das sicherste ist es, diesen Gefahrenbereich soweit abzusperren, dass keine Gefahr für Besucher oder Beschäftigte bei
laufenden Betrieb aus geht.
Ein weiterer Gefahrenpunkt beim Mahlbetrieb ist am Ende des Rüttelschuhes (Bild
13), wenn das Getreide in den Mahlstein
fällt. Das Mühleisen, das sich am Ende
des Spilles befindet und bei Drehung gegen den Rüttelschuh schlägt, ergibt eine
Verletzungsgefahr. Dieser Bereich ist beim
Mahlbetrieb besonders absichern.
Bild 12, Kammrad und Korbrad.
Bild 13, Quetschgefahr am Rüttelschuh.
Bild 14, Mahlgangantrieb mit offenem Treibriemen.
39
Offene Antriebe mit Riemenscheiben und
Treibriemen (Bild 14 und 15) bedeuten
eine nicht zu unterschätzende Gefahr. Hier
ist in jedem Fall eine räumliche Absperrung erforderlich (Bild 16).
sonderte Lösungen erforderlich sind.
Wenn die vorstehenden Punkte beachtet
wurden und die folgenden Grundsätze befolgt werden, ist schon viel erreicht, denn
die häufigsten Unfallursachen sind:
Leichtsinn und Stress
Selbstüberschätzung
Bequemlichkeit
Unordnung bei der Arbeit
Sicherheitsvorschriften missachtet
falsches Werkzeug oder Gerät benutzt
Wetter und Umwelteinflüsse unbeachtet
gelassen
Alkohol- oder Medikamentenmissbrauch,
auch Krankheit bei der Arbeiten.
Bild 15, Antrieb für ein Sägegatter mit Treibriemen.
An den vorstehenden Beispielen möchte
ich zeigen, wo in den historischen Mühlen
darauf geachtet werden muss, dass es
nicht zu Unfällen kommt. Ich kann auch in
so einem Betrag nur einige Beispiele aufzeigen. Jede Mühle hat andere Probleme
und Gefahrenpunkte, sodass immer ge-
Bild 16, Absperrung eines Vorgeleges in einer Mühle.
Fotos und Scans: Rolf Wessel
Eigenheim Windmühle – Liebe auf den ersten Blick
Cathrin Eßbach
„Ihr wohnt in einer Mühle? Wie habt Ihr die
denn gefunden?!“ fragt Simon ungläubig,
als ich erzähle, dass wir eine alte Windmühle bewohnen. Sozusagen ein Hochkanteigenheim mit 3 Wohnebenen plus 2
Technikebenen.
„Naja, eigentlich hat sie uns gefunden – wir
haben nicht nach so einer ausgefallenen
Immobilie gesucht.“
Springen wir 1,5 Jahre in der Zeit zurück:
Jan arbeitet in Oldenburg, ich in Osnabrück – beides schnuckelige Städtchen –
40
aber doch 120 km, die uns trennen. Waren
wir bisher immer „Getriebene“ und nicht
auf einen Platz festzunageln, suchen wir
uns jetzt ein Eigenheim. Ein großer Schritt,
der gut überlegt sein will – wir brauchen
etwas Ruhe in unserem Leben, wollen gemeinsam einen „Hafen“. Ein Haus mit Charakter soll es sein. Eines, das zu uns paßt:
wir wollen ohne Regeln, ohne verärgerte
Nachbarschaft leben, wühlen und werkeln.
Das hat sie wohl gehört, die Mühle in Holle.
Auf unseren Recherchen steht sie erst
ganz hintenan, weit hinter den Resthöfen
und alten Bauernkaten. Als wir zur Besichtigung doch schon mal nach Holle fahren,
ist es regnerisch und kalt. Es ist Januarwetter im Moor.
Und trotzdem stehen wir wie gebannt vor
der alten Mühle. Traurig und vernachlässigt sieht sie aus. Sie braucht Liebe und
schreit uns das ins Herz – gegen alle Vernunft sind wir gepackt und planen eine Zukunft auf dem Land.
Der Grundbucheintrag, Notartermine sind
erledigt, als wir uns Mitte Juni mit dem
Nochbesitzer an der denkmalgeschützten
alten Mühle treffen. Wir sitzen zusammen
am Mühlstein und sind erstaunt, dass der
Mieter Lars (Zitat aus der Expertise: „der
Mieter zieht sofort mit dem Verkauf der
Immobilie aus“) noch gar nicht zu wissen
scheint, dass man ihm sein Haus unter
dem Hintern wegverkauft hat und wir am
1.Juli einziehen wollen. Wir schlucken alle
– eine WG hatten wir uns nicht vorgestellt!
Letztlich einigen wir uns darauf, dass wir
freien Zugang zu unserem Haus haben
und dass bis auf einen Raum + Schuppen
alles für uns freigeräumt werden soll. 3 Monate hat Lars zum Auszug – das werden
wir wohl schaffen!
Natürlich sind wir nervös, ob das alles
klappt. Als wir am 1.Juli mit unserem hellblauen Wohnwagen als Notdomizil anrücken, sind alle Mühlenböden und die erste
Etage des Anbaus besenrein, Küche und
Bad allerdings müssen wir noch 3 Monate
mit Lars teilen – eine Zeit, die bestimmt
schnell vorbeigeht. Denken wir. Lars hat
sich –natürlich- in sein Leben eingerichtet
und nun kommen wir. Wir machen Lärm.
Wir bringen ein Kind mit. Auch das macht
Lärm. Wir laden Eltern und Freunde ein.
Auch die machen – Ihr ratet es: Lärm.
Lars wehrt sich mit Nichtbeachtung. Er
raucht im Haus, er verbrennt jedes Gramm
Müll im Holzofen, er macht keinerlei Anstalten, seinen Auszug vorzubereiten. Und
wir haben Angst: Nie wollten wir Vermieter
sein, wollten unabhängig sein – und nun
können wir dringend benötigtes Baumaterial oder Brennholz für den Winter nirgends
lagern, denn alle Schuppen sind besetzt.
Von Lars. Und noch bis 3 Wochen vor seinem geplanten Auszug bringt er neue Din-
41
ge (er ist Sammler) nach Hause. Die Stimmung ist zum Zerreißen gespannt. Unser
Baumateriallager in Osnabrück muß verlagert werden und wir fahren nächtelang
mehrfach die 120 km hin und her, um Zement, Bauplatten, Fliesen, Holz nach Holle
zu bringen. Lars hat einen der 3 Schuppen
inzwischen freigeräumt. Nein, nicht weggeräumt: in die anderen beiden Schuppen
hinein…
Wenn wir morgens die Mühle Holle erreichen, ist es ganz still. Kater Herbert
empfängt uns mit einer Biomaus aus garantierter Freilandhaltung im Maul und im
Frühnebel hören wir das Getrappel der
Pferde von der Weide nebenan oder die
Schwarzbunten auf der Weide direkt vor
der Tür begrüßen uns und den Tag mit
einem „Muuuh!“.
Es gibt keinen einzigen Tag, den wir bereuen, jeden Tag empfinden wir diesen
42
Platz als unser Zuhause. Und wir sind baß
erstaunt, als Lars am 30.September 2011
uns den Schlüssel übergibt und tatsächlich – tatsächlich! – die Mühle verläßt.
In den vergangenen 3 Monaten waren wir
aber nicht untätig. Die allererste Aktion, um
den Hilfeschrei unserer Mühle zu erhören:
wir reißen sämtliche Styropordämmung an
den Wänden heraus. Ein riesengroßer Container Sondermüll ist das und unser Haus
reckt sich, atmet auf, grinst uns an. Die
Wände hinter den Styroporplatten bringen
selbst erfahrene Baufachleute zum Schlucken: nein. Feucht sind sie nicht. Sie sind
naß. Das Wasser läuft die Wände herunter,
als wir die dort wohnenden Molche in ihrem Frieden stören.
Der Putz muß runter! Die Wände sind im
unteren Bereich der Mühle circa 40 cm
dick und zur damaligen Zeit hat man die
beidseitige Abtrocknung von Feuchtigkeit
einkalkuliert, seit 12 Jahren war nun einseitig diese Möglichkeit versperrt. Wir sind
uns im Klaren, dass hier viel Arbeit, aber
auch Geduld, von uns noch abverlangt
wird. Unser Entschluß steht allerdings fest:
wir werden diese Wände nicht mehr verputzen, die Feuchtigkeit soll von nun an
wieder zu allen Seiten verdunsten können –
nur so können wir unserer Mühle zu einem
langen Leben verhelfen.
Wer von Euch Müllern erinnert sich an die
Prüfungsfrage „Wieviel Platz muß es rings
um eine Windmühle geben?“ Wieviele Ru-
ten? Nun ja: unsere Mühle wird vom Wald
erdrückt. Alle 2 Meter wurde vor vielen Jahren ein Baum gepflanzt – aber die Menge
nie ausgedünnt. Alles sind jetzt stattliche
Stämme von 10 – 20 cm Durchmesser, die
Äste der Obstbäume stützen sich auf der
Galerie ab (und bringen diese zum Äch-
zen) und der Blauregen, unter dem sich
die Schuppen ducken, wächst bis in die
Fenster hinein.
Zusätzlich ist die Sicht nach vorne durch
2 Stück ca. 20 Meter lange Buchsbaumhecken abgeschirmt. Nein, nicht die niedlichen Friedhofshecken. Fast mannshoch
und ganze 1,60 m breit. Ungelogen.
Eine davon ist schnell Geschichte, auch
einige Bäume sind inzwischen gefällt und
dem Blauregen wurde die Herrschaft über
das Grundstück entzogen.
Aus dem Wohnwagen sind wir schon nach
1 Monat in den Galerieboden der Mühle
umgezogen und schlafen wie im Paradies.
Fenster in jede Himmelsrichtung, morgens
werden wir von nichts außer dem Sonnen-
licht auf unserem Gesicht geweckt. Es ist
kuschelig warm, sonnig – wie im Urlaub…
Und dann kommt die Erntezeit. Die umliegenden Bauern fahren Heu, Mais. Manchmal die ganze Nacht.
Wenn man so eine Geschichte schreibt,
ist es schwer, zu überlegen: was zuerst?
Unsere Mühle hat einen mit Blech verkleideten Achtkant. Nur Blech. Uns trennen
von innen nach außen also circa 3 mm.
Nun zurück zur Erntezeit und nächtelang
fahrenden LKW und Traktoren… Was soll
ich weiter erklären? Wir sind den Tränen
teilweise vor Verzweiflung nahe und – ziehen um in den inzwischen auch von Styropor und Putz befreiten Mehlboden.
Aaahhhhhhh…..! Welche Wohltat.
Die Galerie spendet nach allen Seiten
Schatten, diese Ebene ist also logischerweise die dunkelste und zum Schlafen ideal. Auch hier liegt ein Fenster im Osten: die
aufgehende Sonne kann uns weiter morgens an der Nase kitzeln. Aber: die Wände
sind massives Mauerwerk und wenn man
nicht aufpaßt, schläft man den ganzen Tag.
Wir sind mit dem Treiben unserer sehr netten Nachbarn wieder versöhnt und genießen wieder das Leben auf dem Lande. Ja.
Hier wird unser Schlafzimmer sein.
Welche Erkenntnisse ein Bodengutachten
bringt, wie es zu einer Baustellenfeier mit
dem ganzen Dorf kommt und welche Rolle die Vergangenheit unserer Mühle dabei
spielt, erfahrt Ihr im nächsten Heft.
43
Mühlsteine – ein schweres Thema
Wim van Schie
B
rauchbare Informationven über Mühlsteine zu finden, ist relativ schwierig.
Das mussten wir (die Museumsmüller im
Museumsdorf Cloppenburg) bei der Vorbereitung für ein Fortbildungsseminar für
Freiwillige Müller erfahren. Im Internet findet man vieles, aber zumeist recht oberflächlich. Einige zu Rate gezogene Lehrbücher für angehende Müller aus dem letzten
Jahrhundert behandeln zwar das Thema
Mühlsteine, aber meist nur am Rande,
weil die Technik auch im 20. Jahrhundert
schon veraltet war. Über das Billen und
die Schärfe der Steine dagegen ist einiges
geschrieben. Schließlich war das eine Arbeit, die auch noch in der ersten Hälfte des
20. Jahrhunderts in fast jeder Mühle anfiel.
Nähere Informationen über Qualitätsmerkmale, Lebensdauer oder sogar Anschaffungskosten gibt es dagegen nur spärlich.
Auch im Museumsdorf Cloppenburg bekamen die Mühlsteine lange Zeit nicht
die Aufmerksamkeit, die sie eigentlich
verdienen. Im Museum stehen nicht nur
drei funktionsfähige Windmühlen, es finden sich dort auch zahlreiche Mühlsteine.
Insgesamt wurden 24 größere Mühlsteine
gezählt, kleinere Mahlsteine aus Quernen
und anderen Handmühlen nicht mit gerechnet. Die Hälfte dieser Steine befindet
sich in betriebsfähigen Mahlgängen, die
restlichen zwölf Steine liegen an verschiedenen Stellen im Museumsgelände. Sie
sind im Laufe der Jahrzehnte hier abgeliefert worden, blieben dann aber mehr oder
weniger unbeachtet. Sie wurden von den
Besuchern zumeist als Sitzgelegenheit
oder als Picknicktisch genutzt. Erst als
Museumsmüller Hans Jacobs in diesem
Jahr die Idee hatte, ein Mühlsteinseminar
zu organisieren, kam die Sache ins Rollen.
Die verschiedenen Mühlsteine werden jetzt
thematisch geordnet bei den Mühlen prä-
44
sentiert. Dafür haben wir unter anderem
versucht, einige häufig gestellte Fragen zu
Mühlsteinen zu beantworten.
Nachdem bei der Suche nach Informationen das Internet nicht die Auskünfte bot,
die wir suchten, haben wir alte Lehrbücher
einmal genauer unter die Lupe genommen. Aufschlussreich war ein Kapitel im
Handbuch des Müllers und Mühlenbauers
aus dem Jahr 1921 über Mahlsteine:
„Die zur Verwendung kommenden Steinsorten sind je nach ihrem Verwendungszweck verschieden. Zum Spitzen werden
am vorteilhaftesten scharfe Sandsteine,
zum Schroten ebenfalls Sandsteine, Basalte und Porphyre verwendet. Man verlangt für Schrotsteine eine ziemlich hohe,
natürliche Rauheit und verwendet hierfür in
ausgedehnter Weise künstliche Steine aus
Schmirgel oder gemahlenem Quarz. Nicht
jede Steinsorte eignet sich gleichmäßig gut
für alle Zwecke, auch dürfen Bodenstein
und Läufer nicht den gleichen Grad von
Härte und Rauheit aufweisen, wenn sie gut
arbeiten sollen. Darin hat der Müllerspruch
nur zu recht: „Zwei harte Steine mahlen
selten reine.“ Der Bodenstein ist am besten etwas geschlossener, der Läuferstein
etwas offener zu wählen.
Für Ausmahlzwecke findet man allgemein
zusammengesetzte Steine aus Süßwasserquarz. Frankreich besitzt bei La Ferté
sous Jouarre, La Presle und an anderen
Orten ausgedehnte Fundstätten, wo man
Süßwasserquarze von vorzüglicher Beschaffenheit fördert. Auch in Ungarn am
Südrande der Karpaten findet man Süßwasserquarze von ebenbürtiger Güte.1
Die wichtigsten Merkmale der Mahlsteine
werden hier schon angedeutet. Einerseits
müssen sie gleichmäßig hart und scharf
porös sein. Mit anderen Worten: Sie müssen die Eigenschaft haben, mineralisch
Mühlstein aus Lavabasalt mit einer offensichtlichen Beschädigung rund um das Steinauge. Wahrscheinlich
verursacht durch eine Schraube, o.Ä.
möglichst scharfkantig zu brechen, wodurch die Oberfläche rau bleibt. Und immer wieder wird in den alten Lehrbücher
betont, dass die Steine im Mahlgang unterschiedlich hart sein sollten; der Läuferstein
muss etwas weicher sein. Ebenso wird
deutlich, dass unterschiedliche Arbeitsgänge unterschiedliche Mahlsteine erfordern.
Die Frage welche Mahlsteine man früher
hier im Nordwesten benutzte, ließ sich
einfacher beantworten. In erster Linie
verwendete man Steinsorten aus der „direkten“ Umgebung, denn Mahlsteine sind
bekanntlich schwer und der Transport war
mühsam und kostspielig. Hauptsächlich
benutzte man Sandsteine aus dem Weser-
Sandstein mit ungleicher Dicke. Fotos: Wim van Schie
gebirge oder Lavabasaltsteine aus der Eifel. Andererseits wurden auch Süßwasserquarze aus der Champagne in Frankreich
importiert. Die hohe Qualität dieser Steine
rechtfertigte offensichtlich die langen
Transportwege.
Der „günstigste“ Stein war der Sandstein.
Sandstein ist ein Sedimentgestein aus miteinander verkitteten Sandkörnern, die vorwiegend aus Quarz bestehen. Die Art der
Verkittung entscheidet über die Härte und
Qualität des Steins. Quarzitisch gebundene Sandsteine sind sehr fest, und der
Porenraum ist klein, während tonige Sandsteine stark porös sind und eine geringe
Festigkeit haben. Sie wurden hauptsächlich als Schrotsteine eingesetzt.
Für nähere Informationen muss man schon
auf Quellen aus dem 19. Jahrhundert zurückgreifen. In Merck´s Warenlexikon von
1884 ist folgendes zu lesen:
„Die gewöhnlichen weißen Sandsteine, die
nicht selten sind, können für verbesserte
Mühlen wegen ihrer Weichheit, schnellen
Abnutzung und daraus entstehender Verunreinigung des Mehls mit vielem Sand gar
nicht gebraucht werden und kommen jetzt
überhaupt nur auf den kleinsten Mühlwerken vor. In einzelnen Fällen sind die Sandsteine härter und die derartige Brüche
haben von jeher Absatz auch in größeren
Kreisen gefunden.“ 2
Zu den besseren Sandsteinen gehörten
offensichtlich auch die Steine aus Jonsdorf im Zittauer Gebirge, die sogenannten
„Jonsdorfer Steine“. Sie werden in Merck´s
Warenlexikon sogar extra erwähnt:
„Die vorzügliche Beschaffenheit der Johnsdorfer Steine hat ihren Grund darin, daß
die dortigen Quadersandsteinschichten
nachgehends von aufquellendem Basalt
durchbrochen wurden, dessen Hitze das
anstehende Gestein nachträglich gefrittet
hat und es in ein viel härteres verwandelte.“ 3
Laut dem „Taschenbuch für Müllerei und
Mühlenbau“4 waren aber 1938 die Jonsdor-
45
fer Brüche an „gutem Material“ erschöpft.
Weit verbreitet war bei uns auch der Lavabasalt (oder Basaltlava, Tephritlava, Rheinischer -, Blauer - oder Deutscher Stein).
Lavabasalt ist ein poröses Vulkangestein,
und schon seit dem Mittelalter kommt der
Lavabasalt aus Steinbrüchen in der Eifel
(z.B. Mayen, Mendig). Hierzu wiederum
Merck´s Warenlexikon:
„Viel weiter verbreitet in Deutschland und
rheinabwärts sind die sogen. rheinischen
oder Andernacher Steine, die man bei
Ober- und Niedermendig bricht. Sie bestehen aus einem harten Basalt, der aber
nicht die gewöhnliche kompakte Struktur
hat, sondern in seiner ganzen Masse mit
blasigen Höhlungen durchsetzt ist, die also
an der Mahlfläche des Steines, so weit sie
offen liegen, kleine Gruben mit scharfen
Rändern bilden, die auch auf einer keiner
Stufe der Abnutzung fehlen, denn während einzelne Augen durch das Abmahlen
verschwinden, eröffnen sich dafür wieder
andre, sodaß sich solche Steine gewissermaßen von selbst schärfen, wodurch indes
die künstliche Schärfung, das Einbauen
von systematisch angelegten Rillen (Haukurven) nicht entbehrlich wird.“ 5
Der beste Stein war der Süßwasserquarz
(Champagnerstein oder „Franzose“), ein
Stein für höchste Qualitätsansprüche. Dieser Stein wurde „Franzose“ genannt, weil
er in Frankreich hergestellt wurde. Vor
allem in La Ferté-sous-Jouarre gab es viele
Lagerstätten. Der Champagnerstein ist
immer ein zusammengesetzter Stein, da
Süßwasserquarz nicht in solchen großen
Stücken gewonnen werden kann. Er besteht aus einem Herzstück und mehreren
Stücken für die Mahlbahn (die Umlage),
die mit Gips oder Zement verkittet und von
einem oder mehreren eisernen Reifen zusammengehalten wurden. Das spezifische
Gewicht von Süßwasserquarz ist etwas höher als das von Sandstein oder Lavabasalt.
Die Lebensdauer dieser Steine war aber
ungleich höher, was sich auch im Preis niederschlug.
46
Um die diversen Nachteile natürlicher
Mahlsteine zu umgehen, wurden in der
zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts künstliche Mahlsteine entwickelt. Dazu erschien
in der Fachzeitschrift „Polytechnisches
Journal“ von 1877 folgender Artikel:
„Ueber Lampson´s künstliche Mühlsteine;
von K. W. Kunis.
Dieselben sind aus französischem Rohmaterial (Süßwasserquarz von La Ferté sous
Jouarre) hergestellt. Dieses Rohmaterial
wird zerkleinert, gesiebt und sortirt und
hierauf mit einem geeigneten Bindemittel
vermischt in Form gebracht. Die hergestellten Steine bilden in Folge dessen ein
einziges Stück von durchaus gleicher Beschaffenheit und je nach Verlangen mehr
oder weniger Porosität. Sie können deshalb sofort, nachdem die Haue in der Mitte eingelassen, in Betrieb gesetzt werden,
ohne das lästige Abwiegen vornehmen zu
müssen. Der Fabrikant kann nach Wunsch
Steine von größerer oder geringerer Härte,
fein- oder grobkörnig liefern. Da die Steine
aus einzelnen kleinen Stückchen mit scharfen Ecken und Kanten bestehen, welche
sich zwar auch abmahlen, aber fortwährend durch neue ersetzt werden, so bieten dieselben trotz ihrer Geschlossenheit
eine gute Mahlfläche, welche für gewisse
Mahlzwecke nicht geschärft zu werden
braucht. Wer Kraft genug zur Verfügung
hat und weniger Werth auf das Schärfen
der Mühlsteine legt, der kann Lampson´s
Mühlsteine getrost ohne Schärfe lassen;
wer aber mit weniger Kraft, sondern mit
mehr Kunst mahlen muß und wer nach
dem Sprichwort: „Schärfen versäumt nicht“
gewohnt war, fast tagtäglich zu schärfen,
der wird auch Lampson´s Steine, wenn
auch nicht zu oft, schärfen. Die künstlichen Mühlsteine erfordern in Folge ihrer
Geschlossenheit tiefe Hauschläge, deren
gute Instandhaltung sich der Müller angelegen sein muß, wenn er die Steine auf ihre
volle Leistungsfähigkeit ausnutzen will.“ 6
Durch die künstliche Herstellung konnte
die Qualität der Mahlfläche an die jewei-
ligen Anforderungen angepasst werden,
und Kunststeine waren „Stand der Technik“
als es mit den Wind- und Wassermühlen zu
Ende ging. Der mit Natur- oder Kunststeinen ausgerüstete Mahlgang wurde, als älteste Maschine in der Müllerei, im 20. Jahrhundert nach und nach durch leistungsfähigere Walzenstühle aus Metall ersetzt.
Eine Frage, die bei uns im Museum häufig
gestellt wird, ist die nach der Lebensdauer der Mühlsteine. Auch hier gibt es kaum
genauere Aussagen. Begreiflich, denn zuviele verschiedene Faktoren beeinflussen
die Lebensdauer. Als erstes natürlich die
Qualität des Steins: Sandstein, Lavabasalt
oder Süßwasserquarz; dann spielt die Arbeit, die Menge des Mahlguts und die Zahl
der Arbeitsstunden eine gewichtige Rolle.
Aber auch der Faktor Mensch – in diesem
Fall der Müller – ist von Bedeutung. Wie
geht der Müller mit seiner Mühle um? Ein
schlecht ausgewuchteter Mahlgang nutzt
ungleichmäßig und viel schneller ab als
ein gut eingestellter. Auch das „Stein-aufStein-Mahlen“ erhöht den Verschleiß ebenso wie Verunreinigungen des Mahlguts
durch Sand und Steinchen.
Insofern lassen sich über die Lebensdauer
von Mahlsteinen keine pauschalen Aussagen machen. Nur soviel: Einige Quellen
berichten von einer Lebensdauer von acht
bis zehn Jahren für Sandstein-Läufersteine
und 18-20 Jahren für Sandstein-Bodensteine. Für „Franzosen“ variieren die spärlichen Angaben. Es wird von einer Lebensdauer von 60 bis 70 Jahren bei einer jährlichen Abnutzung von einem Viertel Zoll
berichtet.7 Eine andere Quelle nennt eine
Lebensdauer von 35 Jahren bei täglich 15
Stunden Arbeit.8 Inwieweit diese Angaben
realistisch sind, lässt sich nicht überprüfen.
Zum Schluss ein schöner Satz aus dem
Taschenbuch für Müllerei und Mühlenbau:
„Es ist nicht absolut notwendig, daß ein
Steinmüller alle Gesteinssorten kennt. Die
Hauptsache ist, daß er nicht nur allein auf
eine an sich bewährte althergebrachte
Marke schwört, sondern ungefähr die
Grundzüge kennt, nach denen Zusammensetzung und Wahl der Steine erfolgen
muß.“ 9
1
R. Sacher Handbuch des Müllers und Mühlenbauers. Zugleich Anleitung für Gesellen- und Meisterprüfungen. Verlag Deutscher
Müller, Leipzig 1921.
2
Autorenkollektiv, Merck`s Warenlexikon, Leipzig, 1884, S. 21,
364.
3
Autorenkollektiv, Merck`s Warenlexikon, Leipzig, 1884, S. 21,
364.
4
Leo Hopf: Taschenbuch für Müllerei und Mühlenbau. Verlag Moritz Schäfer, Leipzig 1938, S. 250.
5
Autorenkollektiv, Merck`s Warenlexikon, Leipzig, 1884,
S. 21, 364.
6
Polytechnisches Journal, Band 226/Miscelle 4, S. 104-105,
1877.
7
Vgl. www.Heins-Muehle.de, Seitenaufruf vom 6. 11. 2012.
8
Vgl. www.Moulindebigonville.com, Seitenaufruf vom 6. 11. 212.
Neue Mahlsteine in Bad Essen
Karl-Heinz Modrei
E
ine Mühle die nachweisbar seit 1359
Getreide zu Schrot mahlt, ist natürlich
einer immer wiederkehrenden Reparatur
und Renovierung ausgesetzt. So auch
im Herbst 2011, als die „Freiwilligen Müller“ einen Termin beim Bürgermeister von
Bad Essen vereinbarten. Es galt Herrn
Harmeyer mitzuteilen, dass der Mahlgang
im Laufe der Zeit so weit runtergemahlen
war und der Läuferstein somit einen nicht
übersehbaren durchgängigen Riss bekom-
Auch um 1900 wurde repariert.
47
Beim Ausbau der Steine zeigte sich der ganze Schaden.
Der Katzenstein an seinem neuen Platz.
men hatte. Er wurde nur noch von den umlaufenden Eisenringen zusammengehalten. Auch hatte sich beim Bodenstein die
Mahlfläche komplett vom Beton gelöst. Es
war für alle einsehbar, dass dieser Zustand
nicht tragbar war, wenn in der Bad Essener
Wassermühle von April bis Oktober wie seit
1985 jeden Sonntagnachmittag gemahlen
werden sollte. Der Bürgermeister hatte
zwei offene Ohren für die „Freiwilligen Müller“ und vier Wochen später wurde in einer
Gemeinderatssitzung die Genehmigung
für die Anschaffung für zwei neue Mahlsteine erteilt. War die Wassermühle bisher
immer eine kleine Schrotmühle, wollte man
in Zukunft doch Mehl herstellen, schließlich
mahlen die Müller seit zwei Jahren für die
Bäckerei Brinkhege (Hilter), wo das Weizen-Vollkornmehl sinnvoll weiterverarbeitet
wird. Die Bäckerei backt z. B. regelmäßig
das Mühlenbrot, daß auch am Deutschen
Mühlentag, am Tag des Denkmals und auf
dem Historischen Markt in Bad Essen vom
Müller-Team verkauft wird. Es wurden also
Angebote eingeholt und den Zuschlag für
zwei neue Mahlsteine erhielten die Mühlen-
Erster Kontakt mit den neuen Steinen.
48
Manfred Schulpius, Rolf Wessel und die Firma Vaags
prüfen das erste Mahlgut. Kein schlechtes Bild sondern
viel Mehl in der Luft.
Fotos: Karl-Heinz Modrei
bauer Vaags aus Holland. Im Oktober war
es dann soweit. Es dauerte nur zwei Tage
und die Wassermühle mahlte feinstes Vollkornmehl. Zusätzlich zu den Mahlsteinen
wurde noch ein neuer Katzenstein für den
Außenbereich benötigt, da er während des
Sommers durchgebrochen war. Als Mahlsteine wählte man Steine aus der Eifel:
Mayener Basaltlava. Besonders beindruckend war der Einbau der einige hundert
Kilo schweren Steine. Die Mühlenbauer
Vaags haben professionell und zügig ganze Arbeit geleistet. Die „Freiwilligen Müller“
aus Bad Essen sehen nun zuversichtlich in
die Mahlsaison 2013.
Glück zu!
Ostmühle Gildehaus
nach Renovierung wieder „in Schuß"
Bernhard Tibbe
H
olz, das fünfundzwanzig Jahre den
Unbilden der Witterung ausgesetzt ist,
verlangt irgendwann nach einer Generalüberholung. Genau so lange war es her,
dass die „Ostmühle“ im Bad Bentheimer
Stadtteil Gildehaus nach mehr als dreißigjährigem Stillstand wieder in Betrieb
genommen werden konnte. Nachdem der
professionelle Mühlenbetrieb in den fünfziger Jahren aufgegeben wurde, hatte das
historische Bauwerk als „Industrieruine“
ein jämmerliches Bild abgegeben. Im Jahre 1984 entschloß sich der Landkreis Grafschaft Bentheim, die Windmühle von der
Familie van Delden (Gronau) zu erwerben.
In zweijähriger Bauzeit wurde sie restauriert und am 16. August 1986 dem Ver-
kehrs- und Verschönerungsverein Gildehaus voll funktionsfähig zum Betrieb durch
ausgebildete Freizeitmüller überlassen.
Im Laufe der Jahre 2009 und 2010 machten sich an den äußeren Bauteilen, wie
Stertbalken, kurze und lange Spruit und
den Schoren durch Witterungseinflüsse
erhebliche Schäden bemerkbar. Wie fachkundige Mühlenbauer feststellten, waren
Reparaturen in größerem Umfang notwendig, wenn das schöne Bauwerk funktionsfähig erhalten werden sollte. Nachdem die
niederländische Mühlenbaufirma „Groot
Wesseldijk“ aus Lochem einen Kosten-
Die Mühlenbauer in Aktion.
49
voranschlag erarbeitet und sich mit dem
Landkreis einig geworden war, konnte mit
den Arbeiten am 2. Mai 2011 begonnen
werden. Die Mühlenbauer Henk Nengerman und Gerben Horck lieferten hervorragende Arbeit ab.
Das Material für den neuen Stertbalken
(eine große Eiche) hatten die Gildehauser Freizeitmüller besorgt. Es handelte
sich um die Spende eines großzügigen
Sponsors. Während der sechswöchigen
Renovierungszeit herrschte zwischen den
Müllern und den Mühlenbauern eine hervorragende Stimmung. Schließlich sorgten
die Müller dafür, dass die gesamte Mühle
mit einem neuen Anstrich versehen wurde.
Pünktlich zum Deutschen Mühlentag
(Pfingstmontag 2011) waren die Renovierungsarbeiten beendet. Zur feierlichen
Übergabe und „Wieder“-Inbetriebnahme
der mittlerweile über 260 Jahre alten Ostmühle in Gildehaus hatte sich neben dem
Landrat des Landkreises Grafschaft Bentheim auch der Vorsitzende der „Vereinigung zur Erhaltung der Wind- und Wassermühlen in Niedersachsen und Bremen
e.V.“, Herr Rüdiger Heßling, eingefunden.
In einem kleinen Festakt würdigten die
Redner übereinstimmend das große Engagement des Landkreises, der sich diese Erhaltungsmaßnahme immerhin rund
50.000,-- € hatte kosten lassen. Landrat
Friedrich Kethorn bedankte sich bei den
insgesamt neun Müllern, die ihre Freizeit
50
Rüdiger Heßling während seiner Ansprache.
Die reparierte "Ostmühle Gildehaus" in neuem Glanz.
Jan Höötmann bedankt sich im Namen der Müller.
und ihre Arbeitskraft mit in diese Aktion
eingebracht hatten.
Dem persönlichen Einsatz eines Müllerkollegen war es zu verdanken, dass sich die
Grafschafter Volksbank mit einem Zuschuß
von 5.500,- € an den Gesamtkosten beteiligt hatte.
Die umfangreichen Renovierungsarbeiten
fanden schließlich im Jahre 2012 ihren
Abschluß, indem von den Müllern mit finanzieller Unterstützung des Landkreises
einiges für die Sicherheit in und an der
Mühle getan wurde. Mit dem Einbringen
von Feuerlöschern wurde der Brandschutz
verbessert. Eine mobile Absperrung sorgt
nun dafür, dass vor allem Kleinkinder sich
nicht in den Drehbereich der Flügel begeben können und damit die Müller während
ihrer Arbeit in den Flügeln gesichert sind,
wurde eine „Fallsicherung“ installiert.
Dank einer enormen Gemeinschaftsleistung des Landkreises Grafschaft Bent-
Landrat Kethorn während seiner Ansprache.
Fotos: Bernhard Tibbe
heim, der Mühlenbaufirma „Groot Wesseldijk“, der Grafschafter Volksbank, Helmut
Kamphuis (Eiche für den Stert), Friedhelm
Sandfort und Roland Beckmann (Transport
des hölzernen Baumaterials) dem Sägewerk „Vol Harding“ in Oldenzaal /NL (Zuschneiden des Stertbalkens) und des VVV
Gildehaus ist die Ostmühle Gildehaus von
März bis Oktober jeden Jahres wieder an
jedem Sonnabend für Interessenten zur
Besichtigung offen. Über ihren Einsatz
während der Bauphase hinaus steht die
inzwischen auf 10 Müller angewachsene
Mannschaft ganzjährig bereit, „ihre“ Mühle
zu unterhalten. Dass im Jahr durchschnittlich 2.000 Besucher sich die Funktion der
Ostmühle Gildehaus erklären lassen, ist
die höchste Anerkennung für die Arbeit
„Freiwilliger Müller“.
51
Korrektur des Nachrufs über
"Unsere Liebenburger Bockwindmühle"
Wilfried Hahn
I
n der Ausgabe Nummer 52 ist viel geschrieben und wie ich finde, gibt es
Anlass einiges richtig zu stellen: Ein berühmter Historiker sprach vor etwa 150
Jahren vom Nachplappern und von Zopfwicklern. Einige wenige unserer Mitglieder glauben immer noch an das, was in
den großen Mühlenbüchern steht. Einer
schreibt es vom Anderen - falsch – ab.
In meinen bisherigen Ausführungen über
die Historie dieser Mühle habe ich immer
eine vorläufige Historie geschrieben,
etwas anderes war nicht möglich.
Während der Aufräumarbeiten bekam
ich ein Holzteil vom Hausbaum und ließ
dieses Zwecks seiner Altersbestimmung
auf meine Kosten in Höhe von 120 EURO
dendrochronologisch begutachten. Meine Anfrage bei Herrn Becker wegen der
Beteiligung an den Kosten wurde lapidar
mit der Begründung: „Ich bezahle doch
nicht noch etwas für eine Mühle, die es
nicht mehr gibt!“ abgelehnt. Darum bin ich
doch sehr verwundert, dass meine vorläufige Lebensgeschichte der Liebenburger
Bockwindmühle “ohne Wenn und Aber“
von Rüdiger Hagen zur Veröffentlichung
gegeben wurde. Mit keinem Wort wurde
obendrein meine Beschaffung der Brandfotos von G-Z und Feuerwehr erwähnt.
Die Untersuchung zur Bestimmung des
Hausbaumalters ergab folgendes Ergebnis: Der letzte messbare Jahresring belegt
das Jahr 1822 und unter Hinzugeben von
45-50 Jahren für den Brandverlust plus
Splintholz fällt das Datum auf das Verarbeitungsjahr 1870. Das beweist einen Neubau
des Hedehändlers Heinrich Brandes (unehelicher Sohn des Mühlenmeisters Mahrenholtz, der den Betrieb der Mühle erst
möglich machte, weil Heinrich z. Zt. der
Antragstellung erst 20 Jahre alt war, 1871
52
den Bauantrag stellte und auch die Baugenehmigung für das Aufstellen der Bockwindmühle in Weddingen erhielt.
Die Vorgeschichte in Braunschweig und
Grauhof von Rüdiger Hagen entbehrt daher jeder Basis. Bauherr war der Herr Mahrenholtz, ein Nachkomme aus alter Mühlenbauer-Dynastie der Herzoglich-Braunschweigischen Cammer abstammend (u.
a. Ende 18. Jh. als Gutachter für die erste
Braunschweiger Horizontalwindmühle tätig, die als Flop endete). Die Mühle stand
“Auf dem Weingartenberge“, nördlich
der Ortschaft Weddingen, zwischen B 82
und K 19, (Abb. 1). Die amtliche Karte der
GDI-NI weist noch heute den ehemaligen
Mühlenstandort auf. Nach dem Ableben
seiner Eltern durfte Heinrich Brandes als
Heedehändler die Mühle nicht selbst betreiben und nachdem er die Mühle an den
Wassermüller Schrader in Immenrode verkauft hatte, verließ er Weddingen, mit unbekanntem Ziel. Im Weddinger Totenregister gibt es keinen Eintrag.
Entgegen dem Standort, den O. Thielemann fälschlich bei Pkt. 178,8 angab,
bekam die Bockwindmühle östlich Immenrode “Am Freien“ auf einem noch heute
sichtbaren kleinen Plateau rund 50 m nördlich der Straße K 24 (Abb. 2) gegenüber
des Hofes Schrader und nach Aussage
von Frau Schrader: „Mein Großvater erzählte mir immer, von hier aus konnte man
die Windmühle sehen.“ ihren neuen Standort. Diesen habe ich in einer Fotomontage
rekonstruiert(Abb. 3).
Die aus dem 17. Jahrhundert stammende,
zum Kloster Grauhof gehörende Bock-
windmühle, kam in der Säkularisierung in
Staats-Besitz. Das Kloster wurde der Domänenkammer unterstellt und dann 1812
wegen zu hoher Reparaturkosten, die vom
Königreich Westfalen aufgebracht werden
sollten, aus Kostenersparnisgründen kurzerhand abgerissen. Da die vorhandene
Wassermühle in den Sommermonaten wegen Trockenheit, in den Wintermonaten,
wenn die Gewässer stark zugefroren waren
nicht betrieben werden konnte, entschloss
sich der Oberamtmann vom Amt Liebenburg und derzeitige Domänenpächter Rubach im Jahre 1830 zur Anschaffung der
besagten Braunschweiger Bockwindmühle. Nach einer fast dreijährigen Einlagerzeit
in der Nähe des heutigen Gauhof-Brunnen-Betriebes wurde sie dann nach einem
langen Rechtsstreit mit dem Goslarer Magistrat, der eine starke Konkurrenz für die
im Radius von einer Meile vorhandenen 21
Mühlen (diese werden in der Akte benannt)
befürchtet hatte, endlich im Jahre 1833 in
Betrieb genommen. Im Unklaren ist noch,
was aus ihr geworden ist. Ich habe die Recherche mittlerweile eingestellt.
Die Entstehungsgeschichte der Braunschweiger Mühle vor dem Augusttor hinkt
ebenfalls. Ich werde sie in der nächsten
Ausgabe nach Akten des Staatsarchivs
schildern.
Quellenangaben:
• Kirchenbuch Weddingen,
• Staatsarchiv Wolfenbüttel,
• Karten Online GDI-NI,
• Alt-Karten der LGLN
53
Eine Mühlenführung zum Kaffee
Weser Kurier
D
as ist mal etwas ganz Neues. Einen
Gutschein für eine Führung in der Wallmühle Bremen bekommt jeder Interessierte
Besucher des Restaurants "Kaffeemühle".
Grund dieser außergewöhnlichen Aktion
ist die Renovierung der Bremer Wallmühle.
Bereits seit 4 Wochen hat die Mühle keine
Flügel mehr und die Windrose ist ebenfalls abmontiert. Schon im letzten Jahr
drehten sich die Flügel nicht mehr, man
hatte festgestellt das die Stabilität und somit die Sicherheit nicht mehr gegeben war.
Morsches Holz an den Flügeln und der
Windrose sind Grund für die aufwendige
Sanierung der 179 Jahre alten Windmühle. Besitzer der Mühle ist die Stadt Bremen
seit 1891, allerdings betrieben wird sie von
der Mühlenvereinigung NiedersachsenBremen seit 15 Jahren.
Allein ein Flügel (Metall und Holz) bringt
stattliche 700 kg auf die Waage. Für die
Firma Vaags mit ihrem ausgedientem Feuerwehrfahrzeug und einem Teleskopkran
kein Problem, das Gewicht sicher zur Erde
zubringen. Insgesamt sollen es rund 6 Tonnen gewesen sein, die von der Kappe Anfang November abgebaut wurden.
Während die Holzbauteile in Holland bei
der Firma Vaags überprüft und ausgebessert werden, bleiben die Metallelemente in
Bremen und werden ebenfalls überholt.
Außerdem soll die hölzerne Galerie das
Dach und die Mühlentechnik saniert werden. Rund eine viertel Million Euro wird die
Stadt Bremen aufwenden müssen, eine
sinnvolle Entscheidung.
Die bisherigen Abbaumaßnahmen kann
man im Internet unter "Wallmühle Bremen"
sehr gut verfolgen. Im nächsten Frühjahr
sollen die Flügel wieder drehen, und eine
Menge Gutscheine werden einzulösen
sein.
Das Flügelholz ist nicht mehr brauchbar.
Foto: R. Heßling
So wird sie wieder dastehen, im Frühjahr 2013.
Foto: Internet
54
Gesucht wird….
F
ür die Restaurierung der Motormühle in
Bramstedt (bei Bassum) wird eine funktionsfahige und möglichts gut erhaltene
Gebläse - Hammermühle der Reihe PRESIDENT (siehe Foto) gesucht. Sie soll in die
schon bestehende Futterschrotmühle mit
integriert und zu Demonstrationszwecken
mit und ohne Mahlgut betrieben werden.
Falls jemand eine solche Mühle abzugeben hat oder jemanden kennt, der sie gern
verkaufen möchte, melde sich bitte bei:
Florian Butt, Schümberg 27, 28857 Syke
Tel.: 04242-60476,
Mobil: 0162 8793192
Fax: 04242-5749334
oder per Mail: Bposeidon04@aol.com
Mühlenkalender
Ein Mühlenkalender der Liebenburger
Windmühle, herausgegeben von Ina Rostin,
der Tochter des verstorbenen Heimatfotografen Siegfried Rostin.
Von dem Verkaufspreis soll mit einem Anteil
von 2,00 € zur Verwendung für spätere Vorhaben zur Erinnerung an "Unsere Mühle" in
der Gemeinde beitragen.
VP: 12,00 € (incl. 2,00 € Spende)
plus 2,00 € Versand
Format: 12 Blatt DIN A4, Spiralbindung
Bestelladresse: lewemuehle@t-online.de,
Tel.: +49(0) 5346-912277, W. Hahn
55
Ein frohes Weihnachtsfest und ein
erfolgreiches Neues Jahr
wünscht Ihre
Mühlenvereinigung
Niedersachsen-Bremen
56