Gewalt als Folge von Sucht

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Gewalt als Folge von Sucht
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Gewalt als Folge von Sucht
Was kann präventiv getan werden?
Dr. Silke Pawils, Dipl.-Psych.
Dipl.-Psych. Franka Metzner
Universitätsklinik Hamburg-Eppendorf,
Institut und Poliklinik für Medizinische Psychologie
Hamburg, den 28.05.2015
Gliederung
1
Zusammenhang zwischen Sucht und Gewalt
2
Risikobewertung in der Suchthilfe
3
Was kann präventiv getan werden?
4
Diskussion in Kleingruppen
5
Zusammenfassung und Abschluss
2
Zusammenhang Sucht und Gewalt
Weltweite empirische Befundlage zum Zusammenhang
Analyse der sechs wichtigsten wissenschaftlichen Datenbanken
[Medline, Embase, BIOSIS, PsycINFO, Psyndex und Web of Science]
anhand von 55 kombinierten Synonymen für Eltern, Substanzmissbrauch
und Gewalt an Kindern
sowie Suche in Literaturübersichten und durch Kontaktieren von Autoren
Auswertung von N=3.679 englisch- und deutschsprachige Publikationen
Bewertung von Titel, Abstract und Volltexten anhand von
Einschlusskriterien durch zwei unabhängige Gutachter
Identifikation von n=115 empirische Studien zum
Zusammenhang Gewalt als Folge von Sucht
3
Zusammenhang Sucht und Gewalt
Metaanalyse zu dem
Zusammenhang zwischen Substanzmissbrauch von Eltern und Gewalt an
ihren Kindern
Auswahl der 115 Studien für die Metaanalyse nach 11 Kriterien
(Studiendesign mit Kontrollgruppen, ICD oder DSM-Klassifikation der
Diagnostik von Sucht und Gewalt, Alter der Kinder, Eltern als Süchtige
und Täter, usw.)
Kinder in Familien mit substanzmissbrauchenden Eltern(/-teilen) zeigen im
Vergleich zu Kindern ohne substanzmissbrauchende Eltern(teile) ein
erhöhtes Risiko, Opfer elterlicher Gewalt zu werden
Höhe des Risikos wird aktuell empirisch - metaanalytisch - berechnet…
4
[Datengrundlage: 18 Studien]
Zusammenhang Sucht und Gewalt
Systematische Literaturübersicht zu
Risiko- und Schutzfaktoren für Gewalt an ihren Kindern bei Eltern mit
problematischem Substanzkonsum
Auswahl der Studien für die Metaanalyse nach 12 Kriterien
(Studiendesign, Diagnostik von Sucht und Gewalt, Alter der Kinder,
Eltern als Süchtige und Täter, usw.)
Identifizierte Risiko- /Schutzfaktoren:
•
Elterliche Gewalterfahrungen,
•
1 vs. 2 Elternteile mit problematischem Substanzkonsum,
•
Substanzart,
•
Stärke der Abhängigkeit,
•
komorbide psychische Erkrankungen der Eltern
[Datengrundlage: 11 Studien]
5
Zusammenhang Sucht und Gewalt
Gewalterfahrung von Kindern in suchtbelasteten Familien:
Häufigkeiten deutschlandweit
ca. 2,65 Millionen Kinder von alkoholmissbrauchenden oder -abhängigen
Eltern/-teilen
etwa 60.000 Kinder mit einem opiatabhängigen Elternteil
30.000- 40.000 Kinder mit einer drogenabhängigen Mutter (Moesgen & Klein, 2010)
…
Etwa jedes fünfte Kind wächst in einer suchtbelasteten Familie auf und
hat ein erhöhtes Risiko der Gewalterfahrung (Zobel, 2005)
…ABER…
… nicht jedes Kind im Haushalt mit süchtigen Erwachsenen hat ein
gleichhohes Risiko und/oder erlebt Gewalt tatsächlich!
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Gliederung
1
Zusammenhang zwischen Sucht und Gewalt
2
Risikobewertung in der Suchthilfe
3
Was kann präventiv getan werden?
4
Diskussion in Kleingruppen
5
Zusammenfassung und Abschluss
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Risikobewertung in der Suchthilfe
Klärung der Frage: „Wer benötigt Unterstützung?“ = Risikobewertung
Suchtberatung sollte …
•
die Situation von Kindern (von KlientInnen) regelhaft ansprechen und
•
standardisierte Verfahrensweisen für die Einschätzung der Situation
der Kinder […] flächendeckend von den Trägern der Suchthilfe
anwenden.
[Mitteilung des Senats an die Bürgerschaft. Drogenfreie Kindheit und Jugend Konzept zur Prävention und
Frühintervention des Suchtmittelkonsums und -missbrauchs bei Kindern und Jugendlichen
(Drucksache 18/3422; S. 19). Hamburg: Bürgerschaft FHH 2005]
Risikobewertung in der Suchthilfe
Bundesweite repräsentative Einrichtungsbefragung zu Good-Practice
von N = 1.399 niedergelassenen Suchtberatungsstellen bundesweit
n= 392 zufällig ausgewählt und in 2014 schriftlich befragt
Teilnahme von n = 157 Einrichtungen (Rücklaufquote 40%)
Ergebnisse
90% der Einrichtungen sehen
Risikoeinschätzung für KWG als ihre
Aufgabe an;
10% der Rückmeldenden fühlen sich
eher nicht zuständig
Risikoeinschätzung wird vor allem
durch nicht-standardisiertes Erfragen
im freien Gespräch vorgenommen (66%)
9
Risikobewertung in der Suchthilfe
Analyse von übersendeten
Verfahrensabläufen von 13
Einrichtungen
Diskussion eines daraus
entwickelten Modellablaufs in
der virtuellen,
computergestützten
Fokusgruppe „CommSy
Raum“
Abstimmung in n=18
teilnehmenden ambulanten
Hamburger
Suchtberatungseinrichtungen
1
Risikobewertung in der Suchthilfe
Analyse deutschlandweit verwendeter Screening-Bögen
(n=24 der N=392 angeschriebenen Einrichtungen in 2014)
halbstrukturierte Bewertungsbögen in Form von Kurzscreenings zur
Gefährdungsabschätzung
75% aller Bögen enthielten demografische und soziale Risikofaktoren,
Items zu den Wohnverhältnissen, den Erziehungskompetenzen der
Eltern und dem Erscheinungsbild des Kindes
direkte Gefährdungsmomente, d.h. Vernachlässigung, physische und
seelische Misshandlung, sexueller Missbrauch und häusliche Gewalt
werden von 25% der Bögen direkt abgefragt
psychische Situation der Kinder bzw. Verhaltensauffälligkeiten kommen
in < 1% vor
(L. Christoff, 2014)
11
Risikobewertung in der Suchthilfe
Entwicklung eines
„Hamburger Belastungsbogen“
1. in 2014 durchgeführte
deutschlandweiten Befragung von
n=157 BeraterInnen
2. den Ergebnissen aus dem
Systematischen Literaturreview zu
suchtspezifischen Risikofaktoren für
Kindeswohlgefährdung
3. einer Vollbefragung Hamburger
Suchtberatungsstellen (n=49;
Rücklaufquote=35%) zur Praktikabilität
12
Screening in der Suchthilfe
Prüfung und Bewertung des Hamburger Belastungsbogens
Erste Praxistests:
im Januar 2015 allen Hamburger Beratungsstellen (n=49) für die
Erprobung und Bewertung zur Verfügung gestellt.
im April 2015 n=509 ambulante Suchtberatungsstellen in Deutschland
randomisiert ausgewählt, kontaktiert und um eine Bewertung
hinsichtlich der Praktikabilität des „Hamburger Belastungsbogens“
gebeten
Gliederung
1
Zusammenhang zwischen Sucht und Gewalt
2
Screening in der Suchthilfe
3
Was kann präventiv getan werden?
4
Diskussion in Kleingruppen
5
Zusammenfassung und Abschluss
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Was kann präventiv getan werden?
Gewaltprävention in der Suchthilfe
• Prozeßabläufe einrichtungsintern abstimmen
und festlegen
• standardisierte Risikobewertungen
routinemäßig durchführen
15
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Kontakt: s.pawils@uke.de
16
Literatur Metaanalyse (18 Studien)
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