Volltext - Qucosa

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Volltext - Qucosa
Ordnungsreduktion von elektrostatisch-mechanischen Finite
Elemente Modellen für die Mikrosystemtechnik
von der Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik
der Technischen Universität Chemnitz
genehmigte
Dissertation
zur Erlangung des akademischen Grades
Doktor-Ingenieur
(Dr.-Ing.)
vorgelegt
von Dipl.-Ing. Fouad Bennini
geboren am 15. März 1975 in Médéa (Algerien)
eingereicht am:
06. April 2004
Gutachter:
Prof. Dr.-Ing. W. Dötzel
Technische Universität Chemnitz
Prof. Dr.-Ing. M. Kasper
Technische Universität Hamburg-Harburg
Dr.-Ing. habil. P. Schwarz
Frauenhofer IIS Dresden
Tag der Verleihung: 04. Februar 2005
Bibliographische Beschreibung
Ordnungsreduktion von elektrostatisch-mechanischen Finite Elemente Modellen für die
Mikrosystemtechnik
Bennini, Fouad - 149 Seiten, 46 Abbildungen, 3 Tabellen, 64 Literaturstellen
Technische Universität Chemnitz
Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik
Dissertation, 2004
Stichworte
Ordnungsreduktion
Makromodellierung
modale Superposition
Krylov-Unterraum
Systemsimulation
Komponentensimulation
Formfunktion
Eigenvektor
Stress-Stiffening
Feldkopplung
Kurzreferat
In der vorliegenden Arbeit wird eine Prozedur zur Ordnungsreduktion von Finite Elemente
Modellen mikromechanischer Struktur mit elektrostatischem Wirkprinzip entwickelt und
analysiert. Hintergrund der Ordnungsreduktion ist eine Koordinatentransformation von
lokalen Finite Elemente Koordinaten in globale Koordinaten. Die globalen Koordinaten des
reduzierten Modells werden durch einige wenige Formfunktionen beschrieben. Damit wird
das Makromodell nicht mehr durch lokale Knotenverschiebungen beschrieben, sondern durch
globale Formfunktionen, welche die gesamte Deformation der Struktur beeinflussen. Es wird
gezeigt, dass Eigenvektoren der linearisierten mechanischen Struktur einfache und effiziente
Formfunktionen darstellen. Weiterhin kann diese Methode für bestimmte Nichtlinearitäten
und für verschiedene in Mikrosystemen auftretende Lasten angewendet werden. Das Ergebnis
sind Makromodelle, die über Klemmen in Systemsimulatoren eingebunden werden können,
die Genauigkeiten einer Finite Elemente Analyse erreichen und für Systemsimulationen
typische Laufzeitverhalten besitzen.
Pour mes Parents
Brigitte et Djamel-Eddine Bennini
5
Inhaltsverzeichnis
Formelzeichen und Abkürzungen
7
Vorwort
13
1 Einführung
15
2 Elektrostatisch-mechanische Feldkopplungen an Mikrostrukturen
21
2.1 Ursachen und Auswirkungen von Nichtlinearitäten in der Mikromechanik
22
2.2 Der Stress-Stiffening-Effekt
24
2.3 Beschreibung elektrostatischer Felder mit FEM
26
2.4 Analyse von elektrostatisch-mechanischen Wechselwirkungen
30
3 Verfahren zur Ordnungsreduktion von FE-Modellen
35
3.1 Matrixkondensationstechnik (Substrukturtechnik)
36
3.2 Approximation der Übertragungsfunktion eines Systems
39
3.3 Ordnungsreduktion auf der Basis einer Orthogonalprojektion von linearen Systemen
42
3.3.1 Aufbau einer Orthogonalbasis nach dem Arnoldi-Verfahren
44
3.3.2 Die modale Superpositionsmethode
47
3.3.3 Das Arnoldi-Verfahren gegenüber der modalen Superpositionsmethode
48
3.4 Ordnungsreduktion von nichtlinearen Systemen
4 Prozedur zur Ordnungsreduktion von elektrostatisch-mechanischen FE-Modellen
52
59
4.1 Bestimmung der modalen Freiheitsgrade des Makromodells
62
4.2 Analytische Formulierung der Formänderungsenergie und der Kapazitäten
66
4.2.1 Berechnung der Formänderungsenergie mittels FEM
68
6
Inhaltsverzeichnis
4.2.2 Berechnung der Kapazität mittels FEM
71
4.2.3 Ausgleichsrechnungen
73
4.3 Komponentensimulationen mit dem generierten Makromodell
79
4.3.1 Statische Analyse
79
4.3.2 Transiente Analyse
83
4.3.3 Linearisierte harmonische Analyse
88
4.4 Berücksichtigung von lokalen Knotenverschiebungen im Makromodell
90
4.5 Berücksichtigung der elektrischen Eigenschaften im Makromodell
92
4.6 Berücksichtigung von Beschleunigungslasten
95
4.7 Export des Makromodells in Systemsimulatoren
96
4.7.1 Beschreibung des Makromodells in Simulink
97
4.7.2 Beschreibung des Makromodells mit der Programmsprache VHDL-AMS
98
4.7.3 Beschreibung des Makromodells in PSpice
4.8 Alternativen zur Eigenschwingform als lineare Formfunktion
5 Anwendungsbeispiele
5.1 Mikromechanischer Torsionsspiegel mit elektrostatischem Wirkprinzip
100
103
107
107
5.1.1 Analyse und Simulation der Komponente
109
5.1.2 Simulation auf Systemebene mit Simulink
112
5.1.3 Simulation auf Systemebene mit PSpice
114
5.2 Mikromechanischer Vibrationssensor
115
6 Zusammenfassung und Ausblicke
119
Anhang A
123
Anhang B
130
Literaturverzeichnis
135
Verzeichnis der Abbildungen und Tabellen
141
Versicherung
145
Thesen
147
7
Formelzeichen und Abkürzungen
Lateinische Buchstaben
A
Fläche
a
Beschleunigung, Polynomkoeffizienten
B
Inzidenzmatrix
b
Polynomkoeffizienten, Breite eines Balkens
C
~
C
Kapazität, Matrix bei Systemen erster Ordnung
c
Polynomkoeffizienten
D
~
D
Dämpfungsmatrix
d
Dämpfungsmaß, Elektrodenabstand
d0
Elektrodenabstand bei Ausgangslage
dAP
Elektrodenabstand am Arbeitspunkt
E
Elastizitätsmodul, elektrische Feldstärke
Eb
Biegeenergie
Ed
Dehnungsenergie
Ekin
kinetische Energie
Emec
Formänderungsenergie
Epot
potentielle Energie
G
~
G
Matrix bei Systemen erster Ordnung
reduzierte Matrix bei Systemen erster Ordnung
reduzierte Dämpfungsmatrix
reduzierte Matrix bei Systemen erster Ordnung
F
~
F
Kraft
f
Funktion, Polynom
f0
Eigenfrequenz
reduzierter Lastvektor
8
Formelzeichen und Abkürzungen
F(s)
komplexe Kraft
Fa
äußere Kraft
FC
~
FD
elektrostatische Kraft berechnet durch Kapazitätsänderung
Fele
~
Fele
elektrostatische Kraft
modale Dämpfungskraft
modale elektrostatische Kraft
Fges
~
Fm
modale Trägheitskraft
FMX
elektrostatische Kraft berechnet nach dem Maxwellschen Spannungstensor
Fn
~
Fq
Normalkraft
modale Kraft
FR
Rückstellkraft
Fr
~
FR
Reaktionskraft
modale Rückstellkraft
FVW
elektrostatische Kraft berechnet nach dem Prinzip der virtuellen Arbeit
FW
elektrostatische Kraft berechnet durch Energieänderung
H
~
H
komplexe Übertragungsfunktion
I
elektrischer Strom, Flächenträgheitsmoment gegen Biegung, Einheitsmatrix
∆I
Zuwachs des elektrischen Stroms
in
Anzahl der Eingänge einer Baugruppe
K
~
K
Steifigkeitsmatrix
KK
Krylov-Unterraum
k
Federkonstante, Anzahl
kl
lineare Federkonstante
kss
Steifigkeitsanteil durch Stress-Stiffening
L
Balkenlänge, Federbandlänge
L
Inzidenzmatrix, Lagrange Funktion
M
~
M
Massenmatrix
reduzierte Massenmatrix
m
Masse, Anzahl, Index der Master-Knoten
Gesamtkraft
approximierte komplexe Übertragungsfunktion
reduzierte Steifigkeitsmatrix
9
N
Anzahl an Freiheitsgraden des Ausgangsmodells
n
Anzahl, Anzahl an Freiheitsgraden eines reduzierten Modells
nc
Anzahl der Kapazitäten im Makromodell
ne
Anzahl der Elektroden im Makromodell
Nq
Polynomordnung
out
Anzahl der Ausgänge einer Baugruppe
p
Anzahl der Polynomkoeffizienten
Pele
elektrostatische Kraftverteilung
Q
Ladung
q
Auslenkung eines reduzierten Systems
q
q~
modale Verschiebung
∆q
modaler Verschiebungszuwachs
R
Startvektor bzw. Startmatrix im Krylov-Unterraum
R
Residuum
∆R
Zuwachs des Residuums
s
komplexe Frequenz, Index der Slave-Knoten
∆s
Verkürzung eines Federbandes
s0
komplexer Entwicklungspunkt
S(Ω)
komplexe dynamische Steifigkeitsmatrix
SIM
Imaginäranteil der dynamischen Steifigkeitsmatrix
SRE
Realanteil der dynamischen Steifigkeitsmatrix
T
Periode
t
Zeit
u
Auslenkung
U(s)
Eingangsgröße als komplexer Zeiger
u(x)
Biegelinie
um
Auslenkung am Schwerpunkt einer seismischen Masse
upi
Auslenkung bei der Pull-In Spannung
V
elektrische Spannung, Volumen
v
Geschwindigkeit
VAC
Wechselspannung
VDC
Polarisationsspannung
Vpi
Pull-In Spannung
Gewicht einer Formfunktion
10
Formelzeichen und Abkürzungen
Vpo
Pull-Out Spannung
Vtune
Abstimmspannung
W
Energie
X
Momente eines linearen Systems
x
Koordinate, absolute Auslenkung
Y
Ausgangsgröße als komplexer Zeiger
y
Koordinate, absolute Auslenkung
z
Koordinate, absolute Auslenkung
Griechische Buchstaben
α,β
Dämpfungskonstanten nach Rayleigh
δ
Kronecker-Symbol
∆ (x)
Fehlerverteilung entlang der x-Achse
∆ (x,y)
Fehlerverteilung der xy-Fläche
ε
Nichtlinearitätskoeffizient, Permitivität
ϕ
Potential
∆ϕ
Potentialzuwachs
ρe
Raumladungsdichte
Φ
Projektionsmatrix bzw. Orthogonalbasis
φ
Formfunktion, Eigenvektor
ξ
Dämpfungsmaß
~
ξ
modales Dämpfungsmaß
λ
Lagrange Multiplikatoren
Ω
Erregerkreisfrequenz
ω
Kreisfrequenz
ω0
Eigenkreisfrequenz
Abkürzungen
ABM
Analogue Behavioural Modelling
AP
Arbeitspunkt
AWE
Asymptotic Waveform Evaluation
BEM
Boundary Element Method
11
DOF
Degree of Freedom
ENOR
Efficient Nodal Order Reduction
FDM
Finite Differenzen Methode
FE-
Finite Elemente
FEA
Finite Elemente Analyse
FEM
Finite Elemente Methode
i-AP
instabiler Arbeitspunkt
MIMO
Multiple Input Multiple Output
ROM
Reduced Order Modelling
s-AP
stabiler Arbeitspunkt
SISO
Single Input Single Output
13
Vorwort
Die vorliegende Dissertation entstand während meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher
Mitarbeiter an der Professur Mikrosystem- und Gerätetechnik der Technischen Universität
Chemnitz. Grundlage waren die Forschungsarbeiten zum Entwurf von mikromechanischen
Komponenten des DFG-Sonderforschungsbereiches SFB 379 „Mikromechanische Sensor- und
Aktorarrays“ sowie die Entwicklung von Methoden zur Ordnungsreduktion im BMBFVerbundprojekt „EKOSAS“.
Ich möchte allen Mitarbeitern der Professur Mikrosystem- und Gerätetechnik für die gute
Zusammenarbeit und die stets freundliche und unkomplizierte Arbeitsatmosphäre danken.
Insbesondere bedanke ich mich bei
-
Prof. Dr.-Ing. Wolfram Dötzel und Dr.-Ing. habil. Jan Mehner für die Betreuung der
Arbeit, für die Fachdiskussionen und Anregungen,
-
Prof. Dr.-Ing. Manfred Kasper und Dr.-Ing. habil. Peter Schwarz für die Übernahme
der Begutachtung,
-
Dipl.-Ing. Michael Schlegel für die Einführung in VHDL-AMS,
-
Dr.-Ing. Joachim Markert, Dr.-Ing. Detlef Billep, Dipl.-Ing. Marian Hanf und Dipl.Ing. Marco Dienel für Fachdiskussionen in verschiedenen Themenbereichen.
Nicht zuletzt gilt mein besonderer Dank meiner Frau Katja, die mit Geduld und Verständnis zum
Gelingen dieser Arbeit beitrug und mich von anderen Arbeiten entlastete.
16
1 Einführung
Abb. 1-1: Repräsentative Zusammensetzung eines komplexen Mikrosystems für Simulationen
auf Systemebene
Aus diesem Grund wurde in den letzten Jahren bei kommerziellen Anbietern von FESystemen
eine
verstärkte
Initiative
zur
Entwicklung
solcher
Werkzeuge
für
Mikrosystemanwendungen gestartet, z. B. ANSYS (SAS IP Inc.)1, CoventorWare (Coventor
Inc.)2, IntelliSuite (IntelliSense Software Corporation)3.
Für
den
virtuellen
Entwurf
und
die
Simulation
des
elektronischen
und
des
Umgebungsteilsystems gibt es eine große Auswahl an kommerziellen Simulatoren mit
umfassenden
Baugruppenbibliotheken.
Netzwerksimulatoren.
Man
Signalflusssimulatoren
unterscheidet
stellen
den
zwischen
höchsten
Signalfluss-
und
physikalischen
Abstraktionsgrad bei der Modellierung eines Systems dar. Das System wird durch
Funktionsblöcke mit rückwirkungsfreien Ein- und Ausgangsklemmen beschrieben. Solche
Simulatoren gehen bei der Modellierung von den in der Regelungstechnik üblichen
informationsflussorientierten Übertragungselementen aus. Weit verbreitet ist das Simulationswerkzeug Simulink (The MathWorks Inc.)4. Bei Netzwerksimulatoren bilden die Kirchhoffschen
1
http://www.ansys.com/ansys/mems/index.htm
2
http://www.coventor.com/coventorware/
3
http://www.intellisensesoftware.com/products.html
4
http://www.mathworks.com/
17
Regeln in ihrer allgemeinen Form die Grundlage zur Lösung der Systemgleichungen. Die
Baugruppen der Schaltungen werden durch Klemmen mit Fluss- (z. B. elektrischer Strom) und
mit Differenzgrößen (z. B. Potential) verbunden, welche Rückwirkungen erzeugen können. Die
meisten Netzwerksimulatoren basieren auf der ältesten und bekanntesten SPICE-Syntax. Die
Bedeutung der SPICE-Syntax liegt vor allem darin, dass die Hersteller von integrierten
Schaltungen zu ihren Hardwarekomponenten entsprechende SPICE-Modelle mitliefern. Unter
anderen ist das Simulationswerkzeug PSpice A/D (Cadence Design Systems Inc.)5 weit
verbreitet. Eine Weiterentwicklung der reinen Netzwerksimulatoren stellt die VHDL-AMSSprache dar. Sie unterstützt zusätzlich zur digitalen und analogen Hardwaresprache gemischte
Netzwerke. Unter gemischten Netzwerken versteht man sowohl die Kombination von analogen
mit digitalen Netzwerken als auch die Einbeziehung von mehreren verschiedenen physikalischen
Domänen. Damit sind VHDL-AMS Simulatoren sehr gut zur Simulation von Gesamtsystemen
geeignet. Unter anderem gehören ADVanceMS (Mentor Graphics Corp.)
6
zu dieser Kategorie
von Simulationswerkzeugen.
Am Ende einer genauen Analyse der mikromechanischen Komponente mit FEM stellt sich
die Frage: Wie kann man ein solches umfangsreiches und aufwendiges FE-Modell in einem
Systemsimulator anwenden, um das Gesamtsystemverhalten unter Berücksichtigung des
elektronischen und des Umgebungsteilsystems zu überprüfen und zu analysieren? Es gibt
prinzipiell zwei Ansätze. Die Online-Simulatorkopplung und die Ordnungsreduktion bzw. die
Makromodellierung. Online-Simulatorkopplungen werden in der Mikrosystemtechnik meist zur
Kopplung der mikromechanischen Komponente mit der zugehörigen Elektronik angewendet.
Zum Beispiel wurde in [Bil94] eine verteilte, sequentiell arbeitende Simulatorkopplung zwischen
dem Netzwerksimulator PSpice und dem FE-Programm ANSYS mit Hilfe der Übergabe
temporärer Datenfiles vorgestellt. Abgesehen vom hohen Implementierungsaufwand löst die
Simulatorkopplung auch nicht das Problem der sehr langen Rechenzeiten. Die Gründe dafür
liegen zum einen in der Größe der FE-Modelle von mikromechanischen Komponenten (meist
größer als 10000 Freiheitsgrade) und zum anderen in den Anforderungen an eine
Systemsimulation. So werden im allgemeinen bei einer dynamischen FE-Analyse ca. 10
Schwingzyklen für die Komponentensimulation benötigt und mehr als 1000 Schwingzyklen bei
einer Systemsimulation. Daher muss die Ordnung des FE-Modells stark reduziert werden
(Ordnungsreduktion) oder es muss ein anderer Weg zur Beschreibung der mikromechanischen
Komponente durch kompakte Modelle (Makromodellierung) gefunden werden. In einer groben
5
http://www.orcad.com/ (OrCad gehört jetzt zur Cadence Design Systems Inc.)
6
http://www.mentor.com/
18
1 Einführung
Definition ist es das Ziel einer Ordnungsreduktion, ein bestehendes Modell durch vereinfachte
mathematische Formulierungen zu ersetzen, in denen sich zumindest annähernd relevante
Aspekte der Originalbeschreibung widerspiegeln. Die notwendigen Parameter zur Beschreibung
des reduzierten Modells werden aus dem Ausgangsmodell abgeleitet. Darunter fallen solche
Verfahren wie die Matrixkondensation [Guy65], die modale Superposition [Bat90], der KrylovUnterraum [Fre99]. Bei der Makromodellierung dagegen wird direkt ein kompaktes Modell
mathematisch formuliert. Dazu zählen die analytischen Modelle, wo der Einfluss variabler
Koeffizienten auf das Modellverhalten symbolisch abgeleitet werden kann. Häufig fehlen jedoch
geeignete Lösungsmethoden, so dass für realitätsnahe Modelle selten eine analytische Lösung
existiert. In den meisten Fällen weicht man daher auf analytische Näherungslösungen aus oder
berücksichtigt
nur
lineares
Verhalten.
Eine
wesentlich
effizientere
Methode
zur
Makromodellierung ist die Aufteilung des kontinuierlichen Systems in mehr oder weniger
einfache mathematisch beschreibbare funktionelle Elemente, sogenannte konzentrierte Elemente.
Die Makromodelle werden oft durch Balkenelemente, die auf Biegung, Torsion, Zug und Druck
beansprucht werden können, sowie durch starre Körper und Plattenkondensatoren beschrieben.
Diese Elemente lassen sich auch in netzwerkfähige Komponenten überführen. Die einzelnen
konzentrierten Elemente sind meist parametrisierbar und werden oft durch einige wenige
Freiheitsgrade beschrieben, z. B. die Verschiebungen am Schwerpunkt eines starren Körpers
(siehe z. B. [Kle96] [Til96] [Sch96] [Lor99] [Sch01]).
Wesentlich bei der Ordnungsreduktion ist, dass man nicht an konforme Geometrien
gebunden ist. Werden Streufelder oder technologiebedingte Strukturabweichungen im FEModell bzw. im Ausgangsmodell berücksichtigt, so sind diese auch im reduzierten Modell
einbezogen. Eine sinnvolle Anwendung von solchen Fällen ist z. B. das Aufstellen eines
Kriteriums, wann eine mikromechanische Komponente als funktionstüchtig oder als defekt
klassifiziert wird. Im allgemeinen wird ein reduziertes Modell auch als Makromodell betrachtet.
Bis heute bilden die Ordnungsreduktion und die Makromodellierung mikromechanischer
Komponenten aktuelle Forschungsthemen, die verstärkt von mehrere Forschungseinrichtungen
entwickelt werden.
Ziel und Inhalt der vorliegenden Arbeit
Ziel dieser Arbeit ist die Entwicklung einer weitgehend automatischen Prozedur zur
Ordnungsreduktion
von
FE-Modellen,
die
eine
mikromechanische
Komponente
mit
elektrostatischem Wirkprinzip beschreiben. Das Makromodell wird in die Form einer akkuraten
Blackbox gebracht, um es über Klemmen in ein System einzubinden. Im Vordergrund steht
15
1 Einführung
Die rasanten Entwicklungen im Bereich der Mikrotechnologien haben eine stark wachsende
Nachfrage nach schnellen und genauen Entwurfswerkzeugen bewirkt. Die neuesten
Mikrosysteme, die als Sensoren oder Aktoren bereits eingesetzt werden, umfassen komplexe
geometrische Strukturen, verschiedene Wandlerprinzipien, fortgeschrittene elektronische
Schaltungen und digitale Signalverarbeitungsbaugruppen. Damit wird eine umfassende
Rechenleistung unabdingbar, um Komponentenverhalten detailliert zu erfassen, um die
Optimierung
der
Systemleistungen
und
um
wettbewerbsfähige
und
wirtschaftliche
Entwicklungen von Mikrosystemen zur ermöglichen. Wie anspruchsvoll der Entwurf von
Mikrosystemen werden kann, ist anhand eines Gesamtsystembeispiels Abb. 1-1 gezeigt.
Entsprechend dem Ablauf der einzelnen Entwurfsphasen [Kas00] [Bil99] wird das
Gesamtsystem in handhabbare Teilsysteme zerlegt. Sie werden zeitgleich entwickelt und
anschließend im Gesamtsystem wieder zusammengefügt. Häufig wird erst danach im Rahmen
einer Systemsimulation das Systemverhalten richtig beurteilt und auf Fehler geprüft.
In der vorliegenden Arbeit wird das elektromechanische Teilsystem als mikromechanische
Komponente betrachtet. Bewegliche mikromechanische Strukturen werden zur Umwandlung der
physikalischen Größen in elektrische Signale benötigt (Sensorwirkung) oder umgekehrt, zum
Antreiben der Struktur (Aktorwirkung). In beiden Fällen sind Wandlerprinzipien notwendig, um
die Energien zwischen den verschiedenen physikalischen Domänen zu transferieren. Sie müssen
in einem akkuraten Modell gemeinsam berücksichtigt werden. Aufgrund der starken
Wechselwirkungen verschiedener physikalischer Domänen auf die gleiche Komponente ist der
virtuelle Entwurf von mikromechanischen Komponenten schwierig [Sen97] [Sen98] [Meh01].
Die Finite Elemente Methode (FEM) hat sich weitgehend zur Analyse und zur Simulation von
mikromechanischen Komponenten durchgesetzt. Sie erlaubt eine sehr genaue Beschreibung der
Komponenten und der wichtigsten domänenübergreifenden Wechselwirkungen.
19
dabei die Entwicklung der theoretischen Methoden und Hilfsmittel, mit denen das Makromodell
schnell und effizient generiert wird. Das Makromodell muss anschließend Genauigkeiten
aufweisen, die denen der FE-Berechnungen gleichkommen, ohne die für Systemsimulationen
typischen Laufzeitverhalten nennenswert zu beeinträchtigen.
Die vorliegende Arbeit baut auf den Ergebnissen auf, die in [Gab00] und [Meh00b]
vorgestellt wurden. Die Schwerpunkte der neuen Entwicklungen liegen in der wesentlichen
Verkürzung der Generierungsphase des Makromodells, in der Berücksichtigung von diversen
Lasten sowie multiplen Elektroden und in der bidirektionalen Kopplung zwischen den
Knotenrandbedingungen des FE-Modells und den modalen Randbedingungen des reduzierten
Modells während der Makromodellanwendung. Weiterhin wurde das Verfahren auf
Schwachstellen geprüft und es wurden entsprechende Alternativen herangezogen. Durch diese
Entwicklungen wurde eine Grundlage geschaffen, um die Prozedur zur Ordnungsreduktion als
Werkzeug zur Behandlung der üblichen Problemstellungen beim Mikrosystementwurf zu
verwenden.
In Kapitel 2 werden die wesentlichen Einflüsse von Nichtlinearitäten aufgrund von StressStiffening und die Wirkung des elektrostatischen Feldes auf das Verhalten von
mikromechanischen Komponenten vorgestellt. Später muss das Makromodell diese Effekte
nachweisen
können.
elektrostatischen
Außerdem
Feldern
mit
werden
ANSYS
die
Möglichkeiten
untersucht,
vor
zur
allem die
Beschreibung
von
Berechnung
von
elektrostatischen Kräften, die das Bindeglied zwischen der mechanischen Struktur und dem
elektrostatischen Feld bilden. Kapitel 3 widmet sich den aktuell angewendeten Verfahren zur
Ordnungsreduktion. Es wird gezeigt, dass es im Gegensatz zur Ordnungsreduktion von linearen
Systemen bis heute keine abgeschlossenen und allgemeingültigen Verfahren für nichtlineare
Systeme gibt. Kapitel 4 geht auf die automatische Prozedur zur Ordnungsreduktion ein. Es
werden die angewandten theoretischen Methoden anhand eines zweiseitig eingespannten
Biegebalkens gezeigt und diskutiert. Zur Verifikation wird der Vergleich mit FE-Berechnungen
herangezogen. Kapitel 5 stellt zwei praxisrelevante Anwendungsbeispiele vor. Es wird gezeigt,
wie einfach und flexibel das entwickelte Verfahren zur Ordnungsreduktion angewendet werden
kann. Das Ergebnis sind genaue Makromodelle, die nicht nur zu Systemsimulationszwecken
eingesetzt werden können, sondern auch zur Analyse von elektrostatisch-mechanischen
Mikrostrukturen auf Komponenten- und Systemebene. Kapitel 6 fasst schließlich die Ergebnisse
der Arbeit zusammen und gibt Ausblicke bezüglich der weiteren Entwicklungen der Prozedur
der Ordnungsreduktion.
21
2 Elektrostatisch-mechanische Feldkopplungen an
Mikrostrukturen
Mikrostrukturen mit elektrostatischem Wirkprinzip werden in der Mikrosystemtechnik häufig
verwendet. Gründe dafür sind die gute Kompatibilität mit den Technologien der SiliziumTechnik
ohne
die
Notwendigkeit
weitere
Materialien
einzusetzen,
eine
geringe
Leistungsaufnahme und Temperaturempfindlichkeit sowie die Möglichkeit, die Sensor- und
Aktorwirkung im gleichen Feldraum anzuwenden. Das elektrostatische Feld beschreibt die
Schnittstelle zwischen der mechanischen Struktur und der Systemelektronik. So bewirkt
einerseits eine zeitliche Änderung des Elektrodenabstandes eine Änderung der Kapazität und
demzufolge der elektrischen Kennwerte (Ladungen, Strom, ...), andererseits führt eine angelegte
elektrische Spannung zu einer Kraftwirkung auf die Elektroden. Simulationen, in denen die
Wechselwirkungen von zwei oder mehreren physikalischen Domänen berücksichtigt werden,
sind als gekoppelte Feldanalysen eingestuft. Nach der Einteilung von Zienkiewicz [Zie84] wird
die elektrostatisch-mechanische Feldkopplung der Klasse zugeordnet, bei der die Teilprobleme
in verschiedenen Gebieten definiert sind (mechanische Struktur und elektrostatischer Feldraum)
und nur an ihren Grenzen bzw. Schnittstellen durch elektrostatische Kräfte an den Elektroden in
Wechselwirkung treten. Beide Domänen sind stets bidirektional gekoppelt, weil die
elektrostatischen Kräfte in den Grenzgebieten sowohl von der angelegten Spannung als auch von
den Elektrodenbewegungen abhängen.
Zur Lösung von gekoppelten Feldproblemen wird zwischen zwei Alternativverfahren
unterschieden, der gemeinsamen Lösung (Matrixkopplung) und der partitionierten Lösung
(Lastvektorkopplung). Bei der gemeinsamen Lösung werden alle Teilprobleme in einem
Rechenschritt gelöst. In FE-Systemen werden sogenannte Multifeldelemente eingesetzt, die
mehrere Felder und deren Wechselwirkungen auf der Basis von konstitutiven Gleichungen in
einem einheitlichen Elementansatz vereinen. Diese besitzen dadurch die Freiheitsgrade aller
Teilprobleme [Koh98] [Wac95]. Folglich wird ein hoher Speicherbedarf und ein hoher
22
2 Elektrostatisch-mechanische Feldkopplungen an Mikrostrukturen
Rechenzeitaufwand benötigt. Weiterhin hat sich in der Praxis gezeigt, dass die Implementierung
von Multifeldelementen sehr schwierig ist, vor allem bei 3D-Modellen. Dagegen werden bei der
Lastvektorkopplung die verschiedenen Felder getrennt diskretisiert. Die beschreibenden
Differentialgleichungen der einzelnen beteiligten Felder sind entkoppelt und die Lösung des
Gesamtsystems erfolgt iterativ. Nach jedem Iterationsschritt werden die aktualisierten
Lastvektoren in einem Feld berechnet und in der nachfolgenden Analyse in einem anderen
beteiligten
Teilproblem bzw.
Teilproblemen
berücksichtigt.
Eine
Aktualisierung
der
Feldraumgeometrie ist notfalls erforderlich. Für die elektrostatisch-mechanische Feldkopplung
scheint diese Variante günstig. Zuerst werden bei bekanntem Elektrodenpotential und für eine
gegebene Elektrodenanordnung durch eine elektrostatische Analyse die elektrostatischen Kräfte
an den Grenzflächen berechnet. Diese werden im Rahmen einer mechanischen Analyse benutzt,
um die Strukturdeformationen zu berechnen. Entsprechend der Strukturdeformation wird in
einem weiteren Schritt die Geometrie des Feldraums aktualisiert und in einer darauf folgenden
elektrostatischen Analyse berücksichtigt. Die sich daraus ergebende Iteration wird solange
fortgesetzt, bis die Strukturdeformation hinreichend klein wird [Meh00a]. Wesentlich für dieses
Verfahren ist, dass durch die getrennten Lösungen der beteiligten Felder mit verschiedenen
Simulatoren und mit verschiedenen kompatiblen Methoden (BEM/FDM) gearbeitet werden
kann.
Mikrostrukturen mit elektrostatischem Wirkprinzip stellen immer ein nichtlineares System
dar, weil mindestens die elektrostatischen Kräfte nichtlinear sind. In diesem Kapitel werden die
Grundlagen und die wichtigsten Eigenschaften der Wechselwirkungen von elektrostatischmechanischer Feldkopplung diskutiert.
2.1 Ursachen und Auswirkungen von Nichtlinearitäten in der
Mikromechanik
Die Ursachen eines nichtlinearen Verhaltens in der Mechanik werden hauptsächlich in
Werkstoff-Nichtlinearitäten
Nichtlinearitäten
werden
und
durch
geometrische
die
Nichtlinearitäten
nichtlineare
eingeteilt.
Werkstoff-
Spannungs-Dehnungs-Beziehung
der
angewendeten Materialien gekennzeichnet. Dazu gehören nichtlineare elastische Materialien
(irreversible Verformung), plastische Materialien (lastabhängige irreversible Verformung) und
viskose Materialien (zeitabhängige irreversible Verformung), die in der Mikrosystemtechnik
eher eine untergeordnete Rolle spielen. Unter geometrische Nichtlinearitäten werden signifikante
Änderungen der Geometrie, der Randbedingungen und auch der Lasten aufgrund von großen
Auslenkungen und Dehnungen eingeordnet. Typisch in der Mikromechanik sind der Stress-
2.1 Ursachen und Auswirkungen von Nichtlinearitäten in der Mikromechanik
23
Stiffening-Effekt und Kontaktprobleme [Lee98] [Ben00]. Weiterhin lassen sich in dieser Gruppe
auch ortsabhängige Kräfte wie elektrostatische Feldkräfte einordnen. Eine weitere Gruppe, die
sich nicht bei den oben genannten Nichtlinearitäten einordnen lässt und die für die
Mikromechanik von Bedeutung ist, sind nichtlinearen Dämpfungen. Diese werden durch die
Veränderung des umgebenden Fluids verursacht und sind vom Ortszustand und auch von der
Geschwindigkeit der Struktur abhängig [Meh98].
Gegenwärtig steht zur Behandlung linearer Systeme eine weitgehend abgeschlossene Theorie
zur Verfügung. Dies ist bei nichtlinearen Systemen nicht der Fall. Hier gibt es Lösungsansätze,
die nur für bestimmte Nichtlinearitäten und Applikationen gelten. In dieser Arbeit werden die
geometrischen Nichtlinearitäten betrachtet, die durch Stress-Stiffening und elektrostatische
Kräfte verursacht werden. Systeme mit solchen Nichtlinearitäten lassen sich bei harmonischen
Lasten durch folgende Differentialgleichung beschreiben:
2
u&& + 2dω 0 u& + ω 0 u + ε f (u ) = F cos(Ωt ) .
Gl. 2-1
Dabei beschreibt ε die Nichtlinearität und f(u) eine ortsabhängige nichtlineare Funktion. Am
Beispiel eines Duffing-Schwingers ist f(u) = u3 [Nay79]. Die Auswirkung der Nichtlinearitäten
im System nach Gl. 2-1 kann anhand der Resonanzkurve deutlich gezeigt werden. Bei einem
linearen System entsteht die Resonanz, wenn sich die Erregerfrequenz Ω nahe der Eigenfrequenz
ω0 befindet. Die Resonanzamplitude wird an dieser Stelle durch ein Amplitudenmaximum der
Resonanzkurve
bestimmt.
Nichtlinearitäten
können
dagegen
ein
Überkippen
des
Amplitudenganges im Resonanzbereich verursachen. In Abb. 2-1 links ist dieses Verhalten am
Beispiel eines Duffing-Schwingers skizziert. Im Vergleich zum linearen Fall (ε = 0) kippt die
Resonanzkurve bei weicheren Federn (ε < 0) zu niedrigeren Frequenzen und bei härteren Federn
zu höheren Frequenzen. Eine Erweichung der Feder könnte z. B. durch die Wirkung
elektrostatischer Felder (s. Abschnitt 2.4) oder z. B. durch eine Versteifung infolge von StressStiffening (s. Abschnitt 2.2) verursacht werden. Für bestimmte Frequenzen führt das Überkippen
des Amplitudenganges zu mehreren Gleichgewichtzuständen und damit zu Sprüngen und zur
Hystereseerscheinung in der Kurve.
Bei einem harmonisch angeregten linearen Oszillator mit Dämpfung hat die stationäre
Schwingung nach dem Abklingen des Einschwingvorgangs die gleiche Kreisfrequenz wie die
Anregung. Nichtlineare Oszillatoren verhalten sich oft anders [Kne95]. Ihre Schwingungen
können auch andere Kreisfrequenzen aufweisen als die der harmonischen Anregung. Von
subharmonischen Resonanzen spricht man, wenn die stationäre Antwort des Schwingers auf
einer Erregerfrequenz Ωe Schwingungen mit Frequenzen Ωe / n (n > 1 ganzzahlig) enthält. Von
24
2 Elektrostatisch-mechanische Feldkopplungen an Mikrostrukturen
superharmonischen Resonanzen spricht man, wenn sie Schwingungen mit Frequenzen nΩe
(n > 1 ganzzahlig) enthält (Abb. 2-1 rechts im Resonanzfall für n = 5).
Abb. 2-1: Auswirkungen von Nichtlinearitäten auf das Verhalten eines Schwingers in
Resonanz
Viele Mikrostrukturen werden absichtlich mit nichtlinearen Effekten entworfen, wobei eine
große Anzahl davon diese Effekte als Wandlerprinzip anwenden. Zum Beispiel wird bei
Sensoren, an denen äußere Lasten eine Deformation verursachten, die augenblickliche Änderung
der Steifigkeit oder der Resonanzfrequenz ausgewertet. Bei anderen Anwendungen wird durch
den Stress-Stiffening-Effekt oder auch durch das elektrostatische Feld die Steifigkeit des
Systems während des Betriebs verändert. Ein solches Vorgehen ist sehr gut geeignet, um
technologiebedingte geometrische Abweichungen zu kompensieren oder den Arbeitspunkt der
Mikrostruktur je nach Applikation einzustellen [Ada98] [Wib02] [Sch03a].
2.2 Der Stress-Stiffening-Effekt
Der Stress-Stiffening-Effekt beschreibt die Kopplung der out-of-plane Bewegung mit den
Querverschiebungen von dünnen Platten und Balken. Er entsteht dann, wenn der Gradient der
Formänderungsenergie infolge von Dehnungen vergleichbar groß zum Gradienten der
Formänderungsenergie infolge von Biegung wird. Er bewirkt vor allem bei dünnen Strukturen
2.2 Der Stress-Stiffening-Effekt
25
eine Änderung der Steifigkeit durch den inneren mechanischen Spannungszustand.
Zugspannungen bewirken eine Erhöhung der Steifigkeit, Druckspannungen eine Verminderung.
Diese können bei Mikrostrukturen durch technologiebedingte oder thermische Vorspannung
verursacht werden, aber auch durch die Deformation der Struktur selbst, wie es bei zweiseitig
eingespannten Strukturen der Fall ist. Abb. 2-2 zeigt eine bei mikromechanischen Strukturen
häufig benutzte Anordnung, um die Resonanzfrequenz durch Stress-Stiffening abzustimmen. Bei
Vernachlässigung der Masse der Federbänder nehmen sie während der Schwingung eine Sförmige Biegelinie an:
u ( x) =
Gl. 2-2
6 um  L x 2 x3 
− .

3 
L3  2
Bei moderater Auslenkung vom Massekörper um und einer vorgegebenen Zugkraft bzw.
Normalkraft Fn ändert sich die Form der Biegelinie nicht. Damit kann die Gesamtsteifigkeit
unter Einfluss der Normalkraft aus der Summe der Energien aufgrund der Verformungsarbeit
beider Federstränge und aufgrund der am Federende gegen die Normalkraft verrichteten Arbeit
berechnet werden. Die entsprechende Formänderungsenergie berechnet sich aus
E mec = Eb + E d =
Gl. 2-3
1
k l u m2 + Fn ∆s
2
mit
kl =
Gl. 2-4
L
∫
∆s = 2 ds =
Gl. 2-5
0
24 E I zz
,
L3
L
∫
0
2
2
6 um
du ( x)
.
dx =
dx
5L
Die Ableitung der Formänderungsenergie ist die Rückstellkraft der Struktur
Gl. 2-6
FR =
12 FN
dE mec
.
= k l u m + k ss u m , mit k ss =
5L
du m
Daraus berechnet sich die Eigenfrequenz für eine gegebene Normalkraft:
Gl. 2-7
f0 =
1
2π
k l + k ss
.
m
26
2 Elektrostatisch-mechanische Feldkopplungen an Mikrostrukturen
Abb. 2-2: Resonanzverschiebung eines Schwingers mit Normalkraft, verursacht durch Stress-
Stiffening (Federquerschnitt 2 × 20 µm2, E = 169 GPa)
Für komplexe Strukturen, in denen keine geschlossenen analytischen Formulierungen
möglich sind, wird auf numerische Verfahren zurückgegriffen. Bei der FEM wird der StressStiffening-Effekt über die Matrixmethode durch Zusatzterme in der Steifigkeitsmatrix
berücksichtigt [Prz68]. In ANSYS wird dieser Effekt durch das Kommando SSTIF,ON in die
Berechnung einbezogen.
2.3 Beschreibung elektrostatischer Felder mit FEM
Das elektrostatische Feld um die Elektroden wird vollständig durch die Poissonsche
Differentialgleichung beschrieben:
Gl. 2-8
div (ε grad (ϕ )) = ε
∂ 2ϕ
∂ 2ϕ
∂ 2ϕ
+ε
+ε
= ρe .
∂x 2
∂y 2
∂z 2
Wird diese Gleichung einmal gelöst, können alle Kennwerte des elektrostatischen Feldes
hergeleitet werden. Unter der Voraussetzung, dass keine Raumladungen vorhanden sind ρ e = 0 ,
und bei Spannungsrandbedingungen V können die wichtigsten elektrostatischen Kenngrößen für
ein zweidimensionale parallele Elektrodenanordnung
∂ 2ϕ ∂ 2ϕ
=
= 0 wie folgt berechnet
∂x 2 ∂y 2
werden:
-
Potential:
div(ε grad (ϕ )) = 0 ⇒ ϕ = a1 z + a2 =
-
elektrische Feldstärke:
E = grad (ϕ ) =
V
d
V
z
d
2.3 Beschreibung elektrostatischer Felder mit FEM
-
Eele =
elektrostatische Feldenergie:
27
∫
V
-
ε A
1
1
ε E 2 dV = V 2
2
2
d
Q = ∫ ε E dA = ε
Elektrodenladung:
A
V
A
d
ε A
Q
=
d
∆U
-
Kapazität:
C=
-
elektrostatische Kraft:
Fele =
ε A
1
1
ε E 2 dA = V 2
∫
2A
2
d2
Für Feldräume, die nicht vollständig durch Elektroden umgeben sind, ist zur Abbildung des
Streufeldes bei der FEM eine weiträumige Vernetzung des Modellraums notwendig.
Anderenfalls wird die Ausbreitung des dielektrischen Flusses verhindert, und damit werden
geringere Kapazitäten berechnet. Das Feldproblem wird näherungsweise in einem nicht allzu
kleinen, jedoch endlichen Gebiet beschrieben, an dessen Rändern mehr oder weniger geschätzte
Randbedingungen anzunehmen sind (z. B. ∂ϕ/∂s=0). Bei der Methode der Randelemente (BEM)
werden hingegen die flächenintegralen Formulierungen am Rande des Feldraumes benutzt, um
dessen Vernetzung zu vermeiden. Nachteilig wird diese Methode vor allem dann, wenn die
Elektrodenabstände im Verhältnis zur ihren Geometriemaßen klein sind. In diesem Fall ist trotz
fast homogener Felder zwischen den Elektroden eine hohe Netzdichte am Rand des Feldraums
erforderlich. Moderne Werkzeuge bieten die Möglichkeit einer Art Kombination beider
Methoden. Dabei wird das Feld um die Elektroden durch FEM und der Feldrand durch BEM
beschrieben. Diese Kombination scheint zur Zeit die günstigste Variante, um elektrostatischmechanische
Mikrosysteme
Äquipotentialflächen
für
korrekt
eine
zu
beschreiben.
freistehende
Elektrode
In
Abb. 2-3
über
einer
sind
u.
a.
die
flächendeckenden
Bodenelektrode im elektrostatischen Feld dargestellt. Das linke Bild beschreibt den Verlauf der
Äquipotentialflächen für reine FE-Modelle (Typ 1, 2 und 3), während das rechte Bild die
angesprochene Kombination der FEM und BEM (Typ 4 mit Far-Field Elementen) darstellt, die
offensichtlich das weitaus bessere Resultat liefert.
Die elektrostatischen Kräfte können durch ein Flächenintegral nach dem Maxwellschen
Spannungstensor (Gl. 2-9), durch ein Volumenintegral nach dem Prinzip der virtuellen Arbeit
(Gl. 2-10) oder einfacher über die Energie- (Gl. 2-11) bzw. Kapazitätsänderung (Gl. 2-12) bei
kleinen Elektrodenverschiebungen berechnet werden:
Gl. 2-9
r r
r
 r r r ε E2 n  r
 dA ,
FMX =  ε E E n −

2


∫ ( )
28
2 Elektrostatisch-mechanische Feldkopplungen an Mikrostrukturen
Gl. 2-10
Gl. 2-11
Gl. 2-12
FVW
r
r
 r ∂E ε ∂E 2
=  ε E r +
r
∂s 2 ∂s

∫
FE =
FC =

 dV ,


∆Eele
,
∆s
V 2 ∆C
.
2 ∆s
ANSYS bietet zur Beschreibung des elektrostatischen Feldraums die Elemente SOLID122
(Hexaeder) und SOLID123 (Tetraeder) an. Diese berechnen die elektrostatischen Kräfte nach
dem Maxwellschen Spannungstensor und werden häufig zur Analyse der elektrostatischmechanischen Feldkopplung verwendet, wobei die elektrostatischen Kräfte an den einzelnen
Knoten der Elektroden direkt auf die mechanische Struktur übertragen werden können. Über die
Magnetfeldanalogie können zusätzlich die elektrostatischen Kräfte nach dem Prinzip der
virtuellen Arbeit berechnet werden. SOLID5-Elemente sind Multifeldelemente und unterstützen
u. a. elektrostatische, magnetische und mechanische Felder. Die Ergebnisse der berechneten
elektrostatischen Kräfte für verschiedene Netzarten und Elementtypen sind in Abb. 2-3
dargestellt. Vergleicht man die drei ersten Modelltypen, so sind die Kapazität und die
elektrostatische Energie, abgesehen von der Netzdichte, unabhängig von der Vernetzungsart. Die
Maxwellschen Kräfte hingegen sind unmittelbar von der Vernetzungsart und der Geometrie der
Elektroden abhängig. Bei Volumen, die mit Ecken behaftet und an deren Seiten Maxwell-Flags
definiert sind, werden kleinere elektrostatische Kräfte berechnet, weil die Maxwellschen Kräfte
auf Flächenintegralen basieren und damit an Ecken nicht definiert sind. Elemente, die nicht
komplett mit einer Seite, sondern nur durch Eckknoten mit dem durch Maxwell-Flags
gekennzeichneten Raum verbunden sind, werden für die Kraftberechnung partiell ignoriert. Ein
solcher Fall tritt bei den Modellen vom Typ 1, 3 und 4 ein. Eine Aufbesserung des Netzes
verschafft man sich, indem die freistehende Elektrode kontinuierlich durch zusammenhängende
Elemente umhüllt wird (Modell Typ 2). Dagegen sind die Ergebnisse der nach dem Prinzip der
virtuellen Verschiebungen sowie der Kapazitätsänderung Fc und Energieänderung FE
berechneten elektrostatischen Kräfte relativ stabil. Sie werden allerdings nicht an Knoten
berechnet bzw. können nicht ohne weiteres als Knotenlasten dargestellt werden. Daher wird in
ANSYS die elektrostatisch-mechanische Feldkopplung ausschließlich durch Maxwellsche Kräfte
beschrieben. In Kapitel 4 sollen Makromodelle aus elektrostatisch-mechanischen FE-Modellen
generiert werden. Dabei werden die elektrostatischen Kräfte aus Kapazitätsfunktionen ermittelt.
Damit werden genauere Ergebnisse erwartet. Zur Verifikation der Genauigkeiten des
Makromodells wird jedoch das elektrostatische Feld im Ausgangsmodell nur an einer Seite der
2.3 Beschreibung elektrostatischer Felder mit FEM
29
Struktur - in Nutzrichtung - berücksichtigt, um die Fehler der Maxwellschen Kräfte an den
Strukturecken auszuschließen.
Abb. 2-3: Elektrostatische Kraftberechnung mit ANSYS
30
2 Elektrostatisch-mechanische Feldkopplungen an Mikrostrukturen
2.4 Analyse von elektrostatisch-mechanischen Wechselwirkungen
Ein wichtiges Kriterium zur Berechnung einer stationären Lage von elektromechanischen
Systemen ist die Gleichgewichtskraft bzw. die Gesamtkraft. Sie berechnet sich aus der Summe
der Federkraft, der elektrostatischen Kraft und - wenn vorhanden - der externen mechanischen
Kräfte (z. B. Gravitation). In Abb. 2-4 ist für zwei häufig verwendete Aktoranordnungen
(Einfach- und Differentialkondensator) der Verlauf der resultierenden Kraft Fges in Abhängigkeit
von der starren Lageänderung der Masse u dargestellt. Die resultierende Kraft treibt die Struktur
entweder in einen Gleichgewichtszustand oder in eine Endlage an der Bodenelektrode.
Gewöhnlich kommt es zu mehrfachen Gleichgewichtszuständen, die den Arbeitspunkt (AP) der
Struktur beschreiben. Dabei ist nur einer davon stabil (s-AP), die anderen sind instabil (i-AP).
Die instabilen Arbeitspunkte beschreiben, ob die Struktur bei einer kleinen Lageänderung an der
Bodenelektrode anschlägt (Schnappen) oder ob es zu einem stabilen Gleichgewicht kommt. Im
stabilen Arbeitspunkt hingegen wird die Struktur bei einer kleinen Lageänderung immer in die
Ausgangslage (s-AP) zurückgeführt. Die Lageänderung wird in der Praxis z. B. durch einen Stoß
verursacht. Daher muss beim Entwurf elektromechanischer Strukturen das gesamte System
betrachtet und die Anfangsbedingung für das zu lösende Problem sorgfältig gewählt werden. Ob
die Lösung stabil oder instabil ist, hängt vom Anstieg der resultierenden Kraft im Arbeitspunkt
ab:
dFges
du
dFges
du
< 0 ⇒ stabiles Gleichgewicht
> 0 ⇒ instabiles Gleichgewicht .
Der instabile Arbeitspunkt liefert sinnvolle Informationen zur Bestimmung der Hysterese der
Spannungs-Auslenkungskurve.
Die
Auslenkung
einer
beweglichen
Komponente
im
elektrostatischen Feld wird vorwiegend durch die Durchschlagsspannung im umgebenden Fluid
und die sogenannte Pull-In-Spannung Vpi begrenzt. In Abb. 2-5 ist die statische Kennlinie eines
Einfachkondensators zur Bestimmung der Hysteresekurve dargestellt. Die statische Kennlinie
wurde bei vorgegebener Polarisationsspannung jeweils für das stabile Gleichgewicht (stabiler
Ast) und das instabile Gleichgewicht (instabiler Ast) berechnet. Es entsteht eine parabelförmige
Kurve. Der Wendepunkt der Kurve beschreibt die Pull-In Spannung, bei der die bewegliche
Masse an den Anschlag schnappt und diese Position bei zunehmender Spannung weiterhin
beibehält. Wird die Spannung anschließend verringert, bleibt die bewegliche Masse so lange
anliegend, bis der instabile Ast erreicht wird. Dieser Schnittpunkt mit der Kurve beschreibt dann
den Rücksprung (Pull-Out) der Masse in den stabilen Ast.
2.4 Analyse von elektrostatisch-mechanischen Wechselwirkungen
31
Abb. 2-4: Stabile und instabile Gleichgewichtslage bei elektromechanischen Systemen
Abb. 2-5: Hysterese bei der statischen Kennlinie eines Einfachkondensators mit Anschlag
Die maximale Auslenkung upi und die entsprechende maximale Ansteuerspannung Vpi können
für den Einfachkondensator analytisch bestimmt werden. Dieser Fall tritt genau dann ein, wenn
das Minimum der resultierenden Kraft Fges die Abszisse gerade berührt, d. h. bei
Gl. 2-13, 2-14
Fges = 0 und
Damit ergibt sich folgendes Gleichungssystem:
∂Fges
∂u
=0 .
32
2 Elektrostatisch-mechanische Feldkopplungen an Mikrostrukturen

− k u pi = 0
2 (d − u pi )
d

 ⇒ u pi =
2
3
V pi ε A

−
=
k
0

(d − u pi )3

V pi ε A
2
2
Gl. 2-15, 2-16, 2-17
und V pi =
8k d
.
27 A
Damit kann jeder Einfachkondensator bis zu einem Drittel des Elektrodenabstandes ausgelenkt
werden. Die Pull-Out-Spannung lässt sich durch Einsetzen von u = d-a in Gl. 2-13 einfach
ableiten. Beachtenswert bei elektromechanischen Systemen ist die Wirkung des elektrostatischen
Feldes auf die Systemsteifigkeit. Durch die zwei ersten Glieder einer Taylorreihe kann die
auslenkungsabhängige elektrostatische Kraft am Arbeitspunkt dAP linearisiert werden:
Gl. 2-18
Fele (u ) =
V2 ε A
2 (d − u )
2
=
V2 ε A
2 d AP
2
+
V2 ε A
d AP
3
u
mit
u << d AP .
Höhere Glieder der Taylorreihe werden aufgrund von kleinen Auslenkungen vernachlässigt.
Daraus folgt die linearisierte dynamische Bewegungsgleichung

V 2 ε A 
V2 ε A
m u&& + d u& +  k −
u
=
,
3
2
d AP 
2 d AP

Gl. 2-19
mit
f0 =
Gl. 2-20

V 2 ε A 1
1
⋅ .
⋅  k −
3
2π 
d AP  m
Die Steifigkeit in Gl. 2-20 wird durch einen elektrostatischen Anteil ergänzt, der als
elektrostatische Steifigkeit bezeichnet wird. In diesem Fall verringert sich die gesamte Steifigkeit
des elektromechanischen Systems. Wird die Struktur mit einer Polarisationsspannung VDC
ausgelenkt und durch eine überlagerte Wechselspannung V (t ) = VDC + V AC ⋅ sin(ωt ) zum
Schwingen angeregt, so verringert sich die Eigenfrequenz auslenkungsabhängig bzw. abhängig
vom Gleichanteil der Spannung VDC. Abb. 2-6 links zeigt die Frequenzverschiebung, verursacht
durch die erweichende Wirkung des elektrostatischen Feldes. Die Frequenz sinkt kontinuierlich
mit steigender Polarisationsspannung, bis der Pull-In erreicht ist. Eine solche Analyse ist dann
möglich,
wenn
der
Wechselanteil
der
Spannung
wesentlich
kleiner
als
der
der
Polarisationsspannung ist (s. Abschnitt 4.3.3). Ähnliches Verhalten zeigt die durch
Rechteckspannungsfunktion angeregte Struktur (Abb. 2-6 rechts). In diesem Falle sind
Berechnungsverfahren der Wechselstromtechnik (komplexe Kennwerte) nicht anwendbar, weil
2.4 Analyse von elektrostatisch-mechanischen Wechselwirkungen
33
die elektrostatischen Kräfte spannungs- und auslenkungsabhängig sind. Im High-Signal-Bereich
der Ansteuerspannung ist die Schwingfrequenz der Struktur kleiner als im Low-Signal-Bereich.
Bei messtechnischer Ermittlung der Steifigkeit der Struktur aus der Schwingfrequenz muss daher
der Bereich im Low-Signal betrachtet werden, wo keine nichtlineare Wirkung des
elektrostatischen Feldes auftritt bzw. wenn die Spannung gleich Null ist.
Abb. 2-6: Nichtlineare Auswirkung des elektrostatischen Feldes auf ein Schwingsystem
35
3 Verfahren zur Ordnungsreduktion von FE-Modellen
Eine praktische Formulierung der Bewegungsgleichung eines FE-Modells in Form einer
Baugruppe mit Eingangs-Ausgangs-Größen ist:
Gl. 3-1
M⋅
d 2u
du
+ D⋅
+ K ⋅u = B ⋅F
2
dt
dt
y = LT ⋅ u
mit u ∈ ℜ N , F ∈ ℜ in , y ∈ ℜ out , M , D, K ∈ ℜ N × N , B ∈ ℜ N ×in und L ∈ ℜ N ×out . Dabei ist N die
Anzahl an Freiheitsgraden des FE-Modells, B und L sind die sogenannten Inzidenzmatrizen.
Deren Koeffizienten werden üblicherweise mit Einsen und Nullen gefüllt, können aber auch
Skalierungsfaktoren der Eingangs- bzw. der Ausgangsgrößen beinhalten. Die Inzidenzmatrix B
beschreibt, an welchen Knoten die Last F angreift, die an den Eingangsklemmen definiert wird.
Dabei stellt der Index in die Anzahl der Eingangsklemmen dar. Diese Klemmen werden bei der
Systemsimulation mit anderen Baugruppen verbunden. Die Inzidenzmatrix L beschreibt, welche
Knoten des Systems Beobachtungspunkte darstellen, wobei der Index out die Anzahl der
Ausgangsklemmen angibt. Für SISO-Systeme (Single Input Single Output) sind B und L
Vektoren, während sie bei MIMO-Systemen (Multiple Input Multiple Output) Matrizen bilden.
Zur Verdeutlichung ist in Abb. 3-1 das Beispiel eines N=5 Massen-Schwingsystems in Form
einer Baugruppe mit zwei Eingangs- und drei Ausgangsklemmen dargestellt. Die Eingänge
beschreiben die Kraftwirkung jeweils an den Knoten 1 und 4, bei den Ausgängen werden die
Ergebnisse der Auslenkungen an den Knoten 1, 3 und 4 dargestellt.
36
3 Verfahren zur Ordnungsreduktion von FE-Modellen
Abb. 3-1: Beschreibung eines diskreten Mehrmassen-Schwingsystems
in Form einer
Baugruppe mit Eingangs- und Ausgangsklemmen
In diesem Kapitel werden geeignete Verfahren zur Ordnungsreduktion von Systemen der
Form Gl. 3-1 untersucht. Das Ziel ist, Makromodelle der Form
Gl. 3-2
~ d 2 q ~ dq ~
~
+ D⋅
+ K ⋅q = B ⋅F
M⋅
2
dt
dt
~
y = LT ⋅ q
~ ~ ~
~
mit q ∈ ℜ n , M , D, K ∈ ℜ n×n und B ∈ ℜ n×in zu erreichen, wobei n<<N .
3.1 Matrixkondensationstechnik (Substrukturtechnik)
Die Substrukturtechnik, auch bekannt als Guyan-Verfahren [Guy65], beschreibt eine
statische Matrixkondensation, welche auf einem sukzessiven Eliminieren von Zeilen und Spalten
einer Matrix beruht. Die Vorgehensweise ist dabei ähnlich der eines Gleichungssystemlösers
(z. B. der Gaußschen Elimination), wobei die Gleichungen jedoch nicht vollständig aufgelöst
werden, sondern eine definierte Anzahl von Parametern, sogenannte Masterfreiheitsgrade,
erhalten bleiben. Die Masterfreiheitsgrade werden anschließend zur Beschreibung des
Makromodells benutzt. Im Falle eines linearen statischen Systems kann man die
Bewegungsgleichung wie folgt in zwei Gruppen aufteilen:
3.1 Matrixkondensationstechnik (Substrukturtechnik)
Gl. 3-3
 K mm
K ⋅u = B F ⇒ 
 K sm
37
K ms  u m   B m   F 
⋅
=
⋅
.
K ss   u s   B s   0 
Der Index m kennzeichnet die beibehaltenen Masterfreiheitsgrade, welche sich aus Knoten
zusammensetzen, wo die Last eingespeist wird, und weiteren internen Knoten, wo z. B. die
Ergebnisse dargestellt werden sollen. Der Index s kennzeichnet die zu eliminierenden
Slavefreiheitsgrade. Die reduzierte Systemmatrix und der zugehörige Lastvektor, die im
Makromodell implementiert werden, berechnen sich aus
Gl. 3-4
~
−1
K = K mm − K ms ⋅ [K ss ] ⋅ K sm ,
Gl. 3-5
~
B = Bm ,
mit
q = um
Gl. 3-6
und beschreiben damit das Ausgangssystem exakt. Die Anwendung der Matrixkondensation zur
Beschreibung von dynamischen Systemen ist problematisch, weil die dynamischen
Eigenschaften (Geschwindigkeit und Beschleunigung) der Slaveknoten bei der Kondensation
nicht berücksichtigt werden können. Dennoch ist bei einer ausreichend großen Anzahl von
flächendeckend verteilten Masterknoten eine gute Näherungslösung möglich [Guy65]. Die
reduzierte Steifigkeitsmatrix wird wie zuvor durch Gl. 3-4 berechnet, während die reduzierte
Massenmatrix und die reduzierte Dämpfungsmatrix wie folgt beschrieben werden:
Gl. 3-7
Gl. 3-8
~
−1
−1
M = M mm − K ms ⋅ [K ss ] ⋅ M sm − M ms ⋅ [K ss ] ⋅ K sm
+ K ms ⋅ [K ss ] ⋅ M ss ⋅ [K ss ] ⋅ K sm
−1
−1
~
−1
−1
D = D mm − K ms ⋅ [K ss ] ⋅ D sm − D ms ⋅ [K ss ] ⋅ K sm
+ K ms ⋅ [K ss ] ⋅ D ss ⋅ [K ss ] ⋅ K sm
−1
−1
.
Die Matrixkondensation ist nur für lineare Systeme gültig, da die reduzierten Matrizen für
Strukturen in Ruhelage bzw. im Arbeitspunkt ausgerechnet werden. Dieser Ansatz gehört zu den
Standardverfahren der FEM.
Bei der Berücksichtigung des elektrostatischen Feldes in der statischen Matrixkondensation
können die elektrostatischen Kräfte ausschließlich an den Masterknoten angelegt werden. Um
die elektrostatische Kraftverteilung, die sich während der mechanischen Deformation ändert,
genau auf die Struktur zu übertragen, ist eine entsprechend hohe Anzahl von Masterknoten
38
erforderlich.
3 Verfahren zur Ordnungsreduktion von FE-Modellen
Eine
effektive
Modellierung
elektrostatischer
Kräfte
kann
durch
auslenkungsabhängige Kapazitätsfunktionen beschrieben werden. In diesem Fall ist je
betrachteter Kapazität im Makromodell eine Funktion in Abhängigkeit der Masterfreiheitsgrade
erforderlich.
Hierfür
ist
eine
Ausgleichsrechnung
durch
Polynome
sinnvoll.
Die
Polynomkoeffizienten der jeweiligen Kapazitätsfunktion werden durch eine Serie von FESimulationen bestimmt. Dazu wird das mechanische Teilsystem an den vordefinierten
Masterknoten mit einer vorgegebenen Anzahl von linear unabhängigen Verschiebungsvektoren
stimuliert. Die Deformation der beweglichen Elektrode wird auf den elektrostatischen Feldraum
übertragen (Koordinatenupdate), um dann durch eine elektrostatische Analyse den momentanen
Kapazitätswert numerisch zu ermitteln. Die statische Bewegungsgleichung des Makromodells
wird wie folgt formuliert:
Gl. 3-9
~
 K 11
~
 K 21
 M
~
 K n1
~
K 12
~
K 22
M
~
K n2
L
L
O
L


~
K 1n   q1  
~    
K 2n  q2  
⋅
=
M  M 
~    
K nn  q n  


∑
∑
r
r
∑
r
Vr ∂C r (q1 , q 2 , L , q n ) 
⋅

∂q1
2

2
Vr ∂C r (q1 , q 2 , L , q n ) 
⋅
.
∂q 2
2


M
2
Vr ∂C r (q1 , q 2 , L , q n ) 

⋅
∂q n
2

2
Im Gegensatz zur exakten Lösung der statischen Matrixkondensation stellt Gl. 3-9 eine
Näherungslösung dar. Fehler entstehen bereits beim Koordinatenupdate zur Berechnung der
momentanen Kapazität. Diese ist unmittelbar abhängig von der Anzahl der Masterknoten, weil
die Struktur dort stimuliert wird. In Abb. 3-2 ist das Prinzip der Matrixkondensation eines
zweiseitig eingespannten Biegebalkens im elektrostatischen Feld dargestellt. Bei der statischen
Analyse mit dem generierten Makromodell beträgt der relative Fehler von Masterknoten q2 bei
50 V, 2 % im Vergleich zu der entsprechenden FE-Simulation. Aufgrund der erforderlichen
hohen Anzahl von Masterknoten bei dynamischen Analysen ist die Makromodellgenerierung mit
erheblichem Aufwand verbunden. Die Anzahl der Stützstellen und der Polynomkoeffizienten
steigt exponential mit der Anzahl der Masterfreiheitsgrade (s. Abschnitt 4.2). Dieses Verfahren
wird zur Zeit zur Generierung von Verhaltensmodellen linearer Mikrostrukturen benutzt (siehe
z. B. [Rei00]).
3.2 Approximation der Übertragungsfunktion eines Systems
39
Abb. 3-2: Prinzip der Matrixkondensation bei der Berücksichtigung des elektrostatischen
Feldes (Makromodell mit drei Masterfreiheitsgraden)
3.2 Approximation der Übertragungsfunktion eines Systems
Makromodelle können generiert werden, indem man das Verhältnis Eingang zu Ausgang,
sprich die Übertragungsfunktion des Originalsystems H, durch eine Ansatzfunktion explizit
approximiert. Da Übertragungsfunktionen durch mehrere Wendepunkte mit steilen Anstiegen
charakterisiert sind, werden als Ansatzfunktionen rationale Polynome der Form
Gl. 3-10
H (s) =
b0 + b1 s + L + bk −1 s k −1
,
1 + a1 s + L + a k s k
k = 1,2, L ,
bevorzugt. Dabei ist s die Laplace Variable bzw. komplexe Frequenz. Eine solche
Vorgehensweise ist als AWE-Methode (Asymptotic Waveform Evaluation) [Pil90] bekannt, die
in linearen Systemen der ersten Ordnung Anwendung findet. Dabei werden die ersten 2 × n
Momente des Systems benutzt, um die Koeffizienten bk und ak durch das Padé-Verfahren zu
bestimmen. Im Folgenden wird das Prinzip der AWE linearen Systems der zweiten Ordnung
benutzt. Die Laplace-Transformation von Gl. 3-1 ist
Gl. 3-11
(M s 2 + D s + K ) ⋅ U (s ) = B ⋅ F (s )
Y (s ) = LT ⋅ U (s )
.
40
3 Verfahren zur Ordnungsreduktion von FE-Modellen
Für eine Impulsantwort ( F (s ) = I ) kann man U(s) in eine Taylorreihe um einen
Entwicklungspunkt s0 zerlegen:
Gl. 3-12
(M s 2 + D s + K ) ⋅ (X 0 + (s − s0 ) ⋅ X 1 + (s − s0 )2 ⋅ X 2 + L) = B
2
Y (s ) = LT ⋅ (X 0 + (s − s 0 ) ⋅ X 1 + (s − s 0 ) ⋅ X 2 + L)
.
Durch Einsetzen von τ = s − s 0 folgt:
Gl. 3-13
(M (s
)
+ τ ) + D (s 0 + τ ) + K ⋅ ( X 0 + τ ⋅ X 1 + τ 2 ⋅ X 2 + L) = B
2
0
Y (s ) = L X 0 + τ ⋅ L X 1 + τ ⋅ L X 2 + L
T
T
2
,
T
wobei X k als Momente des Systems bezeichnet werden. Durch Koeffizientenvergleich im ersten
Teil der Gl. 3-13 werden die einzelnen Momente Xk durch die folgende Rekursionsbeziehung
von drei Termen berechnet:
X 0 = Kˆ −1 B
(
)
,
(− Dˆ X − M X )
X 1 = Kˆ −1 − Dˆ X 0
Gl. 3-14
X k = Kˆ −1
k −1
k −2
2
mit Kˆ = M s 0 + D s 0 + K und Dˆ = 2 M s 0 + D , wobei k=1,2,... . Betrachtet man nur SISO-
Systeme ( LT X k ∈ ℜ ) und approximiert die Übertragungsfunktion des Makromodells
~
~
H (s ) = Y (s ) / F (s ) mit F(s)=I durch die ersten n Momente, so entspricht H (s ) einer Taylorreihe
mit den Momenten als Taylorkoeffizienten. Eine bessere Approximation wird durch Anwendung
von rationalen Polynomen Gl. 3-15 erzielt (siehe Abb. 3-3). In einem ersten Schritt werden 2 × n
Momente berechnet. Danach werden gemäß Padé-Verfahren zunächst die Koeffizienten des
Nenners durch Lösen der Gl. 3-16 bestimmt und anschließend die vom Zähler nach Gl. 3-17
berechnet:
b + b τ + L + bn −1τ n −1
~
Gl. 3-15 H ( s 0 + τ ) = LT X 0 + LT X 1 τ + LT X 2 τ 2 + L + LT X 2 n −1 τ 2 n −1 = 0 1
1 + a1τ + L + a nτ n
Gl. 3-16
 LT X 0
 LT X
1

 LT X 2

 M
 LT X n −1
LT X 1
LT X 2
L
LT X 2
LT X 3
L
LT X 3
M
LT X 4
M
L
O
LT X n
LT X n +1 L
LT X n −1   a n 
 LT X n 
 LT X 



LT X n   a n −1 
n +1 

LT X n +1  ⋅ a n − 2  = −  LT X n + 2 


 

M
 M 
  M 
 LT X 2 n −1 
LT X 2 n − 2   a1 
3.2 Approximation der Übertragungsfunktion eines Systems
41
b0 = LT X 0
Gl. 3-17
b1 = LT X 1 + a1 LT X 0
.
M
bn −1 = LT X n −1 + a1 LT X n − 2 + L + a n −1 LT X 0
Im Falle von MIMO-Systemen ( LT X k ∈ ℜ out×in ) wird die Übertragungsfunktion je EingangsAusgangs-Paar approximiert und anschließend durch das Superpositionsprinzip in einer Matrix
zusammengestellt:
Gl. 3-18
~
~
 h1,1 (s ) L h1,in (s ) 


~
O
M .
H (s ) =  M
h~ (s ) L h~ (s )
out ,in
 out ,1

Der Rechenaufwand steigt mit der Anzahl an Klemmen quadratisch an. Außerdem ist die
Bestimmung der Padé-Koeffizienten durch die Momente des Systems an sich numerisch instabil.
Der Grund dafür liegt an der schlecht konditionierten Matrix auf der linken Seite von Gl. 3-16.
In [Feld95] wurde dies genauer untersucht und dabei gezeigt, dass es bei der expliziten
Approximation der Übertragungsfunktion durch das Padé-Verfahren zu einer Art von Sättigung
kommt. Genauer gesagt, wird für n ≥ 10 keine bessere Approximation der Übertragungsfunktion
erreicht, sondern es entstehen dafür eher Unstetigkeiten. In Abb. 3-3 ist die Gegenüberstellung
einer Übertragungsfunktion eines Systems mit dem Padé-Ansatz (n= 9) und mit der Taylorreihe
(n=18) für zwei verschiedene Entwicklungspunkte s0 veranschaulicht. Makromodelle können
mit dem expliziten Padé-Ansatz nur für Frequenzbereiche mit relativ niedriger Anzahl an Polund Nullstellen genau generiert werden. Dennoch ist ein solcher Ansatz für viele Applikationen
bei linearen mikromechanischen Komponenten gut geeignet.
Abb. 3-3: Explizite Approximation einer Übertragungsfunktion
42
3 Verfahren zur Ordnungsreduktion von FE-Modellen
3.3 Ordnungsreduktion auf der Basis einer Orthogonalprojektion von
linearen Systemen
Ein oft benutztes Verfahren zur Ordnungsreduktion von linearen Systemen ist die Projektion
von Gl. 3-1 in einen geeigneten niedrigen n-dimensionalen Unterraum. Dies wird durch eine
Projektionsmatrix Φ ∈ ℜ N×n mit n<<N erreicht, welche eine neue generalisierte Basis für die
Lösung des Ausgangssystems bildet:
Gl. 3-19
~ d 2 q ~ dq ~
~
M⋅
+ D⋅
+ K ⋅q = B ⋅F ,
dt 2
dt
~
~
~
~
~ ~ ~
mit M = Φ T MΦ , D = Φ T DΦ , K = Φ T KΦ und B = Φ T B . Dabei sind M , D , K ∈ ℜ n×n und
~
B ∈ ℜ n×in die neuen wesentlich kleineren Systemmatrizen, die das Ausgangssystem in der neuen
generalisierten Basis bzw. das Makromodell beschreiben. Aus physikalischer Sicht repräsentiert
jede Spalte der Projektionsmatrix Φ = [φ1 φ 2 L φ n ] jeweils einen Vektor, der einen
bestimmten Deformationszustand der gesamten Struktur beschreibt (Formfunktion). Dieser
Vektor wird durch einen Gewichtsfaktor q so skaliert, dass sich im Gleichgewicht ein minimaler
Fehler bei der Abbildung der Strukturdeformation ergibt. Demzufolge entspricht die neue
Variable bzw. der neue Freiheitsgrad des Makromodells dem Gewichtsfaktor q ∈ ℜ n . Bei
Projektionsmethoden wird der Deformationszustand der Struktur nicht mehr durch einzelne
Knotenverschiebungen ui (i=1,2,3,...,N) des FE-Modells beschrieben, sondern durch eine lineare
Kombination von n Vektoren φj (j=1,2,...,n) mit n<<N. Die Qualität der Lösung wird
entscheidend durch die Wahl der Vektoren bzw. der Formfunktionen beeinflusst. Die
Rücktransformation in die lokalen FE-Koordinaten erfolgt durch die Superposition der Vektoren
der generalisierten Basis:
Gl. 3-20
u (t , x, y, z ) ≈
n
∑ q (t ) ⋅ φ (x, y, z ) .
k
k
k =1
Ein solcher Ansatz ist auch als Galerkin-Ansatz bekannt. Die Projektionsmatrix Φ muss
orthogonal und nicht singulär sein, damit eine eindeutige Beziehung zwischen den
Knotenverschiebungen des FE-Modells u(t) und den Gewichtsfaktoren des Makromodells q(t)
hergestellt wird.
In Abb. 3-4 ist ein Beispiel der Approximation der statischen Biegelinie eines zweiseitig
eingespannten Biegestabes durch Formfunktionen illustriert. In der ersten Spalte (links) von
Abb. 3-4 wird die Biegelinie u(x) durch eine ähnliche Formfunktion approximiert.
3.3 Ordnungsreduktion auf der Basis einer Orthogonalprojektion von linearen Systemen
43
Abb. 3-4: Approximation eines Deformationszustandes für einen zweiseitig eingespannten
Biegestab durch Formfunktionen
Da u(x) eine ausgeprägte Wannenform besitzt, entsteht ein Fehler ∆(x)1, der sich aus der
Differenz der Biegelinie und der (den) angewendeten Formfunktion(en) ergibt:
Gl. 3-21
∆ ( x )n = u ( x ) −
n
∑q
k
⋅ φ k (x ) .
k =1
Dieser Fehler zeigt die fehlende Formfunktion, um die Biegelinie exakt abzubilden. In der
zweiten Spalte von Abb. 3-4 wurde eine zusätzliche Formfunktion gewählt, die ungefähr den
Fehler ∆(x)1 beschreibt und damit den Fehler reduziert (∆(x)2). Es wird weiter so vorgegangen,
bis ein minimaler Fehler entsteht bzw. bis die exakte Biegelinie wieder abgebildet wird. Es bleibt
das Problem zu lösen, wie man akkurate Formfunktionen für komplizierte Strukturen mit
beliebigen Lasten findet bzw. aus dem Ausgangsmodell selbst extrahiert. Im Folgenden werden
zwei effiziente Verfahren zur Generierung von Makromodellen aus linearen Systemen auf der
Basis der Projektionsmethode diskutiert.
44
3 Verfahren zur Ordnungsreduktion von FE-Modellen
3.3.1
Aufbau einer Orthogonalbasis nach dem Arnoldi-Verfahren
Auf dem Gebiet der elektrischen Netzwerkanalyse kommt dem Krylov-Unterraum zur
Makromodellgenerierung aus linearen Systemen der ersten Ordnung eine große Bedeutung zu
[Fel99]. Die Übertragungsfunktion eines linearen Systems erster Ordnung der Form
C
Gl. 3-22
dx(t )
+ G x(t ) = B F (t )
dt
y (t ) = L T x(t )
ist
H (s) =
Gl. 3-23
Y (s)
−1
= L T (G + s C ) B .
F ( s)
Die Momente X des Systems werden aus einer Taylorreihenentwicklung um s0 berechnet:
Gl. 3-24
H (s ) =
k
∞
∑ (s − s ) X
0
= L T (G + s 0 C + (s − s 0 )C ) B
−1
k
k =1
= L T (I + (s − s 0 ) A) R
−1
mit
A = (G + s 0 C ) C
−1
Gl. 3-25
R = (G + s 0 C ) B .
−1
X k = L T Ak R
Dabei ist I die Einheitsmatrix. Der Krylov-Unterraum ist für einen gegebenen Startvektor
R ∈ ℜ N bei SISO-Systemen bzw. Startmatrix bei MIMO-Systemen R ∈ ℜ N ×in definiert als
Gl. 3-26
K k ( A, R ) = span{R, A R, A 2 R,L , A k −1 R}.
Die Orthonormalbasis Φ = [φ 1 φ 2 ... φ n] mit Φ ∈ ℜ N×n zur Generierung von Makromodellen
wird z. B. durch das Lanczos-Verfahren [Feld95] oder das Arnoldi-Verfahren [Silv96] aus den
ersten n linear unabhängigen Spalten des Krylov-Unterraums aufgebaut. Am Beispiel des
Arnoldi-Verfahrens wird der Vektor φ k+1 der Orthonormalbasis mit A multipliziert und
anschließend mit den vorherigen Vektoren φ k orthogonalisiert.
Bei MIMO-Systemen, wo R=[r 1 r 2 ... r in] eine Matrix von in Spalten (in > 1) und N Zeilen
bildet, werden die Vektoren der Orthonormalbasis blockweise berechnet, d.h. zu jedem
3.3 Ordnungsreduktion auf der Basis einer Orthogonalprojektion von linearen Systemen
45
Startvektor r in wird ein Vektor φ in berechnet und anschließend zur Berechnung weiterer
Vektoren in die nächste Spalte des Krylov-Unterraums vorgerückt. Um nur linear unabhängige
Vektoren in der Orthonormalbasis zu berücksichtigen, wird eine Deflation vorgenommen. Mit
Deflation ist gemeint, dass linear abhängige Vektoren φ, die z. B. von der Startmatrix R
entstehen, aus der Orthonormalbasis gelöscht werden (exakte Deflation). In der Praxis werden
auch Vektoren gelöscht, die fast linear abhängig sind (inexakte Deflation), indem man eine
Toleranz DTol einführt. Es gibt jedoch kein festes Kriterium für diese Toleranz (in der Regel ist
0<DTol<<1):
BLOCK-ARNOLDI-ALGORITHMUS:
INPUT: A, R=[r1 r2 ... rin], n, DTol
OUTPUT: Orthonormalbasis Φ
1). (Initialisierung)
φˆ = [r1 r2 L rin ]
p=in
neu=0
FOR d=1 ... n DO (Schritt 2 bis 5)
2). (Deflation)
deflate= φˆd
IF deflate < Dtol Æ
p=p-1
IF p=0 Æ d=d-1, STOP
FOR k=d ... d+p-1, SET φˆk = φˆk +1
GOTO Schritt 2)
3). (Normierung von φn)
neu=neu+1
φˆ
φ neu = d
φˆ
d
4). (Orthogonalisierung der φˆ Vektoren gemäß φn)
T
FOR k=d+1 ... d+p-1, SET φˆk = φˆk − φ neu ⋅ φ neu ⋅ φˆk
5). (Vorrücken im Block-Krylov-Unterraum zur Berechnung des nächsten Vektors)
φˆneu + p = A ⋅ φ neu
T
FOR k=1 ... d, SET φˆneu + p = φˆneu + p − φ k ⋅ φ k ⋅ φˆneu + p
46
3 Verfahren zur Ordnungsreduktion von FE-Modellen
Das Makromodell wird durch die Projektionsmatrix Φ ∈ ℜ N ×n analog zur Gl. 3-19 reduziert:
~ dq (t ) ~
~
C
+ G q (t ) = B f (t )
dt
x ≈ Φ⋅q
Gl. 3-27
y = LT x
~
~
~ ~
~
~
mit C = Φ T C Φ , G = Φ T G Φ und B = Φ T B , wobei C , G ∈ ℜ n×n , B ∈ ℜ n×in , und q ∈ ℜ n .
Systeme der zweiten Ordnung können nicht direkt durch den Krylov-Unterraum beschrieben
werden. Das liegt daran, dass das Systemverhalten nicht in einer Matrix zusammengefasst
werden kann, wie es bei Systemen der ersten Ordnung durch die Matrix A (Gl. 3-25) der Fall ist.
Systeme der zweiten Ordnung Gl. 3-1 können jedoch auf verschiedene Art und Weise in ein
äquivalentes System erster Ordnung Gl. 3-22 umgewandelt werden, z. B., indem man
D
u 
x =  , C = 
M
u& 
M
K
, G=

0
0
0 
B
 L
, B =  , L =  ,

−M
0
0
einsetzt. Durch diese Umwandlung kann das Arnoldi Verfahren angewendet werden, um ein
reduziertes System zu generieren. Allerdings ergeben sich dabei eine Reihe von Nachteilen:
1. Verdopplung der Dimensionen der Matrizen und Vektoren
2. Schlecht konditionierte Matrix G und Vektor x: die Einträge von M und K in G sowie die
Einträge der Auslenkung u und der Geschwindigkeit u& in x unterscheiden sich um
Größenordnungen, wodurch die zusammengesetzten Matrizen schlecht ausbalanciert
bzw. konditioniert sind
3. Bei Strukturanalysen und Simulationen ist es oft wünschenswert, dass das reduzierte
System die zweite Ordnung beibehält.
In [Su91] wurde ein modifiziertes Arnoldi-Verfahren zur Reduzierung von Systemen zweiter
Ordnung auf der Basis des Krylov-Unterraums aufgestellt, um den Aufbau der Orthonormalbasis
Φ mit den schlecht konditionierten Matrizen zu vermeiden. Die Vektoren von Φ werden in zwei
getrennte Portionen geteilt:
Gl. 3-28
φ u 
φ n =  nv  .
φ n 
Dabei beschreibt φ nu den Auslenkungsanteil und φ nv den Geschwindigkeitsanteil. Bei der
Berechnung eines neuen Vektors φ neu + p = A ⋅ φ neu (Block-Arnoldi-Algorithmus: Schritt 5) erhält
man für s0=0:
3.3 Ordnungsreduktion auf der Basis einer Orthogonalprojektion von linearen Systemen
φ neu + p
Gl. 3-29
u
φ neu
φ u   K
+p 
=  v  = A ⋅  neu  = 
v
φ neu   0
φ neu + p 
− K
=

Bemerkenswert
ist,
dass
der
−1
u
M  φ neu

⋅


v 
0  φ neu

0  D
⋅
− M   M
−1
Dφ
u
neu
−K
−1
Mφ
u
φ neu
Geschwindigkeitsanteil
des
v
neu
47
.



Vektors
v
φ neu
+p
und
der
u
gleich sind. Damit ergibt sich
Auslenkungsanteil des Vektors φ neu
−1 D φ u − K −1 M φ u
u
φ neu
+ p = −K
neu
neu −1 .
Gl. 3-30
Das bedeutet, dass nur der Auslenkungsanteil benötigt wird, um die Vektoren der
Orthonormalbasis Φ = [φ1u
u ] aus dem Krylov-Unterraum aufzubauen. Damit ist es
φ 2u L φ neu
möglich, Systeme zweiter Ordnung direkt in die neue Basis Φ zu projizieren.
In einer allgemeineren Form führt diese Aufteilung der Vektoren zum ENOR-Verfahren
(Efficient Nodal Order Reduction) [She99]. Dabei werden direkt die Momente des
Ausgangssystems benutzt, um die Orthonormalbasis Φ aufzubauen. In [Rei02] und [Bas03]
wurde dieses Verfahren auf Systeme der zweiten Ordnung angewendet, indem die Momente der
Gl. 3-14 herangezogen werden.
Aus n Momenten Gl. 3-14 eines linearen Systems der zweiten Ordnung wird die
Orthonormalbasis
Φ = orth{X 0 X 1 L X m −1 }
Gl. 3-31
mit dem Block-Arnoldi-Algorithmus aufgebaut, indem in Schritt 5 die Gleichung φˆist + p = A ⋅ φˆist
durch
(
)
(− Dˆ φˆ − M φˆ )
IF neu ≤ p Æ φˆneu + p = Kˆ −1 − Dˆ φˆneu
ELSE
Æ φˆneu + p = Kˆ −1
neu
neu − p
ersetzt wird. Anstelle der Matrix A werden K̂ und D̂ im Algorithmus vorgegeben.
3.3.2 Die modale Superpositionsmethode
Bei der modalen Superpositionsmethode wird das lineare System Gl. 3-1 in die modale
generalisierte Basis projiziert. Die Projektionsmatrix Φ wird aus den m ersten berechneten
Eigenvektoren des Systems aufgebaut, welche per Definition bereits orthogonal zueinander sind.
48
3 Verfahren zur Ordnungsreduktion von FE-Modellen
Die modale Superpositionsmethode gehört zu den Standardmethoden der FEM. Das
ursprüngliche Ziel dieser Methode ist es, eine schnelle und effektive Lösung eines linearen
Gleichungssystems zu erreichen, indem das ursprüngliche System gekoppelter Gleichungen in
einfachen entkoppelten Gleichungen ausgedrückt wird [Bath90]. Die Ordnungsreduktion des
linearen Systems erfolgt durch die Berücksichtigung von einigen n Eigenvektoren.
Aus dem generalisierten Eigenwertproblem
Gl. 3-32
K ⋅φ = ω0 ⋅ M ⋅φ
2
werden zunächst n Eigenkreisfrequenzen ω0 und Eigenvektoren φ bestimmt. Die letzteren
werden bezüglich der Masse M orthonormalisiert, d.h. es gilt:
Gl. 3-33
φ Tj M φ i = δ ij ,

i, j = 1,2,..., m .
2
φ Tj K φ i = ω 0 i ⋅ δ ij 
Dabei ist δij das Kronecker-Symbol. Die Dämpfungseigenschaften können über die konstanten
modalen Dämpfungsmaße gemäß Gl. 3-34 oder über Rayleigh-Dämpfung (D = α M + β K)
gemäß Gl. 3-35 berücksichtigt werden:
Gl. 3-34
φ Tj D φ i = 2ξ i ⋅ ω 0 i ⋅ δ ij
Gl. 3-35
φ Tj D φ i = α + β ⋅ ω 0 i 2 ⋅ δ ij .
(
)
~ ~
~
Damit sind M , D und K des reduzierten Systems Gl. 3-19 diagonale Matrizen mit den
~
~
~
2
Einträgen M n ,n = 1 , Dn ,n = 2ξ nω 0 n und K n ,n = ω 0 n . Die Lastgrößen in der generalisierten Basis
berechnen sich aus
Gl. 3-36
~
Fi =
∑φ
T
i
BF .
a
3.3.3 Das Arnoldi-Verfahren gegenüber der modalen Superpositionsmethode
Der Aufbau einer Orthonormalbasis nach dem Arnoldi-Verfahren ist bis heute die einfachste
und effizienteste Variante zur Generierung von Makromodellen linearer Systeme. Ein Problem
ist, dass das Verfahren die Systemmatrizen des FE-Modells benötigt, welche von den meisten
kommerziellen FE-Programme nicht ausgegeben bzw. nicht unterstützt werden. Mit ANSYS
besteht jedoch die Möglichkeit über die Substrukturtechnik die Matrizen zumindest in der
Ausgabedatei zur editieren wobei, z. B. alle Knoten als Masterknoten gesetzt werden können.
3.3 Ordnungsreduktion auf der Basis einer Orthogonalprojektion von linearen Systemen
49
Anschließend muss diese Datei durch eine vom Nutzer aufgebaute Routine sortiert und gefiltert
werden, um schließlich die Systemmatrizen auszugeben.
Die
Leistungsfähigkeit
des
Arnoldi-Verfahrens
liegt
in
der
freien
Wahl
des
Entwicklungspunktes s0. Bei SISO-Systemen bildet der erste Vektor der Orthonormalbasis für
s0=0 dessen exakte statische Lösung. In den anderen Vektoren werden die dynamischen
Eigenschaften berücksichtigt. Größere Werte von s0 unterstützen die Anpassung der Vektoren
für höhere Frequenzen, wodurch eine bessere Approximation des Systems im Frequenz- und im
Zeitbereich erreicht wird. Eine Kombination von Vektoren, die für s0 =0 und für s0>0 berechnet
werden, ist möglich, wobei die linearen abhängigen Vektoren eliminiert werden sollen
(Deflation). Dies gilt auch für MIMO-Systeme mit dem Unterschied, dass nach wie vor der erste
Vektor vom Startblock R für s0 =0 die exakte statische Lösung des Systems bei einer Last
beschreibt, die nur an der ersten Klemme des Makromodells wirkt. Die restlichen statischen
Lösungen (bei verschiedenen Lasten an den Klemmen) ergeben sich aus der linearen
Kombination der Vektoren, die aus dem Startblock berechnet werden. Zur Verdeutlichung ist in
Abb. 3-5 das Beispiel eines zweiseitig eingespannten Biegebalkens mit zwei Punktlasten
dargestellt. Es wurde ein Makromodell mit vier Klemmen aufgebaut, in dem zwei Klemmen die
eingespeisten Kräfte (F1 und F2) beschreiben und die anderen zwei Klemmen die Auslenkung
der Knoten, in denen die Kräfte eingreifen (in=out=2). Dementsprechend ergibt sich zur
Generierung der Orthonormalbasis ein Startblock von zwei Vektoren. Insgesamt wurde eine
Orthonormalbasis von acht Vektoren aufgebaut, damit ergibt sich ein Makromodell mit acht
Freiheitsgraden. Auf der oberen Seite von Abb. 3-5 sind die Übertragungsfunktionen der
einzelnen Vektoren der Orthonormalbasis für zwei verschiedene Lastfälle dargestellt. Auf der
linken Seite wirkt nur die Kraft F1 und es ist zu beobachten, dass der statische
Deformationszustand der Struktur nur durch den ersten Vektor exakt beschrieben wird. Auf der
rechten Seite hingegen, wo nur die Kraft F2 wirkt, ergibt sich die statische Deformation aus der
Superposition der zwei ersten Vektoren. Gibt es eine dritte Last, wird die entsprechende statische
Deformation durch die Superposition der drei ersten Vektoren ermittelt usw..
Die Übertragungsfunktionen an den Beobachtungspunkten Knoten 1 und 2 sind auf der
unteren Seite dargestellt. Bereits mit einer Orthonormalbasis von acht Vektoren konnten
Genauigkeiten < 1 % bis zur 7-ten Eigenfrequenz erreicht werden. Muss das Makromodell einen
breiteren Frequenzbereich mit einer solchen Genauigkeit abdecken, ist es sinnvoll, weitere
Vektoren mit einem Entwicklungspunkt im höheren Frequenzbereich zu berechnen.
50
3 Verfahren zur Ordnungsreduktion von FE-Modellen
Abb. 3-5: Beschreibung der Übertragungsfunktion nach dem Arnoldi-Verfahren
Aus physikalischer Sicht bilden die Vektoren der Orthonormalbasis einzelne gekoppelte
Schwingsysteme. Der Grad der Kopplung bzw. die Anzahl an Resonanzstellen pro Vektor hängt
davon ab, in welcher Reihefolge dieser berechnet wurde. Ohne Deflation heißt das, dass der
Vektor φn n Resonanzstellen enthält.
Dagegen bilden bei der modalen Superpositionsmethode die Vektoren der Orthonormalbasis
durch die Normierung gemäß Gl. 3-33 entkoppelte Schwingsysteme. Jeder einzelne Vektor
beschreibt entsprechend der zugehörigen Eigenfrequenz eine Resonanzstelle. Dennoch werden
zur Generierung von Makromodellen mit der modalen Superpositionsmethode nicht nur die
Vektoren gewählt, die zu einem bestimmten Frequenzspektrum gehören, sondern auch die
Vektoren, die zur korrekten Beschreibung des Deformationszustandes der Struktur beitragen.
Auf der linken Seite von Abb. 3-6 sind die Übertragungsfunktionen der ersten 15 Eigenvektoren
des zweiseitig eingespannten Biegebalkens - stimuliert durch eine zentrische Punktlast dargestellt. Zur Beschreibung des Makromodells ist es ausreichend, wenn nur die Eigenvektoren
berücksichtigt werden, die wesentlich zur Beschreibung des statischen Deformationszustandes
beitragen (Eigenvektoren: 1, 3, 7, 11 und 15). Auf der rechten Seite von Abb. 3-6 sind der Fehler
und der Relativfehler bei der Berechnung der statischen Biegelinie in Abhängigkeit von den
gewählten Eigenvektoren dargestellt. Die Fehlerkurven der statischen Biegelinie (Abb. 3-6
rechts oben) bilden immer einen höheren Eigenvektor, der zur statischen Auslenkung der
Struktur beiträgt, aber nicht im Makromodell berücksichtigt wurde. So ist es beim Makromodell
mit drei Eigenvektoren (1, 3 und 7) der 11-te Eigenvektor, der abgebildet wird, beim
3.3 Ordnungsreduktion auf der Basis einer Orthogonalprojektion von linearen Systemen
51
Makromodell mit vier Eigenvektoren (1, 3, 7 und 11) der 15-te Eigenvektor usw.. Dies ist eine
typische Eigenschaft dieser Methode. In der Praxis werden aus der statischen Auslenkung der
Struktur die relevanten Eigenvektoren bestimmt. Der Vorteil davon ist, dass bereits in dieser
Phase der Fehler des Makromodells abgeschätzt bzw. durch die Wahl der Eigenvektoren
eingestellt werden kann. Ein generelles Problem bei der modalen Superpositionsmethode ist die
Abbildung der Deformation der Struktur nahe der Einspannstellen. Dort sind die Auslenkungen
minimal, haben aber eine sehr große Auswirkung auf die mechanischen Spannungen (Abb. 3-6
rechts unten). Die Fehler an diesen Stellen können aufgehoben werden, indem höhere
Eigenvektoren berücksichtig werden, da diese an der Einspannstelle einen hohen Anstieg
besitzen.
Abb. 3-6: Beschreibung eines zweiseitig eingespannten Biegebalkens mit einer zentrischen
Last durch die modale Superpositionsmethode
Die für die Makromodellgenerierung benutzten Eigenvektoren bilden allgemeine
Formfunktionen zur Beschreibung der Strukturdeformation. Diese werden unabhängig von den
Lasten des Ausgangssystems berechnet. Zur Generierung von Makromodellen werden nur die
für die statischen und dynamischen Auslenkungen bei verschiedenen Laststellen relevanten
Eigenvektoren benutzt. Im Arnoldi-Verfahren werden hingegen die Vektoren für bestimmte
Lastfälle berechnet und bilden damit für die entsprechenden Lastfälle spezifische
Bewegungsfreiheitsgrade des Makromodells.
52
3 Verfahren zur Ordnungsreduktion von FE-Modellen
3.4 Ordnungsreduktion von nichtlinearen Systemen
Gegenüber den oben genannten Verfahren zur Ordnungsreduktion von linearen Systemen
gibt es bis heute keine allgemeingültigen Ansätze für den nichtlinearen Fall. In der Literatur
findet man eine große Auswahl an Näherungsansätzen, die für bestimmte nichtlineare Effekte
bzw. Anwendungen gelten. Der Grund liegt in der Ursache der Nichtlinearität und wie stark
diese das Verhalten des Systems beeinflusst. In dieser Arbeit werden nur die Nichtlinearitäten
beachtet, die durch den Stress-Stiffening-Effekt aufgrund von großen Auslenkungen der Struktur
und durch elektrostatische Felder verursacht werden. Es ergibt sich damit folgende nichtlineare
Differentialgleichung der zweiten Ordnung:
Gl. 3-37
M⋅
d 2u
du
+ D⋅
+ (K L + K NL (u ) ) ⋅ u = Bm ⋅ Fmech + Felec (u ,V )
2
dt
dt
.
y = LT ⋅ u
In [Che00] wurde ein Ansatz zur Beschreibung von quadratischen Nichtlinearitäten
vorgestellt. Diese quadratische Nichtlinearität wird durch eine Taylorreihe der zweiten Ordnung
zerlegt. Es besteht dann die Möglichkeit, eine Projektionsmatrix aus dem Krylov-Unterraum
unter Anwendung des Arnoldi-Verfahrens aufzubauen, um das Makromodell zu generieren.
Höhere Ordnungen der Taylorreihe sind nicht möglich, da bereits bei der zweiten Ordnung
Formulierungen mit
N×N×N
Matrizen entstehen. Denkbar wäre dieser Ansatz zur
Beschreibung von linearen Mikrostrukturen (KNL=0) mit elektrostatischem Wirkprinzip bei
Kleinsignalverhalten (∆C/ ∆u ≈ konstant), weil in diesem Fall die Mikrostruktur durch
quadratische Nichtlinearität charakterisiert ist.
Die schrittweise Linearisierung des nichtlinearen Systems [Rew01] und das KarhunenLoéve- Verfahren [Hun99] [Lin03] bilden hingegen allgemeinere Ansätze. Bei der schrittweisen
Linearisierungsmethode wird die nichtlineare Funktion in lineare Abschnitte zerlegt, wobei pro
linearem Abschnitt ein Makromodell generiert wird. Anschließend werden alle Makromodelle in
einem System zusammengefügt. Diese Methode setzt voraus, dass das Verhalten der
nichtlinearen Funktion bereits bekannt ist.
Das Karhunen-Loève-Verfahren basiert auf der orthogonalen Projektionsmethode. Der
Hintergrund dieser Methode ist die Beschreibung der nichtlinearen Deformationen durch eine
Reihe von gewichteten linearen Formfunktionen. Aus einer Reihe von gekoppelten
Feldanalysen, sowohl statischen als auch dynamischen, werden mehrere Deformationszustände
des nichtlinearen Systems berechnet („Snapshots“), welche anschließend als Vektoren in einer
Matrix spaltenweise zusammengestellt werden. Durch beispielsweise die Singulärwertzerlegung
3.4 Ordnungsreduktion von nichtlinearen Systemen
53
wird aus dieser Matrix schließlich die Orthonormalbasis zur Ordnungsreduktion aufgebaut. Eine
Alternative zu den aufwendigen gekoppelten Feldanalysen zur Berechnung der Formfunktion ist
die Ordnungsreduktion auf Basis der modalen Zerlegung, welche erstmalig in [Gab98]
vorgestellt wurde und Gegenstand der vorliegenden Dissertation ist. Das Prinzip ähnelt der
modalen Superpositionsmethode. Nach wie vor wird aus den Eigenvektoren des linearen bzw.
linearisierten Systems eine Orthogonalbasis Φ = [φ1 φ 2 L φ n ] aufgebaut und anschließend
das nichtlineare System in diese Basis projiziert. Die Beschreibung des nichtlinearen Verhaltens
einer Struktur durch Eigenvektoren des linearisierten Systems ist an sich kein fremdes
Verfahren. Der jüngste und umfangreichste Beitrag der verschiedenen Entwicklungen zu diesem
Thema ist [Vak96]. Die meisten Entwicklungen in diesem Bereich konzentrieren sich auf die
Beschreibung der nichtlinearen Schwingungen nahe der Resonanzfrequenz. Ein für diese
Dissertation
wichtiger
Eigenschwingformen
Ansatz
ist
die
(amplitudenabhängig)
Beschreibung
durch
eine
der
sogenannten
Superposition
nichtlinearen
von
linearen
Eigenschwingformen [Boi95] [Ben91] gemäß Gl. 3-20. Es wurde gezeigt, dass nichtlineare
Eigenschwingformen invariant sind, d. h. eine Strukturschwingung ist zu jedem Zeitpunkt in nur
einer
nichtlinearen
Eigenschwingform
eingeschlossen,
ohne
andere
nichtlineare
Eigenschwingungen anzuregen. Im Gegensatz dazu führt aufgrund der nichtlinearen Kopplung
eine stimulierte Bewegung eines linearen Eigenvektors zu einem Energieaustausch mit den
anderen linearen Eigenvektoren. Daher entsteht gegenüber der modalen Superpositionsmethode
ein gekoppeltes System von gewöhnlichen Differentialgleichungen der zweiten Ordnung.
Im diesem Sinne werden in der vorliegenden Dissertation weiterhin die linearen
Eigenschwingformen zur Beschreibung der nichtlinearen Strukturdeformationen angewendet.
Dass die Strukturen hohen Auslenkungen unterliegen und durch nichtlineare Kräfte beeinflusst
werden, ist nicht das Problem. Es wird lediglich durch Kombination der Eigenvektoren die
nichtlineare Deformation der Struktur wieder abgebildet. Demzufolge stellt sich hier eher die
Frage, wie gut kann die nichtlineare Deformation im gesamten Arbeitsbereich der Struktur durch
die Kombination von Eigenschwingformen des linearisierten Systems beschrieben werden.
Formulierungen durch Energieansätze haben den Vorteil, dass mehrere verschiedene
physikalische Domänen miteinander verknüpft werden können, da diese unabhängig von der
physikalischen Bedeutung sind. Deshalb ist es günstig, die Bewegungsgleichung des
Makromodells auf Grundlage der Lagrange-Gleichung zweiter Art [Ber98] direkt in der modalen
generalisierten Basis zu formulieren:
54
Gl. 3-38
3 Verfahren zur Ordnungsreduktion von FE-Modellen
d  ∂L  ∂L
 −
= Q,
dt  ∂q&  ∂q
mit
Gl. 3-39
L(q, q& , t ) = E kin (q, q& , t ) − E pot (q, q& , t ) ,
wobei L die Lagrangesche Funktion ist und Qi die generalisierten Kräfte ohne Potential
beschreibt, die sich aus Dissipationsfunktionen (generalisierten Dämpfungskräften) und
generalisierten äußeren Lasten zusammensetzen. Die Dämpfungskräfte wirken immer in
Gegenrichtung der generalisierten äußeren Lasten, demzufolge ist
Gl. 3-40
~
~
Q = − D q& + F (t ) .
Die Lagrangesche Funktion L ist in der generalisierten Basis abhängig von der modalen
Auslenkungen q , der modalen Geschwindigkeit q& sowie von der Zeit t. Die kinetische Energie
~ des linearisierten Systems beschrieben
wird durch die generalisierte modale Masse m
i
Gl. 3-41
E kin (q, q& , t ) =
1
2
∑ m~ ⋅ q&
i
2
.
i
i
Im Anteil der potentiellen Energie wird durch Summenbildung die Energie der verschiedenen
physikalischen Domänen berücksichtigt. Diese Arbeit beschränkt sich jedoch nur auf die
Formänderungsenergie Emec und die elektrostatische Feldenergie Eele. Für ein System mit einer
Anzahl von r Elektroden wird Eele wie folgt ausgedrückt [Sim77]:
Gl. 3-42
E ele (q ) =
1
2
∑ C (q ) ⋅ (ϕ − ϕ )
2
ij
i
j
.
r
Die partiellen Ableitungen erster Ordnung der potentiellen Energie beschreiben zum einen die
generalisierte mechanische Rückstellkraft der Struktur und zum anderen die entgegengesetzte
generalisierte elektrostatische Kraft. Demzufolge wird durch Einsetzen von Gl. 3-39 bis Gl. 3-42
in Gl. 3-38 die Bewegungsgleichung des Makromodells in der generalisierten Basis Φ
aufgestellt:
Gl. 3-43
~ q&& + 2ξ ω m
~ & ∂E mech (q ) = 1
m
i i
i 0 i i qi +
∂qi
2
∑
r
∂C kj (q )
∂qi
⋅ (Vk − V j ) +
∑φ
T
i
Fa ,
a
wobei a die Anzahl der auf die Struktur wirkenden äußeren Kräfte ist. Die Genauigkeit der
Makromodellgenerierung sowie der dafür erforderliche Aufwand werden unmittelbar von der
3.4 Ordnungsreduktion von nichtlinearen Systemen
55
Anzahl der Eigenvektoren in der Orthogonalbasis und von den Ausdrücken der
Formänderungsenergie und der Kapazität in Abhängigkeit von den modalen Auslenkungen q
bestimmt. Im Folgenden wird anhand eines zweiseitig eingespannten Biegebalkens im
elektrostatischen Feld die Methode der modalen Zerlegung kurz demonstriert und diskutiert
(Abb. 3-7). Zur analytischen Formulierung der Eigenvektoren wird die Wellengleichung des
zweiseitig eingespannten Biegestabes angewendet:
Gl. 3-44
 x
 x
 − cos
 λi
 λi 
φˆi ( x ) = cosh

 x

 − η i  sinh 

 λi


 x

 − sin 
 λi


 


mit der Eigenkreisfrequenz
2
E⋅I
ζi 
 ⋅
ρ⋅A
L
ω0i = 
Gl. 3-45
ζi =
mit
L
λi
.
Die Konstanten λi und ηi werden berechnet, indem man zuerst
L
cos
 λi
Gl. 3-46
L

 ⋅ cosh
 λi


 = 1

löst und anschließend
L
cosh
 λi
ηi =
L
sinh 
 λi
Gl. 3-47

L
 − cos 

 λi 

L
 − sin  

 λi 
einsetzt. Es ergeben sich damit folgende Werte der Konstanten λi und ηi:
Tabelle 1: Die Konstanten λi und ηi für den zweiseitig eingespannten Biegebalken
Symmetrische Eigenvektoren
Mode Nr.
1
3
5
7
9
λi
4,7300407448627
10,9956078380017
17,2787596573995
23,5619449020405
29,8451302091033
Asymmetrische Eigenvektoren
ηi
Mode Nr.
2
4
6
8
10
0,9825022145762
0,9999664501254
0,9999999373444
0,9999999998830
0,9999999999998
λi
7,8532046240958
14,1371654912575
20,4203522456261
26,7035375555082
32,9867228626928
ηi
1,0007773119073
1,0000014498977
1,0000000027076
1,0000000000051
1,0000000000000
Die einzelnen Eigenvektoren φ i werden so normiert, dass die maximale Amplitude gleich eins
ist:
Gl. 3-48
φ i (x ) =
φˆi ( x )
.
max φˆi ( x )
(
)
56
3 Verfahren zur Ordnungsreduktion von FE-Modellen
Aufgrund der Elektrodenanordnung wirken die elektrostatischen Kräfte symmetrisch entlang des
Biegebalkens. Deshalb werden zur Beschreibung des Makromodells die ersten symmetrischen
Eigenvektoren verwendet Φ = [φ1 φ3 φ5 φ7 φ9]. Es entsteht damit ein Makromodell mit fünf
Freiheitsgraden:
Gl. 3-49
u (t , x ) ≈ q1 (t ) ⋅ φ1 ( x ) + q3 (t ) ⋅ φ 3 ( x ) + q5 (t ) ⋅ φ 5 ( x ) + q7 (t ) ⋅ φ 7 ( x ) + q9 (t ) ⋅ φ 9 ( x ) .
Die Formänderungsenergie des zweiseitig eingespannten Biegebalkens wird exakt durch die
Anteile der Biegeenergie und der Dehnungsenergie beschrieben [Ben91]:
Gl. 3-50
E⋅I
E mech (q1 ,L, q n ) =
2
L
∫
0
2
L
2

E ⋅ A  1 ∂u (t , x )
∂ 2 u (t , x )
⋅ dx +
⋅
⋅ dx  .

2L  2
∂x 2
∂x

0
∫
Die elektrostatische Feldenergie wird unter der Vernachlässigung von Streufeldern
(Elektrodenabstand viel kleiner als die Breite der Struktur) analytisch formuliert gemäß
L
Gl. 3-51
ε0 ⋅b
V2
⋅
E ele (q1 , L , q n ) =
⋅ dx .
d 0 + u (t , x )
2
∫
0
Bei der statischen Analyse wurden die Ergebnisse mit denen der ANSYS-Berechnungen, für
den Fall ohne Stress-Stiffening-Effekt (Dehnungsenergie wird vernachlässigt) und für den Fall
mit Stress-Stiffening-Effekt verglichen (Abb. 3-7 oben rechts). In beiden Fällen liegen die Fehler
im gesamten Arbeitsbereich der Struktur unter 1 %. Bemerkenswert ist die Darstellung der
Übertragungsfunktion der einzelnen modalen Freiheitsgrade. Dies ist möglich, indem man das
System an einem Arbeitspunkt (hier bei 80 V) linearisiert (s. Abschnitt 4.3.3). Gegenüber der
modalen Superpositionsmethode sind die Übertragungsfunktionen in Abhängigkeit vom Grade
der Nichtlinearität gekoppelt und werden als Modekopplungen bezeichnet. Aufgrund der großen
Resonanzüberhöhung der modalen Amplituden q3, q5, q7 und q9 an der ersten Resonanzstelle,
weicht Mode 1 stark ab von der eigentlichen Form des ersten Eigenvektors. Die hohe
Auslenkung von q1 bewirkt, dass die anderen modalen Amplituden stimuliert werden, um die
dort entstehende nichtlineare Deformation der Struktur korrekt nach Gl. 3-49 wieder abbilden zu
können. Im Gegensatz dazu ist die Anregung der Übertragungsfunktion von q1 durch die anderen
modalen Freiheitsgrade eher gering bzw. nimmt mit steigender Frequenz ab. Diese Tendenz setzt
sich an den Resonanzstellen der anderen Übertragungsfunktionen bzw. modalen Amplituden
fort. Im Allgemeinen nimmt die Nichtlinearität mit steigender Frequenz ab, weil auch die
Amplituden entsprechend abnehmen.
3.4 Ordnungsreduktion von nichtlinearen Systemen
57
Abb. 3-7: Ergebnisse der statischen und linearisierten harmonischen Analysen des zweiseitig
eingespannten Biegebalkens mit elektrostatischem Wirkprinzip
Durch dieses Beispiel des zweiseitig eingespannten Biegebalkens im elektrostatischen Feld
wird gezeigt, dass es prinzipiell möglich ist, das Verhalten der Struktur unter Berücksichtigung
des
Stress-Stiffening-Effekts
durch
lineare
Eigenvektoren
zu
beschreiben.
Die
Eigenschwingformen der linearisierten Struktur bilden allgemeine Formfunktionen, unabhängig
von der Last, welche von den meisten kommerziellen Simulationswerkzeugen direkt aus
bestehenden Modellen berechnet werden
können. Im folgenden Kapitel wird zur
Verallgemeinerung dieser Methode eine Prozedur für die Generierung von Makromodellen
basierend auf bestehenden elektrostatisch-mechanischen FE-Modellen vorgestellt.
59
4 Prozedur zur Ordnungsreduktion von elektrostatischmechanischen FE-Modellen
In diesem Kapitel wird eine automatische Prozedur zur Ordnungsreduktion auf Basis der
modalen Zerlegung von mikromechanischer Struktur mit elektrostatischem Wirkprinzip
vorgestellt. Diese automatische Prozedur wird ROM-Tool (Reduced Order Modelling Tool)
genannt. Es erfordert vom Nutzer ein FE-Modell, welches die mikromechanische Struktur und
den elektrostatischen Feldraum beschreibt. Dieses Programm unterstützt - mit einigen wenigen
Vorgaben - die Makromodellgenerierung bis hin zu schnellen Komponentensimulationen mit
dem Makromodell und dem Export der notwendigen Daten an Systemsimulatoren. Das
Makromodell ist in der Lage, folgende Eigenschaften zu beschreiben:
-
Die elektrostatisch-mechanische Feldkopplung
-
Flexible sowie starre Körper
-
Den Stress-Stiffening-Effekt aufgrund von großen Auslenkungen
-
Elektrostatische Streufelder
-
Netzwerkfähige Makromodelle.
Der theoretische Hintergrund der Ordnungsreduktion auf Basis der modalen Zerlegung
wurde bereits in Abschnitt 3.4 dargestellt. Das Prinzip beruht auf einer Transformation der
Koordinaten vom lokalen FE-Modell in generalisierte modale Koordinaten, die sich durch eine
wesentlich kleinere Dimension der orthogonalen Basis Φ ∈ ℜ N×n mit n << N auszeichnen:
Gl. 4-1
Gl. 4-2
Φ = [φ1 φ 2 L φ n ]
u (t , x, y, z ) ≈
n
∑ q (t ) ⋅ φ (x, y, z ) = Φ ⋅ q .
i
i
i =1
Die orthogonale Basis Φ wird durch eine Reihe von Eigenvektoren φi des Ausgangssystems
aufgebaut. Die Freiheitsgrade des Makromodells entsprechen den modalen Auslenkungen qi,
60
4 Prozedur zur Ordnungsreduktion von elektrostatisch-mechanischen FE-Modellen
welche jedem Eigenvektor der modalen Basis zugeordnet werden. Die Bewegungsgleichung des
Makromodells lautet:
~
~
~
~
~
FM i + FD i + FR i (q1 , q 2 ,L, q n ) = Fele i (q1 , q 2 ,L, q n ) + Fq i .
Gl. 4-3
~
FR i ist die modale Rückstellkraft bzw. die modale elastische Kraft des jeweiligen Eigenvektors
und berechnet sich aus der Formänderungsenergie gemäß:
∂E (q , q , L , q n )
~
.
FR i (q1 , q 2 , L , q n ) = mec 1 2
∂qi
Gl. 4-4
~
Fele i ist die modale elektrostatische Kraft mit
Gl. 4-5
~
Fele i (q1 , q 2 ,L , q n , ϕ 1 ,L, ϕ ne ) =
1 ∂C kl (q1 , q 2 , L, q n )
2
⋅ (ϕ k − ϕ l ) ,
∂qi
∑2⋅
nc
wobei ne und nc jeweils die Anzahl von Elektroden im FE-Modell und die Anzahl der
berücksichtigten Kapazitäten im Makromodell beschreiben und ϕ k das Potential an der
Elektrode k ausdrückt.
~
Fq i ist die modale Last, welche sich aus dem Lastvektor des Ausgangssystems F berechnet
~
T
Fq i = φ i F .
Gl. 4-6
~
FM
i
~
ist die modale Trägheitskraft und FD i die modale Dämpfungskraft (s. Abschnitt 4.3.2).
Das eigentliche Problem bei der Makromodellgenerierung ist die Entwicklung einer
Formänderungsenergiefunktion sowie einer Kapazitätsfunktion, in Abhängigkeit von den
jeweiligen modalen Freiheitsgraden, mit hoher Genauigkeit und vertretbarem Aufwand. Hierfür
werden Ausgleichsrechnungen durchgeführt, um diese Funktionen durch Polynom-Ansätze zu
beschreiben.
Die Generierung und Anwendung des Makromodells verläuft in drei Phasen (Abb. 4-1):
Generation Pass: Die erste Phase beinhaltet alle notwendigen Schritte der
Parameterextraktion vom FE-Modell. Angefangen wird mit der Bestimmung von Eigenvektoren
die das Verhalten des Makromodells beschreiben sollen. Zu jedem Eigenvektor φi, der im
Makromodell
berücksichtigt
wird,
ist
in
der
modal
generalisierten
Basis
ein
Bewegungsfreiheitsgrad zuzuordnen. Anschließend wird durch mehrere statische Analysen eine
Wertetabelle der Formänderungsenergie und der Kapazitäten in Abhängigkeit von den modalen
4.1 Bestimmung der modalen Freiheitsgrade des Makromodells
Amplituden
qi
aufgebaut.
Durch
Ausgleichsrechnungen
61
werden
diese
Daten
(Formänderungsenergie und Kapazitäten) in einen analytischen Ausdruck gebracht. Weiterhin
werden die modalen Massen, die modalen Dämpfungen sowie - wenn vorhanden - die modalen
äußeren Lasten berechnet.
Use Pass: In dieser Phase wird das Makromodell in eine Blackbox-Form gebracht, um
dadurch schnelle Simulationen in derselben Umgebung oder in einem Systemsimulator
durchzuführen. Die Ergebnisse der Simulationen werden in dieser Phase noch in der modal
generalisierten Basis dargestellt.
Expansion Pass: In der dritten und letzte Phase werden die Ergebnisse der modal
generalisierten Basis auf die Knoten des FE-Modells rücktransformiert.
Das ROM-Tool erfordert den Zugang zur ANSYS/Multiphysics, wo das FE-Modell eingelesen
wird und wo allen notwendigen Parameter extrahiert werden. Die Ausgleichsrechnungen sowie
die Komponentensimulation bis hin zum Export der notwendigen Daten in Systemsimulatoren
wurden in einer graphischen Oberfläche (das ROM-Tool) in MATLAB implementiert. Im
folgenden werden alle notwendigen Schritte der Generierung und der Anwendung von
Makromodellen diskutiert.
FE -Modell
ANSYS
-Statische Analysen
- Post Processing
- Eigenvektoren (Modalanalyse)
- Deformationszustand (Testlast)
- Moderelevanz
- Ausgleichsbereich
Komponentensimulationen
9 Statisch
9 Transient
9 Harmonisch
Systemsimulationen
9 Simulink
9 PSpice
9 VHDL-AMS
Initialisierung der FE-Datentabelle
Aufbau der FE-Datentabelle
- Formänderungsenergie
- Kapazitäten
- Ausgleichsrechnungen
- Modale Masse
- Modale Dämpfung
Abb. 4-1: ROM-TOOL Prozedur zur Makromodellgenerierung
62
4 Prozedur zur Ordnungsreduktion von elektrostatisch-mechanischen FE-Modellen
4.1 Bestimmung der modalen Freiheitsgrade des Makromodells
Um den Generation Pass in vernünftigen Zeiten durchführen zu können, ist es notwendig, in
erster Linie die Anzahl der modalen Freiheitsgrade minimal zu halten. Analog zur modalen
Superpositionsmethode haben nicht alle Eigenschwingformen einen wesentlichen Einfluss auf
das Verhalten der Struktur. Mikrostrukturen mit elektrostatischem Wirkprinzip haben generell
eine charakteristische Auslenkung. So wird das Verhalten von Aktoren durch die
Elektrodenanordnung bestimmt. Dagegen werden elektrostatische Sensoren meist für bestimmte
Lastfälle (Beschleunigung, Drehgeschwindigkeit, Druck usw.) konzipiert. Es ist dann möglich,
eine begrenzte Anzahl an Eigenschwingformen für solche charakteristische Auslenkungen
anzunehmen. Weiterhin müssen diese auch die nichtlineare Deformation der Struktur abbilden
können.
Zuerst wird das FE-Modell in ANSYS eingelesen. Das Modell muss eine statische
gekoppelte
elektrostatisch-mechanische
Feldanalyse
durch
das
Kommando
ESSOLV
unterstützen, d. h. dass das FE-Modell in zwei Teilmodelle, die mikromechanische Struktur und
den elektrostatischen Feldraum, zerlegt werden muss, wie es in ANSYS mit dem Kommando
PHYSICS üblich ist. Durch eine modale Analyse werden aus der mechanischen Struktur die
ersten m Eigenvektoren φˆi berechnet (m = 20 ... 30, abhängig von der Elastizität der Struktur).
Die Eigenvektoren werden anschließend so normiert, dass die maximale Auslenkung eins ist:
φ i ( x, y , z ) =
Gl. 4-7
φˆi ( x, y, z )
.
max φˆi ( x, y, z )
(
)
Der Grund dieser Normierung ist, dass sich bei der späteren Multiplikation der Eigenvektoren
mit den modalen Amplituden eine bessere Darstellung des Einflusses der einzelnen Vektoren zur
Endlösung ergibt. In einem weiteren Schritt werden durch eine statische gekoppelte Feldanalyse
für eine elektrische Testspannung die Knotenauslenkungen der Struktur in Arbeitsrichtung in
einem Vektor U (x,y,z) gespeichert. Das Auflösen von Gl. 4-8 nach q~ ergibt das Gewicht der
s
m
einzelnen Eigenschwingformen, um die Auslenkung Us für diese Testspannung im modalen
Unterraum wieder abbilden zu können:
Gl. 4-8
[φ1
φ2
 q~1 
 q~ 
L φ m ]⋅  2  = U s .
M 
~ 
q m 
4.1 Bestimmung der modalen Freiheitsgrade des Makromodells
63
Damit wird die Information über die Moderelevanz gewonnen. Die Moderelevanz beschreibt den
Grad
des
Einflusses
der
jeweiligen
Eigenschwingformen
auf
die
betrachtete
Strukturdeformation. Abb. 4-2 zeigt die Moderelevanz eines zweiseitig eingespannten
Biegebalkens für verschiedene Elektrodenanordnungen. In diesem Falle ist die Arbeitsrichtung
der Struktur die z-Richtung. Durch eine modale Analyse wurden die ersten 20
Eigenschwingformen berechnet (m=20) und in z-Richtung normiert. Die Anzahl von
Eigenschwingformen, die überhaupt zur Beschreibung des Makromodells in Frage kommen, ist
unmittelbar abhängig von der Art der Last. Während für die Strukturen mit durchgezogener
Elektrode und mit unterbrochener Elektrode nur vier Eigenvektoren (Mode 1, 3, 7 und 12) für
eine genaue Beschreibung des Bewegungsverhaltens notwendig sind, benötigt man bei der
Struktur mit asymmetrischen Elektroden sechs Eigenschwingformen.
Abhängig von der Genauigkeit, die das Makromodell erzielen soll, können alle
Eigenschwingformen mit einem Gewicht < 0,1 % vernachlässigt werden. Jeder Punkt in der
Darstellung von ∆(x,y) (Gl. 3.21) in Abb. 4-2 beschreibt den Fehler an einem Knoten der
neutralen Faser des Biegebalkens. Da die Auslenkungen fast parallel zur Bodenelektrode
verlaufen, haben die Knoten in y-Richtung pro Pfosten fast den gleichen Fehler. Daher wurden
die Fehlerdiagramme hier nur zweidimensional dargestellt (x entspricht der Längsrichtung des
Biegebalkens).
Mit Ausnahme der Knoten nahe der Einspannstelle der Struktur (x ≈ -L/2 bzw. x ≈ L/2)
können mit den wenigen ausgewählten Eigenvektoren bereits hohe Genauigkeiten erzielt
werden. Wird das Makromodell nicht für Untersuchungen der mechanischen Spannungen
benutzt, wirkt der Fehler an der Einspannstelle nicht störend auf das Verhalten der Struktur, da
dort die Auslenkungen minimal sind. Die Moderelevanz stellt nur ein Hilfsmittel zur
Bestimmung der Eigenvektoren dar, die zum Aufbau der Orthogonalbasis des Makromodells
beitragen sollten. Vorausgesetzt, dass im Arbeitsbereich keine plötzliche Formänderung auftritt,
verändert sich die Moderelevanz mit hoher Wahrscheinlichkeit nur wenig. Weiterhin sollte die
Testspannung so gewählt werden, dass die Auslenkungen im nichtlinearen Bereich der Struktur
berechnet werden, um eine effektive Aussage der Moderelevanz zu gewährleisten. Im weiteren
Verlauf dieses Kapitels wird die Struktur mit durchgezogenen Elektroden als Begleitbeispiel
benutzt. Es entsteht am Ende des Generation Pass ein Makromodell mit vier Freiheitsgraden,
den Eigenvektoren 1, 3, 12 und 7. Der Index der modalen Amplituden qn und der Vektoren der
Orthogonalbasis φn wird ansteigend nummeriert (n=1,2,3,4).
64
4 Prozedur zur Ordnungsreduktion von elektrostatisch-mechanischen FE-Modellen
Abb. 4-2: Moderelevanz in Abhängigkeit von der Last
4.1 Bestimmung der modalen Freiheitsgrade des Makromodells
65
An dieser Stelle wird zwischen dominanten und relevanten Eigenschwingformen
unterschieden. Diese sind abhängig von der Stärke der Modekopplung bzw. der gegenseitigen
Wechselwirkung der Eigenschwingformen aufgrund von Nichtlinearitäten. Dominante
Eigenschwingformen sind durch relativ hohen modalen Einfluss, typischerweise > 1 %
charakterisiert, wobei deren Wechselwirkung mit anderen Eigenschwingformen - dominanten
sowie relevanten - berücksichtigt wird. Relevante Eigenschwingformen liefern einen Beitrag zur
Lösung des Problems, wobei ihr Einfluss auf andere Eigenschwingformen entweder nicht
vorhanden ist oder vernachlässigt werden kann. Ein wichtiges Merkmal der modalen
Wechselwirkung, verursacht durch mechanische Nichtlinearitäten, ist die asymmetrische
Funktion der Formänderungsenergie (Abb. 4-3 links). Am Beispiel der Struktur mit
durchgezogener Elektrode ist der erste und dritte Mode dominante Eigenschwingform und der
zwölfte und siebente Mode relevant. Betrachtet man die Formänderungsenergie beider
dominanten Eigenschwingformen Emec(q1,q2), ist der Energieverlauf in beiden modalen
Koordinatenrichtungen asymmetrisch. Bei einer modalen Auslenkung q1 verlässt das
Energieminimum (durchgezogene Linie) die Nulllinie (gestrichelte Linie) der dritten
~
Eigenschwingform q2, d.h., es existiert immer eine Rückstellkraft FR 2 , die auf den dritten Mode
bei einer modalen Auslenkung von q1 wirkt. Umgekehrt wirkt bei einer modalen Auslenkung des
~
dritten Modes q2 ständig eine Rückstellkraft FR 1 auf den ersten Mode. Betrachtet man jetzt die
Formänderungsenergie
Emec(q1,q3)
einer
dominanten
q1
und
einer
relevanten
q3
Eigenschwingform, so ist die Asymmetrie nur in einer modalen Koordinatenrichtung (q1) zu
beobachten. Dies bedeutet, dass dominante Eigenschwingformen die relevanten beeinflussen,
aber nicht umgekehrt. Die relevanten Eigenschwingformen haben die Eigenschaft, dass sie
untereinander entkoppelt betrachtet werden, aber mit dominanten Eigenschwingformen
gekoppelt sind. Die Wechselwirkungen der Eigenschwingformen durch das elektrostatische Feld
sind abhängig von den modalen elektrostatischen Kräften und damit
von der
Kapazität.
Abb. 4-3 rechts zeigt die Höhenlinien der Kapazitätsfunktion in Abhängigkeit von dominanten
sowie relevanten Eigenschwingformen. Die modalen Wechselwirkungen verhalten sich
vergleichbar wie bei der Formänderungsenergie, mit Ausnahme der Wechselwirkung von zwei
relevanten Eigenschwingformen C(q3,q4). Die Darstellung der Kapazitätsfunktion bei zwei
relevanten Eigenschwingformen zeigt äquidistant lineare Höhenlinien. Das bedeutet, dass
zwischen relevanten Eigenschwingformen eine lineare Kraft wirkt. Da die relevanten
Eigenschwingformen im Vergleich zu dominanten Eigenschwingformen relativ kleine
Auslenkungen
aufweisen,
wird
die
modale
Kraft
wesentlich
von
dominanten
66
4 Prozedur zur Ordnungsreduktion von elektrostatisch-mechanischen FE-Modellen
Eigenschwingformen beeinflusst. Damit sind die Wechselwirkungen zwischen relevanten
Eigenschwingformen ebenfalls zu vernachlässigen.
Abb. 4-3: Darstellung der Formänderungsenergie und der Kapazität in Form von Höhenlinien
4.2 Analytische Formulierung der Formänderungsenergie und der
Kapazitäten
Angesichts der geometrischen Komplexität von Mikrosystemen sowie des Einflusses von
elektrostatischen Streu- und Randfeldern ist es nur schwer bzw. nicht möglich, einen genauen
analytischen Ausdruck der Formänderungsenergie und der Kapazitäten zu formulieren. Dies ist
ein klassischer Fall für Ausgleichsrechnungen. Polynome stellen eine allgemeine Formulierung
der Ansatzfunktion für Ausgleichsrechnungen dar. Mit steigender Polynomordnung gilt, dass
durch höhere Anzahl der Datenpunkte die Ausgleichsrechnung genauer wird, aber auf Kosten
der Rechenzeit. Weiterhin steigt bei Berücksichtigung von mehreren Polynomvariablen
(modalen Freiheitsgraden) die Anzahl an Datenpunkten und Polynomkoeffizienten rapide an und
führt hauptsächlich zur keiner Konvergenz der Ausgleichsrechnung. Daher müssen
Vereinfachungen getroffen werden, um den Generation Pass schnell und effizient durchführen
zu können.
Es ist möglich, ein Polynom f in eine Reihe mit steigender Anzahl an Variablen m zu
zerlegen:
4.2 Analytische Formulierung der Formänderungsenergie und der Kapazitäten
67
f (q1 , q 2 , q3 , q 4 , L , q m ) = f (q1 , q 2 , q3 ,0, L ,0) +
Gl. 4-9
[ f (q1 , q 2 , q3 , q 4 ,L,0) − f (q1 , q 2 , q3 ,0,L,0)] +
[ f (q1 , q 2 , q3 , q 4 , q5 ,L,0) − f (q1 , q 2 , q3 , q 4 ,0,L,0)] +
.
L+
[ f (q1 , q 2 , q3 , q 4 , q5 ,L, q m−1 , q m ) − f (q1 , q 2 , q3 , q 4 ,L, q m−1 ,0)]
Mit P123 soll ein Polynom definiert werden, das den ersten Term von f beschreibt
Gl. 4-10
P123 = f (q1 , q 2 , q3 ,0, L,0) ,
und für j > 3, Pˆ12 j ein Polynom, das die Terme von f in Klammern beschreibt
Gl. 4-11
Pˆ12 j = f (q1 , q 2 ,L, q j , L,0) − f (q1 , q 2 ,L , q j −1 ,0, L,0) .
Unter Berücksichtigung der Eigenschaften der dominanten und relevanten Eigenschwingformen
hinsichtlich der Modekopplung und für Makromodelle mit maximal zwei dominanten und
mehreren relevanten Eigenschwingformen ist es möglich, Pˆ12 j wie folgt zu vereinfachen:
Gl. 4-12
Pˆ12 j ≈ f (q1 , q 2 ,0,L , q j , L ,0) − f (q1 , q 2 ,0, L ,0)
Pˆ12 j ≈ P12 j − P120
,
und es folgt beim Einsetzen in Gl. 4-9:
Gl. 4-13
m
f (q1 , q 2 , q 3 , q 4 , L , q m ) ≈ P123 − (m − 3) ⋅ P120 + ∑ P12 j .
j =4
Aus physikalischer Perspektive betrachtet, berücksichtigt Gl. 4-13 die Modekopplung von
dominanten Eigenvektoren (max. 3) sowie die Modekopplung von dominanten (max. 2) und
mehreren relevanten Eigenvektoren. Die Kopplung zwischen den relevanten Eigenvektoren wird
Vernachlässigt. Die Auswirkung einer solchen Vereinfachung ist in Abb. 4-4 anhand eines
Makromodells mit fünf modalen Freiheitsgraden dargestellt. Bei der Vernachlässigung der
Wechselwirkungen von relevanten Eigenvektoren sind deren Einträge in der Steifigkeitsmatrix
des Makromodells Kqq gleich null. Die Übertragungsfunktion der einzelnen Eigenvektoren zeigt,
dass diese Wechselwirkungen mit guter Näherung vernachlässigt werden können, da diese bei
der Beschreibung des Originalsystems eine untergeordnete Rolle spielen.
68
4 Prozedur zur Ordnungsreduktion von elektrostatisch-mechanischen FE-Modellen
Abb. 4-4: Auswirkungen der Vernachlässigung von Wechselwirkungen
Eigenvektoren in einem Makromodell mit fünf modalen Freiheitsgraden
relevanter
Es ergeben sich zwei Vorteile, welche die Generierung des Makromodells deutlich
vereinfachen und beschleunigen: zum einem wird die Ausgleichsrechnung nur für Funktionen
mit drei Variablen durchgeführt und zum anderen werden weniger Stützstellen zur Bestimmung
der Polynomkoeffizienten benötigt als bei Gl. 4-9. Am Beispiel der Struktur mit durchgezogener
Elektrode sind Mode 1 und 3 dominant und Mode 7 und 12 relevant. So ergeben sich bei 7
Stützstellen pro dominanter Eigenschwingform und bei 4 Stützstellen pro relevanter
Eigenschwingform mit Gl. 4-9 784 (7 × 7 × 4 × 4) und mit Gl. 4-13 392 (7 × 7 × 4 + 7 × 7 × 4)
Stützstellen, die von ANSYS zur Generierung der Wertetabelle der Formänderungsenergie und
der Kapazität berechnet werden müssen. Es werden jeweils zwei Teilpolynome benötigt:
f (q1 , q 2 , q3 ) und f (q1 , q 2 , q 4 ) .
4.2.1
Berechnung der Formänderungsenergie mittels FEM
Die Formänderungsenergie wird aus der linearen Superposition der ausgewählten
Eigenvektoren gemäß Abb. 4-5 berechnet. Da sich die Funktionen auf maximal drei Variable
beschränken, entspricht dies drei verschachtelten Schleifen in der Eingabedatei von ANSYS. In
jeder Schleife wird der entsprechend normierte Eigenvektor mit der Amplitude an der Stützstelle
multipliziert. Anschließend wird aus der Summe bzw. der Superposition der drei Eigenvektoren
durch eine statische mechanische FEA die Strukturdeformation berechnet. Über das Kommando
ETABLE wird die Formänderungsenergie ermittelt, der Wert wird anschließend in einer
Ausgabedatei gespeichert.
4.2 Analytische Formulierung der Formänderungsenergie und der Kapazitäten
69
Abb. 4-5: Numerische Ermittlung der Formänderungsenergie
Die Berücksichtigung des Stress-Stiffening-Effekts bei der Formänderungsenergie erfordert
eine Modifikation der Prozedur hinsichtlich der Projektion der einzelnen Eigenvektoren auf die
Struktur. Der Stress-Stiffening-Effekt beschreibt die Kopplung der out of plane Bewegung mit
den Querverschiebungen von Platten und Balken. Er entsteht dann, wenn der Gradient der
Formänderungsenergie infolge von Dehnungen vergleichbar groß zum Gradient der
Formänderungsenergie infolge von Biegung wird. Demzufolge stellt sich hierbei die Frage, wie
man die einzelnen Eigenschwingformen auf die Struktur projiziert, unter Berücksichtigung von
Strukturdehnungen, die durch große Auslenkungen verursacht werden. Es gibt zwei Arten von
Randbedingungen zur Berechnung statischer Auslenkungen mechanischer Strukturen: zum einen
durch Vorgabe der Knotenverschiebungen und zum anderen durch mechanische Kräfte.
Zur
Berechnung
der
Formänderungsenergie
linearer
Strukturen
werden
alle
Knotenverschiebungen des FE-Modells durch die Superposition der einzelnen Eigenvektoren
aufgezwungen. Dagegen werden bei der Berücksichtigung von Stress-Stiffening die modalen
Verschiebungen senkrecht zur neutralen Faser in Arbeitsrichtung der Struktur aufgezwungen
[Meh00b]. Die Knoten, die sich nicht in der neutralen Faser befinden, sind frei beweglich.
Weiterhin sind die Knoten der neutralen Faser, außer senkrecht zur Arbeitsrichtung der Struktur,
ebenfalls frei beweglich. Unter diesen Bedingungen folgt, dass die Poisson-Kontraktion und die
axialen Dehnungen zur Berechnung der Formänderungsenergie berücksichtigt werden können
(Abb. 4-6). Durch die Vorgabe der modalen Auslenkung an der neutralen Faser entsteht ein recht
kleiner Fehler bei der Berechnung der Formänderungsenergie. Dieser Fehler wird durch die
konstante modale Verschiebung in Arbeitsrichtung verursacht (Ist-Lage), welche aufgrund der
Dehnung
variiert
(Soll-Lage).
Durch
eine
weitere
FE-Berechnung
kann
man
die
Knotenverschiebung entsprechend der Dehnung aufbessern. Dies ist jedoch nicht sinnvoll, da
dieser Fehler minimal ist und eine weitere FE-Berechnung den Generation Pass nur weiter
belastet.
70
4 Prozedur zur Ordnungsreduktion von elektrostatisch-mechanischen FE-Modellen
Abb. 4-6: Aufzwingen von Mode 1 auf das FE-Modell unter Berücksichtigung axialer
Dehnungen
Die andere Variante zur Berechnung der Formänderungsenergie unter Berücksichtigung des
Stress-Stiffening-Effekts
ist
die
Verwendung
der
Reaktionskräfte
einzelner
Eigenschwingformen, um die Struktur zu stimulieren [Var00]. Sie bietet eine bessere Relaxation
der Struktur bei der Auslenkung. Dabei werden durch eine lineare statische Analyse zuerst die
Reaktionskräfte der einzelnen im Makromodell betrachteten Eigenschwingformen berechnet.
Dann wird die Struktur durch die Superposition der einzelnen Kräfte stimuliert. Schließlich
werden nach der Berechnung der Formänderungsenergie und der Kapazitäten die Auslenkungen
der einzelnen betrachteten Eigenvektoren gemäß Gl. 4-8 pro Stützstelle berechnet. Diese
Methode hat den Nachteil, dass sie erheblich mehr Rechenzeit als die erste Variante mit Vorgabe
der Auslenkungen benötigt. Diese hohen Rechenzeiten werden durch Konvergenzprobleme
verursacht, vor allem dann, wenn die Struktur weit ausgelenkt wird, um den gesamten
Arbeitsbereich abdecken zu können. Da die Kräfte bei hohen Deformationen der Struktur nicht
linear sind, ist es nicht möglich, wie bei der ersten Variante den Arbeitsbereich der einzelnen
Eigenvektoren im Voraus zu definieren (z.B. 80 % vom Elektrodenabstand). Hierfür sind zuerst
mehrere statische Analysen notwendig, um zu testen, welche Kräfte man benötigt, um solche
Auslenkungen zu erreichen.
Bei
beiden
Varianten
muss
beachtet
werden,
dass
bei
der
Berechnung
der
Formänderungsenergie unter Berücksichtigung von Stress-Stiffening die Option für die
Aktivierung des nichtlinearen Lösers und des Stress-Stiffening-Effekts eingestellt sind (In
Ansys: NLGEOM,ON und SSTIF,ON).
4.2 Analytische Formulierung der Formänderungsenergie und der Kapazitäten
4.2.2
71
Berechnung der Kapazität mittels FEM
Die Wechselwirkungen elektrostatischer Felder mit der mechanischen Struktur können
vollständig durch auslenkungsabhängige Kapazitätsfunktionen beschrieben werden. In diesem
Fall ist es notwendig, je betrachteter Kapazität im FE-Modell eine Kapazitätsfunktion in
Abhängigkeit von den modalen Amplituden zur formulieren (Abb. 4-7).
Abb. 4-7: Verallgemeinerter Kapazitätsbegriff zur Berechnung elektrostatischer Kräfte
In der Praxis werden die Kapazitäten zum unendlichen C k∞ vernachlässigt. Es ergeben sich
daher für das Beispiel in Abb. 4-7 drei für das Makromodell notwendige Kapazitätsfunktionen in
Abhängigkeit von den modalen Amplituden. Die Berechnung der Kapazitätswerte an den
Stützstellen
ist
eine
Fortführung
der
mechanischen
Analyse
zur
Berechnung
der
Formänderungsenergie. Die resultierende Strukturdeformation bei der Superposition der
einzelnen Eigenschwingformen wird zuerst auf den elektrostatischen Feldraum übertragen,
anschließend werden die Kapazitäten durch eine elektrostatische Analyse berechnet. Die
Kapazitäten C kj zwischen den Elektroden k und j können in ANSYS über die Ladung berechnet
werden:
Gl. 4-14
C kj =
Qk
ϕj
.
Dazu erhalten bei der elektrostatischen Analyse sämtliche Elektroden ein Potential von 0 Volt
mit Ausnahme der Bezugselektrode k, welche üblicherweise durch 1 Volt definiert ist. Die
Kapazitäten ergeben sich demzufolge aus den Ladungen der anderen Elektroden j [Sim77].
Entsprechend der Anzahl an Kapazitäten im FE-Modell müssen unter Umständen mehrere
elektrostatische Analysen durchgeführt werden. Am Beispiel von Abb. 4-7 werden die drei
Kapazitäten durch zwei elektrostatische Analysen berechnet:
1. ϕ1 = 1, ϕ 2 = ϕ 3 = 0 Æ C12, C13
2. ϕ 1 = ϕ 3 = 0, ϕ 2 = 1 Æ C21 = C12, C23 oder ϕ 1 = ϕ 2 = 0, ϕ 3 = 1 Æ C31=C13, C23.
72
4 Prozedur zur Ordnungsreduktion von elektrostatisch-mechanischen FE-Modellen
Der Ausgleichsbereich, in dem sich die Stützstellen zur Berechnung der Formänderungsenergie
und
der
Kapazitäten
befinden,
wird
hauptsächlich
durch
die
Übertragung
der
Strukturdeformation auf den elektrostatischen Feldraum begrenzt. Bei der FEM gibt es zwei
Möglichkeiten, um dies zu realisieren (Abb. 4-8). In der ersten Variante wird das Netz verzerrt,
indem das FE-Netz durch die Strukturdeformation mitgeführt wird. Für Strukturen mit Ecken im
elektrostatischen Feldraum scheint die maximale mögliche Auslenkung von 60% des
Elektrodenabstandes die Grenze zu sein, bevor die Elemente zu stark verzerrt werden bzw. bevor
das Netz kollabiert. Die andere Variante ist eine Neuvernetzung des elektrostatischen
Feldraumes nach der Übertragung der Strukturdeformation. Durch die freie Vernetzung des
Feldraumes (3D: Tetraeder- bzw. Pyramidenelemente) ist es möglich, die Struktur fast bis an die
Bodenelektrode auszulenken, natürlich unter der Voraussetzung, dass die Elementgrößen
zwischen den Elektroden entsprechend kleiner werden. Ein Nachteil dieser Variante ist, dass
durch die neue Vernetzung des elektrostatischen Feldraumes die Topologie des FE-Netzes
verändert werden kann, was dazu führt, dass die Kapazitätswerte mit abnehmendem
Elektrodenabstand nicht monoton steigend sind. Dies beeinträchtigt unmittelbar die
anschließenden Ausgleichsrechnungen, wobei möglicherweise Polstellen entstehen. Dieser
Effekt kann reduziert werden, indem das FE-Netz um die Elektroden verfeinert wird. Um die
Anzahl der Elemente nicht in die Höhe zu treiben, wird empfohlen, nur das Gebiet um die
Elektroden neu zu vernetzen (Abb. 4-8 rechts).
Abb. 4-8: Netzverzerrung und Neuvernetzung des elektrostatischen Feldraumes
4.2 Analytische Formulierung der Formänderungsenergie und der Kapazitäten
4.2.3
73
Ausgleichsrechnungen
Der Ausgleichsbereich, in dem sich die Stützstellen der einzelnen gewählten modalen
Freiheitsgrade befinden, wird vom Nutzer definiert (z. b. 70 % vom Elektrodenabstand). Daraus
werden die einzelnen Bereiche der gewählten Eigenvektoren entsprechend der bei der
Moderelevanz ermittelten Prozentualgewichte berechnet. Die Anzahl von Stützstellen hängt vom
Verhalten der Formänderungsenergie und der Kapazität im vordefinierten Ausgleichsbereich ab.
Die Formänderungsenergie weist generell einen parabolischen Verlauf auf, während die
Kapazität abhängig von der Elektrodenbewegung ist. Erfahrungsgemäß sollte die Anzahl von
Stützstellen bei dominanten Eigenvektoren zwischen 7 bis 10 und für relevante
Eigenschwingformen zwischen 4 bis 6 liegen. Am Beispiel der Struktur mit durchgezogener
Elektrode Abb. 4-2 ergeben sich bei einem Elektrodenabstand von 3 µm und einem
Ausgleichsbereich von 95 % des Elektrodenabstands, sprich 2.85 µm, folgende Werte:
Tabelle 2: Initialisierung der FE-Datentabelle
Eigenvektor
DOF
Gewicht
Ausgleichsbereich
Stützstellen
Mode 1
q1
97%
± 2.75 µm
7
Mode 3
q2
2.6 %
± 0.08 µm
7
Mode 7
q3
0.4 %
± 0.02 µm
4
Mode 12
q4
0.1 %
± 0.003 µm
4
Daraus werden insgesamt 392 Werte der Formänderungsenergie und der Kapazität ausgerechnet
(jeweils 196 Werte für die Polynome P123 und P124). Es wird nur eine Kapazität zwischen den
Bodenelektroden und der beweglichen Elektrode (Biegebalken) benötigt. Demzufolge wird pro
Stützstelle eine mechanische und eine elektrostatische Analyse durchgeführt. Das FE-Modell
wurde mit 1920 Elementen und 9613 Knoten aufgebaut. Die gesamte Rechenzeit zur Erstellung
der FE-Datentabelle beträgt bei der Berücksichtigung des Stress-Stiffening-Effektes ca. 6
Stunden (Rechner: AMD Athlon 1.2 GHz, 524 MB RAM). Bei Vernachlässigung des StressStiffening-Effekts (lineare mechanische Berechnungen) beträgt die Gesamtzeit ca. 4 Stunden.
Der zeitliche Aufwand zur Berechnung der FE-Datentabelle ist im ersten Augenblick intensiv,
aber die Vorteile werden bei der Anwendung des Makromodells zur Komponenten- und
Systemanalyse und Simulation offensichtlich.
Anhand der berechneten FE-Daten der Formänderungsenergie und der Kapazität wird eine
Ausgleichsrechnung durchgeführt, um einen analytischen Ausdruck beider Größen zu erhalten.
Gemäß Gl. 4-13 beschränkt sich die Ausgleichsrechnung auf Polynome mit drei Variablen. Das
74
4 Prozedur zur Ordnungsreduktion von elektrostatisch-mechanischen FE-Modellen
erlaubt den Zugriff auf einfache Ausgleichsalgorithmen wie z. B. auf die Methode der kleinsten
Fehlerquadrate von Gauß [Wel96]. Aus den berechneten FE-Daten entsteht folgende sogenannte
Fehlergleichung:
Gl. 4-15
1

1
M

1
(q11q 20 qi0 )1 (q12 q20 qi0 )1
(q11q 20 qi0 )2 (q12 q20 qi0 )2
M
M
(q11q 20 qi0 )s (q12 q 20 qi0 )s
(q
(q
)  c   f   r 
)  ⋅  c  −  f  = r  .
(
)
q 2N 2 qiN i
q 2N 2 qiN i
M
q1N1 q 2N 2 qiN i
N1
1
N1
1
L
L
O
L
1
0
2
 
M
c p 
1


s

1
1
2
 
M
rs 
2
 
M
 f s 
Dabei sind cp die gesuchten Polynomkoeffizienten, s die gesamte Anzahl der Stützstellen, f die
Funktionswerte der Formänderungsenergie bzw. Kapazitäten, r das Residuum und N die
Polynomordnung der einzelnen Variablen q. Jede Zeile der linken Matrix von Gl. 4-15 enthält
die
gesamten
Produkte
der
Polynomvariablen
(Polynomglieder).
Die
gesuchten
Polynomkoeffizienten cn der Fehlergleichung werden so bestimmt, dass die Quadrate der
Residuen r minimal werden.
Ein wichtiger Aspekt bei der Ausgleichsrechnung ist die Wahl geeigneter Ansatzfunktionen.
Diese bestimmen die Qualität der Ausgleichsrechnung und die Anzahl an zu bestimmenden
Polynomkoeffizienten cn. Es wurden drei verschiedene Ansatzfunktionen untersucht und
angewendet:
a) Polynome vom Typ Lagrange: diese Art von Polynomen wird als Standardansatzfunktion
für Ausgleichsrechnungen benutzt. Sie enthalten alle möglichen Produktkombinationen der
Variablen und eignen sich besonders für Funktionen mit mehreren Wendepunkten.
Der Polynomausdruck ist:
PL (q1 , q2 , qi )
4,3,2
2
3
= c0 + c1 ⋅ q1 + c2 ⋅ q1 + c3 ⋅ q1 + c4 ⋅ q1
4
2
Gl. 4-16
3
4
+ c5 ⋅ q2 + c6 ⋅ q1 q2 + c7 ⋅ q1 q2 + c8 ⋅ q1 q2 + c10 ⋅ q1 q2
.
+L
3
2
1
3
2
2
3
2
3
3
2
4
3
+ c56 ⋅ q2 qi + c57 ⋅ q1 q2 qi + c58 ⋅ q1 q2 qi + c59 ⋅ q1 q2 qi + c60 ⋅ q1 q2 qi
2
Die Anzahl der Polynomkoeffizienten p berechnet sich wie folgt:
Gl. 4-17
p = (N q1 + 1)⋅ (N q 2 + 1)⋅ (N qi + 1)
für Polynomordnungen N q1 = 4, N q 2 = 3, N qi = 2 ⇒
p = 60
.
b) Polynome vom Typ Pascal: Diese sind aus dem Pascalschen Dreieck bzw. der Pascalschen
Pyramide bekannt und haben die Eigenschaft, dass die Produkte der Polynomglieder mit hohen
Ordnungen weggelassen werden und sie dadurch nur ca. die Hälfte an Polynomkoeffizienten im
4.2 Analytische Formulierung der Formänderungsenergie und der Kapazitäten
75
Vergleich zu den Polynomen vom Typ Lagrange enthalten. Eine graphische Gegenüberstellung
von Lagrange- und Pascal-Polynomen ist in Abb. 4-9 dargestellt.
Der Polynomausdruck ist:
PP (q1 , q2 , qi )
4,3,2
2
3
= c0 + c1 ⋅ q1 + c2 ⋅ q1 + c3 ⋅ q1 + c4 ⋅ q1
2
4
3
+ c5 ⋅ q2 + c6 ⋅ q1 q2 + c7 ⋅ q1 q2 + c8 ⋅ q1 q2
2
2
2
2
2
2
2
2
+ c9 ⋅ q2 + c10 ⋅ q1 q2 + c11 ⋅ q1 q2
Gl. 4-18
.
+L
+ c28 ⋅ qi + c29 ⋅ q2 qi + c30 ⋅ q2 qi
Die Anzahl der Polynomkoeffizienten p berechnet sich durch die Anwendung des binomischen
Satzes wie folgt:
Gl. 4-19
 N + 3   N q1 − (N q 2 + 1) + 3   N q1 − (N qi + 1) + 3 
 − 
 − 

p =  q1
3
3
.
 3  
 

für Polynomordnungen N q1 = 4, N q 2 = 3, N qi = 2 ⇒ p = 30
Abb. 4-9: Visualisierung der Polynome vom Typ Lagrange und Pascal
c) Reduzierte Lagrange-Polynome: In dieser Variante wird eine weitere Reduzierung der
Polynomkoeffizienten vorgenommen, wobei man nur die Produkte zweier Variablen vom
Lagrange-Polynom berücksichtigt. Jedoch wird die Ausgleichsrechnung nach wie vor
geschlossen durchgeführt. Die Anzahl an Polynomkoeffizienten berechnet sich wie folgt:
76
4 Prozedur zur Ordnungsreduktion von elektrostatisch-mechanischen FE-Modellen
p = ( N q1 + 1) ⋅ ( N q 2 + 1) + ( N q1 + 1) ⋅ N qi + N q 2 ⋅ N qi
Gl. 4-20
für N q1 = 4, N q 2 = 3, N qi = 2 ⇒
p = 36
.
Da die Ergebnisse der Ausgleichsrechnungen in Sekunden erfolgen, ist es möglich, die oben
genannten Polynome schnell mit verschiedenen Ordnungen auszutesten, um eine optimale
Ansatzfunktion mit einem Minimum an Polynomkoeffizienten zu finden. Neben der Auswertung
des Fehlers an den berechneten Stützstellen liefern die partiellen Ableitungen der Funktionen
eine wichtige Aussage über die Qualität der durchgeführten Ausgleichsrechnungen. Aus
mathematischer Sicht repräsentiert die erste Ableitung den Anstieg der Kurve und die zweite
Ableitung die Krümmung. Die physikalische Bedeutung sind entsprechend die Rückstellkraft
und die Tangentensteifigkeit des Systems. Es ist durchaus möglich, dass die aproximierte
Funktion sehr kleine Fehler an den Stützstellen aufweist, jedoch keinen monotonen Verlauf
besitzt. Dieses Verhalten kann bei der Darstellung der ersten und zweiten Ableitung verdeutlicht
werden,
indem
mehrere
Anstiegswechsel
der
Kurve
beobachtet
werden.
Bei
Ausgleichsrechnungen ist dieser Effekt als Polynomschwingungen bekannt [Lan90]. Er entsteht
hauptsächlich bei der falschen Wahl der Ansatzfunktion und bei zu hohen Polynomordnungen.
Die Auswirkungen sind bei der Gleichgewichtsberechnung des Systems verheerend, weil es zu
keiner eindeutigen Lösung kommt. Bei der Formänderungsenergie tritt der störende Effekt eher
selten auf, da diese Funktion einen monotonen Verlauf und stetigen Charakter aufweist (erst bei
sehr großen Auslenkungen tendieren diese Funktionen zum Unendlichen) Abb. 4-10.
Abb. 4-10: Ergebnisse einer Ausgleichung der Formänderungsenergie für q3=0: (A)
Formänderungsenergie, (B) partielle Ableitung der ersten Ordnung, (C) partielle
Ableitung der zweiten Ordnung
4.2 Analytische Formulierung der Formänderungsenergie und der Kapazitäten
77
Anders verhält es sich bei der Kapazitätsfunktion elektromechanischer Mikrosysteme. Da
steigt die Funktion bereits bei endlichen Auslenkungen zum Unendlichen und genau dann, wenn
sich die bewegliche Elektrode an die feststehende annähert und diese berührt. Die
Kapazitätsfunktion ist u. a. abhängig von der Plattenbewegung:
Laterale Plattenbewegungen:
C(x) ~ x/d0
Senkrechte Plattenbewegungen:
C(x) ~ 1/(d0-x)
Dabei ist d0 der Plattenabstand in Ruhelage. Da bei Mikrosystemen generell gleichzeitig sowohl
laterale als auch senkrechte Plattenbewegungen vorhanden sind, werden zur Beschreibung der
Kapazitätsfunktion rationale Polynome als Ansatzfunktionen in der Ausgleichsrechnung der
Form:
Rationale Polynome:
Gl. 4-21
C (q1 , q 2 ,q i ) =
Inverse Polynome:
Gl. 4-22
C (q1 , q 2 ,q i ) =
Z (q1 , q 2 ,q i )
Zq1, Zq 2 , Zqi
1 + N (q1 , q 2 ,q i )
Nq1, Nq 2 , Nqi
1
N (q1 , q 2 ,q i )
Nq1, Nq 2 , Nqi
verwendet, wobei Zq die Polynomordnungen vom Zähler und Nq vom Nenner beschreiben.
Dadurch ändert sich die Fehlergleichung Gl. 4-15 für die Ausgleichsrechnung wie folgt:
Rationale Polynome:
Gl. 4-23
([Z ]s − f s ⋅ [N ]s ) ⋅ C p − f s
Inverse Polynome:
Gl. 4-24
[N ]s ⋅ C p −
= rs
1
= rs .
fs
Die Matrizen Z und N enthalten die Polynomglieder des Zählers und des Nenners. Durch diese
Formulierung der Fehlergleichung ist es möglich, die Methode der kleinsten Fehlerquadrate
weiterhin anzuwenden. Inverse Polynome stellen einen Sonderfall der rationalen Polynome dar.
Diese sind durch eine wesentlich kleinere Anzahl an Polynomgliedern charakterisiert und bilden
eine Alternative zu rationalen Polynomen bei Systemen, in denen die Kapazitätsfunktion nicht
maßgeblich von lateralen Bewegungen beeinflusst wird (siehe Anhang A)
78
4 Prozedur zur Ordnungsreduktion von elektrostatisch-mechanischen FE-Modellen
Abb. 4-11: Ausgleichsrechnungen an Kammzelle-Daten mit verschiedenen Polynomtypen
In Abb. 4-11 sind die Ergebnisse der Kapazitätsfunktion einer Kammzelle nach einer
Ausgleichsrechnung für verschiedene Polynomtypen (normale, inverse und rationale) dargestellt.
Dabei ist die Kapazität am Anfang, wo sich der bewegliche Finger noch außerhalb des
Statorkamms befindet, fast konstant. Im mittleren Bereich ist der Anstieg der Kapazität
entsprechend der lateralen Bewegung fast linear. Am Ende steigt die Kapazität rapide an, da sich
der bewegliche Finger immer mehr dem Statorkamm annähert. Während normale Polynome die
Kapazitätsfunktion nur schwierig approximieren können und Polynomschwingungen aufweisen
(erste Ableitung), kann man mit inversen Polynomen bessere Ergebnisse erzielen. Am Ende der
Kurve entsteht jedoch eine Polstelle. Im Fall einer starken Kombination von lateral und
senkrecht bewegten Strukturen (am Ende der Kurve) kann man die Funktion am besten nur
durch rationale Polynome approximieren. Dieses Beispiel ist ein Extremfall, da die Kämme im
Allgemeinen bereits im Eingriff hergestellt werden. Rationale Polynome sind schwierig zu
handhaben und besitzen außerdem den Nachteil, dass es sehr schnell zu Polstellen bei der
Approximation der Funktion kommt. Vor allem dann, wenn bei der Berechnung der
Kapazitätswerte durch Neuvernetzung eine starke Topologieänderung des FE-Netzes entsteht,
zeigen sich Sprünge bei den Kapazitätswerten und somit ist es eher eine Seltenheit, wenn es bei
4.3 Komponentensimulationen mit dem generierten Makromodell
79
Anwendung der rationalen Polynome nicht zu Polstellen kommt. Sehr gute Erfahrungen wurden
bei der Approximation von Kapazitätsfunktionen bei Mikrosystemen mit inversen Polynomen
gesammelt. Auch dann, wenn die Kapazitätswerte Sprünge aufweisen, werden diese generell
geglättet. Am Beispiel des zweiseitig eingespannten Biegebalkens konnte eine optimale
Kapazitätsfunktion durch das inverse Pascal-Polynom der Ordnung Nq1=7, Nq2=3, Nqi=2
gefunden werden (Fehler < 0,01%). Die Formänderungsenergie wurde mit einem normalen
Pascal-Polynom der Ordnung Nq1=6, Nq2=4, Nqi=3 beschrieben, unter Berücksichtigung des
Stress-Stiffening-Effekts und der Ordnung Nq1=4, Nq2=3, Nqi=2 bei der Vernachlässigung des
Effekts bzw. bei der Linearisierung der mechanischen Struktur.
4.3 Komponentensimulationen mit dem generierten Makromodell
Zur Untersuchung von Bewegungsverhalten von Mikrostrukturen sind hauptsächlich drei
Analysetypen notwendig: die statische Analyse zur Untersuchung der Struktur bei
unterschiedlichen zeitunabhängigen Lasten, die harmonische Analyse zur Berechnung der
Übertragungsfunktion bei verschiedenen harmonischen Lasten und die transiente Analyse zur
Untersuchung der dynamischen Eigenschaften für zeitabhängige Lasten.
4.3.1
Statische Analyse
In einer statischen Analyse elektromechanischer Systeme werden in erster Linie die modalen
Amplituden qi (Aktorwirkung) und die Kapazitäten Cjk (Sensorwirkung) bei Einwirkung
mechanischer sowie elektrostatischer Lasten ermittelt. Die in statischen nichtlinearen
Berechnungen zu lösende Vektorgleichung lautet
Gl. 4-25
~
R − FR = 0 ,
wobei im Vektor R die äußeren modalen Lasten zusammengefasst werden. Aufgrund von im
Makromodell vorhandenen Nichtlinearitäten (mindestens die modale elektrostatische Kraft)
müssen zur Lösung von statischen Berechnungen iterative Verfahren benutzt werden, wie z. B.
die Newton-Raphson-Iteration [Bat90]. Die Newton-Raphson-Iteration läuft darauf hinaus, dass
die Lastvektorbilanz (Residuum) ∆R mit
Gl. 4-26
~
~
~ ~
∆R = R − FR = Fele + Fq − FR ,
gegen null angestrebt wird. In jeder Iteration wird ein nicht ausbalancierter Lastvektor ∆R
berechnet, der einen Verschiebungszuwachs ∆q liefert:
80
4 Prozedur zur Ordnungsreduktion von elektrostatisch-mechanischen FE-Modellen
~
K ⋅ ∆q = ∆R .
Gl. 4-27
~
Dabei ist K die Tangentensteifigkeitsmatrix, deren Einträge aus
Gl. 4-28
∂∆Ri ∂ 2 E mec ∂ 2 E ele
~
=
−
k ij =
∂q j
∂qi ∂q j ∂qi ∂q j
mit
~
∂Fq
∂q
=0
berechnet werden. Anschließend wird die verbesserte modale Verschiebungslösung berechnet
und für die nächste Iteration verwendet. Die Iteration pro Lastschritt wird so lange fortgesetzt,
bis der nicht ausbalancierte Lastvektor des Residuums ∆R oder das Verschiebungsinkrement ∆q
hinreichend klein wird (Abb. 4-12).
Abb. 4-12: Visualisierung der Newton-Raphson-Iterationsschleife zur Lösung nichtlinearer
Gleichungen
In Abb. 4-13 sind die Spannungsauslenkungs-Kennlinien (stabiler und instabiler Äste) der
einzelnen modalen Auslenkungen dargestellt. Der Vergleich mit dem analytischen Modell (s.
Abschnitt 3.4) zeigt eine gute Übereinstimmung der Ergebnisse und bestätigt somit die
vorgenommenen Näherungen zur Formulierung der Formänderungsenergie und der Kapazität
zur Beschreibung des Verhaltens der elektromechanischen Struktur. Abweichungen treten vor
allem dann auf, wenn sich die modalen Auslenkungen den Grenzen des Ausgleichsbereiches
nähern oder diese überschreiten. Bemerkenswert ist der Richtungswechsel bei bestimmten
modalen Freiheitsgraden. Die modalen Auslenkungen sind nicht nur vom Betrag der
elektrostatischen Kraft, sondern auch von der Kraftverteilung selbst abhängig. Im
Ausgangszustand ist die elektrostatische Kraft auf der Oberfläche der Struktur gleichverteilt. Mit
wachsender Auslenkung von Mode 1 erhöht sich die elektrostatische Kraftdichte im mittleren
Bereich der Struktur. Die Auslenkungen von Mode 3, 7 und 12 werden zunächst hauptsächlich
4.3 Komponentensimulationen mit dem generierten Makromodell
81
aufgrund der hohen Auslenkung von Mode 1 und der sich daraus ergebenden Rückstellkraft
stimuliert. Erreicht die elektrostatische Kraftdichte im mittleren Bereich der Struktur einen
kritischen Wert, so werden die Auslenkungen von Mode 3, 7 und 12 vielmehr durch die modale
elektrostatische Kraft stimuliert. Dadurch kommt es zu einem Richtungswechsel der
Auslenkungen der einzelnen Eigenschwingformen (z. B. Mode 3, Abb. 4-13 links, s. dazu auch
Abschnitt 4.3.3).
Abb. 4-13: Die statischen Kennlinien im modalen Unterraum
Eine besondere Bedeutung bei statischen Kennlinien hat die sogenannte Pull-In Spannung,
welche die maximal erreichbare Auslenkung des elektromechanischen Systems beschreibt. Die
Berechnung dieser Spannung mit FEM ist nur schwer möglich, da die Steifigkeit des gesamten
Systems gegen null strebt. Aufgrund der analytischen Beschreibung der Bewegungsgleichung
des Makromodells können solche Analysen problemlos behandelt werden. In Abb. 4-14 wurden
die Ergebnisse in das lokale Koordinatensystem des FE-Modells rücktransformiert. Die Pull-In
Spannung beträgt 87 Volt unter Berücksichtigung des Stress-Stiffening-Effektes und 53 Volt im
linearisierten Fall bei Vernachlässigung des Stress-Stiffening-Effektes. Der Vergleich mit den
FE-Berechnungen zeigt eine gute Übereinstimmung der Ergebnisse. Lediglich bei der Struktur
mit Stress-Stiffening sind die Fehler an der Einspannstelle hoch. Diese werden durch starke
Dehnungen verursacht, die von den vier modalen Freiheitsgraden nicht korrekt erfasst werden
können. Hierfür müssen höhere Eigenschwingformen mit einem hohen Anstieg an der
Einspannstelle berücksichtigt werden. Dieser Fehler beeinflusst jedoch die Kapazität des
Systems nicht, da die Auslenkungen dort minimal sind. Lediglich die mechanischen Spannungen
82
4 Prozedur zur Ordnungsreduktion von elektrostatisch-mechanischen FE-Modellen
werden an der Einspannstelle falsch berechnet. Dies ist ein typisches Problem bei
membranförmigen Strukturen, welches durch die bis an die Einspannstelle durchgezogene
Elektroden zusätzlich verstärkt wird.
Die aufgetretenen Fehler sind nur um die Pull-In Spannung relativ groß. Bereits bei
Spannungen kleiner als 82 Volt sinken die Fehler im mittleren Bereich der Struktur mit StressStiffening-Effekt unter 1% und an den Einspannungen unter 3,5 %.
Abb. 4-14: Rücktransformation der Ergebnisse in lokale Koordinaten des FE-Modells
(Expansion Pass)
4.3 Komponentensimulationen mit dem generierten Makromodell
4.3.2
83
Transiente Analyse
Bei transienten Analysen ist die Untersuchung von nichtlinearen Effekten bei zeitabhängigen
Signalverläufen von besonderer Bedeutung. Typische Anwendungsfälle in der Mikrosystemtechnik sind die Berechnungen von Einschwingvorgängen, z. B.:
-
die Ermittlung von Verzögerungszeiten bei Sensoren
-
die Erfassung des dynamischen Wechselspiels zwischen der Mikrostruktur selbst und der
Elektronik
-
die Verzerrungen der Antwortschwingungen verursacht durch Nichtlinearitäten, die in
einer harmonischen Analyse nicht berücksichtigt werden können.
Zur Lösung einer transienten Analyse mit dem Makromodell werden gemäß Gl. 4-3 die
~
~
modalen Trägheitskräfte FM i und modalen Dämpfungskräfte FD i im Residuum ∆R zusätzlich
berücksichtigt. Da die benutzten Eigenvektoren linear sind, werden die Trägheitskräfte aus den
~ des linearisierten Systems berechnet:
modalen Massen m
i
~
~ ⋅ q&&
FM i = m
ii
i
Gl. 4-29
Dabei berechnen sich die modalen Massen aus der Frequenz des zugehörigen Eigenvektors und
dessen linearer Steifigkeit. Da die Tangentensteifigkeitsmatrix gleich der tatsächlichen
Steifigkeit eines Eigenvektors im Ruhezustand ist, gilt
~
k ii (0,0,L,0)
~
.
mii =
2
Gl. 4-30
ω0i
~
Die modale Massenmatrix M ist wie bei der modalen Superpositionsmethode diagonal. Die
Berücksichtigung der Dämpfungseigenschaften in der transienten Analyse erfolgt über konstante
Dämpfungsmaße:
Gl. 4-31
~
~ ⋅ k~ (0,0,L,0) ⋅ q& = 2 ξ ω m
~ &
FD i = 2ξ ii m
ii
ii
i
ii 0 i ii ⋅ q i .
Die Dämpfungskonstanten ξ ii können direkt pro Eigenvektor eingegeben werden (modale
~
Dämpfungskonstanten ξ ii ) oder auch über den Dämpfungsansatz nach Rayleigh ( α β
Dämpfungskonstanten) gemäß
Gl. 4-32
ξ ii =
βω i
α
.
+
2ω i
2
~
Für die modale Dämpfungsmatrix D gilt dann
84
Gl. 4-33
4 Prozedur zur Ordnungsreduktion von elektrostatisch-mechanischen FE-Modellen
~
~ ~ α
~ ~ βω ~ ~
~
~
D = 2ξ M K =
M K+
M K =α M + β K .
2ω
2
Die modalen Dämpfungskonstanten haben den Vorteil, dass sie günstig aus messtechnischen
Ermittlungen - wenn vorhanden - abgeleitet werden können. Ansonsten müssen sie wie üblich
aus analytischen oder numerischen Ansätzen berechnet werden [Meh98]. Eine weitere
~
unkomplizierte Möglichkeit ist die direkte Berechnung der modalen Dämpfungskräfte FD i aus
einer CFD-Analyse [Löh01] [Meh02]. Die Eigenvektoren werden einzeln nacheinander durch
eine sinusförmige Auslenkung mit der jeweils zugehörigen Eigenfrequenz auf das umgebende
Fluid-Modell aufgezwungen. Die dem Eigenvektor entsprechende modale Dämpfungskraft lässt
sich aus der Verteilung der Reaktionskräfte oder aus dem Druck an der Oberfläche gemäß
Gl. 4-34
~
FD i = φ i ⋅ PFluid dA
∫
ermitteln.
Abb. 4-15: Visualisierung der kombinierten Newmark-Methode und Newton-Raphson-Iteration
zur Durchführung transienter Analysen
4.3 Komponentensimulationen mit dem generierten Makromodell
85
Abb. 4-16: Die dynamische Antwort der einzelnen modalen Freiheitsgrade nach einer
elektrischen Rechteckspannung
Zur Durchführung der transienten Analyse wurde die Kombination der Newmark-Methode
und der Newton-Raphson-Iteration angewendet (Abb. 4-15) [Bat90]. Dabei wird mittels
impliziter Zeitintegration das kinetische Gleichgewicht des Systems zur Zeit t+∆t betrachtet.
Die
Darstellung
der
einzelnen
modalen
Amplituden
(Abb. 4-16)
nach
einem
Spannungssprung zeigt deutlich, wie stark die Nichtlinearitäten aufgrund des Stress-StiffeningEffekts und des elektrostatischen Feldes die einzelnen modalen Freiheitsgrade und demzufolge
das Verhalten der Struktur selbst beeinflussen. Bei der Struktur ohne Stress-Stiffening sind die
einzelnen modalen Freiheitsgrade nur bei einer vorhandenen elektrischen Spannung und
demzufolge durch elektrostatische Kräfte gekoppelt. Nach dem Abschalten der elektrischen
Spannung sind die einzelnen Eigenschwingformen entkoppelt. Dagegen bleibt bei der Struktur
mit Stress-Stiffening die Kopplung nach dem Abschalten der elektrischen Spannung weiterhin
erhalten und nimmt entsprechend der modalen Auslenkung ab. Aus mathematischer Sicht erfolgt
diese Kopplung durch die Einträge der Nebendiagonale in die Steifigkeitsmatrix. Aus
physikalischer Sicht beschreiben solche Kopplungen die subharmonischen Anregungen, die bei
nichtlinearen Systemen auftauchen (s. Abschnitt 2.1).
Die Periodendauer wird ebenfalls durch vorhandene Nichtlinearitäten beeinflusst. Während
bei der idealisierten Struktur die Periodendauer durch die elektrostatische Erweichung zunimmt,
nimmt sie bei hohen Auslenkungen der Struktur mit Stress-Stiffening ab, da der StressStiffening-Effekt eine Versteifung der Struktur verursacht.
86
4 Prozedur zur Ordnungsreduktion von elektrostatisch-mechanischen FE-Modellen
Der direkte Vergleich der erzielten Ergebnisse für die Struktur mit Stress-Stiffening des
Makromodells mit dem 3D FE-Modell ist in Abb. 4-17 dargestellt. Bei der nichtlinearen
transienten Analyse mit ANSYS wird zur Berechnung der Dämpfungsmatrix durch α β
Dämpfungskonstanten nur die zeitlich aktualisierte Steifigkeit der mechanischen Struktur
benutzt. Die Senkung der Steifigkeit durch das elektrostatische Feld kann nicht berücksichtigt
werden. Dies wurde auch im Makromodell nicht berücksichtigt, um dadurch Abweichungen
auszuschließen (ca. 2 % bei den Amplitudenmaxima der ersten Kurvenhälfte). Die Ergebnisse
von Abb. 4-17 zeigen eine sehr gute Übereinstimmung des dynamischen Verhaltens des
Makromodells
mit
dem
FE-Modell.
Bei
den
zwei
ersten
Amplitudenmaxima
der
Antwortschwingung t1 und t2 wurde die Fehlerverteilung der Amplitude an der gesamten
Struktur dargestellt. In beiden Fällen sind die Fehler wie bei der statischen Analyse an der
Einspannstelle der Struktur am größten. Die Gegenüberstellung der Kapazitätsfunktion des
Makromodells und des FE-Modells zeigt, dass diese Fehler die Kapazität kaum beinträchtigen.
Im gesamten Verlauf der Kapazitätskurve ist der Fehler kleiner als 0,4 %. Weiterhin zeigt sich
bei der Darstellung der Fehlerverteilung, wie bei der Moderelevanz zu erwarten war, dass Mode
16 in einem ausgelenkten Zustand erscheint (Überlagerung von Mode 16 mit Mode 1). Mit
diesen Ergebnissen wird die These gestützt, dass es möglich ist, das nichtlineare
Strukturverhalten sowohl statisch als auch dynamisch durch lineare Formfunktionen
zu
beschreiben.
Die Verzerrung der Kurven aufgrund der Wirkung der nichtlinearen elektrostatischen Kräfte
und des Stress-Stiffening-Effekts ist im Makromodell ebenfalls nachweisbar. Aufgrund der
zunehmenden Steifigkeit durch den Stress-Stiffening-Effekt werden die zur Bodenelektrode
gerichteten Halbwellen gestaucht, während die oberen Halbwellen der Antwortschwingung
gezerrt werden. Ist die mechanische Struktur linear, so werden die zur Bodenelektrode
gerichteten Halbwellen gezerrt, während die oberen Halbwellen der Antwortschwingung
gestaucht werden. Die Verzerrung des Kurvenverlaufs beeinträchtigt in hohem Maße die
Schwinggeschwindigkeit und die Schwingbeschleunigung und erschwert damit die elektrische
Auswertung der Signale, weil der Strom geschwindigkeitsproportional ist.
4.3 Komponentensimulationen mit dem generierten Makromodell
Abb. 4-17: Ergebnisse der transienten Analyse mit Stress-Stiffening
87
88
4 Prozedur zur Ordnungsreduktion von elektrostatisch-mechanischen FE-Modellen
4.3.3
Linearisierte harmonische Analyse
Bei der harmonischen Analyse werden die Amplituden und Phasen für harmonische
Erregung linearer Systeme im eingeschwungenen Zustand berechnet. Die beschreibende
Differentialgleichung lautet:
Gl. 4-35
~
~
~
~
~
~
M ⋅ q&& + D ⋅ q& + K ⋅ q = F (t ) mit F (t ) = F ⋅ sin (Ωt + ϕ ) = Fˆ e jΩt .
Mit dem Ansatz q (t ) = qˆ e jΩt wird das Differentialgleichungssystem in ein algebraisches
Gleichungssystem für komplexe Amplituden überführt:
(− Ω
Gl. 4-36
2
)
~
~ ~
⋅ M + jΩ ⋅ D + K ⋅ qˆ e jΩt = Fˆ e jΩt
Gl. 4-37
S (Ω ) =
Gl. 4-38
 S Re
S
 Im
mit
~
~
S Re = K − Ω 2 ⋅ M
und
Fˆ
~
~ ~
= − Ω 2 ⋅ M + jΩ ⋅ D + K
qˆ
~
− S Im  qi Re   FRe 
⋅
=

 ~ 
S Re  qi Im   FIm 
~
S Im = Ω ⋅ D .
Dabei
beschreibt
S(Ω)
die
dynamische
Steifigkeitsmatrix des Systems. Die Ergebnisgrößen müssen am Ende komplex errechnet
werden, d.h. Real- und Imaginärteil getrennt (Zeigergrößen).
Jedes elektromechanische System ist aufgrund der quadratischen Kraft-Spannungs-Beziehung
und der auslenkungsabhängigen Kraftwirkung nichtlinear. Daher kann die Übertragungsfunktion
nur in einem Arbeitspunkt, in dem das System linearisiert wird, berechnet werden. Dies gilt
auch, wenn die mechanische Struktur nichtlinear ist. Die elektrostatische Kraft wird durch eine
Polarisationsspannung VDC, welche die Struktur am Arbeitspunkt auslenkt, und eine überlagerte
Erregerspannung VAC , welche die Struktur am Arbeitspunkt harmonisch stimuliert, beschrieben:
1
~
2 ∂C
Fele i (t ) = ⋅ (VDC + V AC (t )) ⋅
2
∂qi
Gl. 4-39
mit
V AC (t ) = V AC ⋅ sin (Ω t ) .
Damit ergibt sich
Gl. 4-40
∂C 1
1
~
2 ∂C
2
2 ∂C
Fele i (t ) = ⋅ VDC ⋅
+ ⋅ V AC ⋅ sin (Ωt ) ⋅
+ VDC V AC ⋅ sin (Ω t ) ⋅
.
∂qi 2
∂qi
2
∂qi
Die elektrostatische Erregerkraft besteht damit aus drei Termen. Mit dem ersten Term wird eine
statische Analyse durchgeführt, um das System im Arbeitspunkt auszulenken. Dieser Anteil
modifiziert aufgrund von Nichtlinearitäten die modale Steifigkeitsmatrix. Der zweite Term
beschreibt den Wechselanteil in der Erregerkraft und wirkt direkt als Last für die harmonische
4.3 Komponentensimulationen mit dem generierten Makromodell
89
Analyse. Dabei ist die Kraftamplitude proportional dem Produkt aus Gleich- und Wechselanteil
der elektrischen Spannung. Der dritte Term beschreibt die Erregung des mechanischen Systems
auf dem doppelten Wert der Erregerfrequenz. Er muss in einer harmonischen Analyse aufgrund
der Linearisierung vernachlässigt werden. Dies erfolgt dann, wenn die Erregerspannung
wesentlich kleiner als die Polarisationsspannung (VAC << VDC) ist. Praktisch bewirkt dieser
Anteil eine Verzerrung der Antwortschwingung, indem die obere Halbwelle gestaucht wird und
die zur Bodenelektrode gerichtete Halbwelle gezerrt wird (Abb. 4-18 oben). Für die harmonische
Analyse des linearisierten Systems (VAC << VDC) ergibt sich folgende Differentialgleichung:
Gl. 4-41
(
)
∂C
~
~
~ AP ~ AP
M ⋅ q&&i + D ⋅ q& i + K mec
− K ele ⋅ qi = V DC V AC sin (Ω t ) ⋅
.
∂qi
~ AP ~ AP
Dabei beschreibt K mec
− K ele die Tangentensteifigkeitsmatrix im Arbeitspunkt nach der
statischen Analyse.
In
der
Praxis
wird
die
harmonische
Analyse
bei
elektrostatisch-mechanischen
Mikrostrukturen benutzt, um die Frequenzverschiebungen aufgrund von Nichtlinearitäten zu
untersuchen.
Diese
werden
beispielsweise
bei
der
elektrostatischen
Abstimmung
frequenzselektiver Vibrationssensoren ausgenutzt. Neben der elektrostatischen Erweichung wird
auch der Stress-Stiffening-Effekt verwendet [Wib02].
In Abb. 4-18 sind in einer Kurvenschar Frequenzgänge um die erste Resonanzstelle des FEKnotens in der Mitte des zweiseitig eingespannten Biegebalkens für verschiedene
Polarisationsspannungen dargestellt. Bei der Struktur ohne Stress-Stiffening nimmt die Frequenz
mit steigender Polarisationsspannung aufgrund der elektrostatischen Erweichung stetig ab. Bei
der Struktur mit Stress-Stiffening nimmt sie hingegen erst ab, dann wiederum zu, weil ab einer
bestimmten Polarisationsspannung die Auslenkungen so hoch werden, dass der versteifende
Effekt der lateralen Zugkräfte in der Struktur größer ist als der der elektrostatischen Erweichung.
Eine solche Analyse ist bis heute für dreidimensionale elektromechanische Strukturen mit den
kommerziellen FE-Tools nicht möglich.
90
4 Prozedur zur Ordnungsreduktion von elektrostatisch-mechanischen FE-Modellen
Abb. 4-18: Am Arbeitspunkt linearisierte harmonische Analysen
4.4 Berücksichtigung von lokalen Knotenverschiebungen im Makromodell
Bisher wurde das generierte Makromodell unter modalen Randbedingungen behandelt. Diese
stellen anhand der Eigenvektoren globale Lösungsbedingungen dar, welche die gesamte Struktur
beeinflussen (Gl. 4-42). Weiterhin wurden permanente Knotenlasten über Gl. 4-43 im
Makromodell berücksichtigt:
Gl. 4-42
u j (x j , y j , z j ) = ∑ qi ⋅ φ i j (x j , y j , z j )
m
i =1
Gl. 4-43
~
Fq i =
n
∑φ (x , y , z )⋅ F (x , y , z ) .
j
i
j
j
j
j
j
j
j
j =1
Für Anwendungsfälle, in denen die Randbedingungen zeitweilig an spezifischen Knoten des FEModells definiert werden (z. B.: Kontaktprobleme), ist es notwendig, eine bidirektionale
4.4 Berücksichtigung von lokalen Knotenverschiebungen im Makromodell
91
Kopplung zwischen den lokalen und den modalen Koordinaten in die Bewegungsgleichung des
Makromodells einzubeziehen. Die bidirektionale Kopplung wird unter Anwendung der
Lagrangeschen Multiplikatoren aufgebaut. Die Lagrangeschen Multiplikatoren λj beschreiben im
Allgemeinen Nebenbedingungen, die für bestimmte Lösungsvariablen vorgeschrieben werden
[Bat90]. Bei der Vorgabe einer Auslenkung uj in lokalen Koordinaten kommt es zu einer
zunächst unbekannten internen Kraft, welche die Struktur zu dieser Auslenkung uj zwingt. Diese
Kraft stellt eine Nebenbedingung λj unmittelbar am Knoten j dar und wird gemäß Gl. 4-43 in den
modalen Unterraum transformiert. Weiterhin müssen die modalen Verschiebungen durch die
vorgegebene Auslenkung uj die Gl. 4-42 zusätzlich erfüllen. Im stationären Fall entsteht damit
folgendes Gleichungssystem, aus dem die Strukturdeformation bei Vorgabe von lokalen
Randbedingungen durch das Makromodell berechnet werden kann:
Gl. 4-44
~
 K ⋅ ∆qi −








n
∑φ
j
i
~
~
~
⋅ λ j = Fele i + Fq i − FR i = ∆R
j =1
n
uj −
∑ q ⋅φ
i
j
i
=0
.
i =1
K ⋅ u j + λ j = Fj
Die Einträge der Matrix K beschreiben lediglich die Steifigkeiten der eventuell an den Knoten ui
befestigten äußeren Federn. Anderenfalls sind diese null. Am Beispiel eines Makromodells mit
vier modalen Freiheitsgraden gekoppelt mit zwei Knoten vom FE-Modell wird die
Bewegungsgleichung in Matrixform wie folgt aufgestellt:
Gl. 4-45
92
4 Prozedur zur Ordnungsreduktion von elektrostatisch-mechanischen FE-Modellen
Für
jeden
berücksichtigten
Knoten
von
lokalen
Koordinaten
werden
in
der
Bewegungsgleichung des Makromodells zwei zusätzliche Gleichungen formuliert. Der Einsatz
einer solchen bidirektionalen Kopplung kann z. B. zur Behandlung von Kontaktproblemen
verwendet werden. In Abb. 4-19 ist ein solches Beispiel eines einseitig eingespannten
Biegebalkens mit einem Anschlag dargestellt. In Ruhelage ist der Kontakt offen. Durch Anlegen
einer Polarisationsspannung wird der Biegebalken durch elektrostatische Kräfte in Richtung der
Bodenelektrode soweit gezogen, bis der Kontakt geschlossen ist. Werden die mit dem Anschlag
in Berührung kommenden Knotenauslenkungen uk größer als der zulässige Kontaktabstand gap
(uk – gap>0), wird eine durch die Kontaktsteifigkeit charakteristische Gegenkraft Fk erzeugt, um
ein Eindringen zu verhindern. In diesem Falle sind die Einträge der Steifigkeitsmatrix Kuk für die
mit dem Anschlag in Berührung kommenden Knoten nicht mehr null, sondern sie nehmen den
Wert der Kontaktsteifigkeit an (analog zur Behandlung solcher Probleme mit FEM). Das
Makromodell muss entsprechend dem Kontaktzustand (offen oder geschlossen) in der Lage sein,
die Strukturdeformation durch die Eigenvektoren zu erfassen. Abb. 4-19 zeigt, dass nur sechs
Eigenschwingformen notwendig sind, um hohe Genauigkeiten erreichen zu können [Ben03].
4.5 Berücksichtigung der elektrischen Eigenschaften im Makromodell
Zur Analyse des generierten Makromodells in einem elektrischen Netzwerk ist es notwendig,
zusätzlich zu den modalen Freiheitsgraden den elektrischen Strom in der Bewegungsgleichung
mit zu berücksichtigen. Zum Aufbau der Systemmatrizen wird die Auslenkungs-SpannungsAnalogie benutzt:
Gl. 4-46
~
 M qq

 0
~
0  q&&  D qq
⋅  + ~
0 ϕ&&  D Vq
~
~
D qV   q&   K qq
~ ⋅  +  ~
D VV  ϕ&   K Vq
~
K qV   ∆q  ∆R 
~ ⋅  =  
K VV  ∆ϕ   ∆I 
Dabei sind I und ϕ jeweils der elektrische Strom und das elektrische Potential, welche pro
Elektrode eines FE-Modells einen elektrischen Freiheitsgrad bilden. Aus der zeitlichen
Ladungsänderung ist es möglich den elektrischen Strom wie folgt zu berechnen:
∆I i =
Gl. 4-47
∂Qi
=
∂t
∑
j

 C ij



∂ϕ j  ∂C ij
 ∂ϕ
 +
⋅  i −
⋅ (ϕ i − ϕ j ) 
∂t  ∂t
 ∂t

wobei
Gl. 4-48
∂C ij
∂t
=
∑
n
∂C ij ∂q n
⋅
=
∂q n ∂t
∂C ij
∑ ∂q
n
n
⋅ q& n .
4.5 Berücksichtigung der elektrischen Eigenschaften im Makromodell
Abb. 4-19: Behandlung von Kontaktproblemen mit dem Makromodell
93
94
4 Prozedur zur Ordnungsreduktion von elektrostatisch-mechanischen FE-Modellen
Um die Systemmatrizen aufzustellen, wird keine zusätzliche Größe im Generation Pass
benötigt. Alle notwendigen elektrischen Parameter lassen sich aus den bereits vorhandenen
Kapazitätsfunktionen ableiten. Für eine gegebene Anzahl von Elektrodenpaaren nc werden die
Einträge der Steifigkeitssubmatrizen wie folgt berechnet:
-
Kräfteänderungen infolge von modalen Verschiebungen:
Gl. 4-49
-
∂ 2 E mec
∂ 2 E ele
1
~
−
=−
K ijqV =
∂qi ∂ϕ j ∂qi ∂ϕ j
2
nc
∑
nc
∂C nc ∂Vnc2
⋅
∂qi ∂ϕ j
Stromänderungen infolge von Spannungsänderungen:
∂I
~
K ijVV = i = −
∂ϕ j
Gl. 4-51
-
∑
∂ 2 C nc
⋅ Vnc2
∂qi ∂q j
Kräfteänderungen infolge von Spannungsänderungen:
Gl. 4-50
-
∂ 2 E mec ∂ 2 E ele ∂ 2 E mec 1
~
K ijqq =
−
=
−
∂qi ∂q j ∂qi ∂q j ∂qi ∂q j 2
∑
nc
∂C nc ∂Vnc
⋅
∂t ∂ϕ j
Stromänderungen infolge von modalen Verschiebungen:
Gl. 4-52
∂I
~
K ijVq = i = −
∂q j
 ∂  ∂C nc 
∂C ∂V 

 ⋅ Vnc + nc ⋅ nc 
∂q j
∂t 
j  ∂t 
∑  ∂q
nc
Die zugehörigen elektrischen Anteile der Dämpfungsmatrix werden wie folgt berechnet:
-
die elektrostatische Kraft ist unabhängig von zeitlichen Vorgängen und damit
Gl. 4-53
Gl. 4-54
-
D
~
∂Fele i
~
= 2 ξ iiω 0 i mii ⋅ q& i mit
=0
∂q& j
qV
ij
D
=
~
∂Fele i
∂ϕ& j
= 0.
induzierte Ströme infolge von Spannungsrate
Gl. 4-55
-
qq
ii
DijVV =
∂I i
=
∂ϕ& j
∑
nc
C nc ⋅
∂V&nc
∂ϕ& j
induzierte Ströme infolge von modalen Geschwindigkeiten
4.6 Berücksichtigung von Beschleunigungslasten
Gl. 4-56
DijVq =
∂I i
=
∂q& j
95
∑ ∂q
∂C nc
nc
⋅ Vnc
j
~
Weiterhin ist M qq die modale Masse. Die Schreibweise von Gl. 4-46 ist kompatibel mit den
FEM-Formulierungen [Gyi99]. Da sich der Spannungsvektor auf der linken Seite der Gl. 4-46
befindet, muss bei spannungsgesteuerten elektromechanischen Strukturen das Gleichungssystem
durch das Strafverfahren gelöst werden [Bat90].
4.6 Berücksichtigung von Beschleunigungslasten
Die Beschleunigungslasten werden im Makromodell über modale Kräfte beschrieben. Dafür
muss die Beschleunigung in eine auf den Knoten des FE-Modells wirkende Kraft umgewandelt
werden. Eine Möglichkeit besteht darin, die Struktur in ihrer Ruhelage durch Lager festzuhalten
und dort die Reaktionskräfte aufgrund einer Beschleunigung auszulesen. Anschließend wird die
Richtung der Reaktionskräfte durch Vorzeichenwechsel umgedreht und gemäß Gl. 4-6 in modale
Kräfte umgewandelt. Die modalen Kräfte lassen sich dann entsprechend der Beschleunigung im
Makromodell skalieren. Die Knoten, die mit Lagern befestigt sind, müssen denen der
Eigenvektoren entsprechen. Werden z. B. die Knoten der Eigenvektoren zur Beschreibung des
Makromodells an der neutralen Faser benutzt, so müssen auch die Lager dort eingesetzt werden
(Abb. 4-20 oben). Diese Vorgehensweise gilt nur für Klein-Signalverhalten und für
Beschleunigungen, die nur in einer Richtung des Koordinatensystems des FE-Modells wirken.
Bei Groß-Signalverhalten sind die Reaktionskräfte stets nichtlinear und müssen in
Abhängigkeit von den modalen Auslenkungen beschrieben werden. Dieser Fall spielt in der
Mikrosystemtechnik eher eine untergeordnete Rolle. Allerdings erlangen diese nichtlinearen
Reaktionskräfte Bedeutung, wenn Querbeschleunigungen auftreten. Dieser Fall ist vor allem bei
mikromechanischen 1D-Beschleunigungssensoren mit Kapazitätsauswertung kritisch. Eine
Querbeschleunigung kann im ausgelenkten Zustand der Struktur zur einer Kapazitätsänderung
führen und damit zu falschen Auswertungen der Beschleunigung in Nutzrichtung. Im
Makromodell kann die Querbeschleunigung analog zu Formulierung der Formänderungsenergie
und der Kapazitäten durch Ausgleichsrechnung berücksichtigt werden. Zunächst wird für eine
gegebene Menge an modalen Verschiebungen die entsprechende Strukturdeformation berechnet.
Durch ein Koordinaten-Update wird die Geometrie der Strukturdeformation für die nächste
Analyse beibehalten, wobei die Reaktionskräfte an den Lagern, wo die Struktur durch die
Eigenvektoren aufgezwungen wurde, aufgehoben werden. Anschließend werden Lager
eingesetzt, die in Richtung der Querbeschleunigung gleiten können, um dort die entsprechenden
96
4 Prozedur zur Ordnungsreduktion von elektrostatisch-mechanischen FE-Modellen
Reaktionskräfte zu berechnen. Dieser Ablauf wird mehrmals wiederholt, bis der Arbeitsbereich
der Struktur abgedeckt wird. Aus den berechneten Stützstellen wird durch eine
Ausgleichsrechnung schließlich die Reaktionskraft in Abhängigkeit von den modalen
Verschiebungen analytisch formuliert (Abb. 4-20 unten). Die Reaktionskraft wird durch Gl. 4-6
in modale Kräfte umgewandelt und entsprechend der Querbeschleunigung ebenfalls skaliert.
Abb. 4-20: Beschreibung der Beschleunigungslast in Arbeitsrichtung und in Querrichtung
4.7 Export des Makromodells in Systemsimulatoren
Das Endziel der Makromodellierung ist die Überführung der notwendigen Daten in
Systemsimulatoren. Während dieser Arbeit standen als Systemsimulatoren Matlab\Simulink,
MicroSim v7.1 (PSpice) und das VHDL-AMS Programm AdvanceMS zur Verfügung. Daher
wird die Beschreibung der generierten Makromodelle in diese genannten Systemsimulatoren im
Folgenden diskutiert. Das Makromodell soll in Form einer Blackbox beschrieben werden, um es
einfach über Klemmen an das Systemmodell anschließen zu können. Mit Analogblöcken, wie
Summationspunkten, Proportionalgliedern, Integratoren und verschiedenen Quellen kann jede
Differentialgleichung in einem analogen Signalflussplan abgebildet werden. Dabei wird die
Differentialgleichung zunächst nach der höchsten Ableitung aufgelöst. Aus Gl. 4-3 wird dann
Gl. 4-57
~
~ ~
~
~
M ⋅ q&& = Fq + Fele − FR − D ⋅ q&
4.7 Export des Makromodells in Systemsimulatoren
97
graphisch in Matlab\Simulink und PSpice aufgebaut oder in VHDL-AMS explizit geschrieben,
da es ein skriptorientiertes Programm ist. Im Grunde genommen verläuft die Generierung des
Blackbox-Modells in allen drei Systemsimulatoren nach demselben Schema. Dazu werden eine
Initialisierung des Makromodells und eine Baugruppe benötigt, welche das Verhalten dieses
Makomodells beschreibt. Das Hauptproblem ist die syntaktische Beschreibung der modalen
Rückstellkraft und der elektrostatischen Kraft im jeweiligen Systemsimulator. Die Bezeichnung
der generierten Blackbox-Modelle ist einheitlich über ROM i j k festgelegt. Dabei ist i die
Anzahl der modalen Freiheitsgrade, j die Anzahl der Elektroden und k die Anzahl der
berücksichtigten Kapazitäten. Im weiteren Verlauf dieses Abschnitts wird das bisher
angewendete Makromodell des zweiseitig eingespannten Biegebalkens benutzt. Damit ist die
Bezeichnung des Blackbox-Modells ROM421. Zur Vereinfachung der Darstellung der Blackbox~
Modelle wird das Verhalten von Grundmodellen diskutiert, d.h. Gl. 4-3 mit Fq = 0 bei Simulink,
Gl. 4-3 und Gl. 4-47 für die Netzwerksimulatoren PSpice und für die VHDL-AMS
Programmsprache.
4.7.1
Beschreibung des Makromodells in Simulink
Das Blackbox-Modell wird in Simulink durch die Baugruppe SubSystem beschrieben
(Abb. 4-21).
Dabei
werden
die
Eingangsklemmen
(elektrische
Potentiale)
und
die
Ausgangsklemmen (modale Verschiebungen, Knotenverschiebungen des FE-Modells und
Kapazitäten) durch Gl. 4-57 definiert. In Simulink ist es möglich, dass in einer Leitung mehrere
Größen fließen können. Durch die Baugruppen Mux und Demux werden mehrere Größen in einer
Leitung zusammengefügt bzw. in zuordnungsfähige Gruppen aufgeteilt (Verschiebungsvektor,
elektrostatischer Kraftvektor, ... ). Damit vereinfacht sich die Verhaltensbeschreibung des
Makromodells innerhalb des Blackbox-Modells, indem man die Differentialgleichung in
Matrixform ausdrückt. Mit den Baugruppen MATLAB Function ist es möglich, auf in MATLAB
geschriebene mathematische Funktionen zurückzugreifen. Damit wird einmal die Funktion
ROMSIMU aufgerufen, welche die Rückstellkräfte, die elektrostatischen Kräfte und die
Kapazität zur jeder Zeitschrittiteration neu berechnet (s. Anhang B.1), und zum Anderen erfolgt
durch eine zweite Funktion die Rücktransformation der Ergebnisse in die lokalen Koordinaten
des FE-Modells gemäß Gl. 4-2.
98
4 Prozedur zur Ordnungsreduktion von elektrostatisch-mechanischen FE-Modellen
Abb. 4-21: Verhaltensbeschreibung des Makromodells in Simulink
4.7.2
Beschreibung des Makromodells mit der Programmsprache VHDL-AMS
Die Flexibilität der VHDL-AMS Programmsprache erlaubt es analog zu MATLAB\Simulink
vorzugehen. Die Konstanten, die für die Initialisierung des Makromodells notwendig sind,
können in VHDL-AMS außerhalb der eigentlichen Verhaltensbeschreibung des Makromodells
über PACKAGE definiert werden:
package ROMPACK is
--Initialisierungsparameter
constant NUMPOLY :integer:=2;
--Anzahl der Polynome (f(q1q2q3),f(q1q2q4))
constant MASS :real_vector(1 to 4):=(4.615701e-9, ...); -- modale Masse
constant DAMP :real_vector(1 to 4):=(2.228924e-6, ...); -- modale Dämpfung
--Initialisierung der Polynomdaten zur Berechnung der Rückstellkräfte
constant Eord :real_vector(1 to 3):=(6.0, 4.0, 3.0);
--Polynomordnung
constant Efun :integer:=2;
--Ansatzfunktion (2 für Pascal)
constant Etype :integer:=1;
--Polynomtyp (1 für normal)
constant Efac :real_vector(1 to 3):=(1.0, 1.0, 1.0);
--Skalierungsfaktoren
constant Eanz :integer:=70;
--Koeffizientenanzahl pro Polynom
constant Ecoe :real_vector(1 to 140):=(
--gesamte Polynomkoeffizienten
0.0000048606368000000002,
0.0000427856540000000000,
3.3635898000000002000000,
-0.0000307546799999999970,
...
-2773.5497999999998000000,
8467.8817999999992000000,
-4903.4341000000004000000,
14732.3660000000000000000);
--Initialisierung der Polynomdaten zur Berechnung der Kapazität
constant Cord :real_vector(1 to 3):=(7.0, 3.0, 2.0);
4.7 Export des Makromodells in Systemsimulatoren
constant Cfun :integer:=2;
constant Ctype :integer:=2;
constant Cfac :real_vector(1 to 3):=(1.0, 1.0, 1.0);
constant Canz :integer:=66;
constant Ccoe :real_vector(1 to 132):=( ... );
end;
99
--Polynomtyp (2 für Inverse)
In VHDL-AMS wird zuerst die Topologie des Blackbox-Modells über ENTITY aufgebaut.
Im folgenden Programmskript zur Beschreibung des Makromodells des zweiseitig eingespannten
Biegebalkens werden zwei Klemmen, COND1 und COND2, für die elektrischen Potentiale und
vier Klemmen, DOF1, DOF2, DOF3 und DOF4, für die modalen Verschiebungen definiert. An
den Klemmen COND wird das Potential vcond als Differenzgröße und der Strom icond als
Flussgröße definiert. Analog dazu ist bei den Klemmen DOF die Differenzgröße die modale
Verschiebung q und die Flussgröße die modale Kraft fq. Es werden zwei Funktionen benötigt,
ROMOPER zu Berechnung des Funktionswertes und dessen Ableitungen und SUKCONS zum
sukzessiven Aufbau der Polynome. Die letztere gibt einen Vektor von zehn Einträgen aus,
nämlich den Wert der Formänderungsenergie und dessen Ableitungen (vier Rückstellkräfte), und
den Wert der Kapazität und dessen vier Ableitungen. Diese werden anschließend benutzt, um die
Bewegungsgleichung des Makromodells aufzustellen. Der elektrische Strom wird gemäß
Gl. 4-47 beschrieben. Das Programmskript wurde mit ADVanceMS v1.2 getestet, welches keine
Vektor- bzw. Matrixoperationen unterstützt. Daher wurde die Bewegungsgleichung in ein
System von Differentialgleichungen aufgeteilt:
entity CCBEAM is
port (terminal DOF1, DOF2, DOF3, DOF4: structural;
terminal COND1, COND2: electrical);
--Festlegung der Ergebnisvektorgröße von ROMOPER
subtype OUTSIZE is real_vector(1 to 5);
--Festlegung der Ergebnisvektorgröße von SUKCONS
subtype OUTSIZE2 is real_vector(1 to 10);
end;
architecture behav of CCBEAM is
quantity q1 across fq1 through DOF1 ;
quantity q2 across fq2 through DOF2 ;
quantity q3 across fq3 through DOF3 ;
quantity q4 across fq4 through DOF4 ;
quantity vcond1 across icond1 through COND1;
quantity vcond2 across icond2 through COND2;
quantity FORCE:OUTSIZE2:=(others=>0.0);
--################################################################---####################### ROMOPER ###########################---################################################################-function ROMOPER(constant IN1, IN2, IN3 : in real:=0.0;
constant COE, ORD, REGFAC :in real_vector;
constant FUN, TYP :in integer :=0) return OUTSIZE is
...
(s. Anhang B.2)
100
4 Prozedur zur Ordnungsreduktion von elektrostatisch-mechanischen FE-Modellen
return OPEROUT;
end function ROMOPER;
--################################################################---####################### SUKCONS ###########################---################################################################-function SUKCONS(constant q1,q2,q3,q4: in real) return OUTSIZE2 is
...
(s. Anhang B.2)
return RetVal;
end function SUKCONS;
--################################################################--- Verhaltensbeschreibung des Makromodells
begin
FORCE==SUKCONS(q1,q2,q3,q4);
fq1==-((0.5*FORCE(7)*(vcond1-vcond2)**2))+(MASS(1)*q1'dot'dot+
DAMP(1)*q1'dot+FORCE(2));
fq2==-((0.5*FORCE(8)*(vcond1-vcond2)**2))+(MASS(2)*q2'dot'dot+
DAMP(2)*q2'dot+FORCE(3));
fq3==-((0.5*FORCE(9)*(vcond1-vcond2)**2))+(MASS(3)*q3'dot'dot+
DAMP(3)*q3'dot+FORCE(4));
fq4==-((0.5*FORCE(10)*(vcond1-vcond2)**2))+(MASS(4)*q4'dot'dot+
DAMP(4)*q4'dot+FORCE(5));
-- Elektrischer Strom
icond1==(FORCE(6)*(vcond1'dot-vcond2'dot))+((vcond1-vcond2)*
(FORCE(7)*q1'dot+FORCE(8)*q2'dot+FORCE(9)*q3'dot+
FORCE(10)*q4'dot));
icond2==(FORCE(6)*(vcond2'dot-vcond1'dot))+((vcond2-vcond1)*
(FORCE(7)*q1'dot+FORCE(8)*q2'dot+FORCE(9)*q3'dot+
FORCE(10)*q4'dot));
end architecture behav;
4.7.3
Beschreibung des Makromodells in PSpice
Im Gegensatz zur MATLAB/Simulink und der VHDL-AMS Programmsprache war es nicht
möglich, mit der SPICE-Syntax die Funktion ROMOPER zur Berechnung der Funktionswerte
und deren Ableitungen sowie die Funktion zum sukzessiven Aufbau der Polynome zu
implementieren. Hierfür wurden die einzelnen benötigten Funktionen, Rückstellkräfte,
elektrostatische Kräfte sowie Kapazitätswerte, explizit über E_ABM-Baugruppen beschrieben.
Die E_ABM-Syntax signalisiert dabei, dass es sich um eine ABM-Baugruppe handelt, welche
eine Spannung am Ausgang erzeugt. Die darauf folgende Zahl gibt die Anzahl der Eingänge der
Baugruppe an. Für die Rückstellkräfte und die Kapazitäten entspricht dies der Anzahl der
modalen Freiheitsgrade und, zusätzlich für die elektrostatischen Kräfte, der Anzahl der
Potentiale an den Elektroden. Zwischen den geschweiften Klammern werden dann die expliziten
Ausdrücke der entsprechenden Polynome angegeben. Hierfür wurde ein Programm in MATLAB
geschrieben, welches syntaktisch die Polynomglieder der ABM-Baugruppen formuliert.
Aufgrund seiner Größe ist dieses Programm nicht im Anhang aufgelistet.
4.7 Export des Makromodells in Systemsimulatoren
101
Das Makromodell wird in SPICE-Syntax über eine Netzliste beschrieben, welche einen
SUBCIRCUIT darstellt. Der Nutzer muss in der Bibliothek eine neue Baugruppe beschreiben,
welche die Klemmen entsprechend der Netzliste beinhaltet. Über INCLUDES wird die Datei, in
der die Netzliste gespeichert ist, eingelesen. Am Beispiel des zweiseitig eingespannten
Biegebalkens ist die Baugruppe in Abb. 4-22 A dargestellt. In der folgenden Netzliste werden
zuerst die modalen Massen und Dämpfungen als Parameter definiert. Anschließend wird gemäß
Gl. 4-57 jeder modale Freiheitsgrad zuerst als entkoppelter Schwinger beschrieben (Abb. 4-22
C). Gekoppelt werden diese einzelnen Schwinger anschließend durch die ABM-Baugruppen
bzw. durch die Rückstell- und elektrostatischen Kräfte. Im letzten Teil der Netzliste wird der
elektrische Strom beschrieben gemäß Gl. 4-47 (Abb. 4-22 B). Da die ABM-Baugruppe zur
Berechnung der Kapazitätswerte Spannungen als Signal liefert, wird der Ausdruck des Stroms
mit diesem Signal und den Potentialen der Struktur beschrieben. Anschließend wird über
Widerstände der berechnete Strom in die Klemmen der Potentiale eingespeist. Damit ist es
möglich, Ströme sowie Potentiale in der Baugruppe vorzugeben. Die Widerstände können
Skalierungsfaktoren - falls das Makromodell nicht im ISO-System aufgebaut wurde - oder auch
die Innenwiderstände der Leitungen beschreiben:
* Schematics Subcircuit *
.SUBCKT ROM421 COND1 COND2 DOF1 DOF2 DOF3 DOF4 CAPA1
***********************************************************************
*************** INITIALISIERUNGSPARAMETER ****************
***********************************************************************
.param M1 = 4.615701e-009
.param D1 = 2.228924e-006
.param M2 = ...
.param D2 = ...
.param M3 = ...
.param D3 = ...
.param M4 = ...
.param D4 = ...
***********************************************************************
*************** MODALER FREIHEITSGRAD 1 ***************
***********************************************************************
G_INTEG1
0 $$U_INTEG1 VALUE {V(fm1)}
C_INTEG1
$$U_INTEG1 0 {1/1.0}
R_INTEG1
$$U_INTEG1 0 1G
E_INTEG1
velo1 0 VALUE {V($$U_INTEG1)}
.IC
V($$U_INTEG1) = 0v
E_DIFF1
acce1 0 VALUE {V(fres1,fd1)}
E_GAIN1
fm1 0 VALUE {1/M1 * V(accel1)}
G_INTEG2
0 $$U_INTEG2 VALUE {V(velo1)}
C_INTEG2
$$U_INTEG2 0 {1/1.0}
R_INTEG2
$$U_INTEG2 0 1G
E_INTEG2
DOF1 0 VALUE {V($$U_INTEG2)}
.IC
V($$U_INTEG2) = 0v
E_DIFF2
fres1 0 VALUE {V(Fele1,Fr1)}
E_GAIN2
fd1 0 VALUE {D1*V(velo1)}
102
4 Prozedur zur Ordnungsreduktion von elektrostatisch-mechanischen FE-Modellen
***********************************************************************
*************** MODALER FREIHEITSGRAD 2 ***************
***********************************************************************
G_INTEG3
0 $$U_INTEG3 VALUE {V(fm2)}
...
******************************************************************************
************ BERECHNUNG DER RÜCKSTELLKRAEFTE ***********
******************************************************************************
E_ABM41 Fr1 0 VALUE {(
+ (4.278565e-005)*(1.0e+000)+
+ 2*V(DOF1)*(3.363590e+000)*(1.0e+000)+
+ 3*V(DOF1)*V(DOF1)*(-3.075468e-005)*(1.0e+000)+
+ 4*V(DOF1)*V(DOF1)*V(DOF1)*(1.208831e+000)*(1.0e+000)+
...
+ V(DOF2)*0*0*0*(-4.903434e+003)*(1.0e+000)+
+ 2*V(DOF1)*V(DOF2)*0*0*0*(1.473237e+004)*(1.0e+000)+
+ V(DOF2)*V(DOF2)*0*0*0*(0.000000e+000)*(1.0e+000)+
+ 0)+ 0)+ 0}
E_ABM42 Fr2 0 VALUE { ... }
E_ABM43 Fr3 0 VALUE { ... }
E_ABM44 Fr4 0 VALUE { ... }
***********************************************************************************
******** BERECHNUNG DER ELEKTROSTATISCHEN KRAEFTE ******
***********************************************************************************
E_ABM65 Fele1 0 VALUE {
+ 0.5*(V(COND1)-V(COND2))*(V(COND1)-V(COND2))*((
+ (2.459252e+000)*(1.0e+000)+
+ V(DOF1)*(1.141383e+000)*(1.0e+000)+
+ V(DOF1)*V(DOF1)*(1.645142e-002)*(1.0e+000)+
+ V(DOF1)*V(DOF1)*V(DOF1)*(-1.419511e+000)*(1.0e+000)+
...
}
E_ABM66 Fele2 0 VALUE { ... }
E_ABM67 Fele3 0 VALUE { ... }
E_ABM68 Fele4 0 VALUE { ... }
*************************************************************************
*************** BERECHNUNG DER KAPAZITAET ***************
*************************************************************************
E_ABM69 CAPA1 0 VALUE { ... }
*************************************************************************
**************** BESCHREIBUNG DES STROMS ***************
*************************************************************************
E_DIFF9
$N_0006 0 VALUE {V(COND2,COND1)}
E_DIFF10
$N_0009 0 VALUE {V(COND1,COND2)}
C_DIFFER1
$N_0006 $$U_DIFFER1 1
V_DIFFER1
$$U_DIFFER1 0 0v
E_DIFFER1
$N_0003 0 VALUE {1.0 * I(V_DIFFER1)}
C_DIFFER2
$N_0009 $$U_DIFFER2 1
V_DIFFER2
$$U_DIFFER2 0 0v
E_DIFFER2
$N_0005 0 VALUE {1.0 * I(V_DIFFER2)}
E_MULT1
$N_0001 0 VALUE {V(CAPA1)*V($N_0003)}
E_MULT2
$N_0004 0 VALUE {V(CAPA1)*V($N_0005)}
E_SUM1
$N_0011 0 VALUE {V($N_0008)+V($N_0001)}
E_SUM2
$N_0012 0 VALUE {V($N_0010)+V($N_0004)}
C_DIFFER3
CAPA1 $$U_DIFFER3 1
V_DIFFER3
$$U_DIFFER3 0 0v
4.8 Alternativen zur Eigenschwingform als lineare Formfunktion
103
E_DIFFER3
$N_0007 0 VALUE {1.0 * I(V_DIFFER3)}
E_MULT3
$N_0008 0 VALUE {V($N_0006)*V($N_0007)}
E_MULT4
$N_0010 0 VALUE {V($N_0009)*V($N_0007)}
R_R1
$N_0011 COND1 1
R_R2
$N_0012 COND2 1
**********************************************************
**********************************************************
.ENDS ROM421
**********************************************************
************************* ENDE *************************
**********************************************************
Abb. 4-22: Blackbox-Modell in PSPICE mit 4 modalen Freiheitsgraden, 2 Elektroden und 1
Kapazität
4.8 Alternativen zur Eigenschwingform als lineare Formfunktion
In der hier vorgestellten Prozedur zur Ordnungsreduktion von FE-Modellen wurden zur
Beschreibung des nichtlinearen Verhaltens des Ausgangsmodells lineare Formfunktionen, die
Eigenschwingformen der linearisierten Struktur, benutzt. Voraussetzung dafür ist die
Möglichkeit, den nichtlinearen Deformationszustand im gesamten Arbeitsbereich der Struktur
durch
diese
linearen
Formfunktionen
korrekt
abzubilden.
Dazu
Eigenschwingformen als einfache und effiziente Formfunktionen erwiesen.
haben
sich
die
104
4 Prozedur zur Ordnungsreduktion von elektrostatisch-mechanischen FE-Modellen
Im Grunde genommen können beliebige lineare Formfunktionen angewendet werden, soweit
diese in der Lage sind, die nichtlineare Deformation der Struktur wieder abzubilden. Als Beispiel
können die mit dem Arnoldi-Verfahren (s. Abschnitt 3.3.1) oder mit dem Karhunen-LoéveVerfahren [Hun99] generierten Formfunktionen in der Prozedur benutzt werden. Es besteht die
Möglichkeit, die Arnoldi-Vektoren an mehreren Arbeitspunkten im linearen sowie im
nichtlinearen Bereich zu berechnen, und diese anschließend in einer Projektionsmatrix
zusammenzustellen, in der die linearen abhängigen Vektoren gelöscht werden (Deflation). Das
Problem bei diesem Ansatz besteht darin, dass die wichtigste getroffene Vereinfachung, welche
die
Makromodellgenerierung
immens
beschleunigt,
nämlich
die
Aufteilung
der
Eigenschwingformen in dominante und relevante, nicht angewendet werden kann. Die Abb. 3-5
(s. Abschnitt 3.3.3) zeigt die Übertragungsfunktion der einzelnen berechneten Arnoldi-Vektoren.
Diese sind bereits für lineare Struktur gekoppelt, wobei die Kopplung mit steigender Frequenz
zunimmt. Daher sind alle Formfunktionen dominant. Weiterhin werden die Arnoldi-Vektoren für
einen bestimmten Lastfall berechnet. Zum Beispiel müssen bei Multielektrodensystemen zu
jeder elektrischen Steuerungsanordnung der Struktur neue Vektoren berechnet werden, wodurch
die Anzahl der Formfunktionen in die Höhe getrieben wird. Damit erweisen sich die ArnoldiVektoren für die ROM-Tool Prozedur zur Ordnungsreduktion als nicht geeignet.
Dagegen bilden Karhunen-Loéve-Vektoren die beste Alternative. Diese liefern genauere
Ergebnisse, allerdings mit einem höheren Aufwand als der Ansatz mit den Eigenvektoren. Am
Beispiel des zweiseitig eingespannten Biegebalkens mit durchgezogener Bodenelektrode wurden
drei Formfunktionen mit dem Karhunen-Loéve-Verfahren berechnet (Abb. 4-23). Aus drei
statisch gekoppelten Feldanalysen wurde die Deformation der Struktur bei 30 V, 60 V und 80 V
berechnet. Durch eine Singulärwertzerlegung [Sch97] wurden daraus drei orthogonale Vektoren
ermittelt, wobei jeweils die maximale Amplitude auf eins normiert wurde. Das Ergebnis sind
drei Formfunktionen, die in hohem Maße den Eigenvektoren ähneln, die zur Beschreibung der
Deformation der Struktur relevant sind (Mode 1, 3 und 7). Bemerkenswert ist, dass die
Karhunen-Loéve-Vektoren einen stärkeren Anstieg an den Einspannungen der Struktur
aufweisen als die Eigenvektoren und damit dort die Deformationen richtig abbilden. Weiterhin
werden weniger Formfunktionen als bei der Verwendung der Eigenvektoren benötigt. Auch bei
Multielektrodensystemen werden für jede Elektrode mehrere statisch gekoppelte Feldanalysen
mit verschiedenen elektrischen Spannungen durchgeführt. Durch die Singulärwertzerlegung
ergeben sich ebenfalls Vektoren, die den zur Beschreibung der Strukturdeformation relevanten
Eigenvektoren ähnlich sind. Die Aufteilung der Karhunen-Loéve-Vektoren in dominante und
relevante Vektoren ist möglich, diese werden durch die Singulärwertzerlegung nach ihrer
4.8 Alternativen zur Eigenschwingform als lineare Formfunktion
105
Wichtung zur Beschreibung der Strukturdeformation absteigend berechnet. Am Beispiel von
Abb. 4-23 geht bei einer Spannung von 84 V der erste Vektor mit 99,6 %, der zweite Vektor mit
0,3 % und der dritte Vektor mit 0,01% in die Beschreibung der Strukturdeformation ein.
Abb. 4-23: Vergleich zwischen Eigenvektoren und Karhunen-Loéve-Vektoren eines zweiseitig
eingespannten Biegebalkens im elektrostatischen Feld
106
4 Prozedur zur Ordnungsreduktion von elektrostatisch-mechanischen FE-Modellen
Zusammenfassend wird festgestellt, dass die mit dem Karhunen-Loéve-Verfahren
berechneten Vektoren die genaueste Variante zur Generierung von nichtlinearen Makromodellen
auf der Basis von linearen Formfunktionen darstellen. Dennoch bleibt es dem Nutzer überlassen,
ob die bei der Anwendung von Eigenvektoren an der Einspannstelle aufgetretenen Fehler
entscheidend sind (z.B. zur Berechnung der mechanischen Spannung mit dem Makromodell) und
ob er damit eine wesentlich aufwendigere Generationsphase des Makromodells in Kauf nimmt.
Zur Berechnung der Massen der einzelnen Karhunen-Loéve-Vektoren ist in der Tat eine
transiente gekoppelte Feldanalyse unvermeidlich, da die Massen aus der kinetischen Energie
bestimmt werden müssen.
107
5 Anwendungsbeispiele
In diesem Kapitel wird die Praxistauglichkeit der vorgestellten theoretischen Überlegungen
zur Ordnungsreduktion auf Basis der modalen Zerlegung anhand von zwei Beispielen
demonstriert.
Im
ersten
Beispiel
wird
ein
Makromodell
eines
mikromechanischen
Torsionsspiegels generiert, das unter Berücksichtigung von verschiedenen Lastfällen für ein
breites Applikationsfeld zur Simulation der Komponente auf Systemebene eingesetzt werden
kann. Damit kann gezeigt werden, dass das Makromodell nicht nur zur Simulation geeignet ist,
sondern auch zur Analyse der Komponente. Im zweiten Beispiel wird anhand eines
Vibrationssensors
demonstriert,
wie
einfach
ein
Makromodell
zum
Nachweis
der
Strukturfunktionalität generiert werden kann.
5.1 Mikromechanischer Torsionsspiegel mit elektrostatischem Wirkprinzip
Auf dem Gebiet der Mikrooptik wurden in den letzten Jahren zahlreiche passive und aktive
optische Elemente publiziert. Einen Schwerpunkt der Entwicklungen auf diesem Gebiet bilden
mikromechanische Torsionsaktoren zur optischen Strahlablenkung. Sie finden ein breites
Einsatzgebiet als Strahlsteuerung, in Objekterkennungssystemen, für Bar-Code-Scanning,
Bildprojektion sowie in der Kommunikations- und Messtechnik [Bri99].
Der hier zu Demonstrationszwecken verwendete mikromechanische Spiegel Abb. 5-1 wurde
an der Technischen Universität Chemnitz entwickelt. Genaueres zum Entwurf und zur
experimentellen Charakterisierung kann man in [Döt97] und [Keh00] finden. Der
mikromechanische Spiegel wurde in Si-Bulk Mikrotechnologie hergestellt und auf einem
Trägerwafer gebondet, wo sich zwei Bodenelektroden zur elektrostatischen Steuerung der
Spiegelplatte befinden. Insgesamt beinhaltet das entsprechende FE-Modell 4840 Elemente und
14520 Knoten. Es wurden die vier Knoten-Elemente SOLID45 für die Silizium-Struktur und
SOLID5
(Multifeldelement)
für
den
elektrostatischen
Feldraum
verwendet.
Die
108
5 Anwendungsbeispiele
mikromechanische Struktur besteht aus drei Leitern bzw. drei Elektroden (Si-Struktur und zwei
Bodenelektroden), wobei im Makromodell drei Kapazitäten berücksichtigt wurden, zwei
Kapazitäten (C12 und C13) zwischen der Spiegelplatte und beiden Bodenelektroden sowie eine
Kapazität (C23) zwischen beiden Bodenelektroden.
Der mikromechanische Spiegel stellt für die Makromodellgenerierung nicht nur wegen der
Spiegelplattenwölbung und des elektrostatischen Streufeldes eine Herausforderung dar, sondern
auch wegen der nicht vernachlässigbaren Kapazität zwischen den Bodenelektroden C23, die sehr
nahe aneinander liegen. Diese Kapazität ist in starkem Maße von der Durchsenkung der
Spiegelplatte abhängig und beeinflusst die gesamte elektrostatische Feldenergie und folglich
auch die elektrostatische Kraft (ca. 2 %).
Abb. 5-1: Bestimmung der modalen Freiheitsgrade
5.1 Mikromechanischer Torsionsspiegel mit elektrostatischem Wirkprinzip
109
Der erste Schritt im Generation Pass ist die Bestimmung der modalen Freiheitsgrade des
Systems. Mikromechanische Spiegel weisen zwei typische Lastfälle auf. Zum einem wird
abwechselnd eine Steuerspannung an den Bodenelektroden angelegt, um das Schwenken der
Spiegelplatte zu erreichen (Abb. 5-1: Lastfall1). Zur genauen Beschreibung des Verhaltens der
Struktur ist nur der erste und der zweite Mode erforderlich. Zum anderen wird zwischen der
Spiegelplatte und den beiden Bodenelektroden eine Polarisationsspannung angelegt, um den
Arbeitspunkt der Struktur einzustellen. Dieser Lastfall wird häufig bei geregelten Mikrospiegeln
zur Steuerung des Drehmoments bzw. der Drehfrequenz der Spiegelplatte benutzt (Abb. 5-1:
Lastfall 2). Hierfür sind Mode 2, Mode 7 und Mode 9 von Bedeutung. Für erfahrene Nutzer ist
der Schritt der Moderelevanz nicht notwendig. Aufgrund der Elektrodenanordnung ist es
eindeutig, dass die Verkippung (Mode 1: Zielverhalten der Spiegelplatte) mit einer leichten
Durchsenkung der Spiegelplatte (Mode 2: Störverhalten) eine dominante Rolle besitzen. Ist die
Spiegelplatte nicht starr, müssen Eigenvektoren berücksichtigt werden, welche die Verwölbung
beschreiben. Insgesamt wurden zur Beschreibung des Makromodells vier Eigenvektoren
herangezogen. Dabei sind Mode 1 und Mode 2 dominant und Mode 7 und Mode 9 relevant.
5.1.1
Analyse und Simulation der Komponente
In der Praxis wird bei der Ansteuerung des mikromechanischen Spiegels ein linearer
Spannungs-Auslenkungsverlauf angestrebt. Da die Mikrostruktur aus drei Leitern besteht,
ergeben sich drei praxisrelevante Anordnungen zur Steuerung des Mikrospiegels (Abb. 5-2):
-
Anordnung 1: Die Spiegelplatte wird auf Masse gesetzt und abhängig von der Drehrichtung
wird an der linken oder rechten Elektrode ein Potential angelegt. Die Verkippung der
Spiegelplatte in beiden Richtungen wird durch ein Umschalten zwischen beiden
Bodenelektroden erreicht. Die Eigenschaft dieser Anordnung ist der starke nichtlineare
Zusammenhang zwischen der angelegten elektrischen Spannung und der resultierenden
Verdrehung der Spiegelplatte (Mode 1).
-
Anordnung 2: Eine deutliche Linearisierung des Verhaltens der Mikrostruktur wird durch
das Setzen einer Bodenelektrode auf Masse und der anderen auf ein konstantes Potential
erreicht. Anschließend wird eine Steuerspannung an der Si-Struktur angelegt, um die
Verkippung der Spiegelplatte zu erreichen. Der lineare Bereich der Rotation in Abb. 5-2
erstreckt sich von 0 V bis 250 V mit einer Offset-Spannung von 125 V. Ist die
Steuerspannung kleiner als 125 V, kippt der Spiegel nach rechts. Ist sie größer als 125 V,
kippt der Spiegel nach links. Damit entfällt der Aufbau einer elektrischen Einrichtung zum
Umschalten der Steuerspannung. Die Durchsenkung der Spiegelplatte bleibt relativ klein.
110
-
5 Anwendungsbeispiele
Anordnung 3: An beiden Bodenelektroden werden bis auf das Vorzeichen gleiche konstante
Potentiale angelegt. In dieser Anordnung ist der lineare Bereich sehr klein (von –50 V bis
50 V), jedoch erreicht man damit die gleiche Kippung wie in Anordnung 2 mit wesentlich
geringerer Steuerspannung. Ein weiterer Nachteil dieser Anordnung ist die hohe
Durchsenkung der Spiegelplatte.
Abb. 5-2: Ergebnisse der statischen Analyse der drei Anordnungen zur Ansteuerung der
Spiegelplatte
In der Praxis wird die Spiegelplatte meistens mit Anordnung 2 gesteuert. Trotz der geringen
Steuerspannung in Anordnung 3 wird diese nicht benutzt, weil sie bei Steuerspannungen mit
hohen Frequenzen zu Überschwingungen führt. Anordnung 1 hat abgesehen von der starken
Nichtlinearität den Nachteil, dass eine elektrische Einrichtung zum Umschalten der
Ansteuerspannung benötigt wird. Bei der statischen Analyse ergibt sich im Vergleich zu den FEBerechnungen eine Fehlerverteilung, die kleiner als 0,2 % ist.
Sehr gut zu beobachten ist bei der harmonischen Analyse die Schwingungstilgung bzw. die
Antiresonanz (Abb. 5-3). Sie stellt den Übergangspunkt von der Verkippung zur Durchsenkung
der Spiegelplatte dar. Gleich nach dem Abklingen der ersten Resonanzfrequenz verschiebt sich
die Drehachse in Richtung der Elektrode, an der die Wechselspannung angelegt ist, bis zum
Rand der Spiegelplatte, wobei die Kippung der Spiegelplatte in eine Durchsenkung übergeht.
Die Schwingungstilgung ist sehr gut beschreibbar durch Mode 1 und 2, da die Drehachse dann
entsteht, wenn Sie sich an dieser Stelle gegenseitig aufheben.
5.1 Mikromechanischer Torsionsspiegel mit elektrostatischem Wirkprinzip
111
Abb. 5-3: Ergebnisse der harmonischen Analyse für Anordnung 1
Weiterhin kann die durch das elektrostatische Feld verursachte Frequenzverschiebung für die
verschiedenen Anordnungen dargestellt werden (Tabelle 3). Da bei Anordnung 2 und 3 die
Struktur ständig unter dem Einfluss des elektrostatischen Feldes steht, ist die von Mode 1
entworfene Zielfrequenz nicht erreichbar. Abhängig von der Applikation des Mikrospiegels kann
das einen erheblichen Nachteil darstellen.
Tabelle 3: Frequenzverschiebungen von Mode 1 und 2
Anordnung 1
Anordnung 2
Anordnung 3
Polarisationsspannung [V]
0 ... 300
125 ... 250
0 ... 50
Resonanzfrequenz Mode 1 [Hz]
377 ... 299
360 ... 336
315 ... 299
Resonanzfrequenz Mode 2 [Hz]
994 ... 983
988 ... 981
973... 971
Das Makromodell wurde mit vier Eigenvektoren (Mode 1, 2, 7 und 9) generiert und
demzufolge wurden zwei Teilpolynome formuliert. Insgesamt wurden 336 FE-Daten berechnet
(7 Stützstellen für Mode 1, 6 Stützstellen für Mode 2 und je 4 Stützstellen für Mode 7 und Mode
9). Die Gesamtzeit zur Berechnung der FE-Daten (eine Formänderungsenergie und drei
Kapazitäten pro Stützstelle) beträgt ca. 5 Stunden mit einem AMD Athlon 1.2 GHz, 524 MB
RAM Rechner. Zur Formulierung der Formänderungsenergie und der Kapazität C23 wurde die
112
5 Anwendungsbeispiele
Ausgleichsrechnung mit einem normalen Polynom vom Typ Pascal und der Ordnung [3 3 2]
durchgeführt. Damit wurden 19 Polynomkoeffizienten pro Teilpolynom berechnet. Für die
Kapazitäten C12 und C13 wurde das inverse Polynom vom Typ Pascal der Ordnung [5 4 2]
angewendet, damit ergaben sich 45 Polynomkoeffizienten pro Teilpolynom.
Bei der Anwendung des Makromodells werden dessen Vorteile offensichtlich:
-
die statische Analyse mit 120 Lastschritten wurde im Vergleich zur FEM mit einem Fehler
kleiner als 0,2 % in ca. 20 Sekunden abgeschlossen
-
die harmonische Analyse mit 1000 Frequenzschritten wurde in ca. 15 Sekunden
abgeschlossen
-
die transiente Analyse mit 600 Zeitschritten wurde im Vergleich zur FEM mit einem Fehler
kleiner als 0,6 % in ca. 2 Minuten abgeschlossen .
5.1.2
Simulation auf Systemebene mit Simulink
Zur Demonstration der Systemsimulation wird der mikromechanische Spiegel für eine zweidimensionale Laserprojektion verwendet. Eine solche Anwendung wird bei der Beschriftung des
Verfalldatums auf PVC-Flaschen, bei der Beschriftung von Computertasten usw. eingesetzt. Für
solche Arten von Simulationen sind Signalfluss-Simulatoren gut geeignet. Der Laser muss in
diesem Fall für einen zeilenweisen Aufbau des zu projizierenden Bildes periodisch in einem
Zeitregime abgelenkt und entsprechend gepulst werden.
Abb. 5-4: Modell einer 2D-Projektion mit 1D-Torsionsspiegeln in Simulink
5.1 Mikromechanischer Torsionsspiegel mit elektrostatischem Wirkprinzip
113
Grundlage dafür ist die Verwendung von zwei 1D-Mikrospiegeln zur Laserablenkung in
vertikaler (Y-Richtung) und in horizontaler Richtung (X-Richtung). Beide Spiegel werden in
nichtharmonische Schwingungen versetzt, wobei der Drehwinkel des Spiegels für die
Horizontalablenkung ein Verhalten ähnlich einer Sägezahnfunktion aufweist und für die
Vertikalablenkung ein Verhalten ähnlich einer Treppenfunktion (Abb. 5-4). Daher ist es
notwendig, die Steuerung des Spiegels durch Regelung zu unterstützen. Wird dazu Anordnung 2
benutzt, ist die Verwendung eines linearen Reglers möglich (z. B. PID-Regler). Im
Systemmodell wurden zwei Makromodelle des mikromechanischen Spiegels verwendet, wobei
zusätzlich zu den Standardein- und -ausgängen (Potential an den Elektroden, modale
Amplituden, Drehwinkel) ein Laserein- und -ausgang vorgesehen wurde. Im ersten Spiegel (XAblenkung) ist der Lasereingang der einfallende Strahl vom Lasergerät und der Ausgang die
Position des Lasers am zweiten Spiegel. Der letztere berechnet im Laserausgang die Position des
Strahls an der Projektionsfläche. Beide Makromodelle berücksichtigen die geometrischen
Abmessungen des Aufbaus sowie der Strahlablenkung, die durch Deformationen der
Spiegelplatte verursacht wird. Die Simulation dient in erster Linie zur Optimierung der
Regelgrößen und der geometrischen Anordnung der einzelnen Komponenten des Aufbaus.
Abb. 5-5(a-c) zeigen die Ergebnisse des mikromechanischen Spiegels für die horizontale
Laserablenkung.
Abb. 5-5: Ergebnisse der Systemsimulation mit Simulink
Im ersten Mikrospiegel wird die Ablenkung des Laserstrahls so geregelt, dass sie auf der
zweiten Spiegelplatte eine Amplitude von 1 mm aufweist (Abb. 5-5 a). Die Darstellung der
modalen Auslenkung in Abb. 5-5 b wird für die Optimierung der Regelparameter benötigt,
welche so eingestellt werden, dass die Störbewegungen (Mode 2, 7 und 9) gering gehalten
werden (z. B. konnte gezeigt werden, dass hohe P-Anteile Mode 2 stark stimulieren). Analog
dazu wird beim zweiten mikromechanischen Spiegel vorgegangen. In Abb. 5-5 d ist das
114
5 Anwendungsbeispiele
Ergebnis der Projektion einer Beschriftung „ROM TOOL“ dargestellt. Die untere Seite der
Beschriftung ist ein wenig verzerrt, da sich die Mikrospiegel nicht im eingeschwungenen
Zustand befinden.
5.1.3
Simulation auf Systemebene mit PSpice
Die 2D-Laserprojektion in Abb. 5-4 hat gezeigt, dass die verwendeten Mikrospiegel einen
geregelten Betrieb benötigen. Hierbei wurde die Position des abgelenkten Laserstrahls
mathematisch bestimmt. In der Praxis ist es notwendig, ein elektrisches Signal proportional zur
Position der Spiegelplatte zur erzeugen. In [Löh99] wurde eine elektrische Schaltung zur
kapazitiven Detektion der Auslenkung von mikromechanischen Aktoren entworfen. Es handelt
sich dabei um eine Trägerfrequenzmessbrücke (Abb. 5-6), durch die ein elektrisches Signal aus
den sich infolge einer Bewegung ändernden elektrischen Parametern gewonnen wird. Für den
Mikrospiegel werden die Umladeströme aus einer zeitlichen Änderung der Erregerspannung und
der Kapazitäten verwendet. Dabei wurde zur Ansteuerung des Mikrospiegels Anordnung 2
herangezogen und als Erregerspannung ein Sinus mit einer überlagerten HF-Trägerspannung
verwendet. Die beiden aus einer Kapazitätsänderung resultierenden elektrischen Ströme an den
Bodenelektroden (COND2 und COND3) werden einer Differenzbildungsstufe zugeführt. Das
entstandene amplitudenmodulierte Differenzsignal wird über eine selektive Verstärkung
verarbeitet, dann wird die Phase angepasst und anschließend durch einen Analogmultiplikator
demoduliert.
Abb. 5-6: Elektronische Schaltung zur Lagedetektion von mikromechanischen Aktoren
5.2 Mikromechanischer Vibrationssensor
Schließlich
entsteht
nach
einer
Tiefpassfilterung
115
ein
niederfrequentes
auslenkungs-
proportionales Signal (Abb. 5-7 links). Da dieses Signal aus u. a. einer Differenzbildung
entsteht, ist es unabhängig von Auslenkungen der Spiegelplatte, wo die Änderung der
Kapazitäten C12 und C13 gleich sind (Mode 2, 7 und 9). Daher ist dieses Signal nur der
Verkippung (Mode 1) und damit dem Drehwinkel der Spiegelplatte proportional (Abb. 5-7
rechts: Das Ausgangssignal wurde mit einem Faktor von 635 verstärkt, um eine
Gegenüberstellung mit den Auslenkungen von Mode 1 darzustellen). Mit einer solchen
Simulation ist es möglich, die Empfindlichkeit eine derartigen elektrischen Schaltung gegenüber
der Deformation der Spiegelplatte abzuschätzen. Die Eigenvektoren sind dazu sehr gut geeignet,
da sie das tatsächliche Bewegungsverhalten der Struktur beschreiben. Damit ist man in der Lage,
einen besseren Einblick in das Strukturverhalten zu gewinnen.
Abb. 5-7: Ergebnisse der Systemsimulation mit PSpice
5.2 Mikromechanischer Vibrationssensor
Der mikromechanische Vibrationssensor Abb. 5-8 wurde an der Technischen Universität
Chemnitz entworfen [Wib02]. Er kann zur Zustandsüberwachung von Werkzeugmaschinen oder
auch zur Verschleißanalyse genutzt werden. Der Sensor beschreibt ein lateral bewegtes FederMasse-System, das eine breitbandige Anregung an seiner Resonanzstelle verstärkt und damit
frequenzselektiv arbeitet. Das Auslesen der Schwingung der seismischen Masse erfolgt kapazitiv
mittels Kammelektroden. Um Messungen bei verschiedenen Frequenzen zu ermöglichen, wird
die Steifigkeit der Federbänder durch den Stress-Stiffening-Effekt
beeinflusst.
Die
Frequenzabstimmung erfolgt während des Sensorbetriebs durch eine Abstimmspannung Vtune.
Diese Gleichspannung bewirkt, dass die Hebelarme der Struktur durch die Abstimmkämme
betätigt werden und damit eine Zugkraft auf die Federbänder erzeugen.
116
5 Anwendungsbeispiele
Abb. 5-8: Abstimmbarer Vibrationssensor mit Hebelunterstützung
Die Struktur des Vibrationssensors kann in zwei gekoppelte Systeme aufgeteilt werden,
nämlich die seismische Masse zur Detektion der Schwingung und das Hebelsystem zur
Frequenzabstimmung. Beide Systeme sind durch die mittleren Federbänder gekoppelt. Zur
Simulation der Struktur für laterale Bewegungen wird das Makromodell entsprechend dieser
Systemaufteilung mit zwei Eigenvektoren beschrieben, Mode 1 - Detektionsmode und Mode 5 Abstimmmode (Abb. 5-9 links). Zur Berechnung der Formänderungsenergie wurde Mode 1 nur
auf den Knoten der seismischen Masse aufgezwungen und Mode 5 nur auf den Knoten der
Hebelarme. Damit bleiben die Knoten der Federbänder frei beweglich, um dort genau die
Dehnungsenergie
zu
erfassen.
Um
einen
Vergleich
mit
ANSYS-Berechnung
der
Amplitudengänge zu ermöglichen, wurde das elektrostatische Feld durch TRANS126 Elemente
beschrieben.
Die
Amplitudengänge
des
Detektionsmodes
bei
unterschiedlicher
Abstimmspannung und für eine Krafterregung im Mittelpunkt der seismischen Masse sind in
Abb. 5-9 links dargestellt und zeigen eine sehr gute Übereinstimmung mit den ANSYSBerechnungen. Eine genauere Beschreibung des elektrostatischen Feldes der Kammstrukturen
kann durch eine vordefinierte FE-Kapazitätstabelle realisiert werden. Die FE-Kapazitätstabelle
wird durch mehrere elektrostatische FE-Berechnungen aufgebaut, indem man ein FE-Modell
einer einzigen Kammzelle benutzt. Anschließend, wenn die einzelnen Eigenvektoren der
Struktur aufgezwungen wurden und die entsprechende Strukturdeformation ermittelt wurde,
kann aus der relativen Position des beweglichen Fingers einer Kammzelle bzw. aus einer Gruppe
von Kämmen die Kapazität durch Interpolation der Kapazitätsdaten ermittelt werden [Wib01].
Die
Ergebnisse
einer
Systemsimulation
unter
Berücksichtigung
Auswerteschaltung mit VHDL-AMS wurden in [Sch03b] vorgestellt.
der
elektronischen
5.2 Mikromechanischer Vibrationssensor
117
Abb. 5-9: Ergebnisse der Amplitudengänge bei einer Kraftwirkung im Mittelpunkt der
seismischen Masse
119
6 Zusammenfassung und Ausblicke
In der vorliegenden Arbeit wurde eine Prozedur, ROM-Tool genannt, zur Ordnungsreduktion
von elektrostatisch-mechanischen FE-Modellen einer mikromechanischen Komponente für
effiziente Rechnersimulationen auf Komponenten- und Systemebene entwickelt. Kernstück der
Prozedur zur Ordnungsreduktion ist die Beschreibung des Bewegungsverhaltens der
Komponente durch Eigenvektoren. Die Eigenvektoren bilden allgemeine und einfach herleitbare
Formfunktionen, unabhängig von der Last. Das Ergebnis sind Makromodelle mit weniger als
zehn Freiheitsgraden und nahezu ohne Genauigkeitsverlust gegenüber dem Ausgangsmodell. Sie
können einfach über Klemmen in Systemsimulatoren eingebunden werden.
Der
mathematische
Hintergrund
der
Makromodellerstellung
ist
eine
Koordinatentransformation der lokalen FE-Koordinaten in globale Koordinaten. Der
Deformationszustand der Struktur wird nicht mehr durch einzelne Knotenverschiebungen
beschrieben,
sondern
durch
Formfunktionen,
welche
jeweils
die
gesamten
Knotenverschiebungen des FE-Modells beeinflussen. Der Anreiz zur Beschreibung von
mikromechanischen Strukturdeformationen durch Formfunktionen liegt darin, dass die meisten
mikromechanischen Komponenten eine wohldefinierte Bewegung im Arbeitsbereich besitzen.
Die starke Reduktion der Bewegungsfreiheitsgrade des Ausgangsmodells ergibt sich aus der
Anwendung dessen Eigenvektoren als Formfunktionen.
Als theoretische Grundlage zur Formulierung der Bewegungsgleichung des Makromodells
wurde der Energieansatz von Lagrange angewendet. Die Energie ist unabhängig von der
physikalischen Bedeutung der verschiedenen Domänen, die in einer mikromechanischen
Komponente interagieren. Damit ist es möglich, die bidirektionale Kopplung zwischen der
mechanischen Struktur und dem elektrostatischen Feld durch die Formänderungsenergie und
durch die elektrostatische Feldenergie zur beschreiben. Die elektrostatische Feldenergie wird
durch den verallgemeinerten Kapazitätsausdruck indirekt ermittelt. Die Funktionen der
Formänderungsenergie und der Kapazitäten müssen in Abhängigkeit von den modalen
120
6 Zusammenfassung und Ausblicke
Verschiebungen
– Auslenkung
der
einzelnen
Eigenvektoren –
ausgedrückt
werden.
Ausgleichsrechnungen scheinen in diesem Fall sehr gut geeignet. Aus einer Reihe von FEBerechnungen werden Werte der Formänderungsenergie und der Kapazitäten an bestimmten
Stützstellen numerisch berechnet. Anschließend werden durch eine Ausgleichsrechnung die
Funktionen in analytischer Form ausgedrückt. Es wurden Vereinfachungen vorgenommen, um
die Ausgleichsrechnungen auf nur drei modale Freiheitsgrade zu begrenzen, wobei jedoch die
Formänderungsenergie und die Kapazitäten mehrere modale Freiheitsgrade zulassen. Damit
wurde die Effizienz der Makromodellerstellung gesteigert, immens vereinfacht und beschleunigt.
Die restlichen notwendigen Parameter zur Formulierung des Bewegungsverhaltens des
Makromodells werden ohne weiteres aus dem FE-Modell und aus der Formänderungsenergie
ermittelt. Es wurden Algorithmen geschrieben, um die Makromodellgenerierung weitgehend
automatisch durchführen zu können. Typische Generierungszeiten des Makromodells betragen 2
bis 10 Stunden, abhängig von der Größe des Ausgangsmodells und der Anzahl an
Formfunktionen, die im Makromodell berücksichtigt werden.
Ungenauigkeiten des Makromodells entstehen an den Einspannstellen von membranförmigen
Strukturen. Es wurde gezeigt, dass diese Ungenauigkeiten zu keiner bedeutenden
Beeinträchtigung des Verhaltens des Makromodells führt. Lediglich die Ergebnisse bei der
Berechnung von mechanischer Spannung an der Einspannstelle sind falsch. Außerdem wurde
eine Alternative zu den Eigenvektoren vorgestellt, die Karhunen-Loéve-Vektoren, die solche
Fälle problemlos behandeln können, jedoch mit einem größeren Aufwand verbunden sind.
Das Makromodell ist in der Lage:
-
nicht-triviale Strukturgeometrien zu beschreiben
-
schnelle statische und dynamische Analysen mit FEM-Genauigkeiten durchzuführen
-
mehrere Lastmöglichkeiten zu berücksichtigen (Punktkraft, Druck, Beschleunigung u.a.)
-
die elektrostatisch-mechanische Feldkopplung vollständig zu beschreiben
-
Streufelder sowie den Stress-Stiffening-Effekt zu berücksichtigen
-
Anfangsspannungen zuzulassen (in ANSYS bekannt als Initial und pre-stress Analysen)
-
technologiebedingte Asymmetrien und Formabweichungen zu berücksichtigen
-
die Beschreibung von multiplen Elektrodensystemen zu ermöglichen
-
bidirektionale Kopplung zwischen den lokalen und globalen Koordinaten zu erfassen.
Die Prozedur ROM-Tool wurde bereits in ANSYS/Multiphysics implementiert und ab der
Version ANSYS v7.0 kommerzialisiert.
Ein bleibendes Defizit ist, dass der Gültigkeitsbereich der Makromodelle an die vorgegebene
Anfangsgeometrie des FE-Modells gebunden ist. Eine Veränderung der Geometrieparameter
121
erfordert eine neue Makromodellerstellung mit modifiziertem Ausgangsmodell. Zum Vergleich
verschiedener Designvarianten, zur Topologieoptimierung und zur Analyse des Einflusses von
Toleranzen und Parameterschwankungen auf das Ausgangssignal werden parametrische
Verhaltensmodelle benötigt. Interessante Entwicklungen auf diesem Gebiet werden von der
Firma CADOE1 veröffentlicht. Diese Gruppe zeigt an verschiedenen strukturmechanischen FEModellen, dass es möglich ist, den Einfluss der Designvariablen mittels sogenannter
Variationsrechnungen
zu
bestimmen.
Von
diesen
Methoden
werden
wesentliche
Vereinfachungen für den Entwurf in der Mikrosystemtechnik erwartet. Gegenwärtig werden an
der Technischen Universität Chemnitz im Rahmen des Sonderforschungsbereichs 379
„Mikromechanische Sensor- und Aktorarrays“, diese Methoden untersucht und weiterentwickelt,
um sie u.a. bei der Prozedur ROM-Tool anzuwenden. Es ist denkbar, dass diese Methode die
zeitaufwendigen quasistatischen FE-Analysen zur Berechnung der FE-Datentabelle ablöst oder
auch zur Erstellung parametrisierbarer Makromodelle herangezogen wird.
1
http://www.cadoe.com
123
ANHANG A: MATLAB-Code zur Ermittlung der
Koeffizienten und der Funktionswerte
A.1 MATLAB-Funktion zur numerischen Ermittlung der
Polynomkoeffizienten
Die MATLAB-Funktion ROMFIT3 gibt als Ausgabe einen Vektor PCEO der berechneten
Polynomkoeffizienten nach einer Ausgleichsrechnung aus. Vom Nutzer müssen vier Elemente
eingegeben werden:
-
die Matrix DATA mit n Zeilen (n Anzahl der Stützstellen) und vier Spalten. Die drei ersten
Spalten beschreiben die Stützstellen von drei Variablen (q1, q2 und q3) und die vierte Spalte
den Funktionswert bzw. die berechnete Größe an den Stützstellen
-
ein Vektor ORDER von drei ganzen Zahlen, welche die Polynomordnung der drei Variablen
beschreiben
-
eine ganze Zahl FUN zur Wahl der Ansatzfunktion
-
eine ganze Zahl TYPE zur Wahl des Typs der Ansatzfunktion
Gemäß Gl. 4.15 wird zuerst die Matrix PPROD entsprechend der Polynomordnung aufgebaut.
Diese Matrix beinhaltet die Polynomprodukte bzw. Polynomglieder. Anschließend wird die
Ausgleichrechnung durch den nach links gerichteten Schrägstrich ( \ ) durchgeführt. Dieser
Befehl ist eine Standardfunktion von MATLAB zur Lösung von überbestimmten
Gleichungssystemen durch das Minimierungsverfahren der kleinsten Fehlerquadrate.
124
ANHANG A: MATLAB-Code zur Ermittlung der Koeffizienten und der Funktionswerte
function PCOE=ROMFIT3(DATA,ORDER,FUN,TYPE)
%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%
%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%
%%
DATA:
Matrix(:,1:4) --> DATA=[q1 q2 q3 f(q1,q2,q3)]
%%
%%
ORDER:
Vektor(1:3)
--> ORDER=[Nx Ny Nz]
%%
%%
FUN:
ganze Zahl
--> 1 ... Vollbesetztes Polynom
%%
%%
2 ... Pascal Polynom
%%
%%
3 ... Reduziertes Polynom
%%
%%
TYPE:
ganze zahl
--> 1 ... Normal
%%
%%
2 ... Inverse
%%
%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%
%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%
if FUN==1
% vollbesetztes Polynom
count=1;
for zi=0:ORDER(3)
for yi=0:ORDER(2)
for xi=0:ORDER(1)
PPROD(:,count)=DATA(:,1).^(ORDER(1)-xi).* ...
DATA(:,2).^(ORDER(2)-yi).*DATA(:,3).^(ORDER(3)-zi);
count=count+1;
end
end
end
if TYPE==1
% Normal
PCOE=(PPROD\DATA(:,4));
elseif TYPE==2
% Inverse
PCOE=(PPROD\(1./DATA(:,4)));
end
elseif FUN==2
% Pascal Polynom
%BEDINGUNG für diese schleife x>=y>=z
count=1;
for zi=0:ORDER(3)
P_ORDER(1)=ORDER(1)-zi;
P_ORDER(2)=ORDER(2);
for yi=0:P_ORDER(2)
for xi=0:P_ORDER(1)
PPROD(:,count)=DATA(:,1).^(xi).*DATA(:,2).^(yi).*DATA(:,3).^(zi);
count=count+1;
end
P_ORDER(1)=P_ORDER(1)-1;
end
P_ORDER(2)=P_ORDER(2)-1;
end
if TYPE==1
% Normal
PCOE=(PPROD\DATA(:,4));
elseif TYPE==2
% Inverse
PCOE=(PPROD\(1./DATA(:,4)));
end
elseif FUN==3
% reduziertes Polynom
count=1;
for yi=0:ORDER(2)
for xi=0:ORDER(1)
PRODXY(:,count)=DATA(:,1).^(ORDER(1)-xi).*DATA(:,2).^(ORDER(2)-yi);
count=count+1;
end
end
count=1;
for zi=0:(ORDER(3)-1)
for xi=0:ORDER(1)
PRODXZ(:,count)=DATA(:,1).^(ORDER(1)-xi).*DATA(:,3).^(ORDER(3)-zi);
count=count+1;
end
125
end
count=1;
for zi=0:(ORDER(3)-1)
for yi=0:(ORDER(2)-1)
PRODYZ(:,count)=DATA(:,2).^(ORDER(2)-yi).*DATA(:,3).^(ORDER(3)-zi);
count=count+1;
end
end
PPROD=[PRODXY PRODXZ PRODYZ];
if TYPE==1
% Normal
PCOE=(PPROD\DATA(:,4));
elseif TYPEe==2
% Inverse
PCOE=(PPROD\(1./DATA(:,4)));
end
end
%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%
%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%
ENDE
%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%
%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%
A.2 MATLAB-Funktion zur numerischen Ermittlung der Funktionswerte
und der partiellen Ableitungen
Die MATLAB-Funktion ROMOPER liefert drei Größen als Ausgabe, den Funktionswert
F = f (q1 , q 2 , q3 ) , die partielle Ableitung der ersten Ordnung dF =
∂f
(Vektor von drei realen
∂qi
Zahlen) und die partielle Ableitung der zweiten Ordnung ddF =
∂2 f
(3×3 Matrix), mit
∂q i ∂q j
i=1,2,3 und j=1,2,3. Als Eingabe werden zusätzlich zur Polynomordnung, zur Ansatzfunktion
und zum Polynomtyp die Polynomkoeffizienten und die Variablen q1,q2 und q3 als Vektoren
benötigt. Der Ablauf der Funktion ROMOPER ist in zwei Schritte aufgeteilt. Zuerst wird zu
jeder Variablen qi entsprechend der Ordnung der Funktionswert, die erste und die zweite
Ableitung in Vektoren gespeichert. (x, dx, ddx für q1; y, dy, ddy für q2 und z, dz, ddz für q3). Im
zweiten Schritt werden anschließend die Polynomglieder entsprechend der Ansatzfunktion durch
das Produkt der einzelnen gespeicherten Vektoren aufgebaut. Erst im letzten Teil der Funktion
ROMOPER wird, falls TYPE=2, die inverse Funktion berechnet.
In der Funktion ROMOPER wird eine globale Variable REGFAC vereinbart. Diese beschreibt
einen Vektor von drei Zahlen, welche Skalierungsfaktoren der drei Variablen q1, q2 und q3
repräsentieren. Sie werden nur dann definiert, wenn bei der Ausgleichsrechnung die Stützstellen
q1, q2 und q3 aufgrund von sehr kleinen Werten hoch skaliert wurden. Ansonsten ist
REGFAC = [1 1 1]. Dieses Problem entsteht dann, wenn das Modell in ISO-Norm aufgebaut
wurde, d.h. wenn die Geometrie des Modells in Metern definiert ist. Oft entstanden dadurch
schlecht konditionierte Matrizen bei der Ausgleichsrechnung. Daher wird empfohlen, das Modell
126
ANHANG A: MATLAB-Code zur Ermittlung der Koeffizienten und der Funktionswerte
in µm aufzubauen und entsprechend die anderen Parameter des FE-Modells zu skalieren
[ANS6.3].
function [F,dF,ddF]=ROMOPER(q,PCOE,ORDER,FUN,TYPE)
%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%
%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%
%%
q:
Vektor(1:3)
--> Modalen Verschiebungen
%%
%%
PCOE:
Vektor
--> Polynomkoeffizienten
%%
%%
ORDER:
VEKTOR(1:3)
--> Polynom-Ordnung
%%
%%
FUN:
Ganzzahl
--> 1 ... Vollbesetzter Polynom
%%
%%
2 ... Pascal Polynom
%%
%%
3 ... Reduzierter Polynom
%%
%%
TYPE:
Ganzzahl
--> 1 ... Normal
%%
%%
2 ... Inverse
%%
%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%
%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%
global REGFAC
W=0;
dW=zeros(1,3);
ddW=zeros(3,3);
%------------------------------------ Polynomgliedern der erste Variable
for iord=0:ORDER(1)
x(iord+1)=q(1)^(iord)*REGFAC(1)^(iord);
%Erste Ableitung
if iord==1
dx(iord+1)=REGFAC(1);
elseif iord-1<0
dx(iord+1)=0;
else
dx(iord+1)=iord*q(1)^(iord-1)*REGFAC(1)^iord;
end
%Zweite Ableitung
if iord==2
ddx(iord+1)=2*REGFAC(1)^2;
elseif iord-1<0 | iord-2<0
ddx(iord+1)=0;
else
ddx(iord+1)=iord*(iord-1)*q(1)^(iord-2)*REGFAC(1)^iord;
end
end
%------------------------------------ Polynomgliedern der zweite Variable
for iord=0:ORDER(2)
y(iord+1)=q(2)^(iord)*REGFAC(2)^(iord);
%Erste Ableitung
if iord==1
dy(iord+1)=REGFAC(2);
elseif iord-1<0
dy(iord+1)=0;
else
dy(iord+1)=iord*q(2)^(iord-1)*REGFAC(2)^iord;
end
%Zweite Ableitung
if iord==2
ddy(iord+1)=2*REGFAC(2)^2;
elseif iord-1<0 | iord-2<0
ddy(iord+1)=0;
else
ddy(iord+1)=iord*(iord-1)*q(2)^(iord-2)*REGFAC(2)^iord;
end
end
127
%------------------------------------ Polynomgliedern der dritte Variable
for iord=0:ORDER(3)
z(iord+1)=q(3)^(iord)*REGFAC(3)^(iord);
%Erste Ableitung
if iord==1
dz(iord+1)=REGFAC(3);
elseif iord-1<0
dz(iord+1)=0;
else
dz(iord+1)=iord*q(3)^(iord-1)*REGFAC(3)^iord;
end
%Zweite Ableitung
if iord==2
ddz(iord+1)=2*REGFAC(3)^2;
elseif iord-1<0 | iord-2<0
ddz(iord+1)=0;
else
ddz(iord+1)=iord*(iord-1)*q(3)^(iord-2)*REGFAC(3)^iord;
end
end
%------------------------------------ Polynomaufbau mit drei Variablen
if FUN==1
% vollbesetztes Polynom
count=1;
for kord=ORDER(3):-1:0
%z
for jord=ORDER(2):-1:0
%y
for iord=ORDER(1):-1:0
%x
W=W+PCOE(count)*x(iord+1)*y(jord+1)*z(kord+1);
dW(1)=dW(1)+PCOE(count)*dx(iord+1)*y(jord+1)*z(kord+1);
dW(2)=dW(2)+PCOE(count)*x(iord+1)*dy(jord+1)*z(kord+1);
dW(3)=dW(3)+PCOE(count)*x(iord+1)*y(jord+1)*dz(kord+1);
ddW(1,1)=ddW(1,1)+PCOE(count)*ddx(iord+1)*y(jord+1)*z(kord+1);
ddW(1,2)=ddW(1,2)+PCOE(count)*dx(iord+1)*dy(jord+1)*z(kord+1);
ddW(1,3)=ddW(1,3)+PCOE(count)*dx(iord+1)*y(jord+1)*dz(kord+1);
ddW(2,1)=ddW(2,1)+PCOE(count)*dx(iord+1)*dy(jord+1)*z(kord+1);
ddW(2,2)=ddW(2,2)+PCOE(count)*x(iord+1)*ddy(jord+1)*z(kord+1);
ddW(2,3)=ddW(2,3)+PCOE(count)*x(iord+1)*dy(jord+1)*dz(kord+1);
ddW(3,1)=ddW(3,1)+PCOE(count)*dx(iord+1)*y(jord+1)*dz(kord+1);
ddW(3,2)=ddW(3,2)+PCOE(count)*x(iord+1)*dy(jord+1)*dz(kord+1);
ddW(3,3)=ddW(3,3)+PCOE(count)*x(iord+1)*y(jord+1)*ddz(kord+1);
count=count+1;
end
end
end
elseif FUN==2
% Pascal Polynom
count=1;
Pord=ORDER;
for kord=0:Pord(3)
Pord(1)=ORDER(1)-kord;
Pord(2)=ORDER(2);
for jord=0:Pord(2)
for iord=0:Pord(1)
W=W+PCOE(count)*x(iord+1)*y(jord+1)*z(kord+1);
dW(1)=dW(1)+PCOE(count)*dx(iord+1)*y(jord+1)*z(kord+1);
dW(2)=dW(2)+PCOE(count)*x(iord+1)*dy(jord+1)*z(kord+1);
dW(3)=dW(3)+PCOE(count)*x(iord+1)*y(jord+1)*dz(kord+1);
ddW(1,1)=ddW(1,1)+PCOE(count)*ddx(iord+1)*y(jord+1)*z(kord+1);
ddW(2,2)=ddW(2,2)+PCOE(count)*x(iord+1)*ddy(jord+1)*z(kord+1);
ddW(3,3)=ddW(3,3)+PCOE(count)*x(iord+1)*y(jord+1)*ddz(kord+1);
if iord==1 & jord>1
ddW(1,2)=ddW(1,2)+PCOE(count)*REGFAC(1)...
*(jord*(REGFAC(2)^jord)*(q(2)^(jord-1)))*((REGFAC(3)^kord)*(q(3)^kord));
elseif jord==1 & iord>1
ddW(1,2)=ddW(1,2)+PCOE(count)*REGFAC(2)...
128
ANHANG A: MATLAB-Code zur Ermittlung der Koeffizienten und der Funktionswerte
*(iord*(REGFAC(1)^iord)*(q(1)^(iord-1)))*((REGFAC(3)^kord)*(q(3)^kord));
elseif jord==1 & iord==1
ddW(1,2)=ddW(1,2)+PCOE(count)*REGFAC(2)...
*REGFAC(1)*((REGFAC(3)^kord)*(q(3)^kord));
elseif iord-1<0 | jord-1<0
ddW(1,2)=ddW(1,2)+0;
else
ddW(1,2)=ddW(1,2)+PCOE(count)*iord*(REGFAC(1)^iord)...
*(q(1)^(iord-1))*(jord*(REGFAC(2)^jord)*(q(2)^(jord-1)))...
*((REGFAC(3)^kord)*(q(3)^kord));
end
ddW(2,1)=ddW(1,2);
if iord==1 & kord>1
ddW(1,3)=ddW(1,3)+PCOE(count)*REGFAC(1)*(kord*(REGFAC(3)^kord)...
*(q(3)^(kord-1)))*((REGFAC(2)^jord)*(q(2)^jord));
elseif kord==1 & iord>1
ddW(1,3)=ddW(1,3)+PCOE(count)*REGFAC(3)*(iord*(REGFAC(1)^iord)...
*(q(1)^(iord-1)))*((REGFAC(2)^jord)*(q(2)^jord));
elseif kord==1 & iord==1
ddW(1,3)=ddW(1,3)+PCOE(count)*REGFAC(3)*REGFAC(1)*((REGFAC(2)^jord)...
*(q(2)^jord));
elseif iord-1<0 | kord-1<0
ddW(1,3)=ddW(1,3)+0;
else
ddW(1,3)=ddW(1,3)+PCOE(count)*iord*(REGFAC(1)^iord)*(q(1)^(iord-1))...
*(kord*(REGFAC(3)^kord)*(q(3)^(kord1)))*((REGFAC(2)^jord)*(q(2)^jord));
end
ddW(3,1)=ddW(1,3);
if jord==1 & kord>1
ddW(2,3)=ddW(2,3)+PCOE(count)*REGFAC(2)*(kord*(REGFAC(3)^kord)...
*(q(3)^(kord-1)))*((REGFAC(1)^iord)*(q(1)^iord));
elseif kord==1 & jord>1
ddW(2,3)=ddW(2,3)+PCOE(count)*REGFAC(3)*(jord*(REGFAC(2)^jord)...
*(q(2)^(jord-1)))*((REGFAC(1)^iord)*(q(1)^iord));
elseif kord==1 & jord==1
ddW(2,3)=ddW(2,3)+PCOE(count)*REGFAC(3)*REGFAC(2)*((REGFAC(1)^iord)...
*(q(1)^iord));
elseif kord-1<0 | jord-1<0
ddW(2,3)=ddW(2,3)+0;
else
ddW(2,3)=ddW(2,3)+PCOE(count)*jord*(REGFAC(2)^jord)*(q(2)^(jord-1))...
*(kord*(REGFAC(3)^kord)*(q(3)^(kord1)))*((REGFAC(1)^iord)*(q(1)^iord));
end
ddW(3,2)=ddW(2,3);
count=count+1;
end
Pord(1)=Pord(1)-1;
end
Pord(2)=Pord(2)-1;
end
elseif FUN==3
% reduziertes Polynom
count=1;
%Teilfunktion f(x,y)
for jord=ORDER(2):-1:0
for iord=ORDER(1):-1:0
W=W+PCOE(count)*x(iord+1)*y(jord+1);
dW(1)=dW(1)+PCOE(count)*dx(iord+1)*y(jord+1);
dW(2)=dW(2)+PCOE(count)*x(iord+1)*dy(jord+1);
ddW(1,1)=ddW(1,1)+PCOE(count)*ddx(iord+1)*y(jord+1);
ddW(1,2)=ddW(1,2)+PCOE(count)*dx(iord+1)*dy(jord+1);
ddW(2,1)=ddW(2,1)+PCOE(count)*dx(iord+1)*dy(jord+1);
129
ddW(2,2)=ddW(2,2)+PCOE(count)*x(iord+1)*ddy(jord+1);
count=count+1;
end
end
%Teilfunktion f(x,z)
for kord=ORDER(3):-1:1
for iord=ORDER(1):-1:0
W=W+PCOE(count)*x(iord+1)*z(kord+1);
dW(1)=dW(1)+PCOE(count)*dx(iord+1)*z(kord+1);
dW(3)=dW(3)+PCOE(count)*x(iord+1)*dz(kord+1);
ddW(1,1)=ddW(1,1)+PCOE(count)*ddx(iord+1)*z(kord+1);
ddW(1,3)=ddW(1,3)+PCOE(count)*dx(iord+1)*dz(kord+1);
ddW(3,1)=ddW(3,1)+PCOE(count)*dx(iord+1)*dz(kord+1);
ddW(3,3)=ddW(3,3)+PCOE(count)*x(iord+1)*ddz(kord+1);
count=count+1;
end
end
%Teilfunktion f(y,z)
for kord=ORDER(3):-1:1
for jord=ORDER(2):-1:1
W=W+PCOE(count)*y(jord+1)*z(kord+1);
dW(2)=dW(2)+PCOE(count)*dy(jord+1)*z(kord+1);
dW(3)=dW(3)+PCOE(count)*y(jord+1)*dz(kord+1);
ddW(2,2)=ddW(2,2)+PCOE(count)*ddy(jord+1)*z(kord+1);
ddW(2,3)=ddW(2,3)+PCOE(count)*dy(jord+1)*dz(kord+1);
ddW(3,2)=ddW(3,2)+PCOE(count)*dy(jord+1)*dz(kord+1);
ddW(3,3)=ddW(3,3)+PCOE(count)*y(jord+1)*ddz(kord+1);
count=count+1;
end
end
end
if TYPE==2
% Berechnung der Inverse
ddW(1,1)=((-ddW(1,1)*W^2)+(2*W*dW(1)^2))/W^4;
ddW(1,2)=((-ddW(1,2)*W^2)+(2*W*dW(1)*dW(2)))/W^4;
ddW(1,3)=((-ddW(1,3)*W^2)+(2*W*dW(1)*dW(3)))/W^4;
ddW(2,2)=((-ddW(2,2)*W^2)+(2*W*dW(2)^2))/W^4;
ddW(2,1)=((-ddW(2,1)*W^2)+(2*W*dW(2)*dW(1)))/W^4;
ddW(2,3)=((-ddW(2,3)*W^2)+(2*W*dW(2)*dW(3)))/W^4;
ddW(3,3)=((-ddW(3,3)*W^2)+(2*W*dW(3)^2))/W^4;
ddW(3,1)=((-ddW(3,1)*W^2)+(2*W*dW(3)*dW(1)))/W^4;
ddW(3,2)=((-ddW(3,2)*W^2)+(2*W*dW(3)*dW(2)))/W^4;
dW(1)=-dW(1)/(W^2);
dW(2)=-dW(2)/(W^2);
dW(3)=-dW(3)/(W^2);
W=1/W;
end
%------------------------------------ Ausgabe
F=W;
dF=dW';
ddF=ddW;
%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%
%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%
ENDE
%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%
%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%
130
Anhang B: Programm-Code für Systemsimulationen
Anhang B: Programm-Code für Systemsimulationen
B.1 Simulink
Die Funktion ROMSIMU wird hier für das Beispiel des zweiseitig eingespannten Biegebalkens
in gekürzter Form dargestellt, d. h., es werden vier Variable bzw. modale Verschiebungen und
zwei Potentiale als Eingabe definiert. Ausgegeben wird ein Vektor OUTSIGNAL, welcher die
Werte der vier Rückstellkräfte, der vier elektrostatischen Kräfte und der Kapazität beinhaltet.
Die globalen Polynomdaten der Formänderungsenergie der Kapazitäten müssen außerhalb der
Funktion ROMSIMU vorgegeben werden bzw. im Arbeitsspeicher von MATLAB vorhanden
sein. Die Polynomkoeffizienten Ecoe und Ccoe sind in diesem Fall Matrizen, wobei die Anzahl
der Zeilen der der Polynomkoeffizienten entspricht und die Anzahl der Spalten der der
sukzessiven Polynome. Für die vier modalen Verschiebungen sind es zwei Polynome, die
sukzessiv aufgebaut werden.
function [OUTSIGNAL]=ROMSIMU(q1,q2,q3,q4,VOLT1,VOLT2)
%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%
%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%
%%
q1, q2, q3, q4:
--> Modalen Verschiebungen
%%
%%
VOLT1, VOLT2:
--> Elektroden Potential
%%
%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%
%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%
%Aufruf von globalen Variablen
%Polynomdaten der Formänderungsenergie
global Ecoe
% Polynomkoeffizienten
global Eord
% Polynomordnung
global Efun
% Ansatzfunktion
global Etype
% Polynomtype
%Polynomdaten der Kapazität
global Ccoe
% Polynomkoeffizienten
global Cord
% Polynomordnung
global Cfun
% Ansatzfunktion
global Ctype
% Polynomtype
%
SENE=0;C12=0;
dSENE=zeros(4,1);dC12=zeros(4,1);
var=[q1 q2 q3 q4];
%Mechanischesteilsystem
131
[Encoe,NUMPOLY]=size(Ecoe);
for ipoly=1:NUMPOLY
[OUT,dOUT]=ROMOPER([var(1) var(2)
var(2+ipoly)],Ecoe(:,ipoly),Eord,Efun,Etype);
SENE= SENE+OUT;
dSENE(1:2)=dSENE(1:2)+dOUT(1:2);
dSENE(2+ipoly)=dSENE(2+ipoly)+dOUT(3);
if ipoly > 1
[OUT,dOUT]=ROMOPER([var(1) var(2) 0],Ecoe(:,ipoly),Eord,Efun,Etype);
SENE= SENE-OUT;
dSENE(1:2)=dSENE(1:2)-dOUT(1:2);
end;
end;
%Elektrostatischesteilsystem
[Cncoe,NUMPOLY]=size(Ccoe);
OUT=[];dOUT=[];
for ipoly=1:NUMPOLY
[OUT,dOUT]=ROMOPER([var(1) var(2)
var(2+ipoly)],Ccoe(:,ipoly),Cord,Cfun,Ctype);
C12= C12+OUT;
dC12(1:2)=dC12(1:2)+dOUT(1:2);
dC12(2+ipoly)=dC12(2+ipoly)+dOUT(3);
if ipoly > 1
[OUT,dOUT]=ROMOPER([var(1) var(2) 0],Ccoe(:,ipoly),Cord,Cfun,Ctype);
C12= C12-OUT;
dC12(1:2)=dC12(1:2)-dOUT(1:2);
end;
end;
Fele=[];
Fele(1:4)=(0.5*dC12(1:4)*(VOLT1-VOLT2)^2);
OUTSIGNAL=[dSENE; Fele'; C12];
%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%
%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%
ENDE
%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%
%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%
B.2 VHDL-AMS
Die Funktionen ROMOPER und SUKCON in VHDL-AMS werden analog zu den in MATLAB
implementierten Funktionen (Anhang A.2) und (Anhang B.1) aufgebaut.
--#################################################################---############
ROMOPER
#############################---#################################################################-function ROMOPER(constant IN1, IN2, IN3 : in real:=0.0;
constant COE, ORD, REGFAC :in real_vector;
constant FUN, TYP :in integer :=0)
return OUTSIZE is
variable ord1, ord2, ord3, count : integer;
constant size1:integer:=integer(ORD(1));
constant size2:integer:=integer(ORD(2));
constant size3:integer:=integer(ORD(3));
variable x, dx: real_vector( 0 to size1):=(others=>0.0);
variable y, dy: real_vector( 0 to size2):=(others=>0.0);
variable z, dz: real_vector( 0 to size3):=(others=>0.0);
variable VAL, dVAL1, dVAL2 , dVAL3 : real := 0.0;
variable OPEROUT: OUTSIZE:=(others=>0.0);
132
begin
Anhang B: Programm-Code für Systemsimulationen
ord1 := integer(ORD(1));
ord2 := integer(ORD(2));
ord3 := integer(ORD(3));
for iord in 0 to ord1 loop
if iord=0 then
x(iord):=1.0;
-- AdvanceMS vertraegt kein 0**0
else
x(iord):=IN1**(iord)*REGFAC(1)**(iord);
end if;
if iord=1 then
dx(iord):=REGFAC(1);
elsif iord-1<0 then
dx(iord):=0.0;
else
dx(iord):=real(iord)*(IN1**(iord-1))*(REGFAC(1)**iord);
end if;
end loop;
for iord in 0 to ord2 loop
if iord=0 then
y(iord):=1.0;
-- AdvanceMS vertraegt kein 0**0
else
y(iord):=IN2**(iord)*REGFAC(2)**(iord);
end if;
if iord=1 then
dy(iord):=REGFAC(2);
elsif iord-1<0 then
dy(iord):=0.0;
else
dy(iord):=real(iord)*(IN2**(iord-1))*(REGFAC(2)**iord);
end if;
end loop;
for iord in 0 to ord3 loop
if iord=0 then
z(iord):=1.0;
-- AdvanceMS vertraegt kein 0**0
else
z(iord):=IN3**(iord)*REGFAC(3)**(iord);
end if;
if iord=1 then
dz(iord):=REGFAC(3);
elsif iord-1<0 then
dz(iord):=0.0;
else
dz(iord):=real(iord)*(IN3**(iord-1))*(REGFAC(3)**iord);
end if;
end loop;
if FUN=1 then
count:=COE'left;
for kord in ord3 downto 0 loop
for jord in ord2 downto 0 loop
for iord in ord1 downto 0 loop
VAL := VAL + COE(count)*x(iord)*y(jord)*z(kord);
dVAL1 := dVAL1 + COE(count)*dx(iord)*y(jord)*z(kord);
dVAL2 := dVAL2 + COE(count)*x(iord)*dy(jord)*z(kord);
dVAL3 := dVAL3 + COE(count)*x(iord)*y(jord)*dz(kord);
count := count+1;
end loop;
end loop;
end loop;
elsif FUN=2 then
count:=COE'left;
for kord in 0 to ord3 loop
ord1 := integer(ORD(1))-kord;
133
ord2 := integer(ORD(2));
for jord in 0 to ord2 loop
for iord in 0 to ord1 loop
VAL := VAL + COE(count)*x(iord)*y(jord)*z(kord);
dVAL1 := dVAL1 + COE(count)*dx(iord)*y(jord)*z(kord);
dVAL2 := dVAL2 + COE(count)*x(iord)*dy(jord)*z(kord);
dVAL3 := dVAL3 + COE(count)*x(iord)*y(jord)*dz(kord);
count:=count+1;
end loop;
ord1 := ord1 -1;
end loop;
ord2 := ord2 -1;
end loop;
elsif FUN=3 then
count:=COE'left;
for jord in ord2 downto 0 loop
for iord in ord1 downto 0 loop
VAL := VAL + COE(count)*x(iord)*y(jord);
dVAL1 := dVAL1 + COE(count)*dx(iord)*y(jord);
dVAL2 := dVAL2 + COE(count)*x(iord)*dy(jord);
count := count+1;
end loop;
end loop;
for kord in ord3 downto 1 loop
for iord in ord1 downto 0 loop
VAL := VAL + COE(count)*x(iord)*z(kord);
dVAL1 := dVAL1 + COE(count)*dx(iord)*z(kord);
dVAL3 := dVAL3 + COE(count)*x(iord)*dz(kord);
count := count+1;
end loop;
end loop;
for kord in ord3 downto 1 loop
for jord in ord2 downto 1 loop
VAL := VAL + COE(count)*y(jord)*z(kord);
dVAL2 := dVAL2 + COE(count)*dy(jord)*z(kord);
dVAL3 := dVAL3 + COE(count)*y(jord)*dz(kord);
count := count+1;
end loop;
end loop;
end if; --FUN
if TYP=2 then
dVAL1 := -dVAL1/(VAL**2);
dVAL2 := -dVAL2/(VAL**2);
dVAL3 := -dVAL3/(VAL**2);
VAL := 1.0/VAL;
end if;
OPEROUT(1) := VAL;
OPEROUT(2) := dVAL1;
OPEROUT(3) := dVAL2;
OPEROUT(4) := dVAL3;
return OPEROUT;
end function ROMOPER;
--###################################################################---#############
ENDE DER FUNKTION ROMOPER
############---###################################################################--
134
Anhang B: Programm-Code für Systemsimulationen
--###################################################################---###
Funktion zum sukzessiven Aufbau der Polynome
###---###################################################################-function SUKCON(constant q1,q2,q3,q4: in real) return OUTSIZE2 is
variable V_SFOR : OUTSIZE :=(others=>0.0); --V Steht für Variable
variable V_CAPA : OUTSIZE :=(others=>0.0);
variable MAMP: OUTSIZE:=(others=>0.0);
variable index1, index2 : integer ;
variable OPEROUT: OUTSIZE:=(others=>0.0);
variable RetVal: OUTSIZE2:=(others=>0.0);
begin
MAMP(1) := q1;
MAMP(2) := q2;
MAMP(3) := q3;
MAMP(4) := q4;
-- Mechnanisches Teilsystem
V_SFOR := (0.0,0.0,0.0,0.0,0.0);
for ipoly in 1 to NUMPOLY loop
index1:=1+Eanz*(ipoly-1);
index2:=Eanz*ipoly;
OPEROUT:=ROMOPER(MAMP(1),MAMP(2),MAMP(2+ipoly),Ecoe(index1 to
index2),Eord,Efac,Efun,Etype);
V_SFOR(1):= V_SFOR(1) + OPEROUT(1);
V_SFOR(2):= V_SFOR(2) + OPEROUT(2);
V_SFOR(3):= V_SFOR(3) + OPEROUT(3);
V_SFOR(3+ipoly):= V_SFOR(3+ipoly) + OPEROUT(4);
if ipoly > 1 then
OPEROUT:=ROMOPER(MAMP(1),MAMP(2),0.0,Ecoe(index1 to
index2),Eord,Efac,Efun,Etype);
V_SFOR(1):= V_SFOR(1) - OPEROUT(1);
V_SFOR(2):= V_SFOR(2) - OPEROUT(2);
V_SFOR(3):= V_SFOR(3) - OPEROUT(3);
end if;
end loop;
-- Elektrostatisches Teilsystem
V_CAPA := (0.0,0.0,0.0,0.0,0.0);
for ipoly in 1 to NUMPOLY loop
index1:=1+Canz*(ipoly-1);
index2:=Canz*ipoly;
OPEROUT:=ROMOPER(MAMP(1),MAMP(2),MAMP(2+ipoly),Ccoe(index1 to
index2),Cord,Cfac,Cfun,Ctype);
V_CAPA(1):= V_CAPA(1) + OPEROUT(1);
V_CAPA(2):= V_CAPA(2) + OPEROUT(2);
V_CAPA(3):= V_CAPA(3) + OPEROUT(3);
V_CAPA(3+ipoly):= V_CAPA(3+ipoly) + OPEROUT(4);
if ipoly > 1 then
OPEROUT:=ROMOPER(MAMP(1),MAMP(2),0.0,Ccoe(index1 to
index2),Cord,Cfac,Cfun,Ctype);
V_CAPA(1):= V_CAPA(1) - OPEROUT(1);
V_CAPA(2):= V_CAPA(2) - OPEROUT(2);
V_CAPA(3):= V_CAPA(3) - OPEROUT(3);
end if;
end loop;
RetVal(1 to 5) :=V_SFOR;
RetVal(6 to 10):=V_CAPA;
return RetVal;
end function SUKCON;
--###################################################################---#############
ENDE DER FUNKTION
############---###################################################################--
135
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Verzeichnis der Abbildungen und Tabellen
Abb. 1-1: Repräsentative
Zusammensetzung
eines
komplexen
Mikrosystems
für
Simulationen auf Systemebene .................................................................................. 16
Abb. 2-1: Auswirkungen von Nichtlinearitäten auf das Verhalten eines Schwingers in
Resonanz .................................................................................................................... 24
Abb. 2-2: Resonanzverschiebung eines Schwingers mit Normalkraft, verursacht durch
Stress-Stiffening (Federquerschnitt 2 × 20 µm2, E = 169 GPa) ................................ 26
Abb. 2-3: Elektrostatische Kraftberechnung mit ANSYS.......................................................... 29
Abb. 2-4: Stabile und instabile Gleichgewichtslage bei elektromechanischen Systemen.......... 31
Abb. 2-5: Hysterese bei der statischen Kennlinie eines Einfachkondensators mit Anschlag .... 31
Abb. 2-6: Nichtlineare Auswirkung des elektrostatischen Feldes auf ein Schwingsystem........ 33
Abb. 3-1: Beschreibung eines diskreten Mehrmassen-Schwingsystems in Form einer
Baugruppe mit Eingangs- und Ausgangsklemmen .................................................... 36
Abb. 3-2: Prinzip der Matrixkondensation bei der Berücksichtigung des elektrostatischen
Feldes (Makromodell mit drei Masterfreiheitsgraden) .............................................. 39
Abb. 3-3: Explizite Approximation einer Übertragungsfunktion............................................... 41
Abb. 3-4: Approximation eines Deformationszustandes für einen zweiseitig eingespannten
Biegestab durch Formfunktionen ............................................................................... 43
Abb. 3-5: Beschreibung der Übertragungsfunktion nach dem Arnoldi-Verfahren .................... 50
Abb. 3-6: Beschreibung eines zweiseitig eingespannten Biegebalkens mit einer zentrischen
Last durch die modale Superpositionsmethode.......................................................... 51
Abb. 3-7: Ergebnisse der statischen und der linearisierten harmonischen Analysen des
zweiseitig eingespannten Biegebalkens mit elektrostatischem Wirkprinzip ............. 57
Abb. 4-1: ROM-TOOL Prozedur zur Makromodellgenerierung ............................................... 61
Abb. 4-2: Moderelevanz in Abhängigkeit von der Last ............................................................. 64
142
Verzeichnis der Abbildungen und Tabellen
Abb. 4-3: Darstellung der Formänderungsenergie und der Kapazität in Form von
Höhenlinien ................................................................................................................ 66
Abb. 4-4: Auswirkungen
der
Vernachlässigung
von
Wechselwirkungen
relevanter
Eigenvektoren in einem Makromodell mit fünf modalen Freiheitsgraden ................ 68
Abb. 4-5: Numerische Ermittlung der Formänderungsenergie .................................................. 69
Abb. 4-6: Aufzwingen von Mode 1 auf das FE-Modell unter Berücksichtigung axialer
Dehnungen ................................................................................................................. 70
Abb. 4-7: Verallgemeinerter Kapazitätsbegriff zur Berechnung elektrostatischer Kräfte ......... 71
Abb. 4-8: Netzverzerrung und Neuvernetzung des elektrostatischen Feldraumes..................... 72
Abb. 4-9: Visualisierung der Polynome vom Typ Lagrange und Pascal ................................... 75
Abb. 4-10: Ergebnisse einer Ausgleichung der Formänderungsenergie für q3=0: (A)
Formänderungsenergie, (B) partielle Ableitung der ersten Ordnung, (C) partielle
Ableitung der zweiten Ordnung ................................................................................. 76
Abb. 4-11: Ausgleichsrechnungen an Kammzelle-Daten mit verschiedenen Polynomtypen..... 78
Abb. 4-12: Visualisierung der Newton-Raphson-Iterationsschleife zur Lösung nichtlinearer
Gleichungen ............................................................................................................... 80
Abb. 4-13: Die statischen Kennlinien im modalen Unterraum .................................................... 81
Abb. 4-14: Rücktransformation der Ergebnisse in lokale Koordinaten des FE-Modells
(Expansion Pass) ........................................................................................................ 82
Abb. 4-15: Visualisierung der kombinierten Newmark-Methode und Newton-RaphsonIteration zur Durchführung transienter Analysen ...................................................... 84
Abb. 4-16: Die dynamische Antwort der einzelnen modalen Freiheitsgrade nach einer
elektrischen Rechteckspannung ................................................................................. 85
Abb. 4-17: Ergebnisse der transienten Analyse mit Stress-Stiffening ......................................... 87
Abb. 4-18: Am Arbeitspunkt linearisierte harmonische Analysen .............................................. 90
Abb. 4-19: Behandlung von Kontaktproblemen mit dem Makromodell ..................................... 93
Abb. 4-20: Beschreibung der Beschleunigungslast in Arbeitsrichtung und in Querrichtung ...... 96
Abb. 4-21: Verhaltensbeschreibung des Makromodells in Simulink........................................... 98
Abb. 4-22: Blackbox-Modell in PSPICE mit 4 modalen Freiheitsgraden, 2 Elektroden und 1
Kapazität .................................................................................................................. 103
Abb. 4-23: Vergleich zwischen Eigenvektoren und Karhunen-Loéve-Vektoren eines
zweiseitig eingespannten Biegebalkens im elektrostatischen Feld.......................... 105
Abb. 5-1: Bestimmung der modalen Freiheitsgrade................................................................. 108
143
Abb. 5-2: Ergebnisse der statischen Analyse der drei Anordnungen zur Ansteuerung der
Spiegelplatte ............................................................................................................. 110
Abb. 5-3: Ergebnisse der harmonischen Analyse für Anordnung 1......................................... 111
Abb. 5-4: Modell einer 2D-Projektion mit 1D-Torsionspiegeln in Simulink .......................... 112
Abb. 5-5: Ergebnisse der Systemsimulation mit Simulink....................................................... 113
Abb. 5-6: Elektronische Schaltung zur Lagedetektion von mikromechanischen Aktoren....... 114
Abb. 5-7: Ergebnisse der Systemsimulation mit PSpice .......................................................... 115
Abb. 5-8: Abstimmbarer Vibrationssensor mit Hebelunterstützung ........................................ 116
Abb. 5-9: Ergebnisse der Amplitudengänge bei einer Kraftwirkung im Mittelpunkt der
seismischen Masse ................................................................................................... 117
Tabelle 1: Die Konstanten λi und ηi für den zweiseitig eingespannten Biegebalken ................. 55
Tabelle 2: Initialisierung der FE-Datentabelle ............................................................................ 73
Tabelle 3: Frequenzverschiebungen von Mode 1 und 2............................................................ 111
145
Versicherung
Hiermit versichere ich, dass ich die vorliegende Arbeit ohne unzulässige Hilfe Dritter und ohne
Benutzung anderer als der angegebenen Hilfsmittel angefertigt habe; die aus fremden Quellen
direkt oder indirekt übernommenen Gedanken sind als solche kenntlich gemacht.
Bei der Auswahl und Auswertung des Materials sowie bei der Herstellung des Manuskripts habe
ich Unterstützung von folgenden Personen erhalten:
KEINE
Weitere Personen waren an der geistigen Herstellung der vorliegenden Arbeit nicht beteiligt.
Insbesondere habe ich nicht die Hilfe eines Promotionsberaters in Anspruch genommen. Dritte
haben von mir weder unmittelbar noch mittelbar geldwerte Leistungen für Arbeiten erhalten, die
im Zusammenhang mit dem Inhalt der vorgelegten Dissertation stehen.
Chemnitz 06. April 2004
.................................................
.................................................
Ort, Datum
Unterschrift
147
Thesen
1. Das elektrostatische Feld beschreibt die Schnittstelle zwischen der mechanischen Struktur
und
der
Systemelektronik.
So
bewirkt
einerseits
eine
zeitliche
Änderung
des
Elektrodenabstandes eine Änderung der Kapazität und demzufolge der elektrischen
Kennwerte, andererseits führt eine angelegte elektrische Spannung zu einer Kraftwirkung auf
die Elektroden.
2. Die Kopplung des elektrostatischen Feldes mit der mechanischen Struktur ist aufgrund der
auslenkungsabhängigen elektrostatischen Kraftwirkung stets bidirektional und nichtlinear.
Eine partitionierte Lösung, bei der die Strukturdeformationen und die elektrostatischen
Kräfte an Grenzflächen ausgetauscht werden, wird für diese Art von Feldkopplungen in FESystemen bevorzugt.
3. Mikrostrukturen werden in vielen Fällen gewollt mit nichtlinearen Effekten entworfen, wobei
eine große Reihe davon diese Effekte als Wandlerprinzip anwenden. Der erweichende Effekt
der elektrostatischen Felder und der versteifende Effekt vom Stress-Stiffening können zur
Manipulation der elastische Terme einer Komponente benutzt werden.
4. Besonders in der frühen Entwurfsphase einer mikromechanischen Komponente sind
analytische Näherungslösungen sinnvoll. Diese spiegeln den Einfluss von Modellparametern
auf das Verhalten der Komponente wider und ermöglichen schnelle Optimierung. In einer
späteren Entwurfsphase, in der die Komponente in einem Gesamtsystem betrachtet wird, um
das Systemverhalten zu beurteilen und auf Fehler zu prüfen, sind numerische Modelle
notwendig. Diese liefern besonders bei komplexen Komponenten genauere Ergebnisse.
148
Thesen
5. Systemsimulatoren erfordern eine analytische Beschreibung der Einzelkomponente und sind
deshalb nur für einfache Baugruppen mit wenigen Freiheitsgraden geeignet. FE-Modelle
können nicht in ihrer Form in Systemsimulatoren benutzt werden. Hierfür werden Verfahren
zur Ordnungsreduktion benötigt, bei denen Makromodelle erstellt werden, die mindestens
relevante Aspekte ohne nennenswerten Genauigkeitsverlust widerspiegeln.
6. Jede statische Strukturdeformation kann zumindest näherungsweise durch eine Superposition
von linearen unabhängigen Formfunktionen zusammengesetzt werden. Fraglich ist nur
welche Formfunktionen zur Beschreibung des Strukturverhaltens im Arbeitsbereich der
Komponente geeignet sind. Für lineare statische Strukturdeformationen ist die Wichtung der
einzelnen Formfunktionen konstant. Dies ist nicht der Fall bei nichtlinearen Deformationen.
7. Mikrostrukturen mit elektrostatischem Wirkprinzip haben generell eine charakteristische
Auslenkung. So wird das Verhalten von Aktoren durch die Elektrodenanordnung bestimmt.
Dagegen werden kapazitive Sensoren meist für bestimmte Lastfälle konzipiert. Es ist dann
möglich, für solche charakteristische Auslenkungen eine begrenzte geringe Anzahl von
Formfunktionen zur Beschreibung der Strukturdeformationen heranzuziehen.
8. Die Anwendung von Formfunktionen zur Ordnungsreduktion von FE-Modellen ist ein
effizienter Weg, um eine drastische Reduzierung der Freiheitsgrade zu erreichen. Das sich
daraus ergebende Makromodell wird nicht mehr durch lokale Knotenauslenkungen
beschrieben, sondern durch globale Formfunktionen, die jeweils die gesamte Strukturdeformation beeinflussen.
9. Die Arnoldi-Vektoren stellen Formfunktionen dar, die spezifisch für bestimmte Lastfälle
ermittelt werden. Die Karhunen-Loéve-Vektoren werden direkt aus der Deformation der
Struktur
selbst
ermittelt
und
sind
damit
auslenkungsspezifische
Formfunktionen.
Eigenvektoren sind allgemeine und lastunabhängige Formfunktionen, die vor allem zur
Beschreibung
des
dynamischen
Strukturverhaltens
eingesetzt
werden.
Bei
der
Ordnungsreduktion sind die Eigenvektoren zur Beschreibung nichtlinearer Strukturdeformationen am effizientesten.
149
Lebenslauf
Fouad Bennini
Persönliche Daten:
Geburtsdatum:
15. März 1975
Geburtsort:
Médéa (Algerien)
Staatsangehörigkeit:
deutsch
Familienstand:
verheiratet, 1 Kind
Schulbildung:
1980 – 1986
Grundschule in Algerien
1986 – 1989
Gymnasium in Algerien
1989 – 1992
Gymnasium in Tunesien
1992 – 1993
Kolleg Breitenbrunn in Deutschland
Abschluss: Hochschulreife
Studium:
09/1993 – 06/1999
Technische Universität Chemnitz
Fachrichtung Elektrotechnik
Vertiefungsrichtung Mikrosystem- und Gerätetechnik
Abschluss: Diplom-Ingenieur der Elektrotechnik
10/1997 – 02/1998
Praktikum im Wissenschaftlichen Nationalen
Forschungszentrum CNRS-LAAS in Frankreich
Berufliche Tätigkeit:
07/1999 – 06/2004
Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der TU Chemnitz
Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik
seit 07/2004
Automotive Electronics der Robert BOSCH GmbH in
Reutlingen, Entwicklung-Sensortechnologiezentrum
Starzach 04. Februar 2005