Die Rundfunknutzung Jugendlicher in der DDR

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Die Rundfunknutzung Jugendlicher in der DDR
Thomas Lietz/Rebekka Honeit/Stefan Rauhut
Die Rundfunknutzung Jugendlicher in der DDR
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PROBLEMSTELLUNGEN UND UNTERSUCHUNGSPERSPEKTIVE
Hans A. Münster beschrieb in seiner Studie ›Jugend und Zeitung‹ schon 1932
Jugendliche als freiheitlich gesonnen, fortschrittlich, radikal, extrem, oppositionell,
zu Übertreibungen neigend und der Vergangenheit gegenüber unbekümmert.1
Folgt man dieser Charakterisierung, verspricht die Entwicklung der jugendlichen
Medienpräferenzen in der DDR ein interessantes Forschungsfeld zu eröffnen.2 Dabei wird besonderes Augenmerk auf die Beziehungen zwischen dem zentralistisch
strukturierten, für politische Zwecke funktionalisierten Mediensystem und den
Bedürfnissen der jugendlichen Mediennutzer gerichtet. Diese Betrachtung kommt
ohne Berücksichtigung bundesdeutscher Rundfunkangebote, die in weiten Teilen
der DDR empfangen werden konnten, nicht aus. Denn ihre doppelte Bedeutung ist
für die Erklärung jugendlicher Medienbedürfnisse grundlegend, sie boten Jugendlichen eine inhaltliche Alternative und beeinflussten deren Urteil über die landeseigenen Angebote nachhaltig.3
Vergleicht man Umfang, zeitlichen Verlauf und ausgewählte Inhalte der Mediennutzung von Erwachsenen und Jugendlichen in der DDR miteinander, wird deutlich, dass sich diese teils beträchtlich voneinander unterschieden. Jugendliche sahen
deutlich weniger fern, hörten mehr Musik und hatten spezifische inhaltliche Interessen. Andere Alltagserfahrungen und besondere entwicklungspsychologische
Umstände bedingen offenbar abweichende Wertemuster, welche die gängigen Erklärungsmuster des Medienhandelns von Erwachsenen für junge Leute in ihrer
Aussagekraft einschränken.4 Deshalb muss bereits eingangs auf das generell qualitativ andere Verhältnis von Jugendlichen zu den von ihnen bevorzugten Medien
hingewiesen werden. Neben den Funktionen der Stimmungsregulation, der Identitätskonstruktion, der sozialen Orientierung und Integration, welche mediale Angebote für Jugendliche im Allgemeinen erfüllen, ist insbesondere die Rolle der Medien bei der Vermittlung von Jugendkultur als zentral zu bewerten.5 Die Möglichkeit, Hörfunk- und Fernsehprogramme aus der Bundesrepublik zu nutzen, trug
hierbei einerseits zu einer Internationalisierung der Bewertungsmaßstäbe medialer
Angebote und Präsentationsformen bei, weckte aber auch Bedürfnisse, die in der
DDR aus wirtschaftlichen und politischen Gründen nicht immer befriedigt werden
konnten.6
Für die Erklärung jugendlicher Mediennutzung verknüpfen wir einen strukturgeschichtlichen Ansatz mit einer handlungsorientierten Perspektive. Mediennutzung
wird als Spezialfall sozialen Handelns gedeutet und im Zusammenhang mit den
Ausbildungs- oder Arbeitsbedingungen, den Alltagskontexten und dem Freizeitverhalten der Jugendlichen erklärt. Der Zugriff auf die Angebote von Hörfunk und
Die Verfasser sind Mitarbeiter am Lehrstuhl für Historische und Systematische Kommunikationswissenschaft im Institut für Kommunikations- und Medienwissenschaft der Universität
Leipzig.
Jahrbuch für Kommunikationsgeschichte • Band 8 • 2006
Urheberrechtlich geschütztes Material. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig und strafbar.
Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitungen in
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Fernsehen stellt sich hierbei selbstverständlich nicht als ein singuläres Phänomen
dar, sondern ist im Zusammenhang mit den übrigen verfügbaren medialen Angeboten und weiteren Freizeitmöglichkeiten zu beurteilen.7 Konnten die Jugendlichen
ihre Freizeit flexibler gestalten, als es für die Erwachsenen angenommen werden
muss, war auch ihr Medienhandeln von den Zwängen des Alltags nicht unbelastet.
Anzumerken ist, dass die von uns verwendeten Daten und Ergebnisse zumeist
über zwei Phasen des Kommunikationsprozesses Auskunft geben: Mediennutzung
wird rekonstruiert aus dem individuellen Kontakt und der Dauer der Zuwendung
zu einem Programmangebot. Über die Phase der Rezeption, welche kognitive
Prozesse beim Individuum mit einschließt, können allenfalls indirekt und vermittelt
über getroffene Bewertungen der Nutzer oder beobachtete Veränderungen im
Nutzungsverhalten Aussagen getroffen werden.8
Als Interpretationsrahmen für den Zusammenhang zwischen sozialen Handlungen und strukturellen Merkmalen greifen wir auf Karl Erik Rosengrens Modell der
Determinanten von Handlungsmustern zurück.9 Rosengren unterscheidet grundsätzlich drei Typen bestimmender Faktorenbündel, die er als Determinanten bezeichnet. Solche, die strukturell bedingt sind, werden als Lebensformen bezeichnet.
Strukturelle Determinanten sind vom gesellschaftlichen Umfeld, aber auch von der
geographischen Lage bestimmt. Zu diesen Faktoren sind die Arbeits- und Lebensbedingungen, traditionelle Handlungsmuster, Medien- und Freizeitangebote,
Rechtsnormen, das politische System, der Industrialisierungs- und Urbanisierungsgrad zu rechnen.10 Als besonders bedeutsam für unseren Untersuchungszusammenhang erweist sich das unterentwickelte Angebot an Freizeiteinrichtungen. Jugendliche in der DDR beurteilten die institutionellen Möglichkeiten der Freizeitgestaltung häufig als unzureichend und wenig bedarfsgerecht. So fehlte es zum
Beispiel an alternativen Szenetreffs, Sportstätten, Schwimmbädern oder Diskotheken.11 Auch auf das hier nicht im Mittelpunkt der Betrachtung stehende, aber
für unseren Untersuchungszusammenhang dennoch nicht unwichtige Angebot der
periodischen Publizistik dürfte diese Einschätzung zutreffen. Entsprach die Auflage der Tageszeitung ›Junge Welt‹ der Nachfrage, war dies bei beliebten Zeitschriften wie dem Jugendmagazin ›neues leben‹ oder dem Comic ›Mosaik‹ nie der
Fall. Auch Zeitschriften (›Melodie & Rhythmus‹, ›Filmspiegel‹, ›Das Magazin‹, ›Der
deutsche Straßenverkehr‹), die von Erwachsenen besonders nachgefragt und auch
von Jugendlichen gern gelesen wurden, erschienen der Papierrationierung wegen
nie mit ausreichend hoher Auflage. Das Angebot des Buchhandels litt ebenfalls
unter dem Papiermangel. Zusätzlich erlaubte die ungünstige finanzielle Situation
der DDR in nur sehr eingeschränktem Umfang, Lizenzen zu erwerben. Die kleinen
Auflagen ließen viele Leserwünsche unerfüllt. Jugendliche beurteilten daher das
ihnen zugedachte mediale Angebot generell sehr kritisch.12
Als positionell bestimmte Handlungsmuster versteht Rosengren die Merkmalsebene der Lebensweisen. Hierfür erweisen sich die Faktoren verfügbares Einkommen, formale Bildung, berufliche Stellung, Alter, Geschlecht und der typische Tagesablauf als bestimmend. Der dritte Typ von Determinanten ist den individuellen
Prägungen der Persönlichkeit (psychologische Struktur, Lebenserfahrung, Einstellungen und Werte) zuzuordnen und kennzeichnet den Lebensstil. Als bestimmende
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Faktoren bedingen sie, dass Personen weitgehend unabhängig von Lebensform und
Lebensweise ihr Leben nach Mustern gestalten, die auf individuellen Werten und
Überzeugungen fußen. Somit ist der Lebensstilbegriff Rosengrens nicht mit dem
der kulturalistisch argumentierenden Soziologie identisch. Kulturalistische Ansätze,
die sich primär auf den Zusammenhang zwischen Lebensstil und Handlung berufen, verstehen und beobachten die Variablen Werte sowie Lebensstile unabhängig
voneinander. Rosengren dagegen subsumiert Wertvorstellungen explizit unter seinen Lebensstilbegriff, da in seinem Modell die Systematisierung von Handlungsdeterminanten im Vordergrund steht. Dies gilt allerdings nicht für die Qualität der
einzelnen Relationen. Ebenso wenig leistet der Ansatz eine Gewichtung von
»Lebensstil« oder »Wert« hinsichtlich der Stärke ihres Einflusses.13
Für die Analyse der Mediennutzung Jugendlicher erweisen sich Lebensstile in
mindestens zweierlei Hinsicht als ausgesprochen interessant. In der zeitlich horizontalen Dimension dürften sich Jugendkulturen auf die Präferenzen von medialen
Angeboten auswirken, in zeitlich vertikaler Dimension auf die Zuordnung zu
unterschiedlichen Generationen. Letztere sind von unterschiedlichen kulturellen
Kontexten und Erfahrungen geprägt. Auch den Wechselwirkungen mit technischen
Entwicklungen (z.B. der Markeinführung des Walkman) und sich wandelnden gesellschaftlichen Konventionen (z.B. antiautoritäre Erziehungsmuster, die sich wiederum im Mediengebrauch abbildeten) kommt eine nicht zu unterschätzende
Bedeutung zu. Ganz pragmatisch betrachtet, lassen sich überdies Generationen für
unseren Untersuchungszusammenhang leichter bearbeiten als spezifische Jugendmilieus, weil sich hierfür die Quellenlage günstiger darstellt.14
Anzumerken ist, dass es sich bei den drei Merkmalsebenen von Rosengren um
analytische Hilfskonstrukte handelt. Rosengren selbst verweist ausdrücklich darauf,
dass die tatsächlichen Handlungsweisen immer mixta composita aller drei von ihm
benannten Handlungsdeterminanten darstellen.15 Seine Konzeption hat ihren Wert
in der Systematisierung beeinflussender Faktoren der Mediennutzung. Der graduelle Einfluss der einzelnen Determinanten, der Charakter der synthetischen Wirkung (verstärken, ergänzen, ersetzen oder ausschließen), wie er üblicherweise in der
Realität anzutreffen ist, und auch die Anzahl der zur Erklärung herangezogenen
Faktoren bleiben hingegen offen. Rosengrens Ansatz orientiert sich an Pierre
Bourdieus genetisch-strukturalistischem Habitus-Konzept16 und übernimmt dessen
Überschätzung struktureller Faktoren und zugleich die implizite Unterbewertung
der individuellen Handlung.17 Bezogen auf die DDR ist diese Gewichtung vielleicht
sogar zutreffend, führt doch die Dominanz des Politischen zu einer weit reichenden Verknüpfung struktureller Faktoren mit personellen und individuellen. Diese
besonderen Verknüpfungen lassen sich mit einer sozialgeschichtlichen Perspektive
beschreiben und in ihrer Bedeutung für den Zusammenhang zwischen Mediennutzung und Gesellschaft hinterfragen. Denn für die Perspektive der Mediennutzung als Spezialfall des sozialen Handelns ist der konkrete Handlungszusammenhang der jugendlichen Medienkonsumenten von eminenter Bedeutung.18 Das offensichtliche Dilemma einer fehlenden Theorie über den Zusammenhang zwischen
strukturellen und individuellen Bedingungen der Mediennutzung behebt Rosengrens Modell nicht. Mit dem hier vorgestellten kommunikationsgeschichtlich beJahrbuch für Kommunikationsgeschichte • Band 8 • 2006
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gründeten Ansatz soll die Struktur- und die Handlungsebene über das Phänomen
»Alltag« miteinander verbunden werden. Auf der Handlungsebene Alltag treffen
strukturelle Merkmale einer Gesellschaft, die besonderen Lebensformen, Lebensweisen und Lebensstile der Individuen, aufeinander. Es muss in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen werden, dass der Alltag nicht als autonome Sonderstruktur, sondern als integraler Bestandteil der gesellschaftlichen Strukturen verstanden wird. Das Interesse richtet sich primär auf die Frage, wie sich Gesellschaft
dem Einzelnen vermittelt. Nach Norbert Elias treten dabei die nicht offiziellen,
nicht-öffentlichen und nicht fest institutionalisierten Aspekte einer Gesellschaft in
den Vordergrund des Interesses.19 Mit der Rundfunknutzung Jugendlicher liegt ein
Untersuchungsgegenstand vor, der in die Handlungsebene »Alltag« integriert ist.
Soll also die Auswahl von medial vermittelten Inhalten und der zeitliche Aufwand
für die Nutzung von Hörfunk und Fernsehen unter Schülern, Studenten und
jungen Lehrlingen erklärt werden, erscheint eine sozialgeschichtliche Analyse ihres
spezifischen Alltags im Zusammenspiel mit der besonderen Bedürfnis- und Erwartungshaltung als adäquat. Darüber hinaus verweisen die Forschungen in der Tradition des Uses and Gratification Approach darauf, dass auch der Freizeitgestaltung
eine mehr oder minder bewusste Güterabwägung voraus geht. Konkret geht es
dabei um die Frage, welche Option den Bedürfnissen möglichst adäquat entspricht,
und welcher Aufwand damit verbunden ist.20
2
QUELLENLAGE – DIE ERHEBUNGEN DES ZENTRALINSTITUTS FÜR
JUGENDFORSCHUNG
Die zentrale Quellengrundlage für die folgende Untersuchung bilden die unveröffentlichten Forschungsberichte des Zentralinstituts für Jugendforschung. Ergänzend und zur kritischen Reflexion der Aussagen beziehen wir weiterhin Erkenntnisse aus medienbiographischen Interviews,21 eine Auswertung von Erhebungen
der Zuschauerforschung des DDR-Fernsehens, Ergebnisse aus den InfratestStellvertreterbefragungen und Daten der Zeitbudgeterhebung des Zentralamtes für
Statistik der DDR in unsere Überlegungen mit ein.
Das Untersuchungsinteresse des Zentralinstituts für Jugendforschung richtete
sich auf die Altersgruppe der 18- bis 24-Jährigen. Zu dieser Kohorte, die 1988 etwa
2,85 Millionen Personen umfasste, zählten Schüler, Studenten, Lehrlinge, junge
Arbeiter, Angestellte und sogar Wehrpflichtige.22
Aus quellenkritischen Erwägungen soll zunächst auf die Geschichte des Zentralinstituts für Jugendforschung23 hingewiesen werden. Die Erkenntnisinteressen
sowie -perspektiven, der institutionelle Aufbau, einige Erhebungsmodalitäten und
Einschränkungen der Forschungen sind als Besonderheiten der empirischen Sozialforschung in der DDR zu verstehen und verdienen daher nähere Beachtung.24
Analog zum Entstehungszusammenhang weiterer Forschungseinrichtungen nach
dem VI. Parteitag der SED war die Gründung des ZIJ 1966 für die empirische
Sozialforschung mit einer zunehmenden Marktorientierung bei der Steuerung
gesellschaftlicher Prozesse verbunden.25 In der DDR führte die wirtschaftliche
Krise in den 1960er Jahren zu Reformen, die über reine wirtschaftspolitische
Maßnahmen hinausgingen. Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlern kam in dieser
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Reformphase eine politische Beratungsfunktion zu.26 Nach dem Mauerbau strebte
die SED eine Verbesserung ihres Verhältnisses zur Bevölkerung an. In diesem Zusammenhang galt der Jugend besondere Aufmerksamkeit. Die politische Führung
hatte gute Gründe anzunehmen, dass ihre engstirnige Agitation gegenüber jugendkulturellen Erscheinungen und Bedürfnissen auf wenig Verständnis stieß und dass
unpopuläre Entscheidungen dieses Verhältnis zusätzlich trübten.27 Allerdings war
die Entwicklung in dieser Hinsicht nicht eindeutig. Der Mannheimer Historiker
Hermann Weber charakterisiert die Jugendpolitik als wankelmütig changierend
zwischen autoritären Indoktrinationsversuchen, die eine ablehnende Haltung bei
einem Teil der Jugendlichen provozierte, und einer flexibleren Haltung, welche
einige Parteimitglieder als Kapitulation begriffen.28 Ein übergeordnetes Interesse
der SED-Parteiführung bestand sicherlich darin, nicht nur zu erfahren, wie Jugendliche über die konkrete Parteipolitik urteilten, sondern darüber hinaus, wie möglichst effektiv auf die wichtigen Prozesse der Meinungsbildung Einfluss zu nehmen
sei. Die Erforschung jugendlicher Verhaltens- und Denkweisen, ihrer Probleme
und Entwicklungspotentiale erscheinen daher als logische Konsequenz dieses
Ansinnens.29
Das ZIJ war als staatliche Einrichtung dem Ministerrat der DDR zugeordnet. Die
Ansiedlung des Instituts in Leipzig erschwerte zumindest eine kurzfristige Einflussnahme der Berliner Führungsgremien der SED oder der Jugendorganisation
FDJ. Die Arbeit des Zentralinstituts kontrollierte ein eigener, zu diesem Zwecke
eingerichteter wissenschaftlicher Beirat, der auf interdisziplinäre Ausrichtung der
Forschungen bestand.30 Als grundlegende Gliederung des Instituts lässt sich seit
den 1970er Jahren die Zweiteilung nach demographischen Gruppen (Arbeiterjugend, Studenten und Landjugend) und nach grundsätzlichen Untersuchungsinteressen (Bildung, Politik, Kultur und Medien, Freizeitforschung, Familie, Recht und
Partnerverhalten) erkennen. Vier weitere Abteilungen (Methodik, Forschungsorganisation, Datenverarbeitung und Information/Dokumentation) sorgten für den
reibungslosen Ablauf der Untersuchungen. Sie kommunizierten auch die Forschungsergebnisse an die Auftraggeber. Ihre Berichte richteten sich an das Amt für
Jugendfragen, welches die vorgesetzte Behörde darstellte, an die Mitglieder des
Zentralkomitees der SED, den Zentralrat der FDJ und in den 1960er Jahren noch
zusätzlich an das Ministerium für Volksbildung. Letzteres ignorierte jedoch die
Ergebnisse der Forschungen des Instituts, soweit sie gegensätzliche Resultate über
die Entwicklung der politischen Meinungsbildung unter der Schuljugend ermittelten. Versuche, dem Zentralinstitut für Jugendforschung die Schüler als Probanden
gänzlich zu entziehen, waren allerdings nur bedingt erfolgreich.31 Jedoch schränkte
man auf Druck Margot Honeckers, die dem Ministerium als Ministerin vorstand,
die Publikationsmöglichkeiten der Mitarbeiter des Instituts ein und verkleinerte so
den Kreis derer, denen Zugang zu den Forschungsberichten des ZIJ gewährt
wurde.32 Insbesondere die Ergebnisse der Forschung zum Untersuchungsgegenstand »Medienwirkungen« fielen in die Kategorie »Vertrauliche Verschlusssache«.
Damit war eine Publikation der Ergebnisse praktisch ausgeschlossen. Dennoch
durchliefen avisierte Forschungsvorhaben umfangreiche Prüfungen von staatlichen
Einrichtungen und Gremien der SED. Kompromisse sowie Streichungen und
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Neuformulierungen einzelner Fragestellungen waren dabei in zahlreichen Fällen
offensichtlich unumgänglich.33 Den Darstellungen Friedrichs zufolge bemühte man
sich, »die gewonnenen Daten nicht zu beschönigen, sie auch nicht zurückzuhalten,
sondern so, wie sie waren, auf den Tisch zu legen«.34 Die den Auftraggebern vorgelegten Ergebnisse stellten die reale Jugendpolitik ernsthaft in Zweifel. Aus heutiger Perspektive drängt sich die Frage auf, warum das Institut überhaupt die Arbeit
bis zum Oktober 1989 und darüber hinaus fortsetzen konnte. Einen wichtigen
Grund dürfte der kleine Adressatenkreis der Berichte dargestellt haben. Nach Einschätzung des damaligen Institutsdirektors lasen zwar einige in die Jugendpolitik
Involvierte (darunter z.B. Egon Krenz, der damalige Zentralsekretär der FDJ) die
Berichte gründlich, doch blieben sie ohne konkrete politische Konsequenzen.
Walter Friedrich merkt dazu an: »Jugendpolitik wurde bis zu Detailfragen im
Politbüro der SED entschieden. Dort beziehungsweise bei Erich Honecker sind
jedoch die ZIJ-Berichte niemals vorgelegt und debattiert worden«.35 Hinzu kommt,
dass es sich anders als bei dem 1979 geschlossenen Institut für Meinungsforschung,
nicht um eine SED eigene Einrichtung handelte.36 Gleichwohl verboten die prüfenden Instanzen den Einsatz einiger Standardindikatoren in Intervalluntersuchungen,
um exakte Aussagen über Trends innerhalb der politischen Auffassungen von Jugendlichen zu vermeiden. Die Leipziger Forscher umgingen allerdings das Verbot,
indem sie die alten Indikatoren dennoch abfragten, diese aber in Berichten und
Informationen unerwähnt ließen.37 Derartig heikle Fragekomplexe betrafen beispielsweise die Nutzung bundesdeutscher Medien, aber auch die Erhebung religiöser Einstellungen und die explizite Bewertung der Politik der SED. Versuche,
die Wohnbedingungen Jugendlicher oder deren Konsum- und Freizeitwünsche detailliert in die Erhebungen des ZIJ zu integrieren, vereitelten die vorgesetzten Instanzen. Vielmehr sollten sich die Forschungen »stärker an sozialistischen Zielvorgaben orientieren« und die Fragen ganz allgemein »positiv« formulieren.38
Bei der überwiegenden Zahl der Untersuchungen des ZIJ bedienten sich die
Mitarbeiter der Methode der schriftlichen Befragung im Gruppenverband.39 Der
geringe finanzielle Aufwand und eine verhältnismäßig einfache Genehmigungspraxis begründeten dieses Vorgehen. Die Forscher hofften zudem, so den Probanden
glaubhaft Anonymität zusichern zu können. Dass sich die Jugendlichen im Rahmen
schriftlich durchgeführter Untersuchungen auskunftsfreudiger und auch kritischer
zeigten, ergaben zuvor einige Pretests. Bezüglich der Ehrlichkeit der Jugendlichen
verweist Walter Friedrich auf die niedrigen Verweigerungsquoten von etwa zwei
Prozent. Selbst bei besonders heiklen Themen wie Sexualität oder Politik verweigerten meist nur knapp drei Prozent der Befragten die Auskunft. Erst 1989 sei die
Teilnahmebereitschaft erheblich zurückgegangen. Der Faktor soziale Erwünschtheit, der Jugendliche dazu veranlasst haben könnte, politische Konformität vorzutäuschen, wenn sie Zweifel an der versprochenen Anonymität hegten, fand dagegen
keine kritische Berücksichtigung.40 Darüber hinaus stellt die Repräsentativität der
Ergebnisse des ZIJ eine weitere, aber in unseren Augen weniger problematische
Frage dar. Dem Kriterium der Repräsentativität zu entsprechen, erschien häufig
schon aus Kostengründen unmöglich und wohl häufig auch unsinnig. Durch die
kontrollierenden und korrigierenden Eingriffe der Auftraggeber wären damit verJahrbuch für Kommunikationsgeschichte • Band 8 • 2006
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mutlich weitere inhaltliche Einschränkungen der Forschungspraxis verbunden
gewesen. Das bei den meisten Erhebungen angewendete Verfahren der Klumpenauswahl lässt ein hohes Maß an Allgemeingültigkeit der Ergebnisse bei ähnlichen
Organisationsformen erwarten. Abweichende Resultate würde man vermutlich bei
gleichen Erhebungen in Klein- und Kleinstgruppen (Auszubildende in Privat- oder
Genossenschaftsbetrieben) erzielen; – beim direkten Vergleich zwischen den Erhebungen des ZIJ und repräsentativen Umfragen der Zuschauerforschung des DDRFernsehens ergeben die Daten für die Sehbeteiligungen an Jugendsendungen weitgehende Übereinstimmung.41 Selbst die von Infratest in der Bundesrepublik
Deutschland regelmäßig verabfolgten Stellvertreterbefragungen unter DDR-Besuchern bestätigen grundlegende Entwicklungen im Zugriff auf die Medienangebote
beider deutschen Staaten. Diese Daten belegen für die 1970er Jahre einen weit
verbreiteten Zugriff auf bundesdeutsche Rundfunkangebote und für die 1980er
eine anwachsende Tendenz.42 Diese Ergebnisse mit Trendcharakter können durch
die Erhebungen des ZIJ präziser gefasst werden. Obwohl den Daten des Zentralinstituts für Jugendforschung nur bei einzelnen Erhebungen Repräsentativität in allen
soziostrukturellen Positionen (Geschlecht, Alter, formale Bildung und weiterer
Merkmale) zugesprochen werden kann, vermitteln sie gleichwohl differenzierte
Hinweise zu Entwicklungen von Verhaltensweisen und Auffassungen Jugendlicher
im zeitlichen Verlauf.43
3
ALLGEMEINE ASPEKTE UND TENDENZEN DER MEDIENNUTZUNG
Die hohe Relevanz, welche die Mediennutzung in der Freizeitgestaltung Jugendlicher einnimmt, ist seit geraumer Zeit ein Allgemeinplatz in der Kommunikationswissenschaft. Begründet wird dieser nicht zuletzt durch die herausragende Bedeutung von Musik, die sich in über ihre Funktionalität als Unterhaltungsmittel, Gesprächsgrundlage, Orientierungshilfe und Zugehörigkeitsmerkmal erklärt.
Die ausgewerteten Zeitbudgeterhebungen weisen aus, dass der Konsum von Musik
wöchentlich 12 Stunden umfasste und damit den Mittelpunkt der Freizeitgestaltung
bildete. Im gleichen Umfang hörten Jugendliche beiläufig oder parallel zu anderen
Tätigkeiten Musik. Die Bedeutung medialer Angebote wird von weiteren
Freizeitangeboten unterstrichen, die sich als Mediennutzung im engeren Sinne, wie
wir sie vorab bestimmten, nur schwer beschreiben lassen. Beispiele hierfür sind
Kino-, Konzert-, oder Discobesuche und die überaus wichtigen Gespräche über
Medieninhalte.
Aus Tabelle 1 ist zu erkennen, dass sich mit Zunahme der beruflichen Einbindung der Umfang der Mediennutzung verringerte. Dies vollzog sich fast im gleichen Maße, in dem sich auch das Freizeitbudget der Jugendlichen verringerte. Eine
Ausnahme bilden allerdings Studenten, deren Medienzuwendung sich sehr deutlich
zu Gunsten des Buches verschob. Der Anteil des Medienkonsums an der Freizeit
insgesamt blieb dabei aber annähernd gleich.44 Konstanz belegen die Daten auch
hinsichtlich des zeitlichen Umfangs und der Struktur der Medienzuwendung im
Zeitraum zwischen 1967 und 1989. Das Anfang der 1970er Jahre angewachsene
Zeitbudget für die Nutzung von Fernsehen (um 2 Stunden) und Hörfunk (um 0,8
Stunden) betraf vor allem ältere Schüler. Im Vergleich zu früheren Generationen
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war der Zugang zu den entsprechenden Geräten der Eltern weniger streng reglementiert, auch verfügten die Schüler ab den späten 1970er Jahren öfter über eigene
Geräte.45
Erfragte Nutzungsdauer einzelner Medien 1987 (in Minuten)
Schüler
Lehrlinge
Studenten
Arbeiter
Angestellte
Werktag*
Sonntag
Tabelle 1
Hörfunk/Tonträger
Fernsehen
Presse/Bücher
Gesamt
217
187
151
158
186
165
226
94
65
25
76
67
62
62
51
45
71
38
67
43
59
362
297
247
272
320
270
347
n=1.236, * Arbeitstag bezogen auf die Gesamtpopulation ohne Schüler.
Quelle: Holm Felber, Hans-Jörg Stiehler: Erste Ergebnisse der Untersuchung »Das Verhältnis Jugendlicher zur populären Musik« (POP 87). Leipzig: ZIJ 1987, S. 10 (unveröffentlichter
Forschungsbericht, UuStB Köln(38)-910106520).
Die Nutzung der einzelnen Medienangebote gestaltete sich in Abhängigkeit vom
individuellen Entwicklungsstand recht unterschiedlich. Allerdings stellten die Mitarbeiter des ZIJ bezogen auf den gesamten Beobachtungszeitraum fest, dass ein selbständiger Mediengebrauch tendenziell in immer früheren Lebensphasen einsetzte.
Analog zu dem aus der Entwicklungspsychologie bekannten Phänomen bezeichneten sie diesen Prozess als »kulturelle Akzeleration«.46
Für die Altersgruppe zwischen dem 13. und dem 16. Lebensjahr war ein eher
diffuses, dafür aber ausgiebiges Probieren einzelner Angebote verschiedener Medien zu beobachten. Der zeitliche Umfang der Mediennutzung gestaltete sich intensiver als in den folgenden Lebensabschnitten. Jugendliche dieser Kohorte nutzten
das Fernsehen häufiger als Angehörige anderer Altersgruppen mit einer eindeutigen
Unterhaltungsorientierung. Der eigentliche Höhepunkt der Fernsehnutzung lag mit
dem 12. Lebensjahr noch vor dem Eintritt in das Jugendalter.47
Im Zuge der wachsenden Anforderungen durch die schulische oder berufliche
Ausbildung wählten die Jugendlichen zwischen einzelnen Medien und deren Inhalten zielgerichteter aus. Erfahrungsbedingt wiesen sie einzelnen Medien eine unterschiedliche funktionale Bedeutung zu. Das Fernsehen verlor seine dominante Position an den Hörfunk, dessen Nutzung oft mit verschiedenen Wiedergabemedien
verknüpft war. Herausragende Bedeutung erlangten besonders Freizeitformen, die
ein Zusammensein mit Freunden erlaubten. Fast zwei Drittel der Kinobesuche im
Jahr 1980 lässt sich der Altersgruppe der 14- bis 26-Jährigen zuordnen. Doch auch
der Besuch von Tanzveranstaltungen und Gaststätten gehörte zu den regelmäßigen
Formen gemeinschaftlicher Freizeitgestaltung.
Ab dem 21. Lebensjahr glichen sich die Muster jugendlicher Mediennutzung
denen der übrigen berufstätigen Bevölkerung an. Gerade die Anforderungen der
Arbeitswelt und die Gründung einer eigenen Familie beschleunigten diese Annäherung. Das Fernsehen gewann in dieser Lebensphase erneut an Bedeutung, da die
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Beaufsichtigung der Kinder ein Mehr an Häuslichkeit erzwang. Fernsehgeräte zählten deshalb häufig zur Grundausstattung eines neuen Hausstandes.48
3.1
Fernsehen
Bereits in den 1980er Jahren war die Mehrfachausstattung von Haushalten mit
Fernsehgeräten keine Seltenheit mehr. Daher verfügten viele Schüler im letzten
Jahrzehnt der DDR über einen individuellen Zugang zum Fernsehen. Bei einer
Befragung unter Leipziger Schülern gab 1987 über die Hälfte der Probanden an, ein
eigenes Gerät zu besitzen.49 Die geringere Belastung durch die Struktur ihrer Lebenswelt erweiterte deutlich die zeitlichen Grenzen ihrer Fernsehnutzung. Verfolgten Schüler das Abendprogramm zwischen 18.00 und 24.00 Uhr, ermittelten die
Zeitbudgetforscher für Erwachsene eine Kernsehzeit zwischen 19.30 und 21.30
Uhr. Wobei Jugendliche ihre Aufmerksamkeit nicht allein auf das Fernsehen beschränkten, sie nutzten es vergleichsweise oft als Begleitmedium für andere Tätigkeiten.50 Dabei orientierten sie sich durchaus nicht allein an den speziell für sie
vorgesehenen Programminhalten. Während das Interesse an Sportsendungen,
Serien, Spiel-, Abenteuer- und Kriminalfilmen anhielt, entwickelte sich das Interesse an den Jugendsendungen des DDR-Fernsehens rückläufig.51 Als illustrierendes
Beispiel sei hier auf die Weltfestspiele der Jugend 1973 in Berlin verwiesen. Die anlässlich dieser Veranstaltung eingeführte Sendung ›rund‹ stellte man aufgrund mangelnder Akzeptanz bei der avisierten Altersgruppe im Jahr 1988 ein. Die Sendung
erreichte Mitte der 1970er Jahre fast die Hälfte der Jugendlichen regelmäßig. Im
Verlauf der 1980er Jahre ging die Sehbeteiligung stark zurück. Tolerierte das Publikum im Jahrzehnt zuvor noch den hohen Wortanteil, der nicht zuletzt der politischen Instrumentalisierung der Sendung geschuldet war, begründete die schwindende Attraktivität der Größen der DDR-Rockmusik die verringerte Reichweite
dieser Jugendsendung.52 Hinzu kommt, dass deren spröde Präsentationsform kaum
dem jugendlichen Zeitgeschmack entsprochen haben dürfte.53
Das Jugendfernsehen darf rückblickend als ungeliebtes Stiefkind des DDR-Fernsehens gelten. Anders als das Kinderfernsehen, welches über Jahre einen relativ
stabilen Anteil von sechs Prozent am Gesamtprogramm stellte, nahm sich der Beitrag des Jugendfernsehens marginal aus. In nicht wenigen Jahren sank er unter ein
Prozent.54 Erst ab Mitte der 1980er Jahre ergänzten Sendungen zu jugendspezifischen Themen die bis zu diesem Zeitpunkt gesendeten musikalischen Angebote.
Dieses recht späte Eingehen auf inhaltliche Bedürfnisse abseits der Musik begründete man seitens der Programmverantwortlichen mit der Beobachtung, Jugendliche
würden ohnehin aus dem bestehenden Programm auswählen.55 Doch darf vermutet werden, dass sie wegen ihres tendenziell oppositionellen und kompromisslosen
Wesens als besonders komplizierte Zielgruppe galten. Im Hinblick auf die ideologisch begründeten inhaltlichen Einschränkungen bestand daher für die Produzenten nur geringe Aussicht, mit ihren Angeboten wesentlich an Reichweite zu gewinnen.
Dem völlig neu konzipierten Magazin ›Klik‹ gelang es mit jugendtypischen Themen und einer ansprechenden Präsentation einen Teil seiner Zielgruppe zu erreichen. Wie einige thematische Einschränkungen und auch Verbote belegen, reizte
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die Redaktion der Sendung ihren Gestaltungsspielraum vollends aus.56 Das Wissenschaftsmagazin ›Logo‹, die Diskussionssendung ›Hautnah‹ und das Musikjournal
›Dramms‹, allesamt Versuche die Stimmung unter der Jugend bis zum 40. Jahrestag
der DDR positiv zu beeinflussen, trafen die Bedürfnisse der Jugend offensichtlich
nur sehr bedingt. Erst mit der im September 1989 gestarteten Jugendsendung
›elf99‹ gelang es, einen Großteil der Jugendlichen anzusprechen.57 Dass dafür zuerst
die zunehmend günstigeren politischen Umstände verantwortlich waren, erscheint
plausibel.
Reichweite einiger Sendungen des DDR-Fernsehens unter Jugendlichen (in Prozent)
Altersgruppe
Rund (1973)
Stop! Rock (1983)
Schlagerstudio
Bong (1983)
Klik (1985)
Logo (1987)
Hautnah (1987)
Dramms (1987)
elf99 (1989)
Flimmerstunde
Aktuelle Kamera
Prisma
Sport Aktuell
(Sonntag)
Polizeiruf
Kessel Buntes
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1988
1989
14-18 14-25 14-18 14-25 14-18 14-25 14-18 14-25
22
18
10
10
3
1
9
9
14
9
13
9
30
32
19
17
14
12
12
8
13
9
13
10
16
11
11
7
9
8
5
5
9
5
8
5
10
6
43
30
14
10
12
10
12
8
10
7
6
7
5
5
4
4
8
9
7
10
3
4
2
4
4
6
20
18
13
15
14
14
14
13
51
35
54
39
31
29
33
28
40
28
40
24
32
16
35
17
Bei den Berechnungen wurde der jeweils populärere Sendezeitpunkt der Jugendsendungen berücksichtigt. Quelle: Zuschauerforschung des DDR-Fernsehens, eigene Berechnungen auf Basis
eines Datensatzes aus dem Privatarchiv von Rolf Stockheim (auf volle Beträge gerundet).
Gerade die Informationsangebote des DDR-Fernsehens hatten es ganz allgemein
schwer, unter Jugendlichen ein Publikum zu finden.58 Das galt für die Nachrichtensendung ›Aktuelle Kamera‹ ebenso wie für das Wirtschaftsmagazin ›Prisma‹. Die
Jugendforscher konstatierten schon Mitte 1970er Jahre eine tendenziell rückläufige
Nutzung dieser Sendungen. Eine Entwicklung, die sich in den 1980er Jahren noch
verstärken sollte. Wer aber sah nun diese Sendungen? Eine verantwortliche Stellung
in der FDJ und eine wohlmeinende Position zu den politischen Machtverhältnissen
in der DDR korrelierten positiv mit einer häufigeren Nutzung. Doch muss in
diesem Zusammenhang darauf hingewiesen werden, dass die Jugendlichen generell
die Zeitung bevorzugten, um sich politisch zu informieren.59 Die Tagespresse bot
zudem den Vorzug eines problemlosen selektiven Zugriffs auf einzelne Themen
und Vermittlungsformen. Dabei richtete sich das Interesse der Jugendlichen neben
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Urheberrechtlich geschütztes Material. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig und strafbar.
Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitungen in
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204
Thomas Lietz / Rebekka Honeit / Stefan Rauhut
der Berichterstattung zum Verhältnis der beiden deutschen Staaten besonders auf
sozialpolitische Themen. An den entsprechenden Informationssendungen des
Fernsehens kritisierten die Zuschauer vor allen fehlende Verständlichkeit und
Überzeugungskraft sowie den geringen Informationswert der Beiträge.60
Besondere Aufmerksamkeit verdienen die in der DDR ausschließlich von den
Jugendforschern erhobenen Daten zur Nutzung von Informationssendungen des
bundesdeutschen Fernsehens. Sie erlauben es für die 1970er Jahre generalisierbare
Aussagen über die Nutzung dieser Angebote auch innerhalb der Gesamtbevölkerung zu treffen, da zu diesem Zeitpunkt der gemeinsame Fernsehabend von Jugendlichen und Eltern bei 70 Prozent der Befragten üblich war.61 Die Nachrichtensendungen von ARD und ZDF verfolgten ein Viertel der Befragten mehrmals in
der Woche, die Auslandsberichterstattung nutzten ein Viertel der Befragten mindestens gelegentlich. Natürlich war die Reichweite von Musik- und Unterhaltungsangeboten deutlich stärker ausgeprägt. Die Musikmagazine ›Disco 76‹ und ›Musikladen‹ hatten eine feste Sehgemeinde auch jenseits der Mauer, ein Drittel bekundete
in der Erhebung von 1976, keine Sendung ungesehen verstreichen zu lassen.62
Viele der geschilderten Gründe für den geringen Erfolg der Jugendsendungen
des DDR-Fernsehens dürften auf Schwächen des gesamten Rundfunkangebots
hinweisen. Die ästhetischen und formalen Gestaltungsnormen setzten nicht erst in
den 1980er Jahren die entsprechenden bundesdeutschen Angebote. Da die Auswahl der Sendungen seitens der jugendlichen Zuschauer zudem häufig spontan erfolgte, war die wenig ansprechende Gestaltung der Jugendsendungen ein gravierender Nachteil.63 Zudem galten viele Sendungen aus der Bundesrepublik ohnehin als
unterhaltsamer als die des eigenen Landes.64 Offenbar kam auch die wenig subtile
und vielfach monotone Form der Überredungskommunikation bei den Jugendlichen schlecht an, sie wünschten sich eine stärkere Orientierung der Informationssendungen an den tatsächlichen Fakten, die Kommentierungen dagegen lehnten sie
häufig ab.65 Die im Vergleich zu den 1960er Jahren nur noch geringe Sanktionierung des »virtuellen Grenzgängertums« dürfte überdies die pragmatische Nutzung
der Rundfunkangebote aus beiden deutschen Staaten befördert haben.66 Aus dieser
veränderten politischen Haltung ergaben sich faktische Konsequenzen für die weiterhin auf autarke Werte insistierende Kulturpolitik der DDR. Die stärkere Berücksichtigung von kulturellen Angeboten aus Westeuropa und den USA bei den Lizenzerwerbungen für Kino- und Fernsehaufführungen in den 1980er Jahren
bediente nicht nur das bestehende Publikumsinteresse, es erhöhte auch den Druck
auf die Produzenten von kulturellen Angeboten im eigenem Land, ohne dass diesen adäquate finanzielle und inhaltliche Freiräume zur Verfügung gestanden hätten,
sich aus ihrer Sicht angemessen mit den Lebensverhältnissen in der DDR auseinanderzusetzen.67 Für die Zuschauer in der DDR hatte dies zur Konsequenz, dass
sich ihre Ansprüche und Beurteilungsmuster verstärkt an Standards orientierten,
mit der sich die offiziöse Kulturpolitik nicht auseinandersetzen wollte oder konnte.
Auch über diese konkreten inhaltlichen Gründe für die fallende Reichweite der
landeseigenen elektronischen Medien geben die Berichte aus dem ZIJ Auskunft.
Jugendliche sind entwicklungsbedingt stark an ihrer Gegenwart orientiert und erwarten von den ihnen zugedachten Medieninhalten eine realistische und schlüssige
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Die Rundfunknutzung Jugendlicher in der DDR
205
Auseinandersetzung mit ihren Alltagserfahrungen.68 Diese Erwartungen konnten
die Angebote aus beiden deutschen Mediensystemen aus unterschiedlichen Gründen nur bedingt erfüllen.
3.2
Hörfunk und Wiedergabemedien
Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass das Hören von Musik unter Jugendlichen als eine besonders attraktive Form der Freizeitbeschäftigung galt. Bei einer
Befragung 1987 gaben zwischen 50 und 70 Prozent an, dies gern zu tun. Einen
ähnlich hohen Stellenwert nahm unter jungen Leuten nur noch das Zusammensein
mit Freunden ein.69 Zur Beliebtheit von Musik mag neben der hohen Verfügbarkeit
eigener Abspielgeräte die besondere Eignung als unaufdringlicher und flexibler
Begleiter bei fast allen täglichen Verrichtungen beigetragen haben. Auch konnten
Jugendliche die Wahl der Inhalte weitgehend selbst bestimmen und so den eigenen
emotionalen Stimmungen ohne verbale Artikulation Ausdruck verleihen. Dafür
griffen sie auf alle musikalische Genre zurück, auch auf Klassik, Chansons und
Schlager.70 Die Spitzenzeiten der Hörfunknutzung waren neben den Morgen- und
frühen Nachmittagsstunden die Sonntage.71 An diesem Tage zwang die allwöchentliche Präsentation der Hitparaden, deren Kenntnis nicht zuletzt den Einstieg in
Gespräche mit Gleichaltrigen erleichterte und Zugehörigkeit signalisierte, die Hörer
regelrecht vor das Gerät.
Das Hörfunkangebot für Jugendliche in der DDR bestand, abgesehen von kleineren Magazinsendungen, aus dem Jugendjournal ›Hallo‹ und der ›Jugendwelle DT
64‹.72 Beide Angebote fusionierten im März 1986 zum ›Jugendradio DT 64‹. Damit
erlangte das ursprüngliche Programmangebot des Berliner Rundfunks den Rang
eines selbständigen Senders mit eigener Intendanz. Die damit verbundene Aufwertung jugendlicher Interessen sollte vor allem der Reichweite zu Gute kommen.
Die in weite Teile der DDR einstrahlenden Programmgebote bundesdeutscher
Hörfunk- und Fernsehprogrammanbieter beurteilten die meisten Jugendlichen als
willkommene Bereicherung.73 Die technischen Empfangsbedingungen für den
Hörfunk gestalteten sich im Vergleich zum Fernsehen etwas günstiger.74 Für unseren Untersuchungszusammenhang interessant sind die Entwicklungen der Präferenzen insbesondere nach der nationalen Herkunft der Angebote. Die Jugendforscher ermittelten, dass offensichtlich in den 1980er Jahren bedeutende Verschiebungen stattfanden. Während die elektronischen Medien aus der Bundesrepublik
ihr Publikum jenseits der Mauer vergrößerten, entwickelte sich die Nutzung der
landeseigenen Hörfunk- und Fernsehprogramme rückläufig. Die in der Tabelle dargestellten Tendenzen waren unter Jugendlichen in allen Ausbildungszugängen
feststellbar.75
Damit kehrte sich ein Trend aus der ersten Hälfte der 1970er Jahren um. Damals
gelang es Hörfunk und Fernsehen der DDR, ihre Reichweite unter Jugendlichen
auszubauen und sie an einzelne Angebote auch zu binden (›Jugendwelle DT 64‹
und das Jugendmagazin des DDR-Fernsehens ›rund‹). Der Trend zur interessegeleiteten Parallelnutzung der Offerten aus den Rundunksystemen beider deutscher
Staaten erwies sich jedoch als konstant. Die innovationshemmenden Strukturen des
DDR-Mediensystems, ungünstige Produktionsbedingungen76 und die Ignoranz von
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Programmverantwortlichen und Jugendpolitikern gegenüber generationsspezifischen Effekten führten dazu, dass die landeseigenen Musikangebote für die spätere
Generationen von Jugendlichen kaum mehr Relevanz erlangen konnten.
Tägliche Nutzung von Rundfunkangeboten durch junge Werktätige (in Prozent)
DDR-Hörfunk
BRD-Hörfunk
DDR-Fernsehen
BRD-Fernsehen
1976
68
35
58
33
1978
37
40
1980
71
40
65
42
Tabelle 3
1983
53
54
1988
34
62
42
55
Quellen: Hans-Jörg Stiehler: Zur Entwicklung des Medienverhaltens junger Werktätiger. Leipzig:
ZIJ 1982 (unveröffentlichter Forschungsbericht, UuStB Köln(38)-940106284), S. 44;
Gisela Ulrich: Lehrlinge heute, zu Einstellungen und Verhaltensweisen von Lehrlingen
in der DDR Ende der achtziger Jahre. Leipzig: ZIJ 1989 (unveröffentlichter Forschungsbericht, UuStB Köln(38)-920106274), S. 6; Dieter Wiedemann, Hans-Jörg Stiehler: Die Funktion der Massenmedien bei der kommunistischen Erziehung der Jugend.
Leipzig: ZIJ 1984, S.87 (unveröffentlichter Forschungsbericht, UuStB Köln(38)920106652).
Bei der Betrachtung der medienspezifischen Nutzungsprofile fallen unterschiedliche Hör- und Sehgewohnheiten auf. Für das Fernsehen galt ein »interesseorientiertes Wahlverhalten«, bei dem pragmatisch alle Angebote in die Auswahl einbezogen
wurden. Eine besondere Bindung der Zuschauer belegen die Daten der Jugendforscher nicht. Wohl aber darf man diese hinsichtlich einiger Musiksendungen (›Formel eins‹, ›Peter Illmanns Treff‹, ›ARD-Nachtrock‹) voraussetzen, auch wenn dafür
die Erhebungen der 1980er Jahre keinen konkreten Beleg liefern. Abgesehen von
jugendspezifischen Angeboten war das Kriterium der Unterhaltsamkeit ausschlaggebend.77 Anders beim Hörfunk: Hier waren die Jugendlichen in relativ starkem
Maße auf die regelmäßige Nutzung eines bestimmten Senders orientiert.78 Unter
diesen Lieblingssendern dominierten die Programmangebote aus der Bundesrepublik, insbesondere die jugendorientierten »Servicewellen« wie ›Rias 2‹, ›NDR 2‹,
›Bayern 3‹ und ›HR 3‹.79
Das ›Jugendradio DT 64‹ positionierte sich im Verlauf der 1980er Jahre zum einzigen Hörfunkprogramm der DDR, das die Jugendlichen überhaupt in nennenswertem Umfang zur Kenntnis nahmen. Die Zuwendung erfolgte überwiegend selektiv, d.h. durch den gezielten Zugriff auf bestimmte Sendungen.80 Große Resonanz fanden vor allem die Mitschnittsendungen wie ›Duett – Musik für den Recorder‹, da sie die Aufzeichnung von Interpreten erlaubte, deren Musik im Handel
nicht erhältlich war.81 Weiterhin waren Musiksendungen zu speziellen Stilrichtungen und solche mit einem hohen Anteil aktueller Hitparadenmusik aus dem westlichen Ausland beliebt. Trotz des günstigen Programmumfeldes fanden die von
einem hohen Wortanteil geprägten Nachmittagsmagazine auf ›DT 64‹ sowie Angebote mit viel oder gar ausschließlich DDR-Rockmusik weit weniger Zuspruch.82 Zu
den Stammhörern von ›DT 64‹ gehörten zwar auch die Interessenten für DDRRockmusik, doch war deren Zahl im Jugendalter in den 1980er Jahren bereits be-
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Die Rundfunknutzung Jugendlicher in der DDR
207
grenzt. Bei ihnen handelte es sich immer häufiger um erwachsene Hörer, die ihre
Jugendzeit der 1970er Jahre nacherleben wollten.83
4
EINFLUSSFAKTOREN DER MEDIENNUTZUNG
Eine strukturelle Einflussgröße von zentraler Bedeutung bildete dauerhaft die technische Empfangsqualität von Sendungen aus der Bundesrepublik, die sich territorial
sehr unterschiedlich gestaltete. In den Erhebungen des ZIJ gingen die Jugendforscher diesem Zusammenhang nach, indem sie das Nutzungsverhalten von Jugendlichen aus Dresden mit denen anderer Bezirke verglichen.84 In Magdeburg und
Leipzig wandten sich Jugendliche den Programmangeboten landeseigener Hörfunkund Fernsehsender deutlich seltener zu. Dies galt in einem noch stärkeren Maße für
den Hörfunk.
Tägliche Reichweite der Programmangebote 1985 (in Prozent)
Angebote DDR
Angebote BRD
Fernsehen
Magdeburg/
Dresden
Leipzig
35
50
50
13
Tabelle 4
Hörfunk
Magdeburg/
Dresden
Leipzig
24
36
51
34
Quelle: Hans-Jörg Stiehler, Margrit Müller: Die Nutzung der elektronischen Medien der DDR
und der BRD durch die Jugendlichen. Teilbericht zur Studie »Jugendmedien 85«. Leipzig:
ZIJ 1987 (unveröffentlichter Forschungsbericht, UuStB Köln(38)-910106533), S. 7.
In Talkessel von Dresden, wo der Volksmund das Akronym ARD mit »Außer
Raum Dresden« zu übersetzen pflegte, war die Reichweite der DDR-Programme
auch unter Jugendlichen etwas größer als in anderen Regionen.85 Die durch die
geologischen Verhältnisse erzwungene Einschränkung bedingte ein besonders kritisches Urteil über das Gesehene und Gehörte. Von derlei ungünstigen Verhältnissen
verschonte Jugendliche urteilten über das Gesamtangebot des DDR-Rundfunksystems vergleichsweise moderat. Nur die explizit an sie als Zielgruppe gerichteten
Angebote bewerteten sie tendenziell schlechter als junge Leute ohne bundesdeutsche Alternativangebote.86 Mit der Verbreitung stereotauglicher Radios, Tonbandgeräte und Kassettenrekorder in den 1980er Jahren erhöhten sich zugleich die Ansprüche der Jugendlichen an die Übertragungsqualität der Hörfunkangebote. Der
geforderten technischen Qualität konnte das ›Jugendradio DT 64‹ selbst in den
späten 1980er Jahren nur in einigen Ballungsräumen entsprechen (Abbildung 1). Es
verwundert daher nicht, dass die bundesdeutschen Hörfunkprogramme nicht nur
im ländlichen Grenzgebiet meist in besserer Qualität zu empfangen waren als das
landeseigene Jugendradio.87
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Reichweite und Qualität von ›DT 64‹ 1986
Schaubild 1
Quelle: Holm Felber, Margrit Müller, Hans-Jörg Stiehler: Überlegungen zur weiteren Entwicklung eines Rundfunkprogramms für die junge Generation. Leipzig: ZIJ 1987, im Anhang
(unveröffentlichter Forschungsbericht UuStB Köln(38)-920106448)
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Die Rundfunknutzung Jugendlicher in der DDR
209
Auf den prägenden Einfluss des Alters und der Anforderungen von schulischer
sowie beruflicher Ausbildung, die zu den positionellen Determinanten zu rechnen
sind, haben wir bereits einleitend hingewiesen. Welchen Einfluss entfaltete aber das
ideologisch determinierte Konzept der Elitenbildung auf die Mediennutzung von
Jugendlichen? Hier haben wir es nicht allein mit einem dominierenden Faktorenbündel zu tun, sondern benötigen eine Erklärung, die strukturelle, positionelle und
individuelle Determinanten miteinander in Beziehung setzt. Die von der besonderen Form der Elitenbildung Betroffenen waren zumeist Abiturienten oder Studenten. Die studentischen Lebensbedingungen unterschieden sich von denen der übrigen Jugendlichen deutlich. Ein verhältnismäßig unstrukturierter Tagesablauf und
die Unterbringung in Wohnheimen kennzeichnen die äußeren Lebensumstände.
Begründet durch die besonderen Auswahlkriterien für diese Bildungszugänge, unterstellte man ihnen eine stärker ausgeprägte Konformität zu den politischen Herrschaftsverhältnissen in der DDR.88 Die unbedingte Gültigkeit dieser Aussage kann
hier nicht den Gegenstand der Betrachtungen bilden, jedoch führte die Bedeutung
der staatlicherseits erwarteten Zuverlässigkeit zu abweichenden Mustern im Zugriff
auf die Medienangebote beider deutschen Rundfunksysteme. Zumindest geht das
aus den Selbstaussagen der Jugendlichen hervor, die z.T. auch soziale Erwünschtheit widerspiegeln mögen.89
Reichweite von Informationsangeboten 1985
Gesamt
Lehrlinge
Studenten
Arbeiter
Angebote beider
Staaten
56
55
55
62
Tabelle 5
überwiegend
DDR
23
17
35
22
überwiegend
BRD
17
24
8
11
selten/nicht
4
4
2
5
N=1.190
Quelle: Margrit Müller, Hans-Jörg Stiehler: Die Nutzung der elektronischen Medien der DDR
und der BRD durch die Jugendlichen. Leipzig: 1987 (unveröffentlichter Forschungsbericht, UuStB Köln(38)-910106533), S. 47.
Der größte Teil der Jugendlichen verwendete Medien beider deutscher Staaten, um
sich über politische Zusammenhänge zu informieren. Damit hoben sie sich nicht
von den Nutzungsgewohnheiten der sonstigen DDR-Bevölkerung ab. Die vergleichsweise starke Orientierung der Lehrlinge an bundesdeutschen Medien erklärten die Jugendforscher über die widersprüchlichen Erfahrungen, welche diese Jugendlichen mit ihrem Eintritt in das Arbeitsleben sammelten. Im Zuge der selbst
erfahrenen Realität, die sich zum Teil doch beträchtlich von der bis dahin medial
und schulisch vermittelten unterschied, verloren die landeseigenen Medien an
Glaubwürdigkeit. Die empfundene Diskrepanz dürfte das ohnehin distanzierte Verhältnis zu den DDR-Medien weiter verstärkt haben.90 Doch dürften Lehrlinge nur
geringen Druck verspürt haben, sozial erwünschte Antworten zu produzieren. Ihre
berufliche Lebenslage war auf niedrigem Niveau vergleichsweise gefestigt, was sie
von der Notwendigkeit entband, irgendwelche politischen Rücksichten zu nehmen.
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Stärker auf individuelle Determinanten verweist, oberflächlich betrachtet, der
Zusammenhang zwischen Mediennutzung und politischer Überzeugung. Erwartungsgemäß ermittelten die Jugendforscher eine positive Korrelation zwischen
einer pro-sozialistischen Einstellung und einer positiven Bewertung der Angebote
des DDR-Rundfunks. Dies schloss eine entsprechend häufigere Nutzung selbstverständlich mit ein und betraf in einem besonderen Maße politische Informationsangebote. Dagegen berücksichtigten kritisch eingestellte Jugendliche stärker die entsprechenden Angebote aus dem bundesdeutschen Mediensystem.91 Der Jugendforscher Förster stellte unter diesen Jugendlichen eine geringere Neigung fest, sich in
SED oder FDJ aktiv einzubringen.92 Allerdings ist diese Beziehung nur schwach
ausgeprägt und keinesfalls im mathematischen Sinne eineindeutig. Die Zuwendung
zu Medieninhalten aus der Bundesrepublik lässt keinen Schluss über die politischen
Auffassungen derer zu, die sie nutzten. Vielmehr unterstreichen diese Ergebnisse
eine geringe Bedeutung der Informationsangebote des DDR-Rundfunks für einen
großen Teil der Jugendlichen.93 Aber ungeachtet der politischen Einstellung überwog bei der Mehrheit der Jugendlichen ein pragmatisches Nutzungsverhalten, welches die Angebote beider deutscher Mediensysteme einschloss. Die Nutzung von
Programmen aus der Bundesrepublik implizierte also nicht zwangsläufig eine negative Einstellung gegenüber der DDR. Letztlich setzten sich in der Gunst junger
Leute jene Offerten durch, die den Bedürfnislagen besser entsprechen konnten.
Belegbar ist diese Tendenz zur Pragmatik durch die Tatsache, dass Jugendliche, die
den Sozialismus als Gesellschaftsentwurf schätzten, keineswegs auf Filme, Serien,
Unterhaltungs- und Musikangebote auf den Kanälen des »Klassenfeindes« verzichteten.94
Die Wohnsituation und damit auch der Zugang zu den einzelnen Medien stellte
eine nicht unwichtige positionelle Determinante dar. Dieser Faktor erklärt zu einem
Teil die häufigere Nutzung von Angeboten landeseigener Medien durch Studenten.
Für die Souveränität jugendlicher Mediennutzung war es entscheidend, ob sie
allein, bei ihren Eltern, im Internat oder Wohnheim lebten. Das Internatsleben
brachte besondere Einschränkungen der Mediennutzung mit sich, die als DDRspezifisch gelten können. Insbesondere Studenten und Lehrlinge der Land- und
Forstwirtschaft wohnten häufig im Internat, aber auch Berufspraktikanten, junge
Arbeiter und Abiturienten bezogen wenigstens übergangsweise Mehrbettzimmer in
Wohnheimen.95 Neben der Verständigung mit den Mitbewohnern über die Senderwahl unterlag die Nutzung des Hörfunks weiteren, ideologisch begründeten Einschränkungen. Der Fernsehempfang in eigens dafür vorgesehenen Räumen wurde
ohnehin meist technisch auf das landeseigene Programm beschränkt. Darüber hinaus verbot im Regelfall die Hausordnung die Nutzung bundesdeutscher Medien.
Selbstredend galt diese Einschränkung ebenso für den Hörfunk, auch wenn diese
gewollte Fixierung nur schwer durchzusetzen war. Der stärkste Druck zur Konformität lastete auf Abiturienten und Studenten. Denn ihnen dürfte die Fragilität ihrer
sozialen Situation besonders bewusst gewesen sein. Zudem stellte die Diskussion
von innen- und außenpolitischen Themen einen Gegenstand ihrer Ausbildung dar,
was zumindest die Kenntnis der offiziellen Argumentation notwendig machte.
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Die Rundfunknutzung Jugendlicher in der DDR
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Bezüglich der unterschiedlichen Ausbildungskontexte lassen sich zudem einige
Aussagen über den Einfluss der formalen Bildung auf die informationsorientierte
Nutzung der treffen. Während Lehrlinge und junge Arbeiter die Presse sowie das
Fernsehen deutlich bevorzugten und dem Hörfunk nur eingeschränkte Bedeutung
zumaßen, nutzten die Studenten den Hörfunk deutlich ausgeprägter. Dagegen hatte
das Fernsehen für die politische Information von Studenten einen nur geringen
Stellenwert. Von der Lektüre von Zeitungen und Zeitschriften erwarteten sie sich
vor allem ausführliche Informationen. Vergleicht man die Befragungsergebnisse
von Anfang der 1970er bis zum Ende der 1980er Jahre miteinander, ist von einer
wachsenden Bedeutung des Fernsehens für die politische Information auszugehen,
ohne dass die Tagespresse ihre dominante Position verlor.96 Damit ergibt sich folgendes Nutzungsmuster: Die Lektüre der DDR-Tagespresse ergänzten zumeist Informationsangebote bundesdeutscher Fernsehprogramme. Bei formal höher Gebildeten hatte diese Funktion des Korrektivs zumeist der Hörfunk inne. Weitere Korrelationen können indes kaum überraschen. Das Interesse an politischen Informationssendungen war häufiger anzutreffen bei Bewohnern urbanisierter Wohnorte
und höheren Alters. Dagegen fokussierten weibliche Jugendliche häufiger Formate,
bei denen zwischenmenschliche Beziehungen im Mittelpunkt standen. Weiterhin
zeigten sich hinsichtlich der Musikauswahl geschlechtsspezifische Unterschiede.
Mädchen teilten die unter Jungen oft zu beobachtende Vorliebe für aggressivere
Stile, z.B. Punk oder Heavy Metal, seltener.97
Abgesehen von den bereits aufgeführten sind weitere Faktoren sozialer und
psychischer Natur denkbar, welche die Mediennutzung Jugendlicher in sicherlich
nicht unerheblicher Weise beeinflussten. Zu nennen sind beispielsweise die individuellen Erziehungsstile und die medialen Vorlieben der Eltern.
5
SCHLUSSBEMERKUNGEN
Bonfadelli kritisierte 1990, dass die kommunikations- und medienwissenschaftliche
Forschung besonders in Bezug auf Kinder und Jugendliche primär problemorientiert und weniger theoriegeleitet arbeitet.98 Dieser Befund lässt sich auch auf die
diesbezüglichen Forschungen in der DDR ausweiten. Dennoch gilt es, auf die
unterschiedlichen Gründe der jeweiligen Forschungsinteressen hinzuweisen. Während es in der Bundesrepublik vorrangig ein pädagogischer Impetus war, der die
Perspektive der Jugendforschung bestimmte, galt das primäre Interesse hinter dem
Eisernen Vorhang dem Wirkungsvermögen der medial vermittelten Erziehungsbemühungen. Die Hauptsorge galt also nicht den potentiell negativen sozialen Folgen
jugendlicher Mediennutzung, wie es in der Bundesrepublik über lange Jahre zu
beobachten war. Zur Mediennutzung Jugendlicher forschten die Mitarbeiter des
ZIJ vorrangig unter der Fragestellung, welche Bedeutung der Medienzuwendung
für den Sozialisationsprozess zukam. Der Versuch, in der zweiten Hälfte der
1980er Jahren die Perspektive verstärkt auf die Rückkopplungsprozesse des Mediengebrauches zu lenken – auf die individuelle Nutzung von Gestaltungsspielräumen und den daraus resultierenden Anpassungsdruck für bestehende Strukturen – ,
blieb erfolglos.99
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Bezogen auf das von uns verwendete Modell von Karl Erik Rosengren kann
festgestellt werden, dass die strukturellen Determinanten verstärkt einen Einfluss
auf den quantitativen Umfang der Mediennutzung entfalten. Die Auswahl der
Inhalte wird dagegen häufiger von positionellen Faktoren bestimmt. Als weiter zu
verfolgende These ließe sich formulieren: Die individuellen Faktoren bestimmen
das Maß der Wirkungsmächtigkeit struktureller und positioneller Determinanten.
Dass für den Bereich der Lebensstile die Quellenbasis zu wünschen übrig lässt,
darauf wurde im Quellenteil bereits verwiesen. Nochmals soll die Bedeutung der
Sozialgeschichte für die Erklärung sozialer Handlungen unterstrichen werden. Die
von Heiner Meulemann verfochtene, unser Meinung nach kritikwürdige These, bei
der jüngeren DDR-Bevölkerung sei weniger ein Wertewandel, als vielmehr ein
Loyalitätsverlust der Politik der SED zu beobachten, erklärt sich unserer Meinung
nach aus der ungenügenden Berücksichtigung sozialgeschichtlicher Erklärungszusammenhänge bei der Bewertung von Ergebnissen der Jugendforschung in der
DDR.100 Darüber hinaus wirft Meulemanns These die Frage auf, ob die Erklärung
einer abnehmenden Staatsräson ohne Rückgriff auf Werte zu leisten ist oder ob
nicht gerade der verstärkte Legitimationsdruck, unter dem die SED-Führung stand,
auf den Wandel von Werten unter Jugendlichen zurückzuführen ist. Einige Erhebungen des ZIJ belegen ein über die Jahre gewachsenes Selbstbewusstsein unter
Jugendlichen und eine verstärkte Tendenz zu hedonistischen Positionen.101
Die Berichte aus dem ZIJ geben über die Mediennutzung Jugendlicher detailliert
Auskunft und ließen die Auftraggeber über viele Ursachen der rückläufigen Nutzung landeseigener Fernseh- und Hörfunkangebote keinesfalls im Unklaren. Der
programmatische Einfluss dieser Forschungen auf die Medienpolitik war gleichwohl gering und auch das Fernsehen der DDR machte von den Erkenntnissen nur
in geringem Umfang und erst zu einem späten Zeitpunkt Gebrauch.102 Das eigentliche Grundübel, das in der unbedingten Indienstnahme des Mediensystems für die
Erziehung der Bevölkerung lag, thematisierten die Berichte selbstverständlich nicht.
Doch gerade dieses Merkmal bestimmte die Gestaltungsräume der Medien
nachhaltig, – derweil das Publikum seine eigenen Gestaltungsspielräume nutzte.
ANMERKUNGEN
1
2
3
Vgl. Hans. A. Münster: Jugend und Zeitung. Berlin: Carl Duncker 1932, S. 5.
Dieser Beitrag beruht auf Arbeiten, die im Zusammenhang mit dem Teilprojekt »Rezeptionsgeschichte« unter der Leitung von Prof. Dr. Arnulf Kutsch (Leipzig) im DFG-Forschungsprojekt »Geschichte des DDR-Fernsehens – komparativ« entstanden sind. Zentraler Gegenstand dieses Teilprojektes ist die Nutzung und Bewertung des Programmangebotes des
DDR-Fernsehens, die hier vorgestellten Ergebnisse stellen einen speziellen Teilbereich der
Forschungen der Arbeitsgruppe dar. Prof. Dr. Hans-Jörg Stiehler danken wir für hilfreiche
Hinweise und die kritische Lektüre des Textes. Der Erforschung von Programm- und
Rezeptionsgeschichte vornehmlich unterhaltender Genres widmen sich Teilprojekte an den
Universitäten Berlin, Halle und Leipzig. Vgl. hierzu Reinhold Viehoff: Zu einer Programmgeschichte des DDR-Fernsehens. In: Jahrbuch für Kommunikationsgeschichte, 5. Jg. 2003, S.
195-218.
Hans-Jörg Stiehler: Blicke in den Medienalltag Jugendlicher. In: Werner Hennig, Walter
Friedrich (Hg.): Jugend in der DDR: Daten und Ergebnisse der Jugendforschung vor der
Wende. Weinheim: Juventa 1991, S. 73.
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Vgl. Heinz Bonfadelli: Freizeitverhalten von Kindern und Jugendlichen und Medienkonsum.
In: Roland Eckert u.a.: Lebensverhältnisse Jugendlicher. Zur Pluralisierung und Individualisierung der Jugendphase. Weinheim, München: Verlag Deutsches Jugendinstitut 1990 (Materialien zum 8. Jugendbericht, Bd. 2), S. 95.
Vgl. Renate Müller u.a.: Zum sozialen Gebrauch von Musik und Medien durch Jugendliche.
Überlegungen im Lichte kultursoziologischer Theorien. In: Renate Müller (Hg.): Wozu Jugendliche Musik und Medien gebrauchen. Jugendliche Identität und musikalische und mediale Geschmacksbildung. Weinheim/München: Juventa 2002, S. 9-11.
Bernd Lindner, Dieter Wiedemann: Kultur- und Medienforschung. In: Walter Friedrich,
Peter Förster, Kurt Starke (Hg.): Das Zentralinstitut für Jugendforschung Leipzig 1966-1990.
Geschichte, Methoden, Erkenntnisse. Berlin: edition ost 1999, S. 303; vgl. auch: Hans-Jörg
Stiehler: Blicke in den Medienalltag Jugendlicher. In: Werner Henning, Walter Friedrich
(Hg.): Jugend in der DDR. Daten und Ergebnisse der Jugendforschung vor der Wende.
Weinheim, München: Juventa 1991, S. 73.
Vgl. Winfried Lerg: Pressegeschichte oder Kommunikationsgeschichte? In: Presse und Geschichte. Beiträge zur historischen Kommunikationsforschung. München: Verlag Dokumentation 1977, S. 13. Auf die Bedeutung der letztgenannten Angebote verweist mittelbar der
Ansatz des Uses and Gratification Approach. Vgl. Michael Meyen: Mediennutzung. Konstanz: UTB, 2004, S. 17.
Vgl. Uwe Hasebrink: Nutzungsforschung. In: Günter Bentele, Hans-Bernd Brosius, Otfried
Jarren (Hg.): Öffentliche Kommunikation. Handbuch Kommunikations- und Medienwissenschaft. Wiesbaden: Westdeutscher Verlag 2003, S. 102.
Vgl. Karl Erik Rosengren: Culture, media and Society: Agency and Structure, Stability and
Change. In: Karl Erik Rosengren (Hg.): Media Effects and Beyond. London: Routledge 1994,
S. 3-28.
Vgl. auch Michael Meyen: Mediennutzung, Mediaforschung, Medienfunktionen, Nutzungsmuster. Konstanz: UVK 2004, S. 47.
Vgl. Lindner, Wiedemann, 1999, S. 315 (wie Anm. 6).
Vgl. Peter Förster u. a.: Information zum Entwicklungsstand des Denkens und Verhaltens
unserer Jugend vor dem X. Parteitag der SED. Leipzig: ZIJ 1986 (unveröffentlichter Forschungsbericht, UuStB Köln (38)-910106505), S. 31.
Dieter Hermann weist in seiner Analyse des Erklärungsgehaltes der Forschung zum Lebensstil darauf hin, dass eine Vermischung von Lebensführungsmustern und Werten nicht
sinnvoll ist, da die Gefahr einer Scheinkorrelation nur durch die Analyse der kausalen Zusammenhänge zwischen beiden Faktoren auszuschließen sei. Vgl. Dieter Hermann: Bilanz
der Lebensstilforschung. In: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, 56. Jg.
2004, Nr. 1, S. 173.
In diesem Zusammenhang sei auf die Paneluntersuchungen des ZIJ verwiesen. Bernd Lindner hat für die DDR vier Jugendgenerationen voneinander geschieden; vgl. Bernd Lindner:
»Bau auf, Freie Deutsche Jugend« – und was dann? Kriterien für ein Modell der Jugendgenerationen der DDR. In: Jürgen Reulecke (Hg.): Generationalität und Lebensgeschichte im
20. Jahrhundert, München: Oldenbourg 2003, S. 187-215.
Vgl. Karl Erik Rosengren: Inhaltliche Theorien und formale Modelle in der Forschung über
individuelle Mediennutzung. In: Uwe Hasebrink, Friedrich Krotz: Die Zuschauer als Fernsehregisseure? Zum Verständnis individueller Nutzungs- und Rezeptionsmuster. BadenBaden: Nomos 1996, S. 25.
Vgl. Karl Erik Rosengren: Substantive Theories and formal Models. Bourdieu confronted. In:
European Journal of Communication, 10. Jg. 1985, Nr. 1, S. 7-39.
Zu individuellen Handlungsmöglichkeiten dagegen ausführlich Lothar Mikos: Fernsehen im
Kontext von Alltag, Lebenswelt und Kultur. Versuch zur Klärung von Begriffen zum
Zwecke der theoretischen Annäherung (1). In: Rundfunk und Fernsehen, 40. Jg. 1992, Nr. 4,
S. 528-543.
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Thomas Lietz / Rebekka Honeit / Stefan Rauhut
18 Vgl. auch Karsten Renckstorf, Fred Wester: Mediennutzung als soziales Handeln: Eine handlungstheoretische Perspektive empirischer (Massen-)Kommunikationsforschung. In: Tilmann
Sutter, Michael Charlton (Hg.): Massenkommunikation als soziales Handeln. Wiesbaden:
Westdeutscher Verlag 2001, S. 170.
19 Vgl. Norbert Elias: Zum Begriff des Alltags. In: Kurt Hammerich, Michael Klein (Hg.): Materialien zur Soziologie des Alltags. Opladen: Westdeutscher Verlag 1978 (= KZfSS Sonderheft Nr. 20), S. 24.
20 Vgl. Bonfadelli 1990, S. 93 (wie Anm. 4).
21 Vgl. Rebekka Honeit: Jugend und Medien in der DDR. Eine Untersuchung zu Mediennutzung, Medienbewertung und Medienfunktionen in den 1980er Jahren. Leipzig: Magisterarbeit
am Institut für Kommunikations- und Medienwissenschaft der Universität Leipzig 2005,
S.126-139.
22 Ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung der DDR betrug damit etwa 17 Prozent. Vgl. Edeltraud Schulze (Hg.): DDR-Jugend. Ein statistisches Handbuch. Berlin: Akademie-Verlag
1995, S. 27.
23 In der Folge mit ZIJ abgekürzt.
24 Wir stützten uns hierbei in wesentlichen auf Walter Friedrich: Geschichte des Zentralinstituts
für Jugendforschung. In: Walter Friedrich, Peter Förster, Kurt Starke (Hg.): Das Zentralinstitut für Jugendforschung Leipzig 1966-1990. Berlin: edition ost 1999, S. 13-69.
25 Zu nennen wären die Wiederbesetzung soziologischer und sozialpsychologischer Lehrstühle
an einigen Universitäten, die Gründung des Instituts für Meinungsforschung beim ZK der
SED im April 1964 und die Forcierung der Publikumsforschung beim Hörfunk und Fernsehen der DDR.
26 Das wirtschaftliche Wachstum hatte sich zwischen 1959 und 1961 halbiert, in der Sowjetunion stellte Nikita Chruschtschow die bisherige Wirtschaftspolitik in Frage. Nach dem
Amtsantritt Honeckers verloren die Wissenschaftler ihre Politik beratende Funktion wieder;
vgl. Hermann Weber: Geschichte der DDR. München: DTV 1999, S. 236-239.
27 In diesem Zusammenhang ist die staats-offizielle Ablehnung westlicher Musik und Moden
sowie u. a. die Einführung der Wehrpflicht am 24. Januar 1962 zu nennen.
28 Vgl. Weber 1999, S. 242 u. S. 249 (wie Anm. 26).
29 Die Einrichtung des Deutschen Jugendinstituts 1963 in München dürfte ein wichtiges
Argument hinsichtlich der Notwendigkeit einer solchen Forschungsstelle auch in der DDR
dargestellt haben, wurde doch die Münchner Forschungsperspektive und Arbeitsweise zuvor
umfassend studiert. Vgl. Friedrich 1999, S. 21 (wie Anm. 24).
30 Das wissenschaftliche Personal setzte sich aus Psychologen, Pädagogen, Kulturwissenschaftlern, Philosophen, Mathematikern und Medizinern zusammen. Die Aktivitäten einer jeden
Forschungseinrichtung begutachteten und reglementierten üblicherweise zentral organisierte
wissenschaftliche Räte, denen damit ein entscheidender Einfluss auf die Untersuchungsgegenstände und die Reichweite der Erkenntnismöglichkeiten zukam.
31 Untersuchungen an Schulen sollten nur noch der dem Ministerium direkt unterstellten Akademie für pädagogische Wissenschaften vorbehalten bleiben. Der Leipziger Schulrat Wilfried
Trescher unterlief diese Anweisung und duldete in seinem Schulbezirk weiterhin die Erhebungen des ZIJ. Vgl. Friedrich 1999, S. 27-29. (wie Anm. 24).
32 Deshalb erscheint der Ansatz Dietrich Kerlens, für seine kulturhistorische Studie über den
Zusammenhang Jugend und Medien offenbar nur gedruckte Quellen zu würdigen, nicht
überzeugend. Damit wird die Arbeit weder dem zeitgenössischem Forschungsstand, noch
den Umständen, unter denen empirische Sozialforschung in der DDR arbeitete, gerecht. Vgl.
Dietrich Kerlen: Jugend und Medien in Deutschland. Weinheim, Basel: Beltz 2005, S. 87-95.
33 Vgl. Walter Friedrich: Zur inhaltlichen und methodischen Forschung am ZIJ. In: Evelyn
Brislinger, Brigitte Hausstein, Eberhard Riedel: Jugend im Osten. Berlin: Trafo-Verlag 1997,
S. 95-97.
34 Vgl. Friedrich 1999, S. 26 (wie Anm. 24).
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35 Vgl. ebd. S. 57.
36 Ob dem Ministerratsvorsitzenden Willy Stoph, einem Kontrahenten Honeckers, dessen Verantwortungsbereich das Institut zugeordnet war, wirklich etwas am Fortbestehen des
Instituts gelegen war, wie Jürgen Schütrumpf erklärt, ist durch die von uns eingesehenen
Quellen nicht belegt. Denn auch Vertreter des Zentralrats der FDJ hielten die Arbeit des ZIJ
für ihre Tätigkeit für unverzichtbar. Vgl. Bericht Jürgen Schütrumpf über die Steuerung und
Kontrolle der Wissenschaft der DDR. In: Rolle und Bedeutung der Ideologie, integrative
Faktoren und disziplinierende Praktiken in Staat und Gesellschaft der DDR. Hamburg:
Nomos 1995 (Materialien der Enquete-Kommission »Aufarbeitung von Geschichte und
Folgen der SED-Diktatur in Deutschland«, Bd. III/1), S. 363.
37 Vgl. Friedrich 1997, S. 96 (wie Anm. 33). Vgl. auch Friedrich 1999, S. 33 (wie Anm. 24).
38 Vgl. Lindner, Wiedemann 1999, S. 310 (wie Anm. 6). Beide Autoren waren Mitarbeiter im
ZIJ; Dieter Wiedemann leitete die Abteilung Kultur und Medien.
39 Zu den ebenfalls praktizierten Methoden gehörten Gruppendiskussionen, mündliche Interviews und quasi experimentelle Untersuchungsdesigns bei Beobachtungen.
40 Vgl. Heiner Meulemann: Werte und Wertewandel. Zur Identität einer geteilten und wieder
vereinten Nation. Weinheim/München: Juventa 1996, S. 187.
41 Die Zuschauerforschung des DDR-Fernsehens ermittelte im Auftrag desselben die Nutzung
und Bewertung des eigenen Programms. Wöchentlich befragten geschulte Interviewer 1000
zufällig aus der Fernsehteilnehmerkartei der Deutschen Post gezogene Probanden über die
Sehbeteiligung der vergangenen Woche. Die Nutzung bundesdeutscher Fernsehprogrammangebote durfte hierbei nicht ermittelt werden. Die Forschungen unterlagen der Geheimhaltung; allenfalls auf persönlicher Basis unter den Forschern selbst ergab sich ein Austausch
der Ergebnisse. Vgl. Thomas Lietz: Fernsehnutzung in der DDR. In: Medien und Zeit, 20.
Jg. 2005, Nr. 2, S. 37-40.
42 Infratest wies die Ergebnisse für drei Alterskohorten aus, die uns interessierende schloss die
Altersgruppe der 14 bis 30 Jährigen ein. Angaben zum sozialen Status der Befragten wurden
nicht gemacht. Infratest dimap Berlin, Bestand Stellvertreterforschung.
43 Entwicklungsprozesse des politischen Bewusstseins standen im Mittelpunkt der 17 Intervall/Längsschnittstudien (Panelstudien).
44 Vgl. Jochen Hahn u.a.: Haupttendenzen der Entwicklung kultureller Bedürfnisse und Verhaltensweisen Jugendlicher in den siebziger Jahren. Leipzig: ZIJ 1981 (unveröffentlichter Forschungsbericht, UuStB Köln(38)-920106052), S. 61.
45 Tragbare Radios, Kassettenrekorder oder Geldzuwendungen, mit denen diese angeschafft
werden konnten, waren typische Geschenke zur Jugendweihe. Diesen auch offiziell staatlich
geförderten Festakt führte man 1955 bewusst gegen die Konfirmation ein, um religiöse Bindungen Jugendlicher zu lösen. Die Verbreitung von Kofferradios unter 12-Jährigen verdoppelte sich von 1968 bis 1978 auf 45 Prozent, unter 16jährigen hatte sie 1978 eine Verbreitung von über 70 Prozent erreicht. Weiterhin stellten die Jugendforscher einen nicht näher
quantifizierten Rückgang der Kinonutzung und Lektüre unter jungen Arbeitern und Lehrlingen fest; vgl. Hahn 1981, S. 62-64 (wie Anm. 44). Ab den 1980er Jahren ersetzte zunehmend
der Kassettenrekorder das Kofferradio, damit war eine weitgehend vom aktuellen Hörfunkangebot unabhängige Musikauswahl möglich; vgl. Holm Felber, Margrit Müller, Hans-Jörg
Stiehler: Überlegungen zur weiteren Entwicklung eines Rundfunkprogramms für die junge
Generation. Leipzig: ZIJ 1987 (unveröffentlichter Forschungsbericht, UuStB Köln(38)920106448), S. 5.
46 Vgl. Lindner, Wiedemann 1999, S. 327 (wie Anm. 6).
47 Der Höhepunkt der Fernsehnutzung lag bei Jugendlichen in den 1970er Jahren noch in
einem späteren Lebensabschnitt als in den 1980er Jahren. Vgl. Dieter Wiedemann, Hans-Jörg
Stiehler: Die Funktion der Massenmedien bei der kommunistischen Erziehung der Jugend.
Leipzig: ZIJ 1984 (unveröffentlichter Forschungsbericht, UuStB Köln(38)-920106652), S. 31.
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48 Vgl. Margrit Müller, Hans-Jörg Stiehler: Probleme der ideologischen Klassenauseinandersetzung auf dem Gebiet der elektronischen Massenmedien. Leipzig: ZIJ 1987 (unveröffentlichter Forschungsbericht, UuStB Köln(38)-910106507), S. 5.
49 Befragung aus dem Frühjahr 1987 unter 387 Schülern der Klasse 8 und 9. Vgl. ZIJ-Studie
»Einstellungen Jugendlicher zur populären Musik«. Köln: Gesis Datensatz ZA 6036. Bei einer
landesweiten Befragung zehn Jahre zuvor unter 929 Schülern lag der Verbreitungsgrad noch
bei 15 Prozent. Vgl. ZIJ-Studie »Freizeitgestaltung bei Schülern«. Köln: Gesis Datensatz ZA
6106.
50 Vgl. Bernd Linder, Dieter Wiedemann: Entwicklungstendenzen kultureller Bedürfnisse und
Verhaltensweisen Jugendlicher in der ersten Hälfte der achtziger Jahre. Kulturelle Aktivitäten
der FDJ. Leipzig: ZIJ 1985 (unveröffentlichter Forschungsbericht, UuStB Köln(38)920106634), S. 30.
51 Vgl. Hans-Jörg Stiehler u.a.: Information über Hauptergebnisse der Erkundungsuntersuchung »Rezeption und Bewertung der Jugendsendung ›Hautnah‹«. Leipzig: ZIJ 1987 (unveröffentlichter Forschungsbericht, UuStB Köln(38)-920106507), S. 7.
52 Rauhut spricht von einem sich erdrutschartig abzeichnenden Resonanzverlust der DDR
Rockmusik Mitte der 1980er Jahre. Vgl. Michael Rauhut: Rock in der DDR. 1964-1989.
Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung 2002, S. 94ff. Zu Kinder und Jugendsendungen
im DDR-Fernsehen generell: Sabine Reiboldt, Patricia Teichert: Von der Pionierreihe zur
Popsendung. In: Helmut Heinze, Anja Kreutz (Hg.): Zwischen Service und Propaganda: zur
Geschichte und Ästhetik von Magazinsendungen im Fernsehen der DDR 1952-1991. Berlin:
Vista 1998 (Beiträge zur Film- und Fernsehwissenschaft, Bd. 50/51), S. 357-361.
53 Zu den Bemühungen des DDR-Fernsehens, attraktive Sendungen für Jugendliche anzubieten, ausführlich Peter Hoff, Hans-Jörg Stiehler: Jugendfernsehen in der DDR. Die immerwährende Suche nach dem Zuschauer. Bernd Schorb, Hans-Jörg Stiehler (Hg.): Neue Lebenswelt – neue Medienwelt? Opladen: Leske+Budrich 1991, S. 77-89.
54 Vgl. Programmstatistik des DDR-Fernsehens. In: Statistische Jahrbücher der DDR. Berlin:
Staatsverlag 1967-1990. Einige Sendungen erreichten nur einen Teil der Jugendlichen, weil sie
auf der nur unzureichend ausgebauten Senderkette des 2. Programms gesendet wurden
(›Jugendklub TV‹ in den 1970er Jahren, ›Stop! Rock‹ bis zum Jahr 1986 und die ›Musikbox‹).
55 Vgl. Edeltraud Peschel: Journalismus der Deutschen Demokratischen Republik in der entwickelten sozialistischen Gesellschaft (1971-1981). Leipzig: unveröffentlichte Dissertation an
der Sektion Journalistik an der Karl-Marx-Universität 1989, S. 120.
56 Vgl. Knuth Hickethier, Peter Hoff: Geschichte des deutschen Fernsehens. Stuttgart Metzler
1998, S. 407.
57 Zum Erfolg von elf99 ausführlich Hoff, Stiehler 1991, S. 81-89 (wie Anm. 53).
58 Auch diesen Zusammenhang stützen Infratesterhebungen. 1974 gaben 35% der Befragten
an, ihre jugendlichen Gesprächspartner in der DDR nutzten Informationssendungen aus der
Bundesrepublik, dagegen nur 10% die des DDR-Fernsehens. Vgl. Infratest dimap: Einstellungen und Verhaltensweisen der Bevölkerung der DDR. Tabellenband 1974, Berlin: o.V., S.
91-92.
59 Vgl. Lothar Bisky u.a.: Zur Nutzung der durch die Massenmedien verbreiteten politischen
Informationen und Argumentationen durch Jugendliche. Leipzig: ZIJ 1976 (unveröffentlichter Forschungsbericht, UuStB Köln(38)-930106173), S. 24-26 und S. 59.
60 Vgl. ebd. S. 67-68.
61 Dieser Durchschnittswert dürfte in den Abendstunden übertroffen worden sein. Repräsentative Erhebung im März April 1976 unter 2548 Lehrlingen, Arbeitern, Angestellten und Studenten. Vgl. ebd. S. 24.
62 Vgl. Lothar Bisky u. a.: Ausgewählte Ergebnisse der Jugendforschung. Leipzig: ZIJ 1976
(unveröffentlichter Forschungsbericht, UuStB Köln(38)-920109210), S. 29.
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63 Das, was heute als »Zappen« bezeichnet wird, war trotz der geringeren Zahl an verfügbaren
Programmen unter den Jugendlichen ein bereits übliches Nutzungsverhalten. Vgl. Lindner,
Wiedemann 1985, S. 15 (wie Anm. 50).
64 Als beliebtestes Format galten Musiksendungen; ihnen folgten die Genres Unterhaltungsshow und Kriminalfilm. Nur bei den Sportsendungen und den Kulturmagazinen konnten die
Angebote des DDR-Fernsehens unter den regelmäßigen Interessenten einen leichten Vorsprung bewahren. Vgl. Hahn 1981, S. 98 (wie Anm. 44).
65 Vgl. Bisky 1976, S. 23. (wie Anm. 59.)
66 Vgl. Norbert Linke: Die Rezeption der Programme von ARD und ZDF in der DDR als
Gegenstand der SED-Kommunikationspolitik. In: Publizistik, 32. Jg. (1987), Nr. 1, S. 54-61.
67 Die Freiräume waren beim Fernsehen besonders eng bemessen. Dazu Joachim Herrmann:
Im Übrigen ist vollkommen klar, das sozialistische Fernsehen ist keine Tribüne für Schräglagen und schon gar nicht für Angriffe auf unsere Gesellschaft. Was in dem einen oder
anderen Theater vor sich geht, mag dahin gestellt sein – aber im Massenmedium Fernsehen
kann nur eine Kunst Platz finden, die deutlich sozialistische Position bezieht. Dafür haben
wir alle hier die persönliche politische Verantwortung. In: Joachim Herrmann: Was erwartet
unsere Partei von der Fernsehkunst. (Strategiepapier, wahrscheinlich September 1978)
Bundesarchiv Lichterfelde: Bestand Büro Herrmann DY30/IV2/2.037/40, S. 153.
68 Vgl. zu den Bedürfnissen Hans-Jörg Stiehler: Überlegungen zur Entwicklung des Jugendfernsehens in den nächsten Jahren. Leipzig: ZIJ 1985 (unveröffentlichter Forschungsbericht,
UuStB Köln(38)-920106616), S. 12.
69 Vgl. Felber, Müller, Stiehler 1987, S. 7 (wie Anm. 45).
70 Vgl. Margrit Müller, Hans-Jörg Stiehler: Die Nutzung der elektronischen Medien der DDR
und der BRD durch die Jugendlichen. Leipzig: ZIJ 1987 (unveröffentlichter Forschungsbericht, UuStB Köln(38)-910106533), S. 35.
71 Vgl. Felber, Müller, Stiehler 1987, S. 19-22 (wie Anm. 45); vgl. auch Hans-Jörg Stiehler, Holm
Felber, Dieter Wiedemann: »20 Stunden Jugendradio«. Hauptergebnisse einer operativen Studie. Leipzig: ZIJ 1988 (unveröffentlichter Forschungsbericht, UuStB Köln(38)-910106482), S.
34.
72 ›DT 64‹ war ein Angebot des Berliner Rundfunks, entstanden als mediale Begleitung des
Deutschlandtreffens der Jugend in Berlin 1964. Sein großer Erfolg begründete die Fortsetzung des ursprünglich auf 99 Stunden begrenzten Hörfunkprojekts. Ab November 1971
strahlte die Stimme der DDR das Jugendjournal ›Hallo‹ dreimal wöchentlich aus.
73 Dem entsprechend stellte die Erforschung ihrer Nutzung und Bewertung ein weiteres Untersuchungsfeld der Jugendforscher dar, dem man bei fast allen Erhebungen zur Mediennutzung nachging. In einigen Berichten wird diese Frage ausschließlich thematisiert.
74 Die Reichweite bundesdeutscher Hörfunkangebote wurde 1976 mit 94 Prozent angegeben,
das Fernsehprogramm erreichte immerhin noch 80 Prozent der Jugendlichen. Einem Bericht
des Jahres 1984 ist zu entnehmen, dass nunmehr auf 85 Prozent des Territoriums mindestens
ein Rundfunkangebot aus der Bundesrepublik zu empfangen sei; vgl. Bisky 1976, S. 188, (wie
Anm. 59); vgl. mit Wiedemann, Stiehler 1984, S. 87 (wie Anm. 47).
75 Vgl. Wiedemann, Stiehler 1984, S.87 (wie Anm. 47). Auch die Infratest Erhebungen belegen
für die ausgehenden 1980er Jahre eine gegenüber dem DDR-Hörfunk stark verbesserte Position bei den Hörern in der DDR. Vgl. Infratest dimap: Einstellungen und Verhaltensweisen
der DDR-Bevölkerung. Berlin: o.V. 1980, 1982 und 1988.
76 Holm Felber: DDR-Rockmusik und DDR-Jugend. Leipzig: ZIJ 1988, (unveröffentlichter
Forschungsbericht, UuStB Köln (38)-910106516) S. 23ff.
77 Vgl. Müller, Stiehler 1987, S. 20 (wie Anm. 70); vgl. auch Hahn 1981, S. 68 (wie Anm. 44).
78 Vgl. Felber, Müller, Stiehler 1987, S. 6 (wie Anm. 45). Vgl. auch Stiehler, Felber, Wiedemann
1988, S. 15 (wie Anm. 71).
79 Empfangsqualität und Bindung an einen Sender korrellierten positiv miteinander. Vgl. Felber,
Müller, Stiehler 1987, S. 13 (wie Anm. 45).
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Vgl. Stiehler, Felber, Wiedemann 1988, S. 28 (wie Anm. 71).
Vgl. Felber, Müller, Stiehler 1987, S. 27 (wie Anm. 45).
Vgl. ebd., S. 71-72. Vgl. auch Stiehler, Felber, Wiedemann 1988, S. 42-44 (wie Anm. 71).
Vgl. ebd. S. 72.
Im Talkessel von Dresden, im sich anschließenden Elbtal, in weiten Teilen des Bezirkes
Neubrandenburg und Rostock konnten bundesdeutsche Fernsehangebote nicht oder nur
mit großem Aufwand empfangen werden. Der Empfang von Hörfunkangeboten war auf
Mittelwelle möglich, im UKW-Bereich aber mit starken Einschränkungen verbunden.
Vgl. Müller, Stiehler 1987, S. 20 (wie Anm. 70). Vgl. auch: Hans-Jörg Stiehler: Dieter Wiedemann: Ausgewählte Fragen der Nutzung der Massenmedien. Kulturelle Aktivitäten der FDJ.
Teilbericht. Leipzig: ZIJ 1985 (unveröffentlichter Forschungsbericht, UuStB Köln(38)910106476), S. 25.
Vgl. Müller, Stiehler 1987, S. 30-33 (wie Anm. 70).
Vgl. Felber, Müller, Stiehler 1987, S. 10 (wie Anm. 45).
Vgl. Peter Förster: Die Entwicklung des politischen Bewusstseins der DDR-Jugend
zwischen 1966 und 1989. In: Walter Friedrich, Peter Förster, Kurt Starke (Hg.): Das Zentralinstitut für Jugendforschung Leipzig 1966-1990. Geschichte, Methoden, Erkenntnisse.
Berlin: edition ost 1999, S. 80.
Vgl. Honeit 2005, S. 78 (wie Anm. 21).
Vgl. Gisela Ulrich: Lehrlinge heute, zu Einstellungen und Verhaltensweisen von Lehrlingen
in der DDR Ende der achtziger Jahre. Leipzig: ZIJ 1989 (unveröffentlichter Forschungsbericht, UuStB Köln(38)-920106274), S. 6.
Vgl. Müller, Stiehler 1987, S. 23-25 (wie Anm. 70); Stiehler, Felber, Wiedemann 1988, S. 2527 (wie Anm. 71).
Vgl. Förster 1999, S. 128-129 (wie Anm. 88).
Selbst unter den 182 Abgeordneten der FDJ in der Volkskammer nutzten 1975 bereits die
Hälfte von ihnen die einstrahlenden Angebote des Rundfunks aus der Bundesrepublik
Deutschland für ihre politische Information. Vgl. Anita Wolff, Peter Förster: Das ideologische Profil junger Abgeordneter. Leipzig: ZIJ 1975 (unveröffentlichter Forschungsbericht,
UuStB Köln(38)-940106662), S. 9f.
Vgl. Müller, Stiehler 1987, S. 19 (wie Anm. 70).
Vgl. Friedrich-Ebert-Stiftung (Hg.): Jugend in der DDR. Zu Jugendalltag und Jugendproblemen im »Sozialismus«. Bonn/Bad Godesberg: o.V. 1988, S. 24-27.
Vgl. Bisky 1976, S. 59 (wie Anm. 59); vgl. mit Wiedemann, Stiehler 1984, S. 39 (wie Anm.
47).
Vgl. Felber, Müller, Stiehler 1987, S. 30-35 (wie Anm. 45). Vgl. auch Hans-Jörg Stiehler: Die
Nutzung der Jugendmedien, speziell der ›Jungen Welt‹ durch junge Werktätige und Studenten. Leipzig: ZIJ 1983 (unveröffentlichter Forschungsbericht, UuStB Köln(38)-920106696),
S. 25-27.
Vgl. Bonfadelli 1990, S. 83 (wie Anm. 4).
Dieter Wiedemann und Hans-Jörg Stiehler unterbreiteten der Institutsleitung den Vorschlag,
eine Abteilung eigens für die Theorieentwicklung einzurichten. Vgl. Hans-Jörg Stiehler:
Synthesen: Zu einem Arbeitsprinzip und zur Geschichte einer Jugendinterpretation. In:
Lothar Mikos, Hans-Jörg Stiehler (Hg.): Manuskript der Festschrift für Dieter Wiedemann,
2006, S. 6-7.
Etwa bei der Erklärung des Indikators »politische Effektivität«. So begründet nicht etwa
kognitive Konsonanz das Maß der beobachteten »gesellschaftlichen Aktivitäten« der jugendlichen Bevölkerung, wie Meulemann meint, sondern das Wissen um die Zwecklosigkeit individuellen Aufbegehrens und die Bedeutung sozialer Bindungen zu Mitschülern, Kollegen
und weiteren Betroffenen, die auch als sozialer Druck interpretiert werden kann. Vgl.
Meulemann 1996, S. 220-222.
Vgl. Förster u.a. 1986, S. 11f. (wie Anm. 12).
Jahrbuch für Kommunikationsgeschichte • Band 8 • 2006
Urheberrechtlich geschütztes Material. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig und strafbar.
Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitungen in
elektronischen Systemen.
© Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2006
Die Rundfunknutzung Jugendlicher in der DDR
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102 An der Planung des Jugendmagazines ›klik‹ war das ZIJ 1986 beteiligt. Frühere Empfehlungen, vorgetragen in »Diskussionspapieren«, hatten dagegen keinen nennenswerten Einfluss
auf die Gestaltung von Jugendsendungen im DDR-Fernsehen. Vgl. Stiehler 2006, S. 3 (wie
Anm. 99).
Zusammenfassung
Unter zur Hilfenahme des Lebensstilansatzes von Karl Erik Rosengren werden Ergebnisse von
Erhebungen des ehemaligen Zentralinstituts für Jugendforschung (Leipzig) zur Mediennutzung,
insbesondere Rundfunknutzung, systematisiert und vor einem sozialgeschichtlichen Hintergrund
interpretiert. Ergänzt werden diese Ergebnisse durch bisher unveröffentlichte Daten aus der Zuschauerforschung des DDR-Fernsehens zur Sehbeteiligung Jugendlicher. Der Einführung in das
methodische Instrumentarium und in die Quellen folgt ein Abschnitt zu allgemeinen Tendenzen
der Mediennutzung, auch zur Nutzung politischer Informationen. Hiernach wird für den Hörfunk und für das Fernsehen ein undogmatisches Nutzungsverhalten konstatiert, welches die
Angebote aus beiden deutschen Staaten umfasste. In den 1980er Jahren wurden landeseigene
Programme allerdings immer weniger rezipiert; Gründe dazu werden aufgezeigt und diskutiert.
Summary
This article deals with the media uses of young people in former GDR. The theoretical
framework is the scheme of live styles developed by Karl Erik Rosengren as well as an approach
based on the social history of the GDR. Main sources are data of the media use research of the
former Zentralinstitut für Jugendforschung at Leipzig and, in a second line, data of the research
department of the state television of GDR which are unpublished until now. After an
introduction to methodology and sources we highlight general tendencies of media use in GDR,
including such regarding political information. Findings show non dogmatic uses of broadcasting:
especially young people were using media content from GDR-media as well as from FRG-media.
During the 1980s the programmes of GDR broadcasting, especially television, lost audience. The
authors are discussing several causes.
Korrespondenzanschriften
Thomas Lietz, Rebekka Honeit, Stefan Rauhut, Universität Leipzig, Institut für
Kommunikations- und Medienwissenschaft, Lehrstuhl für Historische und Systematische
Kommunikationswissenschaft, Ritterstr. 24, 04109 Leipzig
E-Mail: lietz@rz.uni-leipzig.de; rebekka.honeit@gmx.de; srauhut@rz.uni-leipzig.de
Jahrbuch für Kommunikationsgeschichte • Band 8 • 2006
Urheberrechtlich geschütztes Material. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig und strafbar.
Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitungen in
elektronischen Systemen.
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