Der Wunsch nach einem Papagei und was es zu bedenken gilt
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Der Wunsch nach einem Papagei und was es zu bedenken gilt
Der Wunsch nach zwei Papageien und was es zu bedenken gilt Bericht: Lars Lepperhoff, Ittigen bei Bern Der Wunsch nach Papageien ist verständlich. Es sind ausserordentlich faszinierende Vögel. Leider gibt ein Grossteil der einstmals begeisterten Papageienkäufer ihre Vögel wieder weiter, so dass sie am Schluss in der APS landen. Dies zeigt, dass Papageien ausserordentlich anspruchsvolle Pfleglinge sind. Zudem sind und bleiben sie Wildtiere. Bedenkpunkte vor der Anschaffung Der Titel sagt es bereits: Man sollte, wenn schon, dann gleich zwei artgleiche Papageien anschaffen. Papageien sind sehr soziale Lebewesen, die leiden, wenn sie einzeln gehalten werden. Ein Mensch ist nicht im Stande, dauerhaft und täglich während vielen Stunden einem Einzelvogel Gesellschaft zu leisten und sich mit ihm zu beschäftigen. Vor der Anschaffung muss man wissen, dass Papageien, im Wohnbereich gehalten, sehr viel Schmutz produzieren und Staub abgeben sowie aufwirbeln. Zudem sind es lautstarke Tiere, die einen grossen Platzbedarf haben. Halten sie ihre Papageien nicht in den im Zoofachhandel üblicherweise als Zimmervolieren angebotenen, fahrbaren Käfigen von ungefähr 1 Meter Länge x 75 Zentimeter Breite x 1,50 Meter Höhe ausser es handelt sich um ein Paar Wellensittiche oder Agaporniden. Es gibt heute sinnvollere Lösungen zur Haltung von Papageien im Wohnbereich. Ein Paar Amazonen oder Graupapageien, in beengten Verhältnissen gehalten, entwickeln mit der Zeit oder spätestens bei Erreichen der Geschlechtsreife im Alter von ungefähr 4 Jahren Aggressionen gegeneinander. Ein Vogel wird dann vom anderen unterdrückt, was zu Frustrationen führen kann, die sich beispielsweise in Verhaltensstereotypien oder im Rupfen der eigenen Federn äussern können. Es gibt heute gute Volierenbauer in der Schweiz wie beispielsweise Volierenbau Senn, Heimenhausen, oder Volierenbau Leuenberger, Rohrbachgraben (bitte beachten Sie die Inserate in der ExoitsZeitschrift „Gefiederter Freund“), die Zimmervolieren nach Mass bauen und sie auch gleich selber in der Wohnung montieren. Eine solche Zimmervoliere wird bald zum Schmuckstück und Anziehungspunkt einer Wohnung. Sie sollte für ein Paar Graupapageien oder Amazonen die ungefähren Masse von 2 Meter Länge x 1,8 Meter Breite x Zimmerhöhe nicht unterschreiten. Die Rückwand kann attraktiv mit Urwaldbildern bemalt werden, so dass die farbliche Komponente, die sehr wichtig bei der Haltung von Vögeln ist, gleich eingebunden ist. Sie sehen also, dass die Haltung eines Papageienpaares viel Platz beansprucht. Können Sie diesen Platz aufbringen? Wenn nicht, dann entscheiden Sie sich lieber für Wellensittiche oder Agaporniden. Das Argument, dass die Papageien sowieso viel Freiflug in der Wohnung geniessen wird vielfach angeführt. Bei näherem Nachforschen stellt sich dann heraus, dass in den meisten Fällen Freiflug während höchstens zwei Stunden am Abend gewährt wird. Das heisst, dass die Papageien während den restlichen 22 Stunden im Käfig verbleiben müssen. Da lohnt es sich schon, eine grosszügige Zimmervoliere anzuschaffen. Zudem haben Sie damit eine langfristig gute Lösung für ihre Vögel. Wenn Sie diese Platzansprüche befriedigen können, wenn Ihnen sowie Ihren Nachbarn der Lärm nichts ausmacht, wenn Sie der reichlich produzierte und überall in der Wohnung verteilte Gefiederstaub und der anderweitige Schmutz nicht stört, wenn es Ihnen nichts ausmacht, mit frischen Ästen aus dem Wald in Ihrer Wohnung zu hantieren und wenn Sie täglich während etlichen Jahrzehnten für die Papageien sorgen möchten und zudem eine gute, verlässliche Ferienvertretung haben, dann können Sie mit gutem Gewissen an die Anschaffung eines Papageienpaares denken. Einen Hund hat man während 10 bis vielleicht 16 Jahren, Grosspapageien aber können problemlos ein Alter von 50 Jahren oder mehr erreichen. Welche Art? Auch wenn es attraktiv aussehen mag, einen Graupapagei und eine Amazone zusammen zu halten so sollte man trotzdem nicht artfremde Tiere, die unterschiedliche Temperamente haben, vergesellschaften. Wenn Sie nicht züchten wollen, spielt es grundsätzlich bei neuweltlichen Papageien wie beispielsweise Amazonen oder Kleinaras keine Rolle ob Sie zwei Tiere des gleichen Geschlechts zusammen halten. Bei Langflügelpapageien aber, wie etwa dem allseits beliebten Mohrenkopfpapagei, ist darauf zu achten, dass nur gegengeschlechtliche Tiere zusammen gehalten werden. Sicher ist diese Lösung auch bei Graupapageien besser obwohl sich hier langfristig zwei gleichgeschlechtliche Exemplare verstehen können. Afrikanische Papageien sind grundsätzlich psychisch diffiziler als neuweltliche. Trotzdem kann ihre Haltung in oben beschriebenen Verhältnissen im Wohnbereich gut gelingen. Gerade Graupapageien geben hauptsächlich wohl sehr laute aber angenehme, melodiöse Laute von sich. In einem Wohnblock gelingt ihre Haltung oftmals besser als diejenige der lautstarken Amazonen. Trotzdem sind Amazonen psychisch belastbarer und deswegen wohl problemloser. Wo erwerben? Natürlich gibt es immer wieder Vögel, die günstig oder kostenlos abgegeben werden, weil sie nicht mehr gewünscht sind. Oftmals haben diese Vögel eine schwierige Geschichte hinter sich. Es ist wichtig, dass sich jemand diesen Tieren annimmt. Bedenken Sie aber, dass es grosser Erfahrung bedarf, mit solchen Tieren zu arbeiten und Sie sich damit auch Probleme aufladen können. Darum ist es in vielen Fällen besser, wenn Sie als Neuling Jungvögel kaufen. Es ist empfehlenswert, junge Papageien direkt beim Züchter zu kaufen. Erwerben Sie keine Vögel an Börsen oder Ausstellungen! Lassen Sie sich die Lebensdaten der Jungvögel wie Schlupf, Aufzucht, Aufzuchtsverlauf, Futter und die Geschichte zu den Elternvögeln erzählen oder besser schriftlich mitgeben. Der Züchter sollte sich Zeit nehmen, Sie optimal zu beraten. Wenn die Zuchtvögel gut und sauber gehalten werden und der Gesamteindruck des Züchters und seiner Anlage gut ist, dann entscheiden Sie sich zum Kauf. Wenn Sie keine Zuchtabsichten hegen, dann können Sie gut auch Geschwister kaufen, die miteinander von Grund auf vertraut sind. Wenn Sie an eine spätere Zucht denken, dann kaufen Sie zwei blutsfremde Tiere entweder beim gleichen Züchter, wenn er mehrere blutsfremde Paare hat, oder aber bei unterschiedlichen Züchtern. Wie ist es mit der Zahmheit? Natürlich wünschen sich die meisten Menschen, die Vögel im Wohnbereich halten, zahme Papageien. Bedenken Sie, dass von klein auf einzeln von Hand aufgezogene Papageien fehl geprägt sein können. Elternaufzuchten jung zum Menschen gekommen werden auch zutraulich, jedoch dauert es viel länger. Sie brauchen viel Geduld und Verständnis Elternaufzuchten zu zähmen. Handaufzuchten sind natürlich von Anbeginn an mit dem Menschen vertraut. Die Kleinen sollten aber die ersten Lebenswochen, idealerweise zwei Monate, bei den Eltern verbracht haben. Sicherlich sind die Jungvögel während den ersten Jahren sehr zahm, lassen sich von Ihnen kraulen und in der Wohnung auf der Schulter herum tragen. Bedenken Sie aber, dass bei Erreichen der Geschlechtsreife die Tiere eine Verhaltensänderung durchmachen können und sich plötzlich Ihnen gegenüber Aggressiv zeigen. Nehmen Sie dieses Verhalten als normal an. Es kann sein, dass die Zahmheit mit den Jahren abnimmt. Andererseits ist es gut möglich, dass die Aggressionen nur saisonal bedingt sind. Papageien sind starke Charakteren und reagieren individuell. Es können keine allgemeingültigen Empfehlungen abgegeben werden. Sie müssen offen sein für Veränderungen. Langfristiges Glücklichsein Sie und Ihre Vögel wollen sicher langfristig glücklich miteinander sein. Die Fütterung der Papageien muss täglich erfolgen. Amazonen sollten mit fettarmen Sämereien (wenig Sonnenblumenkerne) ernährt werden, die während der warmen Jahreszeit auch gekeimt gereicht werden können. Graupapageien brauchen ein proteinreiches Futter, das problemlos auf einer hohen Basis an Sonnenblumenkernen aufgebaut sein kann. Wichtig für alle Arten ist die tägliche Gabe von in Stücke geschnittenen Früchten, Beeren und von Gemüse. Kalksteine sollten vorhanden sein sowie sauberes, täglich erneuertes Trinkwasser. Besonders wenn Sie mit dem Staubsauger tätig sind, ermuntert dies Papageien zu baden. Der Staubsauger erzeugt Luftvibrationen ähnlich einem Gewitter. Lassen Sie den Staubsauger laufen und spritzen Sie Ihre Papageien mit einer Blumenspritze mindestens zweimal wöchentlich ab. Die Tiere sind nachher lange mit der wichtigen Gefiederpflege beschäftigt. Statten Sie die Zimmervoliere mit verschiedenen, natürlichen Ästen aus dem Wald (Buche, Weide, Hasel, Erle, Birke, Esche, Ahorn) aus. Auch senkrechte, knorrige Äste bieten ideale Klettermöglichkeiten. In der vegetationsreichen Jahreszeit sollten wöchentlich belaubte Äste in die Voliere gegeben werden. Halten Sie ihre Vögel mit Seilen, an einer Schnur aufgereihten Tannenzapfen, mit Schaukeln und anderem Spielzeug beschäftigt. Es ist ein Vergnügen, die Tiere so zu beobachten. Der Boden der Zimmervoliere kann mit staubfreien Buchenholzschnitzeln ausgestattet werden. Die verschmutzten Stellen können so lediglich entnommen werden. Das Ganze muss dann nicht wöchentlich vollständig gewechselt werden. Sicher ist es gut, wenn Sie mit Ihren Tieren sprechen, pfeifen und sich mit ihnen beschäftigen. Respektieren Sie es aber auch, wenn die Vögel nicht den Kontakt suchen. Achten Sie darauf, dass an zwei verschiedenen Stellen das gleiche Futter angeboten wird und schenken Sie der Tatsache Bedeutung, dass kein Papagei bevorzugt wird, denn zahme Krummschnäbel sind sehr eifersüchtig. Wenn Sie all diese Punkte beachten steht einer langfristigen, glücklichen Beziehung zwischen Ihnen und Ihren Gefiederten Bewohnern nichts mehr im Wege. Sie sehen, dass sich eine Anschaffung von zwei Papageien gut überlebt werden muss, dass sie kostspielig ist und dass die Betreuung während Jahrzehnten sehr anspruchsvoll und zeitaufwendig ist. Literatur Diese Ausführungen bieten nur kurz einen Überblick zu den wichtigsten Punkten bei der Anschaffung zweier Papageien. Es ist unerlässlich, dass Sie sich zuvor mit dem eingehenden Literaturstudium unfassend informieren. Hier sind einige Bücher, deren Lektüre Sie unbedingt ins Auge fassen sollten, bevor Sie Papageien erwerben. Zudem empfiehlt sich ein Beitritt in eine Vogelzuchtvereinigung wie beispielsweise der EXOTIS. Es bietet sich ein grosses Kontaktnetz und die Möglichkeit zahlreiche, wertvolle Informationen und praktische Ratschläge bei Gleichgesinnten einzuholen. Die achtmal jährlich erscheinende Zeitschrift „Gefiederter Freund“ informiert Sie zudem laufend über aktuelle Themen in der Papageienhaltung und –zucht. (Beachten Sie den Link zur Exotis auf der APS-Site). - Burger, Joanna (2001): Der Papagei, dem ich gehörte – Geschichte einer Freundschaft. Piper-Verlag, München, 272 Seiten, gebunden, ISBN: 3-492-04294-5 - Es handelt sich um eine anrührende Geschichte der weltweit anerkannten USA-Ornithologin Joanna Burger über ihr Leben mit ihrer zahmen, männlichen Salvisamazone Tiko. Nach jahrelangen Bemühungen entwickelte sich eine wunderbare Beziehung. In ihre Erzählung flicht die Autorin faszinierende Einsichten über Papageien und über die Tier-Mensch-Beziehungen ein. Es wird einem bewusst, was man da auf sich nimmt, wenn man sich entschliesst, eine einzelne, zahme Amazone ins Haus zu hohlen. Ein Muss für Menschen, die trotz allem immer noch ein einzelnes Exemplar anschaffen wollen. Nach der Lektüre müssen Sie sich die Frage stellen: „Will und kann ich so viel Zeit und Verständnis für das Tier aufbringen wie das die Familie Burger in den USA tat? - Low, Rosemary (2001): Papageien sind einfach anders – Eigenheiten verstehen und Verhaltensprobleme lösen. Ulmer-Verlag, Stuttgart, 128 Seiten, gebunden, ISBN: 3-8001-3299-0 Papageien in Menschenobhut sind dringend auf soziale Kontakte angewiesen. Sie reagieren sehr sensibel auf Stress, Angst und selbst kleinste Änderungen in den Haltungsbedingungen. Körperliche Symptome und Verhaltensstörungen können dann zum Problem werden. Mit Einfühlungsvermögen, Vertrauen und Geduld können Sie solche Probleme mit Ihrem Papagei lösen. Dieses Buch der weltbekannten Papageienexpertin zeigt Ihnen wie. - - - - - - Wagner, Rudolf K. (2001): Unser Mohrenkopfpapagei – Heimvogelhaltung und Zucht von Langflügelpapageien mit Beiträgen von Lars Lepperhoff und med. vet. Angelika Wedel. Verlag Biedenbänder, Dietzenbach, 128 Seiten, gebunden, ISBN: 3-9806114-5-0 Alles für den Liebhaber von Mohrenkopfpapageien. Freileben, Haltung (auch Haltung im Wohnbereich) und Zucht sowie Probleme werden eingehend behandelt. Ehlenbröker, Jörg und Renate / Lietzow, Eckhard (2001): Agaporniden. Ulmer-Verlag, Stuttgart, 96 Seiten, gebunden, ISBN: 3-8001-3152-8 Agaporniden gehören zu den kleinsten Papageien. Ihre Haltung und Zucht wird eingehend erläutert. Schratter, Dagmar (2001): Graupapageien, Ulmer-Verlag, Stuttgart, 96 Seiten, gebunden, ISBN: 3-8001-3176-5 Graupapageien werden oft gehalten. Sie sind aber ausserordentlich anspruchsvoll und weisen nicht selten auf Grund von falscher Haltung Störungen auf. Dieses Buch zeigt, wie eine langfristige, glückliche Haltung von Graupapageien verlaufen kann. Lepperhoff, Lars (2004): Aras, Ulmer-Verlag, Stuttgart, 222 Seiten, gebunden, ISBN: 3-8001-3821-2 - Obwohl der Halter von Papageien im Wohnbereich sicher keine grossen Aras halten kann, taucht immer wieder der Wunsch nach diesen farbenprächtigen Vögeln auf. Es gibt aber auch Kleinaras und sogar Zwergaras, die in geräumigen Zimmervolieren gehalten werden können. Es finden sich viele Angaben zur Haltung zahmer Aras im Wohnbereich. Zudem weist das Buch zahlreiche interessante Geschichten über Aras auf und erzählt auch spannend aus dem Freileben dieser farbenprächtigen Papageien.