Montpellier SS 15 - Medizinische Fakultät
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Montpellier SS 15 - Medizinische Fakultät
Erasmus‐Semester in Montpellier 30/06/2015 ErfahrungsberichtErasmus‐SemesterinMontpellier Gasthochschule: Université de Montpellier Studienfach: Humanmedizin Zeitraum des Aufenthaltes: SS2015 vom 02. Februar 2015 bis 21. Juni 2015 Betreuungspersonen: Frau Katharina Küster, Frau Christina Welsch, Mme Eve Chaulet VorbereitungundBewerbung Im Januar 2015 habe ich mich für das Erasmus‐Semester beworben. Alle wichtigen Informationen zur Bewerbung in Düsseldorf findet man auf der Homepage der medizinischen Fakultät. Informationen zu den Modulen in Frankreich bekommt man auf der dortigen Homepage, die aber zugegebenermaßen etwas chaotisch ist. Mme Chaulet antwortet durchaus sehr schnell auf jegliche Fragen zu den Modulen. Zusätzlich hatte ich alle Unterlagen noch von Studenten, die im Semester vor mir in Montpellier waren. Wichtige Unterlagen sind: viele Passfotos, Bestätigung der Krankenversicherung, Bestätigung der Haftpflichtversicherung, internationale Geburtsurkunde (Beantragung des französischen Wohngeldes CAF). Die Wohnungssuche habe ich etwa 2‐3 Monate vor Abreise begonnen. Es gibt auf Facebook eine „colocation“ Gruppe, sowie eine ERASMUS Gruppe, über die man immer Wohnungen findet. Meine eigene Wohnung, habe ich über www.appartager.fr gefunden. Die Wohnheimzimmer sind meiner Meinung nach nicht zu empfehlen. Sie sind weit weg, klein und ungemütlich. Aber billig. Ich selbst habe in Antigone gewohnt. Das ist ein Viertel unweit der Altstadt, aber trotzdem ruhig. Allerdings etwa 20 min Anfahrt mit dem Fahrrad zum Krankenhaus. Wer es nicht so weit haben möchte, der sollte sich eine Wohnung zwischen Place de la Comédie und Krankenhaus suchen. Die Ligne 1 geht einmal quer durch die Stadt bis zum Krankenhaus. Am besten sucht man sich eine Wohnung in Laufnähe zu einer Haltestelle der Ligne 1. Anreise empfiehlt sich bei viel Gepäck mit dem Zug über Paris (150‐200 Euro), mit AirFrance über Paris (200 Euro), mit RyanAir direkt von Frankfurt Hahn (40‐80 Euro) oder am besten mit dem Auto. Das Auto ist vor Ort auch sehr nützlich. Studium Das französische Medizinstudium ist meines Erachtens deutlich besser als das deutsche. Im Module E hatte ich erst Pädiatrie und dann Gynäkologie. In der Funktion des „Externe“ ist man morgens immer in der Klinik und mittags hat man Vorlesungen. Die französischen Studenten sind wirklich integriert in den Klinikalltag. Meist bekommt man zwei bis drei Patienten zugeteilt, um die man sich eigenständig kümmert (Untersuchungen, Aufnahmen, Anamnesen). Ich hatte mehrere Schichten in der pädiatrischen und gynäkologischen Notfallaufnahme, unter anderem auch Nachtschichten. Dort ist man der Erste, der die Patienten zu Gesicht bekommt. Nach Anamnese und Untersuchung stellt man eine Verdachtsdiagnose, schlägt eine Behandlung vor und stellt dies alles dem „Interne“, dem Assistenzarzt, vor. Ich habe in meinem Semester mehr praktische Tätigkeiten erlernt, als während meines gesamten Studiums in Düsseldorf. 1 Erasmus‐Semester in Montpellier 30/06/2015 Die Vorlesungen (TD = „travaux dirigés“) sind allerdings nicht sehr gut. Sie sind in einer Art Quiz‐Form aufgebaut. Man muss sich vorher auf das Thema eigenständig vorbereiten und beantwortet dann vier Stunden pro Tag, zwei‐ bis dreimal die Woche Multiple Choice und Multiple Select Fragen in einer Gruppe von 35 Leuten. Die Klausuren werden auf iPads geschrieben. Sie sind in Form von Multiple Choice und Multiple Select Fragen. Hin und wieder gibt es einige Fragen mit offener Antwort. Die Klausuren sind nicht einfach und man muss schon sehr viel lernen, aber sie sind machbar. Dieses System der Vorlesungen und Klausuren hat vor etwa einem Jahr geändert. Davor war es ein System mit offenen Fragen, bei denen das Ziel war möglichst viele Schlüsselwörter unterzubringen. Zur Zeit der Vorlesungen habe ich sehr viel Zeit in der Uni verbracht. Wenn man frei haben will, muss man entweder tolerante Ärzte haben oder seine Urlaubstage opfern (30 Tage in einem Jahr). Viele französische Studenten nehmen sich die Woche vor den Klausuren frei, da es nicht ganz einfach ist jeden Tag zu lernen und morgens noch ins Krankenhaus zu müssen. Bei den Vorlesungen besteht 50% Anwesenheitspflicht. Sobald die Vorlesungen und Klausuren aber erstmal vorbei sind (im SS) bzw noch nicht angefangen haben (im WS), hat man jeden Nachmittag zu seiner eigenen Verfügung. Ich für meinen Teil war sehr froh endlich einmal das Gefühl zu haben sinnvoll Zeit im Krankenhaus zu verbringen, ernsthaft mitarbeiten zu können und eine Aufgabe zu haben. Vor allem die Gynäkologie war super organisiert. Die Professoren und Studenten sind sehr motiviert, hilfreich und gegenüber Erasmus‐Studenten immer tolerant. LebeninFrankreich Montpellier ist preislich etwa vergleichbar mit Düsseldorf. Wenn man nicht im Wohnheim wohnt, zahlt man für die WG zwischen 380 Euro und 450 Euro. Dazu bekommt aber jeder Student noch Wohngeld von der CAF. Dies ist allerdings nicht in allen Wohnungen möglich, also vorher erkundigen. Das Wohngeld zu beantragen ist ein einziger administrativer Wahnsinn und man braucht tausende von Unterlagen (wichtig die internationale Geburtsurkunde!). Dazu kommt, dass die CAF dann diese Unterlagen meist noch fünfmal verliert und die Zahlungen ausbleiben. Normalerweise kann man aber mit etwa 90 Euro ab dem zweiten Aufenthaltsmonat rechnen. Das Krankenhaus bezahlt für Studenten im 5. Studienjahr auch noch 200 Euro Lohn und für die jüngeren Studenten 100 Euro Lohn monatlich. Für all dies eröffnet man am besten ein Konto. Hier bietet sich LCL an. Man braucht eine „attestation de loyer“, also eine Bestätigung des Vermieters, dass man beherbergt wird. SIM‐Karte hatte ich bei Free. Für 19,99 Euro hat man 2 GB Internet, unbegrenztes Telefonieren innerhalb Frankreichs und in die meisten europäischen Länder auf Festnetz (!), SMS und MMS. Der Vertrag ist innerhalb von ein bis zwei Wochen kündbar. Vor Ort kann man sich von anderen Erasmus Studenten ein Fahrrad kaufen oder einfach auf www.leboncoin.fr suchen. Am besten aus Deutschland schon ein sicheres Schloss mitbringen. Freizeitgestaltung Ein Fahrrad ist absolut empfehlenswert, ein Auto ist toll für Freizeitaktivitäten. Die Tram habe ich quasi nicht benutzt. 2 Erasmus‐Semester in Montpellier 30/06/2015 Montpellier bietet unglaublich viele Möglichkeiten zu Outdoor‐Aktivitäten. Nachdem die Uni für die Woche erledigt war, ging es am Wochenende an den Strand, Klettern und auf mehrere Barbecue‐ Abende. Montpellier ist ein Topspot fürs Klettern. Es gibt wunderschöne Routen am Thaurac. Da man in Gruppen mit unterschiedlichen Leistungsniveaus gehen kann, ist Klettern in Montpellier auch für absolute Anfänger zu empfehlen. Jeder wird bald danach süchtig, denn von oben hat man die schönsten Aussichten, unten ruft die Hängematte in der Sonne und zur verdienten Belohnung kann man den Abend im klaren Wasser des Flusses in den Gorges de l’Hérault ausklingen lassen. Die Berge des Thaurac beherbergen auch die Via Ferrata du Thaurac, ein toller Klettersteig mit Ziplining, Wandern und Klettern auf einmal. Auf dem Fluss Hérault kann man auch wunderbar Kanu fahren, der örtliche Hausberg Pic St. Loup lädt auf eine von vielen schönen Wanderungen ein und in der Camargue kann man lange Fahrradtouren entlang des Meeres unternehmen. Für Ausflüge in die nähere Umgebung bietet sich an: das mittelalterliche Dorf St. Guilhelm le Désert (absolutes Muss!), die Arena in Nîmes, die mittelalterliche Festung in Carcassonne, Toulouse, der Lac du Salagou, Pont du Gard, Barcelona (nur 3 Stunden mit dem Auto), … In Montpellier selbst bietet das Office du Tourisme mehrere interessante Stadtführungen. Die Oper und das Musée Fabre sind definitiv einen Besuch wert und im Corum und den vielen kleinen Theatern gibt es immer wieder gute Konzerte und Aufführungen. Empfehlenswert ist hier der Pass‘ Culture für 9 Euro mit dem man immer wieder Ermäßigungen für Theater und Konzerte bekommt und für einen Kinogang nur knapp vier Euro zahlt. Gute Restaurants sind das Petit Bistro de l’Ancien Courrier, la Petite Ardoise, Café Lyon etc. Den besten Kaffee gibt es im Coffee Club. PersönlichesFazit Absolut empfehlenswert. Ich wollte überhaupt nicht mehr zurückkommen. Sonne, Strand, Meer, KLETTERN, tolle Landschaft, Spanien um die Ecke und auch noch eine wirklich tolle Uni, wo ich viel mehr gelernt habe, als in Deutschland. 3